Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 02, 1904, Zweiter Theil, Image 14

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    ...... . .
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(9. IottsesungJ
» ersg nur Jhre seinen Hand
schuh’ in acht!« ries er warnend. »Das
Dingq ist lwIch ganz roh und fruchtl«
» i Rings« war eine kleine
Frauenbüstq vielmehr ein Kopf aus
grauem Ton geknetet, Schultern und
Arm-ansah kaum angedeutet. Das Ge
sicht aber war ganz ausgeführt, die
einen Mädchenziige mit dem ver
iräumten usdruck so lebenswahr, daß
nur das Reden noch fehlte.
Botstrhtig drehte die Gräfin das
Ksp then hin und her. Der »Wollen
dru on Fragen« blieb vorerst ans.
»Das ist das erste, was Sie hier in
Münclxn gemacht haben?« forschte sie
endlich
»Ms erste und einzige! Jch soll die
beiden Buben von meinem Bruder
modelliren —— will auch — hab’ aber
noch nicht angesangent«
»Und wer hat Jhnen zu diesem
Kopf als Modell gedient?«
»Meine Erinnerungl«
»Wirklich die allein? Das faßt tief
blicken!«
»Thut es auch, liebe Cillyl Jch hab’
sehr weit zurückgreisen müssen, um
dies Gesicht aus meinem Gedächtniß
herzuholen!«
« »Das soll ich Jhnen glauben? Dies
hier ist doch offenbar ein ganz junges
Mädchen —- oder Frau?«
»Nein! Mädchen!«
»Und da wollen Sie zurückgreisen
müssen» . wie weit meinen Sie?«
»Zwanzig Jahre ungefähr — neun
zehn mindestens!« .
»Sie sprechen in Räthseln!«
»Glaube ich Jhnenl Also denn kurz
und bündig —- dor Jhrem inquisitori
schen Geist tomm’ ich doch nicht davon,
»stang Frau«, wie Richard Wagner
in der «Walküre« bemerkt. Vor grauen
Jahren half ich mal. als ich noch da
olan im Norden lebte. ein Mädchen
k,c— -.. --t—--L .-«.d.
Ilcalll — st Bat Neun-u - usu
gessen Abbild, Zug utn Zug, hab’ ich
vorgestern hier in dieser Stadt Mün
chen gesehen! Was agen Sie dazu?«
»Seht einfach! s Mädchen hat
inzwischen geheirathet, hat eine Tochter
bekommen, diese lebst in München und
sseht ihrer Mutter ähnlich!«
»Ichlgeschossen. Madonnsat Das
Mädchen hat gar nicht geheirathet, es
ist ganz jung gestorben!«
»Und« es ist ausgeschlossen- — daß
»Völlig ausgeschlossen!«
»So wird es eine nahe Verwandte
fein! Solche frappante Aehnlichkeiten
springen oft wunderbar in einer Fa
inilie!«
»Moglich! Nicht wahrscheinlich. ..
aber doch möglich! Jch hab’ es bisher
noch nicht ergründen können, werde
aber trachten. baldigst alles zu erfah
ren, was mir die Sache auftliiren
konntet«
»We) haben Sie das junge Mädchen
geschmi« ·
»Im hauz von dem kleinen Maxi
Rode, dem Porträtmaler — Sie erin
nern sich feiner wohl von Rom hat«
»Ja! Und —- und haben Sie das
junge Mädchen . . . ich meine das
andere junge Mädchen — vor zwanzig
oder neunzehn Jahren — haben Sie
das eliebt?«
» uf dieFrage hab’ ich die ganze
Zeit her gewartet—die mußte korn
ment Jch glaub’ Cillh« Sie waren er
stickt, wenn Sie sie nicht hätten thun
könan Also denn: ja —— gewiß hab’
ich das Mädchen geliebt!«
»Aber —- aber Sie haben mir nie
früher etwas davon erzählt!«
»Nun, es war vor unserer Zeit!
Warum in so graue Vergangenheit
zuriickgreifeni Die Todten stehen
W mehr auft«
»Und erinnert dies Mädchen« —
die Oriisin deutete mit einer Kopf
dewogung nach der kleinen Büfte —
nett es Sie im Wesen an die
Idee-K«
» s wei ich nicht! Jch habe keine
E , Skkbe mit i gesprochen!«
s , »Hut- Ste haben nie zuvor ans dem
ja— habe... vor langen
! B· steht irgendwo in
«- -L- Z- W Zo- -;-.-II- Wes-'s
Felsen, verstaubten Winkel noch dir
leine Halt-figur, die ich dazumal mit
Meinen jungen, ungeübten Händen
farrnte."
»Warum — wenn Sie das Mäd
ckxn siebten —- warmn heiratheten Si·
es via-M«
Costa starrte eine kleine Weile mit
echten Brauen vor sich hin, ehe ei
z . , zum Antworten entschloß.
Es « je hören ja — sie ist gestorben!«
sagte er endlich zögernd.
»Wenn Sie denn mit ihr ver
kodif«
«Sø halb und halb — in aller
stille —- 1a! Ob es zur heitath ge
W wäre . . . wer lann’s sagenf
, var schon damals ziemlich ehe
Lasieu wir das! Jedenfalls
M w«—er nahm feiner Freun
Qh das Keine Tonmadell ans der
M und stellte es auf den Tisch·
M Wes zwischen die Kartonl
Als-Wesen — »das Bett-lüf
W IS mir jemals vorgekommen
jin- Sze Use-. ich finde reiche m
prasch Aehnlichkeiteif— unsereins hat
fja die Augen, den geübten Blick da
, für! Aber dies. .dies hier ist teine
Nachahmung der Natur —- es ist ein
sach eine Auferstehung! Unaussiillig
hab’ ich das Mädchen neulich beobach
tet. Nicht nur die Gestalt, die Ge
sichtsziigh .nein, auch die Kopf
baltung die hände, die Gebärden —
dies eigenthiiinlich Gleitende, Rhyth
mische in der Bewegung. .,genau
aber auch genau so wie bei jener! Jch
bin kein Geisterseher — wär’ ich das:
hier müßt’ ich an Revenants glauben
lernen!« x
»Und hat das junge Mädchen von
damals...« hob die Besucherin von
neuern an, aber mit einer kurzen, her
rischen Gebärde schnitt er ihr das
Wort ab.
»Gute, liebe Cillv, enden wir dieses
Thema —- ja? Mich diintt ich hab’
es satt, und Sie haben lange genug
die »sragende Frau« gespielt! Sie wis
sen ja nun alles, was Sie wissen
wollten! Die Sache bleibt natürlich
unter uns! Jhre einstigen Warschauer
Freunde und wen Sie sonst noch hier
in München haben... die brauchen
nichts von der Geschichte zu erfahren.
Etwaige Nachsorschungen müssen sehr
vorsichtig ins Wert gesetzt werden —
die desorg’ ich allein —"
f ».Sie werden Jhnen nicht viel hel
en.«
»Das wollen wir doch abwarten.
erensalls tunn irgend eine Unge
schicklichteit oder ein zu großer Eifer
alles verderben!'
»Und den Namen dieser »Unser
standenen« wollen Sie mir nicht
sagen?«
»Nein!« Cottas Ton tlang rauh.
»Wir-zu sollte das dienen? Was wollen
Sie überhaupt mit der ganzen Sache?
Jch dächte. sie ginge mich allein ant«
»Da Sie mein Freund sind, so
könnte es leicht sein, daß ich anen
einen Dienst —«
J Fisch werde Sie darum bitten. wenn
ich es für angezeigt haltet«
»Wie reizbar und nervös Sie heute
sind, lieber Will!«
»Wer hat mich dazu gebracht, liebe
Cillh?"
. Eine unbehagliche Pause entstand.
Cotta saß immer noch auf der Kante
des Tisches; er blickte mit gerunzelter
Stirn zu Boden, « hatte ein Papier
rnesser vom Tisch aufgegrifsen und
tlopfte damit in regelmäßigen Absätzen
hart und taktrniißig in seine linte
Handfliichr. Die dunkeln, heißt-litten
den Augen der Frau gingen unauf
hörlich von dem Mann zu der kleinen
B« te Und wieder zu dem Mann zu
rii . Eins zitternder Sonnenstrahl
spielte in seinem vollen braunen Haar,
das urn die Schläfen herum schon leicht
zu ergrauen begann. Wie er die star
ten Brauen gefurcht hatte — wie die
Lippen, die weichgefchwungenen, be
weglichen Lippen, unter dem dichten
Bart fest, unerbittlich auseinanderge
preßt waren!
Sie hatte vor kaum zehn Monaten
gesagt, sie kenne ihn genau ebensogut,
nein, besser als sich selbst, das war
ihre ehrliche Ueberzeugung gewesen!
Jetzt, mit einem Mal, war etwas da,
etwas Wichtigeö in sein Leben Ein
greifsnbes, wovon sie nichts wußte-—
etwas, das nicht in die vierzehn oder
fünfzehn Jahre hineingehörte, wäh
rend welcher sie ihn kannte —- das noch
« weiter zurücklag an dem sie keinen
Antheil haben sollte! Ein flüchtiges
Lächeln stahl sich um ihre Lippen. So
bald sie ernstlich wissen wollte, würde
sie alles erfahren, was sie interessirte!
Die Menschen waren so schwatzhaft,
so unbedacht! Was alles hatte Cilln v.
Sczolobiedsla in ihrem Leben schon
herausbetonimen — ost ganz mühelos!
Und hier, wo sie ihr starkes Wollen
einsetzen würde war der Erfolg zwei
fellosi
Die Wiedersehensfreude war ihr
freilich schwer getrübt — ihr Gespräch
mit dein Freunde hatte .fast sofort
einen Mißllang gehabt. Und sie hatte
es sich so schön gedacht, wenn sie un
vermuthet in sein Münchener Atelier
eintreten würde! Sie hatte ihm so
rasch diesmal nicht nachfolgen wollen
.. . aber sie lonnte es in Rom einfach
nicht aushalten ohne ihn! Er war ihr
unentbehrlich geworden —— niemand
auf der ganzen weiten Welt vermochte
ihr das zu sein« was Willfried Cotta
ihr EFisoorden war!
nieht hatte er sie empfindlich
gekranlt —- aber das durfte sie sich
nicht merken lassen — sonst, das wußte
sie, entfrenidete sie sich ihn. Kleinliche
weibliche Reizbarleit konnte er nicht
vertragen; er hatte es ost lobend her
- vorgehoben, daß sie-—- Cilly —- ihrn
damit niemals lam. Sie mußte war
ten, di- er sich von selbst wieder zu
ihr zariicksand.
Es dauerte nicht lange damit. Eine
kleine Weile noch-— und der Künstler
hörte anf, mit dein Papier-weiser in
seine esse-e band zu schlugen sein«
Stirn wurde glatter, unt Augen nnd
anild ligxäesich essich d M ch sch
u, « —er re e ra
nuIhr bothervor-aMc liest-as Ja r dafallen
em
PW her, wallen nnd —lt dawieder
Messe-. Sehen wir s Ost-en
steil aus der VerganW einstweilen
szeik nnd plauschen wir von anderen
ngen.«
Damit nahen et die kleine Viisie und
trug sie nach der entge ngesetzten
Seite des Ateliets, wo et sie aus ein
Wandbrett stellte und mit einem leich
ten Tuch zudecktr.
Die Geäsin läche!te. Wenn ihr
Freund in die wienetische Mundart
verfiel und zu »Plauschen« wünschte,
dann war bei ihm aller Aetger ver
slo en. Ganz grundlos war übrigens
dieser Aerget nicht gewesen: sie mußte
es nachgetade wissen, daß ihm taum
etwas lästiger war als sich aussteigen
zu lassen. . . nun, und eben das hatte
sie ausgiebig genug gethan!
»Gestatten Sie, daß ich mir den
Lehm herunterspül’!« Er chritt zu
einem in der Ecke stehenden schtisch
und rieb seine Hände energisch mit
Seife ein. »Kennen ja das genugsam
an mie, haben’s hundertmal in Rom
gesehen! Ach, Rom! Du mein gelieb
tes! Wie haben Sie’s verlassen? Nichts
Neues passirt dort, seitdem ich abge
teist bin?«
»Nichts von Belang. Sie werden
ungeheuer vermißt, und man ist all
gemein höchst gespannt aus Jht neue
stes We:t.«
»Man soll sich gedulden. Noch hab’
1ch’s gar nicht hier —- und wenn yon
— sürs erste hab’ ich noch lein Bro erl
Arbeitsstimmung. Die deutsche Lust
taugt, scheint’s, nicht sonderlich sin
meine Kunst. Nu, warten wiss ah!
Endlich wär’ ich gesäubett, nun dats
ich mir eine Patschhand ausbitten,
was-, Cilly?«
Er drückte und schüttelte hekzhast
die schmale Frauenhand, seine Augen
forschten mit Antheil im Gesicht der
Freundin.
»Sie schauen ’n bissel schlecht aus!«
bemerkte et steimiithig. »War die
Reise diesmal so bös oder wat’s diel
Sehnsucht nach mik, die Sie so übckl
" zug’richtet hat«-«
Er fragte es lachend, im offenbar
sten Scherz; keine Ahnung kam ihm
daß er mit seiner letzten Bemerkung
das Richtige getroffen hatte.
Unter der leichten Schminke, die die
Gräfin seit Jahren schon auflegte und
nun nicht mehr entbehren konnte, stieg
ihr ein schwach-es Noth in die Wangen.
Wie undesan n er war, wie ganz
nur auf den on des »guten Freun
des« gestimmt! Nun, das war ein
Glück fiir sie! Sie wußte es, er hätte
den Verkehr mit ihr turzerhand abge
brochen, wenn sie ihm irgend welche
leidenschaftlichen Empfindungen ver-;
rathen haben würde.
»Man wird nicht jünger, lieber!
Will!« scherzte sie. J
»Da haben’s rechtl« bestätigte ert
topfnickend, seinen Sessel nahe zu dem »
ihren heranziehend. »Wie alt sind Sie
eigentlich, Cilth Unter so guten
Freunden, wie wir zwei es sind, kann
man so versängliche Fragen schon
thun. Jch schätz’, Sie haben ungefähr
meine Jahre — hm?«
»Ungesähr!« bestätigte sie ruhig.
Sie wußte, daß er etwa zwei Jahre
jünger war alssie —- aber warum
ihm dies sagen? »Wie haben Sie
Jhre Angehörigen gefunden?« wech
selte sie das Thema.
»O, gut-vorzüglich sogar! Sie
wissen, die Schwägerin kannte ich
schon war damals zur Hochzeit am
Rhein — sie ist doch Nheinländerin.
Aber als Hausfrau und Mutter hab«
ich die kleine Kitth erst kennen zu ler:
nen gehabt —ebenso wie meinen Bru- s
der als Vater. Kleidet sie beide aus- :
gezeichnet, die neue Würde. Und dies
Buben, das sind Ihnen zwei Pracht- »
stücke, Cillh, die müssen Sie sehen! Jch
. sus- nsni minnen-O In fis- Csfls —- soll
mir ’n Hauptjoius machen, sie auszu
bauen, die süßen Kindstöpf die! Sie
bleiben doch geraume Zeit hier in
München?«
» ch weiß noch nicht! Das hängt
von diesem und jenem ab!«
»Ach, reden’s doch nicht daher! Von
was soll denn das abhängen? Sie sind
doch srei und unabhängig genug, tön
nen kommen und gehen, wies «hnen
beliebt. Die Buben miissens eben,
die sind zu herzig!«
»Komm Jhnen angesichts der be
haglichen Häuslichteit und der Kinder
Zur tan Verlangen nach solch eigenem
liick « ’
Cotta zog eine halb verlegene, halb
vergnügliche Grimasse.
»Sie kennen mich ja! Wenn mich
einer beim Schopf nöhm’ und setzte
rnich mitten in solch bequemes Nest
hinein —- tünstlerrsch hergerichtet na
türlich. was ich tünstlerisch nenn’. nicht
den herlömmlichen Plunder — und
sedte mir was Hübsches, Jugendliches,
Weibliches gegenüber —- und rechts
und links davon ein paar gesunde ro
si e Kinder-und er spräch« zu mir:
» chau daher, Will Cotta, das ist dein
us —- das ist deine Frau —- das
rnd deine Kinder . . .« ich wollt’s viel
leicht zufrieden sein! Vielleicht! Denn
so ganz nau läßt sich das doch nicht
sagen! ber nun hergeben und rnir
die Braut suchen und den Bewerber
pielen und mich alant anstellen und
ann ans Einri n und ans Ein -
wohnen gehen... guai, arnicat ch
wär’ zu rund’ gerichtet und siiß’ in
meiner e nsamen hol-le in Rom, ehe
der Geistliche dazu tiirns mich auszu
bietet-P
Die Gräfin lächelte. Sie kannte sie
sit Genua die .einsarne höhle in
orn«, n der die Modelle umher
schtvirrten, die guten Freunde zwang
ioi aus- und entgingen, die Fremden
vorsprachen, die zu Hause erzählen
wollten, daß sie des grossen Bildhauer
W
Com- oekiihmeee komisches nieste-geil
sehen hätten.
»Hm Jhre lleine Schtoiigerin denn
teinen Versuch gern,acht Sie zur Ehe
zu betehren, Wills« fragte diez Gräfin
nach einer kleinen Pause.
«Und wiet Sie hat mich raufam
hergenommen, die Kitthi Wie fchon die
kleinen, tugendsamen deutschen Frauen
sind, hat sie allerlei fürchterliche Vor
stellungen von meinem Junggesellen
leben von ungebundenem Künstler-l
thum von Modellwirthfchast und so
dergleichen! Hat natürlich teine Ah
nung von eigener Anschauung, der
liebe, herzige Schneck! Wie ioll’s auch?
Bissel was gelesen—bissel war hier
und da gespriichsweif ausgeschnappt
—und das ist die ganze Menschen
ienntniß! Und nun mir die Holl« heiß
gemacht: meine ganze Ehescheu die
würd’ sich geben, und die müßt’ sich
geben, wenn nur erst mal die Eine,
die Rechte kommen thiit’ —und das
wär’ doch Jammer und Schad’ um
mich, ich hött’ das schönste Material
fiir einen guten Ehemann —und die
schönen EinnahmeniJch hab’ ihr ge
sagt, sie ist sich selbst im Weg g’stan
den, tvenn’s so rabiat für meine Ehe
plädirt: heirath’ ich, lann ich Kinder
haben, die das meinige erben müssen
—- heirath’ ich nicht, triegen ihre Bu
ben mein Geld und können sich’s wohl
ein lassen! Half alles nir! -——Sie und
ihr Mann, sie wollten brav schaffen,
die Buben sollten brav lernen, dann
würd« ihnen ihr Lebtag nix abgehen,
und sie brauchten nicht lauern auf das
Erbe von mir! Zuletzt und zuletzt
hat s mich gefragt, die Kitty, und das
in vollem Ernst warum ich denn die
Gräisin Sczolobiedsta nicht heirathen
t "t’.«
Cilly fuhr erschreckt zusammen.
»Aber woher weiß Jhre Schwägei
tin...wer iann ihr gesagt haben,
daß . ..«
Cotta hob mit humoristischem Ax
genblinzeln die Schultern.
»Wer? Und das fragen’5 noch
amica? Sollten doch wissen, daß die
Ehemänner sich selten die Gelegenheit
entgehen lassen ihre kleinen, lieben
—f— -..... .. —.—«t.-—l M
MIWCIU USUIIOU du llluujkll- Unpa
mal in Wien hat ja mein jüngerer
Bruder auf den Architelten studirt,
und wir haben zusammen aehaust, aus
dem Franzensring — das werden’s
doch noch wissen! Also, wie hätt’ ich
immer-zu sollen vor ihm Versteck spie
len, blindwiithig verliebt, wie ich der
malen in Sie war? Er ist «hell'« ge
nug, wie iie’s in Berlin heißen, er
hätt’s von allein zehnmal-. gespürt —
da hah’ ich ihn lieber eingeweiht ge
habt! Oft genug ist er für unSSchildc
wach« gestanden und hat die Briese ge
holt und gebracht. daß Jhr Gemahl
nichts merken sollte — nu, das wissen
Je doch alles noch ebenso genau, wie
i .«
Die Gräfin nickte lächelnd —- es
war ein wehes tummervolles Lächeln.
»Ich weiß — jawohl! Jedes Detail
sogar —ich hab’ mir alle Jhre Briese
und Andenken aufgehoben Sie haben
die meinigen nicht mehr. nicht wahr?«
»Nein, liebe Cilly!« entgegnete er
sreimiithig. »Ich betoahr’ mir teine
Brief und Andenten aus. Wozu auch?;
Man macht sich mit solchem Kultus;
nur das Herz unnüs schwer, und dirs
Bengangenheit lehrt darum nicht wie-l
r «
JWohl wahrl« betonte sie schwer
miithig. »Und diese alten, vergange
nen Geschick-ten hat also Jhr Bruder
hagrtlein seiner jungen Frau berich
tet «
Ob bemfsssin das ers-is its- viel-Pl
Aber gethan hat er’s, wahrscheinlich
schon deshalb, um ihr über mein ihr
ganz unertliirliches Junggesellenthum
ein Licht aufzustecken!«
»Was erwiderten Sie ihr nun, als
fie Sie fragte, warum« . . . die Griifin
stockte.
»Warum wir zwei, Sie und ich,
einander nicht heirathen wollten ?« vol
lendete Cotta unbefangen. »Ich hab’
ihr natürlich die lautete Wahrheit ge
sagt. Jch machte ihr klar, daf: wir
» inzwischen beide alte. vernünftige Leut’
zgeworden wären, die nicht mehr wie
jvor fünfzehn Jahren, mit dem Kon
ldurch die Wand wollten. Jch sagte
ihr, daß aus der wilden und brausen
den Leidenschaft, die uns derzeit er
füllt hätt’, eine gute, warme, andau
ernde Freundschaft herausdeftillirt
mär' . .. auf ihre Art mehr werth, als
solche himmelhoch lodernde Flammen,
und daß wir gemeinsam beschlossen
hätten, gute Freunde zu bleiben bis
ans Ende, auch wenn die heißen Ge
fühle in uns inzwischen alt und kalt
geworden wären. War’s nicht recht
so, Cillht«
»Ganz gewiß!« Der GrüsinStimme
klang ein wenig unsicher, fie räusperte
sieh leicht. »Und die tleine Frau hat
das ohne Zweifel eingesehen!«
«Blosz halb! Was eine eifrige Ehe
stifterin ist, die löszt sich nicht fobald
aus dem Felde schlagen! Jsch fürcht',
die Kitth gibt mich so rasch noch nicht
aqu Wollen Sie schon gehen Cillh?«'
»Ja, ich muß!« Sie war aufgestan
den, nestelte an ihrem Pelztvert und
bot ihm ietzt die Hand zum Abschied
«Wir sehen einander bald wieder, ja?'«
«Natiirlicht Sie müffen meine Leute
lennen lernen — wir können auch ge
legentlich mitsammen die Pinatothelen
durchstreifen, wenn's auch just tein
Kapitelints s und Vatikanisches
Museum ift. Leben Sie wohl, Cillyt
Ei hat mich sehr gefreut, daß Sie
hergekommen findt Mir fehlt allemal
etwa-, wenn ich Sie nicht nahe zur
hand haben tannts
Ei kam spontan nnd herzlich her
are-, warnt Jeuchieien Eottai Tugen,
warum lächelte ein Mund. Warum
konnte ihr un mes, ßes Vers
an dieser Freundschaft ncht Genüge
sindeni«
Warum konnte es nichts
9.
Jn ihrem behaglich durchwiirmten
Wohnzimmer saß Frau Dota Pio
irowskh bei ihrer Klöppelarbeit, die
ihr rasch und geschickt von der Hand
ing. Draußen war scharfe Kälte,
eit einigen Tagen war viel Schnee
gefallen, lustig klingelnde Schlitten
kamen die Straße herunter k- ein in
München seltenes Schauspiel.
Hanna war auf’s Eis gegangen-—
Ellh Rade und deren Bruder Mart
waren vor einer Weile gekommen und
hatten das junge Mädchen abgeholt —
sehr zu Frau Piotrowskys Zufrieden
heit. Der Eislaus war ein so gesun
der Spori, und siir Hanna that es
immer gut, wenn sie unter fröhlichen
Altersgenossen war. Der sorgenden
Mutter erschien sie immer zu ernst zu
schweigsam. Wenn sie Ellh dagegen
hielt! Freilich, die hatte jetzt guten
Grund, fröhlich zu sein —- sah es
doch ganz so aus, als ob nächstens
eine glückliche Braut aus ihr werden
würde! Sie hatte es verstanden, den
in des Wortes verwegenster Bedeu
tung »vielverrniigenden« Onkel Arthur
o. Meding halb und halb für sich zu
gewinnen -— geschickt hatte sie es ein
zusädeln gewußt, daß er ihren gelieb
ten Oberleutnant näher kennen lernte,
und dieser junge Krieger, wohl wis
send, Um was es sich handelte, und
daß Onkel Arthur sitt ihn und Elly
die wichtige Frage der Kaution reprö
sentirte, war von so bestrickender Lie
benswiirdigkeit gewesen, daß Herr v
Meding eine Verlobung dieser beiden
lebenslustigen Leutchen jetzt wenigstens
nicht mehr· wie sriiher als ein Ding
der Unmöglichkeit ansah. Zudem hatte
es ihm einleuchten müssen, daß Pro
sessor Cotta nicht im entserntesten
Miene machte, Ellh irgendwie näher
zu treten. Er begrüßte sie höflich.
wenn er sie zufällig traf, suchte aber
Iri- his Obwan In tin-m FOR-»m
iikInfiinfie·"x;e··u"iix";"te«ihäis"jjicifi"til-Ein
und wann zu begegnen, um die hüb
sche Schwester künimerte er sich kein
Jota.
(Fortsegung solgt.)
Der magnettfche Neusch.
Die Aufsehen erregende Entdeckung
des Physiologen Professor E. Harnack
in Falle lenkt die Aufmerksamkeit der
Wi enschaft und das allgemeine Jn
terefse wieder einmal aus die Versuche
und Bestrebungen, die darauf aus
gehen, eine magnetifche oder elektrifche
Kraft innerhalb des menschlichen
Körpers nachzuweisen. Es soll Pro
fessor Harnack gelungen sein, mit fei
nen Fingerspitzen bei leisem Reihen
der Glasfläche eines Kompasses dessen
Magnetnadel von der richtenden Kraft
des Erdmagnetismus abzulenten. Der
Versuch hat schon dadurch ein attuelles
Interesse, daß in dem kürzlich verhan
delten Kurpfuscherprozefz in Königs
berg der gleiche Gegenstand zurSprache
karn, und die entsprechenden Angaben
des verurtheilten Magnetopathen von
den Sachverständigen als unmöglich
und undentbar ohne weiteres zurück
gewiefen wurden. Das absprechende
Urtheil der Sachverständigen erscheint
mir aber ebenfowenig begründet als
die Behauptung der Aerztlichen Rund
schau in München, nach welcher der
arnacksche Versuch eine völlig neue
hatfache beweise und Dinge zwifchen
Himmel und Erde zeige, von denen
sich unsere Schulweisheit nichts träu
men ließ.
Neben der großen Zahl von Ungläu
bigen, welche die ganze Lehre vom thie
rischen Magnetisniug und Mediumiss
mus als Täuschung und Selbfttäu
schung ansahen und das Ganze fiir
eine »aus hysterifcher Nerveniiberrei
sung, überwuchernder Phantasie, ari
ftokratifcher Blasirtheit und gewinn
süchtiger Spekulation zusammenge
braute Seifenblase«, die über turz oder
lang am gesunden Verstand zerplatzen
müsse, hat es jederzeit nicht blofz unter
den Dilettanten, sondern auch unter
den Männern der Wissenschaft solche
gegeben, die, vom Gefühl mehr als
vom Verstande bestimmt, den kritischen
Standpuntt verließen. Täuschun n
erlagen und sich zu übernatürli n
und ·iiberfinnlichen Kräften bekannten.
Zu ihnen gehört biegt-der Wissen
Ipsussö -8--Z-«--08
las-Use I III-se cosqw s u ev Us
...« » . . .
Freiherrn v. Reichenbach der sich
durch die stuchtbringende Entdeckung
des Porassin und des itteosot einen
;unvergeßlichen Namen gemacht hat,
seines Mannes von edlem Charakter,
sbochberzi und wahrheitsliebend, der
ssast ein lbes Jahrhundert hindurch
" all’ sein Können und Wissen einsetzte
L (er starb 1869 hochbetagt in Leipzig)
! um die Existenz des »Od'« nachzuwei
; sen und besondere Qualitäten, die in
sden «sensitiven Menschen« stecken. Es
» eriibrigt sich, aus die Lehren Reichen
bachs näher einzugehen; der Begrün
Idet Psychvphysik. Professor Fechnek,
; bat den Odisrnuc als Jrrlebre nachge
i wiesen, und der «Od« hat aufgehört,
! ein wissenschaftliches Problem zu sein.
! Aber doch befindet sich unter den Ver
s suchen Neichenbachs einer von Belang,
lder sich auf die Beeinflussung der
; Magnetnadel durch eine Sensitioe be
s «iebt, ein Versuch, der entschieden nach
; Lseiner Anordnung verblüssender und
beweiitriisti r ist als der neuerdings
von harna angestellte. und über den
Fechner selbst folgendes berichtet:
I »Bitte gewöhnliche Bussole mit einer
andel von einigen Zoll Länge unter
Glas wurde aus den Tisch gestellt; er
W
gienhenbaclo ließ die Sensiiive einen
inger von dem einen Pole (nicht rin- »
tee dem Glase,«sondern von dem Ge
Buso hin und her bewegen, und die
agnetnadel gerieth dabei in ähnliche
Schwingungen, als wenn man ein
Eisen-s oder Magnetstäbehen vor dem
selben Pole hin und her bewegt. Diese
Schwingungen waren nicht unerheb
lich, und der Versuch gelang bei ieder
Wiederholung, auch wenn sieh R. dabei
ins einem anderen Theile des Zimmers
besand.« Nach einigen Tagen, am 13.
Juli: »Die magnetischen Versuche —
— gelangen so, daß mir, ich möchte
sagen, der Verstand stehen blieb.« Es
zeigte sich allgemein, daß, wenn Theile
der linken oder rechten hand oder des
Armes angewandt wurden, der Süd
pol der Nadel abgestoßen, der Nordpol
angezogen wurde. Wenn alle zusam
mengehaltenen Finger vereinigt dar
geboten wurden« erreichten die Schwin
gungen 40 Grad bis 50 Grad nach ie
der Seite. Wurde der Ellenbogen
bei zusammengellapptem Arm der Na
del genähert, so betrug die Ablenkung
fast 90 Grad nach jeder Seite. Am
14. Juli wohnte Professor Erdmann
den Versuchen bei. »Es nahm aber
die magnetische Leistungsfähigkeit der
Sensitiven im Laufe der Versuche an
diesem Vormittage selbst allmählich
mehr nnd mehr ab.«
Es ist lein Zweifel, daß diese ver
bliissenden Versuche, die in Gegenwart
von drei Männern der Wissenschaft
angestellt wurden, belveislrästiger und
entscheidender smd als der von Har
nact, denn es fällt durch die ganze An
ordnung die Möglichkeit sort, daß
durch direkte Reibung des Glasaehäus
fes Electrizitöt gebildet wurde. Es
ist das Einsachste, die ganze Reihe von
Experimenten als ans einer absichtli
chen Täuschung beruhigend zurückzu
weisen. Ader man soll schließlich im
Unglanben ebenso vorsichtig sein wie
im Glauben Man mit-h wish-ill- mit
thun, die von Fechner berichteten Ver
suche als feststehend und gegeben zu
registriren, von Folgerungen und von
der Annahme besonderer zoornagnetii
scher Kräfte aber solange abzusehen,
bis sie durch erneute Beobachtungen
bestätigt und ergänzt werden. Viel
leicht bringen die Harnackschen Versu
che Licht in das Dunkel. Eine Som
nambute Auguste Köhler in Dresden
soll ebenfalls in den vierziaer Jahren
des vorigen Jahrhunderts Bewegungen
der Magnetnadel durch ibren Willen
erzielt haben; doch tönnen ihre Anga
ben nach der Kritik von Blumröder
aus eine wissenschaftliche Berücksichti
gung einen weiteren Anspruch nicht er
heben
Bevor man daran geht, eine Ertläs
rung fiir die Ablentung der Bussolen
nadel durch den menschlichen Körper
zu geben. wird man gut thun, die wei
teren Ergebnisse der Harnackschen
Versuche abzuwarten Dabei wird man
von den feitstehenden Thatsaclien aus
gehen müssen. die wir den Versucken
des gründlichen Kenners und Förde
rers der Lehre von der thierischen Elec-·
trizitäi, Emil du BoissRevmond ver
danken. Die Bedingungen fiir das
Zustandekommen electrifcher Gen
sähe an der Oberfläche des menschli
chen Körpers sind nach du Bots« Lehre
unzweifelhaft gegeben. Es steht nichts
der Annahme entgegen. daß sie indivi
duell dem Grade nach verschieden und
unter bestimmten, vielleicht pathologts
schen Verhältnissen besonders gesteigert
und vervielfältigt sein können.
statische Stenpenforfth
Die großen Nachtheile des Fehlens
jedes Waldwuchses auf den großen
füdrussischen Steppen für Klima und
Kultur des Landes haben schon zu
Anfang des vorigen Jahrhunderts das
Augen-nett auf die Möglichkeit ge
richtet, einzelne Theile dieser Steppen
aufzuforsten Doch sind diese Ver
suche während des ganzen Jahrhun
derts nicht rechtzur Entfaltung ges
romrnen. ern rni letzten Jahrzehnt
hat man angefangen. die Aussorstun S
versuche fystematifch zu betreiben. - «e
mit der Steppenausforstung verbun
denen Fragen sind als gelöst noch nicht
zu betrachten. Eine sichere Entschei
dung darüber, ob die tliniatifchen Be
dingungen durch Stepvenwald verbe -
sert werden tönnen, steht aus« obwo l
man bereits einer verneinenden An -
wart entgegenzusehen Veranlassung
hat. Auch fehlt es vorläufig an ge
nügenden Erfahrungen über den rnbgs
tichen landwirthschastlichen Nukn
von Waldstreifen als Schuf gegen ie
verheerende Wirkung der fe tländtschen
Winde.
Jedenfalls haben die Steppenforstes
reien auch in dem heutigen Stande der
Unentschiedenheit wichtigster Fragen
der Bevölkerung des Siideng großen
Nasen und Segen gebracht. Die
Millionen von billigst Jahr für Ja
aus den Forsteien n die Steppe a
gegebenen Pflänzlingen und die unter
den Landbesitzern angeregte Lust zum
Auspslanzen von Bäumen bilden nur
einen Theil dieer Rufens. Vor allein
zeigen die Steppenfor teien jedem Jn
teressenten, unter Vermeidung welcher
Fehler bei Anvftanzungen vorzugeben
ist. Damit ist der Befestigung von
Sandschalen und Schluchten der Weg
geebnet, was in Anbetracht der großen
Wichti leit, die in vielen Provineen
dieser Frage gebührt von nicht ger ng
zu achtendem Werth ist.
»Bist Du jemals in der Liebe ent
tiiuscht wordeni« fragte die Irou von
Philadelvhia
«Nein,« erwiderte dk Frau m
Chicago, »ich habe stets nur nach Geld
geheiratheU