Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, February 05, 1904, Zweiter Theil, Image 10
Yas Zeichen der Yier Von Genau Doykc. « WA-«««AAAAD«AAMWVWMK nos------s---ssvss--sss--ssssss-s---s--s»s--s— s - --- ----- ( (2. FortsetzungJ Ei war ein trüber Septemberabendx dichter, feuchter Nebel hing über der großen » Stchi und lagerte sich in schmutzig-farbenen ! Wollen aus den schlarnmigen Straßen. Die Lampen längs dem »Strand« tauchten aus dem Dunkel nur als matte Lichtflecken aus, die ihren schwachen, lreisrunden Schimmer aus das nasse Pflaster warfen. Durch die dunstige Lust schoß der gelbe Schein aus den Ladensenstern einen bald helleren, bald dunkleren Strahl quer über die menschen belehte hauptstraßr. Es hatte etwas Un heitnlicheT Geisterhastes, alle die Gesichter in endloser Reihe über diesen schmalen Lichtstreisen huschen zu sehen. —- traurige trsd fröhliche Gesichter, abgehärmte und lustige. Wie in der Menschheit Geschlecht aus Geschlecht, so glitten sie aus dem Dunkel ins Licht und wieder zurück ins Dunkel. Sonst macht dergleichen nicht leicht einen Eindruck aus mich, aber der düstere Abend und unser seltsames Unternehmen mochten wohl dazu beitragen, mein Gemüth trüber zu stimmen; auch merkte ich, daß Fräulein Morstan unter ähnlichen Gefühlen litt. Holmes allein war über solche äußere Ein sliisse erhaben. Er hielt sein offenes Notiz huch aus dem Knie und schrieb von Zeit zu Zeit allerlei Zahlen und Bemerkungen beim Schein seiner Taschenlaterne nieder. An den Seitenthüren des Stumm-Thea ters standen die Menschen schon dicht ge drängt, während bei dem Haupteingang Droschken und Kutschen in langer Reihe karfuhzemund sich-ihrer Jnsassen entledig -A- fl-—--.- - aus III-U sur-sue Icusgkuuvuv Genus uug und in Shawls gehüllte, von Diamanten strahlende Damen. Als wir die dritte Säule, den Ort unseres Stelldicheins, er reicht hatten, redete uns est kleiner, schwar zer Mann in Kutschertracht an: »Sind Sie die Personen, welche Fräulein Morstan de gleiten?« fragte er. »Fräulein Morstan bin ich, und diese beiden Herren find meine Freunde,« erwiderte sie. Er richtete sein »forschendes Augenpaar mit scharfem durch - dringendem Blick auf uns. »Entschuldigen Sie, Jräulein,« sagte er in mürrischem Ton, »aber ich soll mir von Ihnen die Versicherung ausbitten, daß kei ner Jhrer Begleiter ein Polizeibeamter ist.«' »Paran kann ich Jhnen mein Wort ge den,« lautete ihre Antwort. Er liesz nun einen scharfen Pfiss hören, worauf eine Kutsche angefahren kam. Ein Mann führte das Pferd am Zügel und öff nete uns den Schlag. Wir nahmen unsere Plätze im Wagen ein« der fremde Kutscher stieg auf den Bock, schwang die Peitsche und fuhr mit uns in rasender Eile dahin durch die nebligen Straßen. Mir war seltsam zu Muthe. Es ging einem unbekannten Ziel entgegen, zu einem unbekannten Zweck. Ent weder stellte sich die Aufforderung als ein grober Betrug heraus —- wsas sich nicht wohl annehmen ließ —- oder wir durften mit gu tem Grund erwarten, daß es sich um wich tige Enthüllungen handelte. Fräulein Mvrsianö Verhalten während der Fahrt war entschlossen und gefaßt wie immer. Jch versuchte zwar, ste durch die Erzählung mei ner Abenteuer in Afghanistan zu erheitern und zu zerstreuen, muß aber gestehen, daß ich selbst viel zu aufgeregt war und gespannt auf die Dinge, die da kommen sollten, um einen klaren Bericht zu erstatten. Noch heute behauptet sie, ich hätte ihr eine rüh rende Aneldote von einem Schießgewehr er Eblt das mitten irr der Nacht irr mein QOlt guckte, worauf ich mit einer doppelliiufigen Tigerkahe danach geschossen hätte. Zuerst konnte ich noch einigermaßen die Richtung verfolgen, in welcher wir sfuhren, aber — inochte nun die Schnelligkeit unserer Bewe gung schuld sein, oder der Nebel — ich ver lor bei meiner ohnehin beschränkten Kennt niß von London bald gänzlich den Faden und wußte nur noch, daß wir einen sehr langen Weg zu fahren schienen. Sherlock holmes dagegen gerieth niemals in Zweifel. Während das Fuhrwerk über verschiedene Pläse und durch zahllose Querstraßen und enge Gassen dahinstiirrnte, murmelte er die Straßennamem »Nuchester Rom, nun Vincent Square; fest kommen wir zu: Brückenstraße. Es » scheint, wir fahren nach der Surrey Seite s Mön. Richtig, das dachte ich doch! Nun sind wir auf der Bauxhall-Briicke. Sehen Sie, dort flimmert der Fluß durch!« Einen Augenblick sahen wir wirklich das breite, ßtlle Wasser der Themse im Laternenlicht gisnzenx aber unsere Kutsche rasselie weiter und bald steckten wir wieder in einem Sirehieniabyrinth auf der andern Seite. Wordsworth-Road,« sagte mein Ge fährte. .Priorh Rand, die Larkhall- Gasse. Unser Uhrnteuree scheint uns nicht gerade in vornehme Staditheile zu führenf Wir hat tes in der That eine sehr abgelegene, wenig ’ Mhendse Gegend erreicht. Erst tarnen W Reihen einförmiger Backfteingebäude, is welche nur die grell erleuchteten Wirths CI den Ecken mit ihrem trödelhaften einige Abwechslung brachten. Dann Jst-W Möckige Landhiiufee mit winzi , Vorder-krick- und dann wieder end f Ieise- m segeln-neu Ziegeln-arm — - , welche die ungeheure - erst Land hinaus ßrM M W der Wagen ans dritten hause cis-W Sie-Ie. Ei sah ebenso » dunkel und unbewohnt aus wie die Nachbar häuser; nur aus dem Küchensenster lam ein matter Lichtschein. Aus unser Klopfen wurde jedoch die Thiir augenblicklich von einem indischen Diener geöffnet, der einen gelben Turban, weite. faltige Gewänder und eine gelbe Schärpe trug. Die Gestalt des Orientalen nahm sich höchst wunderbar aus im Rahmen der Hausthüre dieser Vorstadt wohnung dritter Klasse. »Der Sahib erwartet Sie,« sagte er. Während er noch sprach, ries drinnen eine hohe, dünne Stimme: »Führe sie zu mir herein, Kithrnutgar, bringe sie gleich zu mir ins Zimmet.« v . —--———· - V Viertes Kapitel. Die Erzählung des lahiltiipsd g e n H e r·t n. Wir folgten dem Inder durch den unsau bern, schlecht erleuchteten Gang, bis et eine Thür zur Rechten ausstieß. Ein Strahl gelben Lichtes strömte uns entgegen und umleuchtete einen lleinen Mann, der mitten im Zimmer stand. Sein ungewöhnlich ho her Kops war von einem Kranz borstiger, rather haare umgeben, aus denen eine tahle« glänzende Glatze hervorragte, wie ein Berg gipsel aus Tannenbäumen. Ohne sich vom Platz zu rühren, wand et die hände stampf hast ineinander, und in seinen Gesichtszü gen zuckte es unaufhörlich; bald lan; ein Lächeln zum Vorschein, bald ein mürrischer Yusdruch Verm-Ruhe blieben sie leinen suugenonm Die Natur harre ryrn eine Hängelipve verliehen und eine allzu sichtbare Reihe unregelmäßigen gelber Zähne, welche er vergebens zu verbergen trachtete, indem er sich fortwährend mit der Hand über den untern Gesichtstheil fuhr. Trotz seiner auf fallenden Glatze machte er einen noch jugend lichen Eindruck. Er hatte auch wirklich erst das dreißigste Jahr zurückgelegt »f« «Ergebenster Diener, Fräulein Morstan,« wiederholte er mehrmals mit seiner dünnen, schrillen Stimme. »Ihr Diener, meine Herren. Bitte, treten Sie in mein lleineg Heiligthum Ein enger Raum, aber nach meinem Geschmack ein-gerichtet: eine Oase der Kunst in ber furchtbaren Wüste des süd lichen Londons.« Wir waren alle überrascht beim Anblick des Gemachs, welches wir betraten. Es nahm sich in dem ärmlichen Haufe so fremd artig au3, wie etwa ein Diamant reinsten Wassers in einer Fassung von Messing. Die Wände waren mit den reichsten und glänzendften Tapeten und Vorhängen be kleidet, die sich hier und da öffneten, um ein prachtvol! eingerahmtes Gemälbe, oder eine orientalifche Vase zur Schau zu stellen. Der Bodenteppich, bernfteinfarben und schwarz, war so dick, daß der Fuß darin versank wie in einem weichen Moosbettr. Zwei große Tigerfelle lagen darüber ge breitek, und auf einer Matte in der Ecke stand eine ungeheure indische Wasservseifr. Von der Mitte der Zimmerdecke hing an einem fast unsichtbaren Golddraht eine brennende Lampe in Form einer silbernen Taube herab und verbreitete einen seinen Wohlgeruch in der Luft —- lauter Zeichen von echt morgenländischem Luxus. »Mein Name ist Thaddäus Scholto,« sagte der kleine Mann unter fortwährendem nervösem Zucken und Lächeln. -Sie lind natürlich Fräulein Morstan, und diese her ren« — »Dies ist herr Sharloct Holrnes und dies Doktor Watson.« »Ein Arzt, ja?« ries er sehr erregt. »Da ben Sie vielleicht Jer Stetbostov bei sich? Dürfte ich Sie bitten? —- Jch habe ernste Befürchtungen in betress meiner herzilappem wenn Sie vielleicht« die große Gesälligteit hätten. Aus die hauptschlagader tann ich mich verlassen, aber ich würde gern Jhre Meinung Yer die Herztlappen hören-« Seiner - usforderung gemäß horchte ich «an seinem Herzen, konnte aber nichts Unge wöhnlicheö finden; nur schien er rnir vor Furcht völlig außer sich, denn er zitterte von Kopf zu Fuß wie Espenlaub. »Der Herzschlag ist normal. Sie haben keine Ursache, sich zu beunruhigen,« sagte ich. »Sie werden meine Besorgniß entschuldi gen,« bemerkte er. »Ich bin sehr leidend und traue dem Zustand meiner herzllappen seit lange nicht recht. Es sreut mich zu hö ren, daß ich mir unnütze Sorge gemacht habe. Hätte Jbr Vater, Fräulein Morstan, seinem herzen nicht allzuviel zugemutlzet, so lebte er vielleicht heute noch.'· Ich hätte dem Menschen ins Gesicht schla gen können, so zornig wurde ich bei diesem ; gefühllosen, rohen hinweis ans eine schmerz ! volle Angelegenheit Fräulein Morstan s sette sich und wurde blaß bis an die Lippen. ) »Ich fühlte es im Innern, daß er todt s sei,« sagte sie. »Ich sann lenen alle Einzelheiten mit s theian ja was noch mehr ist, ich tann Ihnen zu Ihrem Recht verhelfen, und das will ich thun, wag Bruder Bartholomäus auch sagen f mag. Ich bin so stob, Jhoe Freunde als ; Zeugen hier zu baben. Wir drei zusammen E können Bruder Bartholomäus dreist entge ! Heute-« user mir reine usoetheitigteu — I seinen Polizisten oder Beamten. Wir tän i M ei ohne Mchenhändler unter uns ab sehen z- aksetstiger sesriedigung Nichts wtlrde Bruder sattdoloenitns me verstim rnen, als irgend welche Oessentl eit.« Er nahm aus einem niedrigen Sessel Pius und zwinlerte uns mit seinen matten, wasser blauen Augen fragend an. .Seien Sie unbesorgt,« erwiderte Hol mes, »ich werde nichts weiter erzählen.« Jch nickte nur beistimmend mit dem Kopsr. - »Das ist gut! Das ist gut!« ries er. «Dars ich Jdnen ein Glas Chianti anbieten, Fräu lein Morstani oder Tolayer? Jch halte lei nen andern Wein. Soll ich eine Flasche öss nen? Nein? —- Aber ich hosse doch, daß Sie nichts gegen den Tabalsrauch einwenden wer den, gegen den balsamischen Dust des orien talischen Tabaks. Jch bin etwas aufgeregt, und meine Hula ist ein unschätzbares Be - ruhigungsmittel.« Er zündete den großen Pseisenlopf an, und der Rauch wallte lustig durch das No senwasser. Wir saßen alle drei im Halb lreis. das Kinn in die Hand gestützt, den Kopf vorgebeugt, während der sonderbare zappelige kleine Kerl mit dem boden, glän zenden Schädel unruhig in der Mitte den Rauch von sich blies-. »Als ich zuerst beschloß. Jlinen diese Mit theilung zu machen,« hub er an, »hiitte ich Jhnen meine Adresse angeben lönnen. Da ich jedoch fürchtete, Sie möchten meine Be dingungen unberiiclstchtigt lassen und Leute bringen, die mir nicht angenehm wären, schlug ich ein anderes Verfahren ein. Mein Diener Williams, in dessen Umsicht ich voll tommenes Vertrauen setze, sollte Sie zuerst sehen, und wenn irgend etwas sein Mißfal len erregte, die Sache nicht weiter verfolgen. Sie werden diese Vorsichtgmaßregel ent schuldigen, aber bei meiner zurückgezogenen Lebensweise und meinem, ich darf wohl sa gen, verfeinerten Geschmack. giebt es siir mich nichts Unästhetischeres als einen Polizisten. Ich habe eine natürliche Abneigung gegen jsde Form von rohem Materialismus, und komme selten in Berührung mit dem großen hausen. Wie Sie sehen, versuche ich mir die kleine Welt in der ich lebe, durch die Kunst zu bei-schönerm kann mich wohl einen Gön ner der Künste nennen. Diese Landschast hier —- —« «Entschuldigen Sie, here Scholto,« un terbrach Fräulein Morstan seinen Redesluß aaber ich bin aus Jhr Verlangen hier, weil Sie mir etwas mitzutheilen haben. Es ist sehr spät, und ich muß wünschen, die Zu sammenlunst so bald wie möglich zu be endigen." »Einige Zeit werden wir jedenfalls brau chen,« entgegnete er, »denn wir müssen durch aus Bruder Bartholomäus in Norwoob aus suchen. Wir müssen alle zusammen hinge hen, um ihn womöglich zu überrumpeln. Er ist sehr böse aus mich, weil ich den Weg ein geschlagen habe, der mir der richtige schien. Wir geriethen gestern Abend wirtlich·in Streit darüber. Sie können sich gar nicht vorstellen, was sür ein schrecklicher Mensch er ist, wenn er zornig wird." »Wenn wir nach-Notwood gehen müssen, so thäten wir vielleicht am besten, sogleich auszubrechen,« erlaubte ich mir zu bemer ken. Er lachte, baß er roth wurde bis über die Ohren. »Wo denlen Sie hin?« rief er. »Das wäre schön, wenn ich Sie ihm so plötz lich oor die Augen brächte. Nein, zuerst müssen Sie wissen, wie wir alle miteinander stehen. Es giebt nämlich in der Geschichte einige Punkte, die mir selbst unbelannt.sinb, und ich kann Jhnen die Thatsachen nur be richte-, insoweit ich sie selber kenne. »Mein Vater, John Scholto, war ehemals Major in der indischen Armee. Vor unge-’ sähr elf Jahren nahm er seinen Abschied und zog sich nach Ober-Norwood zurück, wo- er sich ein haus tauste. Er hatte in Jndien Glück gehabt und brachte eine ansehnliche Summe Gelde-, eine große Sammlung werthvoller Seltenheiten und eine zahlreiche eingeborene Dienerschast mit. So richtete er sich denn in PondicherrhsLodge aufs prächtigste ein und lebte mit großem Auf wande. «Mein Zwillingsbruder Bartholomäus und ich waren seine einzigen Kinder. Jch erinnere mich noch sehr wohl, welches Aus sehen das Verschwinden des Hauptmann-s Morstan machte. Wir lasen damals den Bericht in der Zeitung, und da wir wußten, daß er ein Freund unseres Vaters gewesen war, besprachen wir den Fall häufig in sei ner Gegenwart und er pflegte sich an unsern Vermuthungen zu betheiligen, was ihm wohl zugestoßen sein könne. Es wäre uns nie in den Sinn gekommen, daß er das ganze Ge heimniß in seiner Brust verbarg, daf; er der einzige Mensch war, der das Schicksal Arthur Morstans kannte. Wir wußten indessen, daß eine dunkle, drohende Gefahr iiber unse rem Vater schwebte. Er war sehr ängstlich, allein auszugehen und hielt zur Bewachung des hauses immer zwei ausgezeichnete Borer in seinem Sold; Williams, der Sie heute Abend gefahren hat, ist einer davon. Der Vater sprach sich niemals iiber den Gegen stand seiner Furcht aus, aber er hatte einen wahren Widerwillen gegen Männer mit höl zernen Beinen. Einmal schosz er thatsiichlich seinen Revolder aus einen Stelzsusz ab« der sich nachher als ganz harmloser Hausterer er wies. Wir mußten ihm eine große Summe bezahlen, um die Sache zu vertuschen. Da mals glaubten wir, mein Bruder und ich, dies sei eine bloße Wunderlichleit meines Vaters, aber spätere Ereignisse haben uns eines Bessern belehrt. i »Im Anfang des Jahres 1882 erhielt der Vater einen Brief aus Indien, der ihm einen harten Stoß gab. Er öffnete ihn am Iriibstiickstifch und fiel dvr Schrecken bei nahe in Ohnmacht. Von dein Tage an trän lelte er bis zu seinem Tode. Ueber den Jn halt des Briefes erfuhren wir nichts, aber während er ihn las, hatte ich gesehen, daß er , kurz war und- mit einer lrislichen dand ge schrieben. Seit Jahren schon hatte der Vater an der Milz gelitten, nun aber verschlimmerte sich sein Uebel zusehean. und Ende April liindigte man uns eines Tages an, es sei teine Hoffnung mehr ihn am Leben zu erhal ten. und er wiinsche uns eine letzte Mitwel lung zu machen. »Als wir zu ihm ins Zimmer traten, sasz er zwischen den Kissen aufgerichtet und atb mete schwer. Er beschwor uns die Thiir zu verschließen und winkte uns dann zu sich. Wir standen dicht an beiden Seiten seines Bettes, er ergriss unsere Hände und sprach mit vor Schmerz und Gemüthsbewegung ge brochener Stimme. Jch werde versuchen sei ne eigenen Worte zu wiederholen. — »Ich habe in diesem letzten Augenblick nur eink,« sagte er, »was mir aus die Seele drückt. Es ist das,,Unrecht, das ich der Waise des armen Morstan angethan. Jn meiner verdammten Geldgier-, der Hauptsiinde mei nes Lebens, habe ich ihr den Schatz vorent halten, der wenigstens zur Hälfte ihr zu sam. Und doch hat er mir selbst teinen Nutzen gebracht. So blind und verrückt ist der Geiz. Das bloße Gefühl des Besiyes ist mir so lieb gewesen, daß ich’s nicht ertra gen tonntc, mit jemand zu theilen. Seht jenen mit Perlen besetzten goldenen Kranz neben der Medizinslasche. Selbst von oem konnte ich nicht lassen, und doch hatte ich ihn mit der Absicht herausgenommen, ihn ihr zu schicken. Von euch, meine Söhne, soll sie den Antheil des Agra-Schatzes erhalten, der ihr gebührt. Aber schickt ihr nichts vor meinem Ende —- auch nicht den Perlentranz. Schon mancher ist ebenso schlimm daran gewesen wie ich, und hat sich doch wieder erholt. »Laßt mich euch erzählen, wie Morstan starb. Er hatte seit Jahren an einem Herz übel gelitten, verbarg es aber vor jedermann. It -fl-.— h. Us-« L--...- MI« ......... oq IIIIII lUIolI UIIullls — ucI IUII UIIUT in Jndien waren, tamen wir durch eine merk würdige Verlettung von Umständen in den Besitz eine. bedeutenden Schaßes Jch hatte denselben nach England herüber gebracht und Morftan iam am Abend seiner Ankunft un mittelbar zu mir, um seine Hälfte zu fordern. Er war vom Bahnhof zu Fuß herüber ge gangen und mein alter Lal Chowdar ließ ihn ein. Dieser treue Diener ist jetzt todt. Mor stan und ich waren verschiedener Meinung über die Theilung des Schatzes, es tam zu hitzigen Worten und Morstan sprang zornig vorn Stuhl auf; plößlich preßte er jedoch die Hand in die Seite, ward afchbleich und fiel rücklings zu Boden, wobei er mit dem Kopf gegen die Ecke des eisernen Schaßlastens stieß. Als ich mich iiebr ihn beugte, sah ich zu meinem Entsetzen, daß er todt war. — »Lange saß ich rathlos da; ich wußte nicht« was ich thun sollte. Mein erster Antrieb war natürlich nach Hilfe zu rufen, aber zu gleich ward mir tlar, daß man mich höchst wahrscheinlich fiir Morstans Mörder halten werde. Sein Tod im Augenblick des Streits und die Wunde an feinem Kopf, würden mich schwer verdächtigen. Fand eine ge richtliche Untersuchung statt. so mußten zu dem in Bezug auf den Schoß Thatsachen ans Licht kommen, welche geheim zu halten mir besonders am Herzen lag. Morftan hatte mir gesagt- daß leine Menschenseele wisse. wohin er gegangen sei. So schien es nicht unmöglich, was geschehen war, vor aller Welt zu verbergen. »Noch wälzte ich die Sache in Gedanken hin und her, als ich aufblickend. meinen Die ner Lal Chowdar in der Thiir stehen sah. Er tam hereingeschlicten und riegelte hinter sich zu. »Habt teine Angst, Sahib«, sagte er »Es soll niemand erfahren, daß Jhr ihn er schlagen habt. Wir wollen ihn beiseite schaf fen und dann lröht tein hahn danach.« »Ich habe ihn nicht getödtet«, ries ich. Aber Lal Chowdar schüttelte nur lächelnd den Kopf. »Ich habe alles gehört, Sahib,« sagte er. »Ich hörte euch streiten und ich börte den Fall. Aber mein Mund ist stumm. Das ganze hausfchläfi. Wir wollen ihn zufam men fortfchaffen« —- das reichte hin, mich zum Entschluß zu bringen. Wenn mein eigener Diener nicht an meine Unschuld glau ben konnte, wie durfte ich hoffen, mich vor den zwölf Geschworenen im Gerichtshof weiß zu brennen? —- Wir brachten die Leiche in der Nacht beifeite, Lal Chowdar und ich. Jn wenigen Tagen waren alle Londoner Zeitun gen voll von dem geheimnißvollen Verschwin den des Hauptmanns Morltan, aber mich traf kein Verdacht. Jhr werdet einsehen, daß ich bei dem ganzen Vorgang kaum zu tadeln bin. Mich drückt allein die Schuld, daß wir nicht nur die Leiche verbargen, sondern auch den Schac, und daß ich von Morftanz Antheil ebenso wenig lassen tonnte, wie von meinem eigenen. Eure Pflicht foll es sein. Ersatz zu leisten. Beugt euch nieder zu mei nem Munde, der Schon ist versteckt in »s-? Er stockte, und urplötzlich kam eine furchtbare Verwandlung über ihn. Seine Augen starr ten wild, er fuhr mit den trampfhaft gehalt ten händen in der Luft umher und treifchte in gräßlicher Todesangst: Laßt ihn« nicht her ein — um Christi willen, laßt ihn nicht her ein!« Rasch wandtst wir uns nach dem Fen fter um, an dem sein entsetzlicher Blick haf tete und sahen ein Gesicht gegen die Scheiben gepreßt, das aus der Dunkelheit zu uns her einschaute. Ei war ein bättiges, behaartes Gesicht mit wilden, grausamen«Augen; haft und Bosheit im Ausdruck. Wir stürzten ans Fenftey mein Bruder und ich. aber der Mann war fort. Als wir zu meinem Vater zurück tehrten —- toar sein Kopf in die Kissen ge funten und sein Puls hatte·aufgehört zu schlage-. — »Wir durchsuchten während der Nacht den Garten, aber es war keine Spur das Ein dringlingg zu entdecken, nur gerade unter dem Fenster fand sich der Abdruck eines Fußes im Blut-teilhat Ohne diesen schlagenden Beweis hätten wir glauben können, das wil ' - — »—»....-—-—..---.· de grimmige Gesicht ain Fenster set nur e . . Auegeliuri unserer Einbtldungskrast eines ; sen. Bald sollten wir jedoch die Gewehheit erhalten« daß wir rings von Spähern inn geben waren. Arn oMrgen fand man meines Vaters Zimmerfenster offen stehen und alle Schränle und Kästen durchwühlt. Auf seiner Brust aber war ein Papier-setzen befestigt, auf welchem mit tritzlicher Hand die Worte geschrieben standen: »Das Zeichen der Vier«. Was das zu bedeuten hatte, oder wer unser heimlich-r Besucher war, haben wir nie er fahren. Wir vermißten nichts von meines Vaters Eigenthum, obgleich alles durcheinan der geworfen war. Natürlich brachten wir dieses- seltsaine Ereigniß mit der Angft in Verbindung, welche meinen Vater bei Leb lzeiten verfolgt liaite, aber es ist uns noch heute ein vollständiges Rätlisel.« Thaddiiug Scholto schwieg, zündete seine Hula wieder an und tauchte einige Augen blicke gedankenvoll vor sich hin. Wir hatten alle in regungslofer Spannung seiner selt samen Erzählung ziigetiörL »Bei dein kurzen Bericht iiber ihres Vaters Tod war Fräulein Morftan leichenblafz geworden und schien ei ner Ohnmacht nahe; doch fafzte sie sich glück licherweise bald wieder. Stierloii Holines lehnte ganz in Gedanten versunken, mit ge schlossenen Lidern in seinem Stuhl. Erst heute Morgen hatte er noch bitterliciziiber die Alltäalichteit reg eLbeng geklagt; bier fand er nun en Problem, dessen Lösung all feinen Zcharfsinn in Anspruch nahm. Mit ersichtliche-sit Stolz iiber den Eindruck, den seine Geschichte gemacht hatte, blickte uns Ectiolto der Reihe nach au, that einige Zuge aus der Riesenvfeife und nahrn dann seinen Bericht wieder auf. »Sie können sich denken, wie aufgeregt ivir iiber den Schatz waren, von rein der Vater gesprochen hatte. Mona telana gruben und forschten wir täglich übers nsll im Garten dank-ich aber imm» wen-bona Wir hätten rasend werdenm ögen, daß er ge storben war, ohne uns das Versteck zu offen baren, obgleich ihm das Wort schon aus des Lippen schwebte. Die löstlichen Perlen des goldenen Kranzes ließen aus die Pracht der übrigen Reichthümer schließen, zu denen er gehört hatte. Ueber diesen Kranz hatte ich mit meinem Bruder Bartholomäus einen klei nen Wortwechsel. Die Perlen waren augen scheinlich von großem Werth und er war ab geneigt. sie herzugebem denn, unter uns ge sagt, neigt mein Bruder selbst ein wenig zu dem Fehler meines Vaterz. Auch scheute er sich, den Kranz fortzugehen. weil er meinte, es wiirde daraus ein Geschwätz entstehen, das uns schließlich Verlegenheiten bereiten könnte. Mit vieler Mühe setzte ich endlich durch, daß ich mir Fräulein Morstans Adresse verschassen durste, urn ihr von Zeit zu Zeit eint abgelöste Perle zu schicken, damit sie wenigstens niemals in Noth gerathen mochte.« »Das war sehr gut von Jhnen,« ries : Sherlock Holmeg eifrig. »Es beweist Jhre freundliche Gesinnung.« Der tleine Mann machte eine abweisenbe Gebärde »Wir waren ihre Psleger,«' sagte er, »so wenigsteng sah ich es an. Bruder Bartholo möug betrachtete es sreilich in ganz anderem Lichte. Wir besaßen ohnehin ein beträcht-· liches Vermögen; ich hatte lein Verlangen nach mehr. Auch schien es mir höchst ver werslich, eine junge Dame aus so gemeine Weise zu übervortheilen. Da mein Bruder jedoch bei seiner abweichenden Meinung ver harrte. hielt ich es zuleßt siir das Beste, mir eine besondere Wohnung einzurichten. Jch verließ Pondicherthodge und nahm den alten Khitmutgar und Willianis mit. Ge stern erfuhr ich indessen, daß ein Ereigniß von größter Wichtigteit eingetreten sei. Der Schoß ist entdeckt worden. Ich schrieb so gleich an Fräulein Morchan wegen dieser Zusammentunst, und wir brauchen jetzt nur noch nach Norwood hinauszusahren und unsern Antheil zu fordern· Jch l·abe Bru der Bartholomäus bereits gestern Abend meine Ansicht auseinandergeießt. Er er m-»«e uns-»- Nosneb monn mir ihn mieb schwerlich ivimomkneTskiu werden-« Thaddäus Schalto war zu Ende und iaß mii unruhig zuckenden Mienen in seinem weichen LehnsesseL Wir bliebn alle eine Weile stumm vor Ueberraschung iiber die neue Wendung, welche die geheimnisvolle Angelegenheit genornemn hatte, bis holrnes endlich aufsprang. »Sie haben richtig gehandelt, mein Herr, von Anfang bis zu Ende-,u rief er. »Viel leichi werden wir imstande sein, uns-.- Ihnen erkenntlich zu erweisen, indem wir auszutläi ren versuchen, was bis ietzt noch dunlel ist. Lassen Sie uns nun aber auch ohne allen Aufschub ans Wert gehen.« Unser neuer Belannter rollte den Schlauch seiner Hula sehr sorgfältig auf. holte dann hinter einem Vorhang seinen langen, gesät ierten Ueberzieher mit Kragen und Aus schlögen von Astrachnn hervor, den er troß der drückend warmen Nacht fest zutniipstr. Eine Kappe von Kaninchensell mit Ohren tlappen vollendete seinen Anzug, so daß nichts von ihm sichtbar war, als das spitze, bewegliche Gesicht. »Ich bin etwas iränlltch,« bemerkte er, während er den Gang hinunter uns voran schritt. »und bin geniilhigt, aus meine zarte Gesundheit Niicksicht zu nehmen« Draußen siand unser Wagen schon bereit, und kaum waren wir eingestiegen, so fuhr der Kutscher sogleich in schnellem Trade da von. Thaddäus Scholio sprach nnaushörs lieh mit seiner hohen, scharfen Stimme, die . non dem Gerassel der Räder nicht til-ertönt hinde. Mist Mist-»O