Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 02, 1904, Zweiter Theil, Image 13

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    ?
f
Die Wunderflasche.
Novellette von Elle Krafft.
Durch den Ottoberstnrm lämpften
sie sich lachend vorwärts.
Arn Ende der nenscrbauten Straße
Schönelsergs lag das freie Feld. ;
,.Vnh," jagte die junge Frau, einens
Augenblick stehen bleibend und Athem
lchiipfend, »l;-icr möchte ich ja nicht um
sonst wohnen. Sind jvir nicht bald
bei deinem geiiebien Onkel Valentin-«
Er lachte v
«haft wohl Angst, daß dich der
Wind wegtrelJR Dein Hut, alle
Achtung ist bald so weit. Schleier
ditol Und dein Zopf, Pntte,
nein das geht so wahrhaftig
nicht! Dein Zopf ist auch schon halb
in Fried-traut Wenn di der Dnlel
so sieht, triegt er einen S red."
Sie wurde roth.
»So häßlich vin ich? Ehrlich
Hans so l)äleich?"
«Natiirlich,« meinte er strahlend,
indem er in der Dämmerung aanz
verstohlen und hastig sein junges Weib
anf die vor Schreck geöffneten Lippen
tiißtr. »Natürlich bist dn so bös-nicht«
Sie fä«:nollte, steckte sich Hut.
Schleier nnd Zopf fest, und er half
dabei.
»Ist aber das e sie nnd letzte Mal
daß dn mich i«·. diese avttderaessene
txt----- hi-- ----- U ils-.- --.
KJIULUU IJIIL lllkvscc Wut Nat Ilsql
nöthig, dieser Besuch bei deine-m On
lel Valentin! Nicht mal wag geschenkt
hat er uns zur Hochzeit! Bloe so
eine lumpige Depeiche wie jeder
Fremde! Und er soll doch so reich
sein, sagt deine Schwester. Das alte
Haus biet in Schöneberg bewohnt er
allein, und Grund und Boden hier
herum soll so wertkkvoll sein, Millio
nen sollen drin stecken«
«Sa61tr, fachte,« meinte Haue-, lieh
tapfer mit feiner Mieze am Arm
durch ten Sturm weitertiimpiend.
»Onkel ist ein Weiser ja er
beachtet sonst so was Kleineix Dir-n
rnes kaum ztrei Jahrzehnte ioie meine
Pulte gar nicht.«
Sie driiette sich fester an seinen
Arm« als sie schließlich vor einem
morschen Holzzaun den Eingang such
ten, der iiber ungepsleate Wege-, iiber
aanze Beroe von weltem Laub nnd
verbliihten Blumenbliittern durch ei
nen Vorgarten in das Haus führte.
»Du, ich graute mich, Hans! Grete
sagt er . er k)äti’ ’n Littiti.
der Onkel! Er könnte mit Katzen,
Hunden und Flederinäuseu sprechen-"
»Das tann ich auch, irenn ich Lust
dazu verspüre," ultte er. »Fragt sich
blos, ob die Biester mir antworten.«
So trat-en sie in das-·- Haus.
Ein altes Mädchen in bunter
Schürze öffnete die Ihiir und führte
das junge Paar in die gute Stube,
darin es talt und ungemüthlich war
und nach Kampher und getrocknetem
Obst roch. Auf dem Klavier lagen
über Zeitunggpapier Pflaumen aug
gebreitet, und der Deckel M- Kohlen
tosend war nur halb zugeklappt, weil
anscheinend darin Aepfel fiir den
Winter aufbewahrt wurden.
Mieze riinipste das Not-schen
Er blieb ganz ernst.
»Seht praktisch jedenfalls. Fast
schon ideal! Daß du mir artig
bleibst, Putte!«
Die junge Frau nickte und verkroch
sich ganz hinter dem breiten Rücken
ihres hanc. als der Onlet kam.
Er'tam in Pantoffeln und Schlaf
ruck, mit glimmender Pfeife und einem
vergnügten Lächeln um den zahnlosen
Mund.
»Na —- also doch noch!« meinte er
mit ousgestreetter Hand. »Ich dachte
schon, ihr hättet in eurem jungen
Gliiel das Alter vergessen. Setzt euch
man, Kinder-! Irida, ..... die
Lampe!" — —- —
Als das Licht lam, hielt er selber
es so, daß die rothe, zuckende Flamme
direlt auf das junge Frauenantlitz
fiel
. Mieze fand diese Musterung empö
rend und machte einen trotzigenMund
Der Alte niekte, nachdem er ein
Weilchen stumm das hübsche Gesicht
Is
Ost-Ast
III-· --·-------- .
»Na.... nu hafte fe ja, Junge!
Schon fechs Wochen hafte fe! Seid
wohl alle beide mächtig glücklich, he?«
Uebrigens —- ich hab’ auch euer
hochzeitsgefchenl noch hier. wenn
ihrs gleich mitnehmen wollt?«
Sie thaten alle beide plötzlich fehr
verlegen und bescheiden.
»Aber liebfter, befter OvleL das
war doch absolut nicht nöthigt«
«Rein,« echvte Mieze schüchtern,
uSie haben uns ja schon fu fehr mit
Jhrer lieben Dtpesche erfreut!'«
, «Und dabei überflog ihr Blick ge
pannt das ganze Zimmer, ob er nicht
irgend etwas Kostbare-Z von Silber
oder Gold entdeckte.
Ver Onkel war sichtlich gerührt.
Er leamte eine Weile umständlich
zwischen stichfem Schachteln und Pa
pier herum, und hielt dann mit einem
freudigen »Aha, da is fe« eine gefüllte
Rothweinsiafche in der Hand.
»Nun paßt aber mal auf, Kinder,«
meinte er aebeininifzdom indem et den
reiben Trank prüfend gegen das Licht
hielt. »Das bat nämlich mit diesem
Weine ’ne ganz besondere Bewandt
nis Er gleicht ’nein Talitmam Kin
der! Wenn ich ’n nun enerer Obhut
vertraue, ebe ich das Kostbarfte weg,
was ich ·bierhaupt habe. hütet die
Fletsche gut und ilffnet fie beileibe nich
vor eurem silbernen Hochzeitstage
s—-—
Dann aber werdet itje eure Jugend
wieder daraus entstehen sehen, und
enre Liebe wird sein wie jetzt, wenn
ihr den Wein trinkt. Bis dahin aber
mertt ein, Kinder! Bleibt euch treu
und macht teine Dmnmheitent Jn
jener Stunde nämlich, wo Hang oder
Sie meine verehrte Frau Nichte, die
Treue brechen, verwandelt sich der
Wein zu Wasser-. nnd« —-— s—
Er hielt inne. da Hans s--«.1t vorge
haltener Hand vergebens gegen ein
prustendes Lachen ar1iäcnpfte, das sich «
jetzt gewaltsam Bahn brach.
Der Alte that sehr- beleidigt.
»Na l,ör mal —«- Du! Anstatt-—
dig is des aber nich von Dir!«
Der junge Lilxemann erhob sich nnd
griff nach der Wunderslasche.
»Verzeih, Onkel! Jch have nicht
iider Dich gelacht! Wie werd’ ich denn!
Nur über meine Putte -— —— sie mal,
tvie bange die ig.«
Er war zu seiner jungen Frau ge
treten unds hielt iltr den rothen Trank
hin.
»Der wird bei uns nie zu Wasser
werden, was Miezek Eber gäsz im
aanzen dents ten Reiche teinen
Trovsen Wein met-U Gib mir mal
--,,..-L—
OIN O III-Is- —
s
s
s-(J.s-s-s »F
—
-·-x4«)
einen Kuß — ----- Tut Dem Onkel s
wollen wir’s schon beweisen, wie gut ,
sein Wundertrank bei uns aufgehoben I
ist — —- tvas, Puttet«
Sie sah mit großen, surchtsameu
Augen von der Flasche auf ihren
Hans und von ihm aus den alten,
gespensterhast alten Mann.
« »Ist doch ——- ist doch —— —- blos «
Spaß.« stammelte sie. " «.
»Aber denke nicht daran,« lachte !
Hans vergniiat. »Was-, Ontel? That- ;
sache das mit der Verwandlung!« s
Der Alte nickte, er streckte die lud
chrrne Hand aus und suhr damit über
das bange Gesichtchen.
»Und wenn schon» tleine Frau! Bei
Euch bleibt der Wein doch sicherlich
Wein.« H
Daheim gab es zuerst einen kleinen ·
1
1
ZFUU
Kampf zwischen dem jungen Paar.
Mieze tooltte die Flasche nicht im
Busset stehen haben und meint-e, es
wiire alles Unsinn mit dem Wunder
Der Onkel sei verriickt i
Hans protestirte. J
»Es ist ein Hochzeitsgeschenk, Mie
ez. Das muß in Ehren aelialten
werden. Und dann, aus diese Art und
Weise lannst Du ja leicht erfahren,
ob ich Dir immer treu bin, Putte. i
Kannst alle Abend rubia schlafen,
wenn Du nach dem Wein gesehen
hast.'«
Sie kämpfte lachend mit den Thriii s
nen.
»So ein Blödsinnt Da wäre mir
sin Korb von den dicken, rothen
’tlevselrt, die da im Kohlentastrn lagen,
auch lieber getresen als so’n YJtiinIpiy.
Ich glaub’ nicht d’ran! Du und
untreu ...· Haust«
Sie hielt ihn trampsbaft fest·
»Auch gut,« neckte er. »Zert«o·pvern
wir also Onlelg Zauberpulle. ’s wär’
doch gräßlich, wenn ich mal in so «ne
unschuldige Versuchung käme, und l
ichtvupp tviird’ der schöne Wein zu i
Wasser brr!«
Sie hielt sein-: Hand seit, die den
Flaschenhals uruspannte. - ·
,N. ..nein... dann laß sie stehen,
Hans. Besser ist bessert« i
»Ach bis zur silbernen Hochzeit, l
Mittel« --— -
Jn nächster Zeit ging die junge
Frau immer mit einem tleinen Um
weg um das Busset herum, darin die
verhängnißvolle Flasche stand. Sie
sprach aber niemals davon und unter
suchte den rothen Trant auch nicht.
Sie hatte eine heidenangst vor diesem
ominiisen Hochzeitsgeschenk des On
tels. der ein Weiser sein sollte. !
Eines Nachmittags war die junge
Frau zum Kassee bei einer Jugend-« l
gespielin eingeladen. Hans saß allein
zu Haus und schrieb in seinem Ar- 1
beitszimmer, als Besuch zu ihm tatn. 1
Ein Freund, ein Junggefelle, über- l
raschte ihn aus der Durchreise, um ein -
..... - »Ist-BL-- «Is- Evhsssvnnntn l
lulscp Wesens-usw« aus k-----»---.»·-,.-.
mit ihm aufzufrischen.
Es war ein fideler Geselle, der leb
haft bedauerte, Frau Mieze nicht auch
daheim anzutreffen.
Nach den ersten Begriiszungsworten
lief hans in die Küche und suchte
Bier. Es war nichts da. Jn der Spei
felammer auch nicht. Er durchsto
berte alle Ecken und Winkel, in die
sonst nur Mieze’s oder der Aufwär
terin Blicke hineingucien durften,
und fand nichts. Das regte ihn auf.
Man mußte doch das kurze Wieder
sehen mit dem Freunde bei einem
Glase feiern, das war doch nicht mehr
als anständig!
Von der Küche lief er in’s Wohn
zimmer, riß die Buffetthiiten aus und
suchte weiter-. Und nun strahlte er über
das ganze Gesicht. Da stand ja Onkel
Balentin’g Zauberslaschel War sicher
ein guter Tropfen, den der alte Kauz
in feinem Giftschrant so sorgsam
aufbewahrt hatte. Der Wihboldt
Seine lleine, süße, dumme Mieze also
ansiihrent Das sah der Verschrobem
beit des alten Onlels aus Schöneberg
so recht ähnlich
Lachend, im rechten Arm die Roth
weinflasche, in der linken hand zwei
Gläser, lehrte hans zu dem Freunde
zurück
»War aber wirklich nicht nöthig,
mein Junge,« wehrte der ab, »für die
kurze seit noch 'ner Pulle den hals
n."
han- hatte aber schon mit Beget- ·
seenng den Pfropfen gezogen, fchniifs
eite, kostete und lachte noch mehr.
»Den trinke ruhig, Bruderherzi ’d
si was Extraseinesl«
Also tranken sie.
Beim ersten Glase wurden die alten
Frinnsrrungen aufgefrischi, beim zwei
en tacn die Gegenwart an die Reihe,
iiihin auch junger Ehe Glück nnd
unger Ehe Sorgen. Dann, als die
ifasche zur Neige ging, gab hans
uch ihren Ursprung zum Besten. Er
rzäl;lie, schilderte und steckte den
Freund mit seinem Ueberniuih an.
,,Alio so aucraiiiubiich ist Dein-:
Leide Frau? Das sollte man neben
Eir aufqetiiiricnh frechem Bursch
aum fiir mögl. eh halten! Was wird
ie denn aber nun sagen, wenn die
Zauberflasche so irivial von unsJ ge
eeri wuroe?«
Der junge Eheniann machte ein
erbliifftes Gesicht Daran hatte er
och gar nicht qedachi.
»Weil; ich nicht, « gestand rechtlich.
Der nnd re lachte
«Mnch Dir doch den Jux nnd aiefze
Basier rein, Mensch! Wasser bis oben
n, nnd dann wieder seit-: zugeiortt
knd ««.·I Ness- onn Cnlnb »Ich-Hi SUCH-i
ehen, das giebt einen Haiiptspaß!«
Zuerst sah Hans etwas ledentlich
»rein. Dann machte er beinahe einen
Egisprurig vor Vergniigeii iilzer diese
; e
»Macken mir! Meine Puttsc soll Au
sen kriegen» .io groß!«
Er schnalzte niit der Zungen
Jn aller Eile wurde die geleerte
Rothivriiislasche noch mit Wasser ge
iillt, verlockt und an ihren alten
silasz in·5 Bufset gestellt, uni dann
tlriii iiiLlrui und iii treuer Freund
chaft gemeinsam zum Vahuhof zu
oindern
Eis iriar siocksiiister in der Zur cuiii iia,
ilJ Hans zuriiclle hete.
»iinieze!« ries cr.
Sie ivar schon da. Jni Dunlelii
loa irg:iid etwa-J Wicht-» Wariiies
iii seine Brust, iiiid der Frauentopi
ag so fest aii seiner Schulter alr
vollte er i-oii dort überhaupt nichtI
iiehe weicht ii
»Wie lke is-, Du list Putiei Und noch
in Dnnte ln zu siizen ! Warum derius
Bist doch sonst nicht so graiilichk«
Sie hielt ihn immer noch.
»Es ivar io geiiiiithlicli ——--- so -
-—so« « sie stotierte aaiiz uiigsirohit
ind wandte, als er die Gagslainiuc
iger deiii Tisch aiiziiiidetz das (i««-:sicl;i
i
cie sah wunderhiilisch aus-.
Hans-, d:i««i die Erreaiitia sein-i- jun
im Frau sreirid irar, trat ioiszder zi:
ht.
»Was hast Du denn-Z Bist wohl icie
der so schnell durch oen Sturm gelau
en Butte, Piiitts Oder hat Tich die
Freundin so heiß aeiiiaslitk Wer irar
kenn anker Dir noch da. ««
Mieie machte sich voii deii sie un:
ailiiiaeiidni Armen frei.
,,Q---- o -- sonst keiner-! Die Ei
ern, die tleine chfiresier unt-- iiiid
ier l!iriirer.«
,,.Vat denn die schön: Lotte iiisci
Haiin «ii-:n Bruder? Was-— ist denn das
iir eiiich«
Mistze iiiurde noch rothen
»O --- Student erst - - ja, Haan
in ganz, aaiiz junger-i Mensch noch.
.,So,« meinte Hans, ,,also Siiideiitk
Iia dann wollen irir mal ein disicken
oas zu Abend essen Butte- Was has t
n alles?«
Sie athiiiete sichtlich erleichtert aui
,,Kalbsbraten vorn Mittag noch -
Zchinten und Käse, Haiig.«
»Und wag zu trinken?«
«Bier! Jiii ieller sieht’g. Soll ichs
ausholen Z«
Er schüttelte den Kopf.
,,,Nee aus Bier habe ich aar teiiieii
tlppetii Putte Weißte loa5?«
Er mußte sich Mühe geben, ernst ni
)leibeii.
»Wir thun uns heiiteO iilel Valeii
ins Hochzeitkgeschent an, damit der
insinn endlich ein Ende hat. Der Ali-.
oollte uns ia doch blos uzen!«'
Er wunderte sich, daß sie so stuiiiiii i
ilisb its-II III-fis hknbssiffk iff ikni Illil
s«
Büffet, öffnete die Thiir und nalmH
ine Flasche aus dem Fach. So wilr «
iig wie möglich hob er den Arm, um i
das Glas gegen das Licht zu halten«
km nächsten Augenblick hätt-: es Echek
sen gegeben, wenn Mieze nicht zuae
Iriffen hätte. «
,,Aber... aber was thust du,’
öang?«
Sie zitterte am ganzen Körper-.
»Beinahe s-— hätte-, hätte res
Wein ----—s-aus unserem guten Tei1 l
sich gelegent«
Er antwortete nicht. Er starrte balr
iie Flasche. bald das glühende, er
chrectte Frauenantlitz an, und ihm.
var, als tanze das ganzexsimmer um
hn herum. Ein paarmal strichen seine
singer iiber Mund und Augen, gerade s
o, als wolle er sich überzeugen, ob er
iuch nicht träume. -
Jn der Zauberslasche die er vor
oenig Stunden selber noch mit Wassers
iefiillt, war wieder Wein. Rother
Iuntelrother Wein wie vorher. Tar;
Iekstand er nicht. Er, der Ausge »
lärte, Moderne, hatte das Gefühl,
ils müßten ihm die Haare einzeln zu l
Berge stehen und im nächstensAugen i
vlick das grinnende, zersallene Gesicht
les alten Onlels vor ihm auftauchen
md ihm zurufen: »Siehst du« daß ich ;
nehr kann als du! Siehst du, du(
Zunge-r, Kluger, daß du lein Spiels
nit meinem Zauber treiben tannstti
Deine Frau ist so rein, so treu wie
Bald, und wenn It tausendmal den
Mein zu Wasser werden läßt!« —- —
hans hatte die Flasche mit einem
.«-----.—-. -«. » -.-—«-- --..-·--« -..-.
turzen tiiuet auf den Tisch gesetzt und
blickte sieh verstört uni.
Mieze stand immer noch neben ihm.
Sie hatte die Hände wie leblos am
Körper hängen und sah zum Erbar
men aus.
Das begriff er auch nicht. Was
wußte sie von seinem Scherz?
tsr fing an nachzudenken, zu ent
räthseln, stellte sich die natürlichsten,
verniinftigsten Dinge vor und kam
doch zu teiner Lösung· Er war ge
rade daran, sich steif und fest einzu
bitden, total verrückt geworden zu
sein, ais sich ihm seine Mieze mit lau
tem Aufschluchzen in die Arme wars
,,«zlch! ———-—- .L)————a—-n-—-s!«
Er schob sie etwas von sich fort und
deutete finster aus die Flasche.
»Ist das nicht zum wahnsinnig
werten, Mieze?«
Sie nickte.
»Ich» .ich l)ab’. . Haber
wirtlich . . . kei . .keine Schuld,
Ha . . . nsk Wann. . wann haste H
. hast« denn gemerkt mit . . .
mit . . . mit dem Wasser? Heut
heut Nachmittag schont«
Mit einem Ruck wandte er sich wie-«
der unt. Ein furchtbarer Verdacht
fiim in ihm auf
-».f,)ans!« schrie sie . . . »Ich hab’
wirklich leine Schuld, Hans! Gleich,
als ich zu meiner Freundin lam, war
. . . war es so dunlel aus der Treppe,
und . . . und ich dachte, Lotte ivar’s,
die mir die . . . die Augen zuhielt und
. . und mich liiß. . liißle. Und
. . . und ich küßte sie ganz . . . ahn
unaelos wie. . .wieder.«
Etstieze schluchzte zum Steinerwei
ehe-m
»Ja, und dabei mass . .. wars
der Fritz . . . der Student, mit dem
ich ja schon sriiher gespielt hab’ .
und er rrollt’ sich todtlachen . . . ja
Utodtlachen « .
Sie konnte vor Jammer nicht mehr
lr versprechen
Haus stand unbeweglich Es begann
allmählich klar in seinem armen Kon
zu n·erdeu. Aber ganz atlmählich.
«1!nd?« fragte er so streng wie
l:ii""«alirli.
»Und . . . und als ich nun nach
Hause tam nnd an’5 an’5 Biisiet
aina, da . . .»da hattel sich inels
Tibin um so·n Jualsch schon in Was
ier . . . Wasser verwandelt . . . Ha
aaus«-I«
Er schnitt ein furchtbares Gesicht,
um nicht laut los-zulachen, und
nackte nichtadesiolreniaer seine wri
krgnde Mieze ;i:::11icl) unsanst am
Ilrm.
»Und da ?
Sie wurde nosli rotner als roih.
»Da hab« ich so Linnst vor dir ne- «
habt . . . und . . . und wieder Wein
. in die Flasche rein . . . reinge
zxoisen.« »
Sie rersiummte jäh vor seinem
Jlncsbrucli von Heiterkeit Wie eine
Bule hatte er Die leichte. junge Ge
·talt hoa,aeiioiliii::n und durchs Zim
mer aetragen.
»Putte, Butte, mai bist du dumm
.;duu in . . .dumm!«
Sie sat; ihn lang und Verständnis-;
loe an.
Er ladtte loik ein Tollen
»So fest hast du also an dieses
Blech aealaubt, o. . . o . .!«
Er hielt mit seinem Tanz inne,
seyte sich in die Sopha Eile und zog
das dumme, «iiiter11de Frauchen aus
seine Kniee. lind so erzählte er,
beichtete er.
Sie hörte ihm zu und nestelte sich
dabei immer fester, immer wärmet
in seine Arme ein.
»Ich glaube auch nicht mehr an sol
chen Unsinn, Hausk«
Er nirtte loiirdevoll
»Das bitte ich mir auch auss, ,7rau
Maria, tiinstiae Mama von wir weiß
was fiir einen schlauen Jör!«
Sie hielt ihm den Mund tu und
blinzelte nach der Zauberilasolxe hin
iibovs
»Es-allen wir den Wein daraus . . .
trinken, Schatz?«
»Na aber feste, Pntte!«
Und Hans nnd Miete tranken, tran
len, als feierten sie ein Fest, des On
tels Zauberslasche zu Grabe.
——--·-.-.--—
DieVorstellungtmZaueehauek
Jn den Basler Nachrichten wird ei
nein bewährten alten Witz soeben eine
neue Faeon gegeben. Das Blatt läßt
sich aus Bein berichten: Jn der Bun
desstadt tutsirt gegentviirtia eine lu
stige Geschichte, deren Wahrheit ich
zwar nicht verbürgen kann, die aber,
im schlimmsten Falle, doch gut erfun
den ist. Kommt da letzthin ins Gase
Bubenbera der deutsch-e Gesandte Dr.
A. v. Biilonn Er sieht alles besetzt
bis aus einen Tisch, an dein ein Bau
ergmann beini Glase sich gütlich thut
Der Gras setzt sich neben ibn. Ein
neuer Gast tritt ins Case und er gebt
an den nämlichen Tisch. Den deut
schen Gesandten erkennend, erbcbt er
sich und stellt sich vor:
»von Wurstenberger«;
»von Bülotv,« ertönt die liebens:
würdig-e Antwort. Wie der Bauers
mann diese gegenseitige Vorstellung
mitansiebt, denkt er, er dijrse auch nicht
dahinten bleiben· Er erhebt sich eben
falls und sagt:
»Von Herzogenbuchsee.«
Einwand.
Richter: »Geben Sie zu, in der
Nacht auf dein Nachhauservege gesun
gen und gelärmt zu haben?« —— St»
dent: »Daß wir schon nach Hause t
ten, bestreite ich ganz entschieden." I
Episoden aus dem Einerlei-en
Die Frage, ob die Thiere Verstan
desgaben und seelische Eigenschasten
besitzen oder nur von Naturtrieben ge
leitet werden, beschäftigt seit’Men
schengedenten Gelehrte aller Nationen.
Dartvin’s Anhänger neigen der Ansicht
zu, daß das ganze Leben der Thienr
welt aus dein egoistischen Prinzeb der
Macht des Stätteren beruhe und daß
alle Gemiithgäußerungen der Thiere
aus diesem angeborrnen Jnstintt her
vorgehen. Freilich giebt es auch Geg
nier dieser Theorie, und zu ihnen gehö
ren einige hervorragende sranzösische
Philosophen, darunter Fouiller. Die
ser gelangt zu dein Schluß, daß die so
zialen Gewohnheiten Und Neigungen
der Thiere nicht immer auf Egoismus,
sondern zunieist auf angekorenem
Altruismus (Nächstenliebe) beruhen.
Er erhärtet seine Behauptung durch
einige erstaunliche Beispiele. Jm Jur
din des Planetes verendete ein Strauß
an gebrochsenrm Herzen; seinem Weib
chen war ein Unsall begegnet, sodaß eg
nach turzern Leiden das Zeitliche sng
nete· Der sentiiucntalie Vogel nahin
sich den Tod seiner Gattin so sehr zu
Herzen, daß er jede Nahrung ab
let)ut»:, gan; melnnitolisch wurde und
in tiirzester Zeit ebenfalls verschied.
Min- miisho don- fhrsirbertHrft hrlmi
men Tropenvieh eine solche Gefühls
loeichheit zugemuthet haben!
Ein Neufnndlönder lag am Mee
resstrande mit einem Hunde ordinär
ster Rasse in heftigem Streit. Sie
sanften, bissen und balgten sich nnd
fielen date-i in’g Wasser. Der ge
meine Hund war ein schlechterSchstoink
mer nnd dem Ertrinken nahe; da ver
naß der Nenfundländer seinen Zorn,
seine Lebengrettunnsinstintte erwach
ten, nnd er spornte alle Kräfte an, um
den aelrictstiaen Gegner glücklich an’g
Land zn bringen. Diese That ent
sprang doch sicherlich nicht dem Egois
nun-Z.
In einer leviiten ergötzlikhen Hund«
acichiehie lewcist Fotiillce das ausge
oriiqie Eigenthumstechtsqefiihl eines
n:«,ren««iiicl;-:n Hundes nnd die Schlan
ljclt seines Kameraden Die beiden
bekaner ihre llltahlzeiten gemeinsam in
einem Tren. Wir wollen den einen
Flie, den anderen Flock nennen. Fleck i
as; aetoiiscnhaft seine Hälfte nnd dul «
dete nicht, dass der gefräßigen Flickz
ihn verti;«.-z-. Dieser tam auf eine ge- -
niage Osten Wissend, daß sein Fra
tnend aus-i rein Häuschen gerieth,
wenn Pferd-: vorbeitradten . und
daß er ihnen laut bellsnd eine
grrfze Streite nachlief, aedördete er
stät site-.- Tagea um die Tütterunngx
.1cit, e« cisoas Jntersssantcö auf
der Ztrckszc los mitte. Er rannte laut-«
l«cilend hinaus, Floc! ihm nach, bald
hatte er ji«-n ein aut Etiirk iirerholi.
kttnn man-te Flin schleunigst Stehrt und
staf; die reiten Bissen aus dem Troge,
ehe sein Jstanterad zuriiellehrte. Nas
tiirlieti irjte eS eine tüchtige Rauserei
als, rssi der der schuldhemufzke nnd
sthträeisere Flirl den stürzean log.
Seine tskefräszigieit war elren arößer,
als sekne ttjensisienhaftigteit - Od
Flock ihm weh öfter anf den Leim
ging dariilsser sanrriqt die Historie.
Tharsaece ist, daß Hunde bisweilen
Dinge thun, die man, wenn sie von
TUtcnsckien rolibracht wären, als höchst
moralisch bezeichnen Würde. So er
zählt der berühmte Naturforscher Ros
nmnes von seinem eigenen Hunde:
,.tsT-ines:s Tages war er sehr hungrig,
stahl ein trotelett vom Tisch und
schleppte es unter den Dioan. Jrh
tvar Zeug-: des Schelmenftreiche5, that
aber, als ob ich nichts gesehen hätte.
Der Schuldiqe blieb einige Minuten
unter dem Divsan, den schweren Kampf
Helfer-en Hunger und Pflicht tämpfend.
Der letztere siegte. Der Hund legte
mir dar- gestohlene Kotelett zu Füßen
und kroch dann mit eingezogenem
Schnauz, tief beschämt, wieder unter
das Sata, von wo er stundenlang
durch nichts hervorznlocten War. Of
fenbar schämte sich das Thier sehr.
Das Merttviirdigste an der Geschichte
liegt in der Thatsache, daß der Hund
noch niemals Priigel bekommen hatte,
also nicht die Furcht vor diesen ihn
.»-—c-4 k.-s.-.— s--»«O- Hut-- (f,q.·I-I-It;:
Ucluluuht »Hu-hu aus«-u, »s» «-«---H
sen zurückzubringen«
Man spricht gewissen Thieren sprich
wörtlich gewordene Eigenschaften zu:
dumm wie eine Kuh. treu wie ein
Hund, falsch wie eine Katze u. dgl.
mehr, und doch kommt eg oft bor, daß
diese Thiere Dinge thun, die nickt nur
aerade das Gegentheil von dem Sprich
worte beweisen, sondern auch, daß
man in der Thierwelt ebensowenig
alle einer Gattung Zugehörigen über
einen Lamm fcheeren diirfe wie bei
uns Menschen Auch Thiere haben
Individualität
Ich habe ein geradezu riihrendeg
Beispiel von der Anhänglichkeit einer
statze miterlebt. Unsere Nachbarin in
einer Sonnnerfrische besaß ein reizen
des weißes putziges Kätzchen, mit dein
ich fast täglich spielte; eg gedieh ganz
Prächtig, wurde bis zum Herbst eine
ausgewachsene Katze und tüchtige
Mauserin Die Kinder der Sommer
pariei hatten sich derart an Mieze ge
wöhnt, daß sie nicht von ihr lassen
wallten und sie nach Budapeft mit
schlethen. Jch verwißte meine Freun
din sehr, doch wer beschreibt mein
Erstaunen, alg ich sie zwei Wochen
später eines Morgens mit verbundenen
Pfoten und in jammervoll abgemager
tein Zustand aus der Nachbarschwelle
sich sonnen fah! Pluto, der Hofhund,
ihr bitterster Feind, hatte sie aus der
Landstraße, mit dem Tode ringend,
aufgefunden und in der Schnauze nach
Hause gebracht. Unter welchen Ge
fahren und Entbehrungen sich die
Aermste aus der 130 Kilometer ent
W
fernten upiltadt heimgefunden be-«
wies ihr ammervolleg Aussehen Äms
der besten Behandlung und den Lecker
bissen, mit denen man sie bei ihrer
neuen Herrin gefüttert hatte, um sie an
das neue Heim zu gewöhnen, wie diese
später schrieb gefiel es ihr in Bude
pest nicht, und sie ging einfach durch.
Wie das Thierchen aus dem Labyrinth
der Großitadt den rechten Weg nach
Siofol gefunden, wird wohl ewig ein
Räthiel bleiben. Merkwürdig ist auch,
daß Pluto, der vorher auf Kriegsfuß
mit ihr gestanden, fortan ihr bester
Freund ward. Er bewachte sorgsam
ihr Krantcnlager, leckte ihr die Wun
den aus und trug der Rekonbaleszen
tin die besten Bissen zu, die er nicht
immer auf rechtliche Weise erwarb. Er
hethätigte in seiner Hundcloeise das
hehre Wort des Nazareiiers: »Liebe
Deine Feinde.« Und wer wagt es
noch, einen gemeinen Menschen
,,Hundeseele« zu nennen!
Jn Siofol war ich auch Zeugin einer
(Fpisode, in der ein ganz gewöhnlicher
Kettenhund sich an Verstand den Men
schen «iiber« bewies. An ein-er ziemlich
scichten Stelle des Ssioflusses werden
Pferde, Ochsen, Schweine u.s. lo. zur
Tränke geführt. Eine Warnnngsiafel
howirlsmpi sin- iiiwrnnä finsmsimkcotesilt
die man vermeiden soll. Eines Tages
fuhr ein betrunkener Bauer mit einem
schwer beladenen Wagen in denSumpf
hinein. Das arme Pferd versank bis
zum Hals darin und konnte nur mit -
Ausbietung aller Kräfte den Kopf
über Wasser halten. Vergebens hieb
der Trunkene auf das in Todesgefahr
schwebende Thier los. Auf der Briicle
sammelte sich eine große Menschen
nrenge an, Von der nur Hienige den
Vedrohten zu Hülfe eilten, aber nicht
recht wußten wie, nnd das arme Pferd
mit lauten Rufen und Peitschcnhieben
aus der Gefahr zu befreicn glaubten.
Ein großer Fleischerhund sah von der
Brücke einen Moment dem unsinnigen
Beitr-n zu; dann eilte er rasch ent
schlossen ein«-Z entgegengesetzt-e Ufer,
sprang iu’s Wasser schwamm auf das
Pferd zu und suchte dessen Halfter mit
seinen scharfen Zähnen zu zerbeißen.
Nun begriffen die Vätern auf der
Brücke, wag sie zu thun hatten, mn
dar- bereits zu Tode erschöpfte Thier
zu retten. Ein beherzter Bursche wa
tcte durch den Fluß und spannte es
aug. Das von dem schweren Wagen
befreite Pferd arbeitete sich nunmehr
mit einem Ruck aus dem tiefen
Schlamm empor und schwamm dem
tluaen Hunde nach, der ihm den Weg
anI jenseitige Ufer zeigte. Der Wa
gen wurde abgeladen und dann eben
falle mit Leichtigkeit an’5 Ufer ge
soxicni
Von der eigenartigen Kameradschaft
zwischen dem Einsiedlertrebs und der·
Seeanemone berichtet ein bekannter
Naturforscher. Dies-er Krebs findet es
oft aus Exlbfterhaltnngstrieb rath
sam, die Seeanemone auf seinem
kliiiaen zu tragen, denn dies-: sieht sehr
leicht verwundbar aus, ist eg aber in
der That nicht. Sie ist nämlich un
genießbar, während dem Einsiedler
trebg viel nachgestellt wird, da er
- außerordentlich wohlschmectend ift und
als großer Leckerbissen gilt. Die See
anemone nährt sich von den Speiserest
eben des Krebs-eg. So dienen sie ein
’ander aus Selbfterhaltungstrieh Oft
gesellt sich ihnen auch noch ein dritter
Genosse zu, ein langer Sesewurm,der
sieh aber, soweit man bisher beobach
ten konnte-, nur füttern läßt, ohne den
Kameraden irgend welche Gegendienste
zu leisten. Vielleicht macht er sich arber
dennoch auf irgend eine Weise nüß lich,
ohne daß wir turzsichtigen Menschen
es bislang zu ergründen vermochten.
Trotz all unserer vermeintlichenKennti
nisse bildet die Natur noch immer oft
ein mit sieben Siegeln verschlosseneö
Buch für uns, dessen Geheimnisse wir
vielleicht nie ganz erforschen werden«
Diøraeli über Chamberlaim
Der verflossen-: Colonienminister
kann sich nicht darüber beklagen, daß
man es an derben und bissigen Bemer- ,
tunan über seine Person jemals habe
fehlen lassen. Die erschöpfendste und
boghasteste Bemerkung aber, die je
mals über sein Wesen gemacht worden
ist« ward ihm bei seinem ersten parla
mentarischen Debut zuthieii. Sie
stammt von dein späteren Lord Bea
eongfield und stellt dessen Divinations
gabe ein glänzendes Zeugniß aus.
Als er den Mann zum ersten Male
sprechen hörte, dessen kliiichsichtslosig
teit und Mangel an Gewissen später
bei so zahlreichen Gelegenheiten an den
Tag treten sollten, sagte er: »Dieser
Mann trägt sein Monocle — gerade
wie ein Gentleinan.«
.-.-——
Klaus-.
Junger Postbeamter czn einem
schwäbischen Bauern): »Nicht wahr,
die Schwaden werden erst zu vierzig
Jahren gescheit?" —— Schwabe: »Dosch
hat seine Richtigkeit, aber zn’n Wascht
beamte iann mern schon niit zwanzig
Jahre brauche.«
Gute Auseedr.
Arzt: »Ich habe Ihnen schon drei
Briese geschrieben, indem ich Sie we
gen Bezahlung meines Honorars aus
sorderte, aber Sie antworten nicht«
— Herr: »Entschuldigen Sie, aber ich
konnte Ihre Schrift nicht lesen, hert
Doktor.«
Einlabentr.
»Jhre Nichte malt —- iann sie aber
auch kochen?« — »Na, ihre Pinsel we
nigstens kocht sie immer selber auö.«