Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 23, 1904, Zweiter Theil, Image 13
: , . Die Geheimpoltzistin der Kai fetin. Aus den Memoiren dei herzt-g von Mvrny. Es war ein heiterer Märzmorgen im Jahre 1868. Aus den Tuilerien heraus trat »Lulu«, der kaiserliche Prinz, in Begleitung seines Mentors, Herrn Mannier's. Dieser Herr Man nier hatte, als der Prinz das neunte Jahr erreichte, die Gouvernante abge liist, welcher bis dahin die Aussicht über den taiserlichen Knaben anver traut gewesen war. Der neue Men tor war der Sohn eines Landsman nes. Er war ehrlich, gut, gewissen hast, freundlich und gelehrt. Die Me thode, welche er befolgte, war, sich so eng wie möglich an seinen Zögling zu schließen und niemals einen Schritt zu thun, ohne ihm lurze Mittheilungen über die Eigenthümlichleiten verschie dener Gegenstände und Dinge, iiber Geschichte, die Natur, die Sitten u. f. w. zu machen. Monnier hatte sich nur ausbedungen, in der Woche zwei Aktnde bei seiner Mutter zubringen zu dürfen, einer einfachen Bäuerin, die aber viel Klugheit und einen guten, natürlichen Verstand besaß. Sie trug weiße Mousselinbauben und Cattun lleider und sprach im Dialekt. Mon nier hatte von dem Kaiser die Erlaub niß erwirtt, den Prinzen manchmal zu einem Frühstück in die Garliichen der Faubouras zu führen, die von Maurern und Straßenlehrern besucht wurden. Es sollte ihm dadurch ge zeigt werden, wie gewisse arme Arbei terllassen leben und was sie zu ertra aen hätten. Mit einem dieser Früh stiiae beginnt diese Geschichte . . cis war also an einem heiteren Mörzruorgen im Jahre MAR, als »Lulu« mit Monsieur Monaier aus den Fuilerien in die Rue Rivcli trat » As.»t.« L :- c--..«.-. t. .-(. usIU III chl Wallcll UII OUUULI quillt-, schreitend, nach der la Concorde kam. Hier wurde der Prinz sofort von zwei Englandern erkannt, die ihm nun aus dem Fuße folgten, bis fein Mentor, um diese Lästigen abzuschiitteln, einen Maler herbeirief und dem Kutscher be fahl, nach dem Bastilleplah zu fahren. »Wir werden diesen Morgen in einem militiirischen Cafe srühftiielen, mein Drin-H —- «O, jedenfalls!" rief der Knabe, dessen militiirische Neigungen mit seinem Alter zunahmen. —- »Nun, da sind wirk« sagte der Mentor, als der Wagen in eine Straße bog, die Le retit Cordon genannt wurde. Hier war ein Case. das einen riesigen und rrthen Hammer im Schilde führte, der ein Glas noch rotheren Weines mit einer Scheere, wie toastend, emporhoh, mit den Worten »A toi« darunter. Das Zimmer, in welches sie eintraten. war iehr niedrig. mit weißen Wänden, auf welche allerlei grelle Karrilaturen gepinfelt oder mit Kohle gezeichnet waren. Der Fußboden war frisch ge scheuert, aber die Luft voll Tal-at emeh und allerlei Geruchen der Küche. Beinabe ieder Tisch war von Solda ten besehi. Dieselben tauchten ihre Pfeifen und sprachen lärmend von Laiernem Lagern und Ererzitien in teinegwegs gewählten Ausdrücken Monsieur Mannier erfpiihie einen Tilch in einem entfernten Winlel, gina mit seinem Zöglinq daraus los und hatte diesem eben einen Sitz be reit aestellt, als plötzlich ein junges Mädchen zu ihnen geeilt lam und in leisem Tone fragte: »Darf ich Plan nehmen an diesem Tische?'« Monsieur Monnier sah sie an. Sie war von Mittelgröße, tonnte ihr zwanzigstes Jahr noch nicht erreicht haben, ihr Teint war glatt und weiß wie Ettenheim die Augen schwarz, wie ihr Haar, und ihre Miene deuteee auf Entschlossenheit und Willen-trost Jhr Anzug sah fast destinguirt aus, und tyt Beneyrnen baue nicht-·- von Leichtsinn an sich. Lulu stand auf wie ein wohlerzogener junger Cavalier und bot ihr seinen Stuhl an. »Nicht den Jbrigen,« sagte sie rasch. Jth erhob sich Monnier und bot ihr den seinigen, welchen das Mädchen mit anmuthigem Dank annahm. Das Mädchen bestellte ibr frage-les Dezen neur und, eines der wohlfeiliten Ta gesbliitter ans ihrer Teriche nehmend, begann sie zu lesen. wobei sie dann und wann ein Stückchen Semmel in die Chocolade tauchte Und es dann aß. Der junge Prinz war to hungrig, wie es ein Knabe seines Alters nur immer sein mag, und machte tapfere Angrisse auf eine Omelette« der eine Cotelette beigegeben war. Dies wurde rnit et was Rothwein hinabgespiilt, bei dem Lulu aber Gesichter schnitt, obwohl der Trunk start gewiissert war. Wäh rend er sich so beschäftigte, legte das Mädchen die Zeitung auf den Tisch, bog sich zu Monnier und flüsterte die sem zu: .Sie haben Unrecht, den Kna ben hierher zu bringen« Monnier fah sie scharf an. Sie blickte so eifrig in das Blatt zu zwei Sons, als ob dieses das größte Interesse fiir sie habe. »Ich nehm meinen Soin überall Init. »Schu! Bebt-« Sie erhob gar nicht ibre Nutzen dabei. Mannier schwieg» »Geber- Sie sie-gleich rnit tbmt« —- ,.Was meinen Sie der-ist« --— ,Jch meine, daß er hier Ieicht sicher tit.« Monnier lächelte, indem er uin Ich blickte auf die Drei-gener, bitterem Mlleriften und suchen. »Ur-»den Sie, sich nicht so auffällig umt« fuhr1 das Mädchen in sehe leisem Ton fort, ihr-s Gesicht auf der Zeitung· »An ei nem Tische dort sind fiinf Männer, die Ihnen vom Bastilleplatz folgten; Jez sind die schlimmsten Charaktere in xdiesem Quartier- in Paris — ja, in HFrantreich Jch sage Ihnen, Sie sind inicht sichert« -—- »Aber Sie irren sich, ;ich bin ja nur« —- — .,Pierre Mon ’ nier und er ist —- soll ich fortfahren?« s-— »Genug, Mademoiselle. Jch gebe Hu, daß Sie uns erkannten, aber es ist Iteine Gefahr. Furcht wäre Unsinn, da wir von treuen Soldaten umgeben sind.« —- ,,Blicken Sie nicht um sich. Man bewacht jede Ihrer Bewegungen. Sie haben Mutter Guichette in Jhren Rath gezogen. Sie ist eine Tigerin. Gehen Sie, sag’ ich!« Aber Monnier lächelte nur, und ohne eine erneute Warnung des Mäd- ; chens zu beachten, beendete er sein Ga- : belfriihstiick. — »Sehen Sie, Made-j moiselle,« flüsterte er nach Bezahlung der bescheidenen Rechnung, »Jhre Be-» fürchtungen waren unbeariindet.'« — »Sie sehen nur die Oberfläche der Dinge; ich blicke tiefer-" —- »Wenn Mademoiselle mir vielleicht irgend eine Information zu geben haben.« — »Wofiir halten Sie mich? Etwa für eine Mouchard?« und sie erhob sich mit einer stolzen Miene, aus der fast Verachtung sprach. —s—- ,,Mademoiselle ist eine eifrige Anhängerin des Kai serreichs?« — »Ja wohl!« —s— »Wer den Mademoiselle mich mit Ihrem Namen beehren?« —--- »Nein!« W »Ich tann ihn haben,·wenn ich es wil.« -—— »Dann nehmen Sie ihn, wenn Sie tönnen.« —- Und das Mädchen sprang auf und verließ rasch das Cafe — ,,Wa5 war das mit Mademoiselle3« sragte Lulu. ——— »Wie soll ich ec- wis sen« Monseigneur?'« Monsieur Monniek erwähnte dieses Abenteuers gegen General Fleum der es dem Kaiser berichtete. ,,;’5inden Sie aug, wer sie iit, und lassen Sie mich durch Filon repräsentiren.« iaate Napoleon der Dritte. Wer Filon war? Ein Mann, der dem Kaiser so überraschend ähnlich sah, daß die Garde einmal in’s Gewehr gerufen hatte, als er die Tuilerien passirtr. Eugenie selbsthielt ihn eines Tages bei einer Aue-fahrt für ihren laifer lichen Gatten. Filon fuhr mit einer sehr schönen Dame durch das Bois de Bouloge. und es soll später in den Appartements der Kaiserin eine leb hafte Eifersuchtsscene gegeben haben, bis das Räthsel sich auftlärte, und nunmehr wurde Filon eine Nothwen digleit für den geheimen Dienst des Kaiserreichs. Das Geheimnifz wurde sehr strenge bewahrt. Rouher und noch ein halbes Dahend erprobter Jmperialisten lannten es. »Mdnsieur Filon,« bemerkte Fleurh, «ich habe ein tleines Geschäft fiir Sie« . . . . Zwei Tage später schlenderte Mon sieur Filon die Avenue de la Reine hortense hinab und trat in den Parl von Monceaur. Monsieur Filon dampfte seine Viktoria Reina. eine Cigarre, die von Blättern der besten Pflanzung Cuha’s ausschließlich fiir Napoleon dem Dritten fabricirt wurde und einen gemächlichen Blick um sich werfend, näherte er sich einer Ruhe bank des Parlg, auf die er sich nieder ließ. »Sie war gestern um diese Stunde hier," murmette er. »Die Chancen liegen so, daß sie auch heute lommen dürfte. Unsere Pariserinnen sind sehr conservativ darin, wo und trann sie im Freien frische Luft ge nießen.« Er nahm ein Exemplar des »Figaro'« aus seiner Tasche. und eine der legten Arien Offenbachs sum mend, überhlickte er langsam den Jn nati. Monfieur Filon war eben mit der ersten Seite seiner Zeitung fertig, als das junge Mädchen an ihm vorüber ging. Sie war sehr wohl gekleidet. Sie trug einen Paletot von blauem Tuch, mit prächtiaeni Zohelfell aufge puyt Jhr Hut war fo vitani wie ihre handfchuhe und ihre Stiefeletten waren klein und zierlich wie die Afchenhrödels. »Ah!« murmelte Fi lon, »da ist sie. Jch erwartete es fd.« Das Mädchen nahm auf einer Bank des Partes Platz. Monsieur Filon war auf der anderen Seite des Ra fenplatzes. »Der Sitz neben ihr ift leer. Es ift am besten, wenn ich mich feiner sogleich versichere.« Er nahm wieder eine Lsahmheit an, die von einer Kugel des Krimtrieges hätte herrüh ren tönnen, oder von der Gicht, hintte um den Grasvlad. und mit einer Nonchalance, die von feinem Schau spielertalent zeigte, nahm ee den leeren Plan ein und nachdem er fein Bein ein wenig mit der Hand geftrichen, öffnete er wieder den »Figaro«. Die iutiae Dame nahm nicht mehr Notiz von ihm, als fie es hätte thun können, wenn er auf dem Matitplatze zu Marseille gesessen hätte. Mit ei ner geschickten Bewegung drehte Mr. Filon feinen Schnuktbart in fchakfe Spihem ließ feinen Rocktragen herab und fenkte feine Augenlider. Dann huftete er ein wenig. Navoleon der Dritte hatte die» Gewohnheit. mit fei nem Nolitftock an eine Seite eines feiner Stiefel zu tlovfen. wobei er mit aefenkten Lidern nach dein Stiefel sah. Auch Filon that« dies sent. Das Mädcken lachte laut auf. Fiton rich tete einen fraaenden Blick auf fie. »Sie machen das vorteefflichl« rief sie —- -: fröhlich. »Wiixdig der Comebie Fran raife. Welch ein Schauspieler Sie sind. Aber Sie scheinen nur eine Rolle zu baben.« Filon blieb stumm vor Erstaunen. -- ,,Sie sind Monsieur Filon,« sagte das Mädchen. »Für eine Secunde oder zwei nahm ich Sie irrthiiinlich fiir den Kaiser." — »Wie, wenn Sie sich jest irrten?« fragte Filon, neuen Muth gewinnend. —- »Bah!« Sie zuckte mit den Schultern. —- »Made moifelle zweifelt?« — ,,Mademoilelle zweifelt nicht, und wenn Monsieur die kleine Schramme an dem linken Auge zeigen wird, welche Louis Napoleon —,,Jch gebe es auf, meine gute Mademoifelle,« lachte Filon. »Ich dachte einen kleinen Spaß zu haben, man sagt, ich iihnle ein wenig dem Kaiser. Aber jetzt, da Sie mich len nen, werden Sie vielleicht »so gütig fein, auch Jer Jncognito zu enthül len?" —- »Das ift gar nicht nothwen dig, Monsieur Filon.« Und mit einer graziöfen Verbeugung sagte sie ihm »Von jour« und irippelte fort auf ih ren hoheniAbsiitzem erhob sich von der Bank und folgte ihr, » aber in respektvoller Diftanz. aus dem Parlthore trat, begegnete »ers; einem besonders gewandten MouH chard. »Sehen Sie jene Dame?'« — »Ja, Sire.« —- ,,·’folgen Sie ihrH Machen Sie ausfindig, wer sie ist!« —- »Jch weiß, wer sie ift. und alles über Sie, Sire!« s— »Wer ist siei denn?« —— »Mademoiselle Anastasia Jouvin, der Chef des weiblichen De tettivftabes Jhrer Majeftät der Kai serin . . . · —-. Chimstiche Empfing-en Eine ergötzliche Illustration zu der Hunbesieglichen Leidenschaft deg Chiar H fen »für fremdes Eigenthum« und ski:, ner. Gefchicllichleit, alles mitgeben zu heißen, auch was niet und nagelfest ist, gag jüngst der DistrittJngcnieur der Schanhaitwan: und Yinglaii-Ei senbahnstreele einen auslaniychen Correfpondentert, als beide aus dem Zuge miteinander Bekanntschaft mach ten. Der Journalist beobachtete wäh rend der Fahrt hier und dort, zu Sei ten der Bahn, weiße, höchst modern ausschauende Obeligtem Er befragte einen Jnformanten über die Bedeu tung und den Zweck dieser Steine. Der Beamte lachte und sagte: »O, Sie mei nen meine »Nadeln der Kleopatra?« die sind als Zeichen zum ,,Pfeifen« für den Lokomotivführer aufgestellt. Frü her hatten wir Holztafeln mit der nö thigen Aufschrifi errichtet. Diese Jour den aber beständig von den Chinesen gestohlen, und wir mußten statt ihrer zuletzt die übermanneshohen Obelisten aussetzen, die nun wenigstens diebes sicher sind. Die Lokomotivführer wis sen damit schon Bescheid und ziehen, »so oft sie einen solchen weißen Stein er blicken, die Damvspfeifr. Ja, was stiehlt der Chinese nicht? Besonders hölzernes ist nirgends vor ian sicher. Er würde die Schwellen unter den Schiene fortschleppen. wenn er lönnte. Die »Holzstiste« in diesen wurden uns früher regelmäßig ausgezogen. Wir ließen sie deshalb braun anstreichen. Seitdem lassen die Lanasinerer sie in Ruhe. Warum? Sie balten sie -—— für richtig angerostete Eisennägel!« W—.-—— Eine sum etsemtsttmltsse oth items-. besitzt Herr G. S. m Paris. Er jam melt nur —- tleine Bücher. Obwohl seine Sammlung sehr reichhaltiq ist und einen Gebildeten jahrelang be schäftigen könnte, ist der Besitzer doch im Stande, sie beständig mit sich zu führen. Sie nimmt nämlich nur einen kleinen Handtosser in Anspruch. Gute Augen muß derjenige allerdings ha ben, der sich andauernd solcher Lettiire widmen will, aber doch nicht in dem Maße, als man anzunehmen geneigt ist. Der Druck dieser Bücher ist mei stens jo schars und rein, daß er leich ter zu lesen ist, als der vieler größer gedruckten Schristen. Das größte Wert in der Bibliothet des Herrn S. ist ein Band Lasontaine, der 513 link hoch und 3,3 Em. breit ist. Das kleinste Buch ist ein 1817 in Karls ruhe gedruckter 1,4 Em. hoher und s),6 Ern. breiter Almanach W Ists-. »Minna, ich glaube, Sie haben das Klavier schon zwei Wochen lang nicht abgestäubt.« Dienstmädchen: «Wann soll ich ec denn abstöuben, gnädige Frau sitzen ja von Morgens bis Abends davor!« Die guten Freundinnen. Er: »So bleibe doch bei dein Hunde Ioetter zu hause; es ist keineswegs nöthig, daß Du jedesmal im Kränz chen bist.« Sie: »O doch, ich bin es schon mei nem guten Ruf schuldig!« Sie glaubt e nicht. »Ach, Lieber »Herr tauseer Sie mir doch ein paar Wachsstreichhölzer ab! Meine Mutter ist todt und bat nichts zu essent« »Aber Kind. -wenn Deine Mutter todt ist« dann braucht sie doch auch nichts mehr zu essen!'« »Ja, det bat-e iet ihr ja oach schon gesagt, aber sie jlauth doch nich!« q Familie Wachtritz in St. sont-. Humoresle von Kote Lubowsti. ,,Machen wir, Alte! Ganz gewiß! Zieh tein Gesicht und spare deine phi losophischen Betrachtungen über die sonderbaren Auswüchse der mensch lichen Phantasie noch vier Wochen aus!« sagte der Kommerzienrath Her mann Wachtritz, der sich seit wenigen Monaten in die vornehme Ban im Grunewald zurückgezogen und die Erledigung der geschäftlichen Ange legenheiten seinem Sohn überlassen hatte, zu seiner besseren hälstr. Frau Marie Wachtritz verzog das feine schmale Gesicht in zorniger Ungeduld. »Ich bitte dich, Hermann, das lann doch unmöglich dein Ernst sein. Das Mädel kennt noch so wenig von ihrem schönen, deutschen Vaterlande, und da willst du sie nach St. Louis zur Welt ausstellung schleppen?« »Wenn dir der Ausdruck paßt, ja, Mutter! Will ich und thu ich. Am zehnten mit dem »Moltte« fahren wir von Hamburg ab, du, sie und meine Wenigleit.« « »Mann,« sagte Frau Wachtritz ganz sanft und baschte nach ihres un ternehmungslustigen Eheherrn Hand. »Nimm doch Vernunft an. Was willst du uns in Gefahr bringen! »Weil ich annahm, du miißtest es mir nachfiihlen, daß mir das Reisen in meinem Vaterlande aus einem Grunde verhaßt ist, der oft genug zwischen uns erörtert wurde. Nir gends bin ich sicher, dafz dieser ver flixte Federfuchser unserer Anneliefe nicht nachfpijrt.« »Was das frir ein Wort ist, Feder fucl«.ser.« »Ist er vielleicht wag Anderes? Ra? l Schreibt Stizzen . . . macht geistigel Lustspriinge, bei deren Genuß man sich das Hirn verrenkt -— und Gedich te. Gedichte . . . wenn ich blos dies Wort höre, irieg’ ich schon Schwindel ansiille. Aber das Wichtigste hätte ich beinahe vergessen . . . dann macht er auch noch Berichte. Der P. schlug den L . .. der A. hat bei der X. erbgeschli chen die Apfelernte wird voraus sichtlich eraiebia und die Heringe wer den ungeriiuchert gesanaen.« »Du kennst diesen Mann aber doch! gar nicht, hermann Deshalb ist es uiaerecht und kurzsichtig, hartherzig und deines klaren Dentvermögens unwürdig, daß du deine Tochter so quälst.« »Na . . . da wären wir ja wieder einmal so weit, Mutter. Aber heute wird nicht gezankt. Wenn du also partout die wahren Gründe siir die festbeschlossene Reise wissen willst, so jhöre ·rnal ordentlich zu. I. Habe ich» die Mittel dazu. 2. Soll unser Mädel Gelegenheit haben, einen anderens Mann kennen und vielleicht lieben zn lernen. Z. Dieser Windhund von Dichters Gnaden lann nicht hinterher Darum habe ich auch bis jetzt mit meinen Mittheilungen geschwiegen. Jn vier Tagen geht unser Schiff. Mit einer Benachrichtigung hat es gute » Weile, da euer Jdeal zur Zeit in Nor wegen den Schneeschuhtanz übt. Du siehst also, liebe Frau es ist alles wohl überleat und festgesetzt. Solltest du noch irgend welche Einwande zu machen haben, so schreibe sie bitte auf. lnood bhe, Frau Fiommerzienrath Wachtritz!«. . . III If II Jn St. Louis auf der ,,Pike« ift der Deiwel los! — Nardon fiir das Wort. Aber jedes andere reichte nicht an die Natürlichkeit heran Fanfa » ren schmettern Fahnen winken " grinsende Negerladies machen ihre grotesken Luftfpriinge am Trapez . .. ein Mister aus irgendivoher fchluclt statt des üblichen Feueres . . . blanke ! Dollars, die ihm gläubige Fremde an dertrauen es ist wahrhaftig, als ; wenn an diesem Platz ein Narrenhang i seine Pforten geöffnet hätte ; Das denkt auch der Kommerzien-— - iath Wachtritz, der wie betäubt an der i Ecke der 16. Street fteht nnd mit den i«tlngen nach den Seinen sucht. Wo ,iind sie hin? Untergegangen in dexn »!ofenden Gewirr der verschiedensten Hiöllersprachen ihn allein lassend in der Woge, die seine Gedanken zu ! iammenfpiilt. Wie ein verlassen-es Kind steht er da wenn er wenig Istens das verflixt: Kaufertreksch der ; sieben könnte! Aber das hat nur die Llnneliese rang. Darum weiß er auch nor nicht, was der Mann mit dem Jclattrafirtem energischen Gesicht, der ihn umkreist wie die Biene das- Klet : ield, von ihm will. s Erst als er handgreiflich wird und « Miene macht, ihn mit sich zu schleppen « . . . versteht er fein Begehren! . . . Der T Kerl hält ihn offenbar für einen Ta i pl — schendieb oder ähnli s. Seine Land greift in die Brustta che, um die egi timationspapiere herauszuholen . . . . profit Mahlzeit . . . tempi passati — Hermann Wachtritz . . . oder zu deutsch »gewefen Der Deteltiv lächelt nachsichtig und überlegen. Seine Hand faßt in den Halslragen des eleganten Rockes. Der Kommerzienrath wehrt iich verzweifelt. Jhm ist sehr elend zu Muth. Der infame warme Eiertuchen und darauf das eislalte Bier, die sich für 50 Cents unter General Cronjes Kommando präsentirenden Bitten lämpfer . . . der Aerger über das Spiel mit dem Heiligsten, bei dessen Vertheidigung sie Heimath und Recht verloren liegen ihm wie Bleistücke im Magen. Nun noch das hier. »Der Herr ist mein Freund,« sagt in diesem Augenblick eine feste Män nerstimme in fließendem Englisch an seiner Seite. »Ich legitimire ihn. Hier ist meine Karte und da zwei Dollars . . . Good bye . . . Mister . . .« die breite Hand fährt aus dem komma zienräthlichen Hals-tragen in die eige ne Tasche und eine Minute später sind sie ihn los. Wachtritz mustert den Fremden, der ihm soeben den größten Dienst leistete, mit einem Gemisch von Dankbarkeit und Neugier. Ein unendlich wohl thuendeg Gefühl überlomrnt ihn, als er die gute deutsche Entgegnung auf seinen Dank hört. Sie sind bald in ein angeregteg Gespräch verwickelt. Der junge Deutsche« dessen Namen er leider in dem Lärm nicht verstanden hat, beruhigt seine Bedenken weg-en der verlorenen Seinen und schlägt einen kurzen Lunch vor. So sitzen sie denn beisammen wie Jst-II uccc Uccuulccc uuU UIUUUILU UUU der Heimath Wachtritz gefälltdie frische kluge Art des Landsmannes immer mehr. Jhm ist noch niemals ein Mensch begegnet, der solchen Zau ber auf ihn ausgeübt hat Ja .. . er ertappt sich sogar aus dem Wunsche daß seine Anneliese diesen Mann kennen lernen muß . . . . Als er ihn eine Stunde später bis in das Hotel geleitet, haben sie sich fiir morgen zum Diner verabredet . . . »Und mit diesem wildsrrmdenMen schen, dessen Namen du nicht einmal weißt. sollen wir speisen Vater?« sagt Anneliefe Wachtritz nach dem Wiederfinden voll zorniger Empo rung. »Ja woll, mein Döchting.« »Wenn es nun aber einer jener hier zu Dutzenden uniherlausenden Hoch stapler ist?« »Hat sich wag von wegen Hochstap ler. Ein ehrlicher guter Kerl ist eg. Dafür bürgt meine Menschenlenntniß. Jch gehe sogar so weit, zu sagen es würde mich unbändig freuen, wenn ihr zwei Beide Gefallen aneinander fändet.« »Aber du weißt doch nichts von die sem Menschen, als daß er zwei Dollar siir dich geopfert lind nachher deinen Wein getrunken bat.« »Das andere bekomme ich schon, Grünschnabel. Meinst du, hier gäbe es vielleicht keine Auskunstsbureaus oder so wass« »Vater,« sagt Anneliese jetzt leise und traurig, »wenn du tviißtest, wie weh mir deine Worte thun. Der, den du um meiner Liebe willen hättest; kennen lernen müssen, hat umsonsti um eine Annäherung gebeten. Diesem zufällig angejundenen -Menschen deangn ou ne Iornnich aut. Sogar den brieslichen Verkehr hast du uns verboten. Ich weiß seit Wochen nicht mehr, wie es ihm geht ...« Der Kommerzienrath hört die letzte - Klage gar nicht. Er ist zu sehr mit· dem kommenden Diner und der Be aenung beschäftigt, um sich das alte Klagelied seines Kindes zu Herzen zu nehmen. Er schmunzelt zufrieden, ais sie das Restaurant betreten und er seinen neuen Freund schon an der verabrede ten Stelle sah. Der Landsmann hat einen schattis gen Tisch teiegt und tommt ihm er freut entgegen. Aus Annelieses Mund tönt ein Schrei »Otto ...« »Anneliese darking das ist eine Ueberraschung gelt . . .« Und sie liegen sich in den Armen und tiissen sich. »Wie kommst du blos hierher ..? »Und du erst, Anning?« »Ach Gott ist das wunder schön . . »Aber wer hat dir nur gesagt, daß» wir .. .?« . »Niemand der Zufall ließ mich gestern deinen Vater in der mißlichen Lage finden . . . du weißt ja, daß ich L W ihn ost genug aus der Ferne sah . . .« »Bande,« sagte der-alte WM und er thut, als ob er bitterböse sei· Aber er denkt gar nicht daran. · Dei Mann gefällt ihm. Da fühlt er zwei weiche Arme unt seinen Hals. »Vater, guter, einziger Vater, nicht wahr, jetzt giebst du ihn mir?" »Herr Wachtrih . . . ich biete Ihrem Kind eine gute, ausiönirnliche Posi tion . · . Jch bin nicht mehr der brods lose Fedetsuchser, sondern habe eine glänzende Stellung bei einer großen Zeitung, als deren Vertreter ich hier funaire . . . sagen Sie »Ja!« »Erst laß mich mal gefälligst los, Krabbe. Du haft beinahe noch einen schärferen Griff, als gestern der Arm des Gesetzes . . . Jch muß mich mal erst mit deiner Mutter besprechen! Was sagst du dazu, Msarie?« Die zarte Frau lächelte still und glücklichi »Ich inge: Gieb ihnen deinen Se gen, Alter. Aber den Vorwurf, daß du ein schlechter Rechenmeister bist, kann ich dir nicht ersparen. Wieviel billiger hätten wir diese Verlobung zuni Beispiel in unserm Grunewald feiern können!« Antworten kann der Kommerzien ratli jetzt nicht daraus. Jhm sitzt et was in der Kehle. Die Branduna tost. Toiletten rau schen . . . Diamanten glänzen, und auf den Klippen der »Philippinen Ansstellung« brennen rothe Sonnen seuer. Jn dein weinumranlten Satori ne benan singt eine jubelnde Frauensiim me das alte Lied: »Im East and in West The love is the best...« Und das junge, selige Brautpaar singt es leise mit . . . Die Ratte als Eier-Rebbe. Ein Geflügelziichter, welcher gute Legerinnen besaß, machte seit längere Zeit die unliebsame Wahrnehmung, daß der Eierertrag ganz gewaltig zu rückging und er manchmal tagelang kein Ei im Neste vorfand, obwohl die Hühner nach seiner Meinung bestimmt gelegt haben mußten. Er nahm daher an, daß sich unter seinen Thieren Eier frefser befanden oder aber, daß sich vierbeinige Spitzbuben die Leckerbissen zu Geiniithe führten. Zweibetnige Diebe konnten es nicht sein, da die Stallthiir stets verschlossen gehalten wurde· Eines Morgens fand er die Erklärung Als er sich kurze Zeit nach dem Gackern einer Henne, durch welche diese das frohe Ereigniß der Welt ver kündete, zu dem Stalle begab, um das Ei in Empfang zu nehmen, fand er sämmtliche Nester wieder leer. Zu seinem nicht geringen Erstaunen sah er aber zwei feiste Ratten hinter einem Bretterzaun verschwinden. Die eine Ratte lag aus dem Rücken und hielt das frischgelegte Ei mit der Schnauze und den beiden Vorderpfoten fest. Vott der zweiten Ratte wurde sie aus Schwanze fortgezogen und in Sicher heit gebracht. Unser Gewährsinantk will jetzt Fürsorge treffen, daß ihm solch ein interessantes Schauspiel nicht nech einmal geboten wird, und hofft, daß dann die Eier seiner Hühner wie der den Weg zur Küche finden wer den. Sein Wunsch Seufzern aab der Sultan von Ma rollo das Lösegeld von 70,000 Dol larg fiir Perdicaris und Varley hin, das er sich hatte borgen müssen, und murmelte: ,,Wär’ ich doch auch lieber Räuber geworden!« Ein echter Brot-. Heirathgvermittler (zum Protz, der seine Tochter gerne unter die Haube bringen inöchte): »Ich hätte fiir Jhre Tochter einen seh-r reichen Grafen, ei nen Baron, der gleichzeitig Gutsbe sitzer ist, und auch einen Fürsten, der allerdings ohne Mittel ist, auf Lager.« Protz: »Nun, tönnen Sie mir mit nichts Besserem dienen?!« « Ahqekiirzter Weg Bergfex Czur Sennerin): ,,Sag’ Schatzerl, wie weit ift’s noch bis in’s Thal?« Sennerim »Wenn S sich nirgends aufhalten, sind S in zwei Stunden unten.« Bergfex: »Und wenn ich mich nun bei Dir aufhalte?-.« Sennerin: »Da sind S’ noch viel eher unten!« I— Votsichüq. ·Meuch ·—s was wilth Tu mit eins-r Stybc mit drei Betten?« »Na, annt man kamgstcns Nachts cmes findet.«