Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 30, 1904, Sweiter Theil., Image 9

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    Staats-Anze1ger Und Yeroljs
» JPWdtth ngv qu uszwgeekv» :-».3 Dk31904 ka WtTvn Jathkmggs No. 18
,-—..——————————-J——
Ein neues Jahr, ein neues Hoffen
Ein neu Vertrau’n, ein neues Glück,
vTrost jedem Leid, das Euch betroffen
Und tbränenfchwer noch tritbt denBltck.
Erfolg dem ernsten, treuen Ringen
Und jedem Streben neuen Muth,
Und jeder Arbeit neu Gelingen,
Dazu des Friedens kostbar Gut,
Ein fröhlich Herz auf allen Wegen.
Ein Heim, beschirmt vor Noth,Gefahr-,
Und über allem Gottes Segen.
Glück aus«-Gmel auf zum neuen Jahr!
Rose und Knospe.
Neujahes - Geschichte von A i: n a
Monninger-Liebel.
Sie müssen sich viel zu sagen haben,
der stattliche Mann dort mit dem schö
nen dunklen Vollbart und die schlanke
blonde Frau —- denn die Beiden stehen
schon seit geraumer Zeit an der Pro
menade und plaudern gar eifrig. Sie
haben sich eben gar lange, lange nicht
gesehen, der Professor Rehden und
eine Jugendfreundin und so wird
nun, da sie sich zufällig auf der
Straße getroffen, eiligst nach Diesem
und Jenem gefragt und dies und das
erzählt. -
»Was macht denn Klein-Elschen,«
fragt der Professor eben lächelnd,
«spielt es noch immer so gern mit
Peitsche und Pferdchen?«
" »Aber Theodor ——— wir sind doch äl
ter geworden, seit Sie das letzte Mal
hier waren! Klein-Elschen ist zu
einem großen Mädchen herangewach
sen, das bereits die Tanzstunde be
fucht."
»So—-o, Elschen besucht schon die
Tanzstunde? Ja, dann hat sie frei
lich anderes Spielzeug als Pferdchen
und Peitsche!« kommt es in so seltsam
gepreßtem, fast bitterem Tone von den
Lippen Rehdens, daß die Freundin
betroffen zu ihm auffchaut. — »Theo
dor«" sagt sie leise und vorwurfsvoll,
»Sie haben mir doch damals verspro
chen —- —«
»Ich werde halten, was ich ver
sprach —- griißen Sie mir Elschen
schön, sie soll sich recht vergnügt ma
chen. —— Und nun leben Sie wohl,
Magdalena.«
»Auf Widersehen, lieber Doctor —
ich darf doch auf Jhren baldigen Be
such rechnen?«
»Gewiß, ich werde mir in den näch
ften Tagen die Freiheit nehmen«
si: «- st
Vor zwanzig Jahren war’s. Er
war ein jun r Student gewesen, voll
glühenden ifers für feine Studien,
mit einem Herzen voll Liebe zu Na
tur und Menschen, mit einem Sinn
empfänglich für alles Gute und
Schöne. Und trotzdem besas; er
eigentlich keinen Freund, der ihm
nahe gestanden, und trotzdem er ein
bildhiibfcher Junge war, hatten sich
die Mädchen gar wenig um ihn be
kümmert.
Woher das kam? .Theodor war
schüchtern, fast Ifurchtsam den Kame
raden gegenüber, unbeholfen und lin
kisch im Verkehr mit Frauen.
Von diesen Fehlern wollte ihn sein
besorgtes Mütterchen heilen· »Du
wirst in die Tanzstunde gehen,« meinte
sie, »Du wirst Bälle und Gesellschaf
ten besuchen und in einem Jahr wird
mein braver Theo ebenso ewandt sein,
wie seine Studiengeno en.« —- Er
hatte nicht widersprochen, denn er
wollte immer was Mütterchen wollte.
Heute soll nun die erste Tanzstunde
»mit Damen« sein. Mit hörbarem
herzllopfen betritt unser Theodor den
Saal, denn das Tanzen gehört bis
jeht auch noch zu seinen ,,schwacheni
Seiten.«
Schon lockten die lieblichen Klänge
eines wiegenden Walzers und er ver
beugt sich pflichtgemäß vor einem der
dustiggeschmiickten jungen Mädchen
Doch sieh, es tanzt sich überraschend
gut heute. Wie eine Elfe gleitet das
zierliche Blondinchen, das er im Arme .
hält, iiber das Parlett — ja, wenn
man lauter solche Tänzerinnen hätte.
Von dem Tag jener« ersten Tanz
ftunde an begann ein neues Leben für
unsern Theodor. Mit Entzücken be
merkte sein Mütterchen die Wand
lung, die mit ihrem Einzigen vor
ging: wie seine Haltung stolzer und
freier wurde, sein Auftreten selbstbe
wußter, sein Auge feuriger und lith
ner; wie er sich jetzt- gerne ten Kamera
den anschloß, und so manches-mal
einem schmucken Mädchen nachblictte.
Aber-· sie wußte nicht, daß es die alle
mächtige Zauberin Liebe sei, die diese
Wandlung vollbracht, daß Theo mit
den Kameraden nur Feste besuchte,
weil er sie dort zu finden hoffte, sie,
die er liebte mit der ganzen Gluth
einer ersten reinen Liebe, daß er man
ches Mädchen nur anbliclte, um zu
sehen, ob sie es nicht sei, sein Blond
töpschen, feine Magda.
Nun hatten Beide mit fröhlichem
herzen die Tanzstunde bis zum
Schluß durchgemacht, hatten sich auf
Bällen und beim Schlittschuhlausen
wiedergesehen und manches zärtliche
Wort, manchen Händedruck getaufcht.
Und dann hatte er sie in einem trau
lichen Stündchen des Alleinseins ge
fragt, ob er sie einst heimführen dürfe
als sein geliebtes Weibchen und sie
hatte mit glückseligem Lächeln das
blonde Köpfchen geneigt. -—
Ach. er war kurz gewesen, jener
erste süße Traum von Glück und
Liebe, der damals den Jüngling zums
Mann gereist
Kaum hatte er das beglückende
Wort von dem schwellenden Münd-.
chen der Geliebten geküßt brach ein
schwerer Schicksalsschlag über ihn«
herein. :
Sein Mütterchen starb plötzlich,
während es in der Ferne bei Ver-»
wandten weilte und Theodor reiste,
als er die traurige Kunde erhielt,j
vom Schmer e überwältigt ab, ohne
von irgend mand Abschied genom
men zu haben
Und nachdem er sein Theuerstes
zur ewigen Ruhe gebettet, machte das !
Ordnen des Nach asses dem jungen
Manns o unendlich viel un newohnte!
Arbeit, so unzählige bange tunden,
daß jeder Lichtstrahl aus seiner Seele
gebannt schien und in seinem Herzen
kaum mehr eine Erinnerung an das
gewonnene Glück lebte.
Wochen vergingen; und als infolge
der plötzlichen Aufregungen ein hefti
ges Fieber Theo aufs Krankenbett
wars, waren aus den Wochen Mo
nate geworden, ehe er wieder an die
Rückkehr in seine Vaterstadt denken
durfte. —
Draußen fiel in diechten Flocken der
-erste Schnee.
»Wie ein Leichentuch,« dachte Theo,
leise erschauernd, und rrat in das
Haus-, in dem sein geliebtes Mütter
chen einst so sorglich geschaltet und
gewaltet. Mit Thränen in den Aug-en
kam ihm die alte, treue Magd ent
gegen, und nun berieth Theo lange
mit ihr, wie alles sein solle, bis er
sein Dottor-Examen gemacht und —
bis eine neue Herrin in’s aus käme. (
Denn beim Wiedersehen r heimath
war das Bewußtsein seiner Jugend
und seines süßen Glückes wieder in
Theo wach geworden ——· er glaubt-e
und hoffte wieder. —
»Und nun gehth vor Allem an’s
Besuche machen, Hanne.« sagte er,
»erst zum Reltor, und dann zu
Richter’s
»J, was meinen Sie, Herr Theo
dor, Richter’s Magdalenchen, das
hübsche blonde Din , mit dem Sie]
soviel tanzten, hat ich vor 14 Tagen
verheirathet. Hat eine sehr gute
Partie gemacht, sie hat zwar An
fangs immer nicht recht gewollt, die
Leute sagten, es stäck ihr ein
Anderer im Kopf, aber schließlich hat
sie doch »ja« gesagt, ’s war eben gar
zu verlockend. Na ja, ein Professor
mit Aber, um Gott, Herr Theo
dort Lieber Himmel, Herr Theodor,
was ist Ihnen denn? Sie sehen ja
aus, wie der leibhaftige Tod?!«
»Nichts, Hanne, gar nichts —- muß
nur ruhen —- bin so müde, so müde!'«
Und mit einem herzbrechenden
Stöhnen vergräbt Theo das bleiche,
Lchmerzentstellte Gesicht in den Hän
en .. . .
Drei Jahre war-en vergangen. Die
Zeit, die den schwersten Kummer zu
lindern, die tiefsten Herzenswunden
zu heilen vermag, hatte ihre wohl
thuende Kraft auch an Theo erprobt
und Trösterin Arbeit war ihr treulich
zur Seite gestanden. Theo fand nun
als Lehrer an einem höheren Jngtitut
in seinem Berufe vollste Befriedi ung.
Magda, deren Gatte einer seiner
Kollegen war, hatte er wiedergesehen
und konnte ihr mit ruhigem Ernst
gegenübertreten. Sie bat ihn bewegt
um Verzeihung und er versprach, ihr
immer ein treuer aufrichtiger Freund
zu sein.
Aos dann Klein - Elschen, das
blonde Töchterchen Magda’s, zutrau
lich zu ihm lam, leel die Peitsche
schwang und ries: »Onkel Theo,
Pferdchen sein!« da fühlte er sich bald
heimisch in diesem lieben Familien
kreis.
Aber nicht lange konnte er seine
Mußestunden mit Elschen vertändeln
—- er folgte dem ehrenvollen Ruf an
ein neues Ghmnasium einer größeren
Stadt. Dort wirkte er lange Jahre;
ab und zu erhielt er Kunde aus feiner
Heimath durch Magda bis sie ihm
eines Tages den Tod ihres Gatten
anzeigte; dann hörten allen Nachrich
ten auf.
Aber fiir immer wollte es ihm doch
nicht in der Fremde gefallen, vor
einigen Tagen ist er wieder in seine
Vaterstadt zurückgekehrt und als er
nun heute als erste seiner früheren
Bekannten Magda wiedersieht, da
steht die ganze Vergangenheit mit all
ihrer Freude und ihrem Leid leben
dig vor seiner Seele.
. Am andern Tage ist sein erster
IGang zu Magda. Er wird mit gro
ßer Herzlichkeit empfangen und blickt
istaunend auf Elschen, die nun als
"junge Dame —- als dollendetes Eben
bild ihrer Mutter —- vor ihm steht.
Wie viel iedt’s jetzt zu plaudern
und zu erzii len!
f ""’ f :
« Und er kommt wieder und bald»
lommt er täglich, —- fasi jede freie!
Stunde widmet er den beiden allein-s
stehenden Frauen, die ihn als ihren
besten Freund und Rathgeber schätzen.
Heut’ ist Sylvester. Blond-Elschen
steht mit gerötheten Wangen vor dem
Christbaum und schmückt ihn mit
neuen Lichtern, denn Theo ist ja zur
üblichen Punsch-Botvle geladen und
da soll die prächtige Tanne noch ein
mal im schönsten Glanze erstrahlen.
»So, damit wär’ ich fertig —- aber
unser Dottor läßt lange auf sich war
ten,« seufzt Etsch-n endlich ungeduldig
und schlingt dabei lieblosend die Arme
um den Hals der Mutter.
»Ei, ei —- ist di: Sehnsucht gar so
groß?« neckt diese, und das junge
Mädchen birgt heißt errbthend den
Kopf an ihrer Brust.
Da durchsliegt ein seltsames Zittern
den Körper Magda’s und leise bebend
flüstert sie Elschen ins Ohr: »Hast Du
Theo lieb? Würdest Du Dich freuen.«
mein Kind, wenn er —- Dein Papa
würde?
Da hebt sich das blondeKöpschen —- '
einen Moment starren die blauen Au
gen die Mutter verständnißlos an —
dann ringt sich ein wilder Aufschrei
von den tödtlich erblaßten Lippen:
»Mutter, Du? O mein Gott!« —
Und wie gebrochen sintt die zarte Ge
stalt neben der Magda nieder .. ..
Diese steht wie erstarrt —- wie der
Blitz ist plötzlich eine Erkenntniß über
sie gekommen, eine Erkenntniß, die sie
überwältigt.
Elschen, ihr Kind, liebt den Mann,
den sie selbst noch zu besitzen hoffte —
und er? Wie Schuppen fällt ihr’s von
den Augen. Er kommt nicht um ihret
willen, nicht die Rose begehrt er,
die ihm erschlossen entgegenleuchtet,
die Knospe will er an sein Herz neh
men und dort fiir sich aufblühen
lassen.
Eine feste Entschlossenheit malt sich
in ihren Zügen, mit sanfter Hand
richtet sie das Mädchen auf und legt
sein Köpfchen wieder an ihre Brust.
Und dann beginnt sie dem Kinde mit
leiser Stimme die Geschichte jener
Tanzstunde zu erzählen und-. lang-«
sam lehrt wieder eine sanfte Röthei
in Elschens bleiche Wangen zurück..
Und als nun die Mutter schließt: «
»Es war sur ein Jrrthum, Kind,i«
ich glaubte wirklich, er komme seinl
altes Recht zu fordern und wollte es
um seinet- und deinetwillen nicht
weigern; aber nun es so gekommen
ist, ist es ja gut, nein, zehnmal besser,
mit freudigem Herzen will ich ihm
mein Kind in die Arme führen ——«
Da liegt eine ganze Welt von Son
nenschein und Glück auf den lieblichen
Zügen Elschens und stürmiseh küßt
sie die geliebte Mutter. —- —— — -——
Feierlich tönt draußen das Geläute
der Glocken durch das glitzernde Flo
ckengewimmel, »Gliick und Gesundheit
stir’s neue Jahr,« ruft drinnen im
behaglichen Zimmer ein fröhliches
Brautpaar der Mutter zu —- »Got
tes reichsten Segen über Euch!« ant
wortet diese mit bewegter Stimme
und mit hellem Klang tönen die Glä
ser nebeneinander.
Sylvester.
Slizze von Peter Bergen
.Jn dem großen, gemiithlichen Wohn
zimmer steht der Weihnachtsbaum. Es
ist ein ganz altmodischer Baum mit
duftenden Wachslerzen daran und
schönen, eßbaren Dingen behangen.
Seine Zweige sind schon start ihres
fußen Schmuckes beraubt; denn jeden
Tag in der Woche zwischen Weihnach
ten und Sylbester haben die Kleinen
ihren Zoll erhoben. Mama hatte es
ihnen gestattet, ein wenig zu naschen
der Baum war da, um Freude zu
bringen und Genuß, nicht nur zur
Augenweide und zur Uebung im Ent
. - « s
Am Sylvester werden die schönsten l
Stücke, die ganz oben hängen, begehr
lichen Kinderhänden so entzogen, ver
theilt.
Nun standen sie alle um den Baum
versammelt, die Mutter mit ihren vier
Kindern.
Es war eine blasse, schlanke Frau
mit tiefen Falten um den Mund und
traurigen, ernsten Augen.
Sie lauscht dem fröhlichen Gewan
der der Kinder mit stillem Vergnügen
Sie ist froh, daß sie ihren Kindern
das Weihnachtsfest so freudig gestalten
konnte. Auf ihr liegt Alles. ·
Sie ist die Pflegerin die Erzieherin,
die Ernährerin der Kinder-. Sie muß »
zeigen, wieviel eine Frau kann, und’
ihre ganze Kraft, ihr ganzes Könnens
daransetzew Alle ihre Fähigkeiten und(
Talente muß sie aufbieten, um neben
ihren Pflichten als Mutter, als Haus
hälterin den Vater zu ersehen. Trübe
beschattet Ich das schmale, blasse Ge
sicht, wenn sie an den Vater denkt.
Er ist nicht todt, er ist mehr als das,
er ist ehrlos, verachtet, schuldig durch
bodenlosen Leichtsinn, durch Genuß
sucht und Arbeitsschem
Was seines Amtes war, mußte sie
nun auf ihre Schultern laden, mußte
Vater und fMutter zugleich sein, mußte
arbeiten für zwei, um ihre Kinder zu
erhalten, zu erziehen.Das Glück stand
ihr zur Seite und segnete ihre Arbeit,
die Kinder wuchsen und gediehen.
Die Dämmerstunde war hereinge
brochen. Sie kommen alle vier und
schmiegen sich an die Mutter.
,,Schade, morgen wird er ver
brannt,« sagen sie.
· »Ja, Kinder, er nadelt zu sehr, und
das neue Jahr muß wieder mit Arbeit
begonnen werden«
»Armer, lieber Tannenbaum,« sagt
r Jüngste und streicht tosend mit den
öndchen über die Zweige, daß ein
alttizer Schauer Radeln herniederrie
e .
»Nun seht Jhr, wie das Schöne ver
geht, wie es nicht immer bestehen kann,
wie es dem Nützlichen weichen muß.«
»Aber Weihnachten ist« diesmal ganz
besonders schön gewesen,« stimmen alle
überein.
» Siesind so froh, daß sie die Zeit
uber m Mutters Arbeitszimmer sein
durften, daß die Mutter sich ihnen
ganz gewidmet, daß auch sie sich Weih
nachtsserien gemacht und die Arbeit
ruhen ließ.
. Baader nahen Kirche tönen wuch
ti«ge, feierliche Glockentöne in die start
dammerige, traulich warme Weih
nachtsstube.
Sie lauschen eine Weile alle den
mächtigen Tönen.
»So, nun zünden wir den Baum
zum letzten Male an und Jhr könnt
ihn plündern.«
Das ließen sich die Kinder nicht
nochmal sagen. Die Leiter wurde her
beigeschasst, und nun gings an’s.An
ziinden und Plünderu.
Als der Kinderjubel sie jetzt um
schwirrte, als sie all die lachenden Au
en, die rosigen, plaudernden Lippen
sah, die glühenden Wangen fühlte, die
sich weich an die ihren schmiegten in
dankbarer Freude, da vergaß sie, daß
sie unglücklich geworden war durch
sähen-s da dachte sie nur an das Glück,
das viele, viele Glück, das ihr doch ge
blieben in ihren Kindern, ihrer erfolg
reichen Arbeit und der Achtung, die
man ihr zollte.
IHei, wie die Niisse knackten, die
Aepsel zwi en den weißen Zähnen
verschwan , daß es nur so eine Lust
war.
»Wie lange können wir ausbleiben,
Mutti?«
»Heute ausnahmsweise bis neun
Uhr.«
»Ach, ich möchte so gern Mitternacht
heranwachen, das neue Jahr,« bat der
Zwölfjährige.
»Nein, mein Junge, Du würdest
Dich unniitz anstrengen. Jhr geht um
neun zu Bett und schlaft. Jhr wacht
dann um Mitternacht wohl aus von
dem Lärm, dem Zurusen aus der
Straße und über die Straßen hinweg
von Fenster zu Fenster.«
»Aber Punsch und Psannkuchen?«
»Die gibt’s noch,« beruhigte dies
Mutter.
Mama nahm aus dem Busset die
Gläser, und die vier rosigen, strahlen
den Kindergesichter blickten mit gro
ßen, lachenden Augen auf Mamas
Hände, die nun vorsichtig einen Kin
derpunsch brauten.
«Prost, Pr-ost, Prof —«« jubelte es
in lustigem Durcheinander zwischen
Mutter, Kindern und dem Mädchen,
die auch lachend mit anstieß und in
ihren Psanntuchen biß.
Da tlingelte es draußen an der
Korridorthiir.
Sie schralen alle zusammen.
So spät, gleich neun, wer konnte
das sein?
Jm Zimmer ward es mäuschen
still, während das Mädchen öffnete.
II It- Il
Jn der nahen Destillation ging es
hoch her. Lauter Sang, lustiges La
chen, dichter Qualm von dampfendem
Grog und minderwerthigem Tabal
mischte sich zu einer Atmosphäre der
Lust und des Wohlbehagens für die
Gäste, die schweigend an den weißge
scheuerten Tischen saßen, in echter
Sylvesterstimmung
Nur einer saß still in einem Win
kel. Ein unheimlich stiller Gast bei all’
dem jubelnden Lärm. Nur ein Schat
ten von einem Lächeln glitt bei den
derben Späszen über sein hageres,
bartloses, bleiches Gesicht mit den tief
liegenden Augen.
Das Haar war ganz kurz geschoren.
»Na, so ein unheimlicher Kerl, sitzt
schonst drei geschlagene Stunden und
trinkt einen Kümmel nach dem anne
ren, de reene Zuchthausphysonjomi,«
spricht die Wirthin zu ihrem Manne.
» »No, Männeken, wo kummen Sie
sdenn doher?«
i Wie aus einem Traum fuhr der
LAngeredete auf, als der Wirth sich zu
Zkhm setzte·
I
»O—ich—ich gehe bald, ich wartete
nur hier.« Er sprach in gutem Hoch
deutsch, mit einem Tonfall, der den
Gebildeten eigen ist und den Verkehr
mit der besseren Gesellschaft verrath.
»So, so, Sie warten. Dat dauert
en bieten länglich, bis der lummt, ufs
den Sie warten dhun.«
,,Jawohl. Hier sechs Kümmel und
ein Eisbein mit Sauerkohl.« »
Aus der Westentasche zog er ein
Markstück und legte es auf den Tisch,
vor dem Wirth, dann stand er auf.
Eine lange, hagere Gestalt mit
schlotternden Kleidern, denen man die
»ehemalige Eleganz ansah, schritt er
zdurch die Reihen der Tische mit den
, lauten Gästen. -
Mit wankendem Schritt ging der
« hageke, unheimliche Mensch einige
» Häuser weiter, dann stockte sein Fuß.
Ein langer Blick streift zaghaft das
Haus gegenüber, sein Kopf sinkt tief,
:tief auf die Brust.
Dann hebt er ihn plötzlich mit einem
Ruck. Jn langen Schritten setzt er über
die Straße, geht er in’s Haus, die
Treppen binan und klingelt an einer
Thür, an der sein eigener Name steht,
der Name feiner Frau, die hier wohnt
mit seinen vier Kindern. —
Das Mädchen öffnet nur wenig,
sehr vorsichtig, als sie den lanaen, ha
geren Menschen mit den tiefläeaenden
Augen vor sich sieht.
,,Zu wem wünschen Sie denn?«
fragte sie.
Jn seiner Kehle würgte etwas, et
was wie eine Geschwulst.
»Ich wünsche die Frau zu sprechen.«
Er hatte es laut, mit einer gewissen
Anstrengung gesagt.
T »Ein Herrl« Sehr wichtig kam-das
»Mädchen und sagte es, ganz erstaunt
E über seine Herrin, die bleich und erregt
die Kinder zurückdrängte in den äu
ßersten Winkel des Zimmers, als
wollte, müßte sie diese behüten vor
einer Gefahr.
»Bleibt hier, ich — ich werde —- rnit
dem Herrn sprechen.«
Sie ging hinaus auf den Korridor,
Eestddie Zimmerthiir hinter sich schlie
en .
Ein Blick auf die Gestalt, ein Blick
ig das hagere, blasse Gesicht genügte
i r.
Ein ekler Dunst, der Qualm aus
der Destillation, der in den Kleidern
steckte, der Geruch des genossenen
Branntweins, jener unbeschreibliche
Geruch der Verkommenheit quoll ihr
entgegen und sagte ihr so viel, sagte
ihr Alles.
Das war kein Reuiger, kein Gebes
serter, der dort vor ihr stand-, mit
heuchlerischer Rührung kämpfte, bis er
in Thränen ausbrach.
»Ich werde heute entlassen und
«weiß nicht wohin.«
Sie hatte die Thiir nach dem Flur
nicht geschlossen hinter ihm, sie fürch
tete die Luft, die von ihm ausging,
wie eine·Ansteclung, welche die reine
Luft ihres Hauses verpestete.
»Die Kinder —- —«
»Wage es nicht, die Kinder sehen zu
wollen, wage es nicht, ihre Unschuld
durch Deinen Anblick zu entweihen.
Für sie bist Du ein Gestorbener.«
»So habe Mitleid, ich weiß nicht,
wohin —- wohin!«
»Ich habe kein Geld —- nichts —
woher sollte ich es auch haben?«
Sie griff in die Tasche, das einzige
Goldstück nahm sie aus ihrer Geld
tasche, das sich darin befand, und gab
es ihm
,,Schick mir Deine Adresse für’s
Erste, bis Du Arbeit hast, will ich Dir
das Nothwendige geben.«
Gierig griff er nach dem Gelde, er
wollte ihre Hand halten, aber sie ent
zog sie ihm.
»Aber Du wirst nie wieder kom
men, Dich nie den Kindern zeigen-J
»Auch wenn ich ein Anderer gewor
den, auch dann nicht?«
Sie kämpfte. Sie wollte ihm nicht.
jede Hoffnung nehmen.
,,Werde ein Anderer, beweise es —
beweise es.« Stolz hob er mit theatra
lischer Gebärde den Kopf und die
Hand in dem Glacehandschuh:
»Ich werde es beweisen s——- ich werde
es!«
Er ging.
Einen Augenblick lehnte sie an der
Thür, die sie hinter ihm schloß. Sie
T kämpfte mit einer Ohnmacht, wankend
schritt sie zurück, in’s Zimmer zu den
Kindern.
»Wer war es denn?« fragten neu
gierig die Kleinen.
»Ein armer, unglücklicher Mann,
ein Mann, der schwer büßen muß, daß
er schlecht ivar.«'
Die Kinder waren zu Bett gegan
gen. Jn einem tiefen Lehnstuhl, am
Ofen, saß die Mutter und dachte an
Vergangenheit und Zukunft. Heiße
Thränen perlten über ihre Wangen,
schwere Seufzer hoben zuweilen ihre
Brust. .
»Man muß tragen, was das Schick- »
sal uns aufgebürdet hat. Jch will es, «
ich will es.«
Da iönten die zwjiif -
der nahm Kirch-, langsam,
,,Prost Neujahxst -
Jubelnd klang es in , ,
Stube « !
Jubelnd Pflanzie es sich foi »
eine Welle ging s unter im
den Strom des roßfiadtgetöfes.·
; Da kam es herangeschlichen zu-« s
Jn weißen Nachttleidchen, Eli-z
ßen Füßen kamen alle vier auk
warmen Vettchen geschlichen.
,,Prosi Neujahr, Muttchen!«
Keines wollte zu kurz kommen, da
lachte und jubelte durcheinander
Jn dieser Stunde len iete ein Son
nenblicl des Glückes ii r ihre trübe
Zukunft. , ( L '
Jahreswet
Vorwärts fluthet der St
Fliichtig entgleiten diel W
Kaum erschienen, wie wl »z. ;n-,s wie
Liegen die lachenden Ufer J .» s
Möchten wir gerne zu ti-!
Hemnien des Schiffleånkk
Von der mächtigen Sit- s
Hält unser Wünschen sei
an
Scheidendes Jahr, -
St,
Der sich in dämmernde : «
Aber im Osten taucht n
Aus den leuchtenden Fl i «
Zwar noch liegt es Uebel
Macht es die Träume desils
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Hoffend betreten wir sei
Sei uns gegrüßt, du ne s
Freundliche Bild-er u "««·
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Glockentone, sie klingen .
Flöszen uns Ahnung vossc
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Hoffnung kiinfigen Glücks
Reichgesegnetes Mensche
Das, wie oft auch sein 3 »
Immer noch aus bergan
Neuen Glückes Verheiß , ·
Neues Jahr, du täuscher
Denn wir wissen: es birLg
Diistereof age und Tage ’7»
Freude mit Leid ist s: ·
Bleiben auch Stürme "·
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»Der Traum eines Ue»
lings, der die Tochter «
liebt, verprügelt und Y.
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kurzer Zeit doch wiebe
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Traum mit Alpdtiickc ;
wesen sein. «