Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 29, 1904, Zweiter Theil, Image 10

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    k
as Gesetz der Erde
Roman von
Anton Freiherrn von Prrsull
Es mußte so kommen! »Was du der
Erde aus der einen Seite nimmst,
mißt du ihr auf der anderen wieder
kobem um kein Haar läßt sie sich be
. «gen, und wenn sie sich ihre Sache
« selbst holen muß, nachher sputt’s,
Nachher kracht’s!«
Das war der bekannte Spruch des
alten Rohrbachers im eigenen Haus
nnd in der Gemeindesitzung, der er
volle fünfzig Jahre borgestanden.
Aber wie es mit den an sich besten
Sprüchen geht, sie werden gehört und
nicht beachtet, zuletzt nimmt ihnen die
Gewöhnung jede Wirkung. Kam in
diesem Fall noch dazu, daß der alte
Rohrbachet einen wenig erbaulichen
Gebrauch davon machte. Der Erde
gab er mitvollen Händen, das war
nicht zu leugnen, aber sonst auch nie
mand, und wenn er Hungers gestor
ben wäre vor seiner Thür. Er liebte
re mit der starren Liebe ein-es Geiz
alses, aber damit war auch sein gan
Ier Liebesvorrath erschöpft, fiir Weib
nnd Kinder blieb nichts übrig.
Als er dann endlich nach langem
Sträuben, von schwerem Siechthum
gnöthigt und der Aussicht auf neuen
runderwerb durch die wohlhabende
Schwie ertochter Verführt, seinem
Sohn ankratz den Rohrbacherhof
kbergeben hatte, da blieben die Früchte
seiner Lebensauffassung nicht aus.
Der Pankrah war in sörmlichem
s erwachsen gegen den Boden, der
und der Mutter, die der Kummer
Magst in das Grab gebra t, jede
Freude. iede Liebe gekostet. r kehrte
sen Spruch des Vaters ums-sie foll
wiedergeben, was sie mir geraubt. um
sein Haar lasse ich mich von ihr be
trii n ——und wenn sie es nicht gut
tot ig gibt, nachher soll sie sich hüten,
nachher fpult’s, nachher tracht’s!
Und es trachte auch, und zwar oben
im ochwald, an dessen fteilem Rücken
das orf sich lehnte, alles Rohrbacher
wald! Es trachte Yo lange, bis faft
sein Stamm mehr and, eine steile,
ewig drohende Fläche sich herabsentte.
- Und die übrigen thaten es ihm nach.
Es war, als ob sie sich freuten, dafz
der Sohn des alten Spruchmacherg
ihnen voranging. Und wie mit dem
Bald, so machten sie es mit allem.
Ueberall Raubbau in Feld, Wald und
Stall, die Bäche wurden ausgefifcht,
M Wild ausgerottet, unermüdlich
sußte die Erde geben, und nichts
kehrte zu ihr zurück.
Da war sie nun angebrochen, die
Nacht der Vergeltung, der Erfüllung
des GefeäeT von dem der alte Rohr
bacher ets gepredigt. Drei Tage
Degen in Strömen und ein Föhn,
der den Schnee nur so frißt oben auf
denBergem die ganze Erde gefchwellt
den thauenden Wassern, und dazu der
kahlgefchlagene Berg, dessen ausgewa
chene Schrunden und Risse zu toer
n Wasserfällen geworden — das
war zu viel!
Ganz Rohrbach erzitterte unter dem
furchtbaren Anprall der Fluch die
hemnmißlos gegen die Täufersiürzte
die stockfinftere Nacht me rte das Ent
Ketn Völlige Rathlosigteit trat ein.
indlichter, Fackeln erhellten da und
dort die Finfterniß, wirre, ordnungs
lpse Rufe gellten von allen Seiten in
den Donner des herabstürzenden Ge
steins und das Krachen des Holz
Mis.
Nur an einem Punkt schien allmäh
lich eine kräftige Mannesstimtne durch
ringen, von allen Seiten bewegten
die Lichter auf sie zu. Das war
wo der Robrbach, der eigentliche
BRAULA-s- Hsfs streift-Inn Ihn-I NUM
hindurchdrängte, dem Rohrhach
und dein sogenannten »Macht-II
an hätte es von Anfang wissen tön
uen, daß hier der kritische Punkt war,
aber in der kopslosen Aufregung und
tieinlichen Sorge für sein Eigenes
hatte niemand an wirksame Abhilfe
gedacht.
«Daher, Leuti Ja, sakra , was
täth ihr denn? Daher sag ich! Da
Das letzte «Daher« klang so zwin
gend, daß die Lichter sich rascher und
alle nach dem einen Puntt hin in Be
toe ung se ten. Es war aber auch
e Zeit. Die in dem ausgehöhlten
t des Rohrhachs eingezwängten
Zeiger hohen ich in Manneshöhe, ihr
r Gischt leuchtete durch die Nacht,
is wirren Wirbeln jäh austauchend
M ebenso rasch verschwindend, er
nen wetßgliinzende SägpriigeL
were Bäume, Wurzelwertz mitten
-: dein Chaos aber sah man eine
; Mantgestalh die mit einein langen
ten umstach, gegen die an
statt-enden assen sich stemmte, hier
seitensan Stämme löste, dort deni
Hätt-enden Element einen neuen Weg
» e. Das grelle Licht der Fackel,
Las sest aus den Mann fiel, hob seine
,Mlle Gestalt und ihre Bewegungen
jT des Märchenhastr. Das war der
f Lacher selbst, von dessen Anwesen
" Hechten bereits die Stallecke weg
- es. Das Hriiäen des Viehz.
nde Fragens und Männerstims
Weiten den grausisen Ein
, des Hohes-eher aber mühte
wer beweglich, die sichtlich keinen
e en Stand mehr fassen konnte: der
alte »Wachter«, ein Mann in die Sech
zig, der Nachbar des Rohrbachers und
nach Dorsbrauch sein größter Feindf
»Geh doch raus, Wachter! Bist ja
verrucktt Hin bist! Raus! Raus!" rie
fen die Antommenden.
Da tamen sie gut an beim Rohr
bacher: »Freilich, auf euch wartet er!
Halt nur aus, Wachter, ich erhalt’s
schon. Grad den Baum dreh« naust
»Hm-! Bravo! Aile miteinander hebit
Edu sie hin sammt deine Sechzig! —
Hurra, naus mit dem Teusl!«
« Der Nohrbacher hatte sichtlich einen
guten Griff gethan, die getiemmten
solzmassen wichen mit Poltern und
rachen; der Bach war frei, aber der
Gefährie war verschwunden!
Ein» allgemeiner Schrei erhob sich.
»Den Wachter hat’s mitgenommen!
Dort! Jetzt seh ich ihn —'«
Keiner zögerte mit der Hilfe, aber
der Rohrbacher ließ sich nicht zuvor
tommen. Bis über den Gürtel im
Wasser stehend, hatte er den Mann
gerade noch zu rechter Zeit erfaßt,
emporgehoben. Eine Madchenstimme
rief von drüben gell: »Vater.'« Eine
weibliche Gestalt stand händeringend
am Ufer.
»Fehlt sich nix mehr, Asra,« ries der
Rohrbacher uriici. «Dein Vater ist
auf meiner Heit’n, heut nimmt man’s
net so aenau.«
Der Wachter «im«Arm des Rohr
k----p h-- . - .·37-----k-I---k
kch noch eine zweite Gestalt, klein.
UUWII I sUUS III IU UUSIOUIWI IIIII
Anblick, daß man darüber die Noth
des Augenblicks vergaß.
»Was gasst ihr denn? Gibt’s sonst
nix zu thun?« herrschte sie der Rohr
bacher an und betrat mit feiner Last
den Hof.
Jn der Stube brannte Licht. Jm
ledernen Lehnstuhl sasz ein altes, glas
löpsiges Männchen, der alte Rohr
bacher. Er stützte beide Hände aus
einen Krückstock und schien mit einer
boshaften Neugierde aus den Lärm
draußen zu horchen. Als aber jeft der
Rohrbacher sich unter dem Thürp osten
bückte, seine lebende Last aus die Ofen
bank absetzte und das sahle Gesicht des
Wachters sichtbar wurde, derganz ver
stört in die Stube hereinblickte, da er
hob er sich mit Ausbietung aller seiner
jKräste und tappte einen Schritt vor.
iJetzt sah man erst, daß er seinem
iSohn an Größe nichts nachgab und
nur das Alter ihn gebeugt hatte.
»Meiner Seel, der Wachtersbnb!«
Er sprach nie anders von dem Sech
zigjährigem den er als Kind hatte
auswachsen sehen. »Schau, schau,
was der Rohrbach net alles zusam
menbringt! Der hats euch heut nacht
b’sorgt, wass« wandte er sich lachend
halb an seinen Sohn, der im Schrank
» nach trockenen Kleidern für den Wach
; ter tramte.
I »Laß das Geschwätz!« erwiderte
dieser in abweisendern Ton
l Der Alte hörte nicht daraus und
fuhr, zum Wachter gewendet, fort:
i »Na wenn das der Vater noch erlebt
Ibätte« .Das war halt ein Mann, ein
Wachter sür das ganze Dorf; und zu
sammengehalten haben wir wie Stahl
und Eisen, ich und er. Ja, das war
ein Mann und muß so elendig zu
Grunde gehen, erschlagen wie eine
Rahel«
»Da sagst du ein bißl zu viel,«
meinte der Wachter, der sich in der
Wärme des Osens sichtlich erholte,
»was ich weiß — aber dazu ist jeht
nicht Peit. Wenn der Panlrah nicht
« , äg ich unter den Steinen oder
gleich gar im See. Das war schön von
dir, Pantra i« Er erhob sich, trat,
immer n schwankend, aus- den
Robrbacher und bot ihm die hand:
»Ich dank dir.«
Der zögerte seltsam. »Ah was
nichts zu danken. Das ist ja doch»
isch werd dich doch nicht ersaufen las
ers-«
»Bist auch schon dagewesen,« be
gann wieder der geschtoa ige Alte ti
chernd, «toarum nicht! llerhand iit
schon dagewesen — aber zuviel wär ej
doch. Der Vater erschlagen, der Sohn
ersoffen — da könnt man wirklich
meinen. .« —
Jn diesem Augenblick itiirmte ein
Mädchen herein, die Röde triefend,
das dunkle ar verwirrt, athemloi,
erbitt; sie blickte in der Stube herum,
ohne in ihrer hast den Mann am
Osen Izu erblick en. «Wo habt ihr
mein ater bin’bracht?« Die Frage
klang doppelt barsch und drohend aus
diesem jungen Mund. Ich trau euch
net «
«Oho!« grinste der Alte und trat
dicht vor sie hin.
Dir erst recht net, " schrie ihm das
Mädchen in das Gesicht.
»Aber Asra —- Asra —" ließ sich
jest der Wachter boten, »Die kannst du
nur-wenn der Rohrbacher nicht toar
— danken mußt du ihm —- oom Tod
bat er mich errettet —ja, ei ist doch
Das Mädchen schien nichts weniger
ais sregdig berührt von dem Bescheid.
cie sich aus denVater, nachher wandte
sie N Im nach dein Dankbar-.
Mast dir gar net. sein« sagte
dieser lachend.
Das wiir gleich, wenn es wahr til
—«. Die ete ihrer Zitge wi ieit
einer iindli Verlegenheit. ann
that ich sr lich-dann dank ich dir.
balt tau endtnal.« Sie reichte mit
einer pl slichen Wärme dem Rohr-.
ba die hand. ’
r ergriff sie ohne weiteres la-.
chend. »Na also, Wildteufl kleinerlj
Jch hab schon g meint, du willst mich?
qbrausen darum —«
Lauter Tumult draußen verhinderte
jede weitere Aussprache Der Rohr
bacher riß rasch die Thiir auf, neues
Unheil besürchtend, da flog ihm etwas
förmlich in die Arme, prallte ab und
schlug auf den Boden. Es war ein
halbwüchsiger Junge, über und iiber
mit Lehm und Erde beschmutzt, trie-(
fend naß. Doch ehe man sich’s ver-i
sah, war er schon wieder aus den Bei- »
nen und drang, ein zusammengeiniipf
tes rothes Tuch schwingend, das sicht
lich etwas Schweres enthielt. auf einen
zweiten ein der ihm den Anschein
nach denlk Otoß gegeben und nun mit
qeballten Fäusten unter der Thür
stand· Schon waren sie sich wieder in
den Haaren, Und der Junge in der
Stube schwang das Tuch wie eine
Geblendet Der Rohrbacher iam ge
rade noch recht. den Arm zurückzu
halten.
»Werdet ihr ietzt Frieden geben!
Schämt ihr euch denn nicht? Rauer,
wenn alles drunter und drüber geht!
Was hat's-» denn gegeben, Alban?«
fragte er den mit dem rothen Tuch,
der noch immer eine drohende Stellung
etnnahm.
»G’ichlagen hat er mich, weil —
weil — ich der Refl g’holfen hab, wenn
sie snimmer herausiam —- wenn sie um
Hilf ruft« —
»Erlogen ists, Vater," rief jetzt der
Gegner, ein stämmiget Bursche von
etwa sechzehn Jahren, der den Rohr
bacher nicht verleugnen tonnte mit sei
nem welligen Blondtapf und seinen
gewaltthattgen Bewegungen. »Selber
hinausg’loctt hat er sie zum alten
Schacht, anstatt daß er das Vieh mit
ihr herunterg’holt hätt, wie ich ihm
ang’schafft hab’. Wenn ich ihn all’
weil rufen hör: »Da komm her, Resl,
schnellt Ter Schacht ist ausbrechen!
Ein ganzer Wasserfall! Und drinnen
glänzt es so, nachher hat sie freilich
g’schrieen. No, nachhet bin ich selber
’nauf nnd hab’ ihr heraushelfen wol
len-meine Schwester ist sie unb
nicht die seine. Gar nix geht sie ihn
an, den Daherg’laufenen!«
»Laß die Red, Anderl,« befahl der
Rohrbacher. »Ich will leinen Streit
und will nix mehr höre-U
DersAnderl sprach lein Wort mehr.
Er hatte Asra erblickt und verwanbte
tein Auge mehr von ihr. Die Afra
im han«-. Das war ein Wunder, das
ihn alles andere vergessen ließ.
»Wir ist denn nacher die Mle
»Da bin ich,« ließ sich eine thriinerp
volle Stimme vernehmen
Der Rohrbacher sah fest erst seine
Tochter, die sich im Turnu t völlig nn
bernerlt zu dem einzigen weiblichen
Wesen in der Stube, zu Afra, geflüch
tet hatte. Diese hatte den Arm um
ihren Nacken gelegt, das weinende,
triefende, nasse Mädchen förmlich un
ter ihren Schutz nehmend. Die Resl
bildete in ihren tinblich zarten For
men, die durch die zerfetzte Kleidung
blickten, in ihrer ängstlichen hingabe
einen auffallenden Gegensaf zu ber
resoluten, derben Als-tm die ich neben
ihr schon ganz frauenbait ausnahm
Der Rohrbacher stuhte sichtlich bei
diesem Anblick. Zuerst spielte er den
Lebensretter des Vaters, unb ieyt
hielten sich noch die beiden umschlun
gen. als giilte es eine alte Freund
schaft. Es mußte sich in ihm etwas
gewaltsam sträuben geen diesen Vor
gang. »Zu mir gehst r, Rele«
Sie wollte zögernd gehorchen, doch
Afra hielt sie fest. »Ich tu ihr ja
nichti.«
Der Rohrbacher brummte etwas,
bestand-aber nicht aus« seiner FZrdei
- ruug. »u« well use plagtle llll Kopf,
nur nix Rechtes! Was hibt ihr denn
z'tun g’habt beim Schacht?«
»Dein Ilekl seine Glocken hab ich
halt aehört oben, nacher hab ich den
All-an g’rufen« er soll rnit der Latern
kommen, und nach-r haben wir halt
oor lauter Schauen —- eine ganze
höhle hakt ausgerissen — tohlichwarz
und glänzend! Schau ’3 nur an mor- ;
gen, wirft selber schauen —« ;
»Da schau ich gar nicht lang. Das
werden halt Kohlen fein. Da weiß
man schon lang. d: braucht man dich
net dazu.« eOer Rohrbacher war nicht «
so ruhi bei der Erziihlung, wie er sichs
den Un chein gab.
»Glänzt hat’s, sagst du·i« fragte ieht
der Alte, der der Erzählung Reserls
begierig gelauschi. »Wirilich glänzti
Was hast denn · dem Tüchl,Albani«
wandte er- s an den Knaben. der
trohig im Winkel stand, das rothe
Tuch in der Hand.
«Steiner,«-’ erwiderte dieser barsch.
Aus seinem Antlit sprach ein finsterer
Tros, etwas Feindliches, das ihm jede
Jugend nahm«
»Von den glänzendeni Zeig ein
mal her!«
All-an legte das Bündel auf den
Tisch. Es gab einen harten Klang.
Der Alte neftelte das Tüchel auf.
wei wie Ebenholz glänzende Steine
len auf den Tisch. Der Alte mochte
bei ihrem Anblick eine heftige Bewe
gung, griff danach, wandte, drehte sie
am Licht. Die Bruchjlache war stahl
lati, und als er mit der zitternden
gar-d darkber wiss-M- blieb diese odi
W
sng mir net-ex nn- Semnek packte
starr Zerszridasz de P
en er, , an
tra« « fragte er
I er err iff Plönlich das Stück in
! der Vand s Alten nnd l leuderte es
mit einem Ruck an den oden, daß
ei unter die Bank ollertr. Der Alte
wandte sich und blickte ihn mit dem
höchsten Erstaunen an.
»Meine Ruh will ich Mit baden
hörst!« Der Rodrisacher schrie es ihm
erregt in das Gesi.l,«k «Steht da um
einander und railcht, als ob die Sonne
scheinen that. Raus! Alles nauz!«
Er stieß den Alten fort und wies sei
nem Sohn, der den Blick immer noch
starr auf Afra gerichtet, nimmer fah
und hörte, die Thür. Erst vor dem
Wachter und seiner Tochter machte er
Halt· Euch mein ich natürlich net,
ihr könnt bleiben. s«lange ihr wollt —
fiir heut -—·' letzte er hinzu.
Doch da kam er gut an. »hab keine
Angst,« erklärte dir Afra. »Komm,
Vater! Nochmals nssinen Dank! Wei
ter wirst wohl nix verlangen-«
»Wiißt nicht was, Afra« erklärte
der Rohrbacher.
»Und wenns Doch einmal wär,
Robrbacher —- nacher -—« meinte der
Wachter, »nacher nenn grad den Tag
« den 21. April haben wir, wenns
grad wär ——«
Afra ging und verließ mit dem Va
ter das Haus. Reterl ließ es sich nicht
nehmen, ihr noch einmal die Hand zu
drücken.
»Brav bist a»’weien, Afra,«und wenn
du mir noch einen G’fallen thun
willst,« flüsterte sie ihr zu, ,,sag dein
Anderl, er soll doch dem Alban feine
Ruh lassen, dem armen Menschen.
Wenn du’s ihm sanft, thut er’s.« «
»Ich wert-US ihm sagen, verlaß dich
damqu
Draußen im Hof stand der Andreas
und hob ihr eine Laterne entgegen.
»Daß dem Vater net wieder etwas
passirk.« meinte er. »Der Bach geht
alleweil noch hoch.«
Es war ein schönes Jiinglingö
antlid, das sie im grellen Schein der
Laterne sah. Das kurze, wellige Lo
ckenhar war in der Feuchte aufgegan
----- I-;-«- -- ---- I- this-I IsOD las-S
P« III-« Its-Its »O III-I Isr-:rss-«n·- Essa
Stirn, iider den derben, sinnlichen Liv
ven träuselte sich der erste Flaum.
Anders vergaß ganz das Voraus
leuchten, Asra mußte ihn erst daran
erinnern.
»Wenn du schon leucht’ willst,
leucht auch.«
»Wenn mir der Kopf ganz dumm
ist vor lauter — Jch hab ja grad ge
meint, ich bin ein-Narr vor Freud, wie
ich dich in der Stuben a’sehen —- die
Afra in unserer Stuben!«
»Und wie du sie zeigt hast, die
Freud' erwiderte das Mädchen spöt
tisch. »Daß du den armen Alban her
eing'worsen hast wie ein Büschel
Stroh. Das hat mir recht gut ge
sallen.«
»Weil ich ihn basi, den Menschen,
der nicht hereing’hört in’s haus und
doch der Erst ist biim Vater. Was
hat er denn? Was will er denn?« «
»Das ist dei’rn Vater sein Sach,«
meinte der Wachter. »
»Sei Wenn er seinen eigenen
Sohn urückseyt dagegen — ich will's
ihm s n ——« .
»Aber ich will, dasz du ihm seine
Ruh laßt, hörst mich, Anderl?'
Sie hatten eben vor, den Nothsteg
zu betreten, den man während der
Reit über den Rohrbach gelegt. An
derl wäre fast binuntergesallen, so
rasch wandte er sich. —
»Ich bitt dich drum. Hute tannst
du rnir doch was zulieb versprechen —
oder nicht?« setzte sie schon wieder her
aussordernd hinzu.
»Aber Asra, alles, alles, nicht grade
heut! Jesus, wenn der neue Steg
etwas bedeuten tbät, Asra!"
»Jeßt dant ich dir schöne, Anders,
jetzt geht es schon allein. Man wird
dich brauchen daheim,« bemertte aus
sallend rasch der Wachtrr.
Die Asra aber drückte ihm sest die
band. »Bei-in dich Gott, Anderlt
Noch ist es grad ein Nothsteg — wer
weis-, ob man nicht ein steinernes
Vriiael baut. das der Rohrbach nim
mer so leicht einreißt. Käm grad aus
den guten Willen an.«
,Afra, das steinerne Bruaei muß
deri« Er sah ihr tief in die Augen
und ergriff ihre hand, daß sie faft
aufgeschrien. »Und wenn der ganze
-Berg herunterkommt, soll er’s nicht
einreißen.«
.Afra!« rief sprnis der Vater, der
vorausgegangen.
Anderl ließ die Laterne fa,en.
Tiefe Nacht um sie her, da umfaßte
er das Mädchen und bedeckte ei mit
heißen Küssen.
Der Nobel-ach brüllte, warf seinen
jGifcht herauf, und das Brett zitterte
Hinter ihren Füßen.
) «Afra!« rief der Vater zum zwei
tenmal.
Da entriß iie sich feinen Armen
» nnd verschwand in der Jinsterniß
E Underl ließ die Laterne fallen.
gehabt hat er sie schon lange, aller
Feindschaft der Väter zum Troß.
Und warum denn nicht? Was liimi
niert denn sie die Feindschoit, von der
Te beide nicht einmal den Grund wis
eni —- —
Der tiefste Frieden herrschte wieder
in Rohrbach, das Rauschen der Bäche
klang immer dumpfer, der Regen
hatte aufgehört, der schönste Früh
jahrätag bereitete sich vor am lang
iam sich erhellenden Firmament, der
Morgenstern leuchtete.
Ja der Stube des Rohrbacherhofs
saß der Panlraß. Er war der einzige
Wache noch ins-Dank Der schwarze
Stein in feiner hand ließ ihn nicht
fchlasen. Es war eine alte Geschichte,
daß Kohle iim Revier war. Alte
Chroniten und ,Gemeindeaufzeichnuns
gen aus den lehten Dezennien spra
chen wiederholt von unternommenen
Schürfirngen, aber auch von ständigen
Mißerfolgen Die Kohle war nach
dem einen Bericht zu schlecht und zu
arm, um einen Gewinn zu versprechen,
nach dem andern handelte es sich um
ein sogenanntes verworfenes .Flöz«,
dessen Auffindung die größten
Schwierigkeiten bot.
Wenn sie alle miteinander nichts
verstanden hätten und er jetzt dazu be
rufen wär! Ein ganzes Bergwerk —
Millionen Zentner! Und der Rohr
bacher der Mann! Aber das Geld
dazu! Das Geld! Alles umsonst,
ohne Geld! Panlratz sprang jäh auf
bei dem Gedanken. Eine heftige in
nere Unruhe erfaßte ihn. Er mußte
es haben um jeden Preis! —- Um je
den? —- Nein, nur das nicht!
Er hielt sich die Ohren mit beiden
bänden zu, als wollte er irgend eine
Stimme betäuben, aber es gelang ihm
nicht. So bast du damals auch ge
sprochen vor zehn Jahren, wie der
Nachbar drüben schwer trank darnie
derlag, der alte Wachter, »wenn er
nur grad sterben tbät und meine
Schuldscheine mitniihine in die Ewig
leit, die in der schwarzen Truhe liegen
neben dein Bett, dann wäre ich frei
und tönnte mich rühren,« und der
Herrgot hat es gewollt, daß der Rich- »
tige deinen Wunsch nebört hat. Und
eines Morgens haben sie den Wachter ’
erschlagen gesunden. mit einer hacke
erschlagen! Und die schwarze Truhe
war leer! Und tein Mensch hat etwas .
von einem Verdacht wissen wollen«
Läuft ja viel schlechtes Bolt unrein-!
ander in den Bergen, aber der Abs-J
nermartl. ein llnnutz auf und nieder, s
den jedes Kind gekannt, ist von ders
Zeit verschwunden Nicht wahr, ;
Pantrasz, qenian von der Zeit an —i
und sein Bitt-erl, den Alban, den hast
du an Kindes Statt angenommen,"
nicht wahr, Pantrayi i
thu- m-k--c.--t...
es- n i
und trommelte an die Fensterfcheiben.J
um die Stimmen zu iibertäuhen. Al- :
les umsonst! Und gerade der Albaw
muß die Kohle bringen —- daö Glücks
vielleicht! Die Stimmen tamen nicht
zum Schweigen. Der Rohrbacher
kühlte sich die Stirn an der Fenster-»
scheide, die der Morgenthau schoni
neßtr. Da that er einen lauten Schrei.
Eine and legte sich auf auf seine
Schul er, der Großvater stand hinter!
ihm· Jn seiner weißen Nachtmü;e, die »
über den Kopf gezogen war, glich er»
wirtlich einem Gespenst. T
»Sei-fl, wie tannst du mich er«
schrecken!« ;
«Erfchrecten? Vor was denn? Pan
Lkreiß, einen Mann wie dicht Was;
i laßt dich denn nicht ruhen nach so ei- !
Iner Nachts Gelt, das Kohlenstuckl?«
IEr wies auf den Tisch. »
i »Mit deinen Kohlen!« eiserie der;
lNohrdacher, »wegen dem Bröckerl datj
iAls oh dr« nicht schon probirt hät
Iteft. Meinst du, ich heß da meine letz- »
Ltrn Graschen hinein? Da kennst michs
sschtechtt Jeßt bin ich herr auf dems
Boden, das vergiß net.« ;
, «Jch vergeß nix, Pantraß.« Der!
»Alle griff in seine rte und zog ein
s äusammengesatteteö oturnent hervor, ;
, as die Spuren häufiger Besichtigungl
» zeigte. :
; «Laß ihn nur« den Wisch!« bemerkte i
der Rohrbacher mit einer geringschätzi- z
en Bewe ung. »Wegen die fünfzehn :
Prozent bfindung meinst, wenn ich;
verlauf! Deswegen bin ich doch der.
herr.« ’
»Soweit die Erden reicht, bist du’s, »
da fehlt sich nir, aber weiter net, wei- 1
ter net, so einen halben Meter, wenns J
gut geht, weiter net. Da lies, da sieht's ?
schwarz auf wetß.'
Der Alte reichte Pantraß das Do
tunrent, die Ueberweisungöurtunde !
des hoss. Der Sohn las den Vorhe- «
halt,den der Vater tm Fall eines Ver-J
taufs machte. Wie konnte er das ganz !
übersehen und so wenig Werth darauf ;
gekegt «hatzent Ader da stand es deut
Ms seuqeuuustt ruu zum Ukllslch
trap: km stau, das auf dem Grund des
Pantrah Rohrbach irgend etn Mine
ral gesunden wird, Kohle, Kalt oder
Irgend ein nu bares Gestein, so ist es
u seiner Aus utnng des Nonsens des
Jakob Rohrbach unerläßlich, der in
diesem Fall als Theilhaber an Gewinn
und Verlust anzusehen ist.
Der Rohrbacher saszte sich rasch.
»Und du thötest den Nonsens gebeut«
»Ja, warum denn net —- das heißt,
tch thöte meine Ansprüche machen.
»Theilhaberschalt haltf —
»Schon —- und noch was — die
dauptfaeh —«» «
»Du o, da bin tch neugierig.«
»Was du der Erden unten nimmst,
das mußt du thr oben wiedergeben,
ausrauben taszt sie sich net, und wenn
ste es Intt Gewalt holen muß, nacher
trach« —- tennst in den Spruch. Den
verlansg ich, sonst gebe ich meinen Kon
sens net.«
Der Rohrbacher wurde ungeduldig.
»Aber was soll tch denn?« —
«Ganzfeinsach, unten nimmst du die
Kohl heraus, das-heißt doch, derCrd’n
was nehmen« was Chr g'hört —- alsot
Daslir rnuke doch wieder was herg
schasst wer n, sonst kommst du ja
aus den Bettet steht —- und wir da
su —«
»Aber betrn Tequ es wird in her
a’lchsfst, Geld wird hetg’schafft«« et
widerte der Rohrbacher.
»So meinst — Getdt Als ob das
alles wäre, als ob das einen Bestand
hättet —- Boden muß herg«lxhasst wer
D
W
den! Wald und Feld, ein Grase
muß er werden, der Rohrbacheæos
daß er ein Stolz ist weit und brett
Die Kohle verbrennt, das Geld ge
aus natz allen Seiten, der Grund un
Boden leibt und die Erdet
Der« Alte wuchs vor dein Rohrbass
cher bis an die Decke in feinem starren
Glauben an die Erde, mit der er is
rungen« lebenslang. So hatte er txt
noch me gesehen. ssirre alte. län -»
vergessene Ehrfurcht erwachte in i m.
und et schwieg. «
»Bei-stehst mich ietth Gehsi du fest
auf meine Forderungen etni Ich laß
net los davon. ( :
»Wenn’s so gemeint ift," erwiderte
der Rohrbacher ganz kleinmiitdig,
»warum soll ich net darauf eingehen?«·s
Mein Gott, es wird net so himg wer
den. Wart’s ab.« «
,,Als·o du gehst ein darauf. Was du
unten nimmst, giebft du oben zu auch
wenn ich nimmer leb. SchwörIN Der
Alte Lob den Schwurfinger in die Hö
skin starker Wille ließ ihn um
s ahre junger erscheinen
; »Meine Hand d’rauf! Das ist
f g’rade so viel." Er reichte dem Alten
die Hand. d
Der fiel wieder förmlich in sich zu
sammen und fchliirfte aqu der Stube.
»Daß dir nur nicht der Wachter zu
vortomnit mit dem Schürfrecht,«z
warnte er noch, »der hat andere Augen
g’macht auf das Rohlenstiickerl hin;
dem würde ich es schon gar nicht gond
nen mit seinem Hochmuth Also ge
fchworen haft, Panlrat32«
Kaum hatte er die Stube verlassen,
waren seine Schritte draußen verklun
gen, griff Pantroh nach seinem Hut
und Bergstort und schlich sich aus der
Stube.
Der Tag graute eben über den
schwarzen Höhen. Noch raufchten die
erregten Bäche, und da und dort trat
die Zerstörung hervor aus dem Dam
mer. Der Rohrbacher war dicht hin
ter seinem hof steil angestiegen, er
achtete nicht mehr des« auf eweichten
Lehmgrundes der vom Wa er aufge
risfenenGruben, eine wilde Haft hqkkc
ihn befallen; je naher an dem Zul
ivstn Mist-e ftiin feine Kurier-siebt- wah
rend begehrliche Bilder sein Gehirn
lreuzten. Als sich aber die Fichten auf
der Bergschneide rötheten und das
Licht herunterftiirxte, stand er vor dem
fteil abfallenden Graben. in dem de
sogenannte Schacht miindete.
Entsetzung folgt.)
Of-—s
Im geantwortet.
Aus Mainz wird geschrieben: Vor
1866 erhielt einmal der hiesige jiidifche
Ochsenmetzger X. von dem herzoglich
Naffauischen Amt in hochheim a.Main
eine Verlobung in irgendeiner unbe
deutenden Angelegenheit. Die Adresse
dieser Vorladung lautete: »An den
Judenmetzger X. Zu Menan Herr X.
besann sich nicht lange, sondern feste
sich hin und fchrieb etwa folgende Ant
wortt
»Dein herzoglichen Amt theile ich
mit, daß ich noch teineEudesgeschlnchs
tet, sondern nur mit Ochsen zu thun
habe. Will das löbliche Amt etwas
von mir, so möge mich der Herr her
zogliche Amtrnann — in Mainz he
suchen!« -
Ransstrelh
Schaut-law Der Bahnftei einer
kleinen weftdeutfchen Stadt. sp ie bei
den jugendlichen Hausdiener der ein
zigen Hotelg zur »Stadt Hamburg«
und zum »König von Portugal« har
ren des Personenzuges. Endlich braust
der Zug heran, ein Gefchiiftsreifender
entsteigt ihm und ruft »hotel König
1von Portugal«, aber fchon hat ihm der
Hausbiener des Conlurrenzhotels den
Reiseloffer abgenommen. Und nun
kentspinnt sich folgender Dialog:
Der Haugdiener vom Hotel zum
»,K«onig von Portugal": «Gid sofort
’den Koffer her-I«
Der andere: »nein, das thue ich
nicht-"
Der erstere: »Was, Du willft nichts
s( u dem Reifenden): Mein herr, wo
Jhn wollen SM«
; Der Reisende: »Juki Hotel zum Kö
s nig von Portugal«.
s Der hausdiener vom Dotel um
H»König von Portugal«: »Na, ehst
Du wohl? her mit dem Kossert« und—
als der andere sich noch weigert, wü
them-:
»Was, bist Du der König von Por
tugal oder bin ich es?!"
Zu viel vertan-h
Dieser Tage forderte ein Bauers
mann am Schulter »een Billet veerter
Klasse na Ossenbriigge«. Nachdem
ihm· das gewünschte Billett verabsolgt
war, fuhr er satt: »Un denn woll icl
ot sor teihn Penje in’n Buddel heb
ben!« nnd reichte dem Beamten eine
Schnapsslasche durchs Schaltersenster.
Nachdem er belehrt war, dasz man Ge
tränke am Schaltek nicht derabsotge,
meinte er: »Denn möt ict mi in Os
senbriigge eenen löpen!«
Jnlandsteuek - Kommissar Yertes
versichert, daß die Mondscheinlek aus
dem Ausstetbe - Etat stehen. Kann
man’s ihnen da verdenlen, wenn sie
sich selbst in Spiritus setzen?
i i o
Ob etwas wahr oder unwahr ist.
ist meistens nicht so wichtig, alk- odej
von der Welt dasiir gehalten wird.
s O i
Schrecklicher Gedante siir einen Pp
lititer, in dieser Hitze «lans-n« zu
müssen.