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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (April 22, 1904)
---------------- -V MNWW sp« .-.-x.-«- A« --«-« goldene Blumen. Criminalroman von ChampoL N I »g- W z o (3. Fortsetzung) "- M habe Jhnen Germaine’s Ta lesie gerühmt und muß Jhnen nun steh zeigen, daß auch ich zu etwas lasse. Wenig genug ist es sreilich, denn Musik war von jeher das Ein w. «woiu ich ein bißchen Geschick Wieder erklang das Clavier unter ihren Zinserm und Gerbault staunte sowohl über die Auswahl des Stückes sie iiber die künstlerische Akt ihres Vortrages. Je länger sie spielte. desto W Kraft und Feuer entwickelte sie. · hingerissen von ihrer musikalischen seseisterung begann sie dann mit hel ler, kräftiger, unendlich wohllautender Stimme zu singen, mtt einer Leichtig Ieit, nli sei diese herrliche Kunst ihr ungeboren und nicht durch Uebung er worben. Man glaubte eine Nachtigall » hören, so klar und rein entquollen» rer zarten Kehle die glänzendstens Läuse und Triller. Sie selbst schien; hauptsächlich in dem Genuß. den sie; Inderen bereitete, ihr Vergnügen zui reden. Vincent aber wurde von die- l en Tönen derart eingenommen, daß er Deder an den Schaden dachte, den sich die Sängerin damit zuziehen konnte, noch Frau Lancelot’s unaushörliche Ibmahnungen beachtete, noch drei Uhr chlagen hörte. Da ries plöylich Oe ngstlich stehende Stimme: «Estelle, ich bitte Dich, singe nichtk Sosort verstummte die melodische Stimme und der Ossizier erwachte aus seiner selbstsüchtigen Begeisterung. Cermaine hatte den Schrei, der aus der Tiefe eines besorgten Mutteehep « -·—....-.- exz-- -..«--te-t. III IS IIIIUIIII just-tu un-3-7·-o-s« Germaine mußte ihre Arbeit jäh Unter-brechen haben; denn sie hielt noch eine Palette in der Hand. Die Be Iriißnng des Gaste-s erwidernd. trat sie rasch zu der Sängerin, und der Offi ier hörte, wie sich ein fanfteg Wange t hinter dem Clavier entspann. das, sit ihm schien, ein Kuß beendete. ranf kamen beide Mädchen zum nfcheim Eftelle mit feurigen Wan Gerntaine noch etwas blaß von Semüthsbeweaung «Gehen wir jetzt?« fragte Frau Lancelot. cermaine zögerte. »Es ist so kalt, liebe Taute. Wäre es nicht besser · . .« »Nicht ausgehen?« rief Estelle. »Dei nun Dotter zu Gefallen?" Dann fägte sie beinahe weinend hinzu: ißt Du, da will ich noch lieber « ben, als ein solches Leben führen.« Oertnsaine war erschrocken zufam Iengezuckt Vincent begann ihre Ge le und Sorgen zu verstehen, ohne sie ihn in’s Vertrauen gezogen hatte. Während sie sich dann entfernte, ins sich zum Ausgehen bereit zn ma chen, kam Esielle mit ihrer gewohnten Lähaftigteit auf ihr vorige-s Gespräch XI »so-traten Sie, ich will Ihnen Ger paine’i Malereien zeigen-« Sie zog ihn in’s Nebenzimrner vor einen rnit Cattons und Farben bela denen Tisch, und Vincent empfand die selbe angenehme Ueberraschung wie orhin, als Eftelle sich an’s Clavier ge t hatte. Leichte, graziöse Malereien soll künstlerischer Erfindungsgabe Hirn sich feinen erftaunten Blicken r. Das war kein geringfügiger Deidlichet Dilettantisnrus, fondern Utah-ins III- nvininonsä mie lenss ,.-..-- .- --.,...-..--, Und Fleiß ausgebildeieg Talent. »Sehen Sie nur dies . . . und die5!« kies Esielle voll Freude über den erziel ten Eindruck. Ils Getrnaine zurückkehrte fand sie site Wappen geleert, die Bilder in Un sednunq aus dem Tische und den Oauptmann in heller Begeisierung. »Ich spreche nämlich alg Sachver ;ändiget«, sagte er, um seiner Ansicht achdrucl zu verleihen. »Mein Vater war Maler, und ich bin in seinem Ate lier ausgewachsen. Gestatten Sie des halb, daß ich Jhnen sage: Sie sind eine echte Künstlerin.« »Das nicht, herr Hauptmann«, Motten sie bescheiden, »aber es ist eben mein handwerk. Seit mehreren Reis arbeiie ich für» die Firma e.« Ihr handwerk . . . Firma Bouasse! Maine schien nicht die Gewohnheit II haben, in’s Blaue hinein zu reden - III Vielleicht Estelle; was sie sagte, M wohl überlegt. Sie arbeitete also - IT liche Brod; sie war arrn und P- rlich auch. Beide ehörten e su jenen ehrenwerthen ädchen, Ies- M nicht aus leichtsetiige Weise III Its sacht, die man aber auch ge «M nicht heirathet, und denen III negatlizbesehäidenerize hochach W kenn na n ann. , M sihlte den Wunsch in sich, ein Freund zu werden« denn weit , «Mt, M dem so gesiitchteten Ge - - der Armuth die Flucht zu er J , war dasselbe im Gegentheil ists eine wohlbekannte und traute e hänsig hatte er ja dieses Ge Wdie Stafseiei seines Vaters um - M ihxs die schssisits Ich-M s-« W ten ei eben fehen. Wie oft hatte es ihn fel si zur Arbeit und Vernunft ermahnt und vom Abgrunde zurückge halten, in den reiche Kameraden hin abstürzten Auch bei seiner zweiten i Familie, der Armee. war ihm die mu fthig ertragene Armuth des von zahl reicher Familie umgebenen Officieri, der 'wieder und wieder feine abgeha gene Uniform bürsiet, im geheimen hunger leidet, sich aber dabei doch fei ne militärische haltung und feinen Stolz zu bewahren weiß, auf Schritt und Tritt begegnet. Vincent fühlte sich hier nun erft recht wohl und zu Haufe. «Gehen wir endlich?« wiederholte Frau Lancelot ungeduldig. «Die Ar tilleriemusit spielt heute; die beste un ferer Militärtapellen, die dürfen wir nicht versäumen. Kommen Sie mit, herr hauptmann?« Warum follte er nicht? «Mit dem größten Vergnügen,« antwortete er, ohne sich weiter bitten zu lassen. I s . »Ich hoffe, wir werden recht gute Nachbarn fein, Herr Hauptmann,« fa te Frau Lancelot unterwegs in beger Stimmung. Sie versicherte dem Officin, daß er im Gesicht eine ge wisse Aehnlichkeit mit Major Desprez habe, und daß Gang und Haltung sie an Major Lancelot etinnerten. Damit war sie bei ihrem alten Kummer ange langt. Nachdem sie dann ihr Herz ge nügend erleichtert hatte, fuhr sie, den beiden jungen Mädchen etwas Vor sprung lassend, fort: »Ich würde den Tod meiner beiden Gatten wohl schwerlich überlebt haben, wenn ich mich nicht noch so nothwen dig auf dieser harten Welt gefühlt hätte. Denn was würden die beiden armen Mädchen ohne mich anfangen? Germaine ist Waise, und Cstelle hat ein noch schlimmeres Loos getroffen: eine böse Stiefmutter, die selbst eine Schaar Kinder hat quälte die Arme mißgiinnte ihr den Bissen im Munde und verbitterte ihr das Leben aus jeg liche Art. während der Vater, ein un selbststiindiger Schwachlopf. schwei gend zusah. Er war Richter in Samt-Gauder fuhr sie voll Ver achtung fort. «Er war Richter! Ein Mann, der nicht einmal gut und böse von einander unterscheiden lann! Nachdem ich ihm zuerst gründlich mei ne Meinung gesagt, nahm ich das junge Ding ohne weiteres zu mir. Bald darauf wurde ihr Vater zum Gerichtspräsidenten in Ponchery er nannt, und er zog mit Sack und Pack ab, ohne auch nur den leisesten Wi derspruch gegen mein Vorgehen zu wagen.« Stolz hob Frau Lancelot das fe derngetrönte Haupt. Die Fortseyung ihrer Erzahlung aber mußte sie aui ein andermal verschieben, denn eben erreichte man unter den der Sachlage angepaßten Klängen eines Sieges marsches die Allee Lafayette. Um den von Uniformen und Blech instrumenten funkelnden Musilpavil lon fand Vincent eine fröhliche Men schenmenge geschaart, die sich lebhaft umhertrieb, denn die Toulouser sind alle große Musilfreunde. Sobald die Kapelle begann dämpfte das Publikum seine liirmende Unter-. haltung und wandte seine Aufmert t-—t-:4 L-..- »Ist-« sUcIchls ULUI OCUUI su »Frierst Du nicht, Estelle?« »O nein, gar nicht« Diese wahrhaft miitterliche Fürsor-. ge eines jungen Mädchens stir« eine sast ! gleichalterige Gefährtin war so rüh-z rend, wie die liebevolle Dantbarteit,» womit sie erwiedert wurde. Jetzt, das Vincent Gerbault ein Stückchen von ihrer Lebensgeschichte kannte, em-! psand er sür beide junge Mädchen ein! warmes Interesse, das sich bei der ei nen mehr aus Mitleid, bei der anderen mehr aus Hochachtung gründete. Drei- oder viermal waren sie jetzti schon die Allee mit einander aus und? ab gegangen. Das Stück war eben zu « Ende. und die Unterhaltung nahm wieder einen lebhafteren Fortgang. Jmmer zahlreicher sah man jeyt die Unisormen unter der Menge auftau chen. so daß sich der hauptmann schon daraus gefaßt machte, durch die Da zwischentunst eines Kameraden aus seinem Kreise gerissen zu werden. Estelle beobachtete alles, und nichts, besonders nichts Komisches entging ihr. Plödlich ries sie lebhaft: »Seht die guten Leute da vor uni, diesen kleinen, dicken herrn im schwar zen Rock und Chlinder mit seinem sast ebenso dicken Begleiter, und die beiden langen mageren Damen in braunen Kleidern mit Spitzenvolants wie vor zehn Jahren! habt ihr gehört, was der Dicke Nummer eins eben zum an deren gesagt hatt .Wenn die neue Welt Feuer sit t, bürge ich nicht mehr siir die alte.« as verlangt aber doch Kreis auch niemand von ihm. Und unrmerzipei...schautdochseine abstehende- Dhreni Er sieht ans wie der «Better vorn Lande« im Lustspiel. Man könnte tandem sie kommen gera dewegs von Ming In diesem Augen licke wandte sich Nummer zwei Int. plshlich ringsum machte und die Da men mit sich zog. Rennen Sie diesen herrni« sragte Estelle betroffen. »Ja. leider. Ei ist mein Vetter Edmund Dulaurier. Aber kümmern Sie sich nicht darum, Fräulein Eltellez Sie haben meine verwandtschastlichen Gefühle durchaus nicht verleht und ihn ganz richtig geschildert: der »Vetter vom Lande', wie er im Buche steht; nur ist ein solches Wiedersehen in Wirklichkeit weniger lustig als im Theater.« Gerbault wars einen schüchternen Blick nach rückwärts und sagte dann mit ärgerlichem Gesichte: »Der schändliche Kerl hat mich ge sehen! An ein Entwischen ist leider nicht mehr zu denken, und io will ich lieber muthig meinem Schicksal ent gegengehen, um Sie nicht noch lächer lich zu machen . . Schon hatte der »Best« vom Lan de« zu Estelle’g großer Belustigung beide hände aus Vincent’s Schultern gelegt und ries nun in schleppendem one mit setter Stimme: ? »Ach, mein liebes Jungchen, welch ein Glück, Dich hier zu treffen! Eben habe ich einen Feldwebel nach Deiner Adresse gefragt.« Da es gleich unmöglich war, den Vetter Dulaurier bald logzutverdem wie ihm 'ein anständige-) Benehmen beizubringen, so hatte Vincent keinen anderen Ausweg gesehen, als ihn mit sich in die alte Traubenitraße und durch die hinterthiire in feine Woh nung zu führen. Edmund Dulanrier, der Sohn ei ner Schwester des Maler-Z Gerbault, die sich mit einem dicken Winbauern im Departement Cote d’Or verheira ; thet hatte, war von jeher der Schrecken s feiner mütterlichen Verwandten gewe sien. Nicht, daß er einen bösartigen lCharactek gehabt hätte. allein seine Ihm-h- O-«t-ec4.-kt...i.-;e ..... h- s..--. zsooss sssqssqgsssssqbss III-Ost »Ist-I I eine Menge unangenehmer Eigenschaf s ten verdunkelt: vor allem durch geisti ’ge Beschränktheit, Empfindlichleit. iEigendiinlel und Mangel an jeglichem i Tactgesiihi. i Da nach dem Tode der Schwester Hdes Malers Gerdault ihr Mann in jeinen Zustand lindischer Hilflosigteit verfallen war, hatte Vincent? Vater Iversuchh sich des verwaisten Neffen janzunehmen Allein diese verwandt ischastliche Rücksicht wurde ihm recht sschwer gemacht, denn so ost Edmund, z der damals die Lateinsschule in Dijon besuchte, seinen Ausganggtag im hau se des Ontels verbrachte, gerieth dieser in sieberhaste Aufregung. »Der Kerl eht mir aus die Neu-ein« pslegte er zu Tsagen. »Jede seiner Be wegungen« sei-. Gang« seine Haltung. seine Art zu essen und zu sprechen. .allei ist mir unerträglich. Nicht eine Spur von Character liegt in seinen Zügen, die gemeinste Alltäglichteit spricht daraus-, und was er sagt« hat weder hand noch Fuß. Mein letztes Stückchen Brod wollte ich ja gern mit ihm theilen, wenn ich ihn nur nicht mehr bei mir am Tische sehen müßte!« Trohdem lud der dortresslicheMann den dicken Jungen nach wie vor zu sich ein und ertrug fein schiechtes Beneh men und sein albernes Geschwätz mit bewunderungowiirdiger Geduld. Und Vincent hatte von sriihester Jugend an die Abneigung feines Vaters in vollem Maße getheilt, sie oder mit der gleichen lobenswerthen Selbstiibers windung besiegt. Die ohnehin beschei den-en Bermögensverhöltnisse dei- Lit tels Dulaurier waren durch seine Er: tranlung noch zurückgegangen und Edmund, der endlich mit Mühe und Noth die niedere Seminarpriifung bestanden hatte, war als Hülselehrer angestellt worden und bereitete sich nun, allerdings mit wenig Aussicht auf Erfolg, aus sein zweites Eramen MU- qu »reine disk-n Ilmstfinfvn von sich zu stoßen, hätten Vater und Sohn Grrbault nicht über sich ver mocht. Um so freudiger hatten sie der-halb die Nachricht von dem unverhofften Reichthunr begrüßt, der Edmund plötz lich ohne das geringste eigene Ver-— dienst, gleichsam im Schlafe. zugefal len war· Ein Kamerad, der sich ge rade in einer Geldtlemme befand, hat te ihm zu halbem Preise ein Lotterie los angeboten. Er kaufte es, und mit diesem Loofe gewann er dreihundert tausend Franken. Seit diesem Glücks fall waren mehrere Jahre verflossen. Und ohne sich Gewissensbisse zu ma chen, hatte Vincent von dieser Zeit an den unliebsamen Verwandten nicht nur gemieden, sondern sogar fast ganz aus dem Gesichte verloren. Kaum daß es ihm bei seiner Ankunft in Toulouse vorübergehend in Erinne rung kam, daß sein Vetter ja in dieser Gegend zu hause toar; zugleich hatte er sich indeß vorgenommen, diese Be kanntschan wenn möglich, nicht wie der zu erneuern. Und nun hatte ihn sein Unstern doch mit ihm ufammengefiihrt! Schon auf dem ge nach Vincent’t Woh nun begann Edmund die fiir ihn selb stets interessante Geschichte von seiner glücklichen Schicksalsrpendung mit solcher Umständliehteit zu ersah len, daß er noch lange nicht damit zu Ende war, alt er bereits am Satan des daupttnannei mit auf eitiihten Ellbogen vor einem Tiche aß, auf den her Bursche eine lasche Bier, Glaser und Cigarren sehtr. Ja. er war noch immer der gleiche cdmrard mit der breiten Stumpfnase, dem späer satt auf dem fetten Atan den Esel-enden Ohre-, -»-..--—.·«- —·. . .-·.· und dem albernen Lachen. Sogar die selben schottischen Crawatten und di« plumpen, aus seinem Deimathdorfi stammenden Schuhe trug er noch. Mi dem Derannahen der Bierzig hatte sirl seine Anlage zur Feitsucht und Fahl heit zwar ganz naturgemäß entwickelt und auch seine Anmaßung und Einbili dung waren mit dem Vermögen ge wachsen, den Geist aber hielten zu eng( Banden umschlossen, als baß er fis hätte ein wenig befreien können «Wohnst Du noch in Toulouse?« fragte Vincent endlich, in der Hoff J nung, den Redeschwall etwas zu hem ! men. ! »Natürlich. Jch war ja doch hier am Lyceurn angestellt· Die Professoi ren sowohl als die Schiiler und ihn Familien hielten große Stücke aus mich, sodaß ich im angenehmsten ge sellschaftlichen Verlehr lebte.Leide1 aber hat mich dies auch ein bißchen zerstreut und vom Studium abgelenlt. »Wenn iSie nur mit ein wenig mehr Ernst arbeiten wollten, Herr Dulau tier,« sagten die gelehrten Herren zu mir. »so würden Sie sicherlich eine glänzende Prüfung machen und eine Professur und wer weiß, was sonst noch alles davontragen-« Das war nun allerdings richtig, aber, Du Lie ber, man ist eben jung, man will sich oergnügen, man läßt sich gehen, vol lends dann« wenn man nicht nöthig hat, ums tägliche Brod zu arbeiten. Aber gar zu bunt habe ichs nicht ge irjebein denn ich weiß immer genau, was ich will· Nach der ersten Mah nung des Zipperleins habe ich mir ein Häuschen mit einem lleinen Garten gekauft, wo ich jetzt in philosophischer Beschaulichkeit lebe· Nimm Dir ein Beispiel an mir, mein Junge, und nun clzlllslh ch Ilkyl I full Ulli Vincent war des ungebetenen Vet ters längst mehr als überdrüssig,allein weder seine tiihle Haltung, noch seine kurzen Antworten störten den so ganz von sich eingenommenen iungenMann. Er erhob sich jetzt und begann die Wohnung zu mustern. »Welch ein Einfall, Dich in dieser alten Baracke einzunitten, während es doch seht so viele hübsche neue hüuser giebt! Und all das altmodische Zeug Deines Vaters ’hast Du behalten? Du Lieber, was hat uns der gute Mann doch immer gelangweilt, wenn er uns am Sonntag Vorträge darüber hielt! Erinnerst Du Dich noch?" »Mein Vater hat mich niemaks ge langweilt,« erwiderte Vincent aniEnde feiner Geduld, »und wenn es bei Dir der Fall war, so lann ich Dir sagen, daß es ihm mit Dir nicht anders ging.« »Ja, das mag sein,« gab Edmund gnädig zu; »wir waren eben auch zwei gar zu verschiedene Naturen. Jeh bin praktisch, er schwebte stets in höheren Sphären.« Dabei suchtelte er mit seiner fetten Hand in der Luft herum, als wollte er den slatterhasten Geist seines Onlels nachahmen, während Viicent gute Lust verspürte« ihm den Stuhl vor die Thür zu sehen. Edmund aber fuhr in gut gemeinter Anzüglichleit sort: Das hin dert mich indesz nicht« dasz ich das gute Onlelchen recht gern gehabt habe. Jch war überhaupt immer anhänglich an meine Familie, mehr als sie an mich. Du Schlingel wolltest mich nicht ein mal ausfuchen! Aus der Zeitung mußte ich Deine Beförderung und Versehung hierher ersahren.« Die Zähigleit in vertvandtschastli chrn Gefühlen bildete in der That eine der Haupteigenschasten oder vielmehr SonderbarteitenEdmunds, allein weil dagegen nicht gut anzutiimpien war, so wollte Vincent wenigstens gute Miss» sum bkiion Thiol mer-Inn »Die Wohnung-suche, der Antritt des neuen Dienstes, die ossirieilen Be suche...« entschuldigte er sich. »Wie liätte ich da noch Zeit sinden sollen?'« »Na, na, Du scheinst nrir aber doch schon recht nette Belanntschasten ge macht zu haben. Potztausend, was siir hübsche Mädchen Du da vorhin spazie ren siihrtests Gine- Briinette und eine Blonde, die sich, wie mir scheint, um Deine Gunst streiten!" Gönnerhast ltopste er Vincent aus die Schulter. »Da bist Du sehr im Jerthurn,« antwortete dieser zurückweichend und schross. »Jene jungen Damen sind die Kichten meiner Hauswirthin, der ich Heute meiner-. ersten Besuch gemacht han« »Nun, dabei wird es natürlich nicht bleiben, mein Jungchen,« weißsagte Edmund, der sich statt der angedotenen havanna seine eigene schlechte Cigarre angezündet hatte und nun, aus das grünseideneSosa ausgestreckt, den Sa lon mit fürchterlichem Qualm füllte. »Sei nur aus Deiner but und laß Dich nicht einsaugen wie ich. Jn Dei ner Lage-wäre es noch schlimmer, als in der meinigen.« Dabei richtete er sich etwas aus, um die Wirkung seiner Worte zu beobach ten. »Ich wollte Dir das nicht so ohne weiteres sagen, weil Du schließlich eben doch mein nächster Vetwandter bist und mit Recht aus meine Erbschaft zählen lonntest.« «Als ob ich jemals daran gedacht hättes« »Warum denn nicht? Ich hätte Dir mein Vermögen ja auch sicherlich ver mocht, und ver weiß, ob es nicht noch geschieL M ich leine Kinder bekom me oder mit meiner liinstigen Gattin nicht zufrieden din.« »Wie, Du willst Dich verheira theni« Niemals hätte Vincent es siir mög lich gehalten, daß es ein weibliche Wesen aus der Welt geben könnt-. das sich herbeilassen würde, Ermund Du laurier’i Frau zu werden. Allein auch seine wenig schmeichelhafte und schlecht verborgene Ueberraschung ent ging dem glücklichen Edmund, der in stolze-n Tone sortsuhr: »Ja, übermorgen in vierzehn Tagen ist die hochzeit, und mit ein Grund, warum mir soviel daran lag, Deine Wohnung zu ersahren; denn ich wollte Dich bitten, mein Trauzeuge zu sein.« das hieß nun wirtlich Pech haben! Vincent Gerbault hatte nicht nur sei nen Vetter wiedergefunden, sondern ihm hliihte auch noch die Aussicht aus eine Cousine und aus eine Schaar klei ner Dulauriers . . . das war wirklich des Guten zuviel! lind wie mochte sie aussehen, diese Coustne! Es schauderte Vincent, wenn rr nur daran dachte. Mit unsicherer Stimme sragte er: »Und dars ich fragen, wer die benei denswerthe Sterbliche ist?« »Natürlich, da Du doch Trastzeuge sein sollst und wir heute zum ersten Male ausgerissen werden« Es ist ein Fräulein Mougin.« «Aht« (Fortseßung folaU ; - O-—9 Inttte Geifer-ein« Die Anfertigung von kostbaren Stickereien reicht bis in die Zeiten des grauen Alterthums zurück und findet in der Geschichte aller Völker Erwäh nung. Nach Plinius sind es die Phrhgier, denen wir die Erfindung dieser Kunstfertigkeit verdanken. Man stickte damals nicht allein mit Seide und Wolle, sondern verwandte die ver schiedensten Materialien, wie Gold und Silbersäden, Baumrinde, Sa mentörner, Elsenbeinpliittchen, Me tallpoiletten, tostbare Steine und Fe dern dazu. Früh schon war man da rauf bedacht, die zur Toilette wie zum Meublement der Wohnung gehörigen Gegenstände mit Stietereien zu schmü cken, deren Stil mehr oder weniger bizarr die Geschmacksrichtung jeder einzelnen Nation vertrat und zur Geltung brachte. Die äußeren Rang unterschiede waren oft durch Stücke I reien auf den oberen Gewändern de zeichnet, da nun die meisten Würden jener seit in einem gewissen Zusam menhange mit der Religion und hei ligen Gebräuchen standen, so waren die Embleme und Augschmiickungen auch dem herrschenden Kultus ent 3lehnt, io dasz man in der That den Altar als die Wiege einer Industrie betrachten darf, in der sich alle Völker des Orients, sowie die Chineien und Jnder wesentlich auszeichnetm , Die Stadt Babylon war besonders jberiihmt durch die Mannigfaltigkeit s und den großen Reichtbuin Lbriertietes T reien. Dort wurden die kostbaren De , cken für die Gastbetten angefertigt, die , zu Catos « eiten siir FAMIij Bester - zien vertau t, von Nero mit 4 Millio, knen Sesterzien bezahlt wurden. Im sMittelalter verwendete man die Sti kckerei hauptsächlich zum Schmuck der ;Kirchen; alle kirchlichen anamente, J die aus jener Zeit stammen, beweisen, « zu welcher Höhe des Kunststeiszeg die ,Stickerei damals gestiegen war. Ein staunengwerthee Zeugniß davon giebt das aus dem 12· Jahrhundert stam mende taiserliche Meßgewand. das zu St. Peter in Rom aufbewahrt wird. Selbstverständlich wurden alle Stiäe: reien zu jener Zeit als Handarbeit ausgeführt und erforderten oft viele Jahre, ja manchmal ein ganzes Men schenleben zu ihrer Anfertigung W-. Istenisuptems ten Alter«-mu. ] Jn Jndien ist die Entdeckung ge macht worden, dass die Jrnpsung ge i gen die Poeten, die erst vor etwa einem i l i i i ZJahrhundert in unsere Medizin ein« « ; gesiihrt worden ist, schon im indischen - Alterthum gebraucht wurde; und nicht znur dag, sondern auch gegen andere kKranlheiten scheint es damals schon ;ein Jntpsderiahren gegeben zu haben. ; ' n einer alten Abhandlung, die dem tszchristiteller Dhantvanti zugeschriei kben wird, mit dem Titel »Sactaya«, z werden neun Arten von Poeten ausge siihrt, und danach die Regeln sür die s Vornahtne der Jtnpsung niedergelegt· !Die Uebersetzung dieser sitt die Medi szin mertwiirdigen Stelle lautet: i »Nimm die Flüssigkeit der Poeten iaus dem Euter einer Kuh oder aus idem Arm zwischen der Schulter und idem Ellbogen eines Menschen aus die iSpiHe einer Lanzette und stich damit ? ind en Arm zwischen der Schulter und sdeat Elldo en, bis das Blut kommt. iDann mis die Flüssigkeit mit dem Blut, und das Fieber der Poeten wird erzeugt werden. Die durch die Flut sigteit aus dem Euter einer Kuh er zeugten octen werden von derselben milden atur sein wie die einentliche Krankheit, ohne zu einer Furcht zu be techtigen oder eine Arznei zu verlan en. Die Ernährung tann nach Ge allen des Patienten geschehen, der nach Belieben ein bis sechjmal ge irnpst werden mag. Die Poeten sollen, toenn sie volltommen gelungen sind. eine ute Farbe besihem mit einer lia ren Flüssigkeit gestillt und von einem rothen Kreis umrandet sein; alsdann isi keine Gefahr einer Pockenertram sung, solange dai Leben dauert. Nach der Inst-sung mit der Iltissigleit von dein Euter einer Kuh werden manch t i i i ein leichtes Fieber siir ein, zwei oder drei Tage haben, und mit dem Fieber wird zuweilen ein maßt es Frostges siihl vorhanden sein. as Fieber wird auch begleitet sein von einer rundlichen Schwellung in den Achsel höhlen und anderen Symptomen der Poeten, aber alle von einer sehr mil Len Natur. Eine Gefahr wird nicht bestehen, und das Ganze in drei Ta gen verschwunden sein.« Nach dieser eschreibun läßt sich an dem hohen Alter der «chuypockenimpfung nicht zweifeln. -————-—---.---— Irre Todtensnd. Jn einem dirrren, unbebauten T al, das von steilen Felsen eingeschlo en unweit der Stadt Kanton liegt, windet sich in zahlreichen Krümmungen ein kleiner Fluß, der von den Bewohnern der Umgegend ängstlich gemieden wird. Nur hin nnd wieder steht man einige Fremde am Tage dorthin pil gern. Nachts dagegen schleicht ost mals im Schein einer tleinen Laterne aus dem Flußpsad eine weibliche Ge stalt heran, bis sie auf einen hohen Felsen gelangt, worauf alsdann der " all eines schweren Körpers hörbar wird nnd öngstliche Jammertöne, die - nach und nach schwächer werden, bis sie schließlich ganz verstummen, die Nacht «durchdringen. Es ist eine Mutter, die, durch Noth und Verzweiflung ge trieben, sich ihres Kindes entledigtr· Das Recht, Kinder, die iie nicht er nahren können, aus-zusetzen, oder nn zubrinaen, wird leider, obwohl man . das zu leugnen sucht, noch immer von ·den arm-n Chinesen in ichauerlichrr sAusdehnung und besonders an den Neugedorenen weiblichen Geschlechts ausgeübt. n den großen, von Europäern be su ten Städten seht man die Kinder tallerdings nicht mehr aus, noch selte ner tödtet man sie dort seldstz dafür aders übernimmt gegen erne Vergütung eine alte Frau das Geschäft. Die armen Familien bringen die kleinen Opfer, die sie gern oder ungern los « sein wollen, zu ihr. In Kanton einer sWeltstadh existiren mehrere solcher Weiber, die sich von Kindermord er s nähren. Sie alle wandern im Dunkel ider Nacht zu dem erwähnten kelsen, Haus dem sich ein hohler Baum tamrn jbesindet, der mit dem einem Ende tiiber den Todtensluß hinausragt. Jn E diesen Stamm le t das Weib das un sgliickliche Geschöp. das dann, durch Edenselben hinab leitend, in die Fluth stürzt. Die Mifsionäre in China thun « ihr möglichstes. um jene dein Tode ge weihten Kinder zu retten, aber die sa natischen Chinesen wollen den Antaus der Tadestcndidaeen mit aller Gewalt verhindern, damit sie nicht im christ lichen Glauben erzogen werden. «-————-" ctn Judith-im Eine interessante Hundertjahrseier ist dieser Tage in England begangen worden. Es sind nämlich hundert Jahre her, seit dort das erste Paar ho sen getragen wurde. Wenn diese Be hauptung eines englischen Blatteg rich tig ist, so haben die Englander sich al lerdings in dieser Kulturerrungeui schast vom Continente übersliigeln las sen, wo die Pantalons bekanntlich schon in der französischen Revolutio eine große Rolle spielten: sie wurden hier oon denen getragen, die ihre-Feind schaft gean die Ronalisten auch äußer lich zum Ausdruck bringen wollten. Immerhin hat die lange those auch in England eine interessante Geschichte, und es waren eine ganze Anzahl Ver suche nöthig, ehe ihre heutige Form ge sunden werden lonnte. Mr. Ellis, ein ouanmet Umsonst Petrenschtletdet« tnacht darüber folgende Mittheilangem Als am Hase König Georgs des Dritten von England das erste Paar lange Hosen sein Debut machte, lanr das neue Kleidunggstitct gerade zur rechten Zeit. Jn der Zeit der ltniei holen pflegten Männer, die dünne Wa den hatten, sich zu wattiren, und schließlich toattirten sie sich so sehr, daß Waden ein Spott und Hohn wur den. Ein bedeutender Mann, dem aber bis seht tein Dentmal errichtet worden ist, beschloß, gegen diesen lächerlichen Brauch Verwahrung einzulegern So erschien er eines Tages in einem «selt samen Kleidungsstiick«, den langen holen. vor dein Blick seines Könng Er wurde zwar nicht in den Iower geschickt; aber sobald sich Georg der Dritte von dem Schreck erholt hatte, erliesz er den Beseht, daß zu einem Hostleid notwendigerweise Knieltosen gehören, und daß sie durch nichts ande res erseht werden dürfen; und tiefer Befehl gilt bie zum heutigen Tage. Für die Kniebose aber ertönte den noch das Grabgeläute Das neue Klei dungsstiicl wurde außerhalb des Schlosses getragen, und die Mode ver breitete sich blitzschnell Die ersten Dosen waren eng und mit Stegen; dann ging man zu einer anderenMode über und trug Dosen, die ttrn die Häs ten unsinnig weit waren und nach un ten sin zuliesetn Die Dosen wurden zum Theil deshalb so weit gemacht, weil man zu ihrer Anfertigung dop pelbreitej glänzendes seines schwarzes Tuch verwandte. das zerrissen wäre, wenn es dicht only-» Nachher ging man u der hauschigen Form til-er, die arn nie aur engsten ist und unten glottensbrntig ausläust Diese om war sehr elegant, bis auch der Dr mer sie annahm; natürlich beetttrtt eh nun inehr die vornehmen Leute« abzu egert. So gelangte nie-n dann schliessis zu der fett tihlichen Forts- .: