Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, November 06, 1903, Zweiter Theil, Image 11

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    csseuer schreit-ebnes von
Linie yanfttengeh «
No. 76. Ei tell
iUh, ich sitt
selle Nacht in
en Zustand
heim komme,
daß ich’s Jhne
gar nit dis
tteiwe kann.
Denke Se aw
wer auch emol
W sv e Swshw
wann e zfcau Un Ma, was ich doch
ozusiage sin, fort gehn dicht, sor ihren
ann zu suche nn kriegt so en Ennser,
wie mich der Liwwekiestehdelmann eine
gewtve hot, da will ich emol den sehn,
wo nit suchsdeiwelswild werd. Was
gut hot michs gedahn, daß ich die
Kids verlsaminatscht heu? nattings, es
hot mich blos noch mehr edseitet un
ich hen die ganze Nacht nit schlose tön
ne. Alle Minnit hen ich gedenkt, se
dehte mich den Philipp, was mein
Hosband is, in en Embulenz heim
bringe. Dann sin ich auch emol scr e
Minnit odder so eingedusselt, oicscoet
das tleinste Neus hot mich wieder nis
geschtehkt. Den Weg is es die ginze
Nacht gewese un ich tann Jchne sage,
wie es hell geivotde ig, do den ich en
sSeiszer der Erleichterung gelosse, bi
tahs so lang til-; es dnntel gewese is,
hen ich doch nit in den Hans ernm
fuhrtverte gekonnt Klwtoer jeiJ sin
ich so schnell wir en Hund ganze dnht
aus mein Bett getschumpt, hen mein
Kopp um«-er den Heidrent gehnlte for
mich e wenig usszusriscte un hen mich
teiteweg gedreht Dann henn ich
Brectsest gemacht, hen die Kido ans
ten Bett emng oedtiwtoe nn hen dazu
gesehn, das se sich rettig sot Schnl ge
macht ben. So bald wie se zum Tem
pel draus mate, do hen ich schnell mei
Haus ussgesttehtend nn dann sm ich
zu den Wedegweiler gelause soe ons
zusinne, ob ek ebbes in Riegatd zu den
Philipp oedobn Mit. Niie ich komme
sin, do is die Wedesweilern grad da
bei gewese ihre Brecisest-Diiches · zu
wasche. Wisse se, die Wedesweilern is
auch eine von die, wo nicks drum
ewwe duht, wann sie ihr Hausakbeii
innifche dicht, un se tönöne zu einige
Zeit zu se lomme un Se sinne mehrschs
denö die Kitschen ussgemoßt. Das
gleich ich nit, bei mich muß alles ilien
Ein wie e Pinn un wann ichs nit denl
e hawwe lann, dann will ich den
Riesen wisse wei. Awwer das be
lan t ja gar nit da het. Die Mel-es
wei ern hot e merlwerdiges Fehs ge
macht; do sin ich off Kohrs schon wid
det eichiehti gewese wie alles, bkeiahs
ich n schuhr eclspeciiet, daß se mich
ebbes schreckliches zu sage hätt, un
wißt nit wie se die Nuho zu mich
breche sollt. Was is es? hen ich ge
sagt, sag mich alles, ich tann einiges
stende. Do hot se gesagt: Well, du
mußt den Philipp awwer auch miehn
genug getriet ben, daß er so ebbes
duhn lann. Jch hen lei Wort sage
könne« so schlecht hen ich gefühlt In
dieselwe Minnii is der Wedesweiler
in das Ruhm tomme un hot auch so
sonnie geguckt. Lizzie hot er gesagt,
du kannst for dein alte Mann wisselez
deri s sort un iein Mensch weiß, wo
er hin is. Ich hen alliwwer for ihn
gehont un hen ihn nit sinne könne un
alle Leut, wo ich gefragt heu, die hen
gesagt se dehte nit wisse. Jch hen zu
erscht gedenkt, es wär met-die en Eckzis
dent gehäppend, answer es iö nicks zu
die Bolies riepohktet worde. For den
Riesen brauch du dich also nit zu eck
seite, denn wie du siehst, is er entwe
der for gut ausgeschlippi odder er is»
mehbie gemörderd worde un in den
Kehj kriegst du ja plentie Jnschuhrenz «
von die Lahdsches wo er zu belangt
hat. »Ich sann Jhne sage, ich hen ins
die Minnit gefühlt, als wann ich den«
Wedesweiler die Nohs abbeiße un alle !
hol-r auspulle sollt· So en miehners
Zellen so en trauriger Seckel, so en
seckendhändigee Saluhntieper, dehn, e
Lehdie so zu insoltex well ich hen ihn
awtvek auch e Sieg von mein Meint
getvtve du lann ee in sei Peip stecke
un schmal-le. Also sokt is bek Phi
lipp! Do stehn ich jetzt so gut wie ej
Wiltstaa mit meine viele Kinn-sicher
un weiß nit was ich dnhn soll. Es is »
gut genug, et is ja ptentie inschuhkt, ;
awwet was dulm ich mit den Gelt-C
mein hozband is sott un ich hen kein
Philipp mehr. Das Wotste bei die.
Geschicht is, daß ich mich selbst sor
blehme muß; hätt ich ihn nit so qetiest «
Mit die Riepehks in unser Bildt-nackt
dann hätt et me hbie nie ntt sein Mei
ussgemqcht, mich zu diefehrtr. Un:
denke toe nur emal die Blanhlssch -
wann es pspblid wer n dehl. Wei ich »
kann mich ja aor nit mehr an die
Steitt selm lasse. Jch lönnt oss
Aphis widdet en anneke Hogbond’
kriege answer so en schöne, gute Mann, «
wo so alles stenbe vuht den lönnt ich
doch ntt mehr stie e Jch hen zu dies
Wedecweileesch agi, so sollte soe:
Pittiesehts nit deiwlper spreche, bi i
leiht wenns unnee die Leut lomme
bebt, dann bebt ich mich e Rohp um«
mein halt mache. Der Wevesweilek
bot mich gepeammist. daß et alles
duhn wollt was passibel wör, awiver
dieselbe Zeit foeht er nit denke, daß
aiich da gut hebt, biluhs et hätt doch
s bei die Bolies inlweteet un eel
tschi-he, laß die Rlewhttekschj
III-m caselelscht hätte. Well do sin:
heim Sange un den mich noch e we- »
sit-par- mcht un wie tch
.«-i---.-.»-..—- — - --- .- » — ,,---. ..,-,-- ......«
dann dso gesosse hen un met Kopf-ehe
Kasfie gedrnnte hen, do hen ich ge,
start zu greine, daii mich-s gan innre-·
orde is. D, ich duhn nii che, der
Miit-d wär widder da; do tann mer
widder emol sehn, was etm fehle duht,
wann der Mann fort is; es is grad
wie mit so e Pies altes Fornitfcher, c
Koppord odder so, wag mer an den
Pehperrecksmann vertauie dahi, weil
mer denkt, mer hätt tein Jnhs mer
for; so bald’s quet aus den Haus
is, dann find mer erschi aus, wie hän
dig es geweie is un es nimmt e arig
lange Zeit, bis mer driwtver enaus is
un bis mer sich dran gewöhnt hot, mit
aus zu duhn. Awwer ein Ding is so
schuhr wie Dehleii, wann mich der
Philipp widder reduhr tomme duht.
dann soll er mich awwer emol kenne
lerne; tvei ich Zahn kein Ding zu ihn,
un wann er auch die ganze Zeit gedenkt
hat, daß mit mich nit gut Kerfche esse
is, dann soll er auch emol ansiinne,
daß ich en rehgeller Deiwel sein kann.
So e Schelnn! Mister Editor, wann
Sie mehbie ebbes von die Wehrebauts
von den Philipp ausfinne könne, dann
dnhn Se’s plies, es soll mich auch uff
e Paar Schilling nit ankomme; in ·fo
en sichs-, do sin ich immer liwwerahl.
Mit beste Niegards,
You-s,
Lizzie Hanfstengei.
W—»
Eine Hallen-Zeitung.
Dem Pariser HeeresiMnseum wur
de dieser Tage ein Document geschenkt,
das in seiner Art einzig dasteht: die
Nummer einer Zeitung mit dem Titel
, »Ballon-Poste", die in Paris im Jahre
; 1870 während der Belagerung gedruckt
fivurdr. Das interessante Blatt liefert
ibemertentztverthe Nachrichten iiber Er
; eignisse jener Tage, die wenig bekannt
! waren. Der Herausgeber des-Planes,
sGabriel Richard, zeigt darin an, daß
i das Blatt, das auf den Umfang eines
Jgetvöhnlichen Briefes reducirt werden
«tonnte, durch die Ball-Ins, die wäh
I rend der Belagerung von Paris abge
i lassen wurden, in die Departements
j geschickt wurde. Dieser Zeitungsdienfi
, . . .« .
«-i(--s4t- -- k-- Wh-.s -------- k-.-4
nstssoshss III Uh- its-sub stets bonI-I- »du-Ist
tenstverthen Geschwindigkeit Das
fest bekannt gewordene Exemplar
stammte von einein Ballon, der in
Tours gelandet war.
« s-—--k..--———
Wie Inn Ue einem Pelz kommt.
Der im Jahre 1885 verstorbene be
klannte Maler Hans Canon, der viele
lose Streiche ausgeberkt hatte, malte
einst einen russischen Fürsten in einem
prachtvollen, kostbaren Pelzmantel der
Canon ganz außerordentlich gefiel
sDen Pelz hätte er gar zu gerne betom
!men, aber wie? Nachdem das Por
tritt fertig war, gab der Maler den
- Pelz seinem Besitzer zunächst nicht mebr
- zurück —- immerhin ein Versuch. Aber
, der Fürst fchrieb dann um seinen Pelz
mantel. Canon antwortete nicht. Ei
nett Tages sah er eben zum Fenster fei
"nes Atetiers hinaus und erblickte den
» Fürsten. der durch den Garten auf das
Atelier zukam. Flugs ichlüpfte Canon
in den Pelzmantel und setzte sich dann
in einen großen Fauteuil in die Nähe
des Ostens-. Es war im Oktober und
man begann bereits zu beizen. Der
eintretende Fürst tam natürlich seines
Pelzes wegen und fah verwundert auf
Canon, der stöhnend und sich schüttelnd
im Großvaterstubl saß.
»Ja, was baberi Sie denn, Meister?«
»Ub«, stöhnte Canon, »ich weiß es
nicht, mir ist so schwach und elend und
es friert mich so, . . . mein Gott« vor
zwei Tagen ist mein Bruder an den
Blattern aeftorben —- uno ich fürchte
immer, ich bekomme sie auch, — aber
Durchlaucht wollen aewifz Jbren Petz?
Ich bitte um Verzeihung, aber es fror
mich fo da bab ich ihn nur auf ein bal
bes Stündchen anaezoaen, ich.
,.Waas«, rief der Fürst, ,.Bla —
meinen Pelz —- o nein, behalten Sie
ihn nur! zum Andenken! — Adieu!'«
Und empfahl sich eiligst.
—-.-·--.-— «
Dee Undene-eh
Das berühmteste und am meisten
commentirte Werk der Weltlitteratur,
Sbakeiveare’s -bamtet«. kann in die
fern Jahre das 300jährige Jubiliium
feines Erfcheinens im Buchhandel fei
ern. Lange Zeit hielt man die Quart
ausgabe von 160 fiir die früheste; da;
fand man 1823 in einem Sammeis«
band Shatefpeare’scher Stücke eine;
Auoaabe des »hamlet« aus dem Jahre
1603, »so wie er verschiedene Male ini
London und in den Universitäten oonl
Carnbridge und Oxfort aufgeführt»
worden ist«. Dieses Exemplar ist im
Besitze des herzogs von Devonfhire,
der es fiir 81450 erworben hat. Ein
zweites Exemplar wurde 1856 von ei
nem bedürftigen Studenten fiir einen
Schilling an einen Buchhandier ver
äußert, der es fiir 8350 weiter ver
laufte. Es befindet sich jetzt im Bri
tiscken Museum zu London. Die im
Jahre 1604 erfchienene Ausaabe ist
welentlich umfangreichen oie Fassung
der erften Quarto zähit 214:t, oie der
ssveiten 3719 Zeilen. Die 1608 er
Xenene Ausgabe hat stir Deutsch
land besonderes Interesse, weil sie der
kürzlich wieder auf der Bühne erschie
nenen Bearbeitung zu Grunde liegt, in
der »das-riet« unter dem Titel »Der
bestrafte Brudermord oder Prinz
hamlet von Deinen-art« in Deutsch
land aufgeführt worden ist. «Die erste
mit Sicherheit nachgewiesene Vorstel
luna des deutschen «Harnlet« fand
1626 in Dresden statt
»wi—
Wenn ein Mann nicht einen sehr
hellen Kopf hat, ifi es esptentlich grau
farn ihm zurumuthern da er nur fein
eigenes Licht leuchten la en soll. I
" oienisiiiiif
BonEdwinBormann.
Jch ging, erzählte mein Freund
Adolf, meiner angegriffenen Lunge
wegen nach dem vielbesuchten Alpen
orte X. Anfang April kam ich an und
besuchte am nächsten Morgen einen
der berühmtesten Heilkiinstler, der mir
warm von meinem HaHusarzte em
pfohlen war.
,,Wann sind-Sie hier eingetroffen?«
war seine erste Frage.
,,Gestern Abend in der ersten Däm
merung.«
Der Sanitätsrath zog beide Augen
brauen hoch empor. «
»Dann haben Sie den denkbar un
günstiosten Zug gewählt, den es für
unsere llimsatifchen Verhältnisse-gibt!
Gleich nach Sonnenuntergang senkt
sich eine talte Gletscherluft von den ei
siaen Höhen in das Thal herab: und
erst nach Verlauf einer Stunde hat
sich die Temperatur wieder so weit
ausgeglichen, daß sie für Kranke und
Genesende zu empfehlen ist. Gehen
SIe aus keinen Fall, hören Sie wohl,
auf leinen Fall und unter leinen Um
ständen turz vor oder Lurz nach Son
nenuntergang auf-! Die Folgen sind
unberechenbar.«
«Schön,« sagte ich, »ich werdeJhnen
gern folgen. Aber ein Stündchen, sa
gen wir lieber anderthalb Stündchen
nach Sonnenuntergang noch zu einem
ganz kleinen Schoppen gehen, das
darf ich doch?«
»Gewiß, gewiß!« lächelte der Arzt.
Aber gleich darauf waren die Brauen
wieder beide in die Höhe. »Mir auf
eines möchteich mir noch erlauben, Sie
aufmerlfnrn zu machen. Der Wein in
hiesiger Gegend, besonders der rothe,
ist recht schwer und geht leicht in’s
Blut. Ein einziger Schoppen wird Sie
nicht umreiszen. Aber unsere Biirger,
unsere Bauern begnügen sich selten
mit einem. Sie werden heftig, sie ge
rathen aneinander, und so kommt es,
dah nicht lange nach Sonnenunter:
gang hier und da einer zur Thiir her
ausfliegt, ihm nach ein Stuhlbein,
eventuell auch ein ganzerSiuhl. Seien
Sie etwas vorsichtig und halten Sie
sich nach Sonnenuntergang immer
mitten auf der Straße!«
»Und wenn die Straße eng ift?«
fragte ich bescheiden.
»Wählen Sie nur den Weg durch
breite. Und besuchen Sie nur Wirths
häuser in der Hauptftraßr. Es- sind
die besten und verhältnißmiißig ruhig
iten.«
Hier empfahl ich mich; nach zwei
Tagen wollte der Arzt bei mir vor
sprechen.
»Haben Sie auch schon bemerkt,«
fragte er mich schmunzelnd im Hin
ausgehen, ,,rvie völlig rußfrei unsere
Luft ist? Das kommt einzig von der
allgemein hoch gehaltenen Sitte (denn
gesetzlich kann es Ia nicht vorgeschrie
ven werden). kein Bröctchen Kohle
oder Torf, sondern lediglich Holz zu
feuern. Jeder von uns läßt sich alle
zwei, drei Monate eine Fahre von rie
sigen, meterlangen, dicken Holzklötzen
bringen« die dann vor der Thüre zer
tleinert werden.«
Wir reichten uns die Hand zum
Abschiede. »Und auf eines erlaube ich
mir Sie noch aufmerksam zu machen.
« Sie sind recht spät in der Saifon ge
«iommen. Mitte Mai wird es fchon
unerträglich heiß fiir Leidende. Jch
muß Jhnen zu meinemBedauern schon
jetzt verkündigen, daß ich unmöglich
länger als sechs Wochen das Vergnü
gen haben darf, Sie hier zu behan
deln.«
Somit trennten wir uns. »Stehen
Sie mir auch ja nicht zu früh auf,«
fagte er mir noch zwischen Thür und
Angel. «Schlafen Sie gehörig aus!
Und zu Mittag, verehrter Herr, sind
die Sonnenstrahlen jetzt schon biswei
len recht start, meift zu ftart fiirJhren
Zustand Sie speisen dann besser bei
sich zu Haufe im Zimmer«
»Lasfen Sre sich nicht den Genuß
einer Melone entgehen!'· rief er mir
ten-II vom Its-Ists sit-»I- s« Mss Zuk
III-, IIIII tjvssssss III ou- »I-Ib IHOIV
jeht prachtvoll!"
Hm, rechnete irh mir auf dem Nach
hausetvege aus, wenn der Frühling,
der Sommer, der Herbst überhaupt zu
heiß sind, wenn zwei Stunden täglich
Gletfcherluft da ist, wenn die Mit
tagoluft meistens im April schon nicht
mehr genießbar ist« wenn ich friih
recht lange schlafen soll — wieviel
Stunden des Jahres bleiben dann
wohl Summa Summarutn noch
übrig-?
Am zweiten Tage niiire der Arn
freiwillig gekommen. Jch mußte ihn
leider fchon in der Nacht vorn ersten z
zum zweiten Tage zu mir bemühen.
Er fand mich beim Scheine einer Pe
troleunilarnpe, die eine halbe Stunde, -
ohne baß ich es bemerkt, gerufzt hatte,
das rechte nKie mit tiihlenden tveiszen
Tüchern UniwicielL den linken, den
linlen Fuß in Watte oerpacit, auf der
Wange ein großes englisches Seiden
tuch, auf dein Leibe ein Rückentissen
und den Ueberzieher, im Lehnstuhl
sitzend. So empfing ich ihn rnit einem
bellenden Susten.
Jch hatte feinen Rath pünktlich in «
alten Einzelheiten befolgt. Jch war
weder in der Stunde des Sonnenun
tergang, noch auch in den Stunden
darnach, ich war drei Stunden vorher
sit einem Nachmittaggschrppchen ang
qegas ien. Jch k« ie mir auch ein
Wink-shou- in der Hauptstriafze ans
gesucht und tsar nor siuf breiten We- i
i
.—.—.--...-.» .—....
gen dahingewanbelt. Aber an einer
Stelle der Straße wurden rechts und
links bie berühmten und gesundeni
großen holzilötze abgeladen und zer- i
tleinert; und während ich vorsichtig
nach der einen Seite schaute, war mir
von der andern ein mächtiger Block
aus« die Füße gefallen nnd hatte mich
schmerzhaft verwundet. Jch glaubte
indeß den Schaden nicht groß und
ging meine hundert Schritte weiter,
bis ich an’s Ziel kam. Der Wein war
gut, und dreiviertel Stunden vor
Sonnenuntergang befand ich mich
wieder auf der ärztlich verordneten
Straßenmitte auf dein Heimwege.
Aber, obgleich es die Mitte der Straße
war, und obgleich ich mich auf der
Hauptftrafze befand, wo bekanntlich
die ärztlich empfohlenen ruhigsten
Wirthshäuser lagen, so mußten doch
einige ehrsame Bürger ähnliche frü
here Weingeliifte wie ich selbst gehabt
haben· Kurz, wag einem der ehrsa
men Bürger, der mit dem Hnte
voran auf die Straße nacl)iani, und,
statt ihn zu treffen, mir an den Kopf ;
floa, war zwar iein Fituhlbeim noch«
viel weniger ein ganzer Stuhl, wohl
aber ein Projeiiil, das mit seinem ge
ringeren Umfange eine größere Flug-: i
kraft verband, ein ziemlich ftäminiges i
zerbrochenes Weinglas. Stirn und
Barte fingen an zu bluten, Fuß nnd T
Knie schmerzt-en jedenAugenblick mehr !
und mehr. Wagen waren Wahrschein: ;
lich gleichfalls aug- sanitciren Grün-;
den, um keinen Staub zu erregen) »
weit nnd breit nicht zu sehen, nnd fo ?
schleppte ich mich langsam Schritt für
Schritt weiter Da plötzlich brach ein
. Genitterfturm he rein, die Luft iiihlte ;
sich im Nu zehn bis zwdlf Grad ab,
und noch ehe ich nach Hause tain,
;fviirte ich den ersten HufteniitzeL
i
i
i
i
,Gieichzkitig stellten sich die verhäng-?
s nifzvollen Wirkungen der Mittags ge- J
nosienen Gesundheitsbjielone ein
»Ich hätte doch lieber im Winter
lcmmen follen,« sagte ich leife und
;nelnniithia zum Kanitiitgrath, nach-— ,
kein er mir zwei Medizin-en, breij
Viliiter und eine Vandaae verschrie i
ben hatte. »Da darf man Mittags
ausgeben, da gibt es keine Melonen,
da haben sich die Bürger bereite mit
genügendem Holz versehen, da erhitzen
sich die Köpfe beim Wein nicht so
schnell wie jetzt.«
»Seht wohl,« sagte der Arzt lä- .
chelnd, ,,iommen Sie im Ottober so-« i
sort wieder! Auf eines allerdings er
laube ich mir Sie schon jetzt ausmert «
sam zu machn Jnfolge der Holz
feuerung bringt man e: ,anch bei un
aufhöriichem Nachlegen, während des
ganzen Winters nie iiber dreizehn
Grad im Zimmer.«
Brr, dachte ich in meinen Gedanken
und ein Schiitteisrost ging mir iider
. den Rücken. Durch Sitzen in einem zu
wenig geheizten Zimmer hatte ich mir
ja mein ganzes Leiden zugezogen«
»Hier haben Rie auch drei große
jRothtoeinfiecken aus ihrem Vorhemd- ’
i chen, " bemerkte lächelnd der Sanitiitg !
i rath, um von etwas anderem zu reden (
E»Unser Rother ist echt! Prachtvollei
l
i
, Natursarbe! Die Flecken werden nie
wieder heraus-geben« die behalten Sie
zum ewigen Andenteii!« «
Nach vier Wochen tonnie ich am
Stocke wieder ausgehen, oierzehnTage
daraus reiste ich, getreu dem ärztiichen
Winte, ab.
Man nennt einen solchen Ort «
Lustturort —
Wenn Sie wünschen, meine Herren,
iann ich Jhnen den Arzt nennen. Er
netnt die eine Hälfte der «Oberen
Zehntausend« von ganz Europa und
raucht sehr seine Jrnportirte, von de
nen er jedem seiner sturgäste vor der
Abreise eine anbietet. Das HoHnorar
ist mäßig. Es beträgt, selbst in kom
plizirteren Fällen als der meine, höch
stens das Tausendfache vom Werthe
dieser einen Abschieds-Zigarre. Und
auch darin hat sich mein neben-sinnr
diger Gesundheitssorger nicht ge
täuscht: die Rothweinslecke sind echt,
sie weichen und wanten nicht.
Eine gifttne nnd eine spttstqe
Zunge.
Die berühmte Schriftstellerin Frau
v. Stael war heftig auf den Grafen
v. Choiseul erzürnt, der in der Pari
ser Gesellschaft iranische Bemerkungen
über sie verbreitet hatte. Eines Abends
trafen sich die beiden Gegner in einem
Satan, begrüßten sich aber, wie es die
Gebote des Anstand-H verlangten, sehr
höflich
»Wir haben uns lange nicht gese
hen,« saate Frau v. Stael
,,Leider, Madame,« versetzte Chai
feul, »ich bin trank gewesen!«
»So III«
»Ja, ich glaubte schon, ich wäre ver
giftet; obwohl ich mir nicht denken,
kann, wie das möglich wäre.«
»Nun, vielleicht haben Sie sich auf
die Zunge gebissen!«
Damit rauschte die Dame davon.
s-——-—-.
Der Congreß der französischen revo
lutionären Sozialisten hat nach dem
Vorgang der deutschen Genossen in
Dresden beschl essen, alle bürgerlich ge
sinnten Sozialisten, die den Klassen
tampf umgehen möchten, auszuschlie
ßen. Zwischen den bisherigen drei
Gruppen: Arbeiterpartei, sozialistiich
revolutionäre Partei und eommuniiti
sche Allianji kam eine Einigung zu
Starde u. tek i .n Namen ,,Sozialisti
Iche Partei ikrantreicss«.
Gebunden.
Von M. v. Stubbendors.
Seit mehr als einer halben Stunde
» -.«-«-- .-.--- -.-».-.--·-. q-- —.«--.-..-.--—-· .. -.
(
hatte Lotte zu spielen aufgehört. Ihre ;
schmalen Hände waren von den Tasten
geglitten und lagen lässig im Schoße;
die Augen richteten sich iiber die aufge
stellten Noteniibungen fort auf den
trübseligen Hon der Großstadt, den
eine hoh weiße Mauer begrenzte. Das
junge Widchen seufzte leise, dann
barg sie srüs Antlitz in den Händen
und begann zu weinen.
Wer ihr das vor einem Jahr ge
sagt hätte, als sie in die Großstadt
eingezogen war, um fich zur Pianistin
auszubilden. Wie hatte sie seit dieser
Zeit getämpft, gerungen mit der
Muthlosigteit, dem Heimweh —— aber
immer wieder hatte sie es siegreich be
zwnngen.
»Ich will« und »ich muß« stand
iiber dem Weg der Tochter des verstor
benen bankerotten Grofzgrundbefitzer3:
geschrieben. Sie war nicht umsonst
ein Jahr vorher, ehe des Vaters Tod
und der Ruin hereinbrachen, in Berlin
in Pension gewesen. Sie hatte da
Dinge gelernt, von denen sie daheim,
unter Tauie Luiseus Obhut, die an
Stelle der längst verstorbenen Mut
ter den Haushalt leitete, nie etwas ge
ahnt. Sie fing an, sich zu begeiftern
für die »Frau im Beruf«, fiir die
selbstständige freie Frau, und wähnte
sich zum Kampf mit dem Leben genü
gend ausgerüstet So lam’5 dafz sie,
atH der Vormund ihr ferneres Leben
mit ihr besprach, den Wunsch hatte:
fort nach Berlin, ihr wirklich schönes
Talent im Klavierspiel ansbilden, um
in möglichst kurzer Zeit als gefeierte
fertige Fiiinstlerin austreten zu tön
nen.
Der Weg zur Ftunst ist aber dor
nenvoll, und das erfuhr Lotte alle
Tage aus«-H neue.
Das tleine Kapital, welches beim
Zusammenbruch gerettet worden war,
i
gcslullclc lclllc chfjcll qugllscih UND
bis sie verdienen tonnte, das wiirde
noch lange dauern . .
Die Johannigfonne hatte es ihr an
gethan, die laue Juni uft, die ihre
Sinne umschmeichelt, als sie, von der
Stunde kommend, noch ein Weilchen
im Thiergarten gewesen war. Die
Erinnerung an die Heimath war über
sie gekommen mit all der Heftigteit,
mit der sie sie seit einem Jsahre zurück
gedrängt halte. Ach -—- nur auf acht
Tage den Steidtmnuern entfliehen zu
können, hinaus in Wald und Feld!
Und noch eins war dii, was die
sen heißen Wunsch unterstütztr. Lotte
fühlte ees seit einiger Zeit, ihr Talent
würde nicht augrciehem eine solche
Künstlerin zu werden« wie sie ge
träumt!
Sie sah den stattlicheit Jugendge
spieten noch vor sich stehen, wie er ihr
am Sarge ihres Vaters bittend in die
Augen fah:
»Werden Sie mein Weib, Lottc!«
»Ich kann nicht, Hilmar, quälen
Sie mich nicht!«
,,Sind Sie mir nicht gut, Lotte?
Jeh dachte, Sie wären eg, wenigstens-«
damals
Ach ja -- damals — — das war, ehe
fie der Vater noch auf ein Jahr nach
Berlin brachte. Damals hatte sie den
um zehn Jahre älteren Jugendgefäl)r
ten wohl gern gehabt. Aber mit den
neuen Jdeen von der »freien Frau«
war Hilmar bei Seite gestellt. Wie
hätte sie in die Fußstapfen seiner
Mutter treten löiinen, die seinem
Haushalt nach der alten Schule vor
stand und von den schön klingenden
Redensarten von sozialer Hilfsarbeit
nicht viel hielt. Selbst thun, das war
ihre Sachse! Sie sorgte fiir die Kran
ten und fiir die Kinder, pflegte Wöch
nerinnen und Säivalinae, und hielt
von einer jungen Lehrerin unterstützt,
Kinderhort, Strick: und Haushal
tungsschnle Dieses Leben hatte die
alte Frau lieb und niilde gemacht und
sie Verständnisz gelehrt fiir andere und
Aber das sah Lotte nicht, so sehr iie
die alte Dame auch verehrte; sie sah
nur die scheinbar allen Jdealen ab
holde Frau. Lotte aber wollte Ideale
pflegen, die Ideale der Kunst. und so
hatte sie leichten Herzens vom Jugend
freund Abschied genommen, während
er mit schwerem zurückblieb.
Weshalb sie heute einmal an ihn
dachte? Ach, heute nicht allein, schon
seit Wochen und Monaten war immer
wieder sein Bild vor ihre Seele getre
ten —- nun könnte Vclchow ihre Hei
msath sein, ihre süße, schöne Heimath
Es klopfte; ihre Quottiergeberin
reichte einen Brief herein. Er tam von
Magda, der Jugendgespielin, die seit
zwei Jahren Gattin eines benachbar
ten Pastors und seit einem halben
Jahr glückliche Mutter war.
Von daheim, von daheim! Jminer
glänzender wurde ihr Blick beim Le
sen. Magda lud sie fiir die Ferien
ein. Wie hatte sie gefürchtet, diese
Zeit in Berlin verleben zu müssen.
Lotte tlappte den Flügel zu und setzte
sich an’s Fenster-; ihr war, als hätte
die Sonne draußen jetzt einen viel
töstlicheren Schein belommen, wieder
kamen ihr die Thränen, aber diesmal
waren es Thränen der Freude.
si- -c- si
Sseit acht Tagen weilte Lotte als
Gast im Pfarrhause zu Neberding.
Jhre Nerven fingen an, in’s Gleichge
wicht zu kommen. Keine Taste rührte
sie an, und was Luft nnd Ruhe nicht
thaten, das vollbrachte des-Zuspruc
menleben mit dem glücklichen junges
Paar in seinem schlichten Heim.
Von allen Nachbarn hatte sie ge
hört, aber merllviirdiaerlveise sprach
Magda nie von Hilmar v. Gnng
und Lotte vermied, nack, ihm zu n
gen.
»Ich wollte dich doch noch hier ha
ben, ehe du eine berühmte Künstlerin
bist,« sagte Magda, »denn nachher
taugst du vielleicht nicht mehr in unser
einfaches Pfarrhaus.«
Das hätte Lotte vor einem Jahr
auch einmal gedacht, aber heute war- «
das alles verschwunden; es larn der
Wunsch über sie, auch so ruhig nnd
geborgen in der Stille zu leben, wie
Magda, für ihre Lieben. Aber das
lag nun alles hinter ihr, sie hatte sich
ihren Weg gewählt nnd mußte ihn
gehen. ,
Jm Pfarrhause waren noch zwei
Gäste einge,3ogen, die jüngeren Brüder
des Hausherrn, ein lustiger Prirnauer
und ein Student. Da gab es oft lange
nacfsmittägliche Spaziergänge durch
Feld und Wald.
Golden wogte das reife Korn im·
lauen Sontrnerwinde, überall regten
sich fleißige Hände, die Ernte begann.
Die Gesellschaft aus dem PsarrhausP
war auf ihrer Wanderung an einen
schmalen Feldweg gekommen, der ein
Roggenfelds von einein Haferschlag
trennte. Auf dein ersten hatte die
Sense schon lange Gassen gebahni«
fleißige Schniiter schwangen dag bli
tzende Werkzeug, und kräftige Mäd
chen banden hinter den Mähern die
Aehren zu Garben.
Der Pfarrer, der mit seinem jüng
sten Bruder voraugging, sah sich mit
komisch-ern Schrecken nach seiner Ge
sellschaft nm. Magda sprach mit
Sie-fried, aber Lotte war still. Sie
blickte hinaus in’g flache Land, und
ein glückliches Lächeln umspielte ihren
Mund.
»Nun hilft nichtH,« seufzte der Pa
nos-· ins- »Hu-du«- ,--k»"s««» »-k-I-:-I-s
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uns recht, weshalb gehen wir znt
Erntezeit über sremoeg Felds«
Die stattliche junge Vorarbeiten-I
hatte ihre Garbe stehen gelassen und
war dicht vor den geistlichen -«Hettn
hingetretenx auch die anderenMädchen
ließen ihre Arbeit ruhen und blickten
lachend auf die anmuthige Mine. Die
raffte flink einige Halme vom Bode
auf, wand sie geschickt um den linken
Arm des Pfarrers und sagte dazu des
althergebrachten Vers:
Wir haben vernommen,
M sind Fremde getommen.
Wir müssen sie binden
Mit lieblichen Dingen —
Mit lieblichen Sachen.
Viel Komplimente tann ich nicht
machen.
Nehm’ den Schrank in meine braust
Hand,
«Z-.’ching eg nm deH Herrn Pfarrers
schneeweiße Hand,
Wollt der Herr Paftor den Wunsch
mir nicht versagen,
Unser-en Aelirenschmnei in Ehren its
aen
»Das hast du brav aeniacht, Miit-.D
todte der Paftor das Mädchen, das
feine tionfirmandin gewesen, und
knieend nahm sie das gespendete Löse
geld in Empfang. Dann lief sie zu der
freundlichen Pfarrerim während eine
Gesahttin den Schrank um des SlIr
denten Arm band, und eine dritte sich
Lotten nahte.
Diese erschrak sehr, denn sie hatte
sitt-, seit sie hier war, angewiihnt, ohne
Partemonnaie zu gehen Sie stand et
wag abseits von den anderen nnd lief
sieh nolens volens den Aehrenfehntsck
um denl linten Arm knoten während
fie überlegte, was sie thun sollte. Rei
zend sah sie aus in ihrer titathlofigleii
mit der hilflosen Miene mit der fee
noch einmal prüfend in die leer e sites
deriafehe griff. Seh on wollte sie das
Mädchen zum Abend in ’5 "cfarrhau9
bestellen, als ein Schatten iiber den
Weg fiel Sie wendete sich um ntd
erkannte Hilmar v. Giesen. ans dessen
Feldmart sie sich befand.
,,Lotte,« sagte er leise mit zitterndn
Stimme, »gebundeu s-- das darf dass
nicht sein. Sie wollen frei sein, niA
wahr? Aber meine Leute können das
nicht wissen. Das Binden isi is
Rechts
Lotte hod ihre Augen zu dem Spre
cher; dann lächelte sie.
»Ich kann mich nicht lösen, Herr s.
Giesen.«
»Aber ich darf es thun, nicht
Ivahr?«
Seine treuen blauen Augen blickten
voll tiefer Zärtlichkeit und Liebe agi·
das junge Mädchen. Es stand etwa-H
anderes darin als der Traum m
Kunst und Ruhm, aber vielleicht ek
was Schönereek
»Holla, Minning, das gnädig
Fräulein hier löse ich mir,« sagte et
dann und ließ ein Goldstück in di
braune Hand des erstaunten Mäd
chens fallen, und dann zu der
nähernden, erstaunten Gesellschaft dtj
Psarrbauses gewendet: »die habe ih
mir gebunden —- und ich lasse sie Ists
wieder los.«
Damit zog er Latieng Arm due-H
den seinen und küßte ihre Hand.
- -----Os-———s
Jn Beziehung aus Damenhiiie stI
im lommenben Winter die Mode bei
bestinnnie Form oder Farbe barsch-Is
ben. Wenn das heißt, dafi many us
thing-« gut zaztuug ist, s-) wäre U
kein Zeichen großer Prospertiät.