Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 29, 1904, Zweiter Theil, Image 13

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    Ver Page.
Aus den crinnerungen eines Diplos
maten von Max Treu.
i
»Ich heiße Anton Gottfried von Al
tenau und bin Zögling des König
li Pageninftitutsl«
och immer klingen mir diefe Worte
in den Ohren, noch immer fehe ich ein
Paar fonnige Knabenaugen freundlich
auf mich gerichtet und die fchlanke
Knabengeftalt mit den feinen faft mäd
chenhaften Zügen von mir
Bei irgend einer Hoffeftlichteit war
mir der tleine Page mit dem klugen,
von einer Fülle goldblonder Locken ein
geoahmten Gesicht aufgefallen, und ich
hatte ihn nach feinem Namen gefragt.
Und in dem kurzen, militärifchen Ton.
der allen Zögltngen des Instituts eigen
war, hatte er mir die Antwort gegeben.
Seit jenem Tage vergaß ich ihn
nicht wieder, weder den Namen, noch
feinen jugendlichen Träger. War der
Knabe doch eine jener sieghaften Kin
dererfcheinungen, die es jedem entbun,
mit dem sie zufammentommen, und die
eigene nur dazu geschaffen zu fein
scheinen, überall Liebe und Zuneigung
zu finden. Häufig freilich thut io et
was den Kindern nicht gut; sie werden
verzogen und verhötfchelt, lernen bei
jeder Gelegenheit ihren Willen durch
zutrotzen und entwickeln sich im Laufe
der Jahre zu jenen unleidlichen Men
fchenwefen, die mit einer ins unge
messene gehenden Anmafzung mit ei
ner fchrantenlofen Scibftvergötterung,
die nichts neben sich duldet, der Schre
cken aller werden, die irgendwie mit
ihnen zu thun bekommen.
Bei meinet- jugendlichen Freunde
Anton Gottfried aber war von alledem
nichts zu merken. Obgleich er mit
dem fcharf beobachteudeu Verstand
wie er intelligenten Knaben in fo lders
vorragendem Maße zu eigen sein
pflegt, deutlich erkannte, welchen Stein
er allerorten im Brett hatte, und wie
leicht es ihm gemacht wurde, gelegent
lich feinen Willen durchzusehen, blieb
der damals elfjährige Knabe doch ftets
gleich freundlich, gleich befcheiden,
gleich anspruchslos, gleich höflich und
zuvorlommend gegen alle, die ihn ten
nen lernten. Schon die ftraffe, mili
tiüifche Zucht des Pageninstituts be
wahrte ihn vor den llnarten und häß
lichen Charaktereigenschaften verzoge
ner Kinder, und irgendwelche Gegen
einfliisse, die etwa die Wirtungen die
fer Zucht aufzuheben imftande gewesen
wären, waren nicht vorhanden. An
ton Gottfried war eine vater- und
mutterlose Waise, und er verbrachte
daher selbst feine Ferien im Institut,
fo daß filr die Bethätigung fremder
Einflüsse nur wenig Raum und Ge
legenheit vorhanden war. liebe-dies
aber lag auch offenbar in dem ganzen
Wesen des Knaben etwas Festes und
Ruhiges, das er wohl von seinem Va
ter, einem hervorragend tüchtigen Cha
rakter, geerbt haben mochte, was- ihn
davor schätzte, sich die Zerfahreixheih
Launenhaftigleit und Unliebengwür
digleit zu erwerben, wie sie den meisten
»enfants cheris« anhaften.
So war es denn lein W-.:nder,
wenn Anton Gottfried mit Recht der
erllärte Liebling aller wurde. Wer in
das prächtige, fonnige Blauauge des
Knaben «sah, wer fein freundliches,
ftets dienftfertiges Weer kennen
lernte, mußte ihm gut fein. Und man
war ihm gut, ohne Ausnahme, und
das Herz des Knaben, dem forgende
und fchiitzende Elternliebe nicht be
schieden war, fand ringsum fo viel
Diebe und Zuneigung, daß er sich lei
nen Augenblick leer, verarmt und ver
waift fithlen konnte.
Er felbft war danlbar fiir diese
Liebe; er wußte und fiihlte offenbar,
was er daran hatte. Er bemühte sich
nach Kräften, diefe Liebe auch zu ver
dienen und ihrer werth zu fein. Der
aufmerlsame Beobachter jedoch kannte
bald bemerken, daß der Page. so
sksesnhlisfr nnd Ifobnämiikdin or- Fell-n
entgegenkam, doch ein bestimmtes
Jdeal im Herzen trug, das er nach
Anabenweise oergötterte und dem jeder
Schlag des jungen herzens geweiht
war.
Und dieses Jdeal war die Prinzesi
sin Anna.
Schon oft war Anton Gottfried
zum persönlichen Dienst bei ihr befoh
len worden, wenn bei großen heimt
lichteiten die Pagen verwendet wurden,
nnd so war es geschehen, daß er dem
aussallend schönen, geistig reichbeaabs
ten Mädchen von etwa zweiundzwan
zig Jahren näher getreten war ale ir
gend ein anderer. Von ihren Lippen
hatte er freundliche Worte gehört, aus
ihren Händen manche süße Näicherei
erhalten. Der bezaubernde Wohllaut
ihrer Stimme niar seinen Ohren Mu
sit gewesen, und so hatte sich in seinem
Versen für die schöne, tönigliche Mäd
chenerscheinung jene unschuldige, aber
tiese Schwärmerei entwickelt« wie man
sie bei ausgeweetten, gemiithvnllen
Knaben öfter beobachtet, und wie sie
ihnen eine sonniae Erinnerung bleibt
ihr Leben lang. Was die Prinzessin
gbat, das war fiir Anton Gottfried
das allein Richtiaez was sie cagte,
daran tonnte kein Zweifel bestehen;
was sie duldete, das mußte gut, das
mußte edel sein; was sie unterließ, das
war gewiß evrabscheuenswerth, war
häßlich, schlecht und niedrig; ihre
Rathichtiige, die sie ihm etwa gab,
standen den Geboten Gottes gleich und
wurden ungesiiuint und widerspruchssi
los befolgt; ihre Iiinsche waren ihmj
Befehle dei Dimmels, denen sich zu?
entziehen Siinde sein mußte —- mit
einem Worte, die Prinzessin war siir
ihn das dertörperte Bild der Gottheit
auf Erden und jedesmal, wenn Anton
Gottfried das wundersame Madons
nenbild Guido Reniö in der Schloß
tirche sah, meinte er, dafz der Maler
ganz unmöglich schon so lange todt
sein könne, wie man ihm gesagt hatte,
denn diese Madonna sei doch niemand
anders als die Prinzessin Anna, die
der Maler auf jenem Bilde gemalt
habe. Man wolle ihm nur die Wahr
heit nicht sagen.
. eDie Madonna und die Prinzessin
waren ihm eins, und wie jene das
Sinnbild alles Guten, Schönen, Rei
nen und Edeln war, so war Es ihm
auch die Prinzessin.
Tiefe Trauer aber zog in sein jun
ges Herz ein, als der Tag herannahte,
an dem die Prinzessm sich mit einem
fremden Prinzen vermählen und dann
ihre Heimath verlassen sollte, um dem
Gatten in die Ferne zu folgen. Denn
nun, so sagte er sich, würde er sie über
haupt nicht mehr oder doch nur außer
ordentlich selten zu sehen bekommen
und ihr seine Dienste nicht mehr wid
men könne. Wer aber von allen
Sterblichen wäre fähig und wiirdig,
ihre, der Vergöttcrten Stelle in seinem
Herzen einzunehmen?
Wenige Tage vor der Hochzeit traf
ich ihn einmal.
»Nun Gottfried,« isagte ich, ,·jei3t
werden wir beide unsere beste Freun
din verlieren« — auch ich hatte, gleich
einem jeden, die ebenso schöne wie mit
Gab-en des Geistes nnd Gemiithg reich
ausgestattete Prinzessin überaus hoch
geschiin nnd verehrt. — »Was werden
wir nun thun-«
Jch sah deutlich, wie eine Wolke der
Trauer das blaue Knabenauge um
slfortr. Aber eine Antwort gab er
nicht.
»Tröste Dich mit uns allen, mein
Junge,« fuhr ich fort, »wir alle sehen
sir voll Schmerz scheiden«
Er neigte bejahend das Haupt.
»Du hast doch Dienst an ihremHoche
zeitstage?« fragte ich weiter.
Da erhob er den blonden Kopf, und
ein sonniges Lächeln huschte über das
feine Antliy.
.,Ja,« entgegnete er stolz. »Auf der
Prinzessin besonderen Wunsch habe ich
auch den Ehrendienlt in der Kirche —
ich stehe bei der Trauung an ihrer
Seite neben dem Vlltar!«
Und so geschah’s.
Es war ein bitterkalter Januartag,
als die Hochzeit stattfand, was fiir uns
alle um so empfindlicher war, als die
Schloßkirche damals noch leine Hei
zunsgsanlage hatte und wir in einer
Temperatur ausharren mußten, die
trotz der aufgestellten Kohlenbecken
nicht höher als bis zu »sechs Grad hin
ausging. Namentlich die Pagen muß
ten das bitter empfinden; in der leich
ten und dünnen Renaissancelleidung,
die sie bei Lolchen Gelegenheiten tru
gen« mufzte i nen die Kälte durch Mart
und Bein gehen. Jch sah denn auch die
armen Jungen zittern und mit den
Zähnen tlappern« das; sie mir biss- ins
Herz leid thaten. Nur einer fror offen
bar nicht« Das war Anton Gottfried
von Altenau, der leuchtenden Auge-H
während der Trauungscerenionie zur
Seite der schönen Braut neben dem
Altar stand. Noch heute sehe ich ihn
deutlich vor ·mir in der überaus lleid
somen Tracht. Nichts von Kälte
mertte nian ihm an, hochgeriithet wa
ren seine Wangen; war es ja doch der
höchste Ehrentag seiner Gebieterin der
lehte Tag, an dem er bei ihr Dienst
that, und der sollte ihn gewiß nicht
schwach und frostig finden.
Während der Trauung ereignete sich
plößlich ein kleines Mißgeschick Beim
Ringewechseln geschah es, daß derRing
der Prinzessin - Braut dieser aus der
Hand glitt und davonrollte. Und
merkwürdig, alles Suchen war ver
geblich; der Ring war und blieb ver
schwunden; er war offenbar in irgend
eine Spalte hineingerathen und blieb
so den lecken aller Suchenden ver
borgen. Man mußte sich schließlich,
ohne das Kleinod wiedergefunden zu
haben, aus der Kirche entfernen, und
auch die Diener und Hosbearnten, die
noch weiter nachsuchten, mußten am
Ende unverrichteier Dinge in das
Schloß zurückkehren, mit der Meldung,
daß von dem Ringe leine Spur zu
entdecken sei.
Der König selbst gab dem immerhin
unangenehmen Vorfall schließlich eine
heitere Deutung und Wendung, indem
er sagte, daß man eben einen zweiten
Ring machen lassen müsse, und daß
doppelte Fesseln desto unlösbarer sein
würden. So begab man sich denn
ohne Ring zum großen FestmahL
Es war Sitte, daß bei derartigen
Festlichteiten siir die Pagen in einem
Nebenzimmer eine eigene Tafel aedeckt
wurde. Als sich einen Augenblick Ge
legenheit sand, ging ich dort hinüber.
»Nun, Gottfried,« sagte ich scher
zend, »Du bist aber ein unaufmerlsas
mer Ritter; läßt den Ring Deiner
Dame davonrollen und vermagst ihn
nicht zu finden. Ei, ei«.
Eine glühende Röthe überzog sein
Antlitz, und mit einem seltsamen Blick.
den ich nie vergessen werde, sah er mich
an.
»Der Ring wird sich sinden,« stam
melte er, »gemäß, Herr Gras — mor
gen — er muß ja da sein« —
»Der-n ge Dich nue,« tröstete ich
ihn. » in kleines Malbeurt So
schlimm ist es nicht. Laß Dir es gut
schmecken, lieber Junge.«
reiche ihm die Hand und ging.—
s folgende habe ich von dritter
Seite erzählen hören. Jch erzähle es
nach, wie es mir zu Ohren lam.
Als die Pagen Abends gegen zehn
Uhr vom Dienste entlassen wurden und
zum Institut heim wollten, stellte sich
heraus, daß Anton Gottfried fehlte.
Jn den Festtrubel hatte man auf den
einzelnen nicht Obacht gegeben, wohl
auch geglaubt, daß er irgendwie dienst
lich in Anspruch genommen sei, und
erst jeßt bemerkte man, daß er nisht da
war. Sofort wurde nach ihm gesucht.
Aber wie msan auch nachforschte nnd
lfragte, man konnte keinerlei Auskunft
erhalten; Niemand vermochte anzuge
ben, wo der Page geblieben war. Das
.einzige, was sich feststellen ließ, war,
i daß Anton Gottfried etwa gegen sieben
iuhk in der wenns-wachsende die im
Parterre des Schlosses lag, erschienen
war und sich dort eine tleine Hat-dia
terne entliehen hatte. Wohin er aber
damit gegangen war, wußte man-auch
hier nicht anzugeben.
Die Polizei wurde benachrichtiqt, die
halbe Nacht hindurch wurde gesucht,
von dem Pagen aber leine Spur ge
sunden. Die Sache schien völlig röth
selhaft. Es blieb nur die einzige An
nahme übrig, daß Anton Gottfried bei
Tafel etwa zu viel Wein getrunken
und, von dem ungewohnten Getränl
übermannt, irgendwelche Thorheit be
gangen habe, bei der ilnn ein Ungliicl
zugestoßen sein müsse. Erst in den
Morgenstunden kegab man sich ii.: Pa- :
geninstitnt zur Ruhe, ohne dag Räths ’
sel gelöst zu haben.
Kurz nach acht Uhr in der Frühe.
des anderen Tages wurde dem Gou
verneur des Institutes der Fiiister der
Schloßkirche gemeldet, der mit schre
ckensbseichen Mienen draußen stehe
und gewiß eine schlimme Botschaft.
bringe. Ungesäumt ließ der Gauner-J
neur den Mann vor sich, der ihn bat,
sich sofort in die Schloßkirche zu beJ
geben; es sei etwas Entsetzlicheg ge
tchehen.
Voll trüber Ahnungen folgte derl
Gouverneur nebst einigen Pagen dem;
erregten Manne, der fortwährendl
klagte und jammerte, er könne für das (
Unglück nicht; er habe die Kirchei
Abends um acht Uhr, wie es seinei
Pflicht sei, verschließen müssen, und da I
habe er Niemand wahrgenommen Dies
Kirche selbst lag abseits vom SchlofH
mitten in einem Part, der natürlich in l
dieser Jahreszeit und dazu Nacht-.- faft (
menschenleer war. Etwas entfernt»
davon befand sich die Wohnung des
Küsters, der die Kirche jeden tslbend
abzuschließen und jeden Morgen wie-(
der zu öffnen hatte; es war Sitte, das :
Gotteshaus den ganzen Tag über os-’
sen zu lassen.
Endlich war die ileine Schaar an
Ort und Stelle angelangt. Der Kü
ster, der gegen die Regel die Kirche
wieder abgeschlossen hatte, öffnete und
siihrte seine Begleiter zum Altar. Und
da bot sich den Erstaunten ein seltsa
mer Anblick. Auf den Stufen des Al
tar5, mit dem Kopfe rückwärts-« ge:
lehnt, ruhte, fast in liegender Stel
lung, der Page Anton Gottfried von
Altenau. Er war todt. Es war tein
Zweifel: er war hier aus Verfehen
eingeschlossen worden. Niemand hatte
dann fein Rufen gehört, die Müdigkeit i
hatte ihn überwältiat, und in den Ar- j
men des Schlafes hatte ihn die eisigej
Kälte getödtet. Neben ihm stand, er- !
loschen und bis auf den letzten Tropfen (
Oel herabgebrannt, die tleine Hausw
terne, die er entliehen hatte. .
Ein seliges Lächeln aber lag ausi
dem Antlitz des Todten. Und als;
man ihn näher betrachtete, da entit
deckte man aufgesteckt auf den Gold-"
fing-er der linten Hand, den verloren!
gewesenen Trauring der Prinzessin;
Anna. t
Aufs tiefste erschiittert, wortlos und
mit Thränen tm Auge drückte derx
Gouverneur die Hand des treuenl
Knaben zum letzten Lebewohl.
Den Ring aber hat man dem Tod- I
ten aus Befehl der Prinzessin belassen. j
An seinem Finger hat er ihn mit in
das Grab genommen.
--—
sent-ach need see Kaiser-.
Jn dem LenbaelyArtileL den Franz
Wolter in der »Kanst siir Alle« dem
verstorbenen Meister widmet, weiß er
manche Einzelheit mitzutheilen, die
bisher weiteren Kreisen nicht belannt
geworden ist. So zitikt er folgende
Aeuszerungen Lersbachs: »Denten Sie
sich, ich sollte den Fürsten X malen;
der tommt in’6 Atelier in einem preisz
grauen Reiselostiim, einsach scheußlich
Nein, das tonnte ich nicht.« . . . »Auch
den Kaiser hätte ich malen sollen, mit
der Krone aus dem Haupte und im
Hermelim dreimal habe ich die An
srage deswegen belommen, ich habe
aber abgelehnt —- ich weiß, das war
grob.«
—
Velohnuna. s
Schmierendireltor: »Wer heute ams
bravsten spielt, trieat morgen viel
lRolle, in welcher er auf der Bühnel
leine Leberwurst zu verzehren hatt«
Feudal. «
»Mein Adel ist so alt, daß sogar
meine Ahnen bei der Erschasfung der
Welt aus dem Valton ihres Schlosses
standen M zuschauten.«
Zahnschmerzem
Vumoristische Slizze von F r a n z
Kurz-Elsheim.
Millionen Bomben und Granaten,
da soll ich doch gleich ss
Wüthend springe ich von meinem
Streibtische auf, an dem ich mich
kaum niedergelassen, um eine schon
längst bestellte Arbeit zu beginnen.
Aber hol’s der Kuckuck, ich tomm’ nicht
dazu-Glauben Sie, daß ich nur die
Feder halten könnte? Und wüthend
werfe ich Alles zur Seite, was mir auf
meinem raend genommenen Wege
durchs Zimmer als ein Hindernifjew
scheint.
»An — au — der verfluchte Zahn!«
Heimlich öffnete sich die Thüre. Der
Kopf meiner Frau lugt durch die
Spalte. Kommt mir gerade recht!
»Zum Donnerlvetter, entweder her
ein, oder heraus! Du weißt doch, daß
Zugluft meine Zahnschmerzen wahr
haftig nicht besser macht.«
Sie schlüpft wirklich in’s Zimmer
und setzt eine bedauernde Miene aus.
Das tann sie nämlich großartig.
»Ach, Zahnschmerzen haft Du?
Deshalb stellst Du Dich so an und bist
so aufgebracht? Jch dachte schon, hier
stürzte etwas ein. Ihr Männer könnt
euch aber auch über die geringste Klei
nigteit aufregen und stöhnen und äch
zeu, als ob — —«
»Frau, mach’ mich nicht noch wü
thender. Es ist einfach, einfach ich
finde gar nicht den entsprechendenVluo
druck s— einfach abscheulich nieder
trächtia, unter solchen Umständen auch
noch Spott mit mir zu treiben.«
«Zpott’t« fragte sie aanz nnschul
dia. »Ich gebrauche doch im Vlllaemei
nen nur Deine eigenen Worte, die Du
mir zuriefft, als ich vor acht Tagen
vor lauter aZhnschmerzen weder aus
noch ein wußte.«
,,aWS’.? das soll ich kiesaat habenk
Na, Du tannft doch nicht bestreiten,
dan meine Schiner-ten »nur anderer
Natur als die Deinen sind.«
Aufs Neue lause ich wüthend um
her, daß meine Rockflügel Polta tan
zen. Da steht schon wieder ein Stuhl
tm Wege —
»Aber Männchen. . . .«
»Was-, Du bist noch immer da?
iHnaus,sag’ ich. Du nur allein trägst
die Schuld, daß ich solche Schmerzen
habe; nur Du!«
«Jch?«
,,Jawohl, nur Du. Natürlich, Du
wäscht Deine Hände in Unschuld, das
weiin ich von vornherein. Aber hättest
Du mich heute Mittag nicht ülierredet,
von dem süßen Pudding zu essen,
dann —«
»Ich habe doch lein Wort dieserhalb
gesagt. Jm Gegentheil, Du selbst
hattest Verlangen nach einer süßen
Speise.«
»Na, ich werd’ mich herumzanlen
mit Dir. Recht betäin’ ich ja doch
nicht« «
Jetzt kommt sie aus mich zu und
faßt mich um den Hals. Doch ich bin
heute zu Liebtosungen gar nicht aus
gelegt.
»Weg — hörst Du denn nicht? Jn
Ruhe sollst Du mich lassen. Du
trägst Schuld an meiner Pein. Hin
aus — slott —— au — der verteufelte
ashn —«
Jch glaube, sie weint. So sind nun
die Weiber! Sie können auch gar tein
Wort vertragen. Gut, mag sie weinen.
Was belästigt sie mich, wenn ich Zahn
schmerzen habe.
Jetzt stehe ich vor dem Spiegel, den
Mund weit ausgerissen, um den hohlen
Zahn zu untersuchen. Da hinten der
letzte Bactzahn ist’s. Jch drücke einmal
fest mit dem Finger daraus. Der
Schmerz wird noch peinigt-used lind
Dennoch: mir egfällt’5 aus einmal, mich
so selbst zu quälen. Wie sagt der
iDchter? ,,Geheime Wollust liegt im
Zchmerz.'« Recht hat er. Jch erkenne
die Berechtigung seines Satzes voll und
ganz an.
Nur roitd mir dadurch nicht besser.
« . .
m- zu k--.- -..-; ....... the-)
Us- ese ein-us- ulksls IUU todt-Use til
Selbstredend wie die Straßenbahn
und ein Hundertmartchein Wenn
man sie braucht, sind sie nicht da.
Trine! Trinet
Athemlog stürzt das Dienstmädchen
herbei.
»Aber wo brennth denn, gnä’
Herrs«
Doch als sie meine Grimasse sieht,
fängt die dumme Gans laut an zu
lachen. Mädchen, wenn ich jetzt einen
Stiefel ausziehen lönnte, er flöge an
Deinen Kopf.
»Schnell zur Apotheke —ein Mittel
gegen Zahnschmerzenf
b Als ich mich umwende, steht sie noch
a.
»Was willst Du denn noch und
gaffst mich an? Auf der Stelle hin
aus! Zum Letzten kannst Du gehen!
Blos faules Volt hat man im Hause,
weiter nichts. Jhr Alle wollt tsinem
die Schmerzen nur noch verlängcrn.«
Deixel, wie das sticht, wie das
brennt! Bis in die Schläfe zieht die
Pein. Bergsteiger möchte man werden.
Aber die Trine geht nicht, sie steht
noch immer da.
»Menschenstind, ich erwiirge Dich,
wenn Du nicht hörst. Du sollst mir
ein« Mittel gegen Zahnschmerzen ho
ten.«
»Ja, ich weiß schon«, giebt sie mit
alter Gemüthsruhe zu. »Jn der Apo
thete jedoch wird nicht gepumpt.«
»Ach, ja —- aber nun schleunigst —«-«
Richtig, das Rauchen soll auch den
Zahntchmerz lindern
Jch passe, daß das ganze nimmer
in eine blaue Rauchwolte gehüllt ist
Ganz davon abgesehen, daß ich es nicht
gewohnt bin, daß mir beinahe tlbel
wird: es niin auch nicht-. Alles ver
gehenö.
·- - ·
Das war eine verwünschte Nacht,
die ich durchgemacht habe. Die Tropfen
halfen nur siir einige Minuten. Dann
brachen die Schmerzen wied» mit sti
scher Gewalt aug. Jm Bett wälzte ich
mich von einer Seite auf die andere,
mit den Kissen spielte ich Fangball.
Tausend Gedanken durchschwirrten
mein Hirn, ohne daß ich einen einzigen
festhalten konnte. Das ist zum rasend
werden. ———
Dann heiße ich ’mal wieder die
Zähne fest aufeinander. Jetzt schlage
ich gegen die Wange, drücke das Kissen
trampfhaft gegen meinen Kopf, werfe.
die Decke von mir, ziehe sie wieder über
mich, richte mich auf, lege mich mit dem
Kopf nach unten.
Meine Frau ruft:
»Schlafe doch endlich ein. Das ist
ja nicht zum aughalten!«
»Ich halte es selbst nicht aug!«
»Ja, Du, Du hast doch wenigstens
noch Zahnschmerzen. Da ist das er
ilärlich.«
Jetzt bin ich zur Abwechselung aus
dem Bett herausgesprungen Und lause
in der Schlafstube herum.
Da abermals die Stimme meines
Weibes.
»Mann, geh doch ins Bett! So
wirft Du Dich doch nur noch erkalten.
Jch ginge morgen srh einfach zum
Zahnarzt.«
»Ach, wag verstehst Du davon?«
Alxerdingg Recht hat sie. Aber das
»zum Zahnarztlaufen ist so ’ne Sache.
Da tann man sieh ebenfalls foltern
lassen. Nek, machen wir nicht. Die
Schinereen miissen doch ’mal aufhören.
Es fragt sich halt, wer länger aushalt,
fie oder ichs
Aber esJ Hing nicht. Ich sehe cg ein.
Morgen mache ich kurzen Prozeß, mor
gen lasse ich mir den Zahn aug
sieben.
uno ais oo oer yeronche Entschluß
mir Linderung schaffen könnte, schließe
ich die Augen und schlase wirklich ein.
Indessen, der Tag graut noch nicht,
da bin ich schon wieder auf den
Beinen.
Die Schmerzen haben doch nicht
nachgelassen. Na, da hilft’"5 also
nicht. Nachher wird der Zahn an die
Lust befördert. Du hast mich lange
genug gequält.
Zwar erstens — zweitens — ach
was, nur keine Bange mehr. Abge
machti Jch gehe zum Zahnarzt.
III
Jch werde in’s Wartezimmer ge
führt, nachdem ich vor der Thüre noch
einmal an meinen Knopfen abgezählt
habe, ob ich nun wirklich soll oder
nicht, und letztere zu meinen Ungunsten
entschieden haben. Nächstens lasse ich
tnich nur noch aus gerade Knopfzahlen
ein.
Da sietzt noch eine Dame.
Ein Trost ist es, Leidenggenossen zu
haben. Und hiibsch ist sie, ei der Tau
send!
Mich beachtet sie gar nicht. ’ne Ge
meinheit, so was. Geschieht ganz
recht, das-, sie Zahnschinerzen hat.
Sie geht hinein zum Dentisten. Ich
vernehnie ihr Schreien, ihr Gejainnien
Sonderbar, meine Schmerzen sind
gar nicht ntehr so arg wie vorhin. Ich
glaube, sie lassen allinxihiich nach.
Eine Minute vergeht .....
Wahrhaftig, der Schmerz ist vorbei.
Lb das die Angst vor dem Aug
ziehen macht?«
»Ja, aber dann brauche ich meinen
Zahn ja auch gar nicht erst ziehen »du
lassen. Wozu mir noch unnöthine
Schmerzen bereiten? Jeh habe lange
genug gelitten.
Doch da toinint schon der Zal)narzt.
Jetzt, Frechheit, steh’ mir bei!
»Ach, Du hier?« tWir sind nämlich
gute Freunde-) »Du willst Dir auch
einen aZhn ziehen lassen? Und Du,
Nrnhsås« .
»Unfinn! der ich so gesunde Zahne
habe. Nein, ich kam gerade hier -nor
kei und wollte einmal sehen weshalb
hier — hier --- hier -« Juni Kuckuck
was sag« ich nur aleickiZ
Mein Freund lächelt boghaftg Na
warte, mein Lieber. Und ich ergänze:
»Und wollte mal hören, ob Du mir
nicht zehn Mart bis morgen öder übers
morgen leihen innnft.« «
Das Gesicht von ihm hättet Jhr da
sehen sollen
sa heißt, wenn ich nächstens- noch
rnnls solche Schmerzen habe, lasse ich
mir den Zahn ganz bestimmt heraus
ziehen isanz bestimnit!
Abqef
h W « v . —-J«. M«
« «.«:U-å--«l·WUMULFIIUUm« «ka « i »L-( .-.. Nichts Url m.:
Lamm Je nnln lusmmn
Bruan »Nun-nur Etx TUUU HÄ-; 1.! .u; ZU: k · WH«
sp— Ida-. «- -..-.-. ---..«—M
Itee tose- sie-its.
Man schreibt aus Paris: Ein jun
ger Mann hat hier vorige Woche eine
Possenscene ausgeführt, deren re
heit an die köstlichsten Gauner ret e
von Robert und Bertram erinnert.
Vor der Madeleinetirche, am Eingang
der Rue Royale, steht ein Polizeiw
aeant, um mit seinem Kommandostock
das Auf und Nieder des Magenha
tehrs zu regeln. Plötzlich bemerkt der,
daß eine der zahlreichen Medaillen,
die seine Brust zieren, fehlt. Er blickt
um sich; fein Auge sucht auf dem As
phalt der Straße. Vergebens, sie ist
und bleibt verschwunden. Aber er
darf die Zeit nicht mit dieser Privat
angelegenheit verlieren; sein Dienst
s heischt die volle Aufmerksamkeit auf
l das Wagengelvirr, damit tein Unheil
! entstehe. Beim Vorbeigehen stößt Je
mand an ihn an: das kommt oft vor,
so daß er nicht darauf achtet. Jm
nächsten Moment jedoch fühlt er, daß
leine zweizc Medaille von seiner Oel
.denbrust verschwunden ist. Jetzt hat
er die feste Ueberzeugung, daß es sich
nicht um einen Zufall handelt, son
dern um Diebstahl. Er beobachtet
schärfer die Leute um sich her. Vor
einem Cafe sieht er ein paar junge
Herren, die öfter nach ihm hinzu
blicten scheinen, einander zublinzeln
und lachen. »Die sind gewiß im Com
plott,« denkt er sich. Aber die Bewei
se? Er behält die beiden unauffällig
im Auge. Der eine steht auf, der an
dere bleibt sitzen. Der erste mischt sich
unter die Menae, und gleich darauf
fiihlt der Polizist wieder, daß ihn
Jkslltmd Allslößt Er hat aber aufge
pafzt und hält den jungen Mann, der
non) eben vor dem Cafe saß, fest am
Arm. Ter hatte gerade mit einer
Scheere die dritte Medaille von dem
liniiormroel des Beamten losgefchnit
ten. Auf dein Polizeibureau folgte die
’«-liifilärlink1. Der seltsame Dieb war
ein Herr der guten (5)·esellsct)aft, der
nach einein solennen Eisen, bei dem
man hon- tckmnsh«-..-- n...
--... -—.,-.«,»«J«H. kaute UUJIHJUJ7
rhen,mit zweiFreunden gewettet hatte,
er werde dein diensihabenden Polizi
sten dor der Madeleine nacheinander
jedes einzelne seiner acht Ehrenzeichen
von dr Brust abschneiden, ohne er
wischt zu werden. Er·hat die Wette
verloren und wird außerdem, voraus
sschtlich unter Anwendung der lex
Bei-innen eine Sühne an die Justiz zu
leiestn haben. Aber erstaunlich bleibt
es doch, daß ihm zweimal der lecke
Streich gelingen konnte. sWir rechnen
das der Wachsamleit des Polizisten
nicht als Tadel an, sondern als Lob.
Denn der brave Mann achtete so sorg
sam auf das Mag-angetriebe, daß er
um seine eigene Person zunächst sich
nicht liimmerte. Man muß nämlich
anerkennen, daß die FuhrwertsPolizei
an den Straßenübergänaen weitaus
den besten Theil des hiesigen öffentli
chen Dienstes darstellt. »Die Wette
der jungen Leute ist darum ein indi
rekteg Compliment für die Beamten
der hiesigen Verkehrspolizei.« So
müßte wenigstens der Vertheidiger
vliidirm
——-.·-,..-—
klicflcximL
Onkel: «Mertwiirdia, immer, trenn
mir mein lieber Reff-e sein schweres
Herz augschiittel, bin ich nachher leich
ter actrord-eu.«
Aus dcni Tancbunpcinca Studenten.
THE Marm, der dassv dumme Bezahlen
erdacht,
Ton l)iiti’ ich uns einen Kopf kürzer
act-meist
Ja dann!
»Wei.sh-:s"s hast Du denn noch nicht
tun (F-lfr«s.e"5 Hand angehalten — ihr
Teine Orte erklärt-«
»Sie hat mich ja noch nie zu Worte
iuuimcu iuIIrux
Alm.
Kommis: »Wir suchen seit einem
halben Jahr einen Zinsstrer!« —
eFreund: »Ich dächte, Leute sind genug
zu l)aben!« —-- Kommis: »Gewiß, aber
wir suchen den Fiassiret, der uns-mit
der Kasse dummes-sangen istl«
Der Schiedokichter.
(«F"al«el). Eine Biene und eine Amei- ·
se stritten sich darüber, ok- dag Bienen
voll oder dng Ameisenvoll fleißiger
sei. Da sie sich nicht einigen konnten,
wählten sie den Bären zum Schieds
rieliter. Der zerstörte erst das- Bienen
und dann das Ameisennest nnd gab
nach Vertilguna der ausgefunden-en
Vortiitle sein Urtheil dahin Ab, daß
beide Völker gleich fleißiq seien
ühtt.
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