Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 03, 1904, Zweiter Theil, Image 14

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Goldene Blumen
crimin atl oanm chämpol
ssssssssssssssssssssssssssss
. (9. IortsesungJ ,
»sich Du soll nicht leer ausgehen.
Iet- Jungchen. öchte Dir ein utes
M Fahr beschieden seini« rie er,
disk-at in vie Arme schlief-un Aber
et schien noch nicht befriedigt zu sein.
Ist-ich bt Euch einen Kuß, alles
sitzt sich u heute.«
s war das zweiteMaL daß er Syl
tte in Vincenks Arme trieb, und zum
ten Male fah der junge Mann
feltfamen Augen fich in den seini
sn spiegeln, diese jeyt voll entfalteten
gldenen Blumen, die ihren Glanz bis
fein Innerstes zu werfen schienen.
»Der Firlefanz ift noch immer nicht i
su Ende, fuhr Edmund fort, »sie be- s
reiten neue Ueberraschungen vor. 4
Kommt schnell, damit wir die Gelegen- s
seit nicht wieder verpassen.« !
Er zog die beiden mit sich durch die ;
sich leerenden Räume nach dem Tanz- !
faul, wobei Vincent Eftelle am Arm !
eines Neapolitaners und Germaine in s
Begleitung eines Derwisches entdeckte. ;
Die beiden jun en Mädchen gehörten
Ei zu den ge eiertsten Damen des ;
ftes; die Herren umschwärmten sie,
nnd wäre die Würde einer Balltönigin
nicht außer Mode gewesen, so hätte
man die beiden sicherlich zu Ballköni- ;
ginnen erklärt.
Ein fröhliches «Profit Neujahr!«
aus Eftelle’s Mund traf im Vorüber
gehen Vincen« Ohr.
Die arme Kleine! Wie viele Jahre
mochten ihr noch beschieden fein? Und
was m te ihr und den andern hier
das so ubermiithig begonnene Jahr
bringeni
Reue Ausführungen und Tänze ver
cheuchten bald die trüben Gedanken.
ie aus lassene Stimmung der Gäste
steigerte ch und schien auch den jungen
rold anzustecken. Vergebens hatte er
·ne erregten Sinne zu beruhigen ver
ucht, ihm blieb nichts anderes übrig,
gg fich wie alle andern vom Strudel
stes mitteißen zu lassen. VI
R auseaehen dachte er längst nicht
sehr. Er tanzte wie der jüngste Lim
tenant; ob beimett oder blond, ob Kö
nigin oder Blumenmädchen, er wollte
es mit allenTiinzerinnen versuchen und
erproben, ob die eine oder andere im
Stande fei, die tiefen und so verschie
denen Eindrücke zu verwischen, die er
den feinen früheren Tänzerinnen er
halten hatte.
Doch nein — die kleine Schöferin
Indcarrnem diefe beiden allein füllten
eine Gedanken aug, sie allein suchte er
detail. ·
Cotillonl
Nun latn wieder etwas Ordnung in
das Gen-irr des Tanzvergnügen5, fo
das e r eine Möglichkeit vorhanden
Var, ekannte zu finden. Von weitem
entdeckte Vincent die düstere, stattliche
Gestalt der Officiergwittwe Jm glei
Mugendlick aber durchzuckte ihn ein
nunaenehrnes Gefühl, denn von Frau
Laneeloks schwarzem Kleide hob sich
stell ein gelbes a . Gleich zwei auf
ein amem Ocean fchwimmenden
iffitriimmern hatten sich Edmund
un die Officierswittwe schließlich am
elben Ufer zufammenaefnndem und
de entfchädtgten sich jetzt für das ih
nen auferlegte lange Schweigen, indem
He sich aufs lebhafteste unterhielten.
Eine Cotillonfiauc hatte Vincent
an’s andere Ende des großen Saales
geführt, und als er auf feinen Platz
uriicktehrte, bemerkte er, dafz Sylvie
neben Estelle gesetzt hatte, die aus
ruhte, und daß diese-wahrscheinlich
noch immer bestrebt, ihr der jungen
Frau an ethanes Unrecht gut zu ma
chen — ffch freundlich mit ihr unter
hielt. Allein sie sah müde und ange
griffen aus, und Vin-:ent's Unbehagen
wuchs.
Noch eine Cotillonsiguri War die
Phantasie des vortanzenden Artillerie
ficiers denn unerschöpflich? Eine
h·bsche Elsässerin steckte eine flattern
de Bandschleise an die schon überreich
kschrniickte Brust des Herolds. denn
such er war eine gefeierte Persönlich
leit geworden.
Noch ein stürmischer Galopp bis
erst Ende des roszen Raumes. Dann
aber gab es pldhlich einen Stillstand.
die Paare verwirrten sich, selbst der
Bortiinzer hatte seinen Platz verlassen.
»Was giebt es?« sragte man.
»O nichts, ein junges Mädchen ist
tu Ohnmacht esallen."
Von dnmp er Ahnung ergriffen
flirzte Vincent davor-«
Ja ja, sie war es. Bloß und unbe
weglich lag die arme kleine Prineessin
sen Lamballe in Gewicht-US Armen
Du reizende gepuderte deschen hing
satt ut Seite, und die noch vor tur
a lebhaften kleinen Füße hingen
nnthätig ans dem Boden. Liebiich Und
täshrend wie ein tadtes Vögelchen war
ans-schauen, und Vincent, der sich
; ’ Qtllsitblicktgo gälxechon irn Geiiæ
siege e , , nun er
, UT inÆrklichkeit vor sich sah, wie
kein Here schmerzlich zusammen
M
MMDMUU Gesicht schien
M ähnlichen dGePdagäes sättederzexik
W W zu rer -
-M Ekel-Osmia versicherte- .Ci its
L - If Eines, nur ein kleiner Ohn
Zchon W Eftelle die Angen.
.- «U ,« Mk HI
MIGCE Ins-FOR- SMWQ is
aller Eile ein Riechslöschchen herbei e
j bracht, und Roland ii nete das Fen
,und Sancho Pansa "hlte den Pult
»Alle diese, theilt der Geschichte theils
dem «Miirchen, dem Roman oder der
Einbildnnazkrast angehörenden Ge
stalten, die so plößlich in die Wirklich
leit zurückgerusen worden waren, bo
ten ein seltsames, zugleich lächerlichet
und schauerliches Bild. Vincent la
men die Anziige plöhlich abgeschmackt
und verblichen, die Gesichter übertisch
ig vor.
·Nach kurzer eit schon war Esielle
wieder hergestell . Ganz beschämt, die
allgemeine Aufmerksamkeit aus sich
gezo en zu haben, siammelte sie:
» ch weiß nicht was mit mir war.
Ganz plbylich kam es iiber mich. Zum
Glück ist es ebenso rasch wieder ver
gangen.«
»Fühlen Sie sich wirklich anz
wohl?« fragte Sylvie theilnehmen .
So ganz wohl mußte sich Esielle in
deß noch nicht fühlen, denn sie war
sehr blaß.
»Ich möchte nach Hause gehen,«
murmelte sie.
Vincent bot ihr den Arm, an den sie
sich wie Hülfe suchend anilammerte
und erst draußen, während Germaine
und Frau Lancelot sie in ihren Man
tel hüllten, begann sie wieder:
»Oh, wie dumm von mir! Ich habe
Euch alle erschreckt, und so ganz ohne
Grund, denn mein Unbehagen ist jetzt
vollständig vorüber. Jch möchte am
liebsten weitertanzen.« .
Ein Seuszer des Bedauerns beglei
tete ihre Worte, und nachdem Vincent
- sie in den rasch herbeigeholten Wagen
gehoben hatte, sagte sie:
»Lassen Sie sich nicht länger aus
halten, Herr Hau tmann, gehen Sie
rach wieder hinau .«
. »Nein, ich danie, gnädiaes Fräu
! ging auch für mich ist das Fest jetzt zu
; — n e.«
7 »Dann fahren Sie doch lieber leich
) mit uns nach hause.« schlua k rau
Lancelot vor; ihre gewöhnliche Festig
teit mangelte ihr an diesem Abend
änzlich, so daß ihr eine männliche
tütze nicht unerwiinscht zu sein
schien.
Vincent hatte den freien Plan neben
Germaine eingenommen. Jhm gegen
über lachte und plauderte Estelle mit
etwas fieberhaster Lustigkeit vom Ball.
von verschiedenen Masken nnd von be
sonders drolligen Austritten. Plötlich
Zerstammte sie, sie mochte wohl müde
ein«
Doch kurz bevor der Wagen hielt,
fragte sie, mit einem ihrer gewohnten
Gedankens rün e aus ein längst abge
thaned Ge prii zurücktommend, ganz
unvermittelt
rr auptmann, nicht wahr, in
der per armen kommt auch ein Os
ficier vorf«
»Za, gnädiges Fräulein, DonJose.«
» ichtig, und am Schluß. . . . · . da
wird der Ossieier erschossenl«
7.
Der milde südliche Winter hatte all
mählig seinem in diesem Länderstrich
ost stürmischeren und unsreundlicheren
Gesellen, dem Frühling, Plan gemacht,
der sich auch in Toulouse wie gewöhn
liez mit endlosen Regengüssen ein
sii rte.
Schwarz Und finster sahen die alten
Dächer in dem trüben Nebel aus, und
die von der Nässe geträntten Ziegel
jteinwände hatten ihren hübschen Ro
..L-..L-—4-- -:---s--«:LA MIA L-- III
scusutucuesu Leergang-oh »He »Hu »u
gestürn wilder Gebirgsbäche stürzte
sich lehnisarbene Fluthen durch die
Gassen der Straßen, und die ausge
regte, hoch angeschwollene Garonne
drohte aus ihren Ufern zu treten.
Draußen vor der Stadt waren die
Wege fast grundlos, sodaß die militä
rischen Uebu en nicht nur für die
Mannschast, ondern auch siir die
Pferde zu einer harten Ausgabe wur
den. Die armen Soldaten zitterten
vor Kälte in ihren durchniißten Klei
dern, und die Dfsiziere kehrten durch
aus nicht in bester Laune nach Hause
zurück.
Ob dieses häßliche Wetter wohl
schuld war an der Zurückgezogenheit
die Hauptmann Gerbault mit einem
Male an den T legtef
« habe zut un,« gab et als Ent
schu digung an·
Jn Wirklichkeit aber hatte er nie
mals weniger gearbeitet Hundenlang
konnte er hastig und r los, gleich
jemand, dem etwas Werthoolles ver
loren gegan nist, in seiner Wohnung
aus- und a ehen, ohne irn Stande zu
sein. eine Gedanken aus irgend eint
B chii tigung zu ammeln.
« es Etwas, as er an einein ge
wissen Ballabend verloren hattet und
durchaus nicht wiederfinden konnte·
das war nichts Geringeres als seine
Entschiedenheit und Thattrast. Nock
niemals in seinem Leben hatte er sich
so schwach und willenlos gefühlt, ali
in diesem Jetihli , er, der sonst tin
rner seinen Gran ähen und vernünf
tigen Anschauungen olgend, seit unt
zielbewußt seines Dege- gegangen
war. Die-mal wollte-n weder Ler
nunst noch Grundslihe Stand halten
AeEhhbesund sich tin Kampf mit der
Diese unvermeidliche Krantheit was
bei ihm nach anhtursee Intwtckelnq
mit voller t zum susdru elf
iommen neto Idends beimsnb is
einer getoi n kleinen fett-, war
er zum enmal osehr anbre
len wordenf das d n solchen II
so penhiiusig schon aus iibervollem her
mten Worte auch ihm beinahe
überge die Lippen geflossen waren: »Du
bist die Erwählte meines Herzens
Willst Du mein Leben mit mir thei-l
leni« Was aber hatte ihn abgehalten,
Zerse. beseligenden Worte auszuspre
n
Er wußte es sich selbst nicht zu er
klären. Eine ihm fremdeSchti
heit und Besangenhei i, die er Hi als
elende Fei heit empfand, hatte ei
ner bemö igt. Jn Germairre’s
leben, si am Anblick igrer frischen,
blonden chiinheit, an i ten sanften,
lornblumblauen Augen erfreuen von
ihrer klugen Stirne die Gedanken ab
lefen, in iårem freundlichen Lächeln
nach einem trahl von Liebe sorschen
——war das nicht schon ein Glücks
Warum sollte er es in der unsicheren
Hoffnung auf ein noch grögerec aufs
Spiel seßeni Je heißerer ermaineiö
Liebe ersehnte, desto mehr wuchsen
seine Zweifel an ihrer Zuneigung, und
lieber wollte er sich gedulden und einen
günstigen Augenblick abwarten, als sich
einer grausamen Enitäuschung aus
setzen. Aber die ersehnte Gelegenheit
lam nicht, und VincenW Zwei el und
innere Erregung wuchsen von a zu
Tag. Gedankenlos versah er
Dienst; sein Briefwechsel mit epage
stockte, und alles, was nicht mit Get
maine in Zusammenhang stand, alles,
was früher sein Leben ausgefüllt, wag
ihn noch vor kurzem interessiri hatte,
erschien ihm glei gültig und wie in
weite Ferne gerii t.
An Carmen, und daß es überhaupt
einmal eine gegeben hatte, dachte er
kaum mehr. Jedenfalls war sie fett
todt, verschwunden, ohne eine Spur zu
hinterlassen. Denn an jener Shlvie
Dulaurier, mit der Vincent in den ver
flossenen zehn Wochen den unumstößs
lichen Familiengesetzen zehnmal ge
speist hatte, war nicht das geringste
mehr von einer Carmen zu bemerken
Niemals iam sie auch nur mit einem
Worte aus das vertrauliche Gespräch
im Wintergarien zurück, niemals
machte sie eine Anspielung, die Vincent
an Carmen hätte erinnern konnen.
H
»U- UUII VIII ulcgclsllqlllcls OUUUII III
Festes. dem Blumendust und Cham
pa ner wohl nur flüchtig err te Ge
m· th der jungen Frau mußte ch un
spter dem Einflusse des Familienlebens
rasch wieder beruhigt haben. Vernunft
und Tugend gewannen wieder die
Oberhand; Shlvie hatte sich nicht nur
in ihr Schicksal eråeebem sondern ihm
anscheinend auch schmack abgewons
nen. Sie war wieder die wiirdige
Tochter Frau Mougin’s und Edmund
Fulauriekö ebenbürtige Lebensgesährg
in.
Das hatte Vincent Gerbauli ja nur
gewünscht, und doch —- seltsamer Wi
derspruch — bedauerte er es fest sast,
feine Wünsche so rasch erfüllt zu sehen.
Jdensalls war aber seine Theilnahme
siir sie erlo chen, seit sie ihm teine Be
sorgnisz me einslösztr.
»Ich tann mich wirklich nicht ent
schließen. heute wieder bei diesen lang
weiligen Leuten zu essen. Jch werde
den Burschen mit der Entschuldigung
hinschicken, daß ich Stubenarrest habe«,
sagte Vincent an einem der lesten Ta
e des Monat März gähnend zu sich
elbsi, an einein Sonntag, wo das
Wetter ebenso unfreundlich und zwei
selsiichtig war wie er selbst. Der Ne
gen ließ aber am Nachmittag doch we
nigstens nach, wenn auch der Garten
mit seinen triesenden Bäumen und
nassen Graswegen noch immer einen
trübseligen Eindruck machte. Weder
auf der Straße noch innerhalb des
Hauses ließ sich das geringste Geräusch
vernehmen.
»Was sie da unten wohl treiben
mögen?« dachte Vincent mit einem
Seufzer. Er hatte es nämli siir tlu
befunden, si eine legte Vrii uung au ·
zunng un vierzehn Tage lang aus
jedes iedersehen rnit Germaine zu
verzichten. Welche Wirkung mochte
diese Abwesenheit wohl haben? Ob
Germaine sich überhaupt Gedanken
darüber machtei
Während er so mehr denn se in
trübseliges Nachdenken versunken war,
hörte er plöhlich einen schweren Schritt
aus der Treppe und gleich daraus die
tiese Stimme Frau Laneelot’sv vor
seines Thüre:
»den hauptenann ist es erlaubt,
einen Augenblick einzutreten?«
karg erhob er sich.
» sehen ja ganz erhist ausl«
rief Ue gute Dame. »Ich habe Sie
gen-is in Ihrem Nachmittagischläschen
gestört?«
»O nein, durchaus nicht. «
»Sieh tauchen sich gar nicht zu ge
nieren, es einzugestehen. Das Mit
tagsschlafchen ist eine militiirische Oe
tv ohnheit, der auch ich huldige, und
Läg ig gute daraus verzichtet habe,
i te so mir nichts, dir nichts
bers,alle daz u. .« Frau Lancelot’s
entschiedenesz Gesicht verrieth eine ge
wisse Verlegenheit, «dazu bedurfte es
eines gewichtigen GrundeU vollendete
sie. »Ich habe Jhnen namlich etwas
mitzutheilen, herr hauptmanrn etwas
das die Mädchen n then sollen.
Deshalb bin ich herau gelernt-rein wah
rend sie niich bei meinem Schläschen
. vermuthenf
Schwer athrnend ließ sich aus ei
« nen Stuhl sinken, den i n anzubieten
Dei-Agit- noch nicht die Iaassung gesun
TR
cdie, wenn Frau Lauert-O seine Ie
danken errathend, kommen tosre tun
ihn dariiber zu aathas Ida-sollte
er i r antwortent
s handelte lichu mcitellecbes
gann sie. »Ist Ihnen nichts an thIauss
.Ausgesalleni . . . di«
»Nun, wegenhr ihr es Wundheitszui
standes natürlich; etg eht ihr niimi
gar nicht ut.«
Obwoh Vincent's Gedanken mit
ganz anderen Bermuthung en besag
tigi waren so berührte ihng diese
richt doch so ties, daß er. seinen ei nen
Seelenzustand vers end, voll le has
ter V luahrne ausre
Wsoi Was ibt fedi«
JSeit dem vean singe-ten Ball ist ihr
Besinden schl Arzt behaup
tet zwar, der habenichts damit
u thun, natürlichll weil er ihr den Be
iuch erlaubt hat. Jch habe aber woäel
bemerkt und auch Germaine, da
seither nicht mehr dieselbe ist der
ihr früherer Appetit, noch ihre alte
Heiterkeit sind zurückgekehrt, und ge
stern, nachdem wir sie endlich so weit
ebracht hatten, sich noch einmal unter
fuchen zu lassen, da. .da hat es sich
herausgeltellt, daß ihr Leiden schlim
mer gewordenist. . . « Die rauhe
Stimme drohte zu beklagen, und
scgtnerzlich verzog sich das derbe Ge
.Mir allein hai der Doktor die
Wahrheit gesagt«, fuhr sie, sich mith
fam fassend, sort. »Aber er hat mir
zugleich verboten, sie Germaine mitzu
t ilen, und ohne Germaine kann ich
diese Last, diese Verantwortung nicht
tragen» .ich weiß mir nicht zu hel
sen.«
Verschwuan war ihre militiirische
Würde, verschwunden das drrbeWeien,
hinter dem sie ihre Gefühle zu verber
en liebte Qualvolle Angst nur
Sprach aus ihren Zügen ein Anblick,
der auch ein härteres herz, als das
Vinceni’s, hätte rühren müssen
»Die ganze Nacht habe ich kein Auge
geschlossen Germaine darfst Du die
Gefahr nicht anvertrauen, sagte ich zu
mir. Du selbst bist eine dumme alte
Person, die aus keinen geicheiten Ge
danken kommt. Du muß Dir entschie
Nn bei irmnnd Noth nnd Mist-ruft bo
len. So dachte ich an Sie. Sie sind
zwar noch jung, aber das schadet
nichts, die Mend isi frischer als wir
Sie mirw s DGO 7R NJ NJ NJ
Alten! oso helfen Sie mir, rathen
Sie mir, was soll ich mit Esielle
thuni«
»Ich bin kein Arzt. Seine Sache ist
es, Anordnungen zu treffen«, bemerkte
Vincent. .
rgrau Laneelot preßte das Taschen
tu aus die Augen.
»Nun denn«, brachte sie unter
Schluchzen hervor, »der Arzt, der sagt,
es sei nicht mehr viel zu machen. . . .
nein . . . gar nichts nicht«
»Nichts entbri« Vincent erbebte.
War es möglich, daß dieses junge
Mädchen, dieses reisende. entzückende
Geschöpf. das mit seiner herzens iite
und Anmuth wie dazu gescha sen
schien, das Dasein anderer zu ver
schönern, ein so frühes, so grausame
Ende finden sollte?
Daß ihr Leben bedroht war, das
wußte Vincent wohl. Jn einem Jah
re, da mußte man vielleicht Schlimmes
befürchten. aber doch nicht jeht schon,
na dem sie noch vor weni en Tagen
in trahlender Jugendschön it so lu
itig getanzti
»Nein, nein«, widersprach er Frau
Lancelot heftig, »Sie übertreiben!«
Mit geschwollenen Augen und tbrii
neniibersirömtem Gesicht schütteteFrau
Lancelot jetzt rückhaltlos ihr Vers
aus«
Auch der zweite Lunaenfliiael ist
ange rissen; die Krankheit schreitet ste
tig gri. Weder Aerzte noch Arznei
mittel können mehr etwas helfen; ich
sange an, der armen Kleinen recht zu
geben! Aber vielleicht sind eben nur
unsere Aerzte und Arzneien nichts
nun, vielleicht gibt es andere, bessere. . .
es muß welche geben! Man kann doch
ein Mädchen in diesem Alter nicht ein
fach hinsterden lassen. Und da kam
mir wieder der Gedanke an Sie. Der
hauvtmanm sagte ich mir. kommt von
Paris, er liest die Zeitungen, er kennt
die neuesten Erfindungen, und udem
hat er einen Freund, der Arzt i und
ihm gewiß Aufschluß geben kann«
Wie ein Ertrinkender an einen
Strohhalm klammerte sich die arme
grau an diesen Hoffnungsskrahh und
incent hatte nicht nur n t den
Muth, ihn ihr zu rauben, son rn er
selbst hielt sich daran fest.
«;ia, gewiß, das ist ein guter Ge
dan ei heute noch werde ich an mei
nen Freund Leva schreit-ein«
»Ich danke nen, lieber herr
uptmann«, ries Frau Laneelvt voll
reudiger Zuversicht.
Vincent aber wurde, sobald er wie
der allein war, von See e, Mitleid
und Seidstvorwiirsen gequ it.
Arme kleine Eitellei Arme Ger
mainei Welche von beiden war mehr
zu beklagen? Wie hatte er iiber der
Liebe zur einen die-arme briiderliche
Zuneigung zur andern so ganz ni
anseten könneni Voll schwermiit iger
Gedanken trat er an's Fenster, in der
Hossaung eines der jungen Mädchen
zu entdecken — und kaum war er dort,
so wurde sein Wuns erfüllt.
»Da sind siei' ri er, freudig er
regt in die höhe fahrend.
Während Frau Laueelot'i Besuch
hatte die schüchterne« nne allmählig
Muth gefaßt und die olken verjagt,
den Himmel mit Blau überzagen und
die Pilasteriteine getrocknet. Ihren
Sies benshie Isielie eri, um mit
beim-traf enen Un m cermaink
in Freie su ziehen. Binsen
sah, wie die beiden eng nmschlun en
nach der Urt sunIrMiidchen durch
streusgan chrit n. sei i n war
die es stät iche Ineina chmiegen
ni i die Aen ng eines ansslacterw
den CIchiiriner schen Mühle-, sondern
der utdruck trenesterz innigster Berei
nigmtis und di e wahre, ansop de
reu scha t ri bei Vincent ni tnur
Man , ondern auch eine Art anl
ba i gewor. hatte er doch gerade
dadurch das Derz GermaineV erst so
recht tennen gelernt; denn nie ers ien
Be ihm reizender, als in der us
bu ihres sansten Beschiiheramies,
das o recht zeigte, welche vorireslkiche
Gattin und Mutter sie abgeben m sie
So übermächtig war bei ihrem n
blick die Sehnsucht nach ihrer Nähe,
daß er nicht länger zu widerstehen ver
mochte, sondern die Treppe inunter
eilte und gewissermaßen als ntschul
digung zu sich selbst sagte:
»Mag kommen, was da will, ich
wäre ja ein herzloser Wicht, wenn ich
mich nicht persönlich nach dem Besin
den der armen Kleinen erlundigie.«
Esielle war die ersie, die das Köpf
chen wandte und Lein Kommen bemerk
ie. Einen Augen licl schien es, als be
trachte sie ihn mit einer gewissen
Aengsiiichleii, sobald er aber in ihrer
Nähe war, sandsi e ihr gewohnies Lä
cheln und ihren ungezwungenen Ton
wieder.
»Na, Herr auptmann, sollten Sie
am Ende wie ch zur Familie der Ei
dechsen gehören, die sich nur bei Son
nenchein aus ihrer Behausung heraus
wagen? Seit vierzehn Tagen haben
wir uns mit keinem Blick gesehen! Ein
muthiger Soldat, und solche Angst vor
dem Regens«
tFortsetzung solgi.)
Kriegsgeschrei der Mode.
Trotz der siebethafien Thäiialeit des
Schiedsgerichts im Haag und troh
aller papiernen Protefte von Friedens
schwärmern und »Schwärmerinnen«
läßt sich kaum ein Jota an der be
dauerlichen Thatfache ändern, daß un
ser netter, kleiner Planet gegenwärtig
an llaen Enden von Kriegsgeschrei
wiederhallt. Wie tönnte ich ein Ein
gelner der tarnpfluftigen ndenz wi
erseheni Mit den Wölfen muß man
heulen, sagt das Sprichwort, das ir
gend ein Lebenstiinstler in einer glück
li Setunde prägte. heulen wir
al o mit! Daß die Mode diesen Rath
olgt, kann für Jemand, der die
er aunliche Anpassungsfähigkeit die
ser launischen Dame ein wenig zu be
urtheilen versteht, taum etwas Ber
wunderlicheg haben. Schließlich net t
sa die Mode von Natur aus dem fr -
schen« fröhlichen und —- erbitterten
Kriege weit mehr en als dern stillen
Zrieden Jm Nr che der Mode ist
ampf die ftete Losung. Heute en
mode, morgen todt«, so klingt das
Lied von senen Herrscherinnen in die
sem internationalen Reiche. Der
Einen Tod aber ist der Anderen Leben.
Bei allem Pech, das die armen Erd
wiihler traf, war es ein Glück fiir die
Maulwiirfe, daß ihr Pelz fo wenig
haltbar ist. Nur durch diesen Umstand
entgehen sie dem Schicksal, sang- und
tlanglos auggerottet und der Nachwelt
nur in wenigen ausgestopften Exem
plaren überliefert zu werden. Freilich
sind die Reihen der braven Wühler
durch die erbarmungslofen Lieferan
ten der Mode entsehlich gelichtet wor
den: saft edeni dritten wurde das Fell
iider die hren gezogen, damit es nach
mannigfachen Veredelungspro essen
die Schultern einer verwöhnten « chit
nen weich umschmiege. Nun ist die
Verfolgung, an der schließlich auch
noch die Frauenrechtlerinnen theilnah
men, glücklich vorüber. Zwar herrscht
noch Trauer in Trojas hallem die steh
in«diesern»Falle» unter der Erdoberj
-—.
»aus- quuscm uoscc fwou vkglllm uy
die Lebensluft wieder zu regen. Da tir
geht es jth den armen, kleinen Fohlen
an den Kragen. Jhrem Fell it das
herbe Mißgeschick widerfahren, modern
zu werden. Freilich steht keineswegs
u befürchten, daß das edle Voll der
ferde fein Leben bis zum lehten
Mann zum Wohle der Damen opfern
muß. Jch vermuthe, dasz die Mehr
zahl der Fehlen durch den nämlichen
mftand wie die Maulwurfe vor dem
drohenden Untergang gerettet wird.
bin Fgar davon überzeuizt
lz, elz, nichts als Pelz. . . . Wie
lann man nur immer wieder davon
sprechen, in diesen Tagen, wo »der
rühlinMchaut durch’s offene Fen
ter«s e Pelzmode hat sich eben
auch den Iriihli und den Sommer
erohert, während ie früher ausschließ
lich den Winter beherrf te. Diese Ge
fchmacksumwandlung ha sich aus dem
Lande der unbegrenzten Möglichkeiten
durch Vermittelung der lieben engli
schen Busen auch auf den altmodifchen
Kontinent ausgedehnt. Dieses Ur
fvrun szeu niß sei nur zur Befeiti
ung er einung angeführt, daß die
Lomnierliche Pel herrschaft nichts an
eres als der instinktive Ausdruck für
eine uns nahende, neue Eiszeit sei. Ob
freilich die Vereinigung von Strohhut
und Pelz mehr als originell, nämlich
auch ges ackvoll ift—die Antwort
auf diese rage sei vorläufig offen ge
lassenl
Bekanntlich —- mit diesem Wört
chen reitet rnan sich aus der Verlegen
heit, etwas leineswe s Bekanntes
nii r erläutern zu mii en —- hefteht
h fchen politischen Gefchehnifsen und
odeerscheinungen eine fehr enge, un
mittelbare Wechselwirkung. Eine lange
Ueilse von Vetspielen beweistf dak
bei unicht ein bloßer usall Wl
seine mmtistgteit
waltettm sderen
L riinden erscheintnt ekniidigsth k.
ie werden mir ohneei misel entgeg
nen, da site die enin che Mode der
Lpanis Schlafronp —- pardom
Kimono —- und fiir die französi
sche die binsxenblnun e gegenwärtig cha
ratieristi
.
ut, in diesem
stinnnarixchenei Urt ins lummeriwohif
ein Körnchen Wa r t, aber —- gan
soein ach titdie ache dennd
nicht! or allem sei ein sundamentalee
erthutn itthl berichtig t: es ibt nur
ene Mode, schlechthin die Mo Dass
in England derzeit der lofe iapani che
Kimono als elegantes häussli
wand an Boden gewinnt, das st ret
lich unmittelbar aus die engli chen
Sympathien stir dens liha uthem
lbhäutigen Bruder urazuf bren.
nders aber mit der ugenb use in
Frankreich! Zwar ist ein nklang an
diese einst vielgeliebte Form in man
chen Modellen wieder aufgetaucht, je
doch muß man ihm eine nur iure
Dauer prophezeien und dann — mi
den Kriegswiinschen der nation aliiae
sitr den ostlichen Verbiindeten hat er
absolut nichts zu schassen! Zudem er
stand der losen Blusenform ein recht
gefährlicher Gegner: die feste Taillr.
»La (ionna e mobile!« Der Herzog
von Mantua, der diexe Bravourarie
singt, war nicht umsont ein »eritilas
siger« Frauentenner. Auch heute nog
ist der Sinn der rauen veränderli
und veränderungg iichtig, wenn die
Damen auch in ungeborener Schlag
sertigieit —- ich bitte, diesen Ausdruck
nur bildlich zu nehmen — auch ent
gegnen könnten, daß die Meinung
vieler Herren der Schöpfung gleicht
salls der Veränderung nicht unzugän ·
lich sei. Man entwickelt sich eben stos
gemuth! Der Mode steht ein gewalt -
er Entlastungszeuge zur Seite:
üclert, der Dichter. Wenn Rückert
sein Gedicht mit den Worten schließt:
«Die im Jrrthum verharren, das sind
die Narren!«, so richtet er sich damit
meiner Ansicht nach gerader ausdrück
ILM — «—L -Äk!«
«
U III Ul( Wlllclllukls UUI sUlsWII III
asi, den Jrrthum der letzten Mode ab- «
zulegen und sich reuig zur allerneuesten
zu bekennen. Ganz im Vertrauen«
meine Damen: Wer von Jhnen möchte
sich wohl eine Närrin schelten lasseni
Eine echte Evastochter kann den Vor
wurf, sie sei treulos, verzeihen und ver
ssen. Für die Behauptung, sie tleide
frech unrnodern, aber würde sie sich rä
chen, vielleicht erst nach Jahr und Tag.
doch — sicher. Da ich nun keineswegs
das schreckliche Gespenst der albanesis
kchen Blutrache , sei es auch in gemä
igter Form, heraufbeschworen möch
te, so übe ich weise Galanterie und
stimme Ihnen, meine Damen zu, daß
Sie mit der neu erwachten Liebe zur
anliegenden Taille den gestri en Irrt
thum — nämlich die platoni che et
gung zur losåp Tracht — rotrigirt ha
ben. Als heoretiier lann ich mich
freilich der Erwä ung nicht verschlie
ßen, daß mit der aille. mit der sesten
selbstverständlich, die Reaktion egen
die vielerörterte Kleidun sre orm
einsehn Die Reaktion mu te kom
men. Schon deshalb, weil der We
sel das einzif Beständige ist, noch me r
aber, weil d e Resorm allerlei tattil
Fehler beging. Sie hatte das Mißge
chick, sich nicht an die Mode zu wen
den, sondern das Wohlwollen von Ge
lehrten, Malern und jenen Frauen zu
sidnen, die zwar über Geist, nicht aber
auch über eine intime Kenntni des
Frauencharatters verfügen. Die aler
entwarsen das neue Kleid in Hinsicht
aus seine tünstlerische Wirkung. Sie«
oergaßen, dasz die Frau teineswegs
den Ehr eiz hat, wie ein Bild aus u
sehen, se bst jene Damen nicht, die ch
entsprechend malen. Die Gelehrten
berücksichtigen nurden gesundheitlichen i.
Vllllloplllllh sollen lllllll Man cs
lauin übelnehmen, dasz sie nicht wuß
ten, wie gleichgültig der Frau der ge
iundheitiiche Werth einer Mode ,
wenn sie eben »Mode« ist. Die Frauen
siibrerinnen endlich stellten das Argu
ment ins Treffen, nur die Reform e
wandung sei der Frau würdig. Ager
die Frau will sich garnicht »wiirdig«
kleiden, sie will modern iein und gesal- Y
len; das ist eine Thatsache, von der-·
auch ein Dauerredner nichts mitzure- i
den vermag.
Man muß sich also mit der seiten
Taille abzufinden sucheni Jch tann
dies um so ruhiger thun, als jede von
Ihnen, meine Damen, mir aus meine
Anfrage dersichern würde, dasz sie sich
nicht« aber auch garnichtichniirr.
Mit der festen Taille zieht der Reis
rocl ein, das ist das ausgleichende
Formen esen. Nicht etwa die Krinm
:ine! ein, das ist ein gänzlich iiders
wundener Standpunkt Aber der
Reisrocl kommt, der gemäßigte Reva
rock. der sozusagen die mittlere Li
in der wandelbaren Rockmode darstell
Zum Schlusz noch eine kühne Thesk
die das Austauchen des Reifrocks au
der Versenkung recht gisubhsfk kk
Ukjkk Meine These lautet-»die von
regem kriegerischen thst kthllkt Zkikj
besiirdert die Ausbreitung des Nett
kocks. Beweise: Unterm zweit
nasse-reich in Frankreich hetkichte
mitten-w der Neisrock wurde tm Zci
alter des Sonnentsnigs getragen,
ebenso als in Spanien die Sonne
nicht unterging, was sie sett beian
lich zu thun pslegt. Ohne Z
tsnnten die-e erdrückenden then-nie
die Richtig eit meiner Theorie bis
raue Ultertbuni zurück vermehrt w
gen Wie es ch sur Zeit der Bela
tun von Te a damit verhielt, isi rn
inde en leider nicht bekannt.