Jugend-blau Born Jugendblut bewahrt ein Tröpf lein au , Und jugendfrisch und rein sollt ihr ei helteni Wird auch die Glutklfüärli Euren Adern Nur diesen Tropfen lasset nicht erkal ten. Ward hart das herz auch, ward es lampfesmlid’, Will sich das Uhrtvert drin nur lang sam dreb’n, ——— —— Aus rothem Tropfen schmelzet rothen tein Und läßt die Räder auf Rubinen -aeh’n! Dann bleibt ihr jung, bleibt’s noch im weißen Haar Und in des Lebens wechselvollem Lauf. Jhr feid es noch in Eurer Entei fchanr — Vom jungen Blut bewahrt ein Tröpf lein auf! -—-——-·..-———— Wenn der winter kommt. Novellette von Julius Keller. Der Herr Assessor sprang mit einem mächtigen Satz aus dem Bette, rieb sich die Augen und begann dann hastig sich anzulleiden. Zwölf Uhr Mittags! »Verdatumte Bunnnelei!« brummte ec zornig und trat, seiner täglichen Gewohnheit treu, an das Fenster, um die Witterung .-u infpicireu. Er Wollte zurück und rieb sich die Augen. Dann fah er nochmals hinaus-. »Wahrhaftiq!« rief er mit olien Zeichen heftigen Erfchrccieng· »Der Winter tommtt. Der Winter ist da! . . . ifs sä,neit!«. Er seufzte tief auf, schloß die Thiir wieder und ließ sich in den nächsten Sessel smien, daß er tnactte. Die An kunft des Winters schien ihn mit ele mentarer ilnruhe zu erfüllen. lind feine Aufregung tvudis von Minute zu Minute. Bald stand er auf. ohne an die Vollendung feiner noch recht pri mitiven Toilette zu denlen, und be gann im Zimmer auf und ab zu stel zen. » Endlich fchien er zu einem Ent-» schlusse zu kommen. Er zündete eine Cigarre on und paffte wie eine Loko motive. Dabei schienen sich seine Ge danlen erfolgreich auf die ihn erre gende Angelegenheit zu concentriren. »Jetzt bleibt mir nur noch ein Ra ditalmittel,« sagte er endlich laut; «los damit.« Er fehle sich an seinen Schreibtisch, nahm einen Briefbogen, paffte noch ei nige Male heftig und schrieb: »Angebetetel Jch habe eine furcht bare Nacht verbracht. Sie mögen mich verlachen, aber Sie wissen nicht, welche Schuld Sie vielleicht auf Jhr Gewissen « laden. Was ich Jhnen gestern, leider schon zum zweiten Male, zart andeu-« tcte, wiederhole ich Jhnen mit fester Entschlossenheit nach den namenlosen Qualen diefer schlaflofen Nacht: ich vermag ohne Sie nicht zu leben. Das Dasein dünkt mich unerträglich, wenn der Sonnenschein Jhrer Liebe es mir’ nicht erhellt und erwärmt. Grausame« können Sie da beharren bei Jhrem teilten »Nein?« -- Seit Monateni bettle ich um Jhre Liebe, flehe um Jhr »Ja« Vergehen-. .llnd doch glaubte iet- ahnen, hoffen zu dürfen . . · Und . fo frage ich nun in letzter Stunde aus , tiefster Verzweiflung heraus noch ein mal: Wollen Sie die Meine werden? Wollen Sie mich durch Jlir Jawort abwenden von den schlimmen Gedan ken und Entschlussem die ich unweiger- - lich umsetzen werde in die That —’ wenn Sie mich zurückstoftenZ Wollens E-- gkl- ----- k0-9 cl)«-I-nss00-«- non his Vu- -ss,ni-I-s»-« «-us«-,««··-·73- » Uhr werde ich mir erlauben, noch ein mal bei Jhnen vorzufprechen Wenn Sie mich nicht empfangen, lcnn’ icix Jhre Antwort und werde danach han- , dein. Läßt mich Jhre tverthe Zofe« aber ein, dann weiß ich, daß ich zu hoffen habe. Atfo, Angebetete, entsf .fcheiden Sie das Schicksal Jhreg bis, i-» den Tod ergebenen Dagobert.« I Er hatte faft in einem Zuge geschrie- , ben, in sichernder Haft. Nun überlas ? er die Zeilen. «Wol)lgefällig, mit höch: z fter Befriedigung. » »Gut, fehr qut,« murmelte er, denz Schnurrbari ftreichend; er wird feines Schuldigieit thun. Müßte die Weiber I nicht lennen . . .« , Dann sprang er auf und fteckte den z Kon prufchend ins Wafchbeciem Schon nach einer Viertelstunde war 7 er fix und fertig zum Ausgeben Erz las den Brief prüfend noch ein-nah durch, adreffirte und barg ihn in derä Brufttafche. Dann fchliipfte er in den T Pelz und blickte durchs Funke-. I i.,,Es fchneit heftiger. Alfo mufz ess ern.« i Damit ftiiipie er den Cylinder auf und ftiirrnte aus dem Zimmer. ( O « I H Punkt 4 Uhr läutete Asseffor Dage- L beri nn der Wohnung der fchiinenffrau · Adele. Er war äußerlich das Bild vollkommener Ruhe, aber innerlich brodelte lebhafie Beisrgnifp Ein nied liches Mädchen öffnete. «Guten Tag, Bertha . . . Jlire gnä dige Frau . . .'« »Zum-riet Sie.« Er vermochte ein befreiendes »Ah« nicht zu unterdrücken »Bitte sehr, herr Assessor.« Si-;:eigerpiß trsi er ein. All feine: fchneidise Zuversicht lam ihm wieder-; Ilfo dpchi — Wie hatte er nur daran Nebraska Staats- ; nzejger Und « -- "erold. J. P Windulph, Herausgehen Grund Island, Nebr» 11. Ti-3. 19053 chitck TisciU Jahrgang 24 No. 15. zweifeln können! Er, Paul Dagobert, der ein Millionenmäbchen ausgeschla gen, weil sie einen kleinen Fehler hattet « Lange genug hatte diese Festung ihmi widerstanden, nun mußte sie kapitali ren . . . Er eilte der schönen Frau entgegen, als sie eintrat, und griff nach ihrer Hand. »Meine theuerste Adele,« begann er stürm-isch. Sie blieb stehen und blickte ihn mit ernstem Vorwurf an. »Sie wollen also mein Jawort er pressen, Herr Assessor?« fragte sie. »Aber meine gnädigste Frau . . darf man eine Herzens-frage vom juri stischen Standpunkt betrachten? . . . Sie wissen nicht, was ich gelitten habe . . . Aber Ihr Empfang läßt mich trotz Jhrcr ernsten Miene hoffen." »Daß Sie Ihren Zweck erreichen werden? Nun gut denn, Herr As sessor, ich will Sie nicht lange quälen. Wahre Liebe verdient Schonung. Jch glaube an die Ehrlichkeit Ihrer Ab sichten und Jhrer Drohung, Und — ich habe nicht ben Muth, mein Gewis sen zu belasten.« »Theuerste! . . . Jch wußte es . . . Jch war überzeugt, daß oihr gutes Herz siegen würde, bas; Sie endlich einsehen würden, wie tief und aufrich tig ich Ihnen ergeben bin, wie glühend ich Sie liebe. »Sie willigen ein, Adele, Sie willigen ein?!« »Nuhe, lieber Assessor, Ruhe. Wir » sind doch teine Rirder. Ja, ich willige ein; ich gebe Jhnen mein Wort, die Ihre zu werden . . ·'« Er wollte entzückt vor ihr nieder ssnssn abn- sii tninln In spornska AK daß er es bleiben ließ. Die seltsame Art. in der sie ihm ihren Entfchluß tundaab, begann ibn zu verwirren. »Seien Sie nicht voreilig beseligt, Assessor. Es ist eine Bedingung da bei.« »Bedingung? Ein fcheußliclyes, Wort in solcher Affaire, meine theure, gnädige Frau. Es erliiltet.« »Haben Sie mir für die Erhaltung Jbres kostbaren Lebens etwas teine Bedingung gestellt, Assefsor? . .. Gut, ich zahle mit gleicher Münze. Aber leine Sorge . . . Jch verlange nichts Schlimmes.« Und sie blickte ihn in die Augen« als fie fortfuhr: »Ich forderr nur JhrEhrenwort dafür, dafz unser Verlöbnis vorläufig geheim bleibt und niemals jemand erfährt, daß ich Ihnen gerade heilte mein Ja n«ort gegeben habe . . .« Er trat einen Schritt zurück und starrte sie verblüfft an. Grausamer Spott umspielte ihre Lippen. ,,Convenirt Ihnen diese Bedingung nicht, Herr Assessor?« »O ——- o ——- ich verstehe Sie einfach nicht. Jch begreife diese Kälte, diese Zurückhaltung nicht. Mich drängt es übermächtig, aller Welt mein Glück zu liinoen s-—— uno Sie ...! » Wie soll ich es anstellen, vor der Welt meine Seligleit zu verbergen?« »Versuchen Sie es nnr Es wird schon gehen Können Sie wirklich niajr giuauch sein .. . unter sziugfchmg der Deffentlichteit? Oder ist mein Jawort werthch fiir Sie, wenn man es nicht rechtzeitig erfährt . . . . im Club?« Jetzt zuctte er zusammen. »Sehen Sie sich nur, lieber Asses: sor,« fuhr sie fort, und die Ironie in ihrem Ton tvurdeiinmer schneidender, »ich sehe . . . Jhr Glück macht Sie schwach« . Er aber richtete sich ftolz auf. »Sie irren, mein-e Gnäbigstr. Jch bin nur verblüfft. Hier ist Verrath irssSpiel.« Sie sah ihn lächelnd an. »Mag sein." »Ich müßte blind und taub sein, Adele, wenn ich nicht sähe, daß Sie ein grausames Spiel mit mir treiben . . . Jhre meriiviirdiae Bedingung eiebt mir die traurige Gewißheit . . . Aber ich schwört Ihnen, man hat Ih nen die Sache ganz entstellt zugeno gen man hat ——« »Sie gestehen alfo?« rief sie trium phirend aus. »Ah, ich wußte es ja!« »Und wer —-—- war der Verräther?« fragte er mit aufloderndem Zorn. »Nein Geringerer als — Sie selbst lieber Assessor . . .'« »Wie — wie —- meinen Sie das?« »Aber so seyen Sie sich doch endlich einmal,« sag-te sie liebenswürdig und fuhr dann fort: »Sei-en Sie, lieber Freund, ich bin eine miiktrauische Na tur —- namentlich gewissen Männern aeaeniiber. Jhre ganz plötzlich einsetz ende Werbung um mich fiel mir auf, und das itiirmische, drängendeTernpo, vie fast önastliche Art. mit der Sie mich iur Entscheiduna treiben wollten —- Sie ließen wirklich kein Mittel un versucht-verstärtte mein Mißtrauen Warum nur diese dast? fragte ich mich und grübelte nach. Na, und da :I informirte ich mich denn natürlich in l der Gesellschaft und namentlich bei den Frauen ein wenig über Sie. Jch möchte Sie nicht gern durch allzugroße Ossenthsit tränken, lieber Assessor, aber Sie ahnen gar nicht, wie bekannt Jhre tleinen Schwächen in jenen Krei sen sind. Namentlich Jhrc Manie — zu wetten . . . Eine Manie, die im Club, wenn die gehörige Stimmung gekommen ist, erst die wundersamsten Blüthen treibt. Man erzählt sich ja da ganz allerliebste Geschichten von Euren Heldenthaten, und fast immer sind es die Frauen, die Jbr da mit Eurem Interesse beehrt . . . Frauen und Mädchen jeder Art, jeder Nuanci rung. Halt! dacht ich mir s— sollte auch ich vielleicht —— clubsähig gewor den sein? . . . Sollte es bei den anre genden Diskussionen über die Jagd der sindigen, jungen Herren aus die reiche, junge Wittwe etwa zu einer Art Wettbewerb gekommen sein und der schneidige Herr Assessor sich ver messen haben — —— keine Widerrede, es ist so, mein Bester! Ihr geschmact ovlles Getvaltmittel heute Morgen, der zärtliche Drohbries hat meine Ber niuthung zum dringenden Verdacht werden lassen, und Jhre Ausnahme meiner Bedingung gab mir Gewißheit. Heute bin ich fällig . . . heute müssen Sie nach Jhren Versprechungen im Club mein Jatoort haben — oder Sie sind unfehlbar blamirt. Ganz abge sehen vom Kostenpunkt Armer As sessor, was werden Sie nun machen?« Er saß völlig zertuirscht vor ihr. Die Ueberrumpelung war zu gewaltig. Er sand keine Krast zur Gegenwehr. Vor dieser Frau musite er tadituliren. »Meine theuerste, gnädige Frau,« stotterte er, »gestatten Sie mir in einer ruhigeren Stunde Jhnen alles das auseinandcr zu setzen. Mit meinen Gefühlen haben diese Aeußerlichkeiten wahrhaftig nichts zu thun . .· Und be denken Sie als strafmildernd —- die unglücklichen Umstände. Warum mußte denn auch heute schon der Win ter tommen?« Sie sah ihn erst verständnißlos ein« dann überkam sie die Ertenntniß. Ah ah ...« rief sie aus, »dahin ging die Bestimmung? . . . . »Bei-laßt Euch darauf, Kinder « wenn der Winter kommt, hab ich das Jawort der schönen Adele in der Ta sche!« So war es, Assessor? . . . Beichten« Sie offen, rückhaltlos-, wenn ich Jhnen je verzeihen soll . .. So war es, nicht tvahr?'· Er lnickte völlig zusammen »All right,« gestand er zöaernd. »So -—— toar’s . . .« »Und warum gerade heute, tole?« inauirirte sie weiter . . . »Mir her— aus mit ver Sprache . . »Na . . . wir mußt-en doch —- fest setzen . . . wann für uns ofsiziell der Winter käme . . . nnd da sagten tvir . . . beim ersten richtigen Schnee: fall . . · ach pardon, pardom meine Gniirigste2 Bedenken Sie, als straf mildernd, in welcher Stimmung man so was ausmacht . . . Das viele Ge: rere . . . die Erregung . . . der Ta « bat . . . der Sect . . . Ader tm gebe Ihnen nirin Ehrenwort -- ich thu’g nie wieder . . . Ich entsaae dem Cluv . . Jch trete aus . . . Wenn der Frühling tommt . . »Werde ich sehen, ob Sie Wort ac halten haben, und dann werden wir v· lleicht doch noch —- -—— - — ———- gute z reunde.« Practer propter. Hutnoresle von K a r l P a U l t. Noch hingen in den Schluchten und an den Zweigen der im Bergschatten stehenden Fichten und Tannen weifze Fetzen des Morgennebels, noch herrsch te Dunkelheit in den Thalern, wäh rend die Sonne über dem Hochaebirge schon ihr Goldnetz breitete. Aber so früh auch dieselbe an ihr Tagewerk ging, der alte Förfter Diesner blieb nicht hinter ihr zurück, denn als die ersten Strahlen in die Fenster seines schmucken Forfthöuschens iselen, trat er schon gestiefekt und gerüstset aus der Thür. um seinen ersten Dienstgang anzutreten So hatte er es immer ge halten, und seine Pflicht, sein Wald und sein Herrgott waren seine heilig sten Gitter. Rüstig schritt er in den erwachenden Morgen hinein. . Sean Weg führte nicht immer die Straße entlang, treuz und quer wan derte er durch den Wald, da einen holzschlaa besichtigend, dort eine Lich tuna in Augenschein nehmend. Ein mal, als er eben wieder den Fahr wea treu-te, sah er den Landbriejtrii oer den Berg herausseuchen. Diesner bekam nicht viele Briefe. Ein paar dienstliche Schreiben und alle drei, vier Wochen ein Brief von sei r— x I nem Sohne, der in Hirschberg bei den Jägern stand, bildete seine ganze Kor respondenz. Es war deshalb nicht die Erwartung einer Nachricht, die ihn stehen bleiben und warten ließ, sondern das Bedürfniß, mit jemandem ein paar Worte zu wechseln, noch dazu, da dieser jemand ein lieber alter Kriegs tamerad wur. — »He! Harte!« rief er dem Frommen den entgegen. ,,’S is schön heute, was?« ,,A bissel heesz wird’·g werden!« rief der zurück. »Komm odi« sagte Diesner, der dem Kommenden entgegenschritt, ,,ruh’ . Dich a bissel aust« Er setzte sich beiz diesen Worten auf eine der am Wege ? stehenden Kniippelbänke und lud dens Briefträger durch eine Handbewegung ein, neben ihm Platz zu nehmen. »Ne, net« wehrte dieser, der inzwi: schen herangekommen war, eifrig ab,! »ich ha keene Zeit, ich ha an Brief s nach KrummhubeL da sieht »eilig«i druff, so was geht mich zwar nischt s an, denn a Eildrief is eH nie, aber wenn ich kann, richt ich mich schon da nach, man weeß nie, manchmal kann ! man ern-en doch an Gefallen thnn!« Er war bei diesen Worten vor dem ! pörster stehen geblieben, hatte zwei ! Packete, die er an seinem Stocke über der cchulter trug, auf die Erde aelegt nnd wühlte ietzt zwischen den Briesen » in seiner Tasche. »Was suchste denn in Deiner Ta schei« fragte Diesner, ,,willste mir annie Prise anbitte?« »Ne, ich ha’ eenen für Dicht« »Ne, su was? Von Ernan aus FoirfchbergW »Ach, wo ock her!« antwortete der Brieftriiger unzufrieden, »der hat doch ericht vor acht Tagen geschrieben, was full denn der schreiben? Nee, aus Warmbrunn ifsa, vom Oberferfter, wikscht wohl teene große Freude dri ber ham!'« Er reichte den Brief, den er endlich gefunden, dem Förfter hin, wünschte ihm die Tageszeit und ging seines ,Weges weiter. ' Dies-net hatte den Brief neben sich auf die Bank gelegt, die Brille aus der Brufttasche gezogen und ausgesetzt Ueber diesem mit großer Umftändlich ieit und Wichtigkeit vollbrachten Wert hatte er ganz vergessen, den Abschiede-: aruß des Freundes- zu erwidern, und erst jetzt, als er den Kopf hob, fiel es ihm ein, das Versäumte nachzuholen, weshalb er plötzlich mit dem Oeffnen des Schreibens innehielt und, dem Briefträkzer nachsehend ausrief: »Na atje ooch, Karte, ich danl Dir noch fir ; die Mit)e!« I Nun öffnete er umständlich das; Schreiben und nahm von rein Inhalt . Kenntniß, das heißt er nahm eigentlich ! leineKenntniß, denn nachdem er es ge lesen, wußte er noch weniger als zu vor. Und doch war der Text des Schreibens durchaus nicht unverständ lich. Derselbe lautete: »Ein» statistischen Aufstellung . wegen werden Sie ersucht, mit wen-s ( dender Post darijber Aufschluß zu geben« welche Zahl der Rothwildbe- ( stand in Jhrem Revier »praeter propter« ausmacht. Der Obersörster.« Tiegner starrte lange aus dangatt, endlich stectte er es mit einem Seuf: zer ein. Die ver s- — Fremdwörtcrt Hatten wir darum die Franzosen be: kämpft und geschlagen? Waren da zumal soviel brave stameraden darum in den Tod gegangen, daß man sich heute noch von dem verflixten Kander: welsch den Kopf warm machen lassen mußte? «Praeter provter«? Was zum Sakrament mochte das wohl hei ßen? Der Teufel mochte wissen, wag Die beiden verflixten Wörter bedeuten sollten. ’s war halt ein Kreuz, daß er so wenig Gelegenheit gehabt, wag zu lernen; den jungen Leuten heute, de nen wird’s besser geboten, s-— wenn Ernst da wäre, der hätte gewiß ge- ; wußt. Na, aber er war nun einmal nicht da, und er mußte sich eben so be helfen. Zuerst hieß es den Bericht, der umgehend eingofotdert war, zu er statten, den-n in so etwas verstand der Oberförster teinen Spaß, und er war zwar ein prächtiger, ehrlicher, aber auch sehr grober Mann, zuweilen so gar mehr grob als ehrlich. Mit ge senktem Kopf ging Diesner nach Hau se, immer die beiden Worte vor sich hin murmelnd; mit gesenktem Kopf gina er zu Hause in der großen-Stube aus und ab. Die Zeit drängte; tarn der Briefträger auf dem Rückwege wieder vorbei und der Brief war noch nicht fertig. so mußte er heut Abend den zwei Stunden weiten Weg nach dem Postamt selber machen. Er muß te zu Ende loinmen, und so ariff er denn zu dem letzten Mittel, welches er stets anzuwenden pflegte, wenn er sich gar keinen Rath mehr wußw et rief seine Frau. Sosort erschien die Ge rufene Tim Thür-Rahmen. »Weeßie, Mutterl,« sagte der För ster, »wissen thu’ ich’s- ja, aber ’s is mir irn Augenblick nich erinnerlich, weeßt Du nich, was das heeßt: ,,Praeter propter«?« »Das versteh’ ich nich!« antwortete die Frau, »was willste denn dadu rnsitie sagen?« Er reichte ihr den Brief. ,,’"S is ock weger dem Briefe da. Heut’ morgen hab’ ich’n gekriegt!« Die Frau las den Brief aufmerk sam durch, dachte eine Weile nach und sagte dann: »Aber, Diesner, das mußte dach wissen, hier steht’s doch ganz deutlich: Du sollst darüber Ausschluß geben, wievisl der Rothwildstand »praeter propter« ausmacht. Weeszie nich. was Rothwild is? Na, da mußte doch noch wissen, was das bedeut’! Das lernt ja schon sa kleenes Kind üff der Schulbank, die »Vineta« das sind eben die Böcke und die »Propter« die Rickenl« Sie wars den Brief ans den Tisch und sah den verblüfften Förster triumphirend an. Dies-net schlug sich vor die Stirn, Wie hatte er das- auch vergessen kön nen. Sosort setzt-: er sich nieder und verfaßte mit großer Anstrengung des Geistes und des Körpers folgende Epistel: »Einem allerhochwohilöblichensObers idrsieramie Einem allerliochmohllöb lichen Herrn Obersörster wird hier durch aus sein freundliches- Schreiben dienstwillig mitgetheilt, daß sich zur Qeii 14 Nmeier und 46 'VrovterRoib wild in meinem Revier ganz ergebenst aufhalten. Einem allerhochwohliöb lichen Förstseramte unterthänigster Paul Diesner, Förster.« Der Brief war eben fertig gewor den, als der Postbote an’S Fenster klopfte. Er erhielt das Schreiben ausgehändiat und mit befriedigtem Stolz blickte der alte Förster dem da vonschreitenden Kranke-Boten nach. Er dachte daran, wie man aus dem Amte seine Weisheit bewundern werde und vor allem seinen Stil. Noch irn ganzen Gefühl dieses freu digen Stolzes trat er beim nächsten Zusammentreffen seinem Oberfärster entgegen, Worte des Lobes und der Anerkennung erwartend, aber er täuschte sich; der Obersörster sah ihn nur von der Seite an und sagte: »Na, Tiesner, wieviel Praeters und Propters Sie in Jhrem Revier ha ben, dag- is mir ja aus Ihrem rüh renden Epistel tlar geworden, daß da oben aber och sa alter Schafglopp rumläust das hab’ ich auch daraus ersehen, und den können Sie sowohl zu den xttraeterg wie zu den Propters dazu rechnen, da zählt er doppelt.« —--—-.-.—.—--— Bis-unter und dte Trinkgelderuns flu- ist-Russland, In den Jahren 1859-—-1862 war bekanntlich Otto v. Bigmarck preußi fcher Gesandter in PetersburkL Jn jener Zeit erward er den Grund und Boden, auf dem das deutsche Bot Lx-cö-fe.»- stichqu lnnsfw Und of hie »Hast- -, -. ka-».» liaufbele ge an die Jterrechnunagtank mer nach Potg kam schicken wollte, ge lang es ihm zuerst nicht, die erforder lichen Bapiere von den russtschen Be hörten ruerlangen Auf seinetvieder holten Beschwerden lief-, man dort ·mirchbliclen, daß es ohne angemessene Entschädigung der betreffenden Beam ten kautn möglich sein würde, die noth wendigen Belege zu erhalten. Dagegen bäumt: sich aber mit Recht Bismarctg Stolz und llnabhängigteitsgesiihl als preußischer Botschafter auf und er trug bei einem der nächsten Hoffeste dem damaligen Zaren Alexander dem '-e-;w iten sein Anpegen vor Der Zar versprach ihm zu helfen, und schon nach wenigen Tagen hatte Bismarck die ge wünschten Papiere in Händen Als-er sich bei nächster Gelegenheit persönlich für die Liebenswiiroigteit des Zaren bedankte-, llopfte ihm dieser auf die Schulter und sagte lächelnd: »Das Trinkgeld an meine Beamten habe ich selbst bezahlt« So berichtet wenig stens die Fama. Aus dem Jahre »W. Aus der guten alten Zeit seien im Nachfolaenden einige verbürgte Zahlen mitgetheilt, »die einen Beweis dafür liefern, wie sich die sozialen Verhält nisse seitdem verbessert haben. Jm Jahre 1794 wurde in Bayern festge stellt, daß daselbst 6,1 Prozent der männlichen Personen über 21 Jahre Bettler waren. Fiir die Arbeiterbevöl terung aalt als Recht, dasz jeder Arbei . ter, der mehr verlangte oder annahm Hals 15 Kreuzer Tagelohn, acht Tage « Arbeitsbaus bei Wasser und Brod unsd »alltäaltch zwölf Karbatsch-Streiche« zudiltirt erhielt. Wer aber mehr als 15 Kreuzer Taglohn gab· mußte diesen . .- -.--———-..-. Edelmuth mit ein-er Geldstrafe von 10 s; — Thalern büßen. »Und da wem-But man sich noch," schrieb damals West-tu- " weder, »daß in keinem Lande diese-« fiingsnisse so angefiilll sind und die « Nichtfixieren so baten, daß unken Straßen überall mit Galgen und Die sind!« Oh Ekoße Gasen-. Herr Wanaerl hatte seiner Frau brieflich mitgetheilt, daß er nun seinen Kutaebrauch beende unsd am nächsten Montaa wieder heimkehren werde. Noch ene er aber seinen Plan aus führen tonnte. erhielt er von seinem Weibchen ein Telearamm: »Verschiebe noch, Montag große Wäsche.« An tanag drqerte sich Wangerl über die ,,arof-.e Wäsche«, dann aber stieg ein sinsterer Verdacht, wie ein unheimliches Gespenst rot seinen Augen auf· Sein Weibchen war noch jung und hübsch. und er tratte eg vier lange Wochen somer unbesschijtzt und unbewacht allein gelassen. Wie konnte er nur so unoorsichtia sein! Gelegenheit macht Diebe, das wußte er aus seiiier eige nen Jugendzeit Wenn hinter der »arof;en Wäsche« so ein schmutzigev Kerl steckte, der —— Wanaerl führte mit seinem Stock einen wuchtigen Hieb in die Luft. als wollte er schon jetzt sei nen Ncbienbubler todtschlagen. Also heim. tiberrurnvelm auf der That er wischen nnd dann mit flammendem Schwerte aus dein Paradiese gejagt. Gerade am M« . ag, den Tag der »aros;en Wäsche«, -«driickte sich Herr WanaerL Vorsichtig wie ein Dieb, in sein vor» der Stadt gelegenes Land haug. Sofort lenkte er seine Schritte zur Waschliiche. — Keine Menschen seele. «Also das heißt man ,,grofze Wäsche-A polxerte er, bebend vor Zorn und Anast. Nun ging’H in die Küche, in das Wohn: und Schlafzimmer — cillee tut-in und still, nichts Verdach tiaes zu sehen. Schon athmete der arme Wanaerl erleichtert auf, da hörte er Vom nalxen Empfanggzimmer her ein Flüstern und Murmeln, ein unter drücktez Lachen und nun Kuß auf Zeus-» ,Hat ihn schon,« zischte Wan aerl, und mit raschem Griff stieß er die TliLire ani. Ein Schreckens-ruf den statt mit Oestbeiumm seiest »Hm-neben ««-».»M-»ss»Di-.-«w-f-.-s.-ss’.·WN.· . . « drana ihm entgegen. — »Ah!« machte WanaerL als hätte er ein herrliches Kunstaemälde vor Augen. Vor ihm stand seine Köchin mit ihrem Schatz. Wangerl hätte in seiner Herzensfreude am liebsten dem Paare feinen Seaen gegeben. »Ja, Theres,« fraate er endlich, ,,tvo ist denn meine Frau?« « ,,Jhre Frau,« stotterte die Köchin, »die is —- im Kaffeeiränzchen.« Die ältesten Gatstliåuser von Bis-to l .. -,« Die »Voss., Zig.« schreibt: Das von nng erwähnte älteste Berliner Gast ltaug ,.8ur Stadt Ruppin« in der Spandauer Straße 79 wurde schon zu Beginn des 15. Jahrunderts als »Ruppiner Herberge« dort begründet und wurde von minder begüterten Rei senden aus-gesucht, während hohe Herr schaften gewöhnlich im Rathhause ab stiegen und vom Rathe selbst festlich bewirthet wurden. Noch älteren Ur sprungs svar der einst so vornehme historische »Gasthof zum guldin Hir schen« iaoldenen Hirsch), der sich ganz in der Nähe Des alten Berliner Rath hatiseg, auf dein Grundstück Span dauer Straße ZU, an der Stätte, tvo « sich jetzt dag neue Kaufhaus der ; Firma LIE. Israel erhebt, Jahrhunderte hindurch seit dem Jahre 1386 befand. Tie bezeutrndsten Handelshserrem un ter anderen Philipp Hainhoser aus Aug-Thurm pflegten hier einzulehren. Auch Der berühmte Schs.v-edentönig Gu Y stat) Adolf. der im Mai 1620 als « -. . ««-, « Brautlszmerber inkognito in Berlin als Hauptxinnn Gars eintraf, suchte dort Unterkunft, wurde aber vom Besitzer Peter sierichberg abgewiesen, da man ihn fiir einen ,,wölfischen Engländer« hielt. 1748 kam das alte Gasthaus an den Hofjmdelier Veitel Heine Ephraim. Jni Sommer 1796 brannte es gänzlich nieder. s———.-O.--— T icr F em- fch st. Die »Schnzeiz· Thierbörse« berichtet von einem schönen Beispiel von An hänglichkeit der Thiere zu einander: In einem Psarrhause des bernischen Mittellandes wurde kürzlich die Haus tatze, deren Dasein überflüssig war, zum Tode verurtheilt. Die mit der Vollziehung derirauten Damen hüllten das Thier in einen Sack und warfen es in die Aare. Der Haushund sah dem Vorgang betrübten Herzens zu. Bald daraus stellten sich Hund und Katze, in trautem Verein, beide pudel nasz, wieder im Psarrhause ein. Der erstere, ein Spitz, hatte den schwim menden Sack aus dem Wasser geholt und aufgebissen und der Katze so Frei heit und Leben geschenkt. Es versteht vsich von selbst, daß ,,Biisi« hieraus be gnadigt wurde. W— Rufst-ritt . A. (zu seinem Freund): »Ich hab’ teine Lust, um Levis Tochter noch ( weiter zu werben!« Freund: ,,Wiaso?« ; A.: »Na, ich meine, es ist nrit dein - Geld dort nicht rsiel los. Als ich ge- , itern daselbst zu Besuch war, hatte er in der Kasse etwas Zu thun und da « bab’ ich gesehen. daß ver Schlüssel ganz ver-kostet isi!« :