Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, December 04, 1903, Zweiter Theil, Image 10

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Uenscijenfreun .
Kriminal Roman von M. L. MnxwelL
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(12. Fortsetzung)
Einen Monat nach dem Verschwin
ben Fräulein Greswold’s war auch
alle Pracht und Herrlichkeit im Bewe
den vollkommen mit der pflichtver
Mo Tochter verschwunden Lap
miet loar nun der einzige Diener in
dem aroßen ieeren Hause, und die
ganze Dienerschaft war auf ihn und
zwei Frauen reduzirt worden. Alle
die großen Empfangszimmer waren
geschlossen, die Möbel mit Leinen be
deckt, die Axrnsinster Teppiche aufge
rollt worden, die, aufgestellt, einen
Damm gegen einen Eindringling.. bil
deten. der es wagen würde in diese
velrassenen Gemächer hineinzufpähen
Von den sieben G-"a«rtnern, welche die
Blumenbeete und die Treidhäufer zur
Bewunderung von Elapham gepflegt
hatten. war nur einer geblieben, der
das Gras mäbte und die Kiesroeae eb
nete, über vie der düstete Eigenthümer
stundenlang, Sommer und Winter
bei schönem und schlechtem Wetter
auf- und abging. Von all den Blu:
men, die dort aeblüht hatten, blieben
nur solche, die sich das ganze Jahr er
hielten, ungepflegt blühten und ver
welktkm
Urn Diese Zeit nahm Greswolds
Itsmnrigteit düstere Formen an Er
gab sich der Religion nun hin wie ein
Mensch, der sich dem Tranke hingiebt,
schloß sich einem streng prtteftantifchen
Prediger mit den starrsten talvinischen
Religionsanschauungen an, und sein
ganzes Personal mußte an dem Got
bistan OMIIIDFMII r
»Wie verhält sich sein Enkel dazu?«
fragte ich.
»Er muß sich dazu verhalten, so
lange der herr lebt, wenn er nicht will,
daß ibrn jeder Shilling entzogen wird.
Jeder-, ausgenommen den Herrn, weiß,
daß herr Oliver an nichts glaubt als
an Würmer und Schlingpfl anzen oder
so etwas. . . ich habe die Bücher
auf seinem Nachtttsch gesehen. Aber er
muß in die Kirche gehen und lalteL
Rindfltifch und Salat Sonntags essen
oder er würde auf csie Straße gesetzt
werden«
Von der verschwundenen Tochter
hatte man nichts mehr gehört; wenn
der Vater von ihrem Schicksal wußte(
—ob ;ie lebte oder gestorben war —
fo hielt er es bei sich. Nichts, was ihr·
gehstte —- Kleidey Putzfachen oder
andere Gegenstände, wie sie Mädchen
gewöhnlich besitzen —, war je aus dem
hause geschafft worden; nach dreißig
Jahren waren sie noch dort und ver
schimmelten in den vers-kegelten Zim?
niem.
Ludgater hatte einmal Iehörh wie
fein herr. in einem Moment der Auf
regung, seinen Enkel erinnerte, daß er
noch andere Erben habe-—Erben, die
ibm theurer wären als der Nachtomme
jenes naseweisen Bücherwurms, seines
Sohnes-. Diese Reden waren dem
alten Diener aufgefallen, nnd er habe
zu glauben angefangen, daß die Toch
ter noch lebe und der Vater ihr ver
aeben habe, oder daß sie Kinder hin
terlassen hatte, von welchen er wußte
Meine Fortschritte bis zu diesem
Punkte waren befriedigend Aber ich
iab Schwierigkeiten voraus, denn
Lndaater hatte den Namen des »adeli
gen Sprößlings« vergessen, ebenso wie
den des edlen Baumes, dem er ent
ltannntr. Die Drohung des alten
Mannes war ein Fingerzeig, der be
folgt werden mußte denn hier war
gleichzeitig das Motiv offenbar konnte
IL-I-.- h k- L-- 0:-k h
ISJIIIIIIUIIOI, UUD WI IIIIIU UTL
rebellischen Tochter und die ermordete
Lisa Rat-net ein und dieselbe Person
waren. Dennoch war es taum glaub
haft, dasi der alte Grestoold mit nahen
und lieben Erben geprahlt hätte und
eine derselben so tief sinken lassen
lonnte. wie jene unglückliche Frau
lange vor ihrem tragischen Tod gesal
« len war. Wenn er von ihrer Existenz
gewußt hätte, so würde er sich sicher
lich tun sie bekümmert haben, hatte er
dagegen leine Kunde davon, so würde
er kaum solch eine Drohung ausge
stossen haben.
Ich versuchte, mir die Lage Oliver
Gram-OF vorzustellen, wie er bei
feinem wohlhabenden Großvater an
scheinend als sein einziger Erbe ausge
wachsen. stets von der Existenz eines
oder mehrerer oerborgener Rioalen be
droht war.
Innern-innrem es war nur ein Rioale
vorhanden, und Olioer wußte, wer
nnd was sie war, kannte ihre Lage,
angenommen er wußte, daß ein Testa
sent zu ihren Gunsten gemacht worden
war oder söglicherweise gemacht wer
den sollte. so war dies Grund genug
site einen Schuttern sie aus derWelt
II schaffen. War es glaubhaft, daß
ers itsaer Man-n von Olioer Ores
Mi onnasrendem Charakter, glaub
haft do- einem Manne, dessen Leben
W wei. dessen Stimme sich nie
M, auf-r für eine gute Sachse, des
iet Westen Thränen fließen
Ist Und de- sriih nnd spät für die
nd Rettung seiner leide-den
- gearbeitet hatte, war es
III sitv dem tadelt-sen
— . «
MPHMKTD Mk
ja; nach sünsundztvanzigjäbriger Be j
obachtuna der Schattenseiten meni—ch"
licher Natur tann ich nicht ander-» me
an Jedermanns Schlechtigteit glatt-« ;
Aber ich weiß nicht wie, ich habet
Wildover nun einmal gern- und liebe
es, fiir ihn zu arbeiten·
s Meine Aufgabe ist nun, Alles von
Wilvover zu erfahren, was er mir von
der Vorgeschichte des unglücklichen
Mädchens erzählen tann —er war in
diesem Punkt sehr verschwiegen gewe:
sen-— und dem Faden zu folgen, den
er mir aeben tann, bis ich ihre Ver
wandtschaft und ihre Geschichte ent
Decken kann. Die Wahrscheinlichkeit isi
nur, daß sie, nachdem ich mit so oiet
Mühe Gegeben, vielleicht ganz und gar
nicht mit der Familie Gregwold ver
wandt ist, und ich der Entdeckung
eines Zusammenhangs zwischen Oli
oer Gocswolv und dem Mord in der
aneoorstkaße nicht näher gekommen
bin. Die bloße Thatsachtz daß ex
unter falschem Namen ein Bewohner«
dieser Straße gewesen, ist für den’
Mord nicht stichhaltig; es giebt man-!
niafache Gründe sich verborgen zu hal «
ten: Schulden, politische Angelegenhei
ten. Liebschasten. Jedoch bei einen
Manne von Gresnwids Achtbarteit is
is nicht leicht, ein solches Motiv zu
oremutben noch was ein Anzeichen vor
banden, daß er einer Schürze wegen
in jenem Hause gewohnt hatte
Unsv dann ist noch das Sonderbare.
daß der Mann. der die Pistole in Hol
born kaufte. als mittelgroß, schmächtig
und gelebrt aussehend beschrieben wirl
und blaue Brillen getragen haben soll
Die Arbeit wird langsam vorwärts
Leben und mag vielleichts erfolglo
iein. allein sie taugt mir besser als an
lanaen Sommerabenden Raupen von
den Rosenbiischen zu suchen oder Ge
ranien zu begießen.
Bierzebntes Kapitel.
Nach der Versammlung in der Rus- «
selstrafte trat Arnold zu Wilmoti
Leda bald in freundschaftliche Bezieh
unqu und ward veranlaßt, die Lie
benden bei ibren Besuchen der Ge
mäldeaallerien oder anderer öffentli
cher Schensmürdigteiren zu begleiten,
wohin ":ie junge Dame unter der Ob
but ein:r Tante ging, deren Frömmig
teit mit einem nicht zu löschendenDursx
nach wettlichen Vergnügungen ver«
«rnischt war, und die in einem Atbem
non ibrem Lieblingsprediger und ich
rem Lieblingsschauspieler sprach. Diese
Dame erfreute sich aller Privilegien
einer Gardedame. die eben den Be
suchen Von Gemäldegallerien, die be
sten Konzerte Londons, Sperrsitze im
aneum und Montana-Theater ein
schlossen« deren Kosten Wilmot freudig
bestritt, um mit seiner Jda beisammen
zu sein.
Als Arnold mit der jungen Dame
inrimer wurde, fand er Gelegenheit,
"e über Oliver Greswold auszufragen
und von ibr erfuhr er Alles, was die
Borrodailes von dem unbezahlten Se
tretär Lord Vildyard’s wußten. Er
sei sechs oder sieben Jahre bereits mit
rsiesen befreundet, und seine Beziehung
zu Lado Violet sei fiir alle Welt ein
offenes Geheimnis gewesen« außer für
das .liebe alte Mondtakb« Lord bild
nard, der fiir nichts Anderes als fiir
iEtbspscbatsel oder St. Giles Augen
be
Ob Ida glaube, daß er der heirath
seiner Tochter zustimmen werdet Jda
meinte. er würde alle Standes-vorne
tbeile besiegen, wenn Greswold zu Ber
möaen täme, und der großen- Sache
nicht nur mit seinem Kons, sondern
auch mit Geld helfen lonntr. Grei
- ---i
umn- yuuc von Irumn stuwugcn
Großvater viel zu erwarten, welcher in
einem titsteren hause wohnte, pas von
Gärten und Wiesen umgeben war, die
als Bauariinde ein Vermögen werth
waren.
»Er hält diesen armen jungen Mann
schrecklich kurz; Vater sagt, er hätte
aerade nur die Kleider, die er trägt,
und seine Wohnung in Claphnknz so
ist es ihm also unmöglich, ehe sein
Großvater stirbt, als Bewerber Lady
Viole ’H auszutreten-; jedoch, da der
alte Kerl beinahe Neunzig ist« so ist zu
hoffen. daß er sich bald dazu ent
schließen wird.«
Eber ist Greswold auch sicher, ver
Erbe seines Großvaters zu seini«
»O, zweifellos ist solch ein alter
Kerl im Stande, Alles einem Spital
zu hinterlassen. Andere Verwandte
sind nicht vorhanden, und Oliver
Grestvold ist irn hause seines Groß
gxiters als sein Erbe ausgezogen wor
n.«
»Und glauben Sie, daß Lady Violei
ihn heirathen wird, wenn er um sie
withi«
»Mit Flügeln,« entgegnete Joa, die
einige Redensarten ihres Wilmot an
aenorncnen hatte. auf oie sie stolz war.
Laon Biolet begleitete Joa an einem
der Tant· als sie vie Galletien heil-T
teu. und Arnoltz der die Ehre hatte,
durch die Säke zu führen, fiel es leicht,
das Gespräch aus Oliper Greswolo
Fu beiw. Sie erzählte ihm, wie
hart des irr-gen Mannes Soo- sen-e
seh nnd sie das Feuer des unbefrie
Wsp1w« s-«
.-««..s -.- M --.-...-« —- :
Bat-m Christ-Its seine Jugend oermhrt
e. —
»Er wolltesbgerdneter sein,« meinte
sie. »Er wiirde als solcher der guten
Sache helfen, denn er ift ein gebotener
Voltöfiihrer. Wenn mein Vater reich
aenua wäre, fo wiirde er es bereits
fein. Es ist traurig, zu sehen, wie
Männer-, die geistig tief unter ihm
stehen, sich große Namen erwerben,
während er nur Wenigen bekannt ist.
Sie hörten ihn sprechen, Sie wissen,
welch ein Redner er ist.'«
»Ich halte ihn fiir einen vortreff
lichen Redner; aber Beredtsamteit ist
im Parlament nicht Alles, unso hervor
raaende Redner haben oft keinen Er
folg. Gresivold mag vielleicht nicht
das Talent für die Debatte hat-ein«
»Sie wissen nicht, wie gewandt ers
ift, oder Sie würden das nicht fagen.
Mein Vater und ich kennen ihn schon
so manches Jahr, wir wissen, was in
ihm ist, und oaßes ihm nur noth thut
auf eigenen Füßen zu st:t,en. Es ist
hart, daß Geidinangel ihm im Wege
steht. uno ——,,Jede goldene Thiir läßt ;
sich öffnen nur mit goldenen Schlüs
seln,« schloß Ladn Biolet mit einem
Seufzen
Jkr Antlitz, das jede Empfindung
wiederioiegel:e, leuchtete vor Begeiste
runa, als sie oon dem geiiedtcn Mann
sprach. Sie erzählte Arnold, wie er
an jedem Plan ihres Vaters mitgear
Zeiten wie unermüdlich, wie gewandt
und meitblictend er gewesen. Gemä1d:
anzuschauen war ein minderwerthigei
Vergnügen als von Olioer Greswoldsl
in einem mitfiihienoen Zuhörer zu te ;
den: undes schien Violet, ais könnte s
Icentkoorih’g eifriges Interesse nur«
der natürlichen Bewunderung tiik deni
oon ihr atliebten Mann entspringen. F
Er befragte sie, ob Grestoolo immerz
in Claoham, in dein düsteren haufes
dei feinem qeizigen Großvater gewohnt
bade. !
»;kmmer, wenigstens enrunne ich
nich nur einer Gelegenheit, als er an
cerstvo wohnte. und das war letzter
Winter. als et sich eine Wohnung nahe
dem Britischen Museum nahm. Er
schreibt ein Buch über Gesellen-vereine,
Arbeitervereinigungen aller Art, unsr
tonllte der Museumsbibliothet nah.
rein, denn er hatte täglich dort zu ar
Zeiten«
Sie wußte also Alles-! Er hatte aus
seinem Aufenthalt in Bloomsbury tein
Gebein-miß gemacht. Dies erschüttern
Arnold’s Ueberzeugung, dämpfte seinen
Eifer: sein Muth sank bei dent Gedan
ten. daß er an etwas seine Hoffnunger
Jetnüpft hatte, was gar nicht eristirte
Dennoch. wenn leine schlechte Absicht
vorhanden gewesen, toarurn entstellte
sich Greis-void durch Brillen und nahm
einen anderen Namen an?
«Erinnern Sie sich an den Namen
Der Sirnitz tvo er toohnte?« fragte
er: und dann fuhr er, als Antwort
cruf ihren erstaunten Blick, weiter fort:
»ich —- rxssdenle etwas über Mineratogie
nachzulesen — im Falle ich wieder
nach den Goldfeldern zurückgehe —
und ich würde gern ein angenehmer
Zimmer in der Nähe des Museume
rnietlien."
»Ich entsinne mich nicht der Adresse
—- ich weiß nicht, ob er sie mir jeans
ergeben hat. Er besuchte meinen Vater
täglich, und so hatten wir nicht nöthig,
ihm zu schreiben; doch ich würde ihn
fragen, wenn Sie es toiinschen."
.Bitte, tliun Sie das nicht; er würde
mich für einen lästigen Menschen hal
ten. Da kommt Fräulein Borrodaile,
sie wird sagen, dasz ich Sie bei dein
Besichtiaen der Gmälde gestört habe.«
»Ich din immer froh, wenn ich mit
Jemandem sprechen tann, der sich für
meines Vaters Wert interesiirt.«
- i s
Arnold besuchte am selben Abend
Faunre in seiner Borstadtpilla und er
zählte ihm das Gespräch mit Lady
Violet. doch Faunce nahm diese Mit
tbeilung kühl auf.
»Der Mann mußte für seine Abwe
senheit von Claphant Rechenschaft ab
leaen.« iaate er. ..und wenn er der ae- .
suchte Verbrecher ist, so wird er tlug
genug gewesen sein, zu wissen, das er,
ie mehr er sich an die Wahrheit hielt,
ie weniger Gefahr laufen würde, ent
deckt zu werden. Es war on dem
Wunsch, bei seinem Wert eingeschiossen
zu sein, nichts Ungavöhnliches, allein
es ift etwas UngewöhnlicheC daß er
seine Augen verbarg und feinen Namen
veränderte. Lacy Violet hörte nur
von der einen Thatiache, die natürlich
genug erschien. hätte er vorgegeben,
auf der anderen Seite des Kanals oder
hundert Meilen weit weg von London
zu sein. so tviire es ihm schwer gefal
len. einen Grund für seine Abwesen
heit anzunehm, under hätte Jemanden
auf der Straße begegnen tönnen.«
«Urrd wenn» . wenn auch ihm Je
mano». entstellt wie er war, begegnet
wäre?«
Wällen müssen nicht immer entstel
len. Er hätte dieAuorede gebrauchen
können, daß er augenleidend sei. Nein
. . . Ihre Ladh Violet hat keine Ver
änderuna meiner Ansichten bewirkt.
Und nun habe ich Ihnen Einiges zu
erzähle-M
Arnald war voll Eifer, und nach
dem er aufgefordert worden war, ruhig
zuzuhiiren und teine Bemertungen zu
machen. vernahm er Folgen-des:
Sich der Gewohnheit der Ermordeten
erinnernd. die nach Mitternacht über
eiteln-me Visite und in derGegend des
Primroiehiigels wanderte, so wie ihre
Hausfrau berichtet hatte, war es
Fannee ein-gefallen, daß sie taum der
Beobachtung der Polizisten dieses Be
zirles hätt-e entgehen t· nnen, wenn die
Ernst-Sirene- tperth waren, den sie f r
die Nacht belanren Allein oder in
Gesellschaft eines Anderen mußte sie
zu so sAter Stunde eine aussallerrde
Gestalt gewesen sein«
Von dieser Vorausse ung aus
gehend, hatte Faunee d dortigen
Polizisten befragt und war endlich auf
ein intelliaentes Individuum gestoßen,
das die Runde zwischen Primrosehtigel
und der Gloueesterstraße zu machen
hatte und öfters eine einzelne Frau te
merlte, die nach Mitternacht oder zu
noch späterer Stunde gegen sen hiigel
zuging, wenn die Straßen und Plätze
menschenleer waren.
Um die Mitte Des Sommers hatte
er sie einmal ostwärts gehen gesehen.
Sie habe immer gleich hübsch ausge
feL3n, bleich und melancholisch, anstän
dig gekleidet, ruhig und achthar. Er
tkatte sie nie angesprochen, denn er tvar
sicher, daß sie bessere Tage gesehen
hatte, und daß es sie verdrießen
würde, wenn sie sich beohachtet nziißte
Er hatte sie nie mit Jemanoem gehen
gesehen, immer war sie allein, und
ihre Auaen hätten einen abwesenden
Ausdruck aehabt« als wenn sie immer
dieselben Gedanlen dächte.
In .iner Nacht des vorigen Novem
bers jedoch hatteer zu seinem Erstau
nen hemertt, daß sie aus einer gewissen
Entfernuna heimlich verfolgt würde —
und er hielt seine Augen, so lange er
nur konnte, ohne den Bezirk zu Verlas
sen, auf den Versalger gerichtet. Die
ser war ein junger, magerer Mann
Von mirtlerer Größe. sah wie ein Lon
ocner aus, trug einen hraunenHaneloct
nnd braunen Filzhut Der Polizist war
äußerst überrascht, denn es war weder
in dem Aeußeren noch in dem Beneh
men der jungen Frau etwas Anziehew
Les gewesen, nnd während der Mann
sie augenscheinlich beobachtete, machte
:r teinen Versuch, sie aufzuhalten oder
in ein Gespräch zu verwicketm
Er solate ihr größtentheils aus der.
anderen Seite des Weges, weit genug,"
Iaß seine Schritte nicht von ihr gehört
werden konnten.
Drei- oder viermal im Lause der
nächsten Wochen sah der Polizist diesen
Mann der Frau solgen — in trübem,
nebliaem Wetter, in schönen, hellen
Jiächtenx aber trotzdem es ihm tlar
,var, daß des Mannes Absicht war, der
Jinsamen Gestalt zu folgen und sie zu
beobachten. war die Sache so angestellt,
daß er es nicht :vagte, den Mann an
iuhaltern Es war nichts vorhanden,
was auf ein böses Vorhakxn wies, bis
iur Nacht des 20. Dezember-, als etwas
Bedeutendes geschah.
Die Nacht war besonrers mild siir
Die Jahreszeit. ein Südwest wehte,
Abends hatte es Regenschauer gegeben,
und die Erde und die Bäume aus dem
« loucesterrveg athmrten tiihle Frische,
an der sich der Polizist erquicke. Er
Var taum überrascht, als er die ein
same Frau über die Parlstrasze in
ihrem gewöhnlichen raschen Schritte
kommen sah und wie sie denselben Weg
vie er iiber den Oiiget nahm.
Der Mond war bereits eine halbe
Stunde lang verborgen geblieben, so
tonnte er sie nicht sehen, obwohl er
alaubte. daß sie vor ihm herging.
Plötzåich hörte er, näher als er cre:
glaubt, ihre raschen Schritte vor ihm
ber, und im selben Moment hörte er
andere Fußtritte, die sast so teicht wie
die ihren waren, in einer tleinen Ent
setrruna hinter ihm kommen. Er blieb
stehen, trat zur Seite und verbarg sich
hinter einer Gruppe von Bäumen.
Er wartete, und bald nachher ging
die Frau an ihm vorüber-, tain wieder
zurück, währen-o ihr der Mann immer
in dersean Entfernung folgte. Er
hörte seinen Athern, alser vorbeikam,
der schneller und ausgeregter war, als
es nothwendig gewesen wäre« wie der
Polizist. seine leichten Schritte in Be
tracht ziehend, dachte.
Die Frau ging über die Straße am
Fuße des Hügels und betrat eine lange
Borstadtstraße, eine jener besonders
soliden Straßen, aus welchen bald nach
els Uhr jedes Zeichen menschlichen Le
bens verschwunden ist. Jn weniger als
einer Yiinute war derXtann der Frau
riququrgh n yiru Im; Wehmut we "
näher ais gewöhnlich, doch blieb er aus
der anderen Seite der Straße, und der
Polizist folgte« den lotbigen Fahrweg
beschreitend, nach, damit das Karten
feiner Kammiestiesel nicht von ten
Leuten. welchen er folgte, gehört wer
den würde, da geeiiuschlose Stiefel noch
nicht siir den Dienst gebraucht wurden.
Der himmel tlärte sich und der
Mond hatte in der letzten Stunde meh:
rere Male zwischen den Wolken hervor
geschaut. Plötzlich tauchte ee hinter
einer Walten-wand hervor, als der Po
lizist die leere, stille Straße betrat un:
sah, daß sich die Position der Leute«
welchen er gefolgt war, geändert hatte.
Sie waren noch immer an verschiedenen
Seiten des Weges. aber der Mann war
der Frau um ein Beträchtliches voraus.
Als sie sich näherte, trat er zur-Seite
und blieb im Schatten eines Säulen
portals stehen. Die Straße war eine
einförmige Avenue von Bogensenstern
und Säulenvortalem welch letztere sich
nur durch einige Stufen vom Pslastee
erhoben. Ali die Frau näher lam,
trat der Mann auf dem Portal, und
der Polizist sah ihn mit einer Pistole
aus sie zielen. Er war gerade nahe
genun. um das Blitzen des Stahles icn
Mondlicht setzen zu können.
»hollal;,« schrie der Polizist und lies,
fp rasch es ihm seine Stiefel erlaubten.
Dieser Schrei mochte ein Leben ge
rettet oder vielleicht einen Mord assge
fchsvben beben.
Ein paar Däuser von der Stelle, tvo
der Mann. auf sie zielen-d, gestanden,
par eine Kreuze-ag, ein-o dieser war
bereits urn dies-e verschwunden ehe
der Polizist mit der Frau her-ankam
die bei dem Schrei stehen blieben war
und den Mann weglauen esehen
hatte. doch von der Gefahr ni is ge
wutit haben W, der sie eben ent
ronnen war. «
Nennen Sie diesen Mann,« feuchte
der Poiizist, ohne stiU zu stehen. «
.Nein.«
Der Polizist ries ihr, ohne im Gehen
einzuhalten. zu. sie möge aus ihn war
ten, er würde in einigen Minuten zu
riick sein.
Die Nebenstraße war so lang als
sie hauptadenue und hatte mehrere
Wendunaenz einige führten nach Cam
den Ton-n, andere nach Regentsparb
Er befand sich in dem endlosen Laby
rinth der vornehmen Mitteltlasse; un
gefähr nach zwanzig Minuten gab er
die Jagd ans, während welcher er einen
Kainerrden zum Dienste in seinem Be
zirt angerufen hatte.
Dann teltrte er zur Strasze zurück«
wo er die Frau gelassen, in der be
stimmten Erwartung, sie dort zu sin
gen. Sicher würde ihre weibliche Neu
gi.rde, selbst wennnsie keinen solchen
Grund dazu hatte, sie dazu bewogen
haben, zu warten, um das Ende eines
so seltsamen Altenteuers zu könn.
Sie war sort. Der Polizist patrouii
lirte siir den Rest seiner Zeit in den be
nachbarten Straßen auf und ab, aber
sah sie nicht wieder. Jhre nächtlichen
Wanderunaen in jenem besondean Be
tirt wiederkolten sich nickt mehr, sonst
würde itir ccr Polizist begegnet sein.
»Armes Wesen. sie sollte nach dem
20. Dezember nicht mle lange allein
unter Sternen wantern,« sagte Arnold
mit jenem dumpfen Schmerz, den ei
immer iiilxsl:e, wenn seine Gebanten zu
jener Frau zurücktehrten, die ihn so
sei-r aeliebt hatte.
»Sie halten es also siir ausgemacht,
daß jene Frau Lisa Ranner war?«
-»,. -. — W «—--,»-2· s. «.«k-,. »--..-. »
»Z:veiseln Sie daran?« "
»Nicht sehr. Wenn der Miither aus
der Dynevoritrasze sie zu tödten beab
sichtigte, so ist es höchst unwalxtscheiw
lich, daß fein tiihnes Einsxringen in
Nummer 13 a:n Weihnachtsatend ein
erster Versuch war. Er würde zuerst
einen weniger unsicher-n Plan versucht
haben. denn sein Opfer in einer ein
samen Straße zu erschieszen war gewiß
ein aesahrloseres Unternehmen. Jch
heae teinen Zweifel, daß er andere
Versuche vor tern einen gemacht, den
derPolirist gesehen, daß mehrere der
selben mißlungen roaren —- denn Sie
seben. die Londoner Straßen sind sel
ten so aanz leer, wie es aussieht ——,
oasz er in Verzweiflung gerieth und
aus die erite Geienenkeit wartete, um
ins Hans zu gelangen. Sehr wahr
scheinlich trobachtete er Sie und Frau
Rayner von der anderen Seite der
Straße, während Sie auf nnd ab«
gingen; er mochte vielleicht vie Straße
hiniibergeganzen und in vie halb os
sene III-it geschlüpft sein, währsz Sie
und Frau Rayner im Abschieonehmen
begriffen waren.«
»Ja ——so mochte es gewesen sein.
Sie weinte. und ich nahm ein Taschen
tuch aus meiner Brusttasche, hob ihren
Schleier in diehöhe, währen-d ich ihre
Thriinrn trocknete. Jch stand mit dem
Rücken aeaen das Thor. Jemand tonnte
in jenem Moment hineingegangen sein.
Jch sah ihr nach, als sie zwei Minuten
nachher hineinging, und hörte, .vie sich
das That hinter ihr schloß. Der Miit
cser mußt-e sich in dem buntlen Kot-ti
ovr verborgen haben. Jch bemerkte,
daß tein Gas brannte und dachte nach,
rb wohl im Flur Zünvhiilzer und eine
Kerze für sie bereit lägen, oder ob sie
im Dunleln die Treppe hinauftasten
müßte. Sie that mir so leih, daß ich
natürlicherweise auch an ditse Einzel
heiten dachte; ihr armseliges Leben
schien mir nun erbarmungjrviirdiger,
va ich glücklich geworden war unso ich
fürchtete, sie wiirde es reicht zugeben,
rvenn ich ihr Leben leichter gestalten
wollte. Nun wohl, die GeschichteJhres
Polizisten ist entscheidend —-ein großer
Jndizienbeweis.«
»Nicht zwei Pfennige werth. Iiir
Sie und fiir mich vielleicht überzeu
aenb, doch tin-brauchbar vor dem Rich
ter.«
Os,,s , »st- e- sd,-L k» Col-»Je
»u!lllcslullsle IUIUI Hist C(4U(II"
wie dieser?«
»Nein Beweis gegen Grcswold, son
dern blos eine Entdeckung. Sie können
ibcn wohl beweisen, daß er Derjenige
ist, der bei Dutsins wohnte und sich
Lon man nannte — ein oerdächtiger
Um and, nichts mehr. Sie haben her
ausziisinbem weshalb er, Ging-void
einenGrunI hatte« sich von dieser Ray
ner zu befreien, Sie hoben zu bewei
sen, baß er den Wunsch hatte, sie aus
dem Weae aeröumt oder toct zu sehen;
durch pas Zeugnis des Büchsenrnachers
tu beweisen, daß Greis-void vie Pistole
kaufte; Sie hoben bis jetzt nur ein
baor vereinzelt-e Glieder einer Kette,
doch ieine oollstii dige Kette, wie sie
Der Richter und olie Geschworenen ver
langten, ehe sie anen glaubten, basz
ein Mann mit Oliver Greswolb'sen1i
nenten Eigenschaften —-— der ein tadel
losee Leben führt, gut bemittelt, popu
ieir und bochneachiet ist —- ein ialtbiiis
tioet Mörder sein lonn."
»Was innn also mehr gethan wer
beni«
»Sle viel, wenn wir Erfolg haben
sollen. Aber ich wiederhole Ihnen, baß
ich nicht glaube, wenn auch dieser
Mann ter Mörder ist, daß die Gerech
tiqbeit on ibm geübt werden konn,
selbst rvenn Sie nno ich wissen würden,
baß er zu biingen verdient. Eine eno
ralilche Gewißheit ist eine Sache, ein
Prozeß vor dem Gerichte eine andere.
Cienoeh meine Ausgabe ist nun, wenn
ich iiir Sie weiter arbeiten soli, Liso
Rayner’t Borszätchte kenne-usin
den. und, unt ttinn zu innen,
muß ich nach sei-tin sehen und auf
den Punkt znrtickzugefen suchen, tvo
ihr Leben begann. ais iie mit dem
Beriitbrer entfloh-en wnez keine leichte
Aufgabe, wenn Sie bedenken, daß sie
vor nahezu zehn Jahren nach Engiand
tam unsr- Sie mir positiv seine An
asaben iiber ihren Namen und ilyre
Lebens-weite in Berlin mal-en können.
Der einzige Brocken. mit dem ich be
ainnen tann, ist e Name in der klei
gen tutkierischen bei: »Lottchen Stü
en.«
..Lisa von Lottchen Stü«ben.«
»Mein erster Schritt wiro fein, in
den Berliner Zeitungen nach Lottchen
Stützen zu ansnonciien. Jch bin der
deutschen Sprache nicht sehr mächtig,
aberich weite, daß der gebildete Deut
sche feine Unterschrift mit äußerster
stiegeimäßigteit aussährt; Da abecLott.
chens Autograpb ein ichrectiiches Ge«
tritzel ist, so Ichtieße ich, daß sie den
unteren Klassen angehört.«
»Dein) ivahrfcheinticher, see leichter
zu sincen.'«
»Da irren Sie sich, Herr Wiidover,
in Städteu fi v die unzeien Massen
wahre Roma n.« ;
Da Arnotd mit einer Einiadungiss
tarte von Frau Treisitianscömith für
drei Dienstaaatensxe techrt wiiroe, war
er nicht saul, die Getegenheit zu er
ateifen.
zweierlei zog ihn nach jenem Hause
in Kensiantom erstens var- Bsrinugem
Marn ikreeiand zu sehen, bog um«-ser
nedzich war, ovwoyl er beichwsien
hatte, sie zu meiren; zweitenez sein
orennencer Wunsch, Oiioer Gicgmoio
zu begegnen, um tiefer in die Natur
des Mannes eindringen zu tönnen, den
er nur nach seinem öffentlichen Auf
treten tannte. Von Angesicht zu An
geiicht, Aug im Aug moryte sein Cho
rattee sich vielleicht trotz ver streng
aeiivten Scheinkiiigtcit Verraihen
Marn begrüßte ihn mit ihrem hold-:
sten Des-meins und mit Mary zu sein«
seht-n ihm sen Mai-absp- nvnnsk nie-h
in einem Winkel des heißen Zimmers
stille sitzen urao dein Gesten-et eines
Herrn Jraendrver zuhören mußte, um
das er sich nicht ein Jota tiirnnrerte,
das aber Marn begeisterte
..Seien Sie doch still, Sie Barbar,«
fliifterte sie ihm wild zu. »Wenn Sie
dies-er Norturrte Chor-ins nicht mi:
Entzücken zuhören so müssen Sie
Ohren wie ein asritanischer Wilder
besitzen«
»Ich bedauere, daß dein so ist«
Arn dritten Dienstag tam er gleich
falls, uno seine Augen blickten, nach
Oiioer Greswold juck;:nd, irn Zimmer
umher. Er hatte cie vorigen Male
vergeben-I darauf gehofft, urrd Marn
hatte ihm aesagt, reiß, obwohl Greg
wold erwarte: stärke, er wahrscheinlich
nicht im Stande sei, zu erscheinen, er
hätte so viel siir Lord Hitoyard zu
thun und siir seine eigenen Pläne-«
endlose Arke-it für die handioerter
oereine und Arbeiter-Sonntags-schielen
auszuführen
Dieser ldritte Dienstag fiel besonders
glänzend aus« denn Frau Smith hat:e
sich einen der ersten musiialisehen
Sterne durch Schmeicheln verschafft
und allen ihren Freunden Einladun
gen geschickt, mit dein Versprechen, daß
sie wundervolle Musil zu hören betont
nirn sollten. Und diesmal tonnie
Mord eine definitiven Antwort auf
Arnole Ertunoigungen gebe-.
»den Gresevold wird heute Abend
nicht tornrnen,'« iiuszerie sie sich, »sein
Großvater ist gestorben, so kommt er
jetzt zu einem immensen Vermögen«
»Es-sein Großvater ist also gestorben?«
»Er starb vorige Woche, nachdem er
den armen jungen Mann all dieJahre
untersucht hatte und ihn fast in Ar
muth leben ließ. Gretwold hätte sich
einen grossen Namen auf politischem
Gebiet erwerben lönnen, statt seine
Talente siir die Arbeiter tin-d deren
Sonntagsschulen vergeuden zu miisi
ien.««
Gortseyung folgt.)
sitt der Tonfendfüser.
·Coot, der sich seit mehreren Jahren
mit der Erforschung des Gisdei der
Tausendsiißer beschäftigt, ist nicht we
mg uherrascht gewesen« bei diesen eines
derbesisglsssxthtki Els.78!gtz.ssssts-.«ul
Hummeln Blei-H Mist Mittel My m
lleinen hautdriisen, aber die Mhria:
poden sehen es nur in äußerster Rot
in Freiheit, wenn sie z. B. von einem
sehr gefährlichen Feinde singe rissen
werden« Uebrigens ist das Git dem
Mhriapoden selbst schädlich. Wenn
man mehrere dieser Thiere in eine
Flasche einschließt, so reizen sie sich ges-—
genseitig bei ihren Bewegungen n die
sem engen Raume und schließlich son
dern sie einige Trbpsen des Giftes ab,
wodurch sie schnell erstickt werden. Ge
wisse Thiere scheinen gegen das Gift
immun zu sein: so z. V. ist ein in Li
berta lebender Affe ein großer Liebha
ber der Tausendsiißer und verzehrt sie
ohne Schaden; aber sein Fleisch scheint
dadurch bitter und giftig zu werden«
Man hat merkwürdigerweise bei den
Tausendsiißern auch eine sonst nur aus
dem slanzenreiche bekannte Substanz
ausg unden den Kampser. Wenn man
die Thiere beunruhigt, beziehungsweise
quält, so sieht man qui ihren Rücken
boren eine milchige, zähe Friissigleit
herausbringen, die an der Lust minnkx
das istKampsen wie tnan M durch che
mische Analhse oder bloß durch den
Geruch überzeugen konn. Er ver-dampft
allmählich, und schließlich bleibt leine
Spur davon zuriieL Gewisse Arten aus
Port- Rieo st en, wenn man sich ibrer
Mächtigen fl, einen Strahl heiszer
Dämbse aut.