Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 15, 1904, Zweiter Theil, Image 13

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    W
Die Schulden des Maja-.
Wette von Camille Lemonnier.
Als sent Bergmann als Freiwil
lisr ins Heer trat, war er ein guter,
braver unge, der nie jemandem et
was zu ide gethan. Doch im Jahre
1880 tanr es fu furchtbaren Kämpfen
Iwis Belg ern und holländerm
und rgmann hatte in Brüssel, wie
alle anderen, an den erhaltenen und
egebenen Schlägen seinen Antheil.
an behauptete, er schlüge sich wie
ein Löwe. Eine Kugel bohrte ihm ein
Loch in den Kopf, und man hob ihn
sitt halbtodt auf. Glücklicherweise
starb Hans Bergmann nicht. Als er
wieder in den Dienst trat, hatte er
eine breite Narbe an sder Wange und
die Galons des Sergeanten auf seiner
llnisorm. .
Hans Bergmann wurde in kurzer
Zeit das Muster der Sergeanten, wie
er das Muster der Soldaten gewesen
war. Nie tam er zu spät in die Ka
serne. Er behandelte seine Unterge
benen mit brüderlicher Milde. Er ge
hörte nicht zu denen, die beim Erwei
len von Befehlen fluchten und fiir die
armen Teufel von Soldaten nur harte
Worte haben. Hans vergaß sogar
das Böse, das man ihm zeitweise an
that. Thatsächlich war er sehr be
liebt, und die Leute, die ihm übel
wollten, waren ebenso selten, wie die
Flöhe in seiner Tunita.
Guter Hans Bergmann! Es war
ein schöner Tag, an dem er zuerst seine
neue Serakantentlnisorm durch die
Straßen spazieren führte. Er war
nicht stolz, aber er empfand doch eine
milde Wärme in seinem Herzen, wenn
einsache Soldaten, noch am vorigen
Tage seine Wassenbriider, ihm den
militäriscben Gruß erwiesen. tiineg
Sonntags-«- tam seine Mutter nach der
Stadt. Er sührte sie aus die Pro
menade, dann ins Theater; und die
gute Mutter wurde roth vor Vergnü
gen beim Anblick der jungen Mäd
chen, die ihren schönen Sergeanten
von der Seite anblinzelten und viel-«
leicht an das Glück dachten, ihre lleine
Hand aus seine Galons stützen zu
dürfen.
Unglücklicherweise hatte die Natur,
die Hans Bergmann alle Tugenden
geschenlt, vergessen. ihm den Sinn sür
Ordnung und Berechnung zu verlei
hen. Man verdient nicht viel im
Dienste seines Landes, trotzdem ge
lingt es zuweilen auch armen Ser
Zeantem sich von ihrem Sold sür nen
ag, wo sie sich verheiratheten, etwas
Geld zu sparen.
Das war bei Hans nicht der Fall.
Er war tein Verschwender, und doch
glitt ihm das Geld wie Wasser durch
die Finger. Die Monate vergingen.
einer nach dem andern, und mit ihnen
lam ein Hause lleiner Schulden, die
den armen Sergeanten aus heftigste
beunruhigten. Vergeblich legte er
sich sechs Tage lang die größten Ent
behrungen aus. Man sah ihn dann
atn Kasernentisch vom Morgen bis
zum Abend lesen, um nicht an die
Pseise, das Bier und die Karten zu
denlen; doch am siebenten Tage schloß
er sein Buch, sing wieder an zu rau
chen, zu spielen, seine drei Pinten zu
trinten und mit den Kameraden zu
plaudern.
Drei Pinten! Das war teine sehr
große Augaabe und doch - er wußte
selbst nicht, wie es lam, daß diese drei
Pinten eine schreckliche Tatalsumme
ergaben. Hans gestand sich nämlich
selbst nicht, das-. der größte Theil sei
neH Geldes den Armen zustel, die aus
der Straße Hunger und Kälte leiden;
ebenso dachte er nicht daran, das; sein
Tabalsbeutel stets den einfachen Sol
daten geössnet war, die daraus nach
ihrem Belieben schöpften, als hätte
der Tabat ihm nichts getostet.
»Ach was," sagte sich der gute Ser
aeanr, oer schließlich die unmoguchteit
einsah, sein Budget noch weiter ein
zuschränken, »der Leutnant wird die
Schulden des Sergeanten bezahlen«
Dann schlief er, vertrauensvoll in
die Zutunst blickend, in ruhigem
Schlummer ein. »Wer warten kann,
dem gelingt alles,« tagt das Sprich
wort, und dieses Sprichwort hatte
auch zum Theil bei Hans Bergmann
recht;« denn er wurde Leutnantx doch
die Schuld wurde nicht nur nicht ge
einger, sondern schwoll immer mehr
und uehr an.
Ein Sergeant tann noch immerhin
aus der Straße Pseise tauchen und an
der Kasernentasel essen; man braucht
nicht im Theater die schönsten Plätze
tu nehmen und spart die Ausgabe der
Handschuhe, indem man die Hände in
die Taschen steckt. Aber ein Leutnantl
Hans lernte-nun schöne junge Mäd:
chen tennen. Er sah sie bei Freunden
auf Gesellschaften, er tanzte mit ihnen
aus den Ballen, er begleitete sie aus der
Promenadr. und seine Gage hatte da«
runter tu leiden.
lind wenn es nur dass gewesen
wäret Unalijcllicherweise tann ein
Leutnant nicht wie ein Seraeant den
armen Leuten« die ihm aus der
Straße bei stiirniiichem Wetter zu
rusen: »Ein tleineg Almosen, mein
schöner, mein guter Herr Leutnant!«
Kupfermünzen geben. Auch das Mit
leid hat seine Forderungen, und die
weiße Silbertniinze kam häusiaer aus
den Taschen des Leutnantg als die
iiupserheller. .
Hang Bergmann war jetzt ein
dicker, blonder, hübscher Mentch mit
wsigkni« gesundem Gesicht; Seine
Zähne lächelten ichneeweiß m voller
Lebensfreude; der einzige Schatte-s In
— Je
diesem Licht war die Erinnerung an
seine Schulden. Ach, er wäre der
glücklichste von allen Sterblichen ge
wesen, wäre er nicht seine Epaulettes,
seine Cigarren, sein Zimmer und drei
bis vier Flaschen Champagner schul
dig geblieben; doch die war er schul
dig und noch verschiedenes andere. Auf
die Länge jedoch tröstet man sich über
alles, selbst darüber, daß man Geld
schuldig ist, und jedesmal, wenn ihn
die Bitterkeit wieder packte, pflegte
Bergmann zu sagen: ,,Werde ich nicht
auch Hauptmann werden? Der
Hauptmann wird schon die Schulden »
des Leutnants bezahlen.« ;
Er wurde auch in der That Haupt- ;
mann. Er zählte vierzig Jahre, und s
einige Haarbüschel am Rande seines;
Tschalog schillerten bereits silbern. i
Das war die richtige Zeit, um sich zu »
verheirathen; später hätte er auch
nicht mehr daran denlen dürfen.
Hans Bergmann fühlte, wie sein Herz »
höher schlug beim Anblick des hüb- f
schen Fräulein Backn)ies, der Tochter
eines Kaufmanns, der sich von dens
Geschäften zurückgezogen. Er hattes
das Glück sie erröthen zu sehen, als !
er von ihrer Verbindung sprach, und
sie verheiratheten sich bald darauf, wie
es alle thun sollten, die sich in diesem
Leben lieb haben.
Hans Bergmann wurde in kurzer
Zeit das Muster aller El)e1nänner,
wie er früher das Muster der Ser
geanten und Leutnantg gewesen war;
nie ging er ohne seine blonde Ger
trud aus, wenn er nicht gerade in den
Dienst mußte, und Abends nahmen
sie beide bei Freunden den Thee ein
oder empfingen alte Kameraden in
ihrem behaglichen tleinen Häuschen
Manchmal indessen blieben sie auch
allein, und das war nicht der schlech
tsstv Arm-nle« ji«- Tnmss Tun-la
tauchte dann feine Augen, feine guten
blauen Augen in die feiner kleinen
Frau, nnd die Stunden vergingen.
Sie zog ihn an feinem dicken Schnur
bart, er berauschte sich an ihrer An
muth und Frifche.
Dann ließ sich eines Nachts eine
ganz kleine dünne Stimme im Haufe
vernehmen, die aber doch fo lräftig
war, daß sie das Haus vom Keller
bis zum Dachgiebel ansfiillte.
»Ach,« dachte fich Hans fchwermii
thig, »man tann nicht alles Glitct ha
ben. Mit dem Kinde kommen mir
neue Ausgaben; ich werde die Taufe,
die Kinderwärterim die Toilette und
die Schule bezahlen müssen, ganz ab
gefehen von all’ dem. was der Soldat,
der Sergeant und der Leutnant noch
nicht bezahlt hat«
Doch wenn das kleine Mädchen
feine kaffeefchwarzen Augen auf ihn
richtete, verklärte ein breites Lächeln
das Gesicht des guten Hauptmanns.
Er zündete sich feine lange Pfeife an
und dachte: »Der Major wird die
Schulden des Hanptmanns fchon be
zahlen«
So ging das Leben für den guten
Hans Bergmann dahin. So vergeht
es für viele andere: man verfchiebt
auf den nächften Tag, was man heute
hätte thun sollen. Doch die Tage
sind nicht fo glücklich bei jedermann,
wie sie es fiir den Hauptmann Berg
mann waren. Kaum tonnte die Kleine
schreiben und lefen, da wurde er zum
Major ernannt
Jetzt mußte er daran denken, mit
feiner Vergangenheit anzurechnen
Er dachte auch in der That daran nnd
zwar fehe häufig. Dorn ein Major
hat an feiner Gage nicht zuviel, wenn
er fein Haus« feine Empfänge nnd
feine Pferde beftreiten foll. Hin Ma
ine- ift sin- nffirislls til-yksinlikserpit
ebenso offiiiell wie seine Pferde
Selbst seine Dienstboten haben einen
offiziellen Charakter wie er, nnd man
weiß, wag das kostet.
Welch ein Unterschied gegen die
Zeit, wo man noch Hauptmann war!
Man tonnte nnr einmal im Monat
empfangen, Ersparnisse machen und
sein ruhige-R behagliches Leben füh
ren. Jetzt war alle-s- ganz verändert,
und doch war bang Bergmann nicht
stolz. Er war der Vater seiner Sol
daten. Man sagte, wenn man von
seinem Regiment sprach, das Regi
ment Bergmann. Er vertheilte reich
lich an die Leute Tabat und Bier, und
was die Armen betraf, so war er stets
ihre Vorsehung geblieben; doch er gab
jetzt als Major, nachdem er früher als
Hauptmann. als Leutnann als Ser
geant gegeben, was etwas ganz an
deres ist.
»Ach« dachte er, »wenn ich nnr nicht
die Pferde zu ernähren hätte, wenn
ich nur nicht diese große Baracte von
Haus hättet« Und im Grunde seines
herzens dachte er mit tiefer Traurig
teit daran, das; er bald sechzig Jahre
zählte« und daß wohl niemand nach
seinem Tode seine Schulden bezahlen
würde, wenn er sie nicht bezahlte; denn
er holte die Altersgrenze siir den
Obersten bereite überschritten.
Darum leistete er wahre Wunder :
von Heroigmuo, tun an seiner Gage
zu sparen. Wie in der Flasernenzeit
legte er sich Entbehrungen aus; er
tauchte ganze Tage nicht, nnd das
war etwas sebr Schmerzliches fiir ihn,
denn er liebte den Geruch des Tabats
und nichts versetzte ihn in heiterere
Gedanten« als eine reine Havana, die l
er in seiner Meerschaumspiye
schmauchte. Oder er meldete sich
trank. um nicht an der Offizlerstasel
erscheinen zu müssen und wenigstens
seinen Antheil am Diner sparen u
lönnen. Doch nie hatte er die Kraft,
seinen Pferden ein Hafeelorm seiner
lleinen hitbschen Rana einen Bonbon,
l
i
Einer treuen Lebensgesiihrtin eine
ufmertsamteit und nothleidenden
Atmen ein Fünffrantssiüek zu versa
gen. Und so wurde jedermann in sei
ner Umgebung dick und blühend, wie
in einem irdischen Paradies.
Lanqsam wanderte Hans Berg
munn dem Alter zu, von Großen und
Kleinen geliebt. Es herrschte eine
tiefe Traurigkeit in der Stadt an dem
Tage, als man erfuhr, die Krankheit
hielte ihn an fein Bett gefesselt. Seine
farblofen Lippen öffneten sich zeit
weise, als wenn er etwas sagen wollte,
doch schloß er fie stets wieder, ohne ein
Wort gesprochen zu haben. Nur ein
Gedanke quälte ihn.
Endlich drehte er seinen alten Kon
lächelnd feiner Frau zu und seufzte:
,,Gertrud meine gute Frau, ich hatte
gehofft, vor meinem Tode einige kleine «
Schulden bezahlen zu können, die ichs
im Dienste gemacht. Doch das ist
nicht möglich· Der liebe Gott, wenn
er nur will, er wird die Schulden des
Majors bezahlen.«
MO—« —
ciu sonderbarer Leu-situierten
Wahrend man sonst gewöhnt ist, sich s
unter Leuchtthiirmen die rettendenk
Wahrzeichen vorzustellen, welche die,
gefahkdrohenden Punkte der Lüften
bezeichnen und von den Schiffernl
draußen auf dein Meere mit ängst
licher Sorgfalt beachtet werden, aibt es
einen Leuchtthurm auf unserem Pla
neten, der aus keiner Seetarte einge
tragen ist. Er ist vielmehr inmitteni
einer weiten Ebene auf dem festen
Lande errichtet, einer Ebene aller
dingg, die für den einzelnen Wanderer s
sowohl tvie für tiarawanen nicht ge
ringere Gefahren in sich birgt, alg das l
nasse Element. l
mass-I- -;«-n«vs;»s ()«u«-fx00fnsper !
.».... ....,.. m. ...,..,.....
dient, wie seine Brüder, welche die
Küste umsäumen dem hohen Zwecke,
Menschenleben zu retten. Er befindet
sich in dem schrecklichen Wiisteugebiet
von Arizona und bezeichnet die Stelle,
an der tn dem toasserlosen Lande ein
Brunnen zu finden ist. Man ist ge
nöthigt, über 50 englische Meilen nach
jeder Hitnmelsrichtung zu uiarscl)iren,
ehe man von diesem Punkte aus«- wie
der aus eine Quelle stößt.
Es ist ein primitiver Ziehbrunnenl
Aus einer Tiefe von LOUFUfz muß
sein Wasser heraufgeholt werden.
»Man bedient sich dazu eines großen
»Schöpfeitner"s und hat ein blindes
;Maulthier dafür angestellt, dar· tue
» chanisch immer rund um den Brunnen
; trottet und so die rotirende Trommel
in Bewegung setzt, die das Gefäs-, hoch
;,;ieht. Das Thier weiß aus langer
suebung ganz genau, tVie oft es seinen
» Rundgang machen muß, ehe der lfimer
to weit in die Höhe gefördert ist« daß
er überlippt und seinen Juhalt in
enien darunter angebrachten Bottich
ergießt.
Der Mann, der den Brunnen er
richtet hat, heißt Joseph Dem-. Er
verdient es, daß sein Name der Nach
welt erhalten bleibe. Dein wackereu
Manne fiel es anf, daß sehr häufig
»Reisende vor urst auf dein Wege ge
.storben waren, die nur noch einige
Schritte zu machen gehabt hätten, utn
die rettende Trinlauelle inmitten der
Wüstenei zu erreichen. Hatten sie ge
wußt, sagte er sich, wie nahe ihnen die
Rettung war, so hätten sie gewiß den
letzten Rest ihrer Kräfte zusammen- -
genommen und damit doch wohl noch
das letzte Sinctchen Wen zuriictgelegt
Von dieser Erwäguna aus-gehend
richtete er aus freiem Antriebe mit
feinen eigenen Händen eine hohe hol
«1erite, weithin sichtbare Stange neben
feinetu Brunnen auf, an der erjeden
Abent- eine l,elllsret«uende Lampe htu
tiustuindet. Dieser Lettauthurisi ist
Is-- -l. Es h-:-s-;0Zk ves- h-- Lavinia-»
.....,- » ,........» »W,
dessen Vorhandensein er bemertbar
machen mill, indefz in der schier nn .
begrenzten titene ist er ans viele, viele
Meilen in dcr Runde sicytliar und un z
zählth fzalbrserfchmachtete Wanderer
haden mit seiner tHilfe ihre schwinden i
den Kräfte wieder ausgesrischt.
-«-———— s
Atti verlangt ·
Jn Eli-sing trat vor Kurzem eine.
junge Dame, eine »Groszstadterin'«,inl
den Laden eines Fleischers nnd wolltet
einen Schinten tausen. »Ich habe hierlI
vor wenigen Wochen, gleich nach met -
netn tin-Hugo nach hier, zwei Schintenk
von Jhnen getauft. Sie waren vor l
ziiglich. Kann ich noch dieselbe Sorte
bekommen?'«
»O gewiß, gnädige Fran,« antlvor
tete der Fleischermeistckt schlagfertig"
und zeigte auf eine ganze Reihe han i
gender Schinten, »das ist alles dies
nämliche Marte.«
»Gut. Sind sie aber alle auch tvirt
lich von demselben Schweine?« fragte
die Dame weiter. »Ganz gewiß,« er
tliirte der Fleischer, ohne mit der
Wimper zu zucken.
»Das ist vorzüglich. Bitte. schicken
Sie mir nun gleich drei Schinten nan)
Hause!« « Dem Wunsche wurde na
ttirlich entsprochen.
-- --—-.-—-—- —
Gute Freunde.
»Seitdem der Baron um sein ganzes
Vermögen gekommen, kennt ihn die
Hälfte seiner Freunde nicht mehrt«
»Und die andere Hälfte?«
»Die weiß noch nicht, daß er sein
Vermögen verloren!«
Allerdings.
Mutter: »Lernt nur recht fleißig.
Kinder-! Bedenkt, was man gelernti
hat, kann einem Niemand rauben!" I
Der kleine Moritz: »Aber Mutter-,
was ich nicht gelernt hab’. das lannj
O«
mir doch erst recht Niemand rauben.
Die Strafe oes Kreuze-.
Charfreitagsftudie von Dr. J. Wiese.
Die Strafe der Kreuzigung die uns
heute wohl als die barbarischste alter
Todesstrafen erscheint, war bei den:
Völkern oer alten Welt lange Zeit ver
breitet. Tief in Asien, bei den Baby
loniern, Persern und Phöniziern, den
Völkern der ersten und anfänglichen
Cultur des Orients, dessen Bewohner
bis anf diesen Tag einen starken Zug
von Grausamkeit in sich behalten ha
ben, waren das Hautabziehen und die
Kreuzigung an der Tagesordnung und
häuften sich namentlich bei den Per
fern, seitdem die Könige fich selbst
einem iippigen Serailleben, die Regie
rung des Reiches ihren Großen über
ließen. Bei den Nachbarn der Perser,
den Syrern und Phönizierm und bei «
den Abtömmlinaen der letzteren, den
Karthagerih wurde ohne Zweifel in
Nachahmung jener das Kreuz ebenfalls
als härteste Todesstrafe eingeführt
So ließ Dariug nach der Erobernng
Von Babylon UOUU vornehme tttefani
gene lrenzigen, und der tarthagisilke
Senat quälte auf diese Art seine Feld
herren todt, wenn sie unglücklich geaen
den Feind gewesen waren.
Die alten Aegypter, dieses schon
friih in loeltlichem Wissen und für die
alte Welt auch religiösz hochgebildete
Volk hatte die harte Strafe der Sitten
ziguna gleichwohl eingeführt. Zninal
findet sie sich bei den späteren iignpti
schen Königen, welche ans Alexander-H
Schule sich dem Volke aufgednmaen
hatten. Als der Weichlina Ptolemäus
Philopator starb, lreuziate der Pöbel
von Lilerandria die tiontubinen de
elendeu Köniack Von dem March ?
nier Alexander wird inehrnialgs er s
zählt, daß er mit Vorliebe die Ver
Ohoihimak Fast-s- .,0-«h0- n.-pi K-- lcc
-.,-.- q-- ·-I s- U----· »so-, »k
nahine lreuzigen soll So ließ er
2000 wehrlose Gefangene, die mit
Todesverachtung ihrer Vaterstadt Th:
rus sechs Monate lang vertheidiat hat-«
ten, an Kreuze nageln, tnit denen er
»auf eine weite Strecke hin das Ufer
säutnte«.
Am meisten sehen wir das Kreuz in
den Händen der römischen Justiz, wohl
desshalb, weil wir von dem peinlichen
Verfahren der Römer wie von ihrer
Geschichte überhaupt am meisten wis
sen. Wir finden dort die lireuziaiiua
wie sie sich vom selteneren Gebrauch
tiitd von einer einsacheren Einrichtung
ihres Instruments nach und nach so
wohl vervielfältigt als auch zu »tiinft
licherein" Verfahren entwickelt hat
Ohne Zweifel machten sie ihre erste
Bekanntschaft bei Völkern, die das
Kreuz schon gebraucht, wahrscheinlich
also in der Zeit der Punisihen Krieqe
Die Römer behaudelten alles uiiehs
ihr peinlicheiz Verfahren, inii einer
streng logischen Rlassifitatiotr. Da
nun der Unterschied zwischen Freien
und Leibeigenen längst in die Gesetz !
gebung übergegangen iitid mit aller
Sitte verwachsen war, so ergab es sich
von selbst, daß man auch die Leibes
und Lebens-strafen danach verschieden
aus-theilte Sie behielten daher bei
Kapitalverbrerhen dein römischen Biir
ger das Beil vor, auch wohl die Er
wiirguna und in den Zeiten der Eut
artting aller übrigen Sitten den Zehei
terhaufeii oder das Herreißen durch
wilde Thiere; Sklaven, Gladiatoren
nnd Räuber wurden aetreii3igt. Daher
die kurze, fürchterliche Benennnnq
»Stlaventod« lserdile sii apiiciuiin
»Gutes roinanng sinn!« saate der nlpo
fiel Paulus, als man ihn iuin Rieu
zestode verurtheilte und so mußte-«
tnan zum Schwerte greifen. Der Tod
atu Kreuze wurde ebenso betrachtet
wie man heute etwa den aiii »Galaen«
ansieht.
Ju den ersten Zeiten der riiinisiiten
I--.-..·ke--.c. H. Its--.e. .
astkuzjksssr.usr. Uvuslukugltl Uhsttc Ullclls
Zweifel die Miisilaven die Scntenzx
des richtenden Hausherrn aus den-i
Landaiitern in siiinmarischer Stürzt-;
spiiter aber wurde in Rom ein brson i
derer, niederer Beamter der Repitblit;
zur Vollstrectung der TodegurtheileT
cn gemeinen Verbrechern anaeftellt,?
während der Freigeborene gesetzlichi
vom Histor, der aber selbst Bürger
war, durch das Beil oder durch Er- «
drosselitng vom Leben zum Tode de
fördert wurde. Der erste Akt der
Hinrichtung war die Geißelung; die»
römische Geißel war schon in ihrer
Konstritttion der itnerbittlichen ritnii «
schen Justiz würdig: knotige Stricke
oder mehrere lederne Riemen, in die
an einzelnen Stellen noch kleine, eckiae
Knoten eingenäht waren, so daß na
türlich schon auf den ersten Hieb Blut
floß und oft schon die Geifielung an
sich tddtlich wirkte. Freie aus besseren
Ständen wurden, was fiir ehrenvoller
galt, blos ntit Stöcken tfitstess, virgaet
geschlagen.
Von der weißelttna ging es zum
Richtpiasze. Die Ausdrücke: in crucem
rapere, in crucem tranere deuten wohl
an, wie geioaltthätig man dabei mit .
dem Delinanenten utttaina und wie«
rückftchtglog man verfuhr. Wohl denk
bar, dasz ein soeben (Jeaeißelter bis
ihm die-Sinne schwanden, zerrissen von
Schmerz und Wunden, mehr geschleppt I
als gefiihrt werden mußte Der Ver
itrtheilte trug häufig sein Kreuz
dessen Form meist ein lateinisches T
war — selbst und unter Jauchzen oder
Fluchen des Pöbel-L je nachdem dieseri
Partei nahm Auf der Richtstiitte.
wurde der Berurtheilte entkleiden dies
Entblößunq sollte das Ehrtose itsnd
Beschimpsende vermehren, das man ja !
in aller erdentlichen Weise mir dieserå
Todesstrafe zu verbinden wußte; selbst I
die Frauen hat jene entsittlichte Zeit
nit dieser Behandlung nicht verschont.
Aus die Prozedur der Kreuzigung
selbst, die in ost verschiedenen Ab
ufungen vor si ging, soll an dieser
Stelle nicht egan n werden
Sicher war der Tod ein ußerst grau
samer nnd qualvoller. Die heidni
schen Schriftsteller schweigen sich da
rüber im allgemeinen aus, obwohl sie
so oft sie dieses Holz des Jammers
erwähnen, laut ihren Abscheu vor ’
einem solchen Tode ausdrücken. Christ
liche dagegen haben mit besonderer
Bezugnahme auf das Leiden Jesu
augfijhrlicher daoon geredet.
Zunächst verursachte dem Gekreuzig:
ten das Sitzen aus dem harten und
schneidenden Sitzholz unerträgliche
Schmerzen. Die ganze Schwere des
Körpers ruhte auf einem schmalen
Pflocl, der, je mehr der Körper sank,
desto schinerzlicher in das Fleisch
schnitt und auf die Bedenbeine drückte.
Dieses ,,sedile« galt und wurde ange
wendet bei den römischen Kriminals
torturen alg Folterwertzeukn um Ge
ständnisse zu erpressen, und wohl hat
es seinen Zweck ersiillt; aber bei-Kreu
zigungen hatte der Arme nicht einmal
die Hoffnung des Gefotiertem fiir ihn
wurde dieses Holz der Altar, auf dem
er hoffnungslos endete. Arme und
Füße des Gekreuzigten waren mit
Seiten angebunden, wohl auch der
Leib, und diese lnotigen Stricke um
wanden unbarmherzig die Ijtiisielnng
das-, das Blut in den Adern stockte und
diese schmerzlich schwellte; sie hemmten
jede Bewegung deg Leibes-, gaben ihm
eine unerträglich steife Halb-ist« die,
an sich schon schmerzlich genug, von
Minute zu Minute noch schmerzlicher
wurde. Endlich waren Hände und
Fiifze mit großen, dieien Nägeln durch
bohrt, die die tinorhenverbiudung zer
rissen; die Wunden erweiterten sich
immer mehr, ent,,undeten sich an der
k- k k -:-.
l«--»--.
UtbsssikslUbll VIIIIIL Il l,Ioc, lU Muts LIIIL
brennende Röthe und glühende Fieber
hitze den ganzen Leib ergriff und wie
in einem Schmelzdfen der Schmerzen
ihn durehbrannte So wird ex- leicht
ertlärlich, wie bei allen Gekreuzigten
sehr bald der Ruf nach einem Schluck
Wasser laut ward, ein Schrei der
Noth, in den auch Jefug, taum noch
Herr seiner Qual, mit hat einstimmen
miisfen. Aber den wenigsten von al
len, die an Kreuzen enden-n, hat man
auch nur so geringe Erquickung dar
gereicht, wie die paar Tropfen, die
Jesus mit seinen brennenden Lippen
aus jenem dargereichten Selnvamme
rinsog; zuineift verhallte dieser Schrei
ungehört: fast alle hat man auch noch
der Höllengluih dei- Berschmachtens
gleichgiltig überlassen Wenn man die
Schattirung des fchreckendvollen Bil
desz völlig ausführen wollte, fa miißte
man auch an das- fliegende Gezieser
erinnern: aber auch so n-. sag man sich
die Fruchtbarkeit der streUZeLstrafe
are-malen, die den Armen ohne Hoff
nung als die auf den Tod ließ.
Und der stellte fast regeliiiäszin,
wenn man nicht zur Avtiirzuna der
Leiden das Crucifragimn, d. h. das
Zerschlaaen der Schenkel, anwandte,
erst spät sich ein« Nachdem Tag und
Racht oft vergangen und die Getreu-:
zigten Iuinuien- und stundenmeiseihn
herbeigernfen, nachdem sie bis zum
Wahnsinn gelitten, Schmerzen aus-ge
standen, fiir die es kein Wort mehr
giebt, nachdem fie, lvie Seneca sagt,
tropfenlveife ihr Leben verhar: cht kam
endlich die Hoffnung nnd der Tros
uurll fiir ihr Leiden der Tod.
— ---.-ss-— --·
Humor tu der Schule.
Die »Und. Pj'.11s«« link im fitlch Uc «
Schnllnnnvristila mit. Llns Aufstij
l»ce,... K
»Hu-« ».-u;2 Outus List-cui Ulldj UUUJ
nach dem Tode noch durch den liebli
elfen Hang seiner Geborene-A
»Friiher sind die Leute im hohen
Alter ge stotben, denn mit der ärztli
cljien Ei Inst mai ec» nods i unt wei her «
»’l.·mlfische zeitlmen sicn dum) ihr
nnhandlis I)e.- ,formnt one-. «
,,S:essingg Gram lebet Den Tcd sei
net nkau war ein so tiefer. dis: er
ioerhnupt erst nocb Italien giin
mußte-, um die Wunden zu heilen, die
ihms eine Frau geschlagen hatte. «
—-—s—·-——————
Detaillitlek stummen
Junge Frau (schluchzend): »Ich sehe
es deutlich, Du liebst mich nicht, Du
hast mich lediglich wegen meiner III-H
Matt 753 Pfennig gel)eikathet!«
Im Eifer-.
Arzt: »Was doch tiefer Doktor skopf
für ’ne große Ptaxic hat«
Kollege-: ,,IJke!lneiirDig, nnd dabei
ist er das-« größte Rinovielz - unter
uns natii1-lich!«
lssin ein-unter sicllner.
Dame: ,»,Sic, siellnexz Dai- Viet isk
ja ganz warm. «
Kellnen »Der Gnädigen gegen: inei
lann ja nichts kalt l!eiden!«
thbllimt
Tochter des Haufe-:- weim TM ttag
essen): ,.Diesen Pndding habe ich seli- It
zubereitet, niie schmeckt er Jlsznen
Gesi: ,,Gnädige3 ,,rän:ein sind ,.;::
etwas Höherem »nehmen«
—.-»
Immer der Gleiche.
Professor lspöt Nachts heimkehrend,
zur Gattin, die in ihrer Gardinenpte
dsgl öfters stecken bl liebi): »Aber liebe
Frau, es scheint Du hast Dich heute
wieder nicht genügend vorbereitet!«
In der Küche-.
Köchin: »Das ist eine gute treue
Seele, mein Schatz; neulich war mir
der hammelbraten verbrannt, ich sage
Dir, da hat er mit mir geweint!«
Ver Freier-.
Dumoresse von S o.« Ja.
Anna-, die älteste und wenigst MI
sche von vier sehr heirathslustigm
Schwestern, hatte endlich einen FMU
gesunden. Leider kannte sie glitt
denselben noch nicht persönlich Anw
tegt durch seine heiraths-Annonce
unterhielt sie blos einen lebhaften
Brieftoechsel mit ihm; jedoch in seinem
letzten Schreiben hatte er, der Post
beamte Heinrich Schön, seinen Besuch
in nahe Aussicht gestellt.
Anna las diese Zeilen immer wie
der in freudigster Erregung nnd fühlte
sich bereits glücklich als- lijnftige Braut.
In süße- Träuinerei versunken, vergaß
sie sogar, ihre Toilette zu beenden, nnd
besann sich noch im YJiorgen-Negligee,
als eg an derGartenthiir heftig läutete.
Anna eilte znrn Fenster. Vor dem
Hause stand ein, nicht gerade elegant,
doch anständig getleideter Herr. Anna
set-, Das; seine Gestalt mittelgros; nnd
rundlich mor, daß er ein breites Gesicht
nnd einen ounllen Schnurrbart sein
eigen nannte. Gerade so hatte sich
Heinrich Schön in sein-en Brieer ge
schildert
Kein Zweifel — da stand schon der
ersehnte Bräutigam. Und wie sah
Anna aus!
Hastig verständigte sie die Familie,
nnd Schwester Einma begrüßte statt
ihrer den Gast. Der aber fragte so
fort nach Fräulein Anna. Emma
misasxilriiekie Die Schwester, daß sie
nicht ganz wohl gewesen, nnd deshalb
nocts niit Der Toilette beschäftigt wäre.
»Aber, ader«, sagte Herr Schön
mit eigentlninilich bölnnischem Acrent,
frimn inli nms nie-sit nimm- lein mif
Fränlesin Anna, und sinv’s wir serr
bald fertig miteinander.«
Dabei lächelte er überlaut und miß
siel dem jungen Mädchen sehr. Er
war nämlich ausnehmend häßlich, hat
te Blattcrnnarben im Gesicht, Zahnlii
len uno große-, plumpe Hände, welche
in seljr abgetragenen Zwirnhandschu
ljcn steclien.
Arme Anna, dachte Ennna, wie
wird sie enttänscht sein!
Wäljrenooem war auch die Mutter
ljerbeiaclommen nnd förmlich zurück
a«:prallt, als sie den, nichts weniger
alis schönen Herrn Schön in der Nähe
san. Nein, einen solchen Schwieger
soljn wollte sie nicht haben. Lieber gar
keinen-!
Doch aber war die Rechnunggräthin
artia mii dem Besuche. Sie bat ihn,
anf der Terrasse Platz zu nehmen, nnd
deanftraate itjre jüngste Tochter, Er
srischunacn zn besorgen.
»Ist aar nicht nöthig, knädige
Frau«, sagte abwelnend Herr Schön.
»Ich will jao nur Frailein Anna
sprechan
Da lief die Jüngste schleunigst zu
Anna: Schwesterchen, komm doch
schnell! Der Herr kann’s ja gar nicht
mehr erwarten. Er will sich nich-i ein
mal setzen.
Und Anna beeiltc sich. Jn wenigen
Alcinnten war sie fertig, nnd nun sah
sie zum Fenster herab anf den stür
mischcn Freier, der auf der Terrnsse
so ungeduldig itjier harrte. Anna sah,
wie häßlich der Mensch war, nnd alles
Verlodnnnealiicl lzerficl in ilzr wie ein
sinrtknnanie
int ausschlianan sank sie in ein
.«euil nnr mit dem einen Gedan
Oscinrich mir ziraut vor Dir!.....
kurz-s ins-; Anna, die Enttäuschte,
ID Ju
Usnnlsch .;·--r stand sie doch ernst,
working r·-««"-.· dem Fremden, der sie
auch sxineriejtsk nur stumm, mit einer
liniisnnn Iskksxtciegxzng begriißtr.
’.7.’i«!·37 ftciln Dor: »Hier, Herr
Schön, ist meine Tochicr ’Llnnn.«
Herr disan nickte nan; gkcichqiiliig,
enrlicn aber platzt-c er iirqcrlich het
auxk: »Wil! ich doch nur Frailein Kö
chin Annn, wag mich nat lxerbcstellt
annicssen lassen nai: Stiefsln Bin ich
sie nämlich Erhiisiermcistek men«
Manto nnd Tochter sub-en sich be
troffcn an.
Anna lief schnell zum Fenster, um
das Laclxkn in Geqenwati des ehr
samen Schnftmncisiers unterdrücken
zu können
»Ach ju, unsere Netti,«' sagte die
Nkchnnnqgräthim nnd eine Zentner
Hast fiel ihr vom Herzen:
»Anm, mein liebe-J Kind, führe
schnell Den Ijsscificr Bären in die Küche."
Unm- Sonntags-jämm
»Halte tm smnoic neue Doppelbüchsr.
gesun- auf ein«-« Schuß zwei Luther
Helmwa