Image provided by: University of Nebraska-Lincoln Libraries, Lincoln, NE
About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (April 29, 1904)
(4. Fortsetzung) «Erinneest Du Dich dieses Namens denn nicht mehr? Die Familie ist ja doch ans unserer Gegend!« rief Ed rnrcnd, dessen Anhänglichkeit an die en gere Heimath mindestens so stark war, wie feine verwandtschaftlichen Ge siihlr. «Besinne Dich doch: die Mon gins von Senrte, Verwandte von Ga lopin aus Cuiseauxx an die mußt Du - Dich doch noch erinnern? Der Aeltere, der spätere Bürgermeister, war ein Schwinger Herrn Mougin’s. Ja, ja, was die Familie anbelangt, da mache ich eine gute Partie. herr Mougin selbst ist ein sehr feiner-Mann, Pro fessor am hiesigen Ghmnafium. Als Landsleute haben wir uns natürlich bald gefunden nnd befreundet, ich ver kehrte viel bei den Mougins, und dort tam mir mit dem Zipperlein und dem hauserwerb allmählig der Gedanke an’s Heirathen. Jn ein eigenes Haus gebärt auch eine Frau. und es ist bes ser, man sucht sich eine aus, solange man seine äußeren Vorzüge noch nicht eingebüßt hat, sonst läuft man nur Gefahr, wegen seines Geldes geheim thet und binter’s Licht geführt zu werden . . . ha, so etwas sollte mit passireni Da habe ich denn zu Papa Mongin gesagt —- vielleicht hat er auch zuerst den Einfall gehabt, wir verstehen uns nämlich immer sama-Z wir sagten uns also: Die tleine Syl oie, das wäre die rechte! Es ist ein liebes, sanftes Mädchen, nicht gerade hübsch, aber doch ganz niedlich, und so haben Papa Mougin und ich uns denn .- -s II -.·F1·-—L . Uquc Ulcl Ulslslulsuk Ucciulsl, lUcc II VII uns zu Hause Sitte ist.« »Und was sagte die tleine Snlvie dazu?« Mit Gönnermiene antwortete der Vetter: aDas KleinchenL So nennen wir sie nämlich in der Familie. Nun, die ist natürlich glücklich. Ein junges Mädchen ist immer glücklich, wenn sich ihr Gelegenheit zum Heiratben bietet, und dann macht sie doch auch eine fa rnose Partie, besonders was das Ver mögen betrifft." Zum Glück hatte er wenigstens so viel AnstandsgefiibL nicht auch noch seine verschiedenen anderen Vorzüge anzuführen; statt dessen griss er viel mehr zu Vincent’s stiller Freude nach seinem Cylinder und sagte: »Weißt Du was, ich will Dich doch gleich meinen Verwandten vorstellen? Du hast sie gewiß vorhin gesehen?« »Die Familie, die mit Dir bei der Musik war?« fragte Vincent und-e dacht. »Ah, da haben wir’s, Du Spitz dubet Du hattest uns also gesehen!« tief Edmund mit neuem Mißtrauen. « Zhalb also tnisfst Du so eilig ansi« »Aus Zartgesühl nur.« »Ach was, Zartgefiihl, dessen be durfte es bei mir nicht. Jch war nicht wie Du mit Cur-schneiden beschäftigt Die beiden Damen waren zwei Fräu lein Mougin, die beiden älteren. Fa mose Mädchen, wenn auch nicht mehr so frisch wie Solvir. Kleinchen tann ich Dich noch nicht vorstellen; sie ist nach Diion gereist, um. ihren gelähm ten Großvater zu besuchen, da er nicht zur hochzeit kommen kann. Sie to..imt erst nächste Woche zurück, dann aber ist's hohe Zeit, denn ohne Bräutchen sann man doch nicht gut Hochzeit machen.« Lantes Lachen begleitete den Scherz. Dann versuchte Delaurier seinen Vet ter mit aller Gewalt zu überreden, doch ia mit ihm zum Essen zu den « i zu kommen. Erst als Bin cett te, daß er zu seinem Gene rak u i che geladen sei, beruhigte sich Ochs-im dgfite mußte-er ihm-aber veqpr essen, kyn km Laufe Ver Woche zu besuchen. »Um-Du bist mein Trauzeuge, ba bei bleibt«5! Also übermorgen in vier zehn Tagen« Nun endlich war der Vetter ver schwinde n. Weii öffnete der Hauptmann die Fenster seiner durchräuchekten Woh nung. giihnte, reckte sich, seufzte und dann mit großem Nachdruck zu selbst: «Beim Kuckuck, wenn ich MM wäre, ich käme nicht zur Mit erstaunliche-: Schnelligkeit hatte H Vincent Gerbnult in Toulouse an t nnd sich wie im Sturme die endet Südländer erobett. sent ee bei seinen Hausgenossinnen est-. se lxeß man sich durch ihn schon Gib-te e stören. Getmaine blieb bei FOR-s Mute-seien sißen Frau Lancelot »: Man ihrem langen schwatzen f sähen stricken, und die kleine s säheeplandeend weiten Bin Its-Its dabei is Mutbe als be -- , H wieder in dem trauten seiner Kindheit Rück E san iicb gegenseitig , · eäwpbeickkineent , Wette e e's ni ver , bonI-i mancherlei Unan - Kunststadt-tin ev -,.. der neuen Bekanntschaft seines Vetters erwachsen· De war zuerst vorn Besuche in der Villa Dulaurier zu berichten, welcher der Hauptmann den wenig achtungs vollen Namen .Zintpastete« beigelegt hatte, da das mit einem Zintdach ge deckte haus mit glänzend arauer Oel farbe angestrichen war. Arn Eingang befinden sich zwei guszeiserne Säulen, die man für dicke Dachtraufrobre hätte halten können, und das ganze Besitz thum la« in einer von Baupläyen er füllten traße der Vorstadt inmitten eines neuan elegten Garten, in dem außer hol pslöcken und Drähten noch nichts zu eben war und iiber den der Wind die Düfte einer nahen Stearin fabril trug. Besser vertreten als die s lora war dagegen die Fauna, denn inter Bretterverschlägen hausten be reits in«friedlicher Eintracht ein Esel, eine Ziege, Meerschweinchen Lautn chen und Hühner. Jn diesem Paradiese hatte Vincent außer dem Besitzer auch die Familie Mvugin angetroffen: den Vater Mau gin, das Bild eines vertnöcherten, un ermüdlich belehrenden Schalmeisters, die Frau, eine lange, dürre Erschei nung in fliegenden Gewändern, Jnit weinerlicher Stimme, balboffenem Munde und bochgezvgenen Augen brauen; ferner die beiden älteren Töch ter, von derselben Art. wie die Mutter, harmlose Wesen zwischen dreißig und vierzig Jahren, die sich mit Edmund neckten und wie dieser nichts höheres tannten als das kleine Nest, worin sie das Licht der Welt erblickt hatten. »Und Kleinchen?'« fragte Estelle i neugierig. f »Die habe ich nicht gesehen, sie war snoch verreist,'« antwortete der Haupt ; mann. »Erst am Hochzeitstage werde » ich das Glück haben, ihre Bekanntschaft » zu machen. Hu, wenn ich an den näch Isten Dienstag denke. und noch dazu, daß ich der Brautfiibrer von Fräulein - s--ssvvsss-vs-vvvs«s Fannrk der ältesten der älteren feinj i h--s«-I« i I I . H Eine Möglichkeit, dieser Hochzeit zu !entrinnen, gab es indesz nicht. Vincent ) Gerbault mußte ihr nicht nur anwoh l nen sondern ihr durch seine Anwesen heit auch den Hauptglanz verleihen ; Trotz aller steifen Zurückhaltung hatte der elegante Hauptmann gleich beim ersten Besuche die Herzen der Familie Mougin erobert, die nun in ihrer un bedingten Bewunderung tausend Ent schuldigungen siir alle seine kleinen Unterlassungsbergehen sand. Obwohl er auch am Festmorgen als Leyter im Ihochzeitlichen hause ankam, wurde er » dennoch mit ossenenArmen empfangen. - »Herr Hauptmann Gerbault, der !Vetter meines Schwiegersohnes. Unser Landsmann, Herr hauptmann Gerbault. Herr hauptmann Ger bault, Fannh’s Brautfiihrer,« so lau teten die schmeichelhaften Benennun gen, womit der sich nach linls und rechts berbeugende Hauptmann den fremden, sich aufmerksam ihm zuwen denden Personen dargestellt wurde. Hierauf nahm er, den Säbel zwischen den Beinen und das Käpi in der Hand, den ihm angewiesenen Platz ein, von dem Gedanten bedrückt, daß es erst els Uhr sei und er also noch vier bis fünf Stunden unter diesen Leuten aushalten müsse Das Wetter war abscheulich. Ein wolkenbruchartiger Regen schlug an die Scheiben, der das gegen Norden gelegene Zimmer noch dunkler machte und einen trüben Schein aus die er frorenen Gesichter wars. · Selbstverständlich gehörten die gochzeitsgiiste fast ausschließlich dem oulouser Lehrerlreise an. Da waren alte, seierliche tahltöpsige Professo ren, junge, von ihrer Würde bereits durchdrungene Lehrer und verschuchg terte Frauen, denen man es ansah, wie schwer sie an der Lösung der Aus gabe trugen, die Ansprüche ihrer Gat ten mit den ihnen zur Verfügung ge stellten kärglichen Mitteln in Einklang zu bringen. Eine Bauernhochzeit wäre mir lie ber, dachte Vincent, während er sich aus einen liebenswürdigen Sah be sonn, den er on sein Brautsräulein richten wollte, das, ebenso wie Adele Mougin in leuchtendes himmelblau gelleidet, voll Bewunderung zu ihm aussah. Da trat herr Mougin, der jeden der Gäste mit einigen verbindlichenWorten beehrte, zu Vincent, und sagte in feier lichem Tone: st »Wir sind nicht vom Wetter begün igt.« f Allerdings ,ollein wir wollen hof en. . . .« »Nein, nein, hoffen wir lieber nicht; der Lustdruck ist on unserer Küste im Zurichmen, und wenn diese athmosphä risehen Strömungen arn Golse von wrojcoqne entlang gezogen sind. . .« Diese metorologilehe Belehrung wurde durch Frau Mougin unterbro chen: ,Uber, mein lieber herr haupt rnomh» was für einen herrlichen Strauß von Orgagesbliithen haben Sie Shlvie chicktP r· sie voll Enin « nd such der r Faunyz beide sind wirklich es Mai Sie ber IN Dabei griff Frau Monaten die tret ihres gestrengen Aussehens ein weiches get hatte. VincenW beide Rude. a jedoch wußte sie bei ihrer Unge wandtheit und ihrem knapp bemessenen Verstande nicht mehr, was sie damit anfangen sollte, und so machte Ed mund'ö plöhliches Erscheinen der et was peinlich werdenden Lage zum Glück ein Ende. »Da bist Du ja, mein Jungchen!« ries Dulaurier, aus Vincent bestür zend. An einem Tage wie dem heuti gen geht’s ohne Kuß nicht ab. So ist« Sitte bei uns zu hause«, worauf unter den aufmerksamen Blicken der Ver sammlung diese leidenschaftliche Be grüßung vor sich ging. Dann zog er, einen abscheuiichen Ratschuligeruch um sich verbreitend, Vincent neben sich aus ein Sosa und fuhr sliisiernd fort: »Nun wirst Du sie gleich sehen. Der Brautstaat sieht ihr sama-Z. Wir tönnen uns übrigens alle sehen lassen. nicht wahr?" Dabei wars er einen beseiedigten Blick aus sein gestieltes weißes hemd, aus die himmelblauen Kleider seiner Schwägerinnen und besonders aus sei nen würdevoll aussehenden Schwieger vater. »Und Du erst! Du bist geradezu un widerstehlich in Deiner Galaunisorm Nach dem Gabelfrubituck wird getanzt, denn ich liebe lustige Hochzeiten Nach dem Tanzen kommt das Essen, und dann wird wieder das Tanzbein ge schwungen, solange Du willst, meinet wegen die ganze Nacht. Ich kümmert mich natürlich nicht darum. Gleich nach dem Essen empfehlen wir uns stillschweigend Aber weit fort gehen wir nicht. hochzeitsreisen sind mir ver haßt, man verschwendet nur Geld und Zeit in den Wirthshäusern und siihlt sich unbehaglich ohne seine gewohnten täglichen Beschäftigungen Tit Frauen gar werden durch ein solches Bunnnel leben nur verwöhnt: man muß sie mei ner Ansicht nach gleich von der ersten Stunde an so ziehen, tvie man sie has » ben will. Wir richten uns also gleich; in meinem Hause ein, morgen früh» füttern mir zusammen die Hühner,’ und Abends bringt Frieinchen mir die Pantoffeln.« Auch Ebrnund wurde seht unter brochern Eine leichte Bewegung ents stand, die Damen erhoben sich .die Her ren griffen wieder nach ihren Hitten Als letzte, gleichsam als Knalleffert, war die Braut erschienen: ein Bün del weißer Seide und TiilL das rasch vielleicht etwas zu rauschte. »Ich bitte, haltet sie nicht auf.«, rief Fräulein Mougin, die Jüngere; «es ist schon elf Uhr und höchste Zeit, zur Kirche zu gehen." Langsam bewegte sich nun der Brautzug die schmale ,dunlle Treppe hinunter, wobei Vincent sich alle Mühe geben mußte, seiner Vorgängerin, der Frau Gytnnasialdirector, nicht auf die Schleppe zu treten und sich mit seinem Säbel nicht in Fräulein Fannh’s hint melblaue Tiillschärpe zu versangen. Unten angelangt, bestieg man, unter dem Schutze einer Anzahl ausgespann ter Regenschirnte, die Wagen und fuhr bei strömendern Regen zur Kirche, vor der sich ebenfalls wieder ein Schutzbach bildete. Jn der Kirche selbst herrschte trübe Dämmeruna, welche die 5«ichter aus dem Altar des tiefen, dunuen Chores nicht zu erhellen vermochten. Der aus dreißig bis vierzig Personen bestehende Hochzeitsmarsch verlor sich fast in dem ungeheuren Schiff der Kirche. Mit Fräulein Fanny an der Seite hatte Vincent hinter dem Brautpaare Platz genommen. Es fiel ihm aus« wie wenig die Braut, die Hauptperson des Tages, seine Theilnahme erregte. Ehe er sie kannte, hatte er sich ein Bild von ihr gemacht, und dieses war, seit- s dem er sie flüchtig gesehen, nicht vor- l theilhaster geworden. Wohl hatte er vorhin bemerkt, daß sie nicht so auf fallend häßlich war, rvie ihre beiden älteren Schwestern, und auch nicht wie diese die lange, dürre Gestalt der j Mutter geerbt hatte. Sie toar im Ge- E gentheil klein« zart und dunkel und l · l rasch, vorüber: I l machte im übrigen einen unbedeuten- j den ,allta·glichen Eindruck. Kein äuße- j res Anzeichen, leine Bewegung verrieth ; irgend eine Celbstständige Empfindung; ; automatenhaft, in steifer Haltung er- ; hob und feste siesirh mit ihrem Ver lobten. und erst als ihr Mund das ent- « scheidende Ja ausgesprochen hatte. stieg Vincent ein Gefühl des Mitleids aus, das sich indess rasch wieder verfluch-: tigte. Wozu auch sie bemitleideni Willig nahm sie ihr Joch aus sich, folglich mußte sie wohl damit zufrieden sein. Endlich hatte die feierliche Hand lung ihr Ende erreicht. Arm in Arm schritt das junge Paar an der Spihe des Zuges durch den hohen Chor nach der Sakristei. Dort in dem engen Raume machte die Gesellschast einen weniger tritt-seligen Eindruck Eine Gruppe bildete sich um die junge Frau, von der Vincent bald nichts mehr sah; nur das Geräusch der von Schluchzen begleiteten Kiisse der Familie drang bis zu ihm. Als Erster nach den Damen trat der 3 würdevolle Ghmnasialdirector vor und drückte namens des ganzen Collegium einen seierlichen Kuß auf die Stirne der Braut. « »Wir ist denn Unser Meri« ries Eis-mund, stets darauf bedacht, die M seiner Familie Zu wahre-. . Die W theilt-s N- ms m I Hallen Mongine geschoben satt Bin-« cent ein zweites Mal in die Arme des noch immer start nach Gatschuli daf tenden gerührten Edrnnnd. d »Ach. mein Jungchen, wie wohl thut es Jemand von seiner Familie an’s Herz zu drücken.... Na, und nun tommt Kleinchen dran.« fuhr er sosvrt wieder lustig fort. »Ich erlaube es. Kinderchen, ihr seid ja ietzt Vetter und Base.« Dabei gab er Vincent einen Stoß nach der Seite, so daß dieser plötzlich dicht vor sich ein dlasseo, schmale-, von weißem Tüll umrahmies Gesicht fah. ,Liebe Cousine." Auch ihm wurde die Wange zum Kasse geboten, aus die er gleichgültig die Lippen drückte. - »Liebe Cousine!« Als habe ihn ein Schlag in’H Gc ficht getroffen so heftig fuhr Vincent zurück. Das schmale, sarb und aus druckslose Gesicht war verschwunden oder hatte sich wenigstens vollständig verwandelt. Jedenfalls schaute Vin cent nicht mehr aus die Miene-—nichtö weiter sahe er vor sich als zwei voll zu ibin aufgeschlagene Angen, zwei röth felhafte wundervolle Angen, zwei braune Sammtpupillen, aus derenY s Mitte — zwei goldene Blumen leuch ieten! IF Ist II ,,,Na Herr Hauptmann, wie verlies die Hochzeit?' Es war »ran Lancelots rauhe, » männliche Stimme, die sich aus dems nach dem Hofe gehenden Fenster ihres s Zalons vernehmen ließ. s Vincent wante sich um. f Die Hochzeit, stieß er hervor, »die«t Hochzeit. .ja, ja, die hat stattgefun den.« - III Irr-»Der Ihm-CI nor-Inkonsist- Ienäi davon zu erzählen«, ries Estelle, beten I Kapsel-en hinter der stattlichen Gestalt ihrer Pslegemutter austauchte. »Willst Du gleich weggehen«, ries Frau Lanclot erschrocken und mit Stirnrunzelm »Du wirst Dich ertiil ten.« Dann süate sie noch hinzu: Kommen Sie heraus, Herr Haupt mann, und erzählen Sie ihr von der Hochzeit, da Sie es ihr nnn doch ein mal versprochen hat-ein« »Gerl)ault ließ sich nicht vergebens bitten. Das slackernde Feuer im gro ßen Kantin, der Frieden dieser trau ten Häuslichleit, ja sogar das derbe Wohlwollen seiner Wirthin zogen ihn an diesem Tage ganz besonders an, weil er müde, abgesponnt und ver stimmt war. «Haben Sie von Jhrem Obersten eine Nase betommen?« fragte ihn Frau Lancelot gerade heraus, nachdem er sich aus seinen gewohnten Platz neben ihrem großen Lehnstuhl niedergelassen hatte. »O nein, gnädige Frau-« »Na, dann also vom General-« »Weder vom General, noch von sonst jemand . . . wie toinmen Sie da raus?« »Nun, weil Sie aussehen, als ob Sie Tinte geschluckt hätten. Sie sind sreilich gestern ein-as spät zu Bett ge tommen. aber ein Soldat sollte doch gegen solche Strapazen geseit sein-« »Gegen Strapazen bin ich es auch, gnädige Frau, nicht aber gegen den Aerger und Verdruß, den rnir diese Leute hereiten.« »Das ist ia aber die größte Un dankbarleit Leuten gegenüber, die Sie mit Aufmerksamkeiten überschütten, die entzückt von Jhnen sind, und Sie aufs sreundlichste einladen.« »Wollte Gott, Sie hätten mich nicht eingeladen!« ries Vincent mit so viel innerster Ueberzeugung, daß Frau Lancelot und Germaine in Lachen aus-brachen während Estelle, entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit, ganz ernst wurde. »Herr Hauptmann, Jhnen ist etwas Unangenehmes widersahren,« sagte sie plöslich in einem seltsamen Tone« der Vincent sosort stußig machte und des fon Binden-l cis- nmä sprichst-sit als er bemerkte, daß sie ganz blaß gewor den war. »Durchaus nicht, gnädiges Häu lein!« rief er deshalb besorgt. » s ift alles bei mir nur ein Anfall von schlechter Laune.« »Buch, doch, ich weiß gewiß, daß Ihnen etwas Unangenehmeg zuge oszen ift.'« Den Kopf schüttelnd, sah sie in die Gluth hinein, und ihr vom Flammen-: fchetn beleuchtetes Gesicht nahm einen völlig fremden Ausdruck an. »So, da haben tvir’s!« tief Frau Lancelot. «Passen Sie aus« jest wird sie uns gleich etwas vorhersagen. Sie müssen nämlich wissen, here audi mann. daß wir hier eine tleine ht sagerin haben.« »Nein fie nicht, liebe Tante,« legte sich Germaine in’g Mittel. »Sie trifft häufig das Richtige; manchmal freilich täuscht sie sich auch, wie zum Beispiel jeht Du hörst es fa, liebes herz, daß dem Herrn Hauptmann nicht das Geringste geschehen ist.'· Jn mütterlicher herzensangst hatte sich Germaine neben ihrer Freundin niedergelassen und fprach nun mit ihr wie mit einem Kinde, das man zu be ruhigen versucht. Dieser klare, talte Wintertag mußte dem Befinden der armen Kleinen nicht zutriiglich sein, denn sie zitterte vor Frost troh der Nöshe des Feuers und fah sehr müde au . »Ach« antwortete sie immer im gleichen, feltsam träumerischen Tone ;an Germaiwi eindringliche Rede, ’.,ei kann sehr ut etwas geschehen, was rnau im usang fiir gar nichts besonderes hält; oft wird man et erft ks « «.«.."i ka..«;s-,..s.-;-;x«« «;.«-;;;: »F U etwas u tofsen, ich hle es... eTriiäreierst Dich, damals vor Mamaf o .. .« »Ja, fa, das ist richtig,« warf Frau Lanrelot ein, die abergliiubisch war wie ein alter Seemann. »Nun Eftelle einmal davon angefangen hat, lassen Sie sich nur die Geschichte erzählen, s Herr Hauptmann« i »Ah-zu denn?" murmelte Gerinaine z unzufrieden ; Eftelle aber hatte das Köpfchen auf gerichtet und rief plötzlich lebhaft: «Dvch, doch, lass’ mich erzählen. Es wird mich nicht traurig machen; im Gegentheil, ich bin ganz in der Stim mung, von diesen Dingen zu reden . .. Run, Herr auptmann, es mag Jhnen thöricht ers einen, und doch ist es so: ich habe Ahnungen. und ich glaube daran, weil sie sich schon häufig be wahrheitet haben. Soweit ich zurück denten iann, war das der Fall. Hören Sie, was sich vor dem Tode meiner Mutter zugetragen hat. »Ich war noch nicht fünf Jahre ali und befand mich mit meiner Mutter zum Besuch bei meinen Großeltern auf dem Lande« Eines Nachmittags gegen vier Uhr verließ uns meine gute Mama, um zum Vater nach Samt-— Gaudens zurückzukehren Um sechs Uhr, während wir bei Tische sind, fällt plötzlich meine Puppe, die stets auf einem Stuhle neben mir saß, zu Boden, ohne das-, jemand sie berührt hatte. Jhr Kopf zerbricht auf dem mit Steinplatten belegten Boden des Speiseziminer5, und ich weine has-ter brechend. Meine armen Großeltern wußten schließlich gar nicht mehr, wie sie mich trösten sollten; denn auch das Eiersprecheih meine Puppe wieder ina Iscu ou susscll Uns IIIII IIII( IIIUI satt schenken, konnte mich nicht beruhigen. Plötzlich schreie ich: »Es ist nicht meine Puppe. es ist Mama!« Was ich damit sagen wallte. was siir ein seltsamerGes dante mir durch den Kopf ging, ich wußte es nicht. aber die ganze Nacht wiederholte ich dasselbe. Gortsetiung folgt.) -———-—---O— tte Gestaltung der Here-oh (Von Franz Seiner, Graz.) Das stesseltreiben aus die ausstön bischen Katfern hat nunmehr begon nen· Gouverneur Leutwein befolgt die nämliche Tattit, welche er einst ge genüber den aufständischen Withois angewandt und die durch die eigen artigen tüdafritanischen Verhältnisse geboten ist, nämlich den Feind aus den slachen Buschsteppen in ein Bergland zu drängen, dort festzuhalten und ein zuschließen. Es ist dasselbe Eintret sungssystem, das die lingliinder den Buren gegenüber befolgten. Aller dings hat es Leutwein diesmal bedeu tend leichter als im Witboitriege, denn während die berittenen Hottentotten ungemein schnell und ossensiv und in ihren Bewegungen nicht gehemmt wa ren, sind die Hereros durch ihre großen Rinderherdcn an gewisse Wege gebun den, welche von Wasserstelle zu Wasser stelle führen. sodaß die Operations linien der Iruppen genau bestimmt sind. Martirt wird das Eintreisungs- · gebiet durch die Linien Karibib:Wind: hut-GIbabis : Eputiro-Grootsontein OutjssOinaruru-Karibib, aus wel chem Terrain sich die Hauptmasse der Kassern befindet; außerhalb desselben, und zwar südlich der Bahnlinie, stehen bei Oruware (nächst Groß-Parmen) stafsern in beträchtlicher Zahl, gegen die separat vorgegangen werden muß. Ein Rückzug der Kassern lann nur nach Osten an den Nhamisee und nach Norden in das Ovamboland erfolgen; der östliche Weg ist durch die Besetzung von Gobahis und Eputiro bereits ge sperrt. dagegen ist der Weg nach Nor: den über den Waterberg offen, aber nur mehr siir die Waterbergherero mit Ali-II III nein-»Da nasses-nd ds- Hin-inv Rafsern mit Herden nicht mehr zu ent kommen vermöchten, da sie von den Truppen ereilt wiirden. Dagegen wäre es sur sämmtliche Katferm wenn sie ihr Vieh zurücklassen würden, eine Leichti leit, an den einzelnen Trup penabt ilungen vorbei in das Quant boland und an den Nyamisee zu ent lommen. Leutwein rechnet mit dem Größenmahn und- der Selbsttiber schätzung des Obertapitiinö Maharero, der sich rnit der hauptmasse seiner Leute in den Onjatibergen östlich von Windhut und nahe der Bahnlinie sestg gesetzt hat« sich dort scheinbar siir un bezwinglich hält und keine Ahnung Von der drohenden Gefahr besitzt, denn sonst hätte et sich lchvn längst mit sei nen herden und dem Raube an den Waterberg zurückgezogem da er doch weiß, daß er von den Deutschen teine Schonung und·leine Gnade zu erwar ten hat. Jn dem Einkreisungsgebiet sind vier große Katsernaotheilungem nämlich die Hereros des Distrittes Omaruru, die Waterberghereros, die Hereros des Obertapitäns und die Ovambandjeru unter Tjetjoux Wäh rend das Gras der Truppen in Wind hut und Qtahandja sich einstweilen zuwattend verhält, um die Kassern aus den nahen Bergen nicht zu ver lcheuchem hat Major von Glasenapp die östliche Nückzugslinie gesperrt und die Ovarnbandieru ziehen sich um den schwarzen Nofob und Omurambatspm kiro aufwärts aus die Onjaiiberge zurück. Ma«or von Estorss hat den Omarurulafzern bei der Wasserltelle Otjichinunata, 50 Kilometer ostlich gån kratzt-ru, ein; schtheikiezerlage a ,tvorau tei eo ni tt trag Sttdsosten Instit-zogen um eine Verbindung mit Maharero herzustel len, sondern kluger Weise nach Nord rsiien aus das Waterdergegebiet n retig tirten und bel den Eiio rgen sests senten. Daß e ans dieser vorzügli chen Stellung o leicht vertrieben wer den konnten, schreibt Major v. Estorsf ihrem Patronenmangel zu Jch bereiste gerade vor einem Jahre das gesammte EintreisunPgebieh bin daher Kenner desselben un spreche bei seiner Schilderuna ans eigener Wahr nehmung. Jm östlichen Hereroland, in welchem das Kesseltreiben stattfin det, sind zwei wasserreiche Gegenden. welche längere Zeit tausende von Rin dern tränken können, nämlich die Landschasi östlich und nördlich von Olahandja und das Land zwischen dem Omuramba Omatato und dem Waterberg; zwischen diesen beiden Ge genden liegt ein wasserarmeg Flach land, in welchem nur eine ganz be stimmteRinderzahl sich aushalten dart, um nicht das Wasser vorzeitig zu et schöpsen. Die Herden sind deshalb gewöhnlich während der zehnmonak lichen Trockenzeit auf der Wanderung, da sie, sobald eine Wasserstelle er schöpft ist, nach einer anderen getrieben werden müssen. Die Hereros sind so mit in zwei Hauptmassen geschieden, nnd es ist die Frage. ob Lentwein die Vaterberg und OmaruruHereroH nach Süden ans Maharero werfen oder beide Gruppen getrennt abthnn will. Bei der Stärke der Kaffern ist wobi letzteres anzunehmen Jn diesen« Falsc wird Maior von Estorif in Verbin dung mit Hauptmann Filiesoi die nördlichen Aasferm ohne sie zu sehr zu drängen, festhalten, während die Kompagnie Wintler den schwarzen Nosob aufwärts und die Ziolonne des Majors von Glasenapp liinas des-« I Omurainba Eputiro gegen die Onjati berge vorbringen wird. Ein Vorstoß der Trudpen von Otahandja und Kindheit aus nach Osten schließt den . ing. Es ist die ungünstigste Stellung, Welche sich Maharero aus-suchen konnt-, denn infolge der Nähe der Bahn ist er von der Haupttruppe schnell zu errei chen und letztere kann auch teicht mit Proviant und Munition veriorgt wer den. Die Lage der Kassern wird mit jedem Taste, der ihr Terrain verengert und damit auch die Zahl ihrer Wasser stellen und Weideplätze verringert, tri-: tiiehet. Sind auch die Ovambandjern in die anatiberge zurücgedränaL so sitzen daselbst Maharero nnd Tjetjoio wie in einer Mausefallr. Ich lenne die Onjatiberge ganz genau, da ich ihren westlichen Theil ini März v. J· mit dein Ochsenwagen durchfuhr nnd sie zwei Monate später von Otjihangwe am schwatzen Nosob bis Otiitueso am weißen Noiob in zweitiigigem Fuß rkiarsch ihrer Ganzen Breite nach durch amtie Die Onjatiberge bilden ein Massen gebirae, das sich in seiner Mitte über 8000 Meter erhebt und hier mächtige Bergeiieten mit ties eingeschnittenen Thalern bildet, während eg nach Nor. den und Osten in Kuppen und Kegeln zum flachen Sandselde abfällt und nach Süden in langen Hügeltiimmen bis an den weißen Nofob reicht, im Südwesten sindet es in den Ongea mabergen seine Fortietzunxn Das Bergland ist nur an seiner Peripherie so wasser- und weidereich, daß es sich zum Ausenthaite sur große Viehherden eignet, Trintwafser ist dagegen auch im Jnnern in den zahlreichen Oinu rainben reichlich vorhanden. Das östliche Gebiet ist wenig iupirt und überfichtliches Terrain, der ioeftliche Theil ist von wildem Buschlande be deckt, welches das Vordringen der Truppen sehr erschweren wird. Zahl reiche Kassernpfade, weiche zum Theile auch von Schnellfeuergeschiitzen und Gedirgztanonem die hier vorziigliehe Verwendunci finden werden, befahrbar find, durch-ziehen das Berglanln Dass ist das Terrain. aui dem sich in Milde cin blutiger Verzweiflunggianipf ab spielen wird. Der Pferde-, Ochsen: und Manlthiertransdort, der kürzlich auH Argentinien in Stoatopmund ein getroffen ist, tomnit der Schnelli leit der Truppenhewegungen tehr zu tat-« ten. Allerdings ist die Eintreifung von 2—-3000 ftreitbnren Kaffern mit 20—-30,000Weibern und Kindern und ihren enormen herden von Groß- und Kleinvieh teine Kleinigkeit, und un gemeine Vorsicht ist geboten, um sich vor unliebsomen Uebereaiehungen zu bewahren; jedenfalls dürfte aber bei den undiseiplinirten Schwarzen schon fingst Patronenrnangel eingetreten ein. Leichter wird dann die Niederweri fung der Hereros irn Vaterberg-Ge biet fein, wohl auch infolge der inzwi schen bei ihnen eingetretenen Rath losigleit und Demoraliiation. Nach den bisherigen Bewegungen des« Ma jors von Estorff ist zu schließen. daß er die Omarurulaffern längs des Omurarnba anatato gegen den Wa terberg treibt. Der Rückzug dieser Kaffern wird von Tag zu Tag schwie riger, da sie ihr Vieh in großen her den beisammenhalten written, um es besser vertheidigen zu tönnen, was aber die Wasserbefchaffung erschwert Dazu werden die Herden stets größer, da sie sich um das Vieh der passirten oder abseits liegenden Dörfer vermeh ren. Die Einichließunq wird sieh hier auf dee miser- und weidereichen Süd seite des Waterberges vollziehen. Al lerdings werden hunderte von Kastern ihr Vieh irn Stiche lassen und sich der Einichließung rechtzeitig durch die Flucht entziehe-, ailein der Gefahr eines Meinteiegei ifr rnit der Gefan Mchme der großen Massen vorge