Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 25, 1903, Zweiter Theil, Image 13
———..»-.· Im Eise. « , In Beihtrnchtsrrtcksrit von anl solt-It s ift latize her — fast zwanzig - Jahre ——, aber die Weihnacht wird Heinrich Sanver nicht vergessen, nnd erkenn er so alt werden sollte wie Meths:fnle:n. Die Elbe ging schwer mitTreibeis. Früh im Jclire hatte ver Frost einge seßt, den oberen Flußlauf in Fesseln geschlagen und bis weit bin-auf unter Teller Decke gebändigt Da nur ein Mr Tnne vor dein Fest Das Wetter untere-schienen ein tagelang haltend-er Nordwestflurm trieb enorine Wasser menge-v die Elbe hinauf und sprengte die Eisdecke die nun «in mächtigen Fetzen mit Flutti nnd Eböe stromnuf-, sttonrabtvätts drängte. Der ileineSchlepper »Hiirtnh« bun sirte am 24. Dezember Mittags eine mit Still-ankern belasene Schutenach dem Brniiliiner, der am anderen Abend in See geb-In sollte. Wohl über eine Stunde dauerte eg, bis die kurze Strecke vorn Brtimwall bis nn nie Schlengel dec- Niederhaiens zurückste legt war. Schimpfend und fluchend suchte der Fährer des »hurral)« mit der Schuie im Thau nwischen den ein ander trennenden Fähr- und Schlepp danrpfern feinen Weg. Die Signale in den Maschinenraum wechsetten von Minute zu Minute, bald hieß es »Stopp«, bald wieder .,Vrlle straft«. dann wieder »Riickwätts«, dann trieb das Boot eine Weile, bis es endlich möglich war, eine Strecke vorzurücken Kein Wunder; wenn dem Steuermann die gute Laune ausging! An kräfti Pen Ruft-rücken feiner Mißftimmung ier er es nicht fehlen. Hageloicht fielen rechts und links vie Krafttvorte auf die Collegen, die gleich ihm sich durch die Eisfelder durchzuwinden suchte-. »Geh doch mit Din verd— Koer ut’n Weg, Du Biittloppt Kannst nich sehn, bat il stiierbord vorbi mill?" »Mehr-oben Denn kannst Doch tuten!« »Geh swer Sitten-, Minfch! Wir fahrt uns ja all falt!« Von der Genenteite eriotnt der bei Wasserleuten sehr beliebte Nath, sen GZI dem Trompeter gab, und das saft- und lraftstrovenbe Rebeturnier tobt noch eine ganze Weile bin uno wieder, bis endlich das Knäuel ent wirrt ist und jeder der fünf oder sechs erbofteu Schlepverfiihrer nach einem oerben Abschiebssalut feinen Weg fin det tin-b nicht etwa zornentbrannt, sondern behaglich schmunzelnb weiter söhrt. Glaubt doch Jeder, die träf tigsien Absichten ausgeibellt zu liabent Es gehört bie eisenfefte ternige Na tur der Leute von ber Wassertante dazu, unter solchen Umständen nicht den humor zu verlieren. llm das kleine Fahrzeug drängen und schieben sich die Eifschollem der tlebriaeSchnee schien-tm saugt sich an ben Bord-Dön ben selt, die Schraube schlägt alle paar Selunven dumpf gegen eine Eis sente, schräg mit dem Wind prasselt grober hagel aufs Deck unb prickelt dem Führer Gesicht und Hände wie E mit Nat-ein zur Abwechselung schnei: . unb regnet es mal einige Minuten,! der Wind pfeift und heult bie Dampf- 4 pfeifen gelten dazwischen —- ein Höl lenconcertt an der Maschine steht der Mann, die Hand am Hebel. Da unten ist’s behaglich warm. Die rothgltilienoe Miit berFeuerung wirst dem Maschi niften ihren beißen Ajhem ins Gesicht. Es riecht nach Schmieer und Pens leum. «Langfam vorwärts-F Die band stellt mechanisch ben Hebel, bie Maschine schlägt an. »Man tol-— tnan te! —- man to! —« man ist« — Ein eitrfchläfernoeg Lied. Dem Manne fallen auch fast oie Augen zu. Sei: sechs Stunden fleht er da unten in dem heißen Raum. Steigt er rnnl Die paar S:u«fen hinauf, einen Blick auf dieAußentvelt zu werfen-, pfeift ihm derEifeeathem des Note-weiter um den Kopf. »Bei-en mehrt« tönt es durch das Sprochrohn Ein Griff. »Be:’n mehrt« « bet’n mehr! —- be:’n mehrt« stöhnt die Maschine. Dabei wird man auch nicht recht wach. Und doch hängt an der Aufmerksamkeit des Maschinis fien die Sicherheit dieses und vielleicht eines oder mehrerer anderer Fahr zeuge. Aber er tönnte die Griffe fast itn Schlaf machen. Die Hand scheint eher znzugreifem als das Ohr niese deutung Des Schalles erfaßt hat. »Fal! Speer-P briillt es von oben. Nun geht ein tvahnfinniges tstersrtffel los· »Noch duler —-- doch dull’r! — noch dull'r! noch oull’r!« Der Ma fsyinift läßt den Hebel fahren, ergreift den Feuerhaten, stößt die Feuerungs thsr offen nnd pnrrt in den glühen-s den Kehlen, daß sie Funken oben zum Schsrnftein thsftieden und vorn Sturm weithin getragen werden. « anrich Sanher, hinter Den Gütern in er Schute hervortngend, wifcht »sich den Ziehens-sen ans dem Gesicht. »Na -—-endlich!" Er zieht feine großeTafchenuhr in dem plumpen Dorngehörkst heraus. Zwei Uhr-. Da tann er gegen fecht wieder nn Land sein, wenn Alles gut geht. Noch ein paar Stöße gegen Eischollen s« die Schute prallt hart I den Rand einer anderen. Dein rFtchh eilt san Oechm schmalen Obieanoe des a r agec na vorn uno fe i tes mit einem-dicken nftau. st g »Stat- man tm ’n Törn in, lDein Sannert« »Mot? Bitft Du ot hier, Jochen?« s »Ja —- tneenst Du, bat it htee spö- » ten døhi Nee, is biin hier leinene liinglichi hest Du een’n in’n But-neu -Detn?«.« »Wenn Du Kasse wallt-J «Nsee —- ii bün schön aenoog! Roten Kvsse betet it nich mehrt« »Denn kann il Di nich helpen. Wo lang biist Du all hieri« »Siet Klock nägen!« »Dammi noch mal! Denn biist Du well hsllschen verklamt!« I »Na ——it hetv ihnenan Beten in bott, abekg nu is min Buddel lednig.« . «Will bat denn mi: Ins Laden nich »vö:warts gahn«i« « .De Hälfte Schaueksiiv nun-. »Bor’n Stunner ttvee süno se asgahn!« »Den sünd ja schöne lltstchten! Alt-d siew kumrnt min Damper wenden Denn hsw it de ol Kohr am Enn neck gar nich leddig!« »Nimm DE nix vor, denn sleit Ti nix fehl, min Jung!" Hein steht start enttiiuscht exn dem Dampser hinaus. Dir L-aoebä«:nte gehen hin und her, aber nicht so bus tjg mie sonst. Aus beiden Seiten see großen Schiffes liegen eine Anzale Schuten, die alle heute noch gelöscht sein sollen. Wenn das aber in diesem Tempo so weiter geht, ist tcin Ende abzusehen. »Je! —- Du magst woll liefen! Du kannst noch lang lttern, bet Du tan lummst! « Gu’n Nacht -«—— it gib to sie-fu« . Jochen kriecht in die Plicltt seiner Schute, wo er wenigstens, wenn nickt warm, so doch vor Den Schnee- und hageldöen geschützt bleibt. Heinrich schaut über den Strom. Die Ebbe hat eben eingesetzt Nichts als Eis. ; Kanne daß hier uno da ein slüchtiqct » Blink des trüben Wassers zwischen den schmttßigsweiszen un: neibgmuen Schollen vnrchschtrnmeri. Von Den-. dii eeen Dezemberbimmel wimmeln di i die weißen Flocken herunter, Das . jenseitige Elbuser mit den hochroqu- H Den Schornsteinen ist wie dnrch einen ; nichten Schleier ineiJr zn reimen als deutlich zu erkennen. Trotzdem die» Tempernkue nicht unter Null ist, ern! psrnvet man oocn schne:venoe Franks Der feuchteAthem oes Windes scheitert ( durch Mark und Bein. Heinrich nimmt i einen Schluck aus seiner blechernen Kasseeslasche, um sich zu erwärmen. Aber Der Trank ist nur eben lau, trotzdem er oieFlasche in der inneren Brusttasche geborgen hatte. Vom Teck des Dampiers schallt oumps Das scharrendejtiasseln ver Dampf-winden Wacnunxigruse oer Sckpnerlente, hin nno wieder ein träftiqer Fluch, wenn sie volle Hieoe znriirtpralli. in den Isauen pseisttlagend der Wink-, die Schreien reiben mit scharrenrexn Ge räusch ihre eisenbeschlagenen Ränker gegeneinnnoer. Er läuft in dem en gen Raum, der oon oen Waaren nicht eingenommen ist, hin uno her, sich die Füße zu wärmen, die allmählich zu Eisklmnpen erstarren. Die beioen Arme wirst er um oen Leib. Aber man sann doch nicht stundenlang aus und nbttampeini Recht warm wirs! man doch nicht. Er klettert über oiei Schaden an Bord oes Stearnem Ge- i müthiich ist«-T- oa auch nicht. Die Lentei arbeiten in Hast uno Eile, Ver zweitel Ossizier, set die Wache hat, rennt scheltend hin und her. An eine Un :erk,-altung ist nicht zu Denken. »Du tummst noch lang nick- tan, nein Jung,« sagt einer der Schauer leute. »Es-eng Di in se Plicht nn slsip enStriimel; menn't so Ivieoi5, wöl: toi Di well tut kriegen!« Der Rath ist am Ende so übel nichts Er ilettett wieder über Die oereisten Bordtviinde und die anderen Fahr zeusge in seine Schute nnd kriecht ins den rieinen Raum tin Hinunter-en wo s er sich mit dem Kopf nus einer Tau- s rvlle niederlauert. Schlasen könnte er schon, wenn er nicht immer an deute Abend denten miißte. Seine alte Mutter wartet auf ihn. Jn der klei nenIBude im Hof der ersten Vorsetzen soll heu:' ja ein vergnügter Weih nachtesabend gefeiert werden. Die Alte hist sich lange gesträubt, aber schließ lich hat sie doch nachgegebem Er dars seine Dora zum ersten Male mitbrin gen, und die Weihnacht soll zugleich Verlerdunqssabend sein. Seines gnie illtschei Sie ist noch vom altenSchmg Von einer Fremden wollte sie nichts wissen, und gar nichts von einer Schwiegertochter, die »Konsetschenöse« war. Aber nachdem sie sich hat über zeugen müssen, daß die Dorn brnd und tüch:ig ist, daß sie das mühsam Etrvorbene nicht vergeudet. sondern regelmässig auf die Spartasse trägt, dasi sie ihren Hein, ihren Einzigstem wahr-hast liebt und trotz der Versuch ungen der Großstadt ein anständige-Z Mädchen geblieben ist, da bat sie ihren Widerstand aufgegeben und in die Verlobung gewilligt. Einen kleinen Tannenbaunr hat Hein gestern Abend erstanden und nach Haus gebracht, als er nach schwerem Tagewerk heim lehrte. Er weiß, das-, seine Mutter deute Nachmittag die Arbeit ruhen läßt, daß tbre sleißigen Hände an dem Auspuh des Böumchens schaffen. daß sie mit zittrigsen Fingern goldene Riisse und Aepfel an die Zweige bin det, bunte Rede schneidet und zwischen den Iladeln beseitigt und unter den lichtergaschrniietten Baum die kleinen Geschente breitet, die sie unter Miit-en und Sorgen site ihren fein und seine Braut erworben. Er zelbit will ein Paar goldener Ringe dazulegen —- die Verlobungdringe. Er fährt rnit zwei Fingern in die Weitentasche und siihli 1 I Eidam und Eva unterm UTctbnacbtsbamm l nach der lleinen Schachtel, die in w-41 sige Watte verhüllt die beiden Kostbar- s leiten birgt. Dann lnöpft er lang-! fam seine Jacke wieder zu und zieht fröftelnd den Rest eines alten Perlen nings öder seine Beine. Trotz der Kälte, die ihn leise erfchanern läßt, fallen ihm die Augen zu. Dumpf tönt von draußen das ardiimpfte Ruer oer Verladenren, Das ltnarren der Hebe biiume und Ketten, das leise Schurren Der treibenecn Scholl-en an den Plan ten der Schule. Vor den halbgeichlos: fenen Augen tanzen Hunrerte von Lichtern, er meint den liarzigen Duft rer lleinen Tanne einzuatltmen, glaubt das leise Kniftern ansgeiengter Naeeln zu hören und den tienigss brenzlichen Geruch zu spiiren. Alle Lich:er fließen in einen leuchtenden Schimmer zufammen, aus defen Mitte ihn die Geliebte anlächelt. Die Vision del-schwimmt in einem hellen Nebel. Nun ist es inmitten einer strahlenden Aureole das gute Gesicht der alien Mutter-—- aber sonderbar es sind Dora’s Augen« die ihm glück oerheißend entgegenleuchten. Schwä cher wird das Licht s« immer schmä ch3r — er will sein Erlöschen verfol aen » will aufspringen —- aber die Glieder sind schwer-, bleischwer -—--- er lansn sich nicht regen und Doch ein nfindet er keine Angst, keine Spur von Beklemmung -——s er gleitet, von einen-. leisen melodisch-en Rauschen getragen, in tiefen Schlummer hinüber. Wie lanae er so gelegen, ob nur Minuten, ob Stunden. wußte er nicht m jagen, »als er endlich mit Unbe» vagen eine Steifigleit in Den Gliedern ; fühlt, eine Kälte, eine StarrbxiL die, von den Füßen zum Herzen triecht.; Der Nacken ichs erzt oon der gez-nun genen Lage des Kopfes aus der Tau- ! rolle, die Glieder nehorchen ihn-. lauin i Dtit einem Ruck fährt er empor itößti gegen die niedrige Decke und ftsirrt noch schlaftrunlen umher Um ihnhe l rurn schwarze Finsterniß. Kein Laut» zu hören. Er tappt iIn Finstern um her und stößt die Eingangspsorte der .«.·. l Ptichk aus« älaut UIUUHIU HUIUUL heit. Das ist doch sonrerbcud Er triecht auf Händ-en und Füser aus bem engen Behälter, richiet sich lang sam auf nnd läßt die Blicke umher ichweisen. Fahl leuchtet rser weiße Boden der Schute, die iveiszcn Hitqu Der gut zugedeckten Waaren, Der meisze als- Eisschollem Von oben, an allen Seiten ein lautloses augenblenoendeg FlockengeivirbeL Ganz scrn und nn deutlich zu seinerRechten einzelne Lich ter. Träurnt er noch? Er fährt mit derHand über DicAngen « oie Fin« ger sind naß von Sehne-stocken Mit einem Sud ist er aus dem Dcct Der Plicht und hält angestrengt Untict;.1n. Nichts als die Nacht uns das sinn verivirrende Getümmel ver großen weißen Flecken. Die Lichter sind ver schwunden. Er blickt über den Rand es Fahrzeuges. Schule-n nur Schol len, verenSchneeDecke gespensttsch aus schimmert. Noch immer ist er sich nicht tlar über die Situation. Wie kommt er ans den Stroms Er hatte die Schutt doch angetäutt Er tappt sich, vorsichtig Fuß vor Fuß sehend, aus dem schmalen Rande des Fahrzeugei nach Dem Vordertheil. Da hängt in einem Eilenrin das neue Hanstnu. Die Enden s leppen außenbords nach. Das neue Tau! Nun stillt ihm ein, dasz er die Schlinge, während er mit Joche-i sprach, nur lässig zugezogen. Durch das unabläs sige hin- uns Herscheuerm den An drang der Eismassen muß sich der Knoten des glatten Seiles gelöst haben Wer treibt mit der Ebhe mitten im Strom. Wie lange er schon uniertvegs fein mag, kann er nicht einmal schätzungs nieise berechnen. Bei Diesem Schnee treiben muß es schon um halb vier ganz finster gewesen fein. Uns wie weit ist es jetzt an aer Zeit? Keine Möaiichkit, sie Ziffern anf der Ta schenuin zu ertenneu! Er greift in die Westeniafche und hatt ein paar Phae Phorziindhölzer hervor. Wie er sie an der nassen Lederhose anreibt, tniftern sie nur leise auf, ohne zu leuchten. Er ’ kriecht wieder in die Pliciit, reitst das letzte Hölzchen an seiner Weste nnd wirft beim Ansfiarnmen ees zuckendeu bläulichen LichtsIzimmers einen Blick anf das Zifferblatt -——-nenn Uhr! Da tan er mit der rasend ablaufenden Exil-e schön weit gekommen sein! Fie berisch erregt kriecht er wieder hinaus nnd ergeift sein-en Haken, um sieh wo möglich Durch die Schatten einen Weg nach dem einen Ufer zu bahnen. leer wo er aucif einsetzt, wie er auch zieht und stemint, die Eisbande lassen sein Fahrzeug nicht los. Nicht ein-en Zoll freies Wasser lann er gewinnen. Er wirft Den Haken sort und greift zum großen Ruder, um es mit Wricten zu versuchen. Er tann die Rienienfläche mit aller Kraft nicht durch die zu fsammengepreßien Schollen bringen. tsnttöuscht läßt er das Ruder fallen. Wo wird die unsreitvillige Reise en den? Um seine Persönliche Sicherheit hat er teine Sorge. Bis in Die Rordsee hinaus tann ihn die Ebbe in einer Nacht nicht führen. Wird es sabererft Tag, dann wird man ihn auch bemer ten uns ihm zu Hülfe kommen. Wenn cs nur nicht so abscheulich kalt wäre! Er beginnt mit den Füßen Meis lalt nnd schwer wie Blei sind, zu stampfen nnd schlägt energisch sie Arme um aen Leib. Wann wird ihm trotz aller Bewegung nicht recht. Uno der letzte Schluck Rassen den er aus der Blechflasche durch die stets-le rin nen läßt, ist auch eiskalt Und doch überläuft es idn mit einem Male sie .)enddeiß ——-- sein-e Mutter! Und Dara! Was zuerden sie denken! Um sechs Uhr hoffte er bestimmt wieder an Land zu sein — das ba:!e er am Morgen ver sprechen undnun war es nach neun! Und er war n:eilenweit adgetrieoeni Herr rexz Himmels! Sie mußten ja glauben, er sei umgekommen — zum Mindesten, ihm sei ein Unglück wider sabrenl Er arbeitete sich an den voni Schnee schlüpsrigsen Persennia-en.vieli sach aus-gleitend, aus die Höhe des Kistenstapels, reckt sich hoch auf und hält, mit der Hand die Augen schütz end, nach allenZeiten Umschau. Nichts als die schwarze Nacht, die lautlos vorwärts gleitende schwach leuchtenoe Eisdecke und die wirbelnden Flocken. ? Minutenlang Erkearrt er angestrengt in die Finsternisz hinaus. Dann schüttelt er die Schneeoecke von seinen Kkeidern und gleitet wieder in die Schute hin unter. Die hände ties in die Taschen seiner dicken Jacke versenkt. steht er sinnend und riibelnd. Soll er sich wieder zum Schlaer legen und die Christnacht verträumeni Nein! — einmal hat er’s verschlasen, zum zwei ten Mal wagt er’s nicht! So gefahr los isi die Reise im Finstern doch nicht, daß man ruhig dabei schlafen könnte. Und dann die Gedanken-— die Gedanken! Sie wandern wieder zu dem kleinen Gemach im Hofe der Vor setz-en, wo jetzt wohl seine alte Mutter i und Doria neben dein Ghristdaum sisen und angsterfiillt seiner harren ivie bange noch? Gewaltsam rasst er sich zusammen —- er will en seine Lage denken. Kann er denn am nichts thun? Muß er, die Hände in den Ta schen, warten, bis der Tag kommt? Kann er sich aus keine Weise bemerk bar machen? Die Laterne! Ja —- in dcr Pl chi, ganz hinten in der Ecke, muß sie ja stecken! Er w: ll schon hin eintriechen, da stillt ihm ein, daß sein Vorrath an Zündhölzern verbraucht ist, Beim Schein des letzten hat er nach der Uhr gesehen. Er stampst in dem engen Raum aus und ab, deckt nnivilltiirlich einen-Zipfel des erst beim Hinaufklettern verschobenen Perseu nias iiber die sreigeroordene Holztiste «ide W waren sollten nicht verderben durch Nässz wenn ihm auch naß und talt ist. llnablässig starrt er inzvi schen ninlxer. Wenn die Schute auf ein Statt ausliese, könnte er an’s Ufer gelangen Aber durfte er die seiner Obhut anvertrauten Waaren verlas sent « i, das findet sich. Zunächst ist noch tein User zu erspähen —- er treibt mitten ini Strom und die Ebbe des vomc .urn1 der letzten Tage hoch gestauten Wassers läuft rasend ad. Wenn man nur wenigstens etwas er leimen könnte! Wenn c. was noch schwarzer istals 4ic Nacht ringsum, so liegt das da a nre in feinem Kurz wie ein noch dunklere-, Loch in der dunklen Uni gebung. Aus einmal bastet er eilig auf die stiften hinauf, hält beide holt ten-Hände an den Mund und laut hallt jcin Schrei über den Strom »Schipp hoi!« und noch einmal, lauter, gellcnder »Schipp-——a—-l)oi!« Die plumpen schwarzen Umrisse eines Schiffen die dunklen Striche der Ma sten, sitz-am nnd der Tatelage heben sich schwach vom nachtdnnilen Himmel ad. Wieder nnd .vieder aellt sein Ruf F- tein Laut antwortet. Nun sieht er das EBnaspriet über seinem Haupt, in Istinctio wirft er sich nieder und irnllt i ldie Fäuste in das getheette Lemcn — ( da prallt schon die auertrseibende Schute hart gegen den eisengepanzer ten Bug des tiohlensiihrers« dreht sich schwerfällig seitwärts nnd gleitet mit dem treibenden Eis achteraus. Noch! einmal rust er laut ——- lauscht in die « Nacht hin-Ins —- spuctt ingrinnnig über den Rand des Fahrzeuges und» murmelt einen undeutlichen Fluch. Wie er wieder eins dein Boden der Schutt steht, platscht es ihm unter den Füßen. Er fühlt mit der Hand nach s -Wasser! Schon zollhoch2 Dem star ten Manne rinnt ein eisiger Schauer iilrser den Rücken. Das Fahrzeug sinkt! Und sehen tann er den eindrin genden Feind nicht« Er taucht oie Hand in das eisige Wasser, das ihm jetzt schon über den Fußriicken spiilt. und tastet sorgsam am Boden an der Schutenwand entlang, Nichte-. Aber dasWasser steigt. Er tniet vor dem Kistenhausen nieder und tastet weiter, soweit sein Arm reicht. Da -—— da rie selt es eiskalt herein! Er reiszt sich die Jacke vom Leibe, tniillt sie fest zusam men und stopft sie kräftig zwischen die Kiste nnd die Bord:nand, dem Wasser den Zugana zu wehren. Etwas wird es schon helfen »aber nicht lange!’ Wenn der Rock sich ooll Wasser gesogen hat, quillt es unbehindert weiter durch. Und er limn nicht an den Leck kommen « die tiisten sind viel zu schwer, daß ein Mann sie bewegen könnte. Und selbst, wenn er die-Stau hölzer, von denen noch einige in der Plicht liegen, als Hebel benutzte-— bis er die Ladung iiber Bord gewor sen hat, ist ihm so viel Wasser ein aeströmt, das-, das Fahrzeug nicht mehr schmimmfiihig wäre. Am besten ist es, jede Erschwerung zu vermeiden —- wer kann sagen, ob nicht beim Herum arbeiten die gelocterie Plante mit einein Male los-springt, nnd Vier-thun in wenigen Setnndcn sintt. Dann wäre er verloren. Er siililt wieder! »mit der hand in das Wasser aus dem Boden —- bis zum Handgelent taucht sie ein. Es steigt also wieder. Frost schauer lansen ihm über den Leib. Er däclt sich, lanat in die Plicht und i zerrt den Fetzen Persenniq heraus, mit » idem er sich beim Einschlasen zuge deckt. Nachdem er die Wassertropsen abgeschiitteit, schlägt er dsasStück Zeug ; nin den Oderlörper. Ezwas schiin es I ;doch gegen den Schnee und die schnei .k-end kalte Lust. Aber die Füße, in liber sechs Zoll Wasser, sind wieder eisig. Er muß aus den Kistenlzausen klettern. Wie er einen Schritt thut, llirrt sein schwerer-Stiefel gegen etwas Klingendes. »Er liück sich und nimmt vom Boden die Laterne »aus, die er erst schon hervorholen wollte. Er muß sie mit dem Persennig herausgerissen haben. Aber was soll ihm die jetzt nützen? Maschinenmäsiia össnei er das tleine Fenster der Laterne und fühlt nach dem Lichtstumpf drinnen. Da liegt etwas daneben — zwei — drei Zündhiilzchent Natürlich naß Abdr er weiß sich zu helfen. Sorgsam birgt er die Hölzchen am Körper unter seinem Hund nnd steigt dann, die La terne in der Hand, vorsichtig und be hutsam aus den Kistenstapei. Wieder hält er Umschan und wieder sieht er nichts als ringsum die nächtliche Schwätze. Nach einer Viertelstunde ieduldigen Harrens zieizt er eins der Hölzchen hervor Und streicht es kräftig regen einen trockenen Theil seiner Un Iertleidung Ein schwaches phospho risches Leuchten — das ist alles. Wie i i - — . p-..— der gilt es zu warten. Beim Kette Verfuch, Feuer zu machen, leu et cis bläulich-es Flämmchen auf, ertif aber im selben Moment. Nun einst Seine letzte Huffnnngt Dei Licht muß er haben, wenn et sich sp mertbar machen will —- bemeriW Ja —-— wem denn? Wer full sich in Ist Christnacht wohl auf dem eisbedecktm Strom herumtreiben, tver vom Ufer Ansfchau halten? Werti —- irgen wert Es ist der Strohhalm, nn den fich der Ertrintende klammert! Der Tod ist ihm nahe genug —die Min der des Fahrzenges haben sich der-GI fläche schon merklich genähert — die Schute sinkt! Und er will do so gerne leben. Er will nicht hina « Dann-.- Coffinl Ehe er Ewerfiihrer wurde, ifi er drei Jahre auf englischen Schiffen gefahren. Da sagten sie von den -Ertrun«lenen, sie schliefen in Da vy’s Eoffin. Laiin peinvolle Minuten sind ver ronnen, da greift er nach dem letzten Hölzchen Die Laterne hat er Wr sich hingestellt, sich niedergetanert und sen Fetzen Persennig sorgsam darum ge breitet, daß kein Luftng anjomnren - kann. Kräfåig nnd doch behutsam fährt er mit dem Phospihorköpfchen über fein Wollhemd — es blitzt mir fchzoachs auf —-- noch einmal —·es flammt, es brennt zifchenI und fpriis hend, als wollte es gleich wieder ver löfch·:n. Sorgfam nähert er die kleine Flamme Dem Lichtftiimpfchen in der Laterne. IES gelingt ihm, den Dacht in Brand zu setzen. Die Flamme steigt auf, fällt wieder, will entfliehen -— aber endlich brennt das Lichtlein hell und stetig. Fest schließt er die Thür der Laterne und hebt letztere, um zunächst einen Blick auf NEW fser im Fahrzeug zu werfen Herr des Himmels! Es steht kaum einen Fuß unter dem Rand der Schute! Was nützen ihm nun alle Laternen der Welt? Nun kann er bei Licht sterben Er setzt die Laterne anf den schnee nssssnn mass-»Es-» nnd Urstoff Ref- FOYITO sus- · daneben. Nun heißt es doch sterben! Und seine Mutter und Dona! M einmal zu seinem Grabe werden He gehen «tönnen! Und wo wird er mor gen «fcin?. »Er saltet die Hände und trampsst die Finger ineinander — einen letzten langen Blick wirft er ringsum — dann murnieln die blei chen Lippen: »Vater unser — der im bist im Himmel —« »Tu—«—- u—u—ht l« »Mein Gott! —- Mein Gott!« Mit einem wilden Satz fährt er empor. Sollte es möglich sein? Wo?——— Wo? Er ergreift die Laterne und schwingi sie uni seinen Kopf. »Steamer a»hoi!« Wie jauch,,eno schwingt sich der Ruf von seinen Lippen! Da — weit, weit weg ein seh vaches Licht —- ein Punkt chen nur in dem schwarzen Chaos — aber es tomini näher — nun sieht er auch einen rothen Schein —- die Bock borbleuchte. Aber unter ihm begin-et es unheimlich zu gurgeln, die Schnee neigt sich zur Seite — ,,Steamer — a—hoi!«' Wiloer gellt sein Schrei —- in To desnoth bricht ihm der Laut vonden Lippen ,,:l-— hoi!« schallt es entgegen Gr hört Das Pristen der Maschine, dass rhythmische Schlagen der Schraulic immer rascher schwingt er dieLa keine-« um seinen Kopf, er spriuqt auf one Kisten hin und her. Unter ihm sinkt schwankend das plumpe Fahrzeug, Die Schollen schieden sich über den Mann s— da stößt der heranloinmenoe Schleppe«r qegen die versintenoe Schafe er stürzt tapfiiher non seinem Stand herunter zwischen des treibende isjk Aber im se then Augenblick haben ikm zwei Paar eiserncr Fäuste gepackt und user ore nkeeiing gezogen. »Na, Mani, wo lnmmst In denn shcl?« Er santwortet nicht. Die Angen sind geschlossen Jn dem todtbleichm Gesicht rinnt ein schmaler Blutster aus der lliaffenoen Stirnwnndr. »Man runner mit ein in de Knie — de arme Minsch must ja ganz der klanit sin!« Sie schleppen den schweren regungs lnsen Körper unterDeci, entkleiden EI;:7, reiben nnd dürften nnd shiillen die kalten Glieder in wollen-: Decke-. Dann wird dein noch halb Bewan losen Die Pscnacee aller Seeleute, ein heiß-er, stark nördlicher Grog —- swsr r and Sir(mz:! cingefiößt, mik- ei fällt in einen todtähnlichen bleåernen Schlaf. Am Morgen des ersten Weihnactise« trrges erwacht er in seinem Vett. Reden ihm sitzt seine Mutter —- Vor dem eBtte tniet Dorn und hölk seine Hain-, die ganz naß ist von ihren rinnenesm Thriinen. Aber ihre Augen lachen. Die helle kalte Wintersonne scheini lvklar durch die blanlen Scheiben. Rief dem Tische steht mit brennenden Lied tiern die lleine geschnniicktejanne Bon Thurm derMichaelsisItitche hallen sei-er lich die Weihnachtsglocken, füllen mit ihren Tönen den kleinen Raum nnd verjünden den Sieg des Lebens ists-er den Tod. Tannendust und Goldgeknister — Frohe Arbeit —- srvhe Zeit, Ein Versteckem ern Giftiister, i Lauter Lust nnd Heimlichteii. Kinderjubel —- aite Leute —- i Nie verklung'n.s Meindir. · Sei gegrüßt, Du einzig traute Den.sche Weihnsckttgpoestrt ,· z; «