Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 08, 1904, Zweiter Theil, Image 9

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ver site Bei-i
f- 0 nehme itns so gern zur dont-,
Hätt-ach verblaßt die Schrift,
- l wes Wort Win, treu und wahr,
M is rnich mächtig trifft!
Der Brief« et ist von M-utterhanb,
Es fallen Tbriinen d’rauf;
Jch schäme mich sder Tropfen nicht«
Laß ihnen freien Laqu
Denn mehr ift niemaanhränen werih,
Als Mutter du allein!
« unt Dant fiir alles Gute, das
— pflanze-it in mich ein!
So oft den Brief ich lese nun,
Wie bin beglückt ich bat
Ich filyt’s, es ist die Mutter mein
Wie einst rnir wieder nut)’!
Beim Lesen eines jeden Worts
Bei-klärt fich mein Gesicht,
Weil Ninus zu ihrem Jungen ja
Die Mutter innig spricht!
Und ift die Welt oft öb’ und kalt,
Oftnials fv falsch ibr Wort,
Dann ift unt-»bleibt der »alte Brief«
Mein ein-wer Zufluchtsortt
Zu einem Jungbrunn’ wird er mir,
— Jch fchöpfe ist-au- o tief
Vertrauen wieder, - reu’ und Lieb’,
Aus ihm, dem «alten Brief«!
Die Ofsizierstochter. «
Nocelleite von Ein-no Merl(·Miinchen).
Die Herren Papas pflegten sich für
gewiihnlach bei den« TanzftundenAbew
den nicht einzufinden. Ein Kranz von
Müttern faß ja herum und biiteie die
Michlein Ab Und zu kam wohl auch
einmal ein Vater mit und erfreute sein
Herz an dem Anblick der hüpfenden
Jugend-.
Zur angenehmen Ueberraschung sei
nes Töchterchens ertliine Oberst von
Reichtersbauirn eines Abends, er wolle
sie begleiten. Die siebzebnjährige Fri
da war fchon meltllua: sie mufur. das-i
die Leutnant, die Löwen der Tanz:
stunde, besonders artig nnd liebens
wiirdi mit ihr sein würden, wenn der
Herr onnnawdeur anwesend war.
Oberst von Reichterehansen war ver
stimmt und suchte sich zu zerstreuen.
Seine Aelteste, sein Liebling, seine
Helene, hatte ihm eine tiefe Enttäw
schung angeihan . . . . »
Wie war sie schön, wie war er stolz s
gewesen, als er sie zum ersten Mal
aus den Ball siihrtr. Der Prinz hatte
sie sosort eingesprochen und.ihm gra
tutirt zu der «lxerrlichen Tochter«·
Sämmtliche Väter und Mütter bat
ten voll Neid die wunderbare, sieg
haste Erscheint-n angestarrt, die stin
geren Ossiziere siZch begeistert herange
driingt: ein sörmliches Wettrennen
want gewesen um die Ehre, ihr vor
gestellt zu werden, einen Tanz mit ihr
zu erobern.
Mit Blumen bekaden war sie heim
gekommen· Ein vaar Winter lang tvar
fre die Königin jedes Festes, dir ge
seiertite Schönheit in ihrrn streifen
gewesen.
Der Oberst hatte sonst teine Anla- ;
gen zum Schwärmen und Phantasten. s
Aber sür seine Helene träumte er von z
einer Fürstentrone, von einem giön-j
l;enden, vornehmen Loos, von einer
Zutunst aus den Höhen der Mensch
heit. Das alte Geschlecht der Rei
cherisharrsen hatte seinen einstigenj
Glanz verloren. Sein Kind sollte;
wieder emporsteigen. Die Natur hatte ’
ihr io den höchsten Adelsbries ver
iiehen. s
Doch Jahr um Jahr verqina. He
lene wurde bewundert, ausgezeichnet;
aber keiner wagte es, sich in sie zu ver
lieben. Die Herren Ossiziere waren.
alle so gute Rechts-er. Sie wußten, daß
der Oberst seinerzeit aus Liebe gehei- »
rathet hatte, ein hübsches Mädchen,
allerdings aus einem gröslichen hau
se, das aber sein altes Wappenschilo
nicht neu m veraoloen vermocht: dait
seine zwei Söhne bei den feinsten Re
gimenteen standen; —- —-— die Unbe
mittelten konnten, durften sich nicht
nähern; die Reichen blieben aus. So
war Gelenke siebenundzwanzia gewor
den, ohne daß sich ein Beivetbee ge
zeiat hätte
Und gestern nun teat sie in sein
Qimmer. sehe bleich. mit einem Ans
veuek mühsam beheerfchtee Etregung
auf den feinen Zügen.
»Papa!« ftammesste sie mit nein-eß
ter Stimme. »Ja den nächsten Ta
gen wird ein here Fu Dir kommen
nnd Dich um meine band bitten.«
Er nahm ihr Gesicht in feine beiden
Fsönde und staate, iehe bewegt, mit
einem totschenden Blick: »Du willst,
pat- ich Ja iaae?« L
Sie schaute ihn flehend an mit ihren
warmen. lchönen Auaen und nickte.
Jhee änattliche Miene, ihre Verwir
runa vertietben ihm ja, daß fee keine
glänzenden Aussichten zu melden hat
te. Er inne darauf aeiaiih von einer
Liebesheieath mit bescheidenen An
iänaen reden zu hören, Opfer bringen
zu müssen.
»Du willst doch keine Dummheiten
machen, Kind? Ich leae ia keinen
grossen Werth auf die Inneren Bet
biiitniiir. wie das beutentaae der
Brauch iii. Aber von der Liebe allein
kann mon nicht leben.«
,Ee iit einr wskgdabendee Mann,
- ,« fqate te ta .
Mråot Aber mai find dann iiie
Feinden-sing die Dich to kleinlaot Ina
chen. Sein Name Z«
gUebraskck « "
Staats- Zuzeiger UUU THUUUÜI
J. P Windolph, Herausgeber Gequd Island Rebr 8 km.1904 Hweitck Theil) JahrgaUg 24 No 19 «
Der Oberst zog die Augenbrauen in
die hohe und sah ihr sehr gespannt
aus die Lippen. Einen Moment ver
sagte ihr die Stimme.
»Fritz Maier,« stieß sie dann her
vor.
«E«intfach Fritz Maier!'« rief der
Vater mit einem Stirnrunzeln. »Wei
tet nichts? Kein Titel? Also nicht
Osfizier?« -
»Nein! Er ist Kausmanm Gehei
dediindler."
Sie hatte die Augen gesenkt, aber
sie sprach tapfer, mit einem gewissen
verztveiselten Trotz. Sie wußte, daß
nun derSturm losbrcchen würde. Der
Vater lachte grimmig aus
»Er ist aus einer guten bürgerlichen
Familie. Er ist ein seingebiloeter,
tooblerzogener junger Mann, —- ein
Gentlexnan, gewiß! Du wirst ihn lieb
gewinnen, wenn Du ihn nur erst
kennst!«
Sie war zum Kampf entschlossen
Daß harte Worte sallen würden, daß
sie heftigen Widerspruch in ihrer Fa
milie zu gewärtigen hatte, das wußte
sie. Aber so zornbebend, so streng und
abwetsend hatte sie den.Vater nie ge
sehen. Sie war ja immer von ihm
verwöhnt nnd verhätschelt worden.
? Niemals harte ihr sein Gesicht solchen
Schrecken eingejagt.
»Ich will ihn nicht tennen lernen!«
schrie er sie an und stand so groß und
herrisch, mit so grausamern Blick Vor
ihr, Daß sie zu zittern begann. »Meine
Tochter soll nicht Frau Mater heißen.
Ase tniss VIII-ein Risivsifwbsnhspv sun
- Schwiegersohn!«
Thränennafse Augen hatte sie noch
zu ihm aufgeschlagen. Erwidert hatte
sie kein Wort.
Wenn er einmai heftig wurde, dann
verstummte in feiner Familie set-Mus
lehnnng. Seinem energisch aeäußerten
Willen beugten sich auch seine Söhne.
Es iatn ihm gar nicht in deni Sinn,
daß Helene daran denken könnte, ohne
seine Eintoilligung n heirathen. Nach
dem die erste Zorn itze verflogen war,
that sie ihm ja auch von Herzen leid
und er wollte das Zusammensein an
diesem ersten einsamen Adende lieber
vermeiden.
Es schien ihm eine willkonnnene Ge
dankenabletttkuna, seiner Frida zun
schanen, die sich noch fo ganz kindisch
tem Vergnügen des Tanzens hingalx
Sie war ia lange nicht fo schön wie»
Helene: blühend nnd frisch, ein bischen t
J-ugendreiz. Ader vielleicht datte sie ’
mehr Glück, aerade weil sie eine Durch- i
schnittsersckeinuna war. Für sie wollte !
er seine Wünsche gar nicht so hoch itie
gen lassen; sie konnt-e teine Ansprüche
knacken an ein unaexoöhnlickes tocck
Aber seine königlich-e HeleneI Mit
dern vornehmen Wuchs, dem edlen Pra
fit, dem stolzen Nacken. die ia berufen
fckien, ein Dir-dein eine Hof-schleppe zu
tragen, die geschaffen war fiir eine ge
bieten-te Stellung, —- sie, Frau Mater-,
Getreidehiindlereaattint Sein ganzes
Wesen däumte fich auf gegen diese Bor
stelluna.
Mochte man ihn altmodisch, starr
tiipfig, verschroben nennen — er konnte
,nicht anders. Er tanzte nicht mit um
das goldene Kalt-! Er rechnete nicht je
den, der Gekd hatte, zu seiner Welt!
Geauiilt mit finsteren Augen faik er
da, während die schlanien Paare an
ihm vor-überflogen und die Klavierspie
kerin in der Ecke, taitfest, wenn auch ein
wenig temeprarrenitlos, ihren Walter
herunterfpielte. Bei einer Pause fiel
sein Blick auf die bescheidene Gestalt im
adgetrasgenen fchwarzseidenen Kleid,
und er bemerkte, daß sie wie todtntiide
zusammensarrt, den arauen Kon vor
geneiat, die Arme traftlos im Schoße
ruhend.
Er winkte einen der Leutnants Her
an. die bei jedem Blick des Obersten
diensteifrig auffpranaem
»Die arme Person da am Klavier »—
« sie scheint etwas erschöpft zu sein. Brin
aen Sie ihr doch einen Schluck We:n,«
’ saate er, indem er von seinem Rades
» heiwer ein Glas füllte.
»Mit Vergnügen, berr Oberst.«
. Als der Leutnant sich mit dem Tab
! lett näherte nnd höflich bemerkt-: »Der
Eberr Oberst schickt Ihnen eine iteine
"Stärkuna. Fröuleint« erhob sie sich
"trendete sich um und danite mit einer
schilckternen Verbeugung mit ein-e Rö
s the der Verkegenkheit auf den schmalen
- Warten. »
I »Der-vermeinet Woher kenne ich
I dieses Gesicht?« dachte der Oberst.
H Als der Tanz wieder besann und
E ilne Hände anf? neue die Taften knar
j beitetem studirte er in dem gegenubers
lieaenden Spieaek ihre Ruar. Die
I schmut- Stiku. die hsckqkwizwim Brau
’ en, die seine. gerade Nase « wo hatte
I er sie nur aesedeni Er suchte nnd suchte
. in seine-n Gediicktnisr: eine wehmütt,stae
Mfintmng durchfröstetlte ihn, aber die
Erinnerung war zu verschmvmmenx sie
yet-rann im Nebel. Erwendete sich an
die Damen. · »
»Den-It eine von Scheren die Klavier
spieierini Wie heißt stei« fragte er
gespannt.
v-------7-»s
»Frau Baronin von Wall-heim muß
darüber Bescheid wissen. Sie hat sie
in einem ihrer wohlthätigen Vereine
entdeckt. Man beschäftigt dirs Fräu
lein aus Mitleid. Sie soll sehr bedürf
tig sein.«
Die Baronin Ibesann sich nicht uleich
aus den Namen.
»Ach, verzeihen Sie, Herr Oberst —
es ist schrecklich, was ich siir ein schwa
ches Gedächtniß habet Ach so, — ja,
nun fällt es mir ein. Sie heißt bilde
gard de Castro! Das klingt ganz seu
dal, nicht wahr?«
Den Obersten hatte es durch-zuckt
,,Hildeaard de Castro!« wiederholte
. er ergriffen, erschüttert. »Ist es denn
möglich?«
»Sie lenn sie, Herr Oberst Z«
»Ich besinne mich seit einer Stunde,
wo ich ihr begegnet bin! Nun weiß ich
es. Denken Sie, liebe Baronin, ich
habe in meiner Jugend mit ihr Tanz
stiinde gehabt.«
»Ach Gott, wirlichZ Ja, ich hatte
wohl gehört, daß ihr Vater Ofsizier ge
wesen. Aug unseren Kreisen also!
Ists nicht schrecklich?« Die Dame
sewtte die Stimme: »Sie kam in das
Reanten«hau5, halb bewußtlos vor Er
schöpfung — vor Hunger. Dann erst
nahm man sich ihrer an und suclxie ihr
Beschäftigung zuzuwenden Sie ist zu
stolz, um ein Almosen zu nehmen«
Der Oberst stand gvieder allein,
preßte die Lippen auseinander und ver-«
sant in Erinnerunaen.
Hildegard de Castro! Ein schlaniesz
hübsches Mädchen-« war sie gewesen«
um unsv noermurhi·a. Viele hatten sich
vor ihrer scharfen Z·unae und ihren
spottlusliaen Augen aesiiichtei. Aber
er hatte als iunaer Leutnant ihre wint
ae Schlaasertiakeit unaemein bewun
dcrt und ein paar Monate lang siir das
selbstdetvußle kühne Mäocten ge
schtviirint. Dann war er versetzt wor
den und hatte sie vergessen. Er besann
sich jetzt wieder ganz genau aus die
Schicksale der Familie. Der Vater
lkatte als Major den Abschied nehmen
müssen. Der Bruder tvar ein Leicht
fus; und macht-e Schulden, die man mit
größten Ovsern bezahlte, nur damit
er seinen Rock nicht ausziehen mits:te:
ein Jahr daraus fiel er in einein Duell.
Die Eltern hatten seinen Tod nickt
lange überlebt
In Ansprüchen erzoqem stolz. lmchs
miitliia und verwöhnt, und dann allein
in der Welt, mil der Pension einer
Maiorstochter.
Ein Schwur-ern liess ihm über den
Rücken.
Und sie spielte jetzt »zum Tanz aus,
siir eine neue Jugend, die ebenso sorg
los und iibermiithig und erwartungs
froh in die Welt hineinlaschtr, wie sie es
einst gethan, die an ihr weilt-entity
aleichai llig und grausam wie an einer
M schine.
Wie bitter mochte es ihr dttlsei In
Mirtlxe sein! Oder sckaute sie mit heim
slicheni Mitleid aus die blühenden, fri
scken Mädchenaesichter2
Was würde aus ihnen allen? Anc
den vielen, den all u vielen, die einer
aliinzenden Zukunst zustrebten die
M « ist-« XII-Ins vom Uns-n IIKIIOOIIØ
Dass Lachen um ihin her that ihm
weh. Er konnte diese Wat«;ertl·cinae
nickt mehr hören.
»Ich gehe noch ein wenig in die Luft
und hole Euch später a-b,« sagte er, sich
verabschiedend, zu feiner Frau.
Einfam irrte er durch die nächtlictsen
Straßen, in düsteren Gedanken verlo
ren.
Als er wieder in den Tanzfaal trat,
hina sich die Klavierspielerin eben den
Kragen urn und schlang ein Tuch um
den arauen Kopr —- icnmer allein in
sihrem Wintel, wie durch eine weite
Kluft getrennt von der hellen Gruppe
der fröhlich Genießenden. Ver-learn
zögerte sie noch eine Weile, bis oie Da
nen —- vor allen ihre Gönn-erin, die
Baronin Waldheim -— ihren unterwür
fiaen, demüthigen Knix bemerkten und
tserablasfend nickten. Daan fchtiipfte
sie einsam hinaus in das Dunkel. .
Heime wackte nach bei der Fieinttehr
der ihriaen; ein bitterer Leidens-tun
laq um ihre stolzaeschivunaenen Liv
ven. Die Mutter zantte, daß iie fo
ianae ais-lesen hatte.
»Ich hätte doch nicht schlafen tön
nen.« ernsiderte sie müde, toottranria.
Der Oberst wartete, bis er allein
mit ihr ini Mohnaimmer stand Dann
leate er ihr die Hand auf das Haar.
Er mußte rinaen mit sich in einein
. schweren Kampf mit feinen Anschauun
gen, mit feiner Liebe für die Tockter,
tnit seinem Stolz, bis er endlich spre
chen konnte.
L Während er durch die stillen Stra
i ßen dahingeirrt war, hatte ibn das
’ Entletren gepackt, sie könnte allein zu
riiclbleiben, mittellos, heimathlos, als
eine Ueberrähliae, der das Leben die
Ansprüche herunterriß. einen nach dem
anderen, die es zermiirbte und nieder
driillte wie feine einstiae Tuns-stun
denilamwr. Diese dürftige Gestalt in
dem abaetraaenen schwarzen Seiden
Ileid stand ihm vor Armen. warnend,
drohend, wie ein Schreckbild, das senien
tstarten Willen lä·hcnte, vor dem sein
Hochmuth zerbrach.
Alles ivar besser als dieses furchtbare
Loos! -
»Ich habe es mit überlegt, Helene.
Wenn Du den Mann lieb hast, —- ich,
ich will Dich nicht hindern, Deine Wege
zu gehen, Dein Glück zu suchen, wo Du
es zu finden hossst,« sagte er mit heise
rer Stimme.
Sie blühte aus wie ein-e Rose im
Sonnenschein Halb lachend, halb
schluchzend, schlang sie die Arme um
den Hals des Vaters.
»Ja, ja, ich hah’ ihn lieb! Und ich
dankhe Dir tausendmal, lieber, guter
Paua!«
Er wehrte ihr ab. Ihm war zu
traurig ums Her-» Ihren Jubel ver
mochte er noch nicht zu ertrag-en. Er
: hatte heute zu stolze Träume begraben-. .
T Nebenau erzählte seine Jüngste noch j
» lachend und selig von ihren Tanzitun- ;
dentriumphen Sie hatte nur Lici- z
res, Lust-take gesehen, —— teine dästeren »
» Schatten aus der Vergangenheit «
i
Dei dicke cohengriin :
BiihnenHumoreste Von Alwin Römer
———--—— s
Heinrich Almhoser, lder Abgott aller ;
»Residenszackfisck,e in N...., stands
Jrcr seinem Spiegel und freute sich!
j iiber seinen Schnurrbari, den er wieder
iioachsen ließ, weil Die Zaison ihrem!
; Ende ··,usteuerte. -
Da tlinaelte es an seiner Woh
s nungsthür und als er Rock-schau hielt,
ssand er einen Herrn mit einem tadel
los gebilgelten Cylinder von neuester
Facom
»Drehe ich die Ehre, Herrn Hof
, cpernsiingrr Almhoser. . .?«
»Allerdings!" entgegnete der Tener.
Der Fremde nahm ziemlich uns-e
niert in einem bequemen Lebe-dehn
stuhl Platz und sa» te endlich:
»Ich bin der Yheateragent Polte:
ans London. Wie lange haben Sie
noch Kontratt hier, Herr Lllinshoser?«
A’lmhoser’e Stirn legte sich in leise
Falten. ;
L ,,Sechs Jahre!« antwortete er seuf
send. E
»Alle Wetter! Noch so lange? Ich
hätte einen glänzenden Kontrast siir
Sie nach Amerika. Herr Almhoser,i
arm zum nächsten Frühjahr müßte-It
Sie frei sein! War gestern Abend im !
»Tannlfiiu-ser«, um Sie zu hören und
bin entzückt! Wie stel)t’5: Drei
Tourneen, allemal acht Monate, pro
Monat zwanzig Vorstellungen; pro
Vorstellung 1000 Mk« he?« sagte
langsam nno niit kräftig-er Betonungj
der Zahlen Williatn Poster ans Lon- s
don. !
,,Donnerwetter « Donnerwetter!«
inurmelte der Tenor. »Aber ich
lomnse nicht los —- ich bat-se schon alle-J
versucht, wag- mensctenniöglich war.
Und ionstralttsriicksig mag ich nicht ler
den!«
Der Agent zuckte die Aclxseln
»t21nsick,te-sache!« sagte er. »Hier
irgend ein Mittel sollte ee doch geken!
Hm wenn man Zie nun doch
laufen ließe —- binnen Jahresfrist
etwa! Würden Sie Dann arceptterein
Herr Almhoser?«
»Mit Wonne, nteiin Bester! Mit
Wonne!« rief der Sänger·
»Gut, machen wir das schriftlich!«
»Oat das wirklich Zweck«
»Wir iniisseii’g versucan ertliirte
divlomatisch der Agent und setzte diel
Paragraphen aus. !
t
t
Als Almhofer dann unterschrsielsen
hatte, sagte er:
»Haben Sie bei all Ihren glänzen
den Gaben nicht auch einen Fehler,
Heri- Almhofer«t«
Der Tenor sagte kopfschüttelnd:
»Nein-, ich wiißte wenigstens teineii!«
»Aber ich!« sagte Mister Potter.
Almhofer sah ihn erstaunt an.
»Ich hasb seine Qhren,« begann der
Agent. »Mit denen hörte ich aesternz
Abend im Foyer, wie Jbre Turchlaucht !
hier sseine Couiine oder Nichte, die er
ja heirathen will, staate, wie ihr sein
»Tan-n"hänser" gefiele?«
»Ab. . . . nnd weiter?«
»Seht gut!'« entgegnete sie nach
»«cen-tlich. »Aber ich meine der richtige
Tannhäuser ist weder aus dein Hörsels
»berg noch aus Rom so wohlgenährt
« heimgekominen!« -
» »Ob...! Jch kann doch nicht alle
mal eine Hungerlur durchmachen wenn
» ich den Tannhäuier spielen soll's« ent
rüstete sich Almhoser.
,,Wiirde ich auch gar nicht verlan
gen!« entgegnete Butter. »Aber
Durchlaucht sagt-: »Du hast recht,
liebe Ulrile. Der gute Mann wird
wirklich start. Er soll schwenningetn
die-ten Sommer.«
»Aber so dick bin ich doch wahrhaf
tig noch nicht!«
»Sollen es aber werden!« sagte der
Agent trocken und blickte den Sänger
verschmth von der Seite an.
»Ja, soll ich mich dann mästen?"
fragte entssetit der andere.
»Na, natürlich!« nickte Votter und
tuschelte ihm etwas in’s Obr, woraus
ein »Sei-immer freudigen Verständnis
» ses uber Almhojens Antlitz glitt· Als
) der Agent endlich Abschied nahm, war
» der Plczn six und fertig, mit dem man
I dem gerzigen Jniendanten die Einwu
lmung zur Lösung des Alrn’hoser’schen
Kontrast-s abringen wollte.
Schon am nächsten Tage stankd im
»Wochenblatt« ver Residenzstadt ein
LeitartikeL der in einigen scherzhaften
Wendungen daraus hinwies, daß Lo
shengrin doch eigentlich nich-i zur
Sippe der Falsiasss zu zählen sei.
Bei der Jugend des Herrn Almhofer
sei sein zunehmen-Ver Umfang doch ei
gentlich beängsiiqend. Uebrigens habe
Prmzesssin Ulrike schon längst ähn
liches gesagt. Almhoser sei entschie
den zu start. Der Stein war im
Rollen.
Almhofer ging verdrießlich umher.
Aber er wurde durch den Aerger leider
nickt viinner.
»Liebe: Freund,« sagte der Inten
dant eines Tages, »ich habe mit dem
Leibarzt Seiner Durchlaucht gespro
chen. Sie ruiniren sich, Sie bekom
men einen «Schlagansfall, wenn Sie »so
fortfahren! Sie müssen schweninsgern!
Den ganzen Sommer durch!«
»Aber selbstverständlich, Excellen·3’.«
entgegnete Almhofer. Nächsten Win
ter bin »Ich wieder schkank wie eine
Tanne«
»Das geb-e Goti!« meinte die Errei
lein, Die sei-her nicht gern gab. »Wohin ;
wollen Sie denn?« ’
»Noch Fichten«berg, (Ercellen.;. an
kin »m: riemiibnlickeg Bauernme mit s
tnapper Kost. Da will ich Holz fügen, i
daß die Heide wackelt!« i
»Seht gut, sehr gut! Da hab’ ichi
Zie ja immer unter Aufsicht! — i
In Fichtenberg arbeitete Heinrichi
Almlicfer höchst wacker Und im
Schweiße seines Angesichts am »Säge
·bocl, so oft Excellenz Weißvogel aus
der Bildflüche erschien. Daß man»
ihn immer keimlich a:·isirte, ahnte der 4
Gute nicht. Zu seinem Entsetzen;
mußte er bei diesen Jnspektionen jedoch s
bemerken, wie seltsam die Schwenins-(
gertur bei diesem schrecklichsten aller;
Tenöre anschlag. Den-n Almliofers
wurde Dicker statt dünner. Excellenzl
schüttelte betrübt Dass Haupt. ,
»Sie machen mir Sorgen, lieber
Almhoser. Was soll das werden?
Nächsten Monat ist Hochzeit unsd
Durchlaucht wünscht beim Einzug eine
Galavorstellnng . . .« J
,,s amos!« sagte enthusiastisch derJ
Tenor. ,,Einen Alt Lohengrin oderE
so Umkreist-« ;
»Ganz recht. Aber ich fürchte. ich:
fürchte . . . Unsere lünstige Herzogini
hat sich nämlich schon damals nsichti
allzu günstig über Sie geäußert . . .»
Sie wissen wohl . . . Ihrer Stärke
wegen . . .«
»Ich bit unglücklich, Excellenz!«
sliisterte Der Heuchler.
»He-isten Sie Holz, lieber Freund,
immer noch mehr Holz!« feuerte Der
Zntencspinr ihn an.
Leider ließ sich die Entwicklung zum
«T·allstass durch kein-se Anstrengungen
hemmen. Als der Tag der Gialavor
stellung karn, schien Alsmhoser seine
zwei Centner schwer, was sich auch bei
Vlnleauna des Silbetvanzerg zu bestä
tiaen schien Die gleiszende Rüstung
ließ sich nicht mehr ganz schließen.
»Aber-, lieber Freunds sagte Durch
taucht ärgerlich zum Jntenoanten,
»unfer Lohengrin ist ja noch dicker ge
tooroen? Jch denke er sollte schwe
ninaern?«
»Da-s thut er auch. Aber es- schlägt
verkehrt an bei ihm, Durchlaucht!«
klagte Weißt-Web
»Dann ist er als Lohenarin doch
aber unmöglich, Excellenz!« erklärte die
junge Fürstin.
»Also anderen engagiren, lieber
Freund!« »
»Wir haben ihn aber noch auf sechs
Ja«hre!«
»Um Gottes Willen!« rief indianirt
die hohe Frau, die nun einmal einen
Haß auf alles Coer lente hatte
,,Bedauerlicher Mißgriff, lieber
Freund. Lösen Sie Contract Geben
Sie Abfindung, wenns sein musi!
Oder Orden! — Aber schaffen Sie
zum Winter anderen Lohengrin!«
»Wie Durchlaucht befehlen!« muri
ine lte geknickt die Excellcnz.
»Lieber Aimhoferf sagte sie alsoan
mit aiinnerhafter Miene zu dem zum
Abschub verurtheilten Tenoristen, »ich
kann Ihnen aufrichtig gratuliren zu
dem Erfolge, ten Sie aehabt haben!"
»Sooo?« sagte etwas erstaunt der
Angekedete
» »Ja, Durchlaucht waren äußerst zu
frieden . . . Ah . . . nur unsere al
zlergnädiaste Herzogin hätte gern . . .
jSie können sich denken . . . äh, so was
thre Figur anbelangt, etwas mehr
l vchkantldett «
»Sie wissen, Ereellenz, daß ich . ."
»FreiIIch, steil-ich, ich habe Sie auch
vertteidiatt Unlo es hat auch vorläu
fia kein Bedenken! Un ser Metoizinak
rath me nte allerdings, pSie hätten eine
jener C-onstitutionen, vie gerade in die
--—..—». —.-.-.-..—.- —
sen Jahren in großer alsr fisc
bsein Abels nj.chs:iiteisnetnsm la
it wirkli zu pa , nie-n
ster! Und ich meine wirklich, Sie soc
ten ein paar ahre in andere Um -
bung gehen. lust sehr-it Verfe
chen Sie in Hamburg anzuiomsnen
und -——«
»Aber-, Excellenz, mein Contract
bindet mich doch an N . . . .?«
»Wie wende ich aus einem elenden
Stück Papier bestehen, wen-n stch’s um
eine so schwevwiegentde Sache hansdeltW
erklärte der Alte. »Durchlaucht muß
seine Zustimmung geben, daß Sie fort
können. Dafür lass-en Sie mich or
gen.«
I »Ich weiß nicht, ob ich . . .« .
; »Natürlich beantrage ich den durch
ilauchtsigen Hauson vom grünen
»Specht siir Sie!« siigte Excellenz noch
"hinzu. »Das heißt, wenn Sie leine
anderen Ansprüche an unseren Etat
stellen . .
»Ich werde es mir überlegen, Excel
lenz!« antwortete nachdenklich Alm
l,oser· .
Eine Woche später war alles gere
gelt. Er hatte Abschied von N . . .
genommen und ging wirklich nachHanp
but-g, allerdings nur, um einen der
efeganten Passagierdampser zu benu
tzen, der in das lockende Lan-d der Dol
larkå füler
Ein- Zufall fügte es, daß Excellenz
Weißvogel gleichfalls in Hamburg mat.
Auf dem Jungfern-stieg liefen sich
Die beiden beinahe in die Arm. Nur
traute der Jiitendant zunächst seinen
Augen nicht, so schlank lam ihm sein
Heldentcnor vor.
,,Ja, biebster Vllmlyosetz sind Sie’s
denn wirltich?« fragt-e er.
»Ich denke doch, Excsellenz!«
»Aber . .. Sie sind ja fahelhaft
riinn geworden Das ist ja wie ein
Natura-unten Jst das blos Luftverp
Eureman
»Mus; .Voh-t, (5xcelle11z!« entgegnete
:"-lhnhosrr, der sein geschickt consiruir
its- Lufttissen, das ihm Misier Polter
nue England geschickt hatte, nicht mehr
trug.
« .».--..
»UL 111 erililunucy:" mutmetle Mc
Exeellenz 1nißvergniigt. Ein leiser
Schimmer war ihr aufgegangen, daß
dieser Tenor sie depiirt hatte.
Heinrich Almhofer aber hol-te sichs in
Amerika ein gansz hübsches Süm-mchen«,
das ihm gestattet, so gut zu bin-im,
wiss ihm immer behagt, da er schon
längst nicht mehr Rücksicht darauf zu
nehmen braucht, ob ihm die Schweine-n
rittserriistung zu eng wird. Er hat der
Bühne Valet gesagt und ist ein behiibi
aer Rentier geworden, der »dickeLohen
I«
prin.
Göt; von Benzol-muss eiserne«
est-do
Jn der »Dentschen Medicinischen
Wochenichrist« berichtet Dr. jur. Theo
dor Tiftel - Blasewitzt Die lunstreiche
eiserne Hand Götzens von Berlichingen
ist in neuester Zeit fälschlich als die
linke bezeichnet worden. Original u.
a. Christ.«v. Mechels ,,Ab«bildung«
iBerlin Jslfy sind vorhanden. »Hier
nur fol,iendeg: Der stährige Giiy
verlor seine Rechte 1504 vor Land-s
l)ut. Llnf seinem Krantenlager dachte
el an eine ilzm bekannte künstliche und
ersann sich seine eiserne. Die erste Aus
fiilmmi derselben genügte ihm nicht,
wohl arer die zweite von einem leider
Licht genannten Waffenschsniiede in
Llntkausen Erst 1562 staro der Trä
a»r, nach-dem er noch öfters gekochten
hatte Der Mechanigmus ist nur in
dir eigentlich-en Hand befindlich. Der
isntere Theil over die Armschisene ist
ganz t;ok)l und lOiente dazu, die Hand
an dem natürlichen Arm zu befestigen.
Tiefe Lirinschiene ·l,»at eine mit Char
nier oecielxene Klappe, welche geöffnet
were-en lann, um den Arm bequem
DIE-M
Uturuizulcksctk UJJCI thclllc Mklllccj
nebst Snsnallem welche an dem unteren
Theile der Armschiene angebracht sind,
haben den Zweck, idie Klappe zu ver
schließen und die Befestigung an den
Ilrin zu bewirken
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Eine sitiere Kapital-Anlage.
Man schreibt aus Berlin: Eine Frau
S. hatte ein-er Freundin, die 10,000
Mart besaß, aber nicht recht wußte,
wie sie dieselben nutzbringend anlegen
sollte-, zum-redet, ihr das Geld anzubre
trai:en, da sie Verbinkung mit einer
guten Bant habe, auf der das Kapital
schöne Zinsen trug-en werde. Die Frau
gab ihr Vermögen her und verließ sich
voll-ständig aus die Freundin. Erst als
sie auch nach langer Zeit auf wieder
holteg Drangen teinen Beleg über die
Ointerlesrsung bekommen konnte, wurde
sie mißtrauisch, obwohl Frau S. ihr
sie Zinsen pünktlich gebracht hatte.
Eise ging zur Polizei, und diese ermit
t-elte, daß Frau S. die Zinsen ein-such
vom Kapital genommen, untd imUebr·i
gen ausstosten ihrer Freundin gute
Tage verledt hatte. Sie hatte sicheine
Wirth-sanft getauft und wieder ver
kauft, eine VergnügungsMeise nach
Amerika gemacht u.s.w. Von dem
Gelde wollte sue nichts-; mehr besitzen,
doch fand man bei ihr noch 2,000 Mk.
» Die Gaunerin ist verhaftet woran
b—
i Sein Standpunkt
i Student (verdrießlich zum Kellner):
s »Und so wag nennt sich Ausbilssskellner
»O aber unsereinem mit flins Dollari
aus zwei Tage aushelsem kann er nicht.
Ganz sicher.
Herr tzum Hausiteri: »Und das
nennen Sie Sicherheits - Streichböb
zer? Die brennen ja überhaupt ni .'«
Hausiren »Nun, kann es vielle
etwas Sichereres gekni«