Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 15, 1904, Zweiter Theil, Image 12

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    ctne Rose.
v MO, skt Pariser Kommun
esse evuarv mischen
Graf vor. Freiannei hatte kein
" stand schließlich vom Spiel
. unt-»san« zu mir: «Kommen
Giv bischen in die frische Luft!«
gingen quer durch den großen
l al und nahmen auf der Ter
- la . Er tauchte eine Zigarre,l
so sa n wir lange nebeneinanderI
t
d in den Anblick des gewalti
eeres versunken. Während mei
knrzen Aufenthalte-Z in Monie
«rlo hatte mein guter Stern es so
Zofiigh das ich dem Grafen hier begeg
Ita Jn aris trafen wir uns selten.
Inst-ern sein Name bekannt war und
M guten Klang hatte, trotz seiner
Weichen Vergangenheit und seines
fIts Vermögens, machte er sich
nichts aus dem get-iuschvollen Getriebe f
, der Gesellschaft; er führte das Lebens
- eines einsamen J-1naaefellen. Er wars
Ungefähr fünfundfunfxig Jahre alt,’
« r groß, von -tadelloser Haltung, er«
( te ein-e kahle S:itn, ein träumeri
sches A e von etwas blassem Blau,
« dem häufig die Strahlen eines fast
I jugendlichen Froh-Tuns aufleuchteten,
J- und eine energifch aeschnittene Adler-«
nase. Er kleidete sich auf eine ganz per
smliche Art, elegant und oornebm zu
skeich und bot so den Typus des fran
zösischen Marine-Okfizierg. Er hatte
. vor itig seinen Abschied genommen,
fon wäre er sicher in die höchsten
Stellen gelangt. »
Wir saßen seine nanze Weile stumm, I
et rauchend, ich träumend »Und Sie
sehnen sich gar nicht nach ihm?« fragte
ich und wies dabei aufs dunkelblaue
- Meer, in das die schon tief stehende
— Sonn-e Furchen tson flüssigem Golde
»Hin und wieder —- ja! Und dann
bedauere ich, daß ich von ihm Abschied
nahm. Aber das kommt doch nur fel
Un den«f antwortete er. »Ich, ich habe
el einst so sehr geliebt. Als ich jung
war. schien mir der Gedanke, ich könn
te sern von ibm leben. einfach unan
uehmbar, rnit dem Alter schmacht sich
Alles ab. Alles erlischt, Alles vergebt.«
« Jn diesem Augenblick trat ein Blu
» Mädchen aus uns zu und bot uns
- von seinen Rosen an—von den lieblich
Ouftenden Rosen des Südens, die von
T Tannes bis Mentone der Küste des
- Mitelmeeres den Anschein freundli
: M Lächelns verleihen. Der Gras
kaufte eine; die er mahlte, war bellrosa
, seit dunklerer Färbung in der Mitte.
, St blickte sie an und sog in langem
W ihren Dust ein. Dann brach er
. Schweigen, das sich von Neuem
»p. aus uns gelegt hatte. »Ich habe doch
Unrecht, zu sagen, daß Alles veraebi
. . . . Es gibt Dinge, die nicht ver
zgehen, Erinnerungem die nie von uns
Seine Stimme war ganz verändert;
He klang ernst und iies, als komme sie
; M weit her.
g Aus Diskretion wagte ich es nicht,
ihn zu vertraulich-n Mittbeilungen zu
- drängen die unsere noch jungeFteund
schcst nicht gerechtfertigt hätte. Aber
M selbst fuhr er fort, nachdem er
M einmal fast slüsbernd dieselben
Sorte wiederholt hatte:
»Ja, es gibt Erinnerungen, die nie
Wehen und die über ein aanzesLeben
--seutscheiden. Da sehen Sie mich: ich
bin wie geschafer dazu, ein ausgezeich
Ieier Gotte und Familienvater zu sein
—und ich bin ein Einsarner und werde
es immer sein. Und warum? Sehen
Sie, wegen einer Rose, äbnlich so wie
« --dieje. Das isi eine sonderbare Ge
, Dichte
sp Jtn Jahre 1871, während der Kom
sinne, besehligte ich ein Bataillon
s BarineiJnsanierin rüde Jungens be
kanntlich, schlechte Köpfe häufig, aber
voll Muth undWidersiandsirasi. Nach
, dem Einmarsch der Truvpen in Paris,
nährend dieser Smreckenstaqe, von de
sich die heranwachsen-de- Genera
Kon nur eine schwache Vorneuuna ma
chen kam-» befanden wir uns-— eines Ta
, · ges in der Rue de Lille vor einer Bar
,ri!ade. Während andere Truvven sie
zu umgehen suchten, hatte ich den Be
Exil erhalten« von vorn anzugreifen
.ine Leute rüglten im Gänsemnrfch
, vor, auf den Trotts)ir5, die Mauern
der Häuser entlana, indem sie so am
besten dem Gewehrfeuer, das- scbr hef
war, zu entgehen hofften Jch ging
t meinen Offizieren in sr Mitte
Her Straße. Vortreffliche Meloe-fette
Ver-den Sie dienten, aber man muß
M ein gutes Beispiel neben, nicht
Jahr? Und die Vertheidiger der Bar
fgade zielten gut, und bald waren
its-ehren Kameraden gefallen.
Die Schritte meiner Soldaten wur
s immer langsamer, und auch an
; Zögern, die Thorwege zu ver
» , aus denen heraus sie auf die
rttcaden schaffen, merkte ich« daß
Schwanken durch ihre Reihen ging.
Jdkesen unseligen Straßenlömpfen
man auf All-s gefaßt sein, selbst
den tapfersien Truvpen Jch fühlte,
ich sie nicht mebr ganz in meiner
- hatte. Ich mußte den Dingen ge
azs eine Wendung geben, sonst
sicher eine Panik aus. Ich
meinen Säbel und schrie:
ris, Kinder, drauf mit dem
W richtig getauft-maßt Mei
dieselben, die während des
, - M Maus zwei volle Stun
tiefer M unter dem Kreuz
gebt preußicået Satierien aus
jdieen täne selber M nur
zu
einen-it Vogel von Geschossen besietchen
wur .
sum weiten Male lchwan ich inei
nen Sii l. and brullte: « wärt-,
zum Donnerwetterl BorwiirtsP
Nur sitns oder sechs Mann gehorch
ten mir, von denen, bie ganz in der
Nähe standen, unter dem direkten Cin
slusse meines Kommandos. Sie grup
pirten sich mir zu Seiten. Der use
Rest wich nicht vom geschühten lase.
Plötzlich össnete sich zu meiner Rech
ten die Thür eines Hauses und ich sah
ein großes junges Mädchen heraustre
ten, etwai, schmächtig, sehr lang ge
wachsen, sehr ruhig, unbedeckten Haup
tes und ganz schwar gekleidet. Das
Haar von einem ia rothen Blond,
das strahlt-e, blitzte und gleißte im
Licht der Sonne, brachte eine Nuance
weiblicher Schönheit in dieses tragische
und rauhe Straßenbild. Ein Lächeln
auf den Lippen, mit einem Gesichts
ausdruch als habe sie keine Ahnung
von der Gefahr« in die sie sich begab —
so kam sie aus mich zu mit leichtem,
fast schwebean Schritt. Sie reichte
mir eine Rose entgegen, eine einzige,
aber aufsallend große Rose mit löst
lichern Dust; dabei sagte sie nur:
,,Nehmen Sie, mein Herri«
Jch starrte sie an: wir alle starrten
sie an, ohne uns vom Platze zu rüh
ten.
Plötzlich ertönte eine Stimme; es
war die eines alten Bootsmannes:
»Bravo, Kind!«
Aug zehn, zwanzig. dreißig Kehlen
lamcs dann zugleich! »Ja! Bravo!
Bravo!«
Jetzt hieß es, den Moment zu be
nutzen, oder . . . .
Ich nahm die Rose, verbeuate mich
kurz, ich erhob sie dann wie ein Sie
geszeichenz »Nun aber vorwärts-Z Soll
ein Mädchen uns beschämen?«
Und sie strömtrn vorwärts, ich ver
sichere Sie! Keiner blieb zurück. Jn
einigen Minuten roar dieBarrilade ge
nommen. Jch hatte meine Soldaten
Motiven-Mammon
Jch stieg auf die rauchenden Trüm
s mer. Wie durch ein Wunder unversehrt
lbefand sich die Rose noch immer in
» meiner Hand; sie hatte nur wenige
i Blätter verloren. Aus der Straße, die
nun schweigend dalag und von Leichen
» bedeckt war. blickte ich umher nach der
lieblichen,Erscheinuna. Sie war ver
schwundenl
Schon wollte ich von der Barritade
herabsteigen und n- das haus treten,
aus dem sie gekommen war, um ihren
Namen zu erfragen und Etiundiguns
gen nach ihr einzuziehen. als ein Ad
iutant im Galopp angeritten tam und
mir den Beseht überhrachte, sofort ge
gen das Hotel de Ville iiber die Quais
zu marschiren· Ich mußte aehorchenl
Jch wars noch eine-i Blick auf die ver
lassene Straße, steckte die Rose in ein
Knopfloch meines Waffenrocies, sam
melte meim Mannschast und mar
schirte ad.
i s
Sobald es rnir möglich war, das
heißt, erst nach zwei Wochen, suchte ich
die Rue de Lille wieder aus. Das
Haus« aus dem ich das junge Mädchen
hatte treten sehen, war eine Pension.
Jch hielt Nachfrage: »ein junges, blon
des Mädchen, sehr aroß u. s. w.'-' Man ·
konnte mir teine bestimmte Auskunft
geben. Um das Mjizaeschick voll zu ma
chen, war der Besiner in die Assaire
der Kommune verwickelt und befand i
sich auf der Flucht. Das Personal war i
soeben erneuert worden« Eine einzige !
alte Dienerin war aeblieben, und an?
diese wandte ich mich. Sie iaate mir»
daß in der That während einiger Tage i
eine junge Dame in dem Hause loairt s
hätte, rnit ihrer Mutter. Aber ietzt sei
see schon abaereist. An ihren Namen
konnte die Frau fich nicht fnehr erin
nern. »Ich gab mir alle Mühe. mit Fra
gen etwas aus ihr herauszupressen,
allein sie konnte nicht mehr sagen.
»Bah,« dachte ich, »die Erde ist
klein. Ich werde fie bald gefunden ha
ben. Und wenn eh sie wirklich nicht
wiedersehen sollte, so werde ich sie bald
vergessen.«
Jn dieser zweiten Annahme täuschte
ich mich. War es nun die Kühnheit
ihrer That, war es der Eindruck ihrer
Erscheinung mit ihren reinen Linien
auf meine heftig erregte Seele, war es
die Dankbarkeit d7( ich ihr fchuldete,
die wir ihr schuldeten, ich und meine
Leute? Ich kanns nicht ertliiren. Ge
wiß ist, daß das Bild des heroifchen
Mädchens sich tief eingegraben hatte
in mein Herz und sich mit jedem Tage
tiefer eingruh
Woher iam sie? Warum befand
sie sieh in Paris trotz der Grau-il des
Büraeririeaes, trotz der Gefahren, die
ihr drohten? An ihrer Aussprache, an
der bezauberan Anmuth, mit der sie
die einfachen Worte sprach: «Nehmen
Sie, mein Herr-F hatte ich es sofort
gemerkt, daß sie eine Französin aus
gtztet Familie war. Nach dem Bürger
trieg trat ich meinen Dienst zur See
wieder an. Eine Fahrt nach Entbin
china, wohin ich das erste Mal kam,
nahm mein Interesse lebhaft in An
spruch und wirkte befreiend aus mein
Gedankenleben.
eh hatte etwa nicht meine »Rose:
No e« vergessen; so nannte ich jetzt gern
die junge Dame, indem ixin ihr die
Blume personifizirte, die in ihren
händen gehalten.
Bei meiner Rückkehr von dieser See
sahrt wollte eine meiner Tanten mich
ver irathen. Es gibt nichts Selbst
"ndlicheres, nicht mahri Ali sie
mich das er Mai in ihre Pläne ein
æeihtr. mir isg segrlickx Für wich
gab et ge ein frag-D Mädchen aus der
RAE-e eins-ZU sit der ichdie Ge
nie-WAGNE- ge
, » » ' --
s Akt-« W nis- sum-«
f
war »Nein Role«, wie ich he immer
und immer in Gedanken sak, MW
Ug, lächelnd, die teil-haft ge listige
Jan stau, wie man sie aus den Kir
Zen enstern sieht, mit der erbliilsien
ok sin der hand.
ie Einlamteit aus dem Meere· der
Ungeheure Raum um uns, das träu
merische, beschauliche Leben macht uns
Seeleute zu Sonderlingen. mGeiste
detra tete ich"niich als den erlodten
ter ». osa Rose«. Nichtsdestoweniger-—
ich muß es Jhnen gestehen-habend
auch für andere Frauen Interesse ge
faßt, hin und wieder sogar eine ernste
Neigung. Aber den Gedanken an eine
Heirath habe ich stets zurückgewiesen,
zur größten Verzweiflung meiner
armen Tante, die jedesmal, wenn ich
von einer Reise heimkehrte, mir eine
neue »Verle« vorschlug. Von Perle zu
Perle, von Jahr zu Jahr erreichte ich
die Vierzig, dann die fünfzig und
blieb einsam, immer ein am.«
Der Graf zündete sich seine Zigarre,
die ausgegangen war, von Neuem an
und schaute aufs Meer, mit leerem
Blick.
»Und haben Sie sie niemals wieder
gesean«
» -och!« sagte er leise.
Und als ob mein Schweigen eine
Frage wäre, begann er wieder zu spre
chen, das Haupt nach rechts gewendet,
Unbeweglich; eswar. als durchlebe er
einen schmerzlichen Traum.
»Ja, ich sah sie wieder . » ganz un
vermittelt, zwei Schritte von hier, in
Bein-lieu, in der Reserve de Beaulieu.
Ich war dort hingegangen, um zu
ftühstückem ich wollte einmal dem ge
sellschaftlichen Trubel von Monte
Carlo sern sein. Sie kennen dieReserve
de Beaulieu, das langgestreckte Glas
liaus und die Terrasse am Mach Jch
hatte mich an einen Seitentiich neben
dem Eingang gesetzt. Oh, alles das
ist meinem Geiste fo genau eingeprägt
Inn-Rhone ich Irr-in Jviibiiiick Nitsin
tatte erhob ich die Auqen. Da indem
gegenüberliegenden Winkel, dicht beim
Kantin, in dem ein Feuer brannte-—
tenn es war talt—— bemerkte ich zu
nächst den Rücken einer Dame mit
weißem Haar, dann, ihr gegenüber —
oh, ich habe nicht wenig Erschüttetum
gen und Gemüthsbewegungen durch
gemacht in meinem Leben, aber
diese —!
Ohne Zweifel die Jahre hatten ihre
Arbeit gethan Die zierliche Taille
hatte sich entwickelt, das slammende
Haupthaar hatte silbernen Glanz an
genommen, das Leuchten der Augen
und der Teint waren schwächer ge
worden —- aber das war »Rosa
Rase«, die ich dort vor mir sah!
Mein herz pochte hetsig. tausend
Gedanken durchlreuzten mein Gehirn.
Was thun? Welchen Entschluß fassen?
Nichts sagen? Wenn sie nur aus der
Durchreise in Beaulieu war, hieß das,
sie niemals wiedersehen! Mich ihr vor
stellen? Das wäre sehr dreist gewesen!
Und wenn ich mich getäuscht hätte?
Wenn es gar nicht meine »Rosa Rose«
wart Oh nein! Sie war es! Nur sie
konnte es sein! Und dann: war es nicht
tausend Mal besser, sür einen sonder
baren Kauz, siir einen Flegel gehalten
zu werden, als diese einzige und so
lange gesuchte Gelegenheit zu versäu
men?
Jch hielt nicht mehr an mich; in
einem Ansalle von Kühnheit zog ich
eine Karte aus meinem Porteseuille
und schrieb daraus mit zitternder
Hand: «Mai 1871, Rue de Lille.«
Dann ries ich einen Hoteldienen
»Bringen Sie das jener Dame!«
Jch zeigte sie ihm.
Jch sah. wie der Mann die Karte
-- - O- kl-45 I--0- s-- - 's- soc-O Eos-«
UUI klsl Saus swu ON so
gen, schwerfälligen Schritten durch den
Saal ging und fte übergab. Jn diesem
Augenblicke siand ich im Begriff, auf
zustehen und mich wie ein Dieb davon
zuschleichen.
Sie nahm die Karte und las fie.
Dann stieß sie ein »Ach« der Uesrrs
rafchung aug, die sie schnell nieder
lämpfte. Eine Blutwelle stieg in ihre
Wangen, ihr Blick traf den meiniaen
I . und so blieb-en wir einige Gelun
Fden unbeweglich, stumm Wir er
lebten zum zweiten Male die Vergan
genheit
, Jch erhob mich. Meine Kniee zitter
ten Jch trat zu ihr und verbeuqte
imich »Entfchuldigen Sie gnädige
Frau, daß ich es gewagt babe . . .«
l Mit bewegter Stimme sagte sie ein
Efach: »Oh, mein Herri«
i Dann stellte sie mich vor.
i WMama der Graf von Feriannes.
s der Kommandant der Matinesoldaten
in der Rue de Lille.
Die Mutter zeigte die gleicheUeber
rafchung wie die Tochter und auch sie
sagte nur:
»Ob« mein herrl«
Dann entspann sich eine Unterhal
tung, ängstlich, zunächst und zögernd,
über den Süden, Monte Carlo u. s.
w. iNach und nach verlor sie an Ba
nalitiit. Jch erfuhr, daß die Damen
in Rean wohnten. Sie waren nach
Paris gekommen, gleich nach Aufhe
bung der Belagerung, urn den Bruder
der Rqu Rose« zu sehen, welcher
Offtziet ver bretonischen Mobtlgarde
war, nnd krank darniederlaz infolge
der Unsteengungen bei page-L
Diese Krankheit zog sich in die singe,
and fee waren gezwungen während
des Korn-inne- Aufßandes tu Paris
bleiben Arn zweiten Tage nach
Juneen Darriladenstnrm waren sie mit
dein in der Many bäte rissenen jun
gen Man Mit it drei Jah
m M He gch des Sitdet Im
de- Seite-M ME- Isfek will-en,
die infolge grausamer schickst-le
schlägchm erschiitth war. —- hier gah’s
genwiler Schiner ein
Geheimnis das ich achtete. ch hat
unt dte Erlaubniß, die Damen in
Beaulieu wieder aussuchen zu dürfen,
und sie wurde mir voll Anmuth und
gern gewährt.
Was soll ich Jhnen sagen, mein
Lieber! Nach Verlauf weniger Tage
hatte sich ein traulicher Verkehr ge
staltet, ich iam fast alle Tage nach
Beaulieu, ich sriihsiiickte an ihrem
Tische. Dann folgten Plaudereien
im Angesichte des Meeres oder eine
Spaziersahrt im Wagen, wenn die
Luft rein und milde war. »Rosa
Rose« mußte in der That äußerst vor
sichtig sein. Die wachsende und he
unruhigende Sorgsamkeit, mit der
ihre Mutter sie umgab, hatte schon ge
nügt, mir den Ernst ihres Zustandes
zu beweisen; aher auch der allzu leb
haste Glanz ihrer Augen, die sliichtige
Röthe, die in ihre Wangen stieg, ei
was Mattes und doch Ausregendes in
ihrem Wesen überzeugten mich in be
trübender Weise, daß sie leidend sei.
Trotz einer gewissenVertraulichieit,
die jeden Tag zunahm, hatte ich es nie
gewagt, Nah-Rose nach den gering
ften Einzelheiten ihres Lebens zu sta
aen, noch auch ihr zu sagen, welchen
getvichtigen Einfluß sie aus die Ge
staltung des meinigen geübt hatte.
Eines Tages aber --—- wir saßen Beide
allein aus der Terrasie fand ich,
das; sie trauriaer und lraftloser war
als- sonft. Jhr Auge blickte unstat
und zerstreut in’s eintönige Blau des
Horizonts, in dem Möven mit gleich
mäßigem Fluge kreisten. Weicher
Sonnenstrahl umhüllte ung, ein jeder
Strahl schien eine Zärtlichkeit Kein
Windhauch. Eine triftallene Lust,
wie man sagt.
an die tiefe ctille hinein drang ein
sWUIIDIIIIIUIS VIIIHII UULO IDJII Oly
pen.
»Iiihlen Sie sich tränler?« fragte
ich.
»Ach nein; ich leide heute nicht
mehr als sonst . . . Und dann, wie
wenig haben körperliche Leiden zu
besagen!«
»Sie haben also viel gelitten . . .
auch in anderer Veziehuna?«
»Viel? Vielleicht das schlimmste der
Leiden . . . Ein ganzes Leben gehun
den zu sein an einen Menschen, den
man verachtet und der es verdient,
verachtet zu werden!«
»11nd warum haben Sie die Kette
nicht gesprengt, die Sie so schwer
drückte-P
»Meiner Tofter wegen!'«
»Sie haben eine Tochter?«
»Ja! Doch habe ich sie verloren-in
ihrem zwanzigsten Jahre. Jch habe
ihr Alles geopfert. Für sie, fiir ihre
Zukunft habe ich den Standal ver
meiden wollen, und vor den Augen
der Welt trat teine Veränderung ein.
Es war ein unnützesl Opfer, aher ich
bedauere es nicht: es war meine
Nflicht.« Und ganz leise, wie zu sich
selbst, und mit tiefer, aber fester
Stimme wiederholte sie: »Nein, ich
bedauere es nicht.«
Ein Bedürfniß, mehr zu erfahren.
drängte mich, und fast stotternd fragte
ich: «Nach . . . nach einem fo schmerz
lichen Verluste haben Sie Jhre Be
freiung durchgefetzt. die Sie auåEdeb
muth so lange hinausgeschohen hat
ten?«
»Wem hätte das Nutzen gebracht?
Jch hatte auf nichts mehr zu hoffen.
Und dann war die Zeit die-hingegan
sca, Ul( UUWIIWIchl, UITUIIWI Entlas
giltiger macht. Uebrigens der blinde
Tod«-der die Guten wie die Schlech
ten trifft —- hat nicht lange gezögert,
sie mir zu geben« diese Freiheit« aber
damals besaß ich nicht mehr die
Energie, sie zu wünschen . . . Ja
bald sinds fünf Jahre, daß ich Witt
we bin.«
Ein leiser Schrei tatn über meine
Lippen, unwilltiirlich.
»O mein Gott!'«
Die bleichen Wangen Pola-Moses
färbten sich. Jbt Körper machte eine
Bewegung, als wollte sie sich mir nä
bernz dann richtete sie erhabenen
Hauptes, rnit turzgehendein Atbem ei
nen durchdrinaenden, tragenden Blick
auf mich. Und nun sprach ich, saate
ihr Alles: den tiefen Eindruck, den
die Szene auf der Nue de Lille hinter
lassen, meine vergeblichen Versuche,
das tanin gesehene Mädchen wieder
ufinden, die Erinnerung, die ich
Zünfundzwanzig Jahre lang treu be
wahrt, meine, vielleicht unbewußte,
aber nie zu überwindende Abneigung
aegen jeden Gedanken an eine hei
ratb meine Gemüthserschiitiernng,
als ich sie in Beaulieu wiederiab —
den ganzen Roman meines Lebens er
zählte ich ihr.
Jch sprach: ich ivracb ohne Pause,
den Blick auf die Spitzen ihrerSchuhe
geheftet, die ein wenig unter dein
dunklen Kleide hervorlngten Sie nn
terbrach mich nicht. Nach nnd nach
war aus ihrer geipannten nnd fra
genden Haltung das Starke gewi
chen; lanaiam hatte sich »Ach-Rose«
in den Strohlessel sinken lassen nnd
hörte mir zu, unbeweglich. den Blick
zum horizan gerichtet.
Als ich zu Ende war, herrschte lan
ges. tiefes Schweigen Ich bedurfte
meines ganzen Muthes unt den Kon
zu erheben nnd ihr in’i Gesicht zu fe
hen«. Und was sab ich damit-Sie
Wut rinväch
OWka WUS
schier-h asjn Ieise punddn
ren heut die binnen Adern nur zu
r schimmerten und zärtlich und
voll Chrsurcht zog ich, ste an meine
Lippen.
Und sie antwortete mir dann, lieber
Freund, und was sie sagte. erschütterte
mein ganzes Wesen. Aus ihren Worten
sprach die Erregung, in die zugleich
durch Freude und Vrsweiflnna ibte
Seele versejt war. »Auch ich,« sagte
sie, »auch ich habe nicht vergessen ton
nen. Zwei Jahre wartete ich, ehe ich
mich entschlosz zu dieser Ebe. Und wie
osi seitdem habe ich Jhrer gedacht. —
Aber sehen Sie, es sollte so sein, ohne
Wseb Und dann: wären wir glück
lich geworden? Wer kann einstrhen
fiir menschliches Glück?! heute aber ift
Alles zu Ende!"
Jch wollte widersprechen, aber sie
wehrte es mit einer bittenden Bewe
gung. Wir schauten uns an. Wir sahen
unsere ergrauten Schläsen. wir sahen
die Linien aus unserer Stirn. die un
tilgbaren Spuren der Jahre-» Und
in unserer Erinnerung stieg empor das
Doppelbild des glänzenden Osfiziers
von ehemals und des eleganten, schlan
ien, jungen Mädchens, wie sie dastand
im Strahlenglanze der Sonne, eine
zitternde Rose in der Hand. ..
Ja, sie hatte Recht! Zu spät —- —
eS war zu spät! Und ale Freunde, als
wahrhaftige Freunde siir die Ewigkeit
reichten wir uns die Hand.
o e- ·
Lassen Sie mich zu End-e kommen
mit dieser traurigen Geschichte. In
kurzer Zeit machte das Leiden der
,,Rosas-Rose« reißende Fortschritte Ein
hartnäckiger Husten erschütterte ihre
Brust. Sie mußte die täglichen Spa
ziergänge aufgeben. Jhr Ende nahte.
Gott gab, das-, es ein sanftes war! Ei
nes Morgens erlosch sie bei Sonnen
snfksmm sci- lmtts Hebt-n man niiine
ihr Bett an’s Fenster rücken; sie wollte
das Meer sehen bis zum Ende.
Jch hatte es nicht vorausgesehem
daß das Ereigniß so schnell-eintreten
würde. Am Abend vorher hatte ich sie
verlassen, um nach Monte-Corlo zu
rückzukehren, wie ich es gewohnt war
Als ich am Vormittag tam, vernahm
ich die Nachricht Jch bat die Mutter
um die Erlaubniß, am Lager der Tod
ten ein Gebet zu sprechen. Die arme
Frau gestattete es nnd sagte unter
Thränen:
»Ach, wenn Sie es doch gewesen
wären!«
Nessus Rose hatte ihr Alles erzählt.
Oh dieses Gebet zu Füßen des Wei
bes die ich so lange geliebt hatte fast
ohne sie zu kennen, nach der ich mich
gesehnt hatte so lange Jahre, und die
ich dann —- ach. so turze Zeit nur s—
wiedersah! tLangeblieb ich ba, oertiest
in schmerzliche Betrachtungen: ich er
lebte im Geiste noch einmal die Ver
gangenheit und beweinte das Verhäng
niß, das aus einen Augenblick zwei
Wesen zusammeniiihrte um sie sogleich
zu trennen und fre erit wieder einander
nahe zu bringen« ais es zu spät war!
Am nächsten Tage trug der Eisen
bahnzug den Sarg nach der Bretagne.
Jch hatte Rosen hineingelegt. Sie wa
ren ja das Symbol unserer armen
Liebe; einen Augenblick erblüht, um
sogleich entbliittert zu werben!
Weiter nichts?
Mabel: »Es ist mir ganz einerlei,
was fiir einen Mann ich betornme."
Mutter: »Aber Mabel! Du setzest
mich in Erstaunen.«
W-c.-l. M--- -.- -..-. —-1.t. ..-h
——-s
«IUUSI- »Gllu ki- lluc ILIW ulIU
hübsch und liebenswürdig gegen mich
ist —- tveiier verlange ich gar nicht«
Die Matten
Fritzchenr »Weiß? Du, Ontei, zu
uns kommt alle Augenblicke ein Posi
beamter, der dann die Möbelstüete
stantirt!«
Uns-seh
»Den Bankier Meyer sieht man stets
mit seiner Frau zusammen im Auto
mobil.«
»Ja, die scheinen nur eins zu ha
ben."
Die innse Dunst-sen
«Anna, die Wütst’ sind mir beim
Braten etwas ausgeplayt.... meinen
Sie, daß ich das Heftpflaster Nran
lieben kanni«
Instinkt
Freund (zum Kaufmann): »Sage
mir nur« was das bedeutet, vor ver
Thür Deines Kontots liegt stets ein
Musiertosier?«
Kaufmann: »Das this ich absichtlich,
da denten immer die Reisenden« die
mich aufsuchen wollen, es sei ein ande
rer Reisender bei mir, und gehen wie
der fort.«
M set-en
herr: »Kann ich vielleicht Ihren
Herrn Gemahl speechn?«
Frau eines Philosophem «Bedaure,
et will fest nicht gestört sein, denn er
splittert soeben Gedanken.«
Dei-e Gefahr.
Tamrnhx »Wie ichmudia Deine Klei
der sind! Da wird Dich Deine Mut
ter prügelte, wenn Du heimkommsi.«
Visie: «e-kine Gefahr-. Sie hat erst
te von einem Dauiirer eine neue
eckfeife getauft nnd wird froh sein,
Nik- WW Its-at- He ev M
O
Jn der Straßenbahn.
Nach einein Erlebnis von Elsa Staarl.
Es saß in Strömen. Ein scharfer,
kalter Nordostwind durchschüttelte
und durchriitielte die wenigen Passans
ten der Straße und ließ sie bis ins
Mart erichauern Die Wagen der
elektrischen Bahnen waren überfällt. .
Jn einem Wagen der vom Norden
in das Jnnere der Stadt Berlin silb- »
renden Linie war gerade nur noch ein "
Sitzplay vorhanden, als ein altes, diirs
res Männchen im diinnen, ganz abge
tragenen Mantel denselben bestieg und
sich, erleichtert aufseufzend, auf den
steien Platz niederließ. Entsetzt zog die
neben ihm sibsnde Dame ihr elegantes
Tuchtleid näher zu sich heran, um es
nicht in Berührung mit seinen häßli
chen, nassen Mantel und seinen schmu
tzigen Stiefeln kommen zu lassen.
Dabei warf sie ihm einen Blick zu, als
wolle sie sagen: »Wie tann es nur
eine so greuliche Kreatur geben wie
dich! Und wenn du nun schon mal da
bist —- was brauchst du mit anständi
gen, sauberen Leuten in einem Wagen
zu fabren?-«
Der elegante junge Herr auf der an
deren Seite des alten Mannes riickte
ebenfalls, ohne den Blick von seiner
Zeitung zu erbeben, so weit wie mög
li chvon ihm ab.
Der alte Mann lümmerte sich nicht
um das Mißfallen, das er erregte; er
schien es nicht einmal zu bemerken.
Ganz in sich zusammengetauert, saß
er da. Das runzelige, elende, alte Ge
sicht mit den grauweißen Bartstopbeln
und den trüben, entzündeten Greisen
augen schien ganz in den alten Man
tel bineintriechen zu wollen. Die ab
gearbeiteten Hände mit den von der
. Nicht noanssonsn Sie-lenken III-Osts
ten sich wärmefuchend in den Aermelm
Ab und zu schauerte der Greis in sich
zusammen-er fror.
An der nächsten Haltestelle stieg eine
junge Frau ein, die ein kleines- Kind
auf dem Arm hatte, sorgsam in ihr
großes, grauwollenes Tuch eingeschla
gen, um es einigermaßen vor Wind
und Regen zu schützen. Sie sah abge
hetzt, miide und elend aus« und aus
dem Tuch beraus- drang ein iläglicher,
dellender Lasten. Sie wollte in den
Wagen eindringen, aber der Schaffner
hielt sie zurück: »Es ist lein Platz.«
»Ach Gott, und das Kind hat so den
huften.«
Die Dame im eleganten Tuchlleid
wendete sich empört an ihre Nachba
rin:
«Wirilich unerhört, bei dem Wetter
mit dem tranken Kinde herauszuge
hen.«
Der alte Mann stand schweigend,
auf und überließ der jungen Frau sei
nen Plan. Draußen stand er dann
fchauernd, vor Kälte zitternd, in fei
nem fadenscheinigen Mantel und ließ
sich Sturm und Regen ins alte Ge
sicht treiben. Er kannte das. —- Da
muß man heraus mit so einem elen
den, tranken Wurm, muß die Wo
chenarbeit abliefern oder auch zum
Armenarzt gehen —- oder was so ar
me Kreaturen sonst sitt Wege haben
dann bekommt man keinen Platz iis
Wagen —- steht draußen in Wind und
Wetter » und andern Tags ist das
Kind todt und kalt —- erstictt am
dKreuz-halten Ja, ja, et kennt das
"ganr genau, am eigenen Fleisch und
Blut hat eng erfahren —- einmal vor
langen, langen Jahren. Der alte
Mann wifcht sich mit der zitternden
hand iiber die Augen.
Da zupft ihn jemand leis am Arm.
Ein liebliches, verlegeneg Gesichtchen
sieht zu ihm herunter, und eine helle,
freundliche Stimme sagt:
»Bitte, setzen Sie sich auf meinen
Plan, ich möchte draußen jtehenl«
»Aber — aber —«
»Bitte, thun Sie es doch. Jch bin
jung und kräftig und wärmet ange
zogen alr- Sie.«
Eine kleine band im elgantn Gla
cehandschuh schiebt ihn janjt beiseite,
und wi im Traum schwankt der alte
Mann ins Innere des Wagens.
So was gibt es noch-sitt was Lie
bes, Gutes, Mitleidiges? Steht für
ihn draußen in Wind und Wetter —
das feine Fräulein, für ihn den alten,
elenden, verachteten Sta: armen. Der
Alte streicht lich wieder iiber die feuch
ten Augen. »Sie sind doch gut, die
Menschen, wenn man auch manchmal
alt wird, bevor man es herausbe
tommt.«
Drinnen im Wagen sind einig
Menschen, die können den alten Mann
und das junge Ding da draußen auf
dem Perron jetzt nicht rechi ansehen.
Aber die feine Dame im elegantes
Fuchtleid wendet jich an iihre Nachba
rin:
»Gott, wie auffällig von dem jungen
Dingtl Das toll nun to was heißen!«
W
stell-send
»Na-lich soll die Frau Müller in
etwas recht Arget angestellt haben't«
»Und ob! Unjer Kaifeetränzchen
wurde durch Eilboten zu einer Extra
sisung zufammenbernfen.«
Unter Schriftsteller-in
»Der Leitartitlee Bumbumstt
iclpeihrtittwe jich schon ganz ausgefchrieben
zu
»Ja, er lie t bereits in den lebten
Schwestern-'s