Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 12, 1904, Zweiter Theil, Image 9

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    Wenn Kon und derz sich widersprach,
That doch äule t Das Herz entscheiden,
Der arme o giebt immer nach,
Weil er der liigste ist oon beiden.
Nicht wachsen istehst du, wie aufmerk
am du bist,
Das Gras, doch merkst du bald, daß es
gewachsen ist.
So tröste «t-ich, wo gleich nicht das Ge
deih’n erschien
Von jedem Werk, zuletzt ans einmal
ist’s gedieh’n.
F. R ii ei e r t.
-————-I·..-—-—-—
n treue fest.
—.
Nooelette von Antonia Andrea.
Als präulein von Wedderlopp den
Postmei ter Ortmann heirathete, wun
derten sich die Leute. Eigentlich eine
Mesallianret Sie stammte aus einer
zwar verarmten, Doch noch immer an
geschienen Adelssamilie und hatte eine
,,arinolratische« Erziehung genossen.
Natürlich eine Heirath aus Liede —- die
steckt gewöhnlich hinter derartigen ge:
fellschafrlichen Unregelmäßigkeitent
Der Postmeister war übrigens ein
shmpathischer Mann, von feinen Ma:
nieren. Die atelige Verwandtschaft
braucht sich nicht seiner zu schämen.
Vor einigen Jahren sollte er etivag
fiott gelebt haben, über seine Verhält—
nisse hinaus. Er war-Er Sohn ein-es
Oanoxoerlcrg nno hatte sich von unten
herausgearlzeitet Die Leute erinnerten
sich, Meer als Postschreiber einge:re:
ten mar. Seit seiner Verheirathung.
knapp anstertbalb Jahr, füher er Dai
solideste Leken von der Wett. Tie
früheren Bekannten des- Postmeistersz
stichelten gelegentlich, oasz die aristotrn
tische Heira:h ihn in Regionen entriiat
hiitte, wo nur das »Von« ikerrschteI
aixer an der jungen Frau sei-Jst fanden
ftc wenig genug zu tespöiteln. Trotz
ihrer strenan Zuriidtzaltnna mußte
man ihr eine ur.·.ni:ierstenkiak.s den-inz
gute nach-sagen, Die ihi ja auch aug- den
liibschem braunen Augen leuchtete-.
Kurz, man mußte sie achten. Man
toiire sogar bereit gewesen, sie zu lie
ben, wenn sie nur einen einzigen Da:
menlassee gegeben over wenigstens nicht
jede Einladung zu einem solchen Joge
iehnt hatt-.
Leider wares eines Tage-S mit dieser
Achtung vorbei -—— menn man der ös:
sentlichen Meinung Glauben schenten
durfte; es mischte sich sogar etwas
Schadensreude hinein, als Der bekannte
Detinquentenrvagen oor dem t. LPosts
hause hielt um den Gatten oer 21risto
statin nach Stettin anzuführen in oie
Untersuchungs-hast Zwei Gendarmen
hinter sich, wankte der Postmeister her
aus, gestiin aus den Arm seiner Frau.
«Ii esiveiß wie ein Marmortxild aussah.
Sie schaute weder nach rechts noch nach
lints; die schlanke Gestalt ungebeugt,
ten Kopf gegen die Schulter des Ver
hasteten geneigt, so siilyrte sie ihn- nach
dem Wagen und blieb stehen, bis er
abfuhr. Dann ging sie in das Haus
zurück, wo sie nun allein geblieben war.
Nicht eine Thräne hatte sie geweint,
stolz lyUte sie sich gehalten, als ob sie
ist-er aller-Schande stark-Ie: das behaup
teten die Leute. Sie wußten nicht,
was diesem furchtbaren, stummen Ab
schied vorangegangen spar.
Am Fenster hatte die junge Frau ge
standen, an diesem schönen Sommer
morgen. Sie schaute dem Gatten nach.
der laie Straße nach dem Bahnhos hin-«
schritt. Er hatte dort zu thun. Jn
einer Stunde wollte er zurück sein. Die
große Revision sollte stattfinden. Der
Oberpostrath wurde erwartet. Ter
Gatte toar in den letzten Tagen etwas
verstimmt und nervös gewesen. In der
Nacht hörte sie il7n einmal stöhnen Sie
dachte, er that-e es im Schias, unso be
tübttc leise feine Stirn Da nun-he
ihre band plötzlich umklammsert und
brennende Lippen küßten sie zwei-,
dreimal.
,,Mar, liebster Mann, du bist inir
doch nicht irani?«
»Ich weiß nicht,« stammelte er ver
worren. »Ein entsetzlicher Traum. Du
entschivebtesi vor meinen Augen in die
Wolken; ich sank in eine grauenhafte
Tiefe, ohne Grund und Boden. Ach.
Elisadeth, diese Trennung von dir
war schlimmer als sterben!«
»Wie kann ein Traum dich so denn
ruhig-en. Liebster? Uns trennt ansEr
den nichts als der Tod.« Sie siiisterte
ihm ein paar innige Worte ins Ohr,
daß er vor Freude erbebie und ihre
hände aus feine Augen legte-, aus de
nen die Tdränen brachen- llnd den
höchsten Morgen war er wie in einem
Rausch. Er wollte sie gar nicht aus
seinen Armen lassen. Dann mußte er
fort nach dem Bahnhei Er nahm ei
nen Abschied. als träte er eine weite
Reife an. Schon an der Idiir erthte
er sich noch einmal um: »Nicht Wahr,
Elisnbetikfs Unsere Ehe ivar ein Pa
radies das Herrlichiie darin unsere.
Liebe. Das iann uns Niemand mehr
rauben. Aber nkich quält etwas-. Wenn
Du mich nicht länger lieben tönnteit,
Clisabeili, nur Eines dann: verachte
mich nicht — bemitleide mich. Bitt-,
thue es —- bitte!"
Er war draußen und sie stand ke
trossen. Was meinte er? Wäre er nur
erst wieder zurück! Sie seEWk sich
strengen-los nach ihm. Dnnn tam dxe
Unruhe des Traumes iilsier fie. Als ob
sie heut« Morgen nicht darüber gelacht
-k«i-;itten! Jetzt konnte sie nicht lachen.
Sie blieb förmlich aus der Latier vor
dein Fenster. Endlich sah sie ihn inni
inen. Er ging schnell den Knvi ne
senti, wie in Gedanim oder Sorge.
Sen Weitem schaute er hinaus, tvo sie
s
Yeöraska
Wtaats--ZLn-zi:jger Und Yerolkm
J. P. Winden-M Herausgehen Grund Island, Nebr» 12. Februar 1904 ( Zweiter TlpciU Jahrgang 24 No. 2-1.
———— --.«.— . —- ——---——.—»--.-- - - -.- —j.-..-. . I..—.A--»—.-,f —». — —,-... .— —». , ,——-—-—. .»«Ä ,-— .---—,» ——-—-f-,-. «.— .
hinter der Gardine stand. Wie scheul
Und flüchtig! Jhr wurde ganz ban
Die Unruhe wollte nichSt weichen a
tam Jemand herein. Sie hörte, daß
im Korrioor die Thüre tnarrte.
,,Max, bist du es?«
Es erfolgte keine Antwort. Vorn
in der Wohnstube war Niemand; aber
in dem Schlafzimnrer rumorte es. Mit
einem Ruck stieß sie dien Thüre auf. Da
stand ihr Mann, den Rock, die Weste,
selbst das Hecnd iiber die Brust ausge- «
rissen, bleich wie ein Gespenst, in der
Hand einen Revolver.
»Geh’, geh’ fort!«
tenntlicher Stimme.
Aber fie entwano ihm die Mord
lvafse und schlang ihre Arme um ihm
»Was willst o!u thun, mein Gatte?
Dein Weib verlassen und —-—— dein
Kind, ehe es den Vater mit Augen ge
schaut? Es wäre ein Treubruch,
s«
Mar, ein elender Trenbruch.
rief er mit un
Er sank ihr unter den Händen zu:.
sammen, das-, sie ihn ans den Fußbo-:
den gleiten lassen mußte. Sie nahm
seinen Kopf in ihren Schoosz, bis er
wieder die Flugen aufschlug und spre
can konnte, langsam nur« abgerissen
und schwer-, als ob jedes Wort ein
Stiict von seinem Herzen wäre; der
Augenbxict wäre gekommen. Die Ach
tung hörte auf. Würde ihr Mitleid
standhaltan Er hätte als Jungaes
selle leicht gxlcbt und schlecht aewirth
schast:t. Bis zu einer Unterschlagung
hätte er es gebracht! Freilich, es sollte
nur ein ,,(Entlehnen" sein. Er hätte
auch nebenbei einiges ersetzt. Drei
tausend Mart nur noch! Da lernte er
sie kennen. Mit dem Sparen war es
vorbei. Die neue Hauseinrirhtunsa,
die Hochzeit ersoroerten Gelo. Es soll-·
te ihrer würdig sein. Er liebte sie ja
iiber alles. Plötzlich, bald nach ihrer
Verheirathung, überzeugte er sich, daß
sich nichts mehr in den Büchern ver
decken ließ. Von einem Quartal zum
andern mußte er auf seinen Fall ge
faßt sein Die große Revision führte
ihn nach sich. Er war vorbereitet. Der
Postrath hatte sein freies Geständnis;
bereits entgegengenommen. Nun das
Ende --- schnellt »Gih mir den Re
volvert Sei barmherzig, foenn du mich
je geliebt hast!«
Sie schüttelte energisch den Kopf.
»Nein, Max! Das ist die Flucht des
Feiglings. Der Muthige sühnt! Du
hast dich schuldig gemacht und mußt
deine Strafe büßen. Aber fest ver
lassen kannst du dich allezeit aus die
Barmherzigkeit Gottes und die Treue
deines Weideg. Jetzt ——— steh aus, mein
Armerl Man tommt.«
Es waren sie beiden Gendarmerr
Ein letzter, herzzerreiszender Abschied
dann wurde er sortgefiihrt, und
sie gab ihm ihren Llrm zur Stütze:
Fünf Jahre Gefängniß wegen Un
terschlagung und Fälschunal Lln Dem
Tage, da das Urtheil gefält wurde,
öffnete ein tleine5«Menschenwesen die
Augen zum Leben, und rie Mutter
flüsterte den Namen des abwesenden
Vaters. Es war eine verhängnißvolle
Stunde auf Leben und Tode gewesen;
aber sie nahm einen tröstlichen Aus
gana.
Gleich nach der Katastrophe hatte
der Amtsrath seine Schwester in sein
Haus geholt. Die Frau Amtsrath
sUuss Ell unt-« Un- uhs r.ssqsksuus «Iuo— i
ter das neugeborene Knäblein in cenj
Arm legte. · ;
Die Stadt inzwischen tvar voll von J
der Verurtheiluna des Postmeisters
und der Geburt seines Kindes. Man
sah aespannt dem Schluß des Dra- ;
inas entgegen, der unvermeidlichen
Scheidung. -
Aber es tam anders. Frau Ort
mann, die man ein sür allemal in den
Schooß derJhren zurückgekehrt glaub
te, miethete sich zum Herbst eine Woh
nung in der Stadt, räunrte ihre Mii
bel ein, und eines Morgens that sich
ein SchaufeMter aus mit reizen-d gar:
nirten Hüten und Dauben, über mel
eHem die verblüfften Leute lesen tonns
ten-: »E. Ortmann, IllutzmacherinR
Man besann sich ein paar Tage;
dann. sckon aus Neugierde. tam man
mit Bestellungen, ja selbst getauft
wurde nach und nach, denn Frau Ort
niann stellte wahre kleine Kunstwerke
von Modistenarbeit aus.
Und erst sie selbst! Jn ihre-n
schlichten, schwarzen Kleide» mit dem
winriaem weißen Tiillhäubchen, sah
lsie aug wie eine jungen Wittive --- im
nser ,,aristckratisch«, troy der freund
lichen Zuvortommenhejt mit rer sie
ihrefiunden bediente. Die Frau-kreis
plhdsilus war die erste aus dem »Hiah
life«, welche di: neue Putzmacherin irr
Anspruch nalhmx ihr folgten die ande
ren nach.
Es ver-lautete insdesi nichts von- der
Scheidung, bis man schließlich dahin
ter-karn, daß Frau Drtmann sich "ber
baupt nicht von ihrem Manne scki den
lassen wollte. Die Familie gab sie in
folgedessen auf; selbst Amtsraths ver
kehrten nicht mehr mit ihr.
Aber der zweite Geburtstag des
kleinen Max war noch nicht vorüber,
da besuchte der Amtsrath seine Schwe
ster wieder. Er wollte doch mal sehen,
wag der Junge machte, den er aus der
Taufe gehoben hatte. Ein süßer, klei
net Kerl! Weddertop-p’sche Auqen.
Nicht der Stärtste. Landluft würde
nachhelfen. Elisalzeth könnte doch een
Sonntag mit ihm herauskommen —
natiirlich gleich am Morgen, sonst
lohnte es sich ja nicht. Er würde ihr
den nächsten Sonntag seinen Waaen
schicken. Seine Frau freute sich schon
Darauf.
Sie that es wirklich, als Elisabcth
den Sonntag Vormittag mit ihrem
Knaben angefahren tatn. Sie um«
arknte die Schwäaerim während sie den
kleinen Max mit tjellen Blicken bewun
derie.
»Das ist er also· J, seh mal einer
das siiße Benaelchen! Du tleideft ils-n
ja reizen-d, Elisabeth.« Doch ihn Ehe
en beneiden, kas- waigte sie, die Lin
Teiles-U nicht. Dieser armen, jungen
Frau that e: nöthigen als irgend einer
anderen aus der Welt.
Als Elisai·eth den Abend heim
sahn same die Amtsräthin, daf; ihr
Mann es hörte: »Du haeb recht ne
than! Nichts adelt das Weib mehr
ali- Treue!«
Nach taum vie: Jahren lieferte der
Umme Lcl t. t. Purtucuuuttrutg um
Orte die runde Summe Von dreitan
send Mart ad, im thtftraae seiner
Schwester, rer Frau Ortmann Bald
darrtuf verbreitete sich das Gerücht,
der Kaiser hätte ein Bignadigunsgkge
such bewilligt.
Il- Ik
Am Weihnachtsabend, »als der
Sturm den Schnee über das -lle.ne
Haus trieb, wo Frau Elisaheth noch
an dem Ausvsutz des Christlsäumchensz
fiir den Weihnachtsmorgen arbeitete,
nachdem sie die beiden ,,5’fr«ciulein5«
bereits beschenkt und entlassen hatte,
klopfte eg- an ihre Thüre.
»Noch ein Herr, Frau Ortmann!«
meldete das Dienstmädchen
Er stand schon auf der Schwelle, ein
hagerer, etwas aediickter Mann mit ei
nem unaepflegten Bart und M
grauem baaar.
»E—li—sa—sbeth -—-«
»Mein geliebter Mann --- willkom
men!«
Er lasqi zu ihren Füßen. In einer
langen, stummen Umarmttng feierten
sie das Wiedersehen, die Wieder-verei
niauna ihres Lebens - unter dem
trampshaften Schluchzen oeg Mannes
und den stillen Titränen der Frau. die
auf das von Gram und Rette geh-leichte
Haupt fielen und alle Schuld hinweg
iouschen
»Mein Weid, mein liebes, trettes
Weibl« Das war alles, trag er in
dieser großen Minute denten unr- sagen
konnte
Endlich zog sie ihn empor una nahrn
rien Lampe von dem Tisch. »Komm - —
Vater!« Sie führte ihn bei der Hand
an ein Vettchen in dem offenen Neben-:
zimrnen »Das ist er. unser Knabe-I«
Keine-i Wortes mächtia, neiats er sich
iiber dag rosig angehauchte Gesicht des
kleinen Schläfers-, während sie flü
sterte: »Man dein Vater ist Dak« Ob
er es im Traume hörte? lkr reate sich.
er lachte, wie frohe Kinder häufig im
Schlafe lachen.
»Mein Kind, mein Sohns Unser,
Elisabeth, unser!« Tsr Mann sank
oor dem Bettchen auf die An e: da
leate sein Weib seine ritternden Hände
szusarnmem und neben ihm tnseeno de
teten sie gemeinsam das Vaterunser.
Hob-»
Was eine tüchtige Köksch ist.
Soldatenschnurre von Karl Rai-e.
Unser Herrgott Verlasse keinen dra
oen Deutschen, sagt ein altes Titinrm
and einen brauen Eiliedlenduraer erst
recht nicht. Wenn dieser brave Marien
bnraer aber gar Gardedraacner sei
»und eine brave ianagmijnnische
,,Kötsch« zur Braut habe, dann sei er
;ihsn aanz besonders aniidig, nnd es
möge nun trunan oder schief geden,
siir ten braven Meciienburgek nnd
Gardelaragoner lanse eg allezeit gut ab.
Indessen die Geschichte innsz doch
ncch einen Haken haben.
Nun war am Ende nicht daran zu
zweifeln, dasz es lkeinem Menschen ein
gefallen wäre, die Geieaendeit zu be
nutzen und dein Herrn Neaimentgtozns
manneur seine Kaserne fortzutraaem
noch weniaer etwa ein paar Gäirie aus
den Ställen, oder gar Den einen oder
den anderen seiner tapferen Vater
landssoertdeidiger; und ebensowenig
würde sich Jemand gemiißiat aesunden
haben, ihm irgend etwas hinein-inm
aen, ineinethalben ein paar Körbe
Veuve Ctiqnot siir das Ossgziers:
tasino oder ein paar Kisten Happolds
Tinte-Topp fiir die Herren Un«ervssi
ziere. Ich meine weniUtensI Nichts
destoweniger hatte er es fiir angezeigt
gehalten, an die Lanafeite des Kasu-s
kcengrunsdftiicts einen Posten aufzustel
en.
Das- war nun feine Sache, und
Sache des jedesmaligen Postens war
es, feine zwei Stunden treulich abzu
ftehen; Gottlieb Nudelniiiller, der brave
Mectlenburger, von weichem Zelt erzäh
len will, mußte sich Damit abfindem
wie alle anderen Gardedragoner auch,
die Herren Unteroffiziere und Offiziere
nicht ausgeschlossen Und —- —— doch
ich will erzählen!
Gottlieb Nudelmiiller hatte Urlan
gehabt und diesen benutzt, um seine
landsmänische Braut, Trinliese Fäh:
sel, zu besuchen, welche in- dem Thier
aartenoiertel die beneidenswerthe
Stelle einer hochherrfchaftlichen siötfch
bekleidete Der war nun vorbei, netto
eine lhalbe Stunde schon, und Gottlieb
hockte noch immer bei seiner Trinliefe,
aß Schinlen in Burgunver, trank und
tauchte dazu, und ließ den lieben Gott
feinen guten Freund und den Herrn
Wachstmeijter feiner Schwakiron Markt:
citeifter fein, trotzdem der letztere ihm
bei der Urlanbgliemilligtma noch a HO
driictlich gesagt l;atte: ,,Neuni.äiutiaer
Filcu, drei Tage Kasten find Dir
sicher, wenn Du nicht piinttlich in der
Siaserne bist.«
Es trat aber auch gar zu schön bentc
gewesen. Trinliefeg Herrschaft war
verreist, ganz und gar allesaman
Jungfer stötfch war ganz allein zu:
riiclaeblieben und ---- ldatte um seinet
willen nicht nur geschmort, pedackktn
nnd gebraten aus Leinel hole-, ne
hatte auch Bier und Wein dazu be:
sorgt, und gar eine Hand voll Ciaar
ren irgendwo aufgestörlert gehabt.
Gottlieh Nudelmiiller hätte es im
Paradiese nicht schöner haben können.
Da war es tein Wunder, daß er noch
immer bei seiner Kötsch schwelgte, als
die aroße Flötenuhr ans dem Flur der
herrschaftlicken Wohnnug ihr Mitter
nachtglied anhab.
,,Dunderlatter, Trinlieselen!« Gott«
lieb war ansaesptunaen und hatte zur
Säbeltoppel gegriffen »JS bat san
ipiide all?« «
»Gott twölwe is- ’t!« hatte Trinliiese
gemeint, etwas oerorrssen ob rer
plötzlichen Unterbrechung
,,Un um twölwe sall ic! all in ·er
Kaserne sien!«
»Warst noch hentomnren!«
»Wenn ehr denn! Jct l;sa·;’ ne halbe
Stunde to lopen·«
»De skaserne is nich nt der Welt!«
»Tai weit icki Un dree Dage sm
mick feier, dat weit ick ot!«
»Sei ward so schlimm nich ward-m
Gottliebeten!«
»Ja kenne meinen Ollenl Dree Tage
inött ict rin, da bitt teine Muse ’en
Faer as.« -——
Während dieser Hin- und Wider
reden hatte Trinliese dem Geliebten
zum Troste salle Taschen voll Wurst
ertoen und Bratenrester gestopft, und
enrlich hatte sie ihn nach ein paar hei
ßen. sür ihr Liebes-sehnen nur zu
flüchtig gewesenen Küssen —-- bepactt
wie ein Esel des Maulcs entlassen.
Eine halbe Stund: später treiste
Gottfried um die Raserne her. »Ver
dibbolt ol, dai mött to juderletzt noch
tommen! Wenn man de Olle den ver:
":ibbelten lPosten nich acht-er deKaserne
henpräzelt härr, denn leimen wei am
Enne ober be Mitre. Aber san ig dat
ganz oertwaasl Dunderlatter nee! Un
ein mött wei. Jck tann doch nich bitten
liggen blieben!«
Gottlieb trat aus den Posten zu.
»D·n, teet mal um’t Ecl ruin. iet will
obet de Muer t"lattern!« «
»Vertrecl)ristes, Minsche, hiist’ D’
oenns urianocs
»Quatschkopp! Wenn ick den hätte-,
denn bructt ich Di nich! Mai fast, teet
um’t Ert, of de Rande nich timmt.«
»Aber Minsche, out geiht sooch nich.«
»Tai-mit sasst Du jo gcihn, olle
Pavelunne!«
»Jck tomme io in Deibetg Küche,
wenn ick Di roher stiegen late.«
»Mit tiunust Du doch, wenn Dsn’t
ot nich dheistt mel, Du Döstopp, id
liiiv’ alle Taschen vull Worst un Bra
den von iniene Brut. Rut bloß mal!«
Gottlieb hieit dem Posten ein Stiicl
Braten unter die Nase. »Li5pt Di da
nich all dat Water in«n Mute Mam
menJ Un dat mött mniommen, wenn
ict Kosten triegr. Denk bloß an.'«
«Minsche, ict dhedc Di ja hakzlich
nerne ruthilpen.«
»Mit is schon en ander Wort. Da
sritt dat Stücke op, ick häv de Taschen
sau vull, ick triege’t nich wedder rin.«
Gottlieb schob dem Kameraden das
Stück Braten in- den Mund. »Un nun
mat un tect, os de Ronde noch nich
timntt.«
Jn diesem Augenblick ward durch
die Stille der Nsacht der Anrus der
Rande vernehmlich
»So ne olle Dummheet!« Jn dem
selben Augenblick hatte Gottiieb oen
Säbel des iauenden Postens an sich
gerissen. »Dat hast Du davon. Alle
wiele givt Di dal und bist trank,
wettst von nist, dheist wie dod. Datt
annere will ick denn wohl besorgen.
Mai dat Du dal k«immst, olle Swie
neegel!!«
Der völlig verdutztePosten that, wie
ihm geheißen war; und nlun kam auch
schon die Ronde Von der Neben
Straße her die Straße hoch. ·
,,Dat Du de Schnute hä«ltst!«
rannte Gottlieb dem an der Erde hin
gestreckt liegenden Kameraden zu,
dheist as of Du dod wärst, hörst D’?
Dann will icl die Sache wohl klar
kriegen.«
Wenige Selunden später hallte
Gottliebs Ruf der Runde entgegen:
»Halt, wer dat«
«Ronde!«
Und dann hieß es bald: »Nami?
Was ist denn das sijr ein Schwein
dort?«
Und dann meldete Gottlieb: »Ich
lam Um halb zwölf vom Uriaub zu
rück, da traf ich den Posten hier tod
stcrbengiranl. Er rief mich an und bat
mich, nach der Wache zu laufen und
Meldung zu machen, damit er abge
löst würde. Aber noch ehe ich ihn recht
dearissen hatte, brach er schon zusam
nien. Da bin ich l).:r geblieben, und
er liegt seinem Dort, als ob er todt
sei.« s—
n-»J ZU k.-f.t (—.t'-.cc«.-)« -:.: O--..
»s«k«c H- tuuqs ULIUHLH« clks Ußs
Ossizier, indem er auf den starr und
steif an der Erde liegenden Mann zu
trat.
»Zu Befehl, nein, Herr LeutnantI
Jch h-ab’ asuch erst gedacht, er sei be
trunken; aber er ist wahrscheinlich in
folge Hitzschlsags krank geworden." —
,,Schas5topf! Hitzschldg um Mit
ternacht gibt’s ja gar nicht! Aber
nach Strff riecht der Kerl allerdings
nicht, das stimmt. Muß ihm also
etwas anderes zugestoßen sein. Blei
ben Sie so lange hier! Jch werde so
fort fiir '2lblösung sorgen!«
»er Befehl, Herr Leutnant!«
»Siehst D’, dummes Ludert«
rannte Gottlieb dem Kameraden an
der Erde zu, ,,fau geiht dat gut. Dat
Du mi btosz tojuterletzt keine Dumm
heeten mehr meist. Wenn Di erst de
Doktor unner de Finger hätt, denn
kannst Du ja quanzwies weoder oble
ben, aber bet dahin blivst Du dod.«
Der Mann bl eb auch tod t, bis der
Doktor ihn unter die Finger bekam
Da trachte er langsam auf Und das
machte er so vorzüglich, daß der junge
Eleslulap etwas von apop lettischem
Habitus sprach, ihm drei Tage abso
lute Schonung und sofortige Dispew
sion von der Wache verordnete, Gott
lieb Nudelmiiller aber bekam am fol
genden Morgen »vor versalnmettem
liri egsdolte« ein besonderes Lob wesen
iunsichti sen Verhaltens aus dem Mun
de des Herrn Rittmeisiers zu hören,
und wenn er nicht gar zu viel dumme
Streiche auf dem Kerls Z: lsbabt bät
te, dann hätte es am Ende noch die Gc
sreitenstnöpse dazu gegelsn
Bis dahin shatte sich also dag alte
Dilium ron dem braven Mecllendurgc r
nnd lttnrdedragoner glänzend tre. nährt;
seine Wahrheit hatte sich sogar aus den
Fiameriden mit erttreä t, di dein tra
oen Gottlieh halb gezwungen aller
dings, als unbemufzier Lazarug ans
der til lemme geholsen hatte Beide lie
szen sich cham so laenden T ge Die Wurst
und Breitenschnittc d - guten Tiinl ese
Fähsel schmecken und bedauerten trat-ei
höchstens, daß nicht alle Tage so ein
Futtertag war.
Aber das dicke Ende kam noch.
Um Nachmittag wurde Gottlieb Nudel
Lt-..ktt Wk-(s —- .
UDLCLIIL Hxllll JJKLLII ULLLH Uchlnclh UIIU
da lautete die Sache etwas anders.
.Jatte rie brave Mectlenburaeriu nnd
Kötsch aus dem Thieraartenoiertet sich
hinter die Frau Coinmandöse gesteckt,
weiche mit ihrer Herrschaft verwandt,
sich des Oesteren schon in ihrer Friiebe
harre sehen lassen, uno bat-ei nach vor
nehmer Frauenart auch etwas rertraus
lich zur Jungfer Köchin krezdesen mar.
Eie hatte ja Zeit, die brave Trinlieset
Und sie war so besorgt, daf; sie es wirks
iich sertia brachte, das Here der Frau
Oberst zu riihren. Gottlieb Nudet
mittler wollte feinen Auan nicht trau
en, alLs er, bei dem Herrn Oberst ein
tretend, seine Trintiese dort erblickte,
uno am liebsten hätte er. trotz der glü
henden Blicke, welche ihm die wackere
Köksch zusandte, alle mecklenburaisclzen
Kötsch’g und Kiichenmädels zum Teu
sel gesviinschi. Aber was half ihm die-—
see fromme Wunsch. Hatte Trinlieie
A aesaat, dann mußte er B sagen und
leichtern
Der Herr Oberst machte es indessen
skinädia Trinliese durfte ,,riillia beru
higt« nach Hause geben. Gottlieb Nu
delmiiller aber mußte sich drei Taae
zum Arrest melden —- weaen Urlaubs
Ueberschreituna. Von der anderen Ko
mödie schien der Herr Oberst nichts
wissen zu wollen. Vielleicht weil sie
ist-in nicht gemeldet worden war. oder,
richtiaer gesaat, weil sie so, wie sie ihm
gemeldet worden, keine starfbare Hand
lung in sich»schloß. Der rt I
ftenzarzt hatte ja thatlächtch spj3·""
Pleltifschen Habitus« bei dem
festgetellt. -
»Sieh-it Du, Halunke«, lachte-;
Herr Wachimeifter, als sieh Go
bei ihm zum Arrestantritt meW
,,drei Dage! Jch wußte ’s vorher. O
man rin in’s Vergnügen. Verdie«
haft d’ es-!«
Jch aber sage: Einen Haken me
das« Wort von dem-, braven Mecklenlbu
ger und lDragoner doch haben, namen
lich — wenn er eine brare landi
männschi Kölsch zur Braut hat.
Alte Scherze.
Durch die Berliner Blätter geht jet
wieder ein altes Berliner Scherzrätl
sel, das ins der neuen Auflage des b
tannten Buches »Der richtige Berliner
erwähnt wird: »Wie wer’n Kanone
iemacht2« »Man nimmt ’n Loch u
ijeszt Messing drum rumm«. — »Ah
wo kriegt man det Loch her?«-—,,Ma
nimmt ’n Nappkuchen und eßt ’n rinrz
cum uf.« -——— Die erste Frage und An
rvort find in derselben Fassung schoni
Dem ,,komifchen Boltglalender« (1852
oon Adolf Brenngla lAdolf (Glas
drenner) erschienen. Das Fragespi
:vird dort wie folgt fortgesetzt: »W
nacht man aber ein-en Rechtsboden?
»Man nimmt mehrere Löcher und les
Kanonen l)ernm«. --— Bekanntlich m
sehr oiele Eltedengartem die in den et
jin-er Volksinuno über-gegangen sini
inf Adolf lsjlagvrenner zuriiclzufikhret
Tet- namentlich alif dem Gebiete de
Zatire ganz Vortreffliches geleistet ha
Besendercs seine ,,paro:irte«n Zitate
.-ntspreel;en einer Liigentlkiimlichleit de
lterlitier5. eer aern iraend ein Di
ernsont zitirt nnd dann einen »Hm .
Jeriaen« Witz folgen läßt, so z. B. b(
»Ein JILUU
Ldii liililieli ist dii Thiiine einer Vrau
itiiiin dir Jiliilite ihr ins Auge l)aut.
lsjlasidrenner betrieb diese Special
:"cit u· a. in dem schon erwähnten kr
niscten Volke talenoer«, von dem 2
zahraänae ers hier-en sind Die ,,Pc
rodirten Zita e« sind dort, da der Kc
end-er in allen Theilen Deutschland’
Jerhtei tet wurde, in hochdeutsche
Eprache wiedergeagebenz viele von ik
ien sind »berlinisir1« worden und he
Jen sieh bis auf den heutigen Tag et
ialten. Einige dieser Zitate seien- hie
Erioiihnh
,Wo man singt, da darfst Tit nimme
weilen,
Etaat hanloiilte lesin meines den Zeilen.
»Tri« Gott der Eisen wachsen lies3,
statt j dein Eitmtnnann siinen Epieszf
» T n Eitnoitt an meiner Linken,
Eihneid als iin halb Pfund Echinlcni
,s(8tsiiti-ni,B1iidei-, tönnt ihr s glauben
Eah iili ein ne «I,kiitellmiil)eii.«
,Eo viel Etern am Himmel stehen,
Eo viel Trnimen nnten gehen«
Eitilaf, Herzen -siihnitten, mein Lieblin
bist TU,
Eililies.i- en allein die Anaen nur zul«
Winn »J— immer, wenn Li immer, wenn
immer so weist
T ie Gifiinqnisse voll nnd dic Staatskasse
li
,-.,Ta— Eilite bleibt der Nachwelt nnvcl
leiten,
Inmi, Mensch sei stets hoelnvohlge
lioreni«
Sie Trommel ver Rest nomi
wenn-In
Lllg di: berühmte Sängerin Minn«
Haut im Zenith hihres Ruhmes frank
trat sie eines Tages im Opernhausz
Berlin in der ,,Regimentgtochter«a
nnd der alte Kaiser Wilhelm UJ
wohnte der Vorstellung bei. Nach des
Borste lluna lief; sie Der Kaiser in Dis
Loae bitten und saate, sie hätte sehs
schön ge sinnen, aber ihr Trommeln
als »Regiment5toehter« mußte sie de
Trommelivirhel schlagen —- wäre seh
schl e.cht Die verwirrte Sängerin em
psahl sieh mit dem Versprechen, sichz
tefsern. Am nächsten Tage erschie
Ein riesiaer Tambonrmajor des erste
titrenadierreaimentg in ihrem Hot(
und sagte, er habe den Auftrag, ih
Tronmiielunterticht zu ertheilt-en. Di
Dida fügte sich mit Vergnügen un
lernte in etwa zivö lfPrivatstunden di
aanze Troinmellunft. Al g der Kaise;
hörte, daß sie gute Fortschritte machth
befahl er sofort eine neue Vorstelluns
der »NeaimenxtStochter«, und Minnii
Haut entledigte sich in der Trommel
scene dieses Mal ganz ausgezeichni
ihr-e r Iilufaabe Der Kaiser sprach ih
r »P
sciuIc seine aucucunuug uug un
sandte ihr am nächsten Tag eine tick
tiae Militärtrommel mit silbernen-Be
seh-lägen nnd einer Widmung. D1
Münstlerin beniitzte künftig in de
,.Regimentgtochtser« nur noch diei
Tronnneil
—-——-— --—
Splitter.
Wer schnell lebt, lebt --— halb.
Wenn ein Zeiinstler durch seine Kun
recht zu täuschen Versteht, so nenne
wir ils-n einen ivahrbaften åtiinsiler.
«,B.:ne nicln aus Herrenqnnsi,
Uebe deine e i gne Kunst.«
— «-.--s-——
Am Hochzeitstage.
Bräutigam: »Aber Onkel, eine Zi
c-.irdiite als Hochzeitggeschenl —- w(
soll szag lzeißen?«
Onkel: »Das-, nun siir Dich d
Schule des Lebens beginnt.«
Blumenspmchr. .
Biichyalter qum Praltiiantsen
»Höfsler, Sie Mo immer so ausgela
sen lustig, daß ich glaube, Sie werde
auch noch ’knal aus«-) Eis gehen!«
Bett-mächtige Zärtlichkeit
Braut: »Wie besorgt Mama ist« dc
uns im Ehesiand nichts fehlt! Der
Dir nur, Arthur, sie will mir alle
vier Kleiderschränke mitgeben!« ·
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