Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 12, 1904, Zweiter Theil, Image 10

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Von Genau Denke.
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(3 Fortsetzung-)
Dariholomäus ist ein gescheiter Kerl,«
er. »Wie denken Sie zoohh daß er den
tstrck herausgefunden hat Er war zu dem
Schluß gekommen, daß der Schaß im Hause
bitt müsse; so stellte er denn überall Messun
an und priiste jeden Raum, bis tein Ku
Izoll übrig blieb· der nicht in Anschlag ge
Ischt war. Die höh- deH Gebäudes be
trug vierundsiebenzig Fuß, wenn er aber die
hölx der Zimmer rechnete, sowie die Zwi
schenraumtz die er durchbohren ließ um sie
au messen zu können, so brachte er im
nicht mehr als siebenzig Fuß zusam
M Die vier Fuß, die fehlten, konnten nur
its obersten Raum des Gebäudes sein, et stieß
deshalb ein Loch in die vergipste Lattendecke
M unter dem Dach gelegnen Zimmers und
ruf dabei wirklich aus einen kleinen Zwi
Mden, der mit Gips verstrichen war und
tin dessen vorhandensein niemand eine Ab
nung hatte. Jn der Mitte dieses Raumes
stand der Schaßkasten aus zwei Balken. Er
wurde durch das Loch beruntergelassen und
nun haben wir ibn. Mein Bruder schätzt ;
den Werth der Juwelen aus mindestens eine ;
halbe Million Psund.« ;
Bei der Erwähnung dieser Riesensumme j
ahen wir uns mit großen Augen an. So ;
rde Fräulein Morstan, wenn wir ihren i
Anspruch sicherstellen könnten, sich aus einer !
erraten Erzieherin in die reichste Erbin Eng- ;
lauds verwandeln. Jeder, der ibr aufrichtig i
wohlwollte, hätte sich billig über solche Nach- i
richt freuen sollen. aber ich muß zu meiner l
Schande gestehen, daß meine Selbstsucht die
Oberhand gewann und mir das Herz schwer
vie Blei wurde. Jch stammelte ein paar un
zusammenhängende Worte, die einen Glück
tvunsch vorstellen sollten und saß, taub fiir
das weitere Geschwätz unseres neuen Be
tannten gesenkten hauptes da. Er war
s- »J- ush du ssx ath--h-- »-b. I--III- du«-Es
»Ist-, III-, »Ist-u- Vojyvqsssvks uns »Unse- Its-»V
don mir Unterweisung über die Wirkung ver
schiedener Geheimmiitel zu erhaten, von de
m et sich einen günstigen Erfolg für seine
Sefurrdheit versprach. Durch meine Ant
worten an jenem Abend wird er nicht viel
Miger geworden sein« meine Gedanken waren
bewirkt und ich sprach halb im Traum.
Endlich hielt unser Wagen. Der Kutscher
sprang vom Bock und öffnete den Schlag.
»Dies ift Pondicherry-Lodge«, sagte
Schelto, während er Fräulein Morstan beim
sussieigen behilflich war.
Fünftes Kapitel.
Das Trauerspiel in Pondi
ch e r r h- L o d g e.
G war beinahe elf Uhr, als wir diese
Indstation unserer nächtlichen Fahrt erreich
ten. Wir hatten den feuchten Nebel der gro
sen Stadt hinter uns gelassen; die Nacht war
mild und schän. Ein warmer Wind wehte
M Westen und von Zeit zu Zeit blickte der
Mond durch die schweren Wollen, welche
Iangsam am himmel hinzogen. Obgleich
Gerecht gut auf einige Entfernung sehen
konnten, nahm Thaddäus Scholio doch eine
Seitenlaierne des Wagens herab, um unsern
Weg besser zu beleuchten.
Das Grundstück, auf dem Ponchiderry
Oel-ge lag· war ringsum von einer Seiten
Irauet eingeschlossen, auf welche man zu
Mem Schuh Glasscherben gemauert hatte.
Den Eingang bildete eine schmale, eisenbe
Æagene Thür, an der unser Führer zwei
mal kurz hintereinander auf eigenthiimliche
Art klopfte.
»Wer ist da,« rief eine mürrische Stimme
M innen.
.Jch bin es Mc. Murdo Du solltest doch !
endlich mein Klopfen tennen.« Man vernahm ;
einen brummenden Ton und das Klingen
und Klirren von Schlüsseln. Die Thür
schwang sich schwerfällig zurück und in der
Oeffnung stand ein kurzer, dreitschultriger
Kann, dessen vorgestreckter Kopf mit den
diihendem mißtrauischen Augen von der La
terne beleuchtet wurde.
»Ihr seid’s, Herr Thaddäus-? Aber wer
B die andern? Der Herr hat mir keinen
ehl ertheilt sie einzulassen.«
»Nicht, Mc. Murdo? Das wundert mich!
sagte meinem Bruder gestern Abend,
« s ich ein paar Freunde mitbringen würde«
’ »Er ist heute gar nicht aus seinem Zim
ser gekommen, Herr Thaddäus. Jch habe
Eine besondere Anweisung und muß an die
sit-n Regeln halten Jhr mögt eintreten;
Ida Eure Freunde müssen bleiben, wo sie
Das war ein unerwartete-Z Hindernis-,
EIdaddäus Scholto blickte mit betroffener
W um sich
Mie unrecht von dir, Mc. Murdot wenn
ich mich für sie verbürge, so muß dir das
M zur Nachtzeit auf der Landstraße war
t mir leid, Herr Thaddäus-« sagte
snerschütterliche Ihnen-net »Die
, mdsen Eure Freunde sein und doch
f Freunde meines herrm Er bezahlt
gut dafür, daß ich meine Pflicht thue
xs will ich anch meines Amtes warten.
keinen von Euekn Freunden«
ja, etIhr kennt rnich Mc. Murdof
etfeeerndkich »Ich meine Jhr
, sich nicht vergeßen haben. Wer
f da par vier Jahren an Euerm Be
i instit-II Saal drei Gänge
i West-M d« hei«
, Sie Hat-'s Qeer Stint-set hol
It- Ieeiitetted M Gatt!
,
Die junge Dame hier taan doch .
Sie hätte ich erkennen sollen. Wenn Sie
nur, statt still dazustehen, gleich mit Jhrem
Kreuzhieb unter den Kinnladen auf mich
losgegangen wären! Wie schade, daß Sie
Jhre Gaben ungenutzt lassen. Wahrhaftig,
« Sie hätten Ehre und Ruhm ernten können,
wenn Sie unsere Kunst ergriffen hätten.«
. »Sie sehen, Watfon, wenn alles fehl
« schlägt, so bleibt mir doch noch ein wissen
schaftlicher Beruf offen,« sagte Holmes
lachend. »Der wackere Mc. Murdo wird
uns nun gewiß nicht länger hier draußen
stehen lassen.«
«herein mit Ihnen, Herr —- herein mit
Jhnen und Jhren Freunden,« rief er. »Neh
men Sie’s nicht übel, Herr Thaddäus, ich
habe strengen Befehl und mußte erst gewiß
sein, mit wem ich’s zu thun hatte.«
Innerhalb der Mauer wand sich der Weg
durch verwilderte Anlagen bis zu einem ho
hen, tastenartigen Gebäude, das ganz in
Dunkelheit begraben dalag. Nur auf eine
Ecke fiel der Mondstrahl und glitzerte am
Dachtammerfenster. Der große, düstere
Bau mit seiner Todtenstille machte das Herz
erschauern. Selbst Thaddäus Scholto
schien sich Unbehaglich zu fühlen und die
Laterne bebte und tlapperte ihm in der
Hand.
»Ich kann nicht llug daraus werden,'·
murmelte er. »Es muß da ein Mißver
ständniß obwalten. Ich habe Bartholo
mäus deutlich gesagt, daß wir kommen
würden, und doch ist tein Licht in seinem
Fenster. Das weiß ich mir nicht zu erklä
ren.«
»Liißt er das Haus immer aus solche
Weise bewachen?'« sragte Sohnes-.
»Ja, er hat die Gewohnheiten meines
Vaters angenommen; er war sein Lieb
lingssohn. Vielleicht hat ihm der Vater
mer mehr- nnhorstknnt nlä mie- -—- m» kann
das wissen? Dort oben ist Bartholomäus’
Fenster. Es sieht bell aus« weil es der
Mond bescheini; aber ich dente, drinnen
brennt tein Licht.«
»Nein, da ist teins,« tsagte Hoimes, »aber
ich sehe den Schein eines Lichtes in dem
kleinen Fenster neben der Thür.«
»Dort st die Stube der Haushalterin der
alten Frau Bernstone. Sie tann uns über
alles Auskunft geben. Bitte, warten Sie
einen Augenblick hier; ich will sie auf unser
Kommen vorbereiten, sie möchte sonst er
schrecken. Aber stillt — Was war dass« —
Er hielt die Laterne in die Höhe und die
Hand zitterte ihm so, daß die Lichttrese
rund um uns tanzten und flimmerten. Wir
horchten gespannt und mit tlopsendem Her
zen. Von dem großen, dunleln Hause her
tönte ein jammervoller Kiagelaut —- das
Schluchzen und Wimmern eines geängstig
ten Frauenzimmers.
»Das ist Frau Bernstone,« sagte Scholto.
»Sie ist die einzige Frau im Hause· War
ten Sie, ich bin gleich zurück.«
Er eilte nach der Thiir und klopfte aus
eine besondere Art. Wir sahen, wie eine
große Frau ihm öffnete und bei seinem An
blick überrascht zurücktaumeltr.
»O, herr Thaddäus, mein guter Herr,
wie froh bin ich, daß Sie da sind!"
Wir hörten ihre wiederholten Freuden
bezeigungen, bis die Thiir geschlossen wurde
und ihre Stimme in unverständlichen Lau
ten hinstarb.
Unser Führer hatte die Laterne bei uns
zurückgelassen Holmes schwang sie jetzt
langsam im Kreise; er leuchtete damit nach
dem hause hin und nach den großen Hausen
von Schutt und ausgeworfenem Erdreich,
die iiberall umherlagen. Währenddein stan
den Fräulein Morstan und ich beisammen,
und ich hielt ihre Hand in der meinigen. —
Es ist ein wundersames, räthselhastes Ding
um die Liebe. Wir zwei Menschen hatten
einander an diesem Tage zum erstenmal ge
sehen; nie zuvor war zwischen uns ein Wort
oder ein Blick der Zuneigung gewechselt
worden, und dennoch suchten sich unsere
Hände unwillkürlich in dieser Stunde der
Unruhe. Später habe ich mich ost darüber
gewundert; aber damals schien es mir ganz
selbstverständlich« daß ich mich ihr zuwenden
mußte, und auch sie hat mir ost gesagt, daß
ein unbewußtes Gefühl sie trieb, bei mir
Trost und Schutz zu suchen. So standen
wir denn wie zwei Kinder, Hand in Hand;
in unseren Herzen war es hell, trotz aller
Dunkelheit. die uns umgab.
»Was sür ein sonderbarer Ort!« ries sie,
umherbliekend.
»Es sieht aus, als wären die Maulwürse
von ganz England hier geschäftig gewesen«
sagte ich· »Mir fällt dabei ein Hügel in der
« Nähe von Ballarat ein, wo die Goldgräber
gearbeitet hatten-«
»Das ist sehr natürlich,« meinte Holmesz
»denn auch dies sind die Spuren von Schatz
gräbern. Sie erinnern sich, daß die Brüder
seit sechs Jahren nach dem Kasten suchten.
Kein Wunder-, daß der Erdboden umge
wiihlt ist."
Jn diesem Augenblick slog die Thiir des
hauses aus, und Thaddäus kam mit vorge
streckten Armen herausgestiirzt, bleiche
Furcht im Antlitz
»Bartholomäus isi etwas zugestoßen,«
ries er. »Ich habe einen Schreck bekommen!
Meine Nerven können das nicht ertragen.«
—- Die "hne klapperten ihm auch wirklich
vor I . und sein Gesicht uekte mit dem
stehende-, hiMokn Aus - , eines Kindes
get W SMS III-»dem hervor
if
«Lasses Sie uns ins Haus gehen.« ries
Dolmes in seiner kurzen, entschlossenen Art.
»Ach ja, kommen Sie,« hat Schnitt-. »Ich
bin wirklich außer Stande, die nöthigen
Anordnungen zu treffen.«.
Wir folgten ihm alle in die Stube der
Haushalterim wo wir die alte Frau fanden,
die mit verwirrtern Blick händeringend aus
nnd ab ging. Bei Fräulein Morstans An
blick beruhigte sie sich einigermaßen.
»Gott segne Sie, daß Sie hier sind,« rief
sie unter trampshasiem Schluchzen. »Es
thut mir wohl, Jhr liebes Gesicht zu sehen.
Ach, wie fürchterlich habe ich heute auszu
stehen gehabt!«
Das Fräulein streichelte ihr die hagere,
arbeitsrauhe Hand und murmelte ein paar
Worte theilnehmenden, weiblichen Zu
spruchs· Das brachte wieder Farbe in die
blutlosen Wangen des geängstigten Weibes.
»Mein Herr hat sich eingeschlossen und
will mir nicht antworten,'« berichtete sie.
»Den ganzen Tag habe ich gewartet, daß er
mich rusen würde. Er ist oft gern allein
und ich wollte ihn nicht belästigen, aber vor
einer Stunde tam es über mich, das; etwas
nicht richtig sein möchte, da ging ich hinauf
und guclte durch Schlüsselloch
»Es hilft nichts, herr Thaddäus, Sie
müssen hinauf und sich selbst überzeugen.
Seit zehn langen Jahren habe ich den Herrn
Bartholomäus Schulto in Freud und Leid
gesehen; aber niemals mit solchem Gesicht.«
Sherloct Holmeg nahm die Lampe und
ging voran; der bebende Thaddäus solate
ihm. Er war so sassungglos, daß ich ihn
stützen mußte und ihm helfen, die Treppe
hinauszukommen; denn die Kniee versagten
ihm
Zweimal zog Holmes aus der Treppe
seine Luve herang- imi die Kohtgmntts ne
nau zu betrachten, welche die Stufen be
deckte. Jch sah nur den Staub, der darauf
lagerte; er aber mochte wohl noch andere
Spuren gewahren, denn er ging langsam
von Stufe zu Stufe, hielt die Lampe niedrig
und schoß scharfe Blicke nach links und
rechts. Fräulein Morstan war bei der jam
mernden Haushalterin zurückgeblieben
Der dritte Treppenabsatz endigte in ei
nem langen Korridor, dessen Wand rechts
ein großes Bild in indischer Stickerei
schmückt-, während sich links drei Thüren
befanden. Hokmes schritt bedächtig weiter
und wir folgten ihm auf den Fersen, unsere
langen, schwarzen Schatten hinter uns durch
den Gang werfend. Als wir die dritte Thiir
erreicht hatten, klopfte Holmes, erhielt je
doch keine Antwort. Nun versuchte er die
Thitr zu öffnen; sie war aber von innen ver
schlossen und ein großer starker Riegel vor
geschoben, wie wir beim Laternenlicht sehen
konnten. Holmes biickte sich zum Schlüssel
loch nieder, welches nicht ganz oerdeckt war,
fuhr jedoch augenblicklich wieder in die Höhe
und athmete schwer.
»Da steckt der Teufel drin, Watson,« rief
er so aufgeregt, wie ich ihn nie zuvor gese
hen. »Was denken Sie davon?« —
Jch sah nun auch durch das Schlüsselloch
und prallte entseht zurück. Das Mondlicht
erhellte den Raum mit unsicherm Schimmer
und —- scheinbar in der Lust schwebend,
weil weiter unten alles dunkel war, hing
da, den Blick mir zugewandt, ein Gesicht —
genau das Gesicht unseres Gefährten Thad
däus. Derselbe hohe, kahle Kopf mit dem
Kranz von rothem Haar-, dasselbe blutlose
Antliß, nur daß die Züge unbeweglich wa
ren, wie erstarrt, in einer unnatürlichen
Grimasse, einem gräßlichen Lächeln, das
sich in dem unheimlich stillen Zimmer ab
schreckender ausnahm und mehr auf die Ner
ven fiel, als die entsehlichste Fratze oder
Verzerrung So ähnlich war das Gesicht
dem unseres kleinen Freundes, daß ich mich
unwillkürlich nach ihm umfah, um mich zu
überzeugen, daß er wirklich hinter uns stand.
Dabei fiel mir ein, daß er erwähnt hatte, er
und sein Bruder seien Zwillingr.
.Das ist grauenhaft,« sagte ich zu Hol
med. »Was fangen wir an?«
-Wir iprenaen die Thür.« rief er. und
ftemmte sich mit seinem ganzen Gewicht da
gegen, um das Schloß aufzubrechen. Es
knarrte und ächzte, aber gab nicht nach. Jetzt
warfen wir uns beide zusammen gegen die
Thiir und diesmal sprang das Schloß mit
einem plötzlichen Krach auf und wir befan
den uns in Bartholomäuö Scholtos Zim
mer. Es schien zu einem chemischen Labo
ratorium eingerichtet. Eine doppelte Reihe
von Flaschen mit Glasstiipseln war längs
der Wand, der Thiir gegenüber aufgestellt
und auf dem Tisch standen Kolben, Rea
gensgliiser und Retorten unordentlich durch
einander. Jn den Ecken bemerkte ich große
strohumslochtene Flaschen, welche Sduren
enthalten mochten. Eine derselben schien
zerbrechen worden zu sein« denn ein Strom
dunlelfarbiger Flüssigkeit hatte sich daraus
ergossen, und die Luft war geschwängert
mit einem scharfen, theerartigen Geruch.
Eine Trittleitfr stand an der Seite des
Zimmer-s, mitten in einem Haufen von Lat
ten und Kallstiicken und über derselben sah
ich eine Oeffnung in der Decke, groß genug,
um einen Mann bindurchzulassen. Am
Fuß der Leiter war ein langes, starkes Seil
nachlässig hingeworfen
Neben dem Tisch abe:, in einem hölzernen
Lehnstuhl, saß, in sich zusammengesallen,
der Herr des Hauses, den Kopf auf die
rechte Schulter gesenlt und mit dem geister
haften, unerklörlichen Lächeln im Gesicht.
Er war s ·f und kalt und offenbar schon
seit vielen tunden todt. Er sah aus, als
ob nicht allein feine Gesichtsziige. sondern
alle seine Gliedmaßen auf die sonderbarfte
Weise verzerrt und verrenkt wären. Auf
dem Tische, dicht an seiner hand, lag eine
eigentdiimliche Waffe —- ein brauner, knot
riger Stock, an dem ein steinernen dummer
artiger Griffmit grobem Bindfaden kunst
lot befestigt war. Daneben lag ein abge
risenei Stilel Panier, ewf M- ei-· Mor
Worte getriseltrparem Holmei warf einen
Blick daraus und zog die Augenbrauen de
deutsam in die höhe, dann reichte er es mir.
»Was sagen Sie nuni«
Beim Licht der Laterne las ich mit
Seh-andern und Schrecken: »Das Zeichen
der Bier.«
»Um Gottes willen, was soll das alles
bedeuten?« rief ich.
»Es bedeutet Mord,« erwiderte er, sich
iiber den Todten beugend. »Ach! Das er
wartete ich. Sehen Sie her!«
Er zeigte aus einen Gegenstand, der wie
ein langer, dunkler Dorn aussah und ge
rade über dem Ohr in der Haut steckte.
»Das scheint mir ein Dorii·zu sein."
»Ja, es ist ein Dorn. Sie tönnen ihn
herausziehen, aber seien Sie vorsichtig,
denn er ist bergistet.« Jch nahm ihn zwi
schen Daumen und Zeigesinger und er ließ
sich so leicht aus der Haut ziehen, daß kaum
eine Spur zurückblieb. Ein winziger Blut
sleck zeigte, wo der Stachel eingedrungen
war.
»Das ist mir alles ein unlöshares Mith
sel,«« gestand ich, »statt sich zu klären wird
es immer dunkler.«
»Im Gegentheil,« meinte Holmes, »es
wird mit jedem Augenblick klarer. Mir
fehlen nur noch ein paar verbindende Glie
der zu einem ganz zusammenhängenden
Fall.«
»Wir hatten unsern Gefährten beinahe
vergessen. Er stand, ein Bild des Entfetzens,
immer noch in der Thüre, rang die Hände
und stöhnte vor sich hin. Plötzlich brach er
jedoch in ein lautes Jammergeschrei aus.
»Der Schatz ist fort!« klagte er. »Sie
haben ihm den Schatz gestohlen! Dort
oben ist das Loch, durch das wir ihn herun
tergelassen haben. Jch half ihm dabei! Jch
war der Petiti- der ikm Hieb-n lmt bi»
habe ich ihn gestern Abend verlassen und als
ich die Treppe herabging, hörte ich noch, wie
er die Thiir verschloß.«
»Zu welcher Zeit war das?«
»Um zehn Uhr. Und nun ist er todt, man
wird die Polizei rufen und ich komme am
Ende noch in Verdacht, die Hand mit im
Spiele gehabt zu haben. O ja, gewiß wird’s
so kommen. Aber Sie, meine Herren, nicht
wahr, Sie denten das nicht« Sicherlich
werden Sie doch nicht glauben, das-, ichs ge
wesen bin? Jch hätte Sie doch nicht herge
bracht, wenn ich es wäre? O weh! O weh!
Das bringt mich noch um den Verstand.'«
Er facht mit den Armen in der Lust.
stampfte mit den Füßen, als hätte ihn schon
der W:hnsinn ergriffen.
»Sie brauchen nichts zu befürchten, Herr
Scholto,'« sagte Hoimes, ihm freundlich
seine Hand auf die Schulter legend, ,,folgen
Sie meinem Rath und fahren Sie gleich aus
das Polizeiamt, um den Sachverhalt anzu
zeigen. Erbieten Sie sich auch, der Behörde
aus alle Weise behilflich zu sein. Wir wer
den hier Jhre Nücitehr abwarten-"
Der kleine Mann gehorchte in halber Be
täubung und wir hörten ihn im Dunkel die
Treppe hinabstolpern.
Sechstes Kapitel.
Sherlock Holmes hält einen
V o r t r a g·
»Nun Watson,« sagte Holmes und rieb
sich die Hände, »wir haben fest eine halbe
Stunde für uns, die wollen wir gut be
nutzen. Obschon mir der Fall, wie ich Ih
nen bereits sagte, fast völlig klar ist, so dür- «
sen wir uns doch nicht durch zu große
Sicherheit irrefiihren lassen. Scheint das
Ding jetzt auch einfach, so können doch noch
verwickelte Umstände dahinter liegen.'«
»Einfach!« rief ich aus.
»Gewiß,« sagte er mit der Miene eines
Professor-?- in der Klinit, der vor seinen
Studenten demonstrirt. »Setzen«S-ie sich,
bitte, dort in den Winkel, damit Jhre Fuß
srapsen teine Unordnung machen. Nun zur
Sache. Zuerst —- wie tamen —- und wie
gingen diese Leute?· Die Thiir ist seit ge
stern nicht geöffnet worden. Wie steht es
mit dem Fenster?« Er nahm die Laterne in
die band und-begann seine Beobachtungen,
oeren kkrgeonme er vor nch hinmurmeue.
»Fenster innen verriegelt. Rahmen ganz
solid. Keine Hasven an den Seiten. Oeff
nen wir’5. Keine Wasserriihre in der Nähe.
Das Dach ist nicht zu erreichen. Ein Mann
ist aber doch durchs Fenster gestiegen. Es
hat vorige Nacht etwas geregnet. Hier ist
der Abdruck von einem Fuß in dem nassen
Staub aqu dem Fenstersims, und hier ist
eine runde Spur, und hier noch eine auf
dem Boden, und dort wieder am Tisch. Se
hen Sie her, Watson’ Das giebt wahrlich
eine prächtige Beweisführung«
Jrh blickte auf die deutlich abgedruckten
schmutzigin Kreise. »Das ist teine Fuß
spur,« sagte ich.
»Nein, aber fiir uns von viel größerem
Werth. Es ist der Abdruck eines Sirt-)
fußes. Hier, auf dem Fenstersims, sehen
Sie die «Sticfelfpur, —-- ein fehroezr Stiefel
mit breitem Metallabsatz —- und daneben
ist die Spur von dem Holzstumpf.«
»Der Mann mit dem hölzernen Bein!«
»Ganz recht. Aber es ist.noch ionft ie
mand dabei gewesen ----- ein sehr geschickter
und thötiger Verbiindeter. Würden Sie
hier an der Mauer herauftletiern hinnen,
Doktoer
Jeh fah aus dem offenen Fenster. Der
Mond schien hell auf unsere Seite des Hau
ses. Wir waren gute sechzig Fuß vom
Boden, und nirgends konnte ich einen Halt
für den Fuß, oder auch nur einen Riß tm
Mauer-wert entdecken·
«Dai ist ganz unmöglich,« rief ich.
»Ohne Hilfe, allerdings. Aber ftellen
Sie sieh vor, Sie hätten einen Freund hier
oben, der Ihnen diesen guten, dicken Strick
an der Hauiecke herabließe, nachdem er ihn
zuvor an dem ftarten Daten befestigt hätte.
den Sie hier in der Mauer sehen. Wenn
te dann ein ritstiger Mann wären, lönni
- Ste, denke ich wohl, herauflletterm su
samnet dem hölzernen sein. Ratiieiteh tre
ten Sie den Rückweg aus dieselbe Weise an.
ihr Delsershelser aber zieht den Strick-her
aus, bindet ihn vom Daten los, schließt das
Fenster wieder, verriegelt es von innen unt
geht fort, wie er ursprünglich gekommen is .
Nebenbei ist noch zu bemerken,« fuhr ei
fort, während er den Strick durch die Fin
ger laufen ließ, »daß unser Freund mit
dem hölzernen Bein zwar ein guter Klette
rer, doch kein Seemann von Beruf war. Er
hatte keine hornhaut an den Händen.
Meine Lupe zeigt mir mehr als eine Blut
spur, besonders gegen das Ende des Stricks,
woraus ich schließe, daß er mit großer Ge
schwindigkeit hinabgerutscht ist und sich da
bei die Hände arg zerschunden hat.«
»Das mag alles richtig sein,« sagte ich.
»aber verständlich wird das Ding darum
noch nicht. Wie steht’s- mit diesem geheim
nißvollen Verbiindctens Aus welche Weise
ist der ins Zimmer geiotnnten?« —
»Ja, der Verbiindete,« fubr Hoslmes nach
denklich fort. »Seine Jndizien sind höchst
interessant, und heben den Fall über den
Kreis des Alltäglichen hinaus. Jn der
Verbrecherstatistit unseres Landes wird die
ser Verdiindete wohl ein ganz neues Feld
erössnen — man tennt ähnliche Fälle nur
aus Jndien und wenn ich mich recht erin
nere, aus Senegambien.«
»Aber wie ist er denn hereingeiommen?«
wiederholte ich. »Die Thiir War verschlos
sen, das Fenster nicht zu erreichen. Kam
er etwa durch den Schornstein?«
»Der Ramin ist viel zu eng· Diese Mög
lichkeit hatte ich schon in Betracht gezogen.'«
»Nun also, wie denn?« — —
. k-»4.» e- m s-- ·-s
»Ou- Iuiucu now Uns-tut lllctlik ducswllsc
anwenden,« erwiderte er, den Kon schüt
telnd. »Wie oft habe ich Ihnen gesagt, daß
man nur alle Unmöglichkeiten zu beseitigen
braucht; was dann übrig bleibt, muß trotz
aller Unwahrscheinlichkeit der wirkliche
Sachverhalt fein. Wir wissen, daß er we
der durch die Thür, noch durch das Fenster
oder den Kamin kam. Wir wissen gleich
falls, daß er nicht ini Zimmer verborgen
sein tonnte, da kein Versteck in demselben
möglich ist. Woher konnte er also kom
nien?« «
»Durch das Loch in der Deckel« rief ich.
»Natürlich, das steht fest. Nun halten
Sie mir, bitte, die Leuchte und lassen Sie
uns den obern Raum durchsuchen -— den
geheimen Raum, in welchem der Schatz ge
funden wurde.«
Er bestieg die Leiter, griff mit jeder Hand
nach einem Balten und schwang sich in den
Dachboden hinauf. Dort legte er sich platt
aus die Erde, strectte den Arm nach der
Lampe aus und leuchtete mir damit, wäh
rend ich ihm auf die-selbe Weise folgte.
Der Raum, in welchem wir uns befan
den, war ungefähr zehn Fuß lang und sechs
Fuß breit. Den Boden bildetest die Ballen,
mit diinnen Latten und Kalkbeiourf dazwi
schen, so daß man beim Gehen von einem
Ballen zum andern schreiten mußte, um
nicht durchzubrechen Die Decke wölbte sich
in einem Spitzbogen und bildete ingen
scheinlich die innere Vertleidung des Haus
daches. Der Raum war völlig leer, nur der
gehäufte Staub von Jahren lag dick auf
dein Boden.
»Da haben wir’s,«« sagte Holiiies, die
Hand gegen die schräge Wand legend« »hier
ist eine Fallthiir, die auf das Dach führt.
Wenn ich sie öffne, tomnit das Dach zum
Vorschein, das ganz allmählich abfälli. So
also hat Numero eins seinen Eingang ge
halten. «Nun lassen Sie uns sehen, ob wir
noch andere Spuren dieser Persönlichkeit
finden tönnen.«
Er hielt die Lampe auf den Boden: zum
zweitenmal an diesem Abend las ich
Schrecken und Staunen in seinen Augen.
Jch folgte feinem Blick, und es lief mir kalt
über den Rücken. Auf dem Boden sah man
dicht bei einander Abdrücke eines nackten
Fußes « deutlich ausgeprägt, vollkommen
geformt, aber kaum zur Hälfte von dem
Maß eines gewöhnlichen Mannes-.
»Holmes,« fliisterte ich entsetzt, »ein Kind
fu«-O h;-t- m ----- UIHQÄ kollknkssfl
Hi
-. .«.» «........,... .»».»..,...
Er hatte bereits- seine Fassung wiederge
wonnen.
»Ich war· einen Augenblick bestiir,it,«
sagte er, »aber die Sache ift ganz natürlich.
Bei einiger Ueberlegung hätte ich es vorher
wissen tönnen. Hier oben finden wir jetzt
nichts weiter; lassen Sie uns hinunter ge
hen.«
»Wie erklären Sie sich denn aber diese
Fufzspuren?« sagte ich eifrig, sobald wir
wieder aus festem Boden standen.
»Mein lieber Watson, strengen Sie doch
einmal Ihren Scharssinn on," rief er mit
einein Anslug von Ungeduld. »Sie kennen
meine Methode. Versuchen Sie dieselbe an
zuwenden und es wird lehrreich für uns
sein, die Resultate zu vergleid;en.«
»Ich vermag inir nichts auszudeuten,
was die Thatsacberz erklären tännte.«
»Es wird Ihnen bald genug alles llar
werden« sagte er in nachliissigem Ton.
»Hier giebt es, glaube ich, nichts niebr von
·Wick»ktigteit. aber ich will sehen« Schnell
zeig er die Lupe und rin Zentnneternsnsz ans
der Tasche und untersuchte nun das ganze
Zimmer auf den Knieem vergleichend- priis
send. Seine lange,- spitze Nase war dabei
nur ein paar Zoll von der Diele c:itfernt.
und feine tiefliegenden Augen sil:itetten,
wie die eines Naiibvogelg. tsinein Jäger
gleich, der die Fäbrte des Wildes verfolgt
bewegte er sich geräuschlos und sliichtig,
bald hierhin, bald dorthin. Während ich
sein Tbun beobachtete, drängte«sich mir un
willkürlich der Gedanle aus« was fiir ein
furchtbarer Berbrecher er hätte werden län
nen, wenn er diese Thatlraft und Schlau
heit, statt sie in den Dienst des Gesetzes zu
stellen, zur Ungeseklichleit verwenden
wollte. Er murmelte fortwährend vor sich
hin nnd Irr-ach endlich in einen lauten Freu
denschrei aus«
Guts-Wo total-)