J Goldene Zikkumem « Ctiminalroman von CDMUPOL ----------------------- (2. ortse ung.) Die beiden chwe ern sahen sich sieht ähnlich. Die soeben eingetretene —anscheinend die Aeltere; sie mochte zwanzig oder zweiundzwanzig Jahre MU. die andere achtzehn —- war we niger hiihsch, als die jüngere und na Imetlich weniger ätherisch Sie hatte ene kleinere, rundlichere Gestalt, hell Iondes ar und ein frisches, gesun des t mit etwas ernstem, sinnen dem Ausdruck. Jn ihren Augen war auch entfernt nichts von versteckter Anth. von Flammen sprühenden gel ben Blumen oder dergleichen zu sehen. Diese blaben Sterne erinnerten viel mehr an zwei Vergißmeinnichte, und ihre Besiserin war sicherlich dashauss mütterchen der Familie, deren emsigem Walten dieses Heim wohl seine heitere Fische und Sauberteit verdanttr. Die utter — wunderbar! Keine Spur von Aehnlichkeit bestand zwischen die-— sen drei Familiengliedern! Niemals Ztte man diese beiden anmuthigen ädchen fiir die Töchter der großen, tiesduntlen Frau gehalten, die sich fo ehen fteif und eckig wie ein alter Unter offizier Vincent gegenüber auf einem Lehnstuhl niedergelassen hatte und beni Vesucher unter ihren bufchigen. gerun zelten Augenbrauen her fast feindlich betrachtete. Vincent hatte das Gefühl. all müsse er sich aus einen triegerisx schen Sturmangriff gefaßt machen. »Sie suchen eine Wohnung?« be-» gann die Mutter. ·So ist es, gnädige Frau,« mur melte er. - »Den zweiten Stock haben wir zu dermiethem Die Wohnung ist klein« wei Zimmer und Küche sammt Zu böt. Würde Ahnen das aenüaen?« Sie sprach rasch mit heisere Stimme, die etwas mürrisch klang, wie die eines fchlechtgelaunten ber en. Auch hatte die Dame eine gen-i e militiirisch bestimmte Art, ge radewegs auf ihr Ziel loszugehm die Ists einen entschlossenen Charakter schließn ließ. »Ja. das würde mir genügen,« ant Miete der junge Offizier etwas ein Wichüchtett So sind Sie wohl Junggeselle?" Za, gnädige Frau.« ie mächtigen Augenbrauen zogen sich drohend zusammen, fo daß Vin cent nicht anders glaubte, als man Erde ihn im nächsten Augenblick vor Thüre setzen.« ·Die Wohnung ist nicht möblirt." »Ich habe meine eigene Einrich inng.« uSie haben Jhre eigene Einrich tung? Das lobe ich mir für einen Junggesellen!« Die alte Dame schien Its lich die Waffen niederzulegen. habe es ja immer gesagt, mit dein Militiir ist stets leichter zu ver sehen als mit dem Civil. Jch spreche cis Sachverständige, denn ich hatte Dei Stabsoffiziere zu Männern.« Ein halb unterdrückte-z Lachen zu Este Rechten veranlaßte die dickeDame, umzuwenden. »Na, was giebt's, Estelle?« rief sie mit einem strengen scie! nach der hübschen, jungen Brü netie, deren Gesicht in fröhlichem Ueberrnuth strahlte. Dann fuhr fie fort: »Der erfte war Dator Desprez vom 53. Jnfanterie kegirnent; der zweite Major Lanrelot m den Husarem Vielleicht haben Sie den ihnen gehört?« «Die Namen sind mir allerdings nicht unbekannt,« stammelte höflich der hauptmanm ,Das glaube ich wohl, denn beide ·- ------- 4..-LII!«I-- ht- ------ Msku Ist-beknuqu i-Hn«(«.. Dou diefe Zeilen sind vorüber, ich bin nun Wittwe . . . und . . . Wollen Sie die Wohnung sehens« sagte sie, die Erin nerung an eine glorreische Vergangen heit nachdriicklich von sich abschüiielnd. .Wenn es nicht unbescheiden ist« Vincent hatte sich erhoben, sie lbat Ugleichen und ging ihm mit dem se Ien Schritt eines Kürassiers auf den sotplah voraus. An der untersten Treppensiufe blieb sie sieben und rief in defehlendern Tone und mit der ndbewegung eines Generals, der « e Drdonnanzen abferiigt: «Estelle! settnainelu sindlich folgsam stiegen die beiden , Mädchen die Treppe hinauf, wobei ein Flifiern und Lächeln indeß nicht von skiz- großer Einschiichierung zeugte. «Bai diese aller-liebsten Mädchen Doch siir eine lomische Mutter habe-W , wiederholte Vincent in Gedanken. f Sie sind wahrscheinlich Stiefschwe Leib die Blonde wird Fräulein Des M und die Brünette Fräulein Lame Ist heißen « Sie waren inzwischen die Treppe Ifgestiegen nnd oben mit einem Dienstmädchen zusammenge , das einen Schlüsselbund Die jungen Damen hatten H Wll zurückgezogem II ver eine lebe freundliche Wob såe man sie nur noch in alten - » trifft Unter einein ungebeu ON lagen zwei große Zimmer »j; W Doppelfenstern — Raum , M und Sonne nnd trouliche A Isari s »Man könnte wahrhaftig glauben, diese Wohnung sei eigens fiir meine »Mode! gemacht«, sagte Oerdault zu sich selbst. Eier die Truhe, dort der Glaitasten.. .und der große Waffen fchran·t. .Zurn Kuckuck, richtig, der große Schrank, too könnte der wohl luntergehracht ioerden?" Fast aufgeregt zog er ein Meter-naß aus der Tasche. Doch auch der Schrank fand Plan. Nun galt es, nicht mehr zu zögern. Als er sich zurn Hinuntergehen an schickte, zeigte das Mädchen auf eine, zu einem besonderen Ausgang füh rende Hintertreppe »Der Herr Haupt mann können auch hier hinunterge hen.« Dieser Ausgang führte in einen kleinen, hinter dem Hause liegenden schattigen Garten, an dessen Ende sich ein Stallsammt Brunnentrog befand. Weder er noch sein Pferd hätte es bes ser treffen können. Nur eine Sorge quälte ihn jetzt, als er sich zu Frau Lancelot begab, die ihn, in ihrem Lehnstuhl sitzend, erwartete. »Und der Preis, gnädige Fran?« Jhre Stirne legte sich in unzählige Falten, so daß Gerbault sich auf eine riesige Summe gefaßt machte. Anstatt jedoch ihr Urtheil zu sprechen, rief sie von neuem ihre Adjutanten zur Ent scheidung herbei. »Germaine, nenne dem Herrn-Haupt mann den Preis.« »Nun, wag die früheren Miether auch bezahlten: dreihundert Franken für die Wohnung und hundert Fran ten fiir den Stall.« Die Summe war nichts weniger als zu hoch gegriffen, und so sagte der Hauptmann mit einer Verbeugung ge gen Frau Lancelot: »Gnädige Frau, ich bitte, mich als ihren Miether zu betrachten.« Dieser rasche Entschluß gewann das Im- Lied-. L ------- . OUYIIUUUIII VII UUIGU IJLUUO »Das lasse ich mir gefallen, Herr Hauptmann! erner rasch entschlossen. so gehört sichs siir einen Sollmtem Das lernt sich, wenn man von einer Garnison in die andere verschlagen wird. Davon weiß ich ein Liedchen zu singen. Jch glaube, ich bin beinahe in allen Garnisvnen Frankreichs herum getornrnen, sogar in Algier waren wir. Alle Vierteljahre hatte man einzu packen. Damals ließ rnan die Regi menter noch nicht wie heutzutage :n ih jren Garnisonen versauern, das gab ’dann aber auch rechte Männer und, wohlverstanden auch rechte Frauen. I Vincent dachte, daß er ganz gern hier längere Zeit ,,«versauern wiirde, fwagte jedoch die-se Schwäche nicht ein zugestehen, sondern fragte nur: Und wann könnte ich wohl einziehen?« Die in der Theorie so entschlossene Frau Lancelvt schien sich in der Praxis gern an andere zu halten, denn wieder sagte sie in ihrem befehlenden Tone «Germaine!« »Ganz wie es Jhnen paßt, Herr Hauptmann«, antwortete die hübsche Blondine. Die heilelste Sache blieb indess noch zu erledigen: «Geftatten Sie, gnädige Frau, Ihnen wie üblich, die erste halb jährige Miethe zu entrichten«, sagte er, indem er möglich unauffällig zwei blaue Scheine aus die Tischdecke legte. Frau Lancelot machte zwar einige Redensarten, ihr sich ist-löslich mithel lcnoeg Gesicht aber nraste ne Lunen. Der ordentliche und behagliche Zu stand des hauses schloß nicht aug. daß Iseine Bewohner sich in bescheidenen I Verhältnissen befanden, und derHaupt s mann freute sich herzlich, daß sein Geld der braven Ossiciersroittwe erwünscht zu kommen schien« Germaine schrieb eine Quittung, undtfchon sast als Freunde reichte man sich die hände zum Abschied. »Begleitet den herrn Hauptmann, liebe Kinder«, befahl Frau Lancelot. in ihren Lehnstuhl zurücksinlend. Obwohl er dagegen eisrige Verwah rungen einlegte, gaben ihm die jungen Mädchen doch bis zur hausthüre das Geleite. Estelle stieg sogar noch die Freitreppe mit hinunter. Draußen blies ein heftiger Wind, der ihre schönen braunen haare zer zausie und in den Falten ihres hellen Kleides spielte; Estelle aber athmete mit Genuß die kühle Lust. »Ach, wie herrlich! Wie leicht man heute athmet!« Jhre Wangen iörbten sich dabei fast gar zu lebhaft roth, und ihre Augen glänzten. Die arme Kleine, sie ist gewiß schwindstichtigt dachte Gerbault, und besorgt sagte er: »Eniidiges Fräulein, ich bitte, gehen Sie in’i Haus zurück, Jhre Fräulein Schwester wartet aus sie. Ein melodisches Lachen ertönte. »Sie haben Germaine siir meine Schwester gehalten i« Allerdings . . .« .Und Frau Lanrelot am Ende gar sür meine Muttert« »Ich muß gestehen . . .« Sie lachte herzlich und erschien da l i ·nothgedrungen einige Begegnungen durch so hintein htidsch das der-! Officter die Unrichtlgteit seiner Ver-l muthung einsah. Sie war die Freitreppe wieder hin aufgestiegen und rief nun von der Thüre aus mit schelmischem Lächeln-i .Sie werden mindestens acht Tage brauchen, bis Sie unsere verwandt schastlichen Verhältnisse herausgefun den haben.« .Auf dem Rückweg beschäftigte sich Vincent Gerdault ernstlich mit der Lösung dieser Frage. Estelle war also nicht Frau Lanelot’s Tochter. Ger maine aber . . . da fiel ihm ein, daß er ja ein aufllärendej Schriftstiick hielt, und die Quittung herborziehend, be trachtete er die Unterschrift: Germaine RameL Also Ramell Auch Germaine war somit nicht die Tochter Frau Lan eelat’s. Wer aber war sie dann? Schließlich lam Vincent zu folgen dem befriedigendem Schluß: Es sind wahrscheinlich Cousinenz Frau Lerne lot ist ihre Taute, und das Haus ge hört Germaine, da diese die Quittung ausgestellt hat! Der Hauptmann betrieb seinen Um zug sofort mit großer Geschöfiigleit. sc daß er schon am Abend des nächsten Tages mit all seinen Sachen von der neuen Wohnung Vesih ergriffen hatte. Das Durcheinander und hin- und Herlausen des Umzuges mußte, trotz aller Zurückhaltung beider Theile, herbeiführen: hier und da aus der Treppe oder hinter einer angelehnten Thüre sah er eine liebliche Mädchengei stalt auftauchen, und diese kleinen Un terbrechungen seiner Beschäftigung steigerten sein von Anfang an eindfun denes behagliches Gefühl. Als er dann endlich eine freie Tischecke und einen freien Augenblick sand, wars er rasch folgende Zeilen aufs Papier: Mein lieber Lepage! Der Süden bietet entschieden einige anatomische Merkmiirdigleiten. Jn Tarascon hat inan bekannte doppelte Muskeln, in Touloufe aber. toie mir scheint, doppelte Herzen. Ich wohne ku; -;--- -e.--.»--..es.-- ««». G-....« kä ».. ..... ..,......-......,. ....... »-..-.., .». zwei gleichwerthige Gatten beweint, und ich selbst bin im besten Zuge, mich in zwei junge Mädchen zugleich zu ver lieben . . . Schon wollte er den Brief schließen, da siel ihm noch etwas ein, und so siigte er die Nachschrift hinzu: Denkst Du noch manchmal on die Schöne mit den goldenen Blumen? Iz. Es war Sonntag, einer jener lachen den, Lebensluft und Wohlbehagen athmenden Tage, welche die Herzen von jung und alt, von arm und reich er freuen. Jn der alten Hauptstadt des südlich-en Frankreichs bot ein solch schönen sonniger Wintersonntag noch einen besonders malerischen Reiz. Schon vom frühen Morgen an hatte das Geläute unzähliger Kirchengloeten die Lust durch-zittert, von den Thür men wurden alte Kirchenliedet und sonstige fromme Weisen geblasem und taum war eine verstummt, so antwor tete ein anderer, so daß man die Stadt siir eine einzige riesige, seit dem Mit telalter ununterbrochen gehende Spiel uhr hätte halten tönnen. Jn Schaaren solgten die Gläubigen den frommen Mahnrusen. Ueberall sah man trippelnde alte Frauen mit i s l s dem Gebetbuch in der hand, hastig vorwärts strebende Modedamen, die sich bei der Toiietteverspätet hatten, und sonntiiglich aufgeputzte, langsam dahinwandelnde Familien· Aus allen Gesichtern, aus den« Bewegungen und dem Klang der Stimmen sprach die selbe lebhaste, ohne Scheu oder Zurück haltung zur Schau geteagene siidliini dische Fröhlichkeit Laut und unge nirt ries man sich über die Straße ei- s nen guten Morgen zu, und war manj erst glücklich beisammen, dann gab es z ein endlosei Erzählen, Lachen und( Scherzen, in das jeder, der geradei UUIUUIIHUZZ, Ist-III IUIUTIIV Yillclsiqcöo gen wurde. Umschwirrt von diesem lustigen Treiben empfand Vincent Gerbault ium erstenmal in seinem Leben ein Gefühl der Vereinsaniung Kam es von der fremden Umgebung oder be rührte ihn, den ernsten, gesetzten Ab-» tömrnling des Nordens, das ungebun tene Gebahren der Südländer unan genehm? Bald machte er die Entdeck ung, daß er angesichts dieser allgemei nen Fröhlichkeit ein unklareö Bedauern empfand, nicht auch eine alte Maina in die Kirche, oder eine liebe Schwester oder ein hübsches Bräutchen auf die Promenade, oder gar einen kleinen Quälgeist in einen der dicht von Kin dern und deren Müttetn erfüllten Gär ten fiihren zu dürfen. Selbst, als er mit seinen Kameraden zusammentraf, verlor sich dieses Ge fühl der Vereinsamung nicht. Die liirmende Tischgeselsichast des Casinoö, die flüchtigen Gelt-räche im Koffer hause, das war schon recht fiir alltags — aber für den Sonntag, da sollte man sich doch an etwas anderem. Besse rern erfreuen können. «Wen könnte ich fett wohl be suchenk fragte er sich irn Verlangen nach einer gemiithlichen Unterhaltung Die officielle Aufwartung bei seinen Borgesesten nnd deren Frauen hatte er schon im Laufe dieser Woche ge macht, und so ließ er sich gegen zwei Uhr bei feinen Rachbarinnen melden. Ei war der erfte Besuch seit stier Anzug trohdern silhlte er steh in dem iletnen Salom wohin man ihn führte, sichon fast wie zu use. Auf den erften s let hätte man glau ben können, das Zimmer sei leer und das Clavier spiele von selbst, denn das clavier war so gestellt, daß feine hohe Rückwand die Künstler-in verdeckte. Diese vollendete ihr Stück, als die Thiire ging. und erhob sich dann. Estelle’e reizendes Gesichtchen tauchte auf. »Ah, Sie sind A, here Haupt mann!« Mit ihrer natürlichen, von Gefall sncht freien Liebenswiirdigleit ging sie ihm wie einem alten Freunde mit aus gestreckter hand entgegen. Der Offi zier aber wurde bei der Berührung die ser zarten shand von neuem Mitleid ergriffen, das seiner Stimme unwill kürlich einen warmen Klang verlieh. »Ich muss um Entschuldigung bit ten, das ich nicht schon früher meine Aufwartung gemacht habe, gnädiges Fräulein. Darf ich die Ehre haben, Jhre . . · Frau Major Lancelot . . ." Wieder blitzte der so leicht spru delnde lindliche Uederinuth aus Esteli le"g Augen. »Die acht Tage haben also nicht genügt?« »Ach, leider nein«, gestand er. »Es ist allerdings nicht zu verwun dern, denn die Verwandtschaft zwi schen meiner Tante und mir tann man nicht errathen.« »Jbrer Tante also doch! Das dachte ich niir«, sagte Vincent rriuinpliirend »Ganz und gar nicht!'« rief Estelle Iröhlicb auflachend. »Wir aeben ihr diesen Namen nnr aus Freundschaft Da Sie den Sachverbalt aber doch nie mals allein herausbringen lönncn, fo will ich Sie darüber auslliiken, bit- die Tante und Germaine tommen.« Sie forderte ihren Besucher zum Sitzen aus und fuhr heiter fort: »Unsere Verwandtschaft heraus-in finden, ift nämlich deshalb nicht gut möglich, weil gar leine besteht. Nur Wahlderwandtfchaft, iniii».1ste Freund schaft verbinden uns-· Das mag Ih non stinnä seltsam orslsheinsn Ah» mir-L fühlen uns alle glücklich dabei.« Aus ihren großen, lebhaften Augen leuchtete rin zärtlicher Strahl, als fie, fast widerwillig von ihrer tnittlieilsa men Natur fortgerissen, weiter er zählte: »Von Germaine ging der Gedanke aug. Sie ist hier rei uns überhaupt immer diejenige, welche die guten Ge danten hat. Tante Lanrelot stellt die Ehrendame dar, das wirtliche Mütter chen aber ist Germaine. Ihre Eltern sind bald nach einander gestorben, nnd da sie nach ihrem Tode ganz allein auf der Welt stand, nahm sie in selbstlose ster Weise zuerst Tantr Lancetot, eine alte Freundin ihrer Familie, bei sich ans und später mich, die ich auch ein sam und verlassen war. Obwohl sie nur drei Jahre mehr zählt als ich, fo verbindet uns doch eine Zuneigung, nicht nur wie zwischen zwei Schwe stern, sondern zugleich auch wie zwi schen Mutter und Tochter, und daher tommt es wohi, daß ich Germaine so unendlich lieb habe.« In Estelle’s Augen schimmerte es feucht, die seinen Lippen zitterten. Vincent Gerbault aber rührte diese tindlich osfenherzige Gefühlsöußerung um so mehr, als er selbst ein Verständ niß siir warme Freundschaft hatte. »Ja tm Ihnen dies seht wein nachfiihlen, gnädiges Fräulein, denn auch ich habe einen treuen Freund, der mir fast das Elternhaus ersetzt.'· »O, es ist unmöglich« dasz Sie so mit ihm stehen, wie Germaine und ich!« . Die heftigteit ihres Widerspruches belustigte Vincent. »Warum denn nicht« gnädiges Fräulein?« »Weil Jhr Freund nicht das fiir Sie gethan haben tann, was Germaine für mich gethan hat. Sie kennen sie eben mich nicht«. fuhr sie, den letzter-. Rest ihrer Schiichternheit verlierend, fort. »Es gibt nicht so leicht ein zweites Herz auf oieier orde, oao oem iyrigen gleicht. Sie ift fo edel, fo zartfiihs lend, fo thatlräftig! Man mag sich noch fo unglücklich fühlen, fie weiß stets hülfe und Trost. Sie ist die Güte und Klugheit felbft, und dabei von einer Befcheidenheit . . . Oh. Sie sollten nur ihre Malereien sehen, um nur von einem ihrer Talente zu spre chen! Nein. nein, Jhr Freund tann ,teinesfalls mit ihr in Vergleich kom men.« »Auf dem Gebiete der Malerei ;würde mein Freund sich allerdings nicht auf einen Wettbewerb einlassen können. Das ist aber auch nicht fein Gebiet, er ift Arzt. « Ach fo, Arzt!« i Eftelle s Ton wurde plötzlich gering ichiißig, ihr Ausdruck finster, fast hart. »Ich kann die Aerzte nicht leiden, ich verabscheue fie, denn sie haben mir schon zu viel Leid zugefügt. Sie be haupteten, ich sei zart und bedürfe der Schonung, fo daß ich meinen Ver wandten immer nur eine Laft war. «Jeßt wo ich bei Germaine bin, auslen mich diefe Doktoren auf andere Art, indem fie mir alles verbieten, was mir Freude macht Sie wollen weder daß ich tanze, noch daß ich des Abends ausgehe . . . Und fingen soll ich auch nicht . . . mein einziges Vergnügen! Wenn es nach ihnen ginge, fäße ich den ganzen Tag hinter dem Ofen und dürfte nicht einmal an die frifche Luft, die mir doch to wohl thut. Aber ich gehorche ihnen nicht, oder ich thue nur« - - »· —--.- -- ale seh-echt ich thue-, une Ieeinatne zufrieden zu ftellen, die sich eben auch den ihnen seicht-rasen läst. Ich de gretfe nicht, wie dies bei ihrer Klug heit möglich ift, denn die Thatfache, daß ich mich vollkommen wohl befinde, sollte sie doch eines defferen belehren. Die Arzneien allein schaden mir, und nur meiner guten Natur verdanke ich ei, daß ich nicht schon längft daran zu Grunde gegangen bin-« Stolz richtete sie das zarte Köpfchen in die Höhe. Sie hatte diesem Frem den gegenüber ihre Gedanken nicht ver bergen können. Allein, während ihr Mund von Leben und Gesundheit sprach, redeten die glänzenden Augen nnd die rothen Flecken auf ihren Wan gen ganz leise eine andere Sprache: von Gefahr und frühem Tod. Die haft und Unruhe im Wesen des jungen Mädchens hatten sicherlich ih ren Grund im undewußten Vorgefiihl einer lurzen Lebensdauer. Jn allem, auch im Irrundfchaftfchließen, mußte sie sich beeilen. Und Vincent erwiderte das ihm entgegengebrachte tindliche Vertrauen, das er eben diefer lranlhaf ten Unruhe zuschrieb, mit warmen Worten aufrichtiger Theilnahme. Wie alte Freunde unterhielten sich die beiden jungen Leute, als Frau Lancelot endlich erschien. Ohne Zweifel hatte sich die gute Dame so lange bei der Toilette aufaei halten« dafür fah sie jetzt aber auch um s: stattlicher aus. Sie trug ein schwar zes Seidenlleid, dessen mit Stahle-er len gestickte umfangreiche Taille k- wie ein Küraß umschloß. Um ihre Schul tern hing ein pelzverbrämter Mantel, und auf ihrem Hute wehte ein weißer Neiherbitich, der an den Federbusch ei nes Generals erinnerte. Die Wißbe handfchutite Rechte hielt einen glanzen den Deaenariff umspannt, dessen I Spitze indeß friedlich in einem Son nenichirm endiate. Geblendet und ganz verwirrt, stam melte Gerbault: »Gniidige Frau sind im Begriff auszugehen Z« »Nein, nein, das eilt nicht: ich gehe erst um drei llhr zum Militiircoucert.« Der Officier bestrebte sich, die ihm vergönnte Zeit möglichst gut anzuwen den, allein leichte Salonplauderei war nicht Frau Lancelot’g Sache, nnd so tatn ihm Estelle bald zu Hülfe, indem sie sich an’s Clavier setzte und heiter sagte: iFortsetzung folgt.) W—— Die grössten paiesptätzr. Eine Raugordnung fiir die Hafen der Wxtt ist auf Grund der neuesten statistischen Angaben aufgestellt wor den. Das Maß siir die Bedeutung eines Hasens giebt nach der heutigen Berechnung die Schiffsbewegung nach dem Tonnenqehalt der ein- und aus gegangenen kahrzeugr. In der fol genden Zusammenstellung sind die Schiffe nur bei ihrem Eingang in den Hafen ausgeführt, damit sie nicht dop: prlt gerechnet werden« Man kann un ter den hauptsächlichen Höfen der Erde zwei Gruppen unterscheiden, je nach dem der Schiffsbertehr zwei Millio nen Tonnen übersteigt oder sich zwi: schen ein und zwei Millionen hält. Die Höfen tnit weniger als einer Mil lion Tonnen können in einer solchen Liste nicht mehr berücksichtigt werden. An der Spiße der ersten Gruppe steht alo besuchtester Hafen der Erde London mit 10,177,023 Tonnen. An zweiter Stelle folgt ein ostafratischer Oasen, nämlich hongtong an dritter Stelle ein atneritanischer, nämlich New York. an vierter Stelle als zweiter europiiischer Hamburg, und dann kom men der Reihe nach Antwerpe Li verpool, Motten-any Schanghai. ar siille, Genua, Kapstadt, Lissabon, Buenos Aires, Kopenha en, Al ier, Bienen, Melbourne, Su etw- le xandria, Barrelona, Savannah, Le heute. Triest und an lehter Stelle mit ?,(130,218 Tonnen der jetzt so viel ges nannte japanische Hafen Yokohama. Dann folgen weitere 20 höfen in der zweiten Gruppe mit 1-—2 Millionen zonnenx namltch der japanische Hafen Nagasaki, Fiume, Philadelpbia, Am sterdam, Durban tNatal), Rio de Ja neiro, Düntirchen, Gotenburg, Mon treal lCanaba), Loessa, Valparaiso llTbile), Venedig, Kronstatm Vera Cruz lMerito), Kalcutta, Bombay, Riga, San Francigco, Bordeaux und Tampico lMerilo). W Die tratener Auen-anderswo Cardinal Gibbons gibt allen aus wanderungslusti n Jrliinvern oen guten Rath, zu grause zu bleiben, und sein Ratbschlag steht durchaus nicht vereinzelt da. Die Verhältnisse liegen heute eben anders, als vor 50 Jahren, wo die irlänbische Auswanderung eigentlich be ann. Damals blieb der großen Mo e ver irischen Luni-bevöl terung nur die Wahl zwischen dem lan samen hungertode aus der grünen In el oder der Auswanoerung nach den Ver. Staaten. heute hat sich die Lage geändert. Die Uebervöllerung, die oor Jahren eine Existenz unter den iirtneren Klas- I sen beinahe ur Unmögltchteit machte. ist nicht mle vorhanden. Die neuen irischen Lan sehe geben dem irischeni Landmanne elegenheit, sich und die; Seinen ohne große Noth durch's Leben ! zu bringen« und die Tbancern die Ame- E rita ganz besonders den irischen Ein wanderern bot, sind beinahe ganz gei» schwanden. Heutzutoge hat der e-i länder die Politik und die politis ens Aetnter ntebt weht alt eigenste Do-( W mäne in einem unums riintten se ß, und de Zeit, wo der rlsnder das ruchtdarewgeld der Politik wird au eden mit weil eben die Politt ein fruchtbares Feld mehr sein wied, strä: tunmitteldar vor der Thür. Der« Beweis das iir, daß die ser. Staaten nicht mehr das gelobte Land des Jrliindert ist, liegt auch our allen Dingen darin, daß gerade hier ansiiss sige und wohlhadend gewordene Je lander ihren Landsleuten rathen, zu hause zu bleiben. Man dars wohl annehmen, daß diese Männer wissen, wovon sie sprechen. In vielen Fällen gleicht der Rath, der einem jungen Manne in rland oder sonst einem Lande empsie lt in der heimath zu bleiben, dem Samen. der aus die Steine siel; der junges-; länder wird troß alledem nach Amer kommen, weil er weiß daß hier die Chancen doch noch besser sind, als in der heimath; es hat keinen Zweck, ihm von den hunderten zu erzahlen die hier schwerer als in Jrland arbeiten müssen, um ihr Leben zu verdienen. denn er hält sich natürlich siir ans besserem Stosse geschniht als seinesiim glücklicheren Landsleute. Allein man darf hossen, daß sich allmälig die Idee Bahn bricht, daß siir den irischen Etli granten die Vereinigten Staaten nichi mehr sind, was sie waren, daß er in seiner Heimath gerade so gut vor iviirts kommen kann, wie in der Fremde. (W.) —- —-.-.-—-ss Der Setaftmoroveriuch im want-. Die Zeiten andern sich. Mauritani ichc Kunst läßt sich nicht mehr von Europa belehren, sie zieht überr- Meer und etobert die Länder der äbteren Kultur. Diese neuesie Phase der ame riianischen Gefahr wird moinentan durch den Sieaegzna der »Es-Meisen sahrt« illiiskrirt. ,,Looping the Loop«' heisth bei ung. Die Kunst besteht darin, das- Gesetz der Centrisugat lrast derart zu ergründen, das; man lsei der Lustsahrt ans dem Ziveirad nicht den Hals bricht. Jn letzterem WieseIsOp Hist ren- tsussnivs AkiinhHJI »s i k . .» L ; s xi i ----- -,·-· -- -- --------, »s boten". Auf die Saifon in Coney Island kamen vorigen Sommer nur zwei »Gestiirzte«. Die deutschen Groß stiidte haben eg, in tj Monaten auf Elf gebracht, darunter 5 Todte. Wenn es noch ein Kampsfpiel wäre, wild und blutig, aber mit dramati schen Wendungen, ivie die Gefechte im römischen Cirtus, fo könnte man sich die grausame Lust der Zuschauer mit der Aufregung und Spannung erklä ren. Dazu find die Nerven der jeyi- « gen Unterhaltungoinenfchen allerdings nicht mehr start genug. Nur in Spa nien weidet man sich noch immer an anfgeschlitzten Pferdedäuchen, bluten oen Stieren und gelegentlich aufge fpiefzten Toreros. Jn den anderen Kulturliindern tiedt man den Tod in der blutigen Form des Kampfes nicht mehr. Es genügen ein paar Setun den athenilosen Bangen-L ob das, was unten anlangt, ein leblofer Klumpen oder ein Mensch ist. der aufstehen nnd sich dankend derneigen tann. Die Grausamkeit ist schwächtich mit Weh leidigkeit gepaart. Der Wunsch des Zufchauerg ist es offenbar, daß der Künftler mit tnapper Noth einein gräflichen Schictfal entrinne. Es ist ein menschenfreundlicher Wunsch, aber er ift aufrichtig Bisher wurden nur Männer bei die iem nützlichen Unternehmen verwen det; doch seit einigen Monaten zieht man in Europa auch Frauen heran. Jn München ift eine Dame gestürzt, die mit dem Automobil die Schleife topfunter topfüber durchfuhr. Jn Wien zieht man jetzt die Schleife in die höhe, wenn der Selbstmord Can didat sie durchrast —inan verdoppelt alfo das Risito und gleich; eitig die Eintrittkpreisr. Die neuefte Verbesse rung tommt aus Paris. Nicht mehr auf dem Rade siyend, sondern in einem steifen lauernd durchrollte der Künst ler die Schleife. Er überfchlägt sich .I.;II.I-I-o WQI h-- I ----- L-I---. III s--IYUHQ,II Jst-s UUsI ILIOIID I,UI,III MU« sahrt bis zur Aniunst am unteren Ende. Es fehlen jedoch noch verläß liche Sterblichkeit-tadellen sür diese nnierhaltende Produktion. Der Itiinst ler, der sie vornimmt, stürzte bisher nur einmal aus der Schleife, und es wurde ihm nur ein Ohr abgerissen. Eine optimistrsche Auffassung wird vielleicht daraus hinweisen, daß er ja noch ein zweites Ohr Mike-» (N. Y. M.-Journal.) MON Qiue Eritis-e Les-ende. Das Stambuler Blatt »Ma’alu mat« bringt zur Kennzeichnung der nationalen Gegensätze in Mazedonien eine Legende, die gegenwärtig bei den Mohamedanern in edinz - Vardar im Schwunge ist. « ls Mussa s— der Friede sei mit ihm -—- ists-beginnt die eine Le.1ende) die ehernen Gesetze-sta seln von Allah empfangen hatte, mühte er sich keuchend, die schwere Last hinab zu den selten seines Volkes zu schleppen. Da begegnete ihm Jbilia, der Teufel, der zwei schwer beladene Esel thalahwärts trieb. »Als mir, Du Stiergehuster«. so sprach Mussa ihn an, »das heil Allahj zu meinem Bolie tragen.« »Ich nichi,« serwiderte der Teufel. »Ich muß hegehrtere Waare zu den Käusern bringen« »Und was ist das iiir eine Waare, die begehrier ist, als die Gabe Gattec, des Allerbarmera, und wer sind ihre Käuser?« »Und der Teufel antwor tete: »Der eine Esel iriigi den Neid und der andere den Größenwahm und leides iit verlaustan die Serben und die Bulgaren.«