Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 09, 1904, Zweiter Theil, Image 13

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    «werk eines großen Gutes billig zu kau
W
Herrn v. SchwarzhoGGefpenst
Erzählmy von Th. H. Pankenkus.
Dir saßen an L einem November
adend, an dem es draußen regnete und
stürmte, auf einem kurlandischen
Landgut im Zimmer der Hausfrau:
sie selbst, ihr Gatte, zwei erwachsene
Töchter, ein ebenfalls erwachsener
Sohn, der dem Vater in der Wirth
schast half, ein Gutsbesi er aus der
Nachbarschaft Varon chwarzhoff
und ich. Wie nun der Sturm die
Zweige der vor dem Hause stehenden
Fliederbiische wider die Fenster schlug,
kam die Rede auf Gefpenstergeschich
ten und der Sohn des. Hauses gab
eine sehr launige zum besien. Die
Geschichte, die geschickt vorgetragen
wurde, wirkte sehr belustigend und
rief am Schluß ein herzliches Geläch
ter hervor. Nur Herr von Schwarz
hoff lächelte zwar auch, stimmte aber
nicht recht in unsere Heiterkeit ein.
»Sie haben gut lachen, meine Herr
schaften,« sagte er, »wenn uns aber
wirklich ein Gespenst erscheint, ist uns
unzweifelhaft ernsthaft zumuthe·«
Wir blickten den Baron befremdet
an, denn niemand von uns konnte
glauben, daß gerade er je mit einem
Gespenst hätte in Berührung kommen
können. Wir kannten ihn als einen
ganz besonders nüchternen und ver
ständigen Mann, und wir wußten,
daß er sich durch Klugheit und Ener
gie aus dürftigen Verhältnissen zu
großer Wohlhabenheit emporgeschwun
gen hatte.
,,Erzählen! Erzählen!« riefen die
jungen Mädchen.
Der Baron strich sich mit der Rechten
über das kurzgeschnittene, schon stark
ergraute Haar und setzte sich in seinem
Sessel zurecht. »Gern,« sa,te er ein
fach und fuhr dann fort: » ir waren
unser, wie ich Ihnen ja schon mehr
fach berichtet habe, 19 Geschwister. Da
hatte denn jedes. von uns, obgleich
meine Eltern nicht unbemittelt waren
wenig Vermögen zu erwarten. Und
wirklich, als mein Vater starb und
unser Gut verkauft war, erwies sich,
daß sedes von den Geschwistern nicht
anz 12,000 Rubel erbte. Jch ent
chlo mich, trotz des geringen mir zur
ers gung stehenden Kapitals-, Land
wirth zu werden. Mrine Familie
mißbilligte diesen Plan durchaus, sie
ließ mich aber schließlich wohl oder
übel gewähren.
Jch erfuhr zufällig, daß in der Gro
bin schen Hauptmannschaft das Vor
sen war. Der Vesitzer des Gutes
hatte es für bortheilhaft erachtet, die
Ihm gehörenden Vauernhöse zu »legen«,
d. h. er hatte seinen Vächtern gekün
digt, ihre Häuser niederreißen lassen
und ihre Felder zu großen Kompleren
zusammengethan, deren Mittelpunkt
ein flüchtig erbauter Hof wurde. Nicht
weniger als 42 Familien hatten so
die Wohnstätten ihrer Vorfahren räu
men und in die Fremde ziehen müssen·
Der Besitzer des nunmehr nur ans
dem Haupthof und sechs Vorwerken
bestehenden Gutes war bald darauf
gestorben, und sein schwindsüchtiger
Sohn lebte in Italien. Er hatte dort
ein-: vornehme Französin geheirathet,
kam mit seiner Rente nicht aus und
verkaufte nun ein Vorwerk nach dem
andern. So wurde ich Besitzer von
Neuhof. Sie können sich diesen Wohn
sitz nicht trostlos genug denken. Die
größere Hälfte des Wohnhauses be
wohnten sechs verheirathete Knechte,
in der kleineren, ursprünglich für den
Vogt bestimmten hauste ich.
Jch erkannte klar, daß ich nur vor
wärts kommen konnte, wenn ich fiir
eine Reihe von Jahren auf alle Freu
den des Lebens verzichtete, und ich war(
entschlossen, danach zu handeln. Jch
machte daher auf keinem der Nachbars "
giiter Besuch und lehnte die Einla
dungen, die trotzdem von mit uns ver
wandten Familien an mich ergingen,
ein siir allemal ab. Jch hatte mir
von dem Amtrnann, der das Gut, zu
dem mein Neuhos bisher gehört hatte,
verwaltete, eine alte Frau empfehlen
lassen, die mir die Wirthichast siihrte,
und lebte schlechter als ein Bauer.
rau Stahnten, so hieß meine Wirth
chafterin, war eine hagere Person mit
schneeweißem haar. Meine einzige
Zerstreuung hatte während der war
men Jahreszeit darin bestanden, das;
ich im Sommer Enten und im Herbst
erst Hühner und dann Oasen schoß.
Jch versiigte damals über einen
wundervollen Hühnerhund, einen
weiblichen Pointer Namens Tidh.
Sie war, als sie in meinen Besitz lam,
drei Monate alt, rabenschwarz, mit
einem Fell so lurz und weich wie das
eines Maultvurses. Sie wurde ein
ungewöhnlich aroßer aber schlanter
Hund, mit Sehnen von Stahl, einer
unbegreiflich seinen Nase und einer
unbändian Jaadpassion Sie lernte
ihr Handwerk spielend und apportirte
sogar vorzüglich, was bei ihrer Rasse
bekanntlich nur sehr schwer zu errei
chcn ist. Sie wäre mithin das Jdeal
eines Hühnerhundeg gewesen, wenn sie
nicht zugleich die ganze Wildheit eines
Raubthietes besessen hätte.
Als die Ernte eingebracht und die
herbstbestellung der Felder beendet
war, sing ich doch an, die völlige Eins
samteit, in der ich lebte, zu siihlen.
Zumal an den beständig länger wer
denden Abenden verrannen die Stirn
den immer langsamer. und ich war
schließlich froh, wenn Frau Stahnien
am Abend in das Speisezimmer lam,
um den Tisch zu decken.
Inchbei Frau Stahnten machte sich
abschlich ein gewisses Anschlußbes
tmAÅ- «
dtirfntß geltend. Es lam vor, daß sie i
nachdem wir die wi tykschaftltehen Fra
gen des Tages erle pt hatten, stehen
lieb und sichtlich au eine Ansprache
von mir ·.hoffte Jch richtete dann
wohl eine Frage an sie, die sich auf
ihr früheres Leben bezog, und sie gab
willig Be cheid.
Eines ages lam zwischen mir und
Frau Stahnke die Rede auf das Legen
der Vauernhöse, und die alte Frau
entwarf mir ein anschauliches Bild
von dem Elend, das damals plötzlich
nnd unerwartet über ihre unglückli
chen Bewohner hereingebrochen war.
Neuhof war aus den Feldern von 9
Bauernhiisen entstanden Acht von
ihnen hatten auf dem jetzigen Brust
acker des Gutes gelegen, man hatte
daher auch ihre Fundamente abgebro- .
chen und die Feldsteine, aus denen sie
bestanden, zu lleinen Hügeln ausge
thiirmt, die mitten in den Feldern
lagen. Der neunte Hof aber, der
größte, stand auf der Viehweide, und
hier befanden sich die Fundamente der
Gebäude noch in ihrer ursprünglichen
Verfassung und an ihrer ursprüngli
chen Stelle.
Jch fragte Frau Stahnlen insbeson
dere nach dem Schicksal dieses Hofes.
Die alte Frau sah mich aus ihren gro
ßen Augen seltsam starr an. »Der
Bauer,« sagte sie, »war ein Onleli
meiner Mutter. Er war schon ein
sehr alter Mann, und er tonnte es
nicht begreifen daß er den Hos, auf
dem seine Vorfahren seit jeher gesessen
hatten, ohne jedes Verschulden verlas- s
.sen sollte. Er ging nicht fort, bis der l
Baron selbst mit seinen Knechten lam,
diese seine Wagen luden. Als das
letzte Stück aus dem Hause getragen
war. nahm er ein Rasirmesser aus der
Tasche und schnitt sichdamit, ehe die
Seinigen ihn in den Arm fallen konn
ten, den Hals durch.«
,,Entsetzlich!« rief ich unwillkürlich.
Die Alte schwieg eine Weile und sah
starr vor sich hin. »Gniidiger Herr, «
sagte sie dann, »im Dunleln darf nie
mand dorthin gehen Das leidet der
todte Bauer nicht.
»Wie meinen Sie dast« fragte ich.
»Man hat dort schon dreimal Todte
gesunden, die sich, als sie noch lebten
hei Nacht nnd Nebel dahin verirrten,«
war die Antwort. »Einmal einen
Bauern, den niemand lanntex dann
einen jiidischen Hausirer; endlich einen
Handwerksburschen. Allen dreien
stand das Gesicht im Nacken.«
Wie die Alte das so mit ihrer mü
den Stimme sagte, lief mir einSchauer
den Rücken herunter. Zugleich erhob
sich Tidh, die neben mir gelegen hatte,
blickte mit gesträubtem Nitckenhaar auf
die ofsene Thüre die in das dunlle
Nebenzimmer siihrte und lnurrte, als
ob sie die Anwesenheit eines Fremden
ivitterte.
Die Alte schien das nicht zu bemer
ten. Sie blickte noch eine Weile starr
vor sich hin, schüttelte dann den Kopf
und raffte sich gleichsam zusammen.
«Gute Nacht, gnädiger Herr,« sagte sie
und ging mit ihren leisen, schleichenden
Schritten aus dem Zimmer
Jch befand mich in einer seltsamen,
mir selbst unbegreiflichen Aufregung.
Was war denn geschehen? Vor einer
Reihe von Jahren hatte ein alter
Mann, den ich nicht kannte, sich das
Leb-en genommen, und an der Stelle,
an der das geschah, hatte man viel—
leicht in der That einen Hausirer oder
einen Handwerksburschen gesunden,
der sich im Schneesturm verirrt hatte
und dort erfroren war. Das alleg
ging mich doch eigentlich gar nichts an.
Trotzdem schlug mein Herz in schweren
Schlägen und lauschte mein Ohr ge
spannt auf ein Geräusch, das nicht
laut werden wollte.
Erst nirm hält-seht ein- Stunde lnrm
im Zimmer aus und nieder und fühlte,
wie meine Nerven sich allmählich be
ruhigten. Jch zündete nun eine Kerze
an. löschte die Lampe aus und begab
mich in’s Schlaszimmer.
Tidh lag aus ihrem Sack, der sich
ein paar Armliingen von meinem Bett
besond. Als mein Mel einige Minu
ten später auf sie siel sah ich, daß sie
sich erhoben hatte und sich in der Stel
lung befand, die sie vor dem Angriff
einzunehmen pslegte. Jhre Augen
waren drohend aus mich gerichtet, sie
fletschte mit den Zähnen und ließ einen
schnarchenden Ton hören· Mir lam
zum erstenmal der Gedanke, daß die
Beitie in diesem Hunde sich auch ein
mal gegen mich richten könnte. Als
ich ihr aber ein: ,,zlusch dich« zurief,
mit einer Stimme, die mir selbst gar
nicht wie meine eigene vortam, wandte
Tidh den Kopf von mir ab, drehte sich
mehrmals im Kreise und legte sich
wieder aus ihren Sack. »Sie mag
wohl einen bösen Traum gehabt ha
ben,« sagte ich mir, und löschte das
Licht aus. Jch lag aber wach. bis die
Hähne triihten und ich die Mägde in
den Viehitall gehen hörte.
Am folgenden Morgen mußte ich
selbst über den Zustand lächeln, an
dem ich mich am Abend und in der
Nacht besunden hatte, und an den mich
noch ein leises Kopfweh erinnerte. Da
dieses den Tag über, während ich mei
nen Geschäften nachging. anhtelt, so
nahm ich nach dem Mittagessen meine
Flinte aus die Schulter und unter
nahm einen Spaziergang
Das Wetter war trübe, und über
der Viehweide lag ein dichter Nebel.
Der Nebel wurde immer dichter und
lag als wir am Ziel waren, wie eine
Wolle über dem Lande. Da sich leine
Ente sehen ließ« lehrte ich um und
schritt rüstig aus, denn es wurde lalt
und meine Joppe naß.
Ich glaubte mich schon unmittelbar
bei Neuhos, als ich plöhlich dicht vor
mir dte Fundamente jenes Bauern
hauses erblickte, von dem am Abend
vorher so viel die Rede gewesen war.
»Gut, daß ich nicht abergliiubisch bin,«
dachte ich, nahm noch einmal mdglichst
sicher die Richtung nach Neuhof und
schritt so rüstig aus, wie die vielen
vom Vieh ausgetretenen Bülten unter
meinen Füßen es zuließen.
Nach einiger Zeit bemerkte ich, daß
ich mich nicht, wie ich jetzt erwarten
mußte, aus einer in einer Einsenkung
zwischen den Feldern liegenden Wiese
befand, sondern wieder aus der Vieh
weide.
Da ich keine Uhr bei mir hatte,
konnte ich nicht feststellen, wie lange
Zeit ich in die Jrre gegangen war.
Es mußte aber eine ganze Weile ge
währt haben, denn zu dem Nebel schien
sich jetzt bereits die Dämmerung zu
gesellen. Wollte ich noch vor Einbruch
der Dunkelheit mein Heim erreichen,
so mußte ich mich dran halten.
Jch griss tüchtig aus aber mein
Wandern wollte kein Ende nehmen und
schließlich stand ich wieder vor dem
leidigen Fundament mit seinen nassen
Steinen und den welken Nesselstauden
und Disteln zwischen ihnen.
Der Wind setzte stärker ein, fuhr mir
durch die nassen Kleider und machte
mich erstarren. Die Nebelmassen trie
ben iiber mich hin, und aus ihnen
heraus hörte ich deutlich hohe Stim
men, die sich eilig etwas zuriefen Jch
woute »Wer da’-!« rufen, und war,
als ob sie, wie ich sie hervorstieß, fo
fort zu Boden fielen. Jch hörte felbft
nur einen dumpfen Ton. Jch fühlte,
wie fich mein Haar fträubte. Jch riß
die Flinte von meiner Schulter und
spannte beide Höhne. Jch wußte, jetzt
mußte der todte Bauer kommen Und
da lam er auch, in einem weiten wei
ßen Todtenhemde, das mit dem Nebel
ringsum verschwamm. Lange-« weißes
Haar flatterte um fein weißes Ge
sicht, aus dem die weit aufgerissenen
Augen mich finster anstarrten. Jch hob
die Flinte an die Wange und drückte
beid Läufe zugleich ab. Der Feuer
ftronr fuhr dem Todten mitten durch
den Leib, aber er zog über mich weg
wie ein eisialter Strom. Zugleich
tauchte Tidys dunlle, mir riesengroß
erfcheinende Gestalt vor mir auf,
stürzte sich auf mich und warf mich zu
Boden. Die weißen Zahne des Thie
res fchimmeten dicht vor meinem Ge
sicht. Jch packte es mit beiden Händen
um den Hals und zwang es unter
mich. Jch fühlte in den Händen et
was Weiches, Sammtenes und da
runter eine harte beinserne Röhre, auf
die ich mit verzweifelter Kraft drückte,
während ich einen heftigen Schmerz in
den Beinen empfand, an denen etwas
entlang schlürfte. Endlich hörte der
Widerstand auf. Jch hatte den Hund
erwürgt.
Ich richtete mich auf und befand
mich in der seltsamsten Stimmung.
Jch war nun, da ich wirklich um mein
Leben gerungen hatte, vollständig er·
nüchtert. Die Nebelinafsen, in deren
Mitte ich mich noch immer befand,
waren fiir mich jetzt nichts mehr als
eine über die Erde hinziehende Wolle,
und die Stätte, an der ich stand, hatte
allen romantischen Zauber eingebüßt.
Jch hätte geglaubt, nur einen tollen
Traum gehabt zu haben, wenn ich
nicht die todte Tidn vor mir gehabt
hätte und meine zerrissenen Kleider
überdies von dem verzweifelten Kanin
gezeugt haben würden, den ich eben
bestanden.
Am andern Tage ließich anspannen
und machte bei den nächsten beiden
kn-J-s---- — ----- Oc—t-Lt-l;s..k..«t- »He
JIUWUULII lslIiIlITll alllllllssksuwv WCII«
dem habe ich nie wieder ein Gespenst
gesehen.«
»Und wie erklären Sie Jhr Erleb
nisz, Herr von Schwarzhoss?« fragte
die Hausfrau.
,,Daraus gnädige Frau,« erwiderte
der Baron, »daß sowohl die Menschen
wie die Hunde aesellige Wesen sind
und die Einsamkeit auf die Dauer
nicht ertragen. Die einen macht sie zu
Gespenstersehern, die andern macht sie
toll.«
Ueber ein Kleinvahnstyw
schreibt man der »Hagener Zeitung«
aus Altenr·irde: Der Nachmittags
»Blitzzug« nach Hagen verließ mit ge
wohnter Piinttlichteit unfere Station,
um nach Hagen zu eilen. Jn der Nähe
der Kluterhöhle, als der Zug mit ,,ra
sendet« Geschwindigkeit thalabwärts
rollte — ein scharfer Ruck, und der
Zug steht. Altes stürzt fchreckengbleich
ans Fenster, die bangen Gesichter fra
gen: »Ist aus der Höhle heraus ein
Ueberfall aus den Zug erfolgt?« Ha,
da rennt ja auch ein Mann die Bahn
geleise entlang gen Vorde, und schon
schicken sich einige besonders Veherzte
zur Verfolgung an, da sagt ein Be
amterI ,,11nsinn, unser Zuafiihrer hat
nur seine Mappe vergessen.« — »Ja,
weshalb fährt denn der Zug nicht zu
rück?« »Das dauert zu lange, so
viel Zeit haben wir nun doch nicht,«
lautete die Antwort. Nachdem sich die
Passagiere vom Schrecken erholt ha
ben, kommt der Bote mit der Mauve
wieder angerannt, und stolz das-wich
tige Dotument wieder hinter sich zu
wissen, eilt das Dampsroß weiter den
schönen tsnnepestrand hinab.
-—--—-.-.-——-—-..
Ein Schwärmen
Bekannter lzum Weinhändler, der
von einer Rheinreise zuriickgelehrt ist):
»Wie hat’s Ihnen denn am Rhein ge
fallen, Herr Pantscher?«
»Ach, großartig, die Berge und die
Burgen, und die reisenden Frauen,
und vor allem der feurige Wein!
Von jetzt an sabrizire ich nur noch
Rheinwein.«
Ausgleichende Gerechtrgten
Hutnoreste von E m il M a r r i o t.
Herr Schnauzerl war eben im Be
griffe, die Treppe emporzusteigen, um
von seinem im selben Hause befindli
chen Geschäfte in seine Privatwoh
nung zu eilen, als er dicht hinter sich
Schritte vernahm und eine Hand sich
ihm breit und start auf die Schulter
legte.
Nun liebte es Herr Schnauzserl we
der in seinem Gange zu Tisch aufge
halten zu werden, denn er war sehr
hungrig, noch besaß er eine Schwäche
fiir fremde Hände, die sich ihm anf die
Schulter legten. Er war kein Freund
solcher Vertraulichteiten
So fuhr er denn herum: »Erlauben
Sie mir ....!« Was er sonst noch
sagen gewollt, blickt ihsn in der Kehle
stecken. Vor ihm fand ein baumlan
ger, ausgemergelter Kerl in defetten
Kleidern —-— eine jener Erscheinungen,
denen auf einsamer Landstraße zu be
gegnen höchst unerfreulich ist. ·
»Betteln nnd Hausiren ist in met
nem Hause streng untersagt,« preßte
Hrr Schnauzerl, blaß vor Zorn, her
aus. »Und wie können Sie sich er
frechen . . . .« ·
Der andere fiel ihm lachend in’H
Mast O-»«» ca»uki7wn spielt mir As
1 Uvsoi ««,u«- -»»«ss.--.-» »s-,-- ..... »
leg. Hab’ nichts-, was ich verkaufen
könnte, und tein Geld, um alte Klei
der oder sonst was einzuhandeln Und
betteln thu’ ich auch nicht. Aber einen
alten Freund hab ich begrüßen wollen.
Geh’ da gerade an dem Hause vorbei,
seh’ mir die Schilder an. Und was
seh’ ich da? Deinen Namen Schnau
zerl! Deinen dummen Namen. Denk
ich mir: Gehst ing Haue- hinein -und
fragst den Haugnieister, wo der Herr
Schnauzerl wohnt. Denn im Ge
schäft, bei der Arbeit, hab’ ich dich
nicht stören wollen. Na, und wie ich
ins-z Haus trete, wen erblicke ich da?
Dich! Hast noch immer das Moos
gesicht, das so gut zu deinem Namen
paßt. Hab’ dich gleich ertannt.«
Herr Schnauzerl war auszer sich.
So etwas! Der zerlumpte Mensch
sagte du zu ihm: aus der Treppe, in
seinem eigenen Hause, wo die Parteien
es hören könnten. Und sprach so laut,
drückte sich so unmanierlich aus . . .
»Ich weis-, nicht, wann ich
Nein, das ging nicht. Er hatte sagen
wollen: die Ehre gehabt habe. Es
war doch keine Ehre, diesem Kerl Do
begegnet zu sein. Die Bestiirzung
machte ihn ganz dumm.
»Ich weisz nicht, wann ich das Ver
gnu . . . .«
Nein, auch das ging nicht. Wenn
er diesen Menschen einmal wo kennen
gelernt hatte: ein Vergnügen war es
gewiß nicht gewesen. Keine Ehr-e nnd
tein Vergnügen
»Ich kenne Sie nicht,« stieß er her
»Aber, SchnauzerU Du wirst dei
nen alten Schultameraden Franz
Pseifser nicht mehr kennen?« Und er
legte ihm beide Hände aus die Schul
tem
Jetzt erinnerte sich Herr Schnau
zerl. Ja, eS war der Franz PseisseL
mit dem er vor dreißig Jahren aus
dersean Schnlblant gesessen hatte.
Und er entsnnn sich, dass. ihn dieser
Pseisser schon damals ebenso hart
näclig belästigt hatte. wie er ihn heute
belästigte, daß er so wenig wie eine
Klette abzuschiiiteln gewesen wäre.
Jm oberen Stockwerte wurde gere
det. Schritte ertönten. Herr Erlinaus
zerl kriegte eine fürchterliche Angst.
Er, der Hausherr, in solcher Situa
tion! Nein, so durste Niemand von
den Parteien ihnsehen Und so rang
er sich in seiner Pedränanisz einen he
«
wisch- verzweifelten Unschme av:
»Komm lieber herein zu mir in meine
Wohnung und iß mit mit-I
»Hab’ nichts dageaen,« sagte der
Franz Pseisser.
Bald saßen die beiden in Herrn
Schnauze-IRS hübsch eingerichtetem
Speiseziinnser, am sauber gebraten
Tische. Das servirenre Stulsz nmäd
chen war blaß vor Entsetzen über die
sen Gast, und die Köchin ließ den
Braten anbrennen, alH das Stuben
mädchen ihr zuraunte-. »Ste!len Sie
sich vor, Köchin, der Bettler sagt du
zum anädigen Herrn!«
Herr Schnauzerl siihlte sich äußerst
unbehaglich. Um so bebaglicher fühlte
sich dagegen der Franz Pseisser: »Fa
mose Sappe, SchnauzerL Famoser
Wein. Dein Wohl! Uebrigens geht
es dir ja ohnedies schon gut. Jung
geselle scheinst du ja auch zu sein?«
f »Ja, « sagte Herr Schnauzerl wori
arg.
»Und wohnst im eigenen Häuse.
Hast ein großes Geschäft. Das trifft
sich ja ausgezeichnet M habe nichts
dergleichen: weder Haus noch Ge
schäft. Dafür aber habe ich eine Frau
und vier Kinder·«
»Sol« sagte Herr Schnauzerl kühl
und ohne einen Schimmer von Jn
teresse. Er sah ihn kommen, den »An
pumver«, und wollte vorbeugen: »Das
schaut alles viel großartiger aus, als
es ist, weißt Du. Das Haus ist über
und über verschuldet und steht zur
Hälfte leer. Und das Geschäft deckt
nicht die Kosten «
»Was Du nicht sagst! Dann
iwürde ich es lieber aufgeben« Aber
idie Hausherren und Geschäftsleute
tanzen ja immer und werden dick und
sett bei den schlechten Zeiten. Doch
wenn Du Wohnungen leerstehen hast:
ich beziehe gern eine mit meiner Fa
Imilie. Wir sind naml ch gerade jetzt
jobdachlos.«
i »Das thut mir leid . . ·. Aber bei
mir wird es Dir vermuthlich zu
tbeuer iein.«
»rathet. Und ich habe nichts und muß
l
i
armes Mädel heirathen und vier stin:
Der Franz Pfeifser lachte laut aus: s
»Ja, glaubst Du denn, daß ich denl
Zins bezahlen will?«·
»Ja, was glaubst denn Du?« ent-j
aeanete Herr Schnauzerl mit starremi
Blicke. l
»Nichts zahle ich! nein-m Heuckit
Das wäre schön! Der Mensch steckts
bis über die Ohren in Geld, hat viell
zu viel, und ist obendrein unt-»erhei
außerdern für eine Frau und vier
Kinder sorgen. Da ist es doch Deine
verdammte Pflicht und Schuldigteit,
mir von Deinem Zuviel zu geben!«
Herr Schnauzerl saß mit vfsenetn
Munde da —- wortlvs.
»Ich bin nun einmal fiir eine aug
gleichende Gerechtigkeit.« suhr der an
dere fort. »Ich habe tsein Glück ge
habt, und das Arbeiten triegt man
am Ende auch satt, wenn man sieht,
daß man dabei doch auf keinen grünen «
Zweig tommt... Meine Frau hat
auch nichts gehabt. Bettelarm, saac
ich Dir. Und vier Kinder! Es ist
Deine Pflicht, Du Uebersatter, dicker,
unnüyer Hagestolz, mit uns zu thei
len. Wer zu viel hat, muß seinen
Uebersluß mit denen theilen, die zu
wenig oder nichts haben: darin liegt
die Lösung der sozialen Frage,
Schnauzerl!«
Dieser hatte sich von seiner Erstau
nung erhalt. Jetzt brach er polternd
und keuchend los: »Du, na! Du ge
fällst mir. Das wäre freilich be
quem. Kein Glück haben, die Arbeit
an den Nagel hängen. Ein bettel
der in die Welt ,7.erren. Und dann
zu den anderen tommen und saasent
Theilt mit mir. Du, das wäre sehr
bequem.«
»Aber die ausgleichende Gerechtia
ieit, SchnauzerlE Und Brüder sindl
wir am linke allei« I
»Ich Pfeife auf alleLs das. llnd fiirl
solche zahlreiche Verwandtschaft danke
ich ergebenst. Nimm Deinen Hut und
geh’. Geh augenblicklich« i
»Du bist wie mein Ontel· Der ist
vierfach verstockter Hausherr wie Das
Sitzt bie- zum Hals in Werthpauiereiht
Glaubst Du, daß er etwas siir mich
thut? Fällt ihm gar nicht ein! Hin
augaeworfen hat er mich und mir ar
droht, sich an die Polizei zu wenden,s
wenn ich ihn nicht in Ruhe lasse. Ja,«
so sind die Reichen. Einer wie der
Andere.«
»Ich werde wie Dein Onkel han
deln und einen Wachmann holen las
sen. wenn Du nicht freiwillig und
schleunig gehst . . .. Ausgleichende Ges
rechtigleitl Alle unsere Brüder!
Solche Frechheit!«
»Du bist im llnrerbt,« sagte der:
Franz Pseisser, stand aber auf ....l
»Es wäre viel besser bestellt auf Er
påm wenn alle Menschen dächten wie
l .«
»Ja, für Dich und Deinesgleichem
Das glaub-e ich schon.«
»Ich würde auch als Millionär
ebenso denken, Schnauzerl!«
W
»Den Beweis dafür wirst Du mir
wohl schuldig bleiben.... Aber Ietzt
mach’, daß Du forttommsL Und laß
Dich nie wieder blicken. Da hast Du
noch einen Zehn-Kronen-Schetn, da
fFr tausse Deinen Würmern etwas zu
e en.«
»So ein Bettell« Die Lippen des
Franz Pseiffer zuckten verächtlich.
»Na, gieb’ nur hat« sagte er hastig,
da Herr Schnauzerl Miene machte
den Schein wieder einzustecken. »Und
leb’ wohl, SchnauzerL Du ungerechter
Mensch! Jch wünsche Dir trotzdem
alles Gute.«
»Ich mir auch,« sagte Herr
Schnauzerl trocken.
It- s« Ost
Nach einem Jahre tras Herr
Schnauzerl abermals mit seinem al
ten Schulkameraden zusammen: auf
der Rinastraße, in einem eleganten
Kaffeeh-ause. Doch wie sah der Franz
Pfeiffer aus! Völlig verwandelt:
anständig gekleidet und sauber rasirt.
Auch ein bischen Fett hatte er ange
setzt. Er tauchte, trank schwarzen
Kassee und las in einer Zeitung: vom
Wirbel bis zur Sohleein wohlsituir
ter zufriedener Bourgeois.
»Dente Dir, Schnauzerl,« erzählte
er dem Ueberraschten, ,,mein reicher,
alter Onkel ist plötzlich gestorben . .
Tika Testament Uan ich beibe
als-« sein nächster Anverwandten eine
kolossale Erbschaft gemacht. Ich bin
ein reicher Mann, lebe von meinen
Renten. «
»Da gratulire ich,« sagte Herr
Schnauzerl und setzte sich zu ihm.
»Ja, Schnauzerl, es geht mir gut.
Nein, wie die Leute mir jetzt schön-,
thun! Und diese Bettelbriefe! Täg
lich ein ganer Stoß.«
»Und du giebst natürlich allen?
Giebst mit vollen Händen?«
Der andere machte große Augen:
»Wie-so denn? Dann würd-.- ich ja
bald selbst nichts texehr habe-ni«
»Aber die ausgleichende Gerechtig
keit, Pseifferl Die Lösung der so
zialen Frage! Und alle, die Dir Bet
telbvriefe schreibt-m sind ja Deine Brü
der.«
Herr Pfeisfer mit-de etwas verle
gen. »J meisxt Tu, Schnauzerl,
man Zins-Irr sich eben· Wenn man
im Fett sitzt, schau-L die Welt anders
aug- «
,-o iste ·«sagte Herr Schnauzerl
find immer fix-L Geben. Daß näm
lich die anderen geben sollen. Und
wenn man was hat, will status be
halten. Die Menschen sind nun ein
mal so.«
K
»Ja, SchnauzerL Kommst Du
öfters in dieses Kaffeehaus?«
»Täglich· Ich habe da meine Ta
rotpartie.«
»Braucht ihr vielleicht einen Drit
ten?«
»Eigentlich nicht. Aber wir tön
nen ja zu Vieren spielen. Ich will
Dich mit den Herren bekannt machen
lauter Hausbesitzer. Du kommst da
in gute Gesellschaft, wie es sich für
Dich schickt «
»Ja gleich und gleich. . das ist
dich das beste. Solele Brüder lasse
ich mir gern gefallen, Schniauzerl!«
»Na, also. Ich sag’ es ja immer:
Wenn ein Mensch zu Geld kommt,
kommt er auch zur Vernunft. Siehst
D11,1Vie faniog wir heute einander
Verstehe-n? Und warum? Weil wir
gl«ich und gleich geworden sind. Da
versteht man sich immer.«
.————.
Anspielung.
Schutzmunn (bcim Trabrenne—n):
,,Herrgott, wäre das jetzt ein Vergnü
gen, diie alle wegen Schnellfahrens auf
zuschreiben!«
In Gedanke-m
Friseur: »Ich bitte, den Hut abzu
legen!«
Kunde: »Sie haben mir nicht zu
befehlen, ich lege meinen Hut ab, wann
und wo ich will!«
Vertilpigunq.
Frau (zum leichzsinuigen Mann):
,,Max, so kannst Du Doch nicht weiter-:
wirthfchaften, wir müssen doch für
unser Alter sorgen!«
Mann: »Unnöthig, — Dein Atter
sorgt ja für uns!«
Sein Verdienst
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Gaum-u »Na Ja, lmb ja auch ganz neuen Mut jahrcu tauml«