Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 12, 1904, Zweiter Theil, Image 15

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    Der Schwan; des Ebenen.
Von U. Qsiar Klauszmanm
Im Frühjahr des Jahres 1906
szurden die Be iehungen zwischen dein
. tReschen und England merk
iitdig espanntsr. Die englischen sei
ngen chlu n einen noch heftigeten
ou ge en utschland an, als in den
Jahren. Man fabelte von einer
- 'edanche siir Südafrila«, und sonst
he ernsthafte englische Tages-rettun
« n fsuchten nachzuweisen, daß es Eh
; n licht Englands sei, mit Deutsch
n wegen der haltung abzurechnen
t lebe das lentere Reich während der
idafritanischen Krieges beobachtet
" Man wies darauf hin, daß die
) immung in Deutschland, trotzdem
r siidafrilanifche Krieg seit langer
ls idrei Jahren schon beendet war
,och immer eine höchst englandfeind
. ssse sei, und daß man nichts sehnlicher
Deutschen Reich erwarte als die
ollendung der Schiffsbauten, durch
«-« delche das Deutsche Reich im Jahre
s« 915 in den Besitz einer großen, at
onsfiihigen Flotte kommen sollte
»,nglische Preßstimmen führten aus
die thöricht England sei, noch zehn
» Ja re zu warten, um sich dann einem
. «sahrlichen Feinde gegenüber zusehen
·hrend man jetzt die deutsche Flotte
ne Weiteres über den lhausen rennen
« nne.
s « In Deutschland machte sich ein Ge
«- iihl des Unbehagens geltend Man sah
deutlich daß England das Deutsche
s- eich provoziren und zu einem Kriege
riningen wollte, der natiirlich zur See
usgefochten wurde und dem vorläufig
·-«)a6 Deutsche Reich nicht gewachsen
"«, »t. Allerdings schrieben auch die
Ieutschen Zeitungen, daß ein Krieg mit
England noch tein so großes Unglück
wäre. Die deutschen Küstenoerhöltnifse
.«.» machten ed einer englischen Flottel
gsanz gleich ob sie vor der Weser und
. Jbe erschien oder ob sie um Stagen
- Irr-m Irre-h hin-eh its-n Tand in hie hit
s
I
anging fast unmöglich, Städte zu be
eszen oder Truppen zu landen. Mit
diesen Truppen wäre die deutsche
rmee überdies sehr bald fertig ge
rden. Die Furcht. daß England
urch eine ein ache Blockade unserer
bösen unseren gesammten Handel un
rbinden unkd dadurch auch unsere Jn
strie vollkommen lahm legen tönnte,
rwies sich als unbegriinsdet; denn die
reundnachbarlichen Beziehungen, in
denen Deutschland zu Italien, Holland
und Frantreich stand, machten es leicht
möglich. von den französischen, nieder
liindischenund italienischen Häsen aus
, nter fremden Flaggen zu exportiren.
Nur die deutsche Seeschisssayrt wurde
ollstiindig kalt gestellt.
Es wurden auch in England Stirn
-n laut, welche vor einem Kriege
ntrn, weil die große Freundschaft
oischen Rußland, Frantreich und
utschtand eine Gesammtattion dieser
,rei Mächte gegen die englisch-: Flotte
Stande bringen konnte.
Die triegerischen Stimmen behielten
aber in England die Oberhand, und es
war vorauszusehen, dasz trotz der refer
virten Haltun der deutscheniltegierung
in wenigen ochen der Seetrieg mit
England ausbrechen mußte.
s Am 11. März 1906 meldete sich bei
»dem Kavitänleutnant Wullenrveber.
dem persönlichen Wojutanten des
Staatssekretärs des Reichsmarine
amts, ein junger, intelligent aussehen
,ver Mann, der sich mit den Worten
vorstellte:
»Dr. Ohm, Physiker! Jch bin
,«Entel des bekannten Physiker-Z O
ter im Jahre 1804 in München geitorj
ben, und von dem soag bekannte Ol):n’
sche Geseß gesunden word-en ist.«
« »Der Name Jhres herrn Groß
Lvom-e hat in vek wissenschaftlichen
Welt einen guten Klang«, entgegnete
Kavitänleutnant Wullentveden »mo
mit tann ich Jhnen dienen2«
»Ich Möchte den Herrn Staatsklu
tiir sprechen, und zwar in einer drin
genden Angelegenheit.«
«Excellenz sind augenblicklich sehr
mit Arbeiten überhäuft und nicht zu
sprechen. Können Sie rnir mittheilen,
um wag es sich handelt?«
»Es handelt sich um den Krieg zwi
schen England und Deutschland.«
k Die Marineossiziere sind nicht nur
"Soldaten, sondern auch Diplomaten;
deshalb bemerkte Kapitiinleutnant
Wullenivebeu ·
»Uns ist amtlich von einem solchen
Kriege nichts belannt.«
Dr. Obm lächelte. ,
»Das weisz ich,« sagte er; »tönnten
Sie mir eine Unteredung von zehn
Minuten gewähren, bei welcher wir
nicht gestört werden? Jch möchte ihnen
ein Experiment vormachen. Es müßten
aber die Thüren dieses Zimmer-s in der
Zwischenzeit geschlossen werden, damit
uns Niemand stören kann.«
Kapitiinleuinant Wullentveber wars
noch einen prüfend-en Blick aus den Dr.
"Obm, der den Eindruck eines ganz nor
malen. und woeritändigen Menschen
machte, und entge nete:
»Ich will dvau en den Ordonnan
zen sagen, daß wir nicht gestört sein
wollen, dann will ich anen die zehn
Minuten zur Bersiigknz stellen.«
Eine halbe Stun- später gin der
Kapitänieutnant Wullemveber eil rtig
,durch den Karridoy um seinen Chef
auszusuchen und diesem eine Mitte-ei
lung zu machen. Am Abend sand im
Reichsmarineamt eine Konserenz des
Staatsselretärs, des Chess des
Mmarinelabinetts und des Chess
VIII Idmiralstabes statt, an melcher
auch Dr. Oben theilnabm. Am nächsten
Momen. tu aussallensd sriiber Stunde,
W
begaben sich die drei Exeellenzen mit
Dr. Oben und dem Kapitänleutnant
Wullenweber nach der Kraxtftation der
ech- und Untergrundba n in der
rebbinersStraße und bestiegen den
großen Schornstein. Nachmittags san-d
abermals ein Besuch in der Kraftsta
tion statt, und gegen Abend meldeten
sich trog der vorgerückten Stunde die
drei Excetlenzen zum Vortrag beim
Kaiser. "
Vier-zehn Tage spät-er sagte der eng
lische etaatssetretär des Aeuszern im
Parlament aus eine Jnterpellation
iiber die auswärtigen politischen Be
ziehungen: «
»Es gibt allerdings augenblicklich
eine Stimmung in England, die sehr
zum Kriege neigt, aber es ist schwer,
Krieg mit einem Löwen anzufangen,
der feig den Scknvanz einzieht und
flüchtig wird, sobald er nur den Geg
ner sieht."
Jubelnde Zurufe wurden im engli
chen Parlament laut, und mehrere
Redner gaben der Ueberzeugung Aus
druck, daß lder feige Löwe mit Peit
chentyieden geziichtigt und fiir immer
zur Ruhe gebracht werden müsse.
Wenige Stunden später verbreitete
der Telegraph diese ungeheuerliche
Provotation Deutschlands durch die
ganze Welt· Als am nächsten Tage
Nachmittags um 1 Uhr die Sitzung im
Deutschen Reichstage begann, nahm der
Reichskanzler das Wort um ausdrück
lich zu erklären, daß der deutsche Löwe
noch nie vor dem britischen Löwen zu
riictgewichen sei und daß der deutsche
Löwe niemals vor dem seigen, groß
mäuligen Löwen »den Schwanz ein
ziehe. Sollte er seinen Schweif gesenkt
haben, so geschah dies nur, um ibn
zur rechten Zeit zu erbeben und damit
den «britischen Löwen kräftig niederzu
fuchteln. Deutschland sei oon der
ganzen Welt alr- ffriedengstaat aner
tansntx wenn es aber nöthig.fei, ein
unverschämtes Volk, das seit Jahr
lkunderten sich als den Herrn und Mei
fter in Europa aufspiele, zu züchtigen,
treu-( Nu Iuyiuuu uuus out cui-un
Seetriege nicht zurückschrecken.
Dke Geschichte mit dein Löwen
schwanz stieß in England dem Faß den
Boden aus. Die englische Regierung
forderte Genugtbuung sür die Beleisis
Hang und drohte rnit Abberufung des
otchasters in Berlin. Augenbttcklich
stellte die deutsche Regierung dein eng
lischen Botschaster di-: Passe zu und
rief den deutschen Botschastcr aus Lang
dcn ab.
Der Krieg war unvermeidlich und
England riistete in einer nach nicht das
gewesenen Weise.
Jn Deutschland brach eine Begeistes
tun-g aus. wie sie seit dem Jahre 1870
nicht zu sinden ·ews:sen mar. TieDeuts
schen schienen ich wieder einmal aus
sich selbst besonnen zu haben.
Unbegreislich blieb nur die Haltung
der deutschen Regierung, welche in ver
blüssender Unthätigteit verharrte. Die
vorhandenen Arieggschisse wurden al
lerdings in Dienst gestellt, aber in
einem Tempo, als habe man nie von
einem Seelriege gehört Die deutsche
Negeirung schien einen Krieg noch im
mer sitt ausgeschlossen zu halten. Mr
beste Beweis dafur war der Eiser, mit
welchem man aus deutscher Seite den
Bau zweier tolossalser Leucht:l3iirine
aus Hetzoland und aus der Insel Rü
gen betrieb.
Am U. April erhielt man aus Eng
land die letzten KabelnachrichtenJIann
schnitten die England-er die Kabel ein
sach ab, und Nachrichten waren nur
noch aus Frantreich über die Vorgänge
jenseits des Kanalg zu erhalten
Ott- lsafud IIIAIU sluk du«-s dass-u
haste englische Geschwader, toie sie seit
ten Zeiten der spanischen Armada nicht
tvieer gesehen waren, aus dem Ranal
gegen Deutschland in Bewegung Die
eine Flotte Englands nahm die Rich
tung aus die Elbe-Weiermiindung, die
andere ging um Stagen herum, um
durch den Sund in die Ostsee einzu
dringen. ,;ede dieser Flotten zählteso
große S lachtschisse und Kreuzer
alten und neuen Typs, dazu ganze
Flottillen von Hochseesxotpedobooten
Am li. April gegen lehr Morgens
wurde oon Helgolanto aus die autom
mende englische Flotte gesichtet. Wohl
wußten die Engländer, daß helgoland
start beseitigt war; aber mit der Rie
senslotte konnte man es schon wagen,
die Elbe-Wesermündung zu sorciren,
zumal sich herausstellte toaß die Deut
schen nicht einmal die Seezeichen ein
gezogen hatten. Die Englander hatten
außerdem Lootsen an Bord, die in
früherer Zeit in deutsch-en Diensten ges
wesen waren, um siir den Fall eines
Krieges die englische Flotte in die Elbe
untd Weser hineinführen zu können.
Jn Form eines riesenhaften Keils,
an der Spiye das Schlachtschiss, das
den tommandirenden Admiral trug,
näherte sich die englische Armadsa unter
vollem Dampf der deutschen -Fliiste.
Am Mast des englischen Admiral
schisfes ttieg das Signal empor: »Klar
zum Gefecht!«
Plödlich begann sich der Laus der
englischen Schlachtschisse zu verlang
samen, bis die Flotte vollkommen die
Bewegungsfreiheit verlor. Es war
ziemlich ruhige See, sonst hätten die
hin und her schwankenden Schiffe, de
ren Schrauben bewegungslos waren,
sich im Wogengang gegenseitig schwer
beschädigt, da man mit kurzen Zwi
schenräumen subt.
Keine Schraube, Iein Kralniballem
tein Flaschenzug, kein Block, keine
Rolle und teine Kette bewegte sich aus
den englischen Schiffen. Keine Kanone,z
lein Gewehr, kein Nevolver tonnte ge-;
össnet und geladen werden« Kein;
Säbel ioar aus der Scheide zu ziehen.
M.---..M;.—.-» ·....-—.«.-- —-».---»..-.—.« »
- Die ganze Flotte war m-agnetisirt, und
I die eisernen S iffe mit den itrchter
lichen Metallwa sen waren vo kommen
wehrlos, ebenso die Offiziere und
i Mannschaften, die sich auf ihnen be
t fanden. Kein Kompaß funktionirte,
tein Maschinentheil war in Gang zu
- bringen, keine Lule, lein Schott ließ
! sich öffnen, lein Boot konnte angesetzt
- werden.
Eine unbeschreibliche Verwirrung
brach auf den englischen Schiffen aus.
Nachdem man ungefähr eine Stunde
- wie in Winem Zauberbann gelegen
« hatte, erichienennordöstlich von Helgo
land, in doppelter Kiellinie fahrend,
! die wenigen deutschen Schlachtschiffe,
« gefolgt von einer großen Zahl von
- Hochsee-Torpsedobooten. Das Deutsche
- Admiralschiff feuerte rasch hinter
s einianQer drei Schüsse quer über das
Deck des -englischen Admiratschiffes
und lazn «o«icht heran, uml zu fragen,
ob die Flotte tapituliren wolle; an
dernfallgswiirde die gesammte englische
Flotte durch Torpedog in die Luft ge
sprengt werden.
Eine Sinn-re später zog die noch im
mer -wel)rlose englische Flotte, deren
eiserne Schiffe von HochseesTorpedos
booten geschleppt wurden, in die Elbe
miindung ein. Die englischen Mann
schaften wurden gelandet nnd in
Extraziigen sofort als Gesangene nach
dem Binnenla de geschafft· Dann
wurden die englischen Kriegsschisfe mit
’ deutschen Matrosen und Ofsizieren
demannt und daninften, jetzt wieder
vollständig attiongfätxig aus cer Elbe
miindung heraus, gefolgt von den we
nigen deutschen Kriegsschiff-en diez ur
Verfügung standen. Die riefige Flotte
fuhr unter deutscher Flagge jetzt nach
England und vIirelt nach Der Themse
nriindung.
Di-« nach der Tlxeorie Der Marconis
fclien Wellenentsendnngg Apparate von
Dr. Ohm erfundcnen Apparate, die
magnetoelettrich Wellen lilosneteri
tneit entsenrs::en, brachten auch am
r unrein-Wen can-, als U-: zweite eng
lische Flotte durch den Sund in die
Ostsee einfuhr, von Rügen aus die eng
lische Armada zum Stillstand und in
deui·che Hände. Auch nicht die ac
rini te Nachricht über die Wegnahme
beider Flotten kam nach England.
Dagegen erschien am 14. April die
deutsche Flotte-, bestehend aug den we
nigen deutschen Schlachtschifsen und
den sortgenomrncnen englischen Pan
zern, in der Themsemiindung und fuhr
rnbehindert bis London, da durch IJie
L«l?m’schen Apparat-: all-: die riesigen
Küstenbesestigunaen wehrlos gemacht
coaren und nicht eine Kancne abge
feuert werden konnte.
Achtundvierzig Stunden später
evurtce der ehrenvolle Friede zwischen
Deutschland und England in London
unterzeichneL Blut war nicht geflos
sen. Deutschland aber war im Besitz
der 120 besten Rrieagschisse Englands
gelangt und erhielt dadurch die Welt
herrschast aus dem Meere..
Jm Jahre 1907 hatten die meisten
Staaten schon wieder hölzerne Segel
schifse und das Vorderladesnstem siir
Kanonen und Gewehr-.- l«ei ihren Ma
rinen.· Der Seeiriea nalsm wieder rit
terlich-e Formen an. Die Torpedas wa
ren nicht mehr verwendbar, unterseeis
sche Boote eine Lächerlichleit. Die alten
Eeehelden Nelson, de Runter, Maul-ex
die sich vor Entsetzen im Grabe umge«
dreht hatten, als sie ihre Nachfolaer
auf eisernen Kasten, anstatt auf höl
zernen Seaeischisfen operiren sahen,
drehten sich vor Freude noch einmal
herum unsc- laaen nun wieder richtig.
Neauiescant in pace!
-.---—«—-.--.--—·
Siegreicher Humor.
»Sie haben Ihrem Neffen nun doch
noch aus seinen zweiten Brandbries
Geld geschickt?«
»Deinen Sie sich: der verschmitzte
BrudereStudio hatte ans das Couvert
geschrieben: »Bitte start zu tlingeln
— Adressat hört schwer!«
Wenn schon, denn schon.
Er: »Wir müssen sparen, mein
Schatz. Könntest Du nicht versuchen,
Deine Kleider selbst anziisertigen?«
Sie: »O George, wenn das schon
nöthig ist, dann san-ge ich lieber bei Dei
nen leidern an.«
Zweck der Oper-.
»Es hat mich gewundert, das-. Frau
Tiarabitmp gestern Abend nicht in der
Oper war.«
»Sie leidet an einer Ertiiltung und
lann nur im Fliiistertone sprechen.
Drum hatte es fiir sie natiirlich keinen
Zweck, in die Oper zu geben«
Weis-, . was ee will.
Charles: »Meine Frau hat eine
schreckliche Handschrift. Sehen Sie
’mal diesen Bries.«
Freund: »Ja, lönnen Sie den-n das
entziffern?«
Charles: »Natürlich nicht; ich schicke
ihr einfach den Chect.«
Ein Kenner-.
Kindersram » err Meisters Sie
möchten doch mal o gut sein und den
tleinen Franz wiegen.
Schlachten »Den brauchen wir sar
ni erst uss de Wage zu legen. Ja
lafe der inädigen Frau sagen: er wiegt
su zehn Pfund mit de Knochen.
Ein selbsten-Idee- Schwerensther.
riiuleitu »Herr Leutnant, ist das
ni t wunderbar: rvir sind beide an ei
nem nnd demselben Tage geboren?"
Ach! Das muß aber eine anstren
ende Sache siir die Grazien gewesen
em.«
—
Ver stolze Spanier.
humoreste von E. F a h r o w.
Wer ihn sah, mußte ihn sofort für
eineni Auslönder halten.
Er hatte das scharssgeschnittene, edle
Gesicht eines Jndianerhäuptlings,
brenzebraune Haut, tohlschwarze
haare und schwermiithige, tiefounkle
Augen.
Er war Biolinist, ein talentvoller
Hochschüler-, Der jetzt, nach mehrjähri
gern Studium an der deutschen Mu
sitschule, zurückgehen wollt-: nach Süd
"Ameriia, seiner Heimath.
Seine Eltern waren allerdings
Deutsche, und er führte den schlichten
Namen Futtermann. Aber geboren
war er wirklich in der Nähe von
Mexiko, und sein Aeußeres hatte ihm
mit einigem Recht den Namen »der
Spanier« eingetrag-: n.
Kurz vor seiner Abreise geschah es,
oa eine Dame, welche er sehr verehrt
und die ihn »miitter·lich« geliebt hatte,
ihn zum letztenmal zu sich zu Tisch
einlud.
Frau Riemler hieß sie und war eine
stattliche und wohihabende Dame, die
sich siir Kunst und Künstler innig zu
begeistern wußte.
Außer Fernando -— zu Hause hat
ten- sie ihn immer Name-genannt s-·
war noch sein Freund Willi Grunau
eingetlaoem ein etwas ironischer, jun
ger Berliner, Der das Leben und die
Menschen mit äußerst niichternen
Blicken betrachtete und sich niematg ein
X siir ein U vormachen ließ.
Grunau war Ziausmann und im
Begriff, ebenfalls nach Amerika zu ge
hen, wo er eine Stellung in einem
großen Hause in Aussicht hatte.
Frau Rixmler war heute sehr ge
rührt, so gerührt, daß sie kaum dem
guten« Essen Die gewohnte Linsacht ent
aeaenbtinaen konnten tsiaentlirb
störte fie ja die Anwesenheit Richard
Grunaus sein bischen, denn in ihrem
romantischen G-:niüth hätte sie es sich
ganz besonders poetisch und reizend
gedacht, an diesem letzten Tage noch
einmsat so recht traulich mit ihrem
jungen Freunde alle-in zu sitzen und
sich einzuspinnen in eine Atmosphäre
von-»Träuinerei und zärtlich-n Blicken
-— sie fühlte sich dann so glüctlich toie
ein junges Mädchen, vergaß das-Z be
ginnende Grau ihr-er Haare unz
schwebte auf den Tönen der Violine
oder des Ftlaviers in unbestimmten
Sphären.
Richard Griiiiaii seinerseits freute
sich auf die Musik nach Tisch wi: auf
eine gute Zigarre; unr- wenn er bei-·
des haben konnte, die Musik und oie
Zigarre, so war er erst recht zufrieden
und in der Stimmung, selbst lächer
lich-: Seiten seiner Mitmenschen mit
Nachficht zu betrachten.
Deshalb lachte er auch nicht, als
that-sachlich Frau Riemier unter ih
rem. beliebten rothcn Lampenschirm,
in der Ecke unter der Patrne Platz
nahm. Dort blieb sie, das Hautp an
das rothseidene Kissen ziirijctgelehnt
sitzen, während Feriianoo spiklte.
Fernando spielte heut-e schöner als
se, die Trennung von dem lieben
Deutschland liag ihm doch recht schwer
in den Glied-ern und enttoctte seinen
Saiten die schmelzendsten Töne.
Frau Riemler schmolz ebenfalls
dahin
Als Grunau gutiniithiger mio dis
tieter Weise vertiest in eine Reoue ani
Tisch saß, erhob sich die Dame, ging
zu Fernando hinüber und nestelte
eine dicke, gokdene Kette los, die sie
um das linle Hand gelent trug.
»Nehnien Sie!« saaie sie mit er
stickter Stimme. »Sieh-alten Sie dies
als kleines Andenken an mich, ich
Vllic chF
Fernando wurce dilnlelroth.
»Ich bitte — ne·in!« sagte er. »Wie
kann ich ein so kostbares Geschenk von
Jhnen annehmen!«
»Von mir? Aber wenn nicht von
mir, Ihrer mütt-:rlichen Freundin,
von wem sonst wollen Sie jemals ein
Geschent nehmen? Tragen Sie die
Rette als Symbol des festen Bandes,
welches unsere Seelen verbindet —
und wenn Sie jenseits des Meeres
sind, wenn Sie drüben spielen und
sehen ras goldene Band blitzen, so
denttn Sie -- meiner — in Freund
schast.«
Sie besestiate das Armband um
Fernandos linkes Handgelenk« er
biictie sich und preßte verschiedene in
nige Küsse ans ihre Oanzy und sie
vezgosz verschieden-: Tbriinen -—-- Gru
nau lächelte verstohlen und rnaliziös.
sk sit si
Drei Monate später standen aus der
grossen ,«araentinisch:n« Brücke die
beiden Freunde und starrten hinab in
das iies, tief unten brausende Wasser.
,,Nante!« sagte Richard Grunan,
mach nicht solch ein triibseliges Ge
sicht-»Die Paar Tage bis zum Ersten
werden wir schon aushalten. Gehun
aert haben wir ja schließlich noch nicht.
»Aber beinah!«' » erwiderte Fer
nando. »Diese Konzertagenten sind
blutgierige Raubthiere, weiter nichts;
seht ziehen sie mich schon zwei Monate
mit ihren Versprechungen herum, und
ich habe mein ganzes Geld mit »War
ten« verbraucht.«
»Wir waren eben beide thöricht,
mein Lieber. Warum haben wir nicht
mit der Ueber-fahrt gewartet, bis wir
seste Engagementt hatten? — Na,
jstzt sind tote ja über den Berg, ich
Ibibe meine Stellung bekommen, und
Du gibst in acht Tagen Dein erstes
Konzert. Bis dahin. . .
»Bis dahin müssen wir darben,«
sagte Fernando düster.
»Darben- ist gut, Nantel Dein
Frühstück heute Morgen schien mir
noch recht gehaltvoll ·u sein.«
»Aber ich gab meinen letzten Dollar
dafür hin.«
»Ich habe noa, .in paar Dollarö.
Wenn die verbraucht sind, müssen wir
zu unserem Freunde an der Ecke gehen
und noch ein paar Sachen versetzen.
Eine seine Einrichtung, diese Versatz
ämtert Halten einen immer wieder
über Wasser, wenn man anfangen
will, den Kon zu verlieren·«
»Eine ausgezeichnete Einrichtung!«
bestätigte Fernando. »Wenn man nun
aber nichts mehr hat, wag man zu
dem Freunde an der Ecke hintragen
kann?«
»Ich habe noch, lieber Rente.
Erstens habe ich noch ineinelthr, zwei
tens hast Du Deine goldene Me
daille —- —«
»Was? Meine Ehrenmedaille?
Meine Hochschnlauszeicbnnng? Lie
ber sterben, als die ins Psandhaus
tragen!«
Richard lächelte. Er sagt kein
Wort, aber gerade mit seinem Lächeln
wußte er Jemand-o zuweilen wild zu
machen.
«Mach nicht solch ein nichtswür
diges Gesicht!« fuhr dieser erregt fort.
»Ich weiß schon, was Du denkst!
»Stolzer Spanier!« denkst Du wie
der! Und dahinein ---— Nun ja, ich
bin stolz —— hast Du etwas- dagegen?
legst Du einen ganzen Bergen von er
hobener Verachtung.«
»Brrrr!« machte Richard ,,R1s.hig
Blut, mein Kleiner! Sei so stolz wie
Du willst, aber dann jammere auch
nicht, wenn Du ein paar Tage keine
Nussshmfet offen fnnnft --.- til-beinaan
—- außer der Medaille hast Du doch
noch das Armband von Frau Riem
lert Willst Du das nicht mal zu un
serem Freunde an der Ecke trag-en?«
Fern-andos dunkle Augen schosseii
Blitze. Diesem Berliner Herrn war
doch auch rein gar nichts heilig! Jetzt
sollte er gar das Andenken an rsie
reine Seelenfreundschaft .niil der herr
lichen Frau durch schnöde Gelt-speku
lation entwiirdigen! -—- Freilich —
hungern wollte er auch nicht . . .
Tier schön-: Fernando war bei all
seiner geniale-n und poctifchen Veran
lasgung fiir Musik ein EtJtann, weichem
Essen und Trinken nicht leerer Schall
war. --— Er liebte es, sich bei einxni
Glase Ungarwein fiir seine Doppel
griffe nnd Ottavengänge zu begei
stern. Und wenn er eine feine Pastete
oder eine in Rothwein gedäinpfte
Trüsfel genossen hatte, so spielte er
viel feuriger und hinreiszencer als
sonst.
Nun, er war ja jetzt in der ange
nehmen Lsage, auf baldige Einnahmen
rechnen zu können· Denn daß sein
Konzert ein großer Erfolg sein werde,
daß man ihm zujiibeln, ihn um neue
Konzerte bestimmen werde, saß wußte
er. Er kannte seine Anieriiniiser. —
ElJtehrere Tage waren hingegangen.
Richard Grunau hatte etwas nie
niger von seinem Freunde gcselien
und gehört als sonst, da er selbst die
letzten freien Tage benutzte, uin sich
Stadt und Umgegend anzusehen und
Bekanntschaft mit seinen zukünftigen
Kollegen anzutniipfen.
Am Vorabend des Antiittslages
ging er eiltig über eine große Brücke,
die einen so weiten Ausblick über das
Wasser und die eFerne gewährte Hier
hatte er oftmals mit Fernaiido ge
standen und Betrachtungen über Welt
und Leben angestellt, wie man sie mit
zwanzig Jahren so gern macht.
Da fah er am LUtittelpfriler Fer
nando selbst stehen, das dunkle Gesicht
mit einem Ausdruck von Bitterleit
gegen das Geländer geneigt, dass Ri
chard fast erschrak.
Er blieb stehen- und legte dem
Freunde die Hand auf die Schulter.
,,.Holla, alter Junge, Du hier? Was
machst Du denn fijr ein verzweifelte-,
Gesicht?«
»Geh, die Welt ist ein elendes Jam
mserthal!« sagte mit Grabessiiinme
Fernando.
»Das ist eine höchst originelle Be
merkung! Was ist denn passirt? Und
was machst Du denn da mit dem
Arniband?«
Fermndv hielt das schwere Ketten
armband in seiner Rechten und starrte
mit zusammengepreskten Lippen dar
aus nieder. Plötzlich schlenderte er
es mit einer drainsntischen Beivegunx
über das Geländer hinunter
»Nante!« schrie Richard auf. »Bist
Tit denn ganz toll geworden-?
Warum, wenn Du es niclit mehr tra
aen wolltest, hast Du eg denn nicht
verkauft?«
Fernando sah den Freund unter
halbgeschtossenen Litern von der Seite
an. Niemals hatte er stolzer ausge
sehen, als in diesem Augen Zick.
»Schweige mir von dem Arm
band!« sagte er. »Schweige mir von
der Frau, die es mir gad!'«
»Herr des Hirn-neigt Was ist denn
Dir passirts Warum haft Du das
Andenken fortgeworsen?«
»Weil ich nicht mehr an die Frau,
die es mir gab. erinnert sein wollte.
Ver-laufen -—— konnte ich es nicht!«
»Warum denn nicht? Hast Dir es
doch nicht versucht!«
»Buch, ich habe es versucht. Jch
habe es heute seiih zu unserem
Freunde an der Eck getragen —
srage mich nicht« was der Entschlns
mir gekostet hat —- aber er wollte«es
nicht nehmen«
»Nanu?«
»Er wollte es nicht nehmen« sage ich
Dir. Und das war kein Wunder-.
Denn das goldene Armband war aus
— Tombat.«
verheimlicht Seit-lehnen
Schweden ist das Land der Geister
geschichten.« Es befindet sich dort kaum
ein älteres Adelsschloß, dessen Ahnen
saal nicht den bekannten unaustilgba
ten Blutslecken aufwiese. Die aus
Heldenthum und Verrätherischer Tücke
seltsam zusammengesetzte Vergangen
heit jenes hochbegabten Volkes hat da
für ausgiebig gesorgt. Das große
Schweigen der tiefen Wälder aber, die
lastenke Melancholie des lang- bevölker
ten Landes vollenden die Neigung zum
lieber sinnlichen, und das jäh wechseln
re Klinia der sonnenlosen Tage und
taahellen Nächte siigt bei der Bevölke
rung die neroöse Empfänglichkeit für
dergleichen hinzu.
Jn Theodor Fontanes schöner Bal
lade sieht der schmedische Bauer Clan
Persson, der aus seinem Acker pfliiigt,
am Tage vonLützen den Schimmel
Gustav Adolf-S reiterlos durch die
Lüfte jagen. Aelsnliche Gesichte sind
auf schwedischem Boden mehr zu be
cbachten gewesen. Mit den nachdruck
lichsten Zeugnissen wurde im Spät
sommer 1900 belegt, daß ein smaaliim
discher Bauer am 29. Juli jenes- Jah
res in der Lust einen vornehmen Herrn
hatte mit einem Messer erstechen sehen.
An diesem Tage fiel zu Monza der
zweite König des geeinigten Italiens
dem anarchistischen Mordstahl zum
Opfer. Jener Bauer besaß überhaupt
das zweite Gesicht, und schon früher
waren zahlreiche seiner Voraussagnm
gen eingetroffen, nicht alle, denn diese
wenig netoesngrverlye izsayigrelr In treu
los wie jede von dem Bösen stammende
Gabe. Dort wirken zweifellos unt-Jn
trollirbare Faktoren mit, aber der Bo
den ist trügerisch wie so rieles in· je
nem hohen Norden. »Wiegender
Grund« hat ein standinavischer Dra
rnatiker eins seiner Schauspiele ge
tauft. Davon hat auch das letztver
flossene Jahrhundert einen seltsamen
Beten geliefert.
Man kennt Prosper Merimees
wunderooll erzählte Geschichte, wie der
1697 verstorbene Schwedenkönia Karl
XL einmal um Mitternacht von fei
nem Zimmer im Stockholm-er Schloß
ein gegenüber-gelegener Gemach hell
erleuchtet sieht. Er saeljt dahin und
sieht in dem J--ronsaal eine königlich
q.«scr,:niicite Leiche sitzen, einen blossen
Knaben zur rechten, einen finster aus
sehenden tviserziajähriaen Mann zur
linken Hand. Dann wird ein gefessel
ter Mann vorgesiihrt, bei dessen Er
scheinen die Wunden rer Leiche zu blu
ten beginnen; der Gesanaerse wird ge
a·eis;elt und dann enthauptet; mit dem
Schlag Eins retseh:«vindet die Erschei
nung und alles sintt in Dunkel. Der
Rönia glaubt an einen Traum, aber
arn nächsten Morgen zeigen seine
Sekuhe Blutfleclen. Nat-ärlich soll
darin die Ermordung König-( Gu
stav-H ill. durch Jattob Anrtaritröm in
der Nacht zum M. März 1792 aufs
dein Magtenball der Sterlbalmer vor
aespukt baten; der Knabe ist König
Gustav lX·., der erwachsene Prinz sein
Oljrim undeEnttlzroner Karl XUL
Ueber diese »Vision Karls Xl.« hakt
man sogar ein Protokoll utit irr-n Na
irers zes Königs und denen der ihn in
irr-: Nacht uniacbenden Kavaliere
sa·.’nt dein des Kamuxerdieners aus
re::::un:en. Die ausgetretenen Namen
sind siirnnttlieli echt, an ten Bezeichne
ten Taie aber udaren ihr-e Träaer schon
alle aestorbtsn auszer König Karl XI.
sellszr. Das »ti!i«rtotoll« wird «fjir eine
Fiiisctiuna angesehen, anscheinend Fu
dem VII-erk, dke Volkskreinnna mit dem
politischen Untern-atta- reZ Hauses
WasJ ausrusihnen asio im Interesse
Ist-I Marschallg Bernadrtte verfaßt,
den nath Viertreibuna Guitaos lV.
die schweriscljen Stände 152310 zum
Jlsznnfnlaer riewiiblt innen Nr ist
iviiter als Karl XX·l. Johann 26
Jahre lang König von Schweden und
Nprwenm genesen. Aber in dem bis
ist-i schwebischen Strclsund haben
wakrheitsliebenke Männer versichert,
schon in den acktziaei J Ains-ern des 18.
m ,rbnnrertg ieneg Kliro olcll in hand
fchrifilicher bittnltition gekannt zu
» nah-» Was ist da glaubhaft?
, kahskjijuschimq durch die den Dhakscsp
cken i .d)di-.«l«k«ende Botkkvirantnsie, eine
ishr-n damals auf die Beieilinuna der
selkstlksertlidten alten Dnnaiiie binar
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Erbe«. «cm iibriaen weis i: iser wir,
ais infe nie nicht wissen, nnd Paß es
viele Dinge zwiscken Himmel nnd
Erden E,bt von der-en sich isniisre Schul
weisheit nichts träumen lä:7.t.
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Beicht-idem Bitte.
Frau: »Herr Wirth icb hätk eine
Bitte an Sie zu richten — -«
Wirth: Was wünschen Sie?«
Team »Wissen Sie, mein Mann ist
so ehe vergeblich und da weiß ee halt
nie wann er Penng geteunslen hat.
Sind Sie le gu wenn Sie sehen daY
er genug bat ichmeißen’i ihn Haus