Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 01, 1904, Zweiter Theil, Image 1

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    Umiahrt
m Inst littt helle-n
..-....-«- Essen-»nur
s
Isundsrusaienklan
Dich. hold Cehetmnttx zu entfchleiern,
Verlust das Its voll heißer
acht:
Bringtt du uns Glück, brtngft du uns
animer,
Kommt Sonnenlicht — kommt tiefe
Nachts
Gibft du uns Glück, dann tauchen fetig
Wir in vie Frau-« da Lust einen-,
Und gibft du herzeleid und Kummer-,
Dann foll auch dies getragen sein.
Zum «Profit« laßt die Gläser tönen-—
O süße Zaubermelodiet
Mög fie noch oftmals uns erklingen
Jn tustdurchwiirzter Harmonie
- -—--·—-s.-——-—
Durch Sturm unb Wogen.
Neujahrsgefchichte von E. HildebrandL
Um die Fischethiitten tobte der
Sturm und donnernd schlugen die
Wogen gegen die untetwafchene Fel
fenliifte, die tühn und trotzig wie ein
Festungswall in das wild bewegte
Meer hinausragtr. Wie eine Herde
Schafe zufammengedrängt lagen hier
oben die Häufer. Eine weiße Schnee
deete lagerte auf der Erde und gab der
Landfchaft einen herrlichen Anblick.
Jn den meisten Häuschen brannte
Licht, denn auch hier, wie tief innen(
im Lande« fah inan dem Kommen desi
neuen Jahres mit freudiger Erwar- ’
jung entgegen Wohl dem, der in fol
cher Sturmnacht fo wohl geborgen ift. !
Gott fchiihe die Leute auf See! »
Jn der etwas abseits gelegenen.
Hütte des Fischers Johann Roggebe
leuchtete das milde Licht der Lampe-i
ein Bild häuslichen Glücks. Die jun
ge Mutter saß an der Wiege ihres
Erstgeborenen, feste sie leicht mit dem
Fuße in Bemeanna nnd fmm ein« i
. ner alten schlichten Weisen, die wiei
uns längst vergangener Zeit zu uns(
« herüberllingen. Johann hatte sich am
offenen herdfener in den vom Vater
her ererbten -alten Lehnstuhl hinge
streckt und während sein Auge mit
Wohlgefallen sah, wie das lleine Le
bensschifflein von Tonwellen umwogt,
hin und her schaulelte, sog er tnit Be
hagen an seiner Thonpseisr.
Er hatte gut vorgesorgt für dent
Winter. Sein junges Ehegliick wart
geborgen. Zufrieden und mit einem
fiarlen Selbstvertrauen konnte er dem i
neuen Jahre entgegensehen.
Einmal ging sein Blick nach der al
ten, laut ttckenden Wanduhr. H
»Wald zehn,« sagte er halblaut oor
sich hin· »Na, Hilde,« wandte er sichs
dann in liebevollem Ton an fein jun- i
ges Weib, «hast Du alles besorgilt
Wir werden sicher noch Besuch betoms .
men vor Mitternacht; ein steifer Grog ’
ist das Beste, womit man anitoszemä
kann auf ein gesegnetes, sischreiches,
neues Jahr.«
»Es steht alles bereit, Hans,« klang
es herzwarm zurück. »Deine Freunde
sollen sich über die Güte des Getränls
und nieine Gastlichkeit nicht zu bekla
gen haben.«
Johann nickte berstiindnißooll.
Gott. welch’ ein Glück war es, so
ein liebes, junges Weibchen zur Seite
zu haben! Hilde war ihm eine treue
Lebensgefährtin Er konnte sich der
Zeit nicht mehr erinnern, wo sie ein
mal ein böses Wort gewechselt hätten
Sie war so sanft und gut, so umsichtig
und fleißig. Die überall herrschende
Sauberteit rühmte ihren Fleiß. Er
war ein stiller, worttarger Mensch, wie
alle diejenigen es sind, welche viel in
der Einsamleit leben und dem furcht
baren Element ihr bescheidenes Brod
abtrohen müssen. Sein Gemüih war
darum aber nicht verfinstert. Jm Ge
genthetl1. Seine Hilde liebte er iiber
nur-. Deine waren noch jung, esJ lag
ein langes und reiches Leben vor ih
nen. Wie hiitien sie da nichi glücklich
und zufrieden in die Zutunsi blicken
sollen?
Aber der Mensch denlt und Gott
lenlt.
Aus einmal veränderte sich das fried
liche Bild.
Was Sturm und Wetter nicht ver
mocht: das friedliche Dorsleben zu siiis
ren —- das bewiriie ein Kanonen
schlag, der dumpf nnd träge vom Meer
heriider grollie und von den Felsen
zuriichalltr.
Wie eleltrisirt sprangen alle hätten
bewohner von ihren Sihen auf. Frau
ilde hielt iiih den Fuß an, Johann
les die Pseise sinken. Alle lauschien
gespannt.
Rach einigen Selunden larn es noch
einmal rollend und grollend daher.
Wieder eine kurze Pause. Und dann
siian es zum dritten Mal dröhnend
sund mahnend aus der Tiefe, in der
es wie in einem Riesenlessel lachte und
zischte.
Drei Kanonenschliigei
Ein Schiff in Noihl Sie sehen ih
ren Untergang vor Augen, sie heiichen
Rettung vorn Lande« Die freundlichen
Lichier der Hütten schimmern weii
hinaus auf See. Die hier wohnen,
sind Fischers- und Schiffersleuie —
sie werden die Kameraden in der Noth
nich-i verlassen
So denlen die draußen auf dem
Meere. Und die hier am Lande?
f YEBVASKA
ZtUUtI JUZUUUUU UUU THUUUUI
MJJD Wind H
Frau Bilde blickt starr und fragend
aus ihren Mann. Sie ist blaß bis in
die Lippen. Ein furchtbarer Gedanke
drängt sich ibr aus. Des Jahres iehte
Stunde — und vielleicht die letzte im
Leben vieler, die noch eben voll Freude
und Zuversicht der ersten des neuen
Jahres entgegen harrten!
Johann hat die Pfeife Iveggclegt.
Sie schmeckt ihm nicht mehr. Sein
Blick ist scheu; er liest die Todesangst
vom Gesicht seiner Frau. Zwischen
ihnen sieht die Wiege, in der ahnungs
los sein Kind schlummert. Und wenn
es erwacht, wird es vergebens die Ar
me nach dem Vater aus-strecken? Hil
des Augen scheinen zu fragen: willst
Du es zur Waise machen?
Er senlt den Blick; er ist unschliis
sig im Kampf mit sich selbst.
Und die vielen da draußen —- aus
dem rasend tobenden Meere — in
höchster Noth? Vielleicht sind es auch
Väter und Söhne, Frauen und Töch
ter, denen die Neujahrsglocken zum
Grabgeläut werden? Dort Jammer
und Wehtlagen —- bier Jubel und
Gläsertlang? Jst das möglich? Jst es
dentbar?
Sein ganzes Jnnere bäumt sich da
gegen auf. »Nein,'« schreit es in ihm.
»es dars nicht sein! Jn deine Hände
bat Gott diese Menschenleben gegeben,
die Du retten kannst! Wenn Du nicht
willst, wird er Rechenschaft von Dir
Johann Nogge ift in qualvoller Un
ruhe; er tritt ans Fenster. Dunkel
gähnt es iiber die weiße Schneedecke
hinweg von unten aus der Tiefe her
auf, ein Abgrund, iiber dem weiße,
gespenstische Gestalten schweben: die
Schaumkronen der wild empörten
Wellen
Da steigt eine Natete auf.
Bei Gott, die Noth ift groß!
Jin Dorf rennen sie eilig hin und
her. Nufen und Janunern nnd Wei
nen erfüllt die noch eben fo stillen
Häuser. Unten am Strande, wo die
Nettnngsboote liegen, wird fehon zum
Sammeln geblasen. Zwei Boote sind
zu bemannen. Wer wagt es? Wer
kommt? Wer kriecht hinter den Ofen,
bis alle zurückgekehrt oder — ertrun
ken find.
»Ich komme!« schreit Johann laut
auf und greift nach seinem Oelzeng.
»Hans!«
Gellend mahnend, warnend dringt
der Ruf an ihr Ohr. Und dann llingt
es entsetzt, verzweifelt:
»Hans —- Du gehft?«
»Ich muß, Hilde", kommt es zögernd
von seinen Lippen. Er fängt an, die
Sachen anzulegen.
Jm Nu ist sie an feiner Seite.
Heinmend, bittend legt sich ihre Hand
auf feinen Arm. ,
»Du mußt? Wer will Dich zwin
gen? Es sind ganz junge Burschen
da, die keine Frauen und Kinder ha
ben. Und es sind alte Männer da,
die allein stehen im Leben. Niemand
kann Dich tadeln, wenn Du nicht mit
fiihrst. Bedenke, wen Du zurückläßt!
Was sind wir ohne Dich? Willst Du
sanfer Kind in eine ungewisse Zukunft
;hineinftoßen, nur um Deinen bewen
Imuth, den sie alle schon kennen, von
Neuem zu beweisen? Hans, ich flehe
sDich an, verlaß uns nicht! Geh’ nicht
jfort, mein-guter, lieber Hansl«
- E
Z- EZID II-- one-c III-I- Momsn Ism
VIH WI. IVII ssIII IJOIUI Ists-von Is·--s
,fchlungen, sie weint an feinem Halse.
Er sinnt nach, er schwankt.
«Johann Nogge!« fchallt es aus der
Tiefe herauf. Man ift feines Korn
mens sicher und will ihn zur Eile an
fpornen.
»Du hörft es,« ftammelt er mit
zuckenden Lippen. »Lebewohl, bilde!
Bete fiir mich!«
Ein heißer Druck, ein Kuß — und
fort ift er.
»Damit Mein hausi«
Er hört draußen den vom Schluch
zen erftickten Jammerruf, ach, und er
schnitt ihm in’s herz.
»Meine Hildel« murmelt er und
zerdrückt eine Thriine tn feinem Auge.
Dann ftiirmte er die Feler hinab
zum Strande.
Das erfie Boot kämpft fchon mit
den Wellen. Johann findet knapp noch
Zeit, in das zweite zu springen. Dann
gleitet es hinunter und gräbt fich tief
in das hoch auffprihende Wasser. Am
Ufer aufsteigende Rateten vertünden
die Abfahrt der Rettungsbootr. Bald
sind diefe den Blicken der Zurückblei
benden entschwunden.
Hilde war an der Stelle, wo ihr
Mann fie verlassen, in die Kniee ge
funten, Arme und Kon auf dem Fen
fterbrett ruhend.
»Ach Hans, mein handl« fchluchzte
fie ein iider das andere Mal. Erstick
tei Wehllogen fitllte den kleinen Raum,
in dern nur noch die leifen Atbemziige
idei fchlununernden Kindes und das
—s
schnarrende Ticktack der alten Wand
uhr zu hören waren.
Jn den andern häufern war man
gefelliger. Die Weiber tranken staf
fee und tlatschten; die Männer rauch
ten ihre Pfeier und erzählten von
früheren merkwürdigen Rettungen zur
See; die Kinder spielten und lachten
—- gerade, als ob sie wie sonst Shlde
ster feierten.
Zwei Menschen aber erhoben ihre
Seelen zu Gott: der Pfarrer und hilde
Roggr. Sie beteten für die Schiff
brüchigen und deren Retter, die jetzt da !
draußen, einander fremd und doch in
brüderlicher Liebe, den Todeskampr
mit dem furchtbar entfesselte-I Element
tambften i
Vom Thurm der Dorftirche erschal
len die Neujahrsglockem dumpf, ernst.
und feierlich. Die draußen auf See
mochten die ehernen Klänge hören und -
wissen, daß des Jahres letzte Stunde
geschlagen! Was würde das neue.
bringen? Leben oder Tod? «
Aller Blicke gingen in diesem feier
lichen Augenblick auf See — und
mertwiirdig, eben jetzt stiegen von dort
nach nacheinander zwei Rateten auf:
das Zeichen, daß beide Boote das sin
lcnde Schiff erreicht hatten.
Nun tam die viel schwierigere Rück
fahrt mit beschwerten Booten und er
schöpften Kräften. ·
Eine Stunde — die erste im neuen
Jahre —- verging. Keine Kunde vom
Meere her.
Nach und nan gingen ne aue wie
der zum Strande hinab. Eine qual
oolle Spannung lag auf den meisten
Gesichtern. Keiner sprach mehr ein
Wort. Man lauschte auf’s Meer hin
aus.
Hilde hatte sich wieder an die Wiege
ihres Kindes gesetzt. Dort saß sie nun
und starrte nach dem Platze hin, von
wo sie noch vor ein paar Stunan —
vtelleicht zum letzten Mal —- ein lie
bes treues Gesicht gegrüßt.
Da plötzlich braufte ein vielfiirnmi
ger Jubelruf vorn Strande herauf.
Sie lamen! Sie waren glücklich ge
landet. Die hochherzige Rettung —
die erste That im neuen Jahr « war
gegliicltL
»Hans!«
Hilde schrie es jauchzend und wei
nend zur offenen Thür in die Neu
jahrsnacht hinaus.
»Hilde!«
Jubelnd riß er sein junges Weib in
die Arme und trug sie ins Zimmer.
Gott hatte das erfte Rettungswerl
im neuen Jahr gelingen lassen. Und
von einem Ende des Dorfes zum an
dern erscholl jth froher Gläserllang
und ein jauchzendeö »Prosit Neujahr!«
Eine tolle Nacht.
Sylvefter - Humoresle von G e o r g
P r i n z.
herr Berger fah auf die Uhr.
»Es ift erst elf,'« sagte er, »wir-wen
Sie, Doktor, wir lassen das junge
Voll hier unter sich und ziehen uns
drüben in die Kaminnifche zurück, dort
habe ich uns einen guten Tropfen re
ferviren lassen, und dort erzähle ich
Ihnen die Gefchichtet«
Der Andere nickte und ging mit hin
über in die laufchige Ecke, wo sie sich
niederließen.
Und Herr Berger erzählte:
I » zDamalZ tvar ich Lsieheanndzwanzig
Jus-III Alls Dis UUIT Ulk Ichkll Uccliclll
in einen entzückenden Blondiopf. Mein
Gliicl war ohne Grenzen, als ich eines
Tages erfuhr, daß auch Mariechcn —
so hieß das hiibiche Kind —- Jnteresse
an mir fand. Selbstverständlich setzte
ich nun Himmel und Hölle in Bewe
gung, um jeden Tag meine Angebetete
zu sehen. Na, ich will kurz sein: wach
vierzehn Tagen waren wir Liebesleute.
Jch schwamm in einem Meer von
Wonne und hätte mein Möbel am
liebsten gleich vom Fleck weg geheim
thet. Aber da gab es ein Hindernis.
Der Vater meines Mädchens war ein
prattischer Mann und als solcher gab
er einem anderen Freier« einem toer
lenten, nicht mehr ganz jungen, dafür
aber um so reicheren Rentier den Vor
zug, vor mir, denn mein Einkommen
war damals noch sehr mäßig.
Das bereitete mir natürlich ernstli
chen Kummer, aber mein Mariechen
tröstete mich, und außerdem gewann
ich auch bald noch die Mama fiir mich,
so dafz ich nicht zu verzagen brauchte.
Acht Tage vor Neujahf betont ich
eine Einladung zur Snlvesterfeier in
der Familie meiner Dolden. Jch war
überglücklich Aber die nächste Post
schon brachte mir ein Briefchen meines
Mädels, das alle meine Hoffnung wie
der sinlen ließ, denn am Syloester·
sollte die Verlobung mit dem dicken
Rentier protlamirt werden« so schrieb
sie mir.
Jch war niedergeschlagen und völlig
rathlos. So traf mich ein Freund,
dem ich mein Leid klagte. Dieser aber,
ein flotter Junge, hörte mich an, über
legte ein wenig und sagte dann: »Aber
furchtbar einfach, der dicke Kerl- darf
eben gar nicht erscheinen zur Sylvester
feier. Wir müssen ihn sortschaffen .
oder auf irgend i e Weise zurückzu
halten suchen.«
Sprachlos sah ich ihn an. Eraber
lachte laut auf nnd schrie: »Ich had’s,
ich hab’s!« und rannte fort.
Der Sylvester tam heran. Ein lei
ser Schimmer von Hoffnung erhicklt
mich aufrecht. Um acht Uhr war ich ge
laden. Vorher aber wollte ich mich
ver-gewissem, ob mein Nebenbuhler er
schienen mar. Jch schlich also durch den
Garten in’s Haus und gab meinem
Mädel ein Zeichen. Voll Freude rief sie
mir zu, daß er noch nicht da sei. Jch
athmete auf und rannte nach Hause,
um mich umzuziehen.
Als ich an meinen Schrank komme,
mache ich die Entdeckung, daß mein
Frack nicht da ist. Jch alarnririe die
Wirthin Sie weiß auch keine Aus
tunft zu geben. Plötzlich fällt mir ein«
daß vielleicht meinStubennachbar, ein
guter Freund von mir, meinen Frack
sich geholt haben könnte. Und richtig,
so war's denn auch. Auf meinem
Schreibtisch fand ich ein Paar Zeilen
von ihm. Er sei zum Ball geladen,
und zwar ganz plötzlich erst, und da
»- niirb mit-sei hob-im nniknf Inb- »
sich leihweise meinen Frack genommen,
ich möge entschuldigen —- und so wei
l iet.
»Was nun?« Jch war außer mir,
denn es war bereits neun Ubr und ich
Isah im Geiste schon den dicken Freier
antanzen Angstschweiß perlte aus
! meiner Stirn. — Endlich schleppte die
iWirtbin einen alten Frack, den sie in
’ der Nachbarschaft geborgt, heran.
; Aber eben, als ich in den Aermel
- schlüpste, gibt es einen kleinen Krach
jund rrrrt die Rückennaht war ausge
Meine Wirihin lachte laut aus. Jch
aber war sprachlos vor Muth Das
ganze Gebäude meiner tiihnsten Hofs
nungen sant in ein Nichts zusammen,
denn jetzt mußte der dicke Rentier doch
längst das väterliche Jawort erhalten
haben. Und ich verwünschte alles, was
mich in diese entsetzliche Situation ge
bracht hatte.
Inzwischen war die Wirthin fleißig »
gewesen und hatte versucht, den Scha- .
den so gut wie möglich auszubessern.;
Ich fuhr zum zweitenmal in die Arr
mellöcher, diesmal aber vorsichtiger.
Doch alle Vorsicht war umsonst. Kaum
war ich mit meinen Armen drinnen
und versuchte einen geraden Rücken zu
machen· da gab es wiederum einen
Krach, diesmal aber einen ordentlichen,
denn der Frack war von oben bis un
ten auseinander geplatzt, weil er mir
viel zu eng war.
Jetzt war es mit meiner Geduld zu
Ende. Wie ein Besessener tobte ich im
Zimmer umher, so daß die gute Wir
thin ernsthaft besorgt war um ihre zer
brechlichen Gegenstände.
Plötzlich ertönte die Thürglockr. Ent
setzt fuhr ich zusammen. — Jch war
auf das Schlimmste gefaßt.
Ein Dienstmann brachte mir ein
Billet von Mariechen. »Weshalb ich
denn nicht liime2« nnd so weiter. Es
stände sehr gut um unsere Sache, denn
der dicke Rentier sei noch immer nicht
rschienen. Jch möge also sofort korn
men, bevor es zu spät ist.
Mein Muth leimte wieder empor,
meine Laune kam zurück, die hoffnung
gab meinem Leben neuen Inhalt.
»Frau Wirthin,« ries ich, »schafsen
Sie mir einen anderen Frack, und soll
ten Sie-ihn einem Könige mit Gefahr
Jhreö Lebens stehlen, aber ich muß
jetzt einen Fracl haben!«
Die Wirthin zuckte die Achseln und
meinte, jetzt bliebe nur noch das Ver
leih-Institut.
«Richtig!« schrie ich. Jm nächsten
IAugenblick saß ich in einer Droschte
und suhr nach dem Geschäst.
Aber es war inzwischen halb els Uhr
geworden und so sand ich das Geschäft
natürlich geschlossen. Doch ich ließ
nicht nach. Jch gings in die Privatwoh
nung des Inhabers. Auch hier war es
umsonst. Die Leute waren fortgegan
gen zu Bekannten, mit denen sie Syl
vester feiern wollten. Jch ließ mir von
dem Dienstmädchen die Adresse der Be
kannten nennen und suhr nun dahin,
denn jetzt hatte ich es mir vorgenom
men, meinen Willen durchzusehen.
Endlich sand ich den Geschäftsinha
ber. Er war bereits ein wenig ange
heitert, so daß er, als ich ihm mein
i Malheur erzählte, dröhnend auslachte.
Indessen war er ein guter Mensch, des
halb stieg er sosort mit mir in den
.draußen wartenden Wagen und suhr
zurück nach dem Geschäft.
W
Inzwischen war es nahezu halb
zwölf Uhr geworden. Mit Grausen
’ fah ich auf die Uhr. Aber- ich beruhigte
mich doch, denn-ich hatte jetzt ja einen
Frack, und wenn icb mich nun recht be
eilte, konnte ich vielleicht noch vor An
bruch des neuen Jahres bei meiner An
gebeteten sein. -.
Als ich nach Hautse komme, blaß und
matt vor Aufregung, kommt mf die
Wirthin freudestrahlend entgegen mit
der Nachricht-Daß mein Stube-mach
bar bereits vor einer halben Stunde
den geliehenen Frack zurückgebracht
habe, weil er ihn nicht mehr brauchte
Jch fluche zwar wegen der Kosten,
die ich mir nun umsonst gemacht habe,
heimlich aber freue ich mich doch, daß
ich nun mit meinem eigenen Frack ge
hen kann. Also schnell Toilette gemacht
und dann fort zu der Angebeteten.
Zehn Minuten vor zwölf bin ich ser
tig. Aber, o weht jetzt finde ich nir- -
gends einen Wagen. Also zu Fuß —
nur schnell weiter! Leider ging das
nicht so glatt, wie ich erhosfte. Kaum
war ich fünfzig Schritte gegangen, als
eine Horde roher Burschen mir entge
genkommt und mich mit einem, ,,Prosit
Neujahr!« anschreit. Jch will aus
weichen. Umsonst. Man rempeli mich
an. Ein Wort gibt das andere, und
plötzlich ist mein Zylinderhut eingetriei
ben, daß er mir bis über die Ohren im
Kopfe steckt. Nun beginne ich zu rasen
Wie eins Wilder schlage ich um mich.
Aber der Gegner waren zu viele. Jn
wenigen Minuten war ich durchge
bliiut, mein Mantel und Frack zerris
ksu ----- G«-b-—h ---h —-i-- stu--4
Ihn , sssssss weist-II III-·- ICIU Ists-sub Ists-l
vatte waren zerfetzt, und ich bot ein
Bild des Jammers. —- Endlich tommt
die Polizei. Es geht zur Wache. Jch
wollte rasen vor Muth
Neujahrl Welch’ ein tausendstim
mian Gebrüll hallte durch die Luft.
Jch aber hätte weinen mögen
Endlich sind die Namen festgestellt
und ich kann gehen. Mit Sturme-Mau
lsen eile ich nach Hause, mich noch ein
mal umzutleiden. Aber als ich vor der
Hausthiir stehe, kann ich nicht hinein,
denn meine Schlüssel steckten im ande
ren Beintleid. Nun ilatschte ich in die
Hände und schrie und machte einen
Höllenspettalel, aber alles umsonst,
niemand hört mich.
Nach einer qualvollen halbenStunde
kommt dann endlich meine Wirthin
und öffnet. Jch fliege die Treppe hin
auf und stütze in mein Zimmer-.
,,Wo ist der andere Frack?« schrie
ich. Und die Wirthin antwortet mir,
daß mein Stubennachbar noch- einmal
dagewesen sei und sich jetzt den Frack
wieder geholt habe, weil er schnell noch
einen öffentlichen Ball besuchen wolle.
Gelnickt sank ich nieder. Nun war
alles aus-. Voll Resignation vor
Wuth, schließlich aber fand ich meine
Laune wieder, braute mir einige steife
Grogs und feierte mutterseelenallein
meinen Sylvester. Dann setzte ich
mich hin und schrieb meiner Holden
einen ergreifenden Entschuldigungs
brief und erzählte ihr mein Abenteuer.
Alsdann betneipte ich mich, bis ich —
einschlief.
Als ich am Neujahrstage im Hause
meiner Angebeteten meine Visite
machte, empfing man mich mit stiirmi
schem Gelächter. Mein entsetzliches
Pech hatte sie alle riesig heiter ge
stimmt, so daß man fiir mein Ausblei
ben schnell eine Entschuldigung sand.
Nur ein Glück in all’ dem Pech war
mir beschieden: mein Nebenbuhler, der
dicke Nentier, war auch nicht erschienen
beim Sylvesterfest; mein Freund hatte
lyll Also-sechs, cqu neun-neu guteuwe
und war die ganze Nacht mit ihm
herumgebummelt, so daß er einfach un
fähig war, das Fest zu besuchen.
Und das war mein Glück, denn von
diesem Tage an stiegen meine Aktien
bei dem so sehr gesürchteten Schwie
gerpapa ganz bedeutend, daß ich ein
halbes Jahr später um die Hand mei- :
ner Marie anhalten konnte.
» »Das ist die Geschichte, wie ich zu
’meiner Frau gekommen bin.« Damit
ierhob sich here Bergen »Und nun
Itommen Sie, Doktorchen, es ist bald
tseit zum großen Anstoßen, denn der
Zeiger rückt aus Zwölf zu. Kommen
Sie hinüber zu dem jungen Volk.«
Da schlug es zwöls und da stieg es
braussend zum nächtlichen Himmel em
ipoy ein Jubeln und Schreien. ein
Singen und Klingen, —- und tausend
geheime Wünsche wurden emporge
schickt zum Himmel, und tausend Bit
ten um Erfüllung.
Ein endloses «Pwsii Neujahr!«
hallte über die Welt.
Aus der Instruktisusstundr.
Leutnant: »Was würden Sie thun,
wenn Sie beim Pulvermagazin Posten
stehen würden, und es slöge in die
Lusti«
! Soldat: »Ich wiirde es sofort dem
Wachtommandanten melden!«
sichs
rat-n- vek o- « ,
W ist« « te
news- RW ichs bel.
Miit « Pers Mit ««
Ja e eine on an e W
Stuhl niederseten und die Aufs
sw. am W, sie sich sitt den
Dankt-en zuhalten · hieran nehme Ins-n
zwei großere Silber-stückon in die
rechts Hzmh daß Daumen T M
finaer ne halten, währen-d der Zeige
sfmger dazwischen eingellemmt ist. Hie
rauf bringe man die Geldstücke lang
kam vor das Gesicht, über oder hinter
den-Kopf in die Brustgegienld, vor die
Kniee des Mchtsehenden und zn an
irae-nd einer beliebingielle den« ge
finaer heraus, so daß die Flächen der
Münzen- saufeinasnsder schlagen Fragt
man- bieraiuf: »Wo war es?« so wird
loer Gefragte, wenn er wirklich nicht-z
gesehen hat, regelmäßig eine ganz fal
sche Stelle als Ursprungsort des Ge
täusches angeben und nach rechts deu
ten, swenn das Geräusch links erfolgte,
oder nach dem Kopfe zeigen, währen-d
man in der Gegend seiner Ellbogen die
Geldstücke klappert ließ. Um fo dra
stischer wird das Experiment, wenn
man dasselbe mit zwei Personen aus
führt, die nebeneinander sitze-n. Sie
werden »in der allerbestimmdessien Weise
in der Regel asuf direkt enigegengesetzte
Richtunan rathen.
Es sei noch erwähnt, daß uns der
Gehörsinn bei verschlossenen Augen
oder im tiefen Dunkel nur bezüglichder
Geräusche im Stiche läßt« die in un
serer Nähe oerla-uien, im übrigen trifft
ihn kein Vorwurf.
—-————. O-———-·
Frauen als Advokatem
Die Frauenrechtler in England ha
ben eine Niederlage erlitten. England
weigert sich, dem Beispiele Frankreichs,
Amerikas und Hollands zu folgen und
die Advokatur den Frauen als Beruf
zu öffnen. Eine Miß Cave hatte vor
kurzem Aufnahme in einen der Juri
stenverbände — die Grays Jnn --— als
nothwendigen Schritt zur Zulassung
zur Advoiatur verlangt, und sie war
mit dem Hinweis auf ihr Geschlecht
abgewiesen worden. Nunmehr hörten
der Lord-Kanzler, der Lord-Oberrich
!!,Pm«st,, !
Icc uIIU falls IIIWIIL IYLI Dckusuug sc
gen diese Entscheidung und lehnten sie
ah, da sie keinen Präzedenzfall zu ih
ren Gunsten anführen könne. Dir Be
gründung der Entscheidung ist sehr
englisch, die Entscheidung selbst aber
dürfte mit der überwiegenden Ansicht
der öffentlichen Meinung hormoniren.
———«-.-.-—s-———
Wilhelm der Zweite und Bis-merk
Zu der phantasievollen Erzählung
im Heimgartem daß Fürst Bismarck
im Zorn sich habe hinreiszen lassen.
das Tintenglas gegen den Kaiser zu
erheben, schreibt die Vossische Zeitung,
indem sie der Geschichte vollständig die
Glaubwürdigteit abspricht: »Vielleicht
ist die »Echtheit der Scene« auf eine
Verwechslung und unrirhtige Auffas
sung zurückzuführen. Bei den Ver
handlungen über die Arbeiterschutzer
lasse suchte Fürst Bismarck den Kaiser
dazu zu überreden, daß er von derBer
öffentlichung abstehe. Dabei hielt Fürst
Bismaret, am Tisch vor dem Kaiser
stehend, die Attenmsappe in den Hän
den und stieß damit in der lebhaften
Unterhaltung auf das Tintenfaß, so
daß Tinte verspritzt wurde. Der Bor
gang war durchaus harmloser Natur
und ganz und gar nicht geeignet, als
Verletzung der Ehrfurcht vor dem
Herrscher gedeutet zu werden.
Die verspiette Guttat-.
Jn IKralau hatte, wie gemeldet
wind. rin leidenschaftlicher Karten
spieler all sein Basargeld verspielt und
zum Schluß — seine anwesende Ehe
frau. Als der glückliche Gewinner
aufstand, um sein Recht geltend zu
machen, empfing ihn die verspielte
Frau mit so fürchterlichen Ohrfeigen,
daß er sofort freiwillig auf alle Ge
wisnnrechte verziichtete. Als dies erle
digt war, wandte sich die energische
»Frauenrechtlerin« an ihren Eheherrn v
und richtete ihn derartig zu, daß die «
beilden Mein-net- sieb in der Unfall
statiou www-am lassen mußten ·
steter-, den III-um s - schm.
Willst einen guten Mann Dir zieg’n,
Sei sparsam stets, scheu’ keine Mii ’n,
Schmeclt mal dem Mann das Essen
Whi.
Dann küsse ihn: sein best Gericht!
Vor allem flieh’ die Eifersucht,
Denn Eifersucht nur Böses sachl,
HältttzDu die Wirthkchast schön und
rern
Wird aekn Der Mann stets bei Dir säu.
Befolaft Du losieser Wünsche Zahl,
Dann bleibt zu Haus er allemal;
Du hast des Paradieses Frieden-, »
Den Ehsstawdsstdinänel Gan hienie
n. 275 . «
W
Was klingt forderten-?
Wenn ein Kaminfeger Weiß, —- ein
Konditor Sauer, ein Müller Schwarz,
--— ein Essigfabritant Süß. —- ein
Wurftler Mehl, — ein Bäcker Wurst, .
— ein Nachtwächter Tag und ein Stu- s
dent Baldan heißt.
Unter Diskretiom
Frau Huber (zu ihrer Nachbarin, sie
ihr eben unter strengster Diskreiion
ein Geheimniß anvertraute): »Aber,
Frau Klamperh das Geheimnis half
ich Ihnen doch vor acht Tagen selbst
unter Diskreiion anvertraui!«