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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Oct. 30, 1903)
. Yebraska , taatss nzexgrr Und ernle J. P Windolph, Herausgehen Grund Island, Nebr» W. th. 1903 chiter Tlicil.) Jahrgang 24 No. 9. W ! I « han«-» singe in samt vie zwar vie Sense schnitt Des Keines gold’ne Wogen; Da kommt deg«Wegs mit raschem Tritt Der ernste Herbst gezogen. Es schwei t der Vöglein Lustgesang, Und still nd Busch und Wälder, Wie heult so schaurig dumpf und bang Der Sturm durch Flur und Felder! Die Sommersreude zieht zu Grab. Umeauscht von Wind und Wetter: Und bald, so rieseln leis’ herab Die buntgesiirbten Blätter. — So auch das Leben! Doch mein Herz, Mußt zweifeln nicht, noch sorgen! Es lächelt auch nach herbem Schmerz Der hoffnung aoldner Morgen! , Madame Zier-met Die Wahnsinnigen ziehen mich un widerstehlich an. Diese Leute leben in einem aeheimnißvollen Land voll selt samer Träume, in jenem undurch dringlichen Winkel des Instan in dem alles, was sie aus Erden gesehen, alles, was sie gethan, siir sie in einer ringebildeten Existenz aufs Neue be ginnl, die außerhalb aller Gesetze liegt, die die Dinqe, das menschliche Denken beherrschen Sie allein tön nen aus Erden aliictlich sein, denn sür sie- allein eristirt die Wirklichkeit nicht. Jch neiae mich gern zu ihrem ir renden Geist, wie man sich über einen Abgrund neiat, in dessen tiefstem Grunde ein unbekannter Strom saiäumt, von dem man nicht weis-» wo her er kommt und wohin er geht. Doch es hat keinen Zweck, in diese Risse zu blicken, denn nie wird man ergründen, woher dieses -Wasser lcmmt, noch wohin dieses Wasser geht. Dennoch ziehen die Wahnsinnigen mish noch immer an, und immer kehre ·(l;, von diesem alltäglichen Geheimniß des Jrsinns angelockt, zu ihnen zu nick. Eines Tann» als ich eines ihrer Lisvle besuchte, sagte der mich beglei tende Arzt zu mir: »Ich werde Ihnen einen interessanten Fall .zeiaen.« Mit diesen Worien ließ er eine Zelle öffnen, in der eine noch schöne Frau von ungefähr 40 Jahren in einem großen Sessel fafz und aufmerksam ·.hr Gesicht in einem lleiuen Spiegel betrachtete. M O I Sobald sie uns hemertte, richtete sie sich auf, lief nach dem Hintergrunde des Zimmer-, um von dort einen auf einem Stuhl liegenden Schleier zu ho len, hüllte sich damit sorgfältig das Gesicht ein und kam dann zurück, in dem sie mit einem Kopfnicken auf un seren Grufz antwortete. .Nun?« fragte der Doktor, »wir fiihlen Sie sich heute Morgen?« Sie ftiesi einen tiefen Seufzer aus. »Ob« schlecht. seht schlecht. mein herr; die Zeichen treten jeden Tag mehr hervor!" »Aber nicht doch! Nicht doch!" ver feyte er mit überzeugter Miene; ,glauben Sie mir, Sie irren sichs« Sie näherte sich und fliifterte ihm zu: »Nein; ich weiß es genau. Jch habe heute Morgen zehn Löcher mehr ge zählt, drei auf der linken Wang-, vier auf der rechten Wange und drei auf der Stirn. Das-z ift gräßlich, größ lich! Jch wage es nicht mehr, mich von jemandem fehen zu lassen, nicht einmal von meinem Sohn, nicht ein mal von ihm! Jch bin verloren, ich bin fiir immer entstellt!« Sie fiel auf ihren Sessel zurück und begaan zu fchluchzem Nun nahm der Arzt einen Stuhl, setzte sich neben sie und fagte mit ·ianfter, tröftender Stimme: »Nun! zeigen Sie mir das doch! Jch versichere Ihnen, es ift nichts. «i einer kleinen Operation werde ich a s verschwinden lassen." Dutch ein Kovsschiitteln weigerte sie sich, ohne ein Wort zu sprechen. Er wollte ihren Schleier anrühren, doch sie packte ihn trästia mit beiden Hän den. Wieder begann er, sie zu ermah nen und zu be:uhigen. «Sie wissen doch, daß ich sie Jedes nial fortbringe; diese häßlichen Löcher-, und daß man sie aarnicht mehr be merlt, wenn It Sie behandelt habe.« «Jhnen will ich sie so zeigen,« mur nielie sie, »aber den Herrn, der Sie be gleitet, kenne ni, nichi!« »Das ist edeksiallg ein Arzt, der Sie noch besser behindeln wird, als i-1)!« Nun ließ sie sich den Schleier fort nehmen, doch ihre Furcht, ihre Auf regung. ihre Schein, gesehen zu wer den, ließen sie bis ans den Hals e riiihen. Sie schlug die Augen zu Bo den, und sialteeteq »Oh, ich leide entsetzlich-, daii ich mich so sehen lassen muß! W iit gest-than nicht wahr? Es ist furcht r.« Jch betrachtete sie iiberralchl, denn sie hatte anknichts saus dem Gesicht, nicht ein Fleckchen, nicht einen Punkt, weder ein Zeichen, noch eine Narbe. Die Augen noch immer zu Boden s end, wandte sie sich nach mir um sagte: »Als ich meinen Sohn We, habe ickk mir diese entfele W wesw. mein dem ich IDW Un k Fgeopferh meinem armen Kinde! Nun, »ich habe meine Pflicht gethan; mein Gewissen ist ruhig. Wenn ich leide, so weiß es nur Gott!« Der. Doktor hätte einen kleinen Ma leipinsel aus der Tasche gezogen und sagte: »Lassen Sie mich gewähren, ich werde alles in Ordnung bringen.« Sie hielt ihre rechte Wange hin, und er fing an, sie mit leichten Strichen zu betupfen, als wenn er kleine Farbenpnnkte aufsetzte· Das selbe that er lei« der linken Wange, heim Kinn und ei der Stirn; dann rief er: ,,Sehen Sie hin, es ist nichts mehr, garnichts!" Sie nahm den Spie gel, betrachtete sich längere Zeit mit größter Aufmerksamkeit, einer tiefen, gespannten Aufmerksamkeit, mit einer heftigen Anstrengung ihres ganzen Willens, um irgend etwas zu ent decken; dann seufzte sie: »Nein! Man sieht nicht mehr viel; ich bin Ihnen unendlich dankbar.« Der Arzt hatte sich erhoben. Er grüßte sie, ließ mich hinausgehen und sagte, als sich die Thüre geschlossen hatte: »Hier haben Sie die schreckliche Geschichte dieser Unglücklichen!« si- t If »Sie heißt Madame Hermet und war sehr schön, sehr iokett, sehr ge liebt und lebenslustig Sie gehört zu jenen Frauen, die nur ihre Schönheit auf der Welt besihen und die nur der Wunsch, zu gefallen, in der Existenz aufrecht erhält, heherrscht und tröstet. Die beitiindige Angst um ihre Frische, die Sorge um ihr Gesicht, ihre Hände, ihre Zähne, alle Theilchen ihres Kör pers, die sie zeigen konnte, nahmen ihre ganze Aufmerksamkeit in An spruch. » Sie blieb als Wittwe mit einem Sohn zurück. Das Kind wurde er zogen wie alle Kinder start umwoer ner Weiioanien Dennan ueoie ne es. « Er wuchs aus, und sie alterte. Ob sie die verhängnißdolle Krisis heran nahen sah? Das weiß ich nicht! hat sie, wie so viele andere. jeden Morgen stunden- und stundenlang die einst so seine, durchsichtige und klare Haut betrachtet, die sieh jegt ein wenig unter den Augen zusammenzieht und in tausend kaum merklichen Punkten einschrumpft, die sich von Tag zu Tag, von Monat zu Monat stärker vertiefen werden? Hat sie sich zehn-, zwanzigmal an einem Tag eingeschlossen, indem sie ohne Grund den Solon verlieh, in dem die Freunde plaudern, um in ihr Zimmer hinauszugehen und, von« Schlössern und Riegeln beschützt, wie der einmal dag Zerstörungsivert desi reisen, langsam tveltenden Fleisches zu beobachten, und mit tiefer Verzweif lung den langsamen Fortschritt des Uebels zu tonstatiren, das noch nie mand zu sehen scheint, das sie aber ganz genau kennt? Sie weiß, ioo die liestigsten Angriffe, die tiessten Bisse des Alters vorherrschen. Und der Spiegel, der tleine runde Spiegel in dem ziselierten silbernen Rahmen sagt ihr abscheuliche Dime, denn er spricht, er sei-eint zu lachen, er spottet und tiindigt ihr alles Kommende an, alles Elend ihres Körpers, die gräßliche Marter ihres Denkens bis zum Tage ihres Todes, der gleichzeitig der Tag ihier Erlösung sein wird Sicherlich hatte sie alle diese Qua len durchlebt —, denn es ereignete sich folgendes: Eines Tages — sie zählte damals 57 Jahre —- tourde ihr Sohn h» ik· Ombe- nkt kom- krank Er hütete das Bett, ohne das; man noch bestimmen tonnte, woher seine Krankheit stammte und wie der Cha rakter derselben war. Ein alter Mann, sein Hauslehrer, wachte bei ihm und verließ ihn sast nie, während Madame Hermet sich Morgens und Abends nach ihm ertundiate. Sie blieb einige Minuten im Zim mer, betrachtete die Medicinslaschen, machte mit den Lippen: »Puh!«. ries dann plötzlich: »Ach ich habe etwas schr Dringliches vergessen!'« und ent floh, indem sie einen seinen Toilrttens geruch hinter sich zurückließ Abends erschien sie noch eiliger, denn sie hatte gerade noch Zeit zu fragen: »Nun, was hat der Arzt gesagt?« »Er hat sich noch tein Urtheil ge bildet, Madame,« erwiderte ver Haus lehret Eines Abends aber versetzte der Lehrer: »Madame, Ihr Sohn leidet an den Poeten.« Sie stieß einen Ausschrei aus und entsteh. Am nächsten Morgen ließ sie sich schon bei Tagesanbruch ertundigen, doch der Zustand hatte sich nicht ge bessert, und sie verbrachte den ganzen Tag in ihrem Zimmer-, in dem kleine, starke Gerüche verbreitende Kohlen becken dampsten. J e Zofe behaup tete außerdem. man "tte sie den gan zen stöhnen hören. II sen des etsten Tages trat der Hauslehrer mit ernstem und blas sem Gesicht in ihr Zimmer und sagte, ohne den Stuhl zu nehmen, den sie ihm bot: »Madame, Jhr Sohn st geehr krank uno wünscht Sie zu se n.« Sie warf sich «an die Kniee und rief: ",,Oh, mein Gott, mein Gott! Nie werde ich das wagen! Mein Gott, mein Gott, hilf mir!« »Der Arzt hat nur noch wenig Hofs nung, Madame,« fuhr der Lehrer fort, »und George erwartet Sie!« Zwei Stunden später trat der Leh rer, als der Iunge Mann, ssder sein Linde nahen fühlte, von neuem nach seiner Mutter verlangte, wieder in ihr Zimmer und fand sie noch immer auf den Knieem wie sie weinend wieder lolte: »Ich kann nicht! Jch kann nicht! Jch habe zu große Furcht; ich kann nicht!« Er versuchte, ihr Muth einzuspte chen und sie tortzuziehem es gelang ihm nicht; er versetzte sie nur in einen Nervenanfall, der ziemlich lange dau erte und in dem sie ein lautes Angst aefchrei ausstieß. Der junge Mann lag im Todes . tampfe. Als er sah, daß seine letzte - Stunde gekommen war, flehte er, man »m·o·chte feine Mutter veranlassen, ihm JLebewohl zu sagen. Mit einer zAhnung, die die Sterbenden zuweilen iibertommt, hatte er alles verstanden, alles errathen und sagte: »Wenn sie nicht das Zimmer zu betreten wagt, so bitten Sie sie wenigstens-» durch « Den Baxlon bis zu meinem Zimmer ; zu tommen, damit ich sie doch sehen tann, damit ich mit einem Blicke Lebe cvohl sagen tann, da ich sie ja nicht umarmen dats.« Der Arzt und der Lehrer lehrten wieder zu der rau Frau zurück. l » .- t- k... r:·x. ·.:..... tu c e» «..k« HVIS Ibvb It III-V Osten-- Vveuqs uns-· s bebaup:eten ste, »denn es befindet sich ja roch eine Fensterscheibe zwischen anen und ihm.« Sie willigte ein bedeckte sich den , Kopf, nabm ein Fläschchen mitSalzen, ging drei Schritte auf den Balton, dann verbarg sie plötzlich ihr Gesicht ) in den Händen und stöhnte: »Nein! nein... ich werde nie wagen, ibn an zusehen . . . nie! ich schäme michzu sehr! ich habe zu große Furcht! . . . Nein, ich kann nicht!« Man wollte sie hinschl eppen, doch ne hielt sich mit beiden Händen an der. Baltoitbriistung fest und stiesz ein so. lautes Wehklagen aus, daß die Stra szerwassanten den Kon erhoben. lind der Stetbende wartete; die Augen auf das Fenster richtend, war tete er, um zu sterben, auf das sanfte, geliebte Gesicht, auf das gebeiligte Ant: litz der Mutter, das er noch ein letztes Mal sehen wollte. Er wartete lange, und die Nacht brach herein. Dann drehteer sich nach der Wand um und sprach kein Wort mehr. Als der Tag anbrach, war er tod Am nächsten Morgen war sie mai-n sinnig. Warum der Hofbauer Ja sagte. Stizze von Marga von Beut-. Anna Hofer nähte mit langsamen Bewegungen an einem Tischtuch. Es war feines Leinen und zeigte ein hüb sches Muster, sber in das Blätter gerante desselben fiel hin und wieder eine Tiztänr. Die Ann war nicht allein neben ihr fass ibsst III- stnndin ten-b non hssf Schule her. Sie hatte den Arm um Anna-H Schultern gelegt und schien ebenso traurig wie diese-. »Hier kann nur noch der liebe Gott helsen,« sagte sie nach einer Weile, »ich bet’ alleweil sür Euch, siir Dich und Den Hans-« Anna antvortete nicht — sie lief-, dieArdeit sinten und starrte geradeau—:-. »Wenn soll denn nun eigentlich die Hochzeit sein?« fragte Lieschen Rüssel-· »Ich weiss net, wie lang se mir noctr Zeit lassen —- es ist rnir auch ganz einerlei jetzt.« »Der Hans läßt Dir sagen« slii sterte Lieschen, »Du sollst Dir aHeri fassen und rund heraus ertliir’n, daß Du den Krause net magst, un dann sollst Du aus unseren dank warten.« Jn Anna’s blasses Gesicht war ein seines Noth gestiegen. ,,Ea;3’ dern Hans, daß ich ’n tau sendrnal grüßen laß’ und daß ich ni. aus ’n vergessen wär’—-aber »aber —ich tann mich nimmer toehr’n -- Ihr lennt den Vater nich.« Und dann setzte sie leidenschastlich hinzu: »Ich muß ja thun, was er will, das war ja irrt-nei- schon so— mei arm’s Mut terle hat ja auch niemalen an Willen g’habt.'« Sie spt plöhlich aus und achtm nicht dara , daß die Näherei zu Boden stel. Sie schluchzte laut und lies dabei in dem niederm kleinen Stäbchen hin und her. »Da fah sie plötzlich eine Gestalt an den Fenstern vorübergehen. »Der Vaterl« sagte sie erschreckt, und nach wenig-en Minuten stand der. Hofbauer in der Stube. Groß und tnochig von Figur-das Gesicht von einem rothen Bart umrabmt——in den Augen hatte er einen finsteren, gehäts sigen Ausdruck. Man sal) ilan aufden ersten Blick an, daß er maßlos heftig . sein konnte und daß er seinen Willen sunter allen Umständen durchzusetzen s gewohnt war. Er schien von Louise Rüssers An wesenheit nicht sehr erfreut zu sein Und er verbarg dies auch keinen Au genblick. Mißtrauisch blickten seine Augen in fdem Raume umher, als suche er noch i Jemand. ’ Louise Rüsser ging -- nun konnte sie doch nichts mehr ausrichten. Als sich die Thür hinter ihr ge schlossen hatte, zeigte der Baue-.- mit seiner Pfeife, die er nie ausgehen ließ, über die Achsel und fragte: »Was wollte denn die hier?« »Nichts.« Miirrisch brummte er etwas vor sich hin von ausspioniren und dergleichen. Das war gerade so eine, die ihm im letzten Augenblick noch alles verderben konnte· »Ist ja alles Unsinn mit der dum men Berliebtbeit. Jch und Deine Mutter waren auch nicht wie die Tur teltauben und sind doch gliicklich ge worden« Daraus legte er sich lang aus das große Sopha und schloß die Augen. Anna lächelte spöttisch. Er mochte aus seine Art glücklich geworden sein, aber die Mutter — »s Anna saß jetzt am Ofen und spaltete Holz. Es trachte und inatterte unter ihrs-n kräftinon Greifst-on Dabei fah sie zu dem Schäfer hin iiber mit feindseligen Blicken. Das war nun ihr Vater, der sein einziges Kind an einen reichen Mann verkaufte, der nichts danach fragte-, ob sie unglücklich werden würde. — Mit der Liebe zu einem anderen im Her Lzen zwang er sie, vor den Altar zu treten· Der Vater stand ihrem Glück im Wege — er allein —- es«»ta1u ihr plötzlich der Gedanke, daß sie vor sich selbst erschrak und das Messer mit ei nem jähen Ruck in ihre Hand fuhr, eis nen tiefen Riß in das Fleisch zeich nend. Sie achtete gar nicht darauf, daß die Wunde start blutete, sie faltete die Hände- und bliclte verzweiflungss voll nach oben: »Mein Gott, mein Gott, hilf mir! Jch tverd’ auch noch schlecht, lauter sündige Gedantcn kommen über msch ——« Dann dachte sie an Haus« Rüffer, ihre Liebe. Sie sah ihn vor sich ste hen mit seinem frischen ehrlichen Ge sicht-sie hörte ihn bitten und drän gen, alles zu wagen und ihm treu zu bleiben. Sie fing wieder zu weinen an — heftig und laut —- eg schüttelte sie am ganzen Körper. »Ich liJnn’S nicht ---— ich tann’s nicht ich fag’5 dem Vater —« und wenn er mich heute noch aus dem Haufe jagt.« Sie hatte sich das schon wer weifz wie oft Vorgenommen --- aber wenn sie dann feine bösen Augen fah, brachte sie tein Wort heraus. Der Bauer machte plötzlich auf. Als er seine Tochter wes-en hörte, schwoll ihm die Zorne-Eben Sein ohnehin rothes Gesicht nahm eine bliiuliche Uusuults Ulls »Versluchteg Geheule! Jetzt hab’ ichs aber sntt!« Er nahm das Küchen messer, das Anna nach dein Gebrauch aus den Tisch acteat hatte, nnd schlug vor Wuth auf das tveiszgeschenerte Holz. »So eine Gang, dumme, extra dumme von einem Mädel! Denkt wohl gar, ich wiirD’ mich von ihren verliebten Flauer -- --—« Anna aab sieh einen Ruck. Jetzt oder nie! Sie sah aber an dem Manne vorbei zum Fenster hinaus, um leich ter sprechen zu können. »Vater, Jhr könnt mit mir machen, wag Jhr wollt, und wenn Jhr mich davoniagt oder todtschlaat, aber den KranseBauer heirath’ ich nicht. Niemals-! Kein Mensch lann mich zwingen, daß ich als a ungliicklicheg Weib bei dem istrause seinem Geld Wache halten oll." Der Bauer war außer sich. (Fr zit terte vor Erreguna am ganzen Leibe, und seiner Sinne nicht mehr mächtig, nahm er das Messer und wars es nach seiner Tochter-. Es streifte die verwundete Hand und blieb dann in der Diele sieden. Von der Berührung sing die Wunde wieder stärker an zu bluten, und Anna kam blihschnell ein Gedanke. «Lieber Gott, verzeih mir’s!« betete sie noch schnell, dann hielt sie dem risslich ganz nüchterne-i Bauern die Band hin: »So Vater —- uun ist's gar so toeit ,tomm’n, daß Jhr habt zum Mörder werden woll’n an Eurem eigen Fleisch und Blut.« Und mit unheimlicher Ruhe fuhr sie fort, indem sie die Hand absichtlich nach unten hielt: »Bin neugierig, was das Gericht dazu sagen wird.« Das Gericht, das war das einzige, wovor der Mann, der jetzt zitternd und bleich am Tisch lehnte, eine unbändige Angst hatte. Alles in der Welt —— nur mit dem Gericht wollte er nichts zu thun haben. Anna langte nach ihrem Kopftuch und wandte sich zur Thür. »Wart’ nur a bissel, Anna, nur a bissel noch. Es wird doch nicht gleich so schlimm sein.« »Das ist mir ganz egal, Vater, ob’s schlimm is oder nich —- das war ja nich Euer Wille, daß das Messer mich nur streifen sollt’, das wissen die Her ren vom Gericht auch ganz genau.« Dem Bauer war zu Muthe, als ob er plötzlich aus einer unermeßlichen Höhe herabgestürzt sei. Vater und Tochter hatten die Rol len getauscht. Der Anblick des Blut-s hatte den Mann umgewandelt; er war plötzlich zahm und klein und dabei voll innerlicher Freude, daß es nicht schlimmer gekommen war. Jetzt galt es vor allen Dingen, der; Tochter die Sache mit dem Gerichts auszureden. Er that dies so unge-; schickt, daß Anna bei jedem Wort seine » arosze Angst heraugmerttr. Sie tratt dicht an den Tisch, die verwundetei Hand so haltend, daß der grellrotheil Streifen dem Vater immer sichtbar blieb. Und es war mertwiirdig. Er lonnte auch seinen Blick davon nicht abwenden, es gina wie ein Zauber von diesem unseligen Streifen aus, der ihn bannte. Und in diesem Banne war er wie ein Kind, das die woblverdienteni Prügel fürchtet Anna’·5 Augen dagegen glänzten vor Siegesfreude und Glück. »Gut, Bater,« saate sie jetzt, »ich sage keinem Menschen außer der Mut ter, dasz Jhr mit dem Messer nach mir geworfen habt, niemals, ich schwör-e es ; Euch; und nun schwört auch mir, daß Jbr Euern Segen gebt zur Hochzeit mit dem Hans.« Jetzt war’s heraus. Anna hielt ihm die Hand recht ficht barlich Unter die Nase und ver Bauer schlug ein. Nun saßen sich Vater und Tochter am Tische gegenüber und feilssjten und handelten um ihr Le bensgliick. Es war am späten Abend. Anna war schen in ibrcr Kammer, und hier saß auch Anna’g Mutter, — eine ernste, stille Frau mit grauem Haar. ,,Kindel, wie freu’ ich mich, daß der Vater sich hat erbarmt.« Anna nickte glücklich. »Und nu, Mutterle, bet’ fiir mich — bet’, das-; mir der liebe Gott vergiebt, daß ich .heut’ gelogen hab’!« Es war ganz dunkel in der Kam mer —- nur Das Mondlicht sluthete breit herein. Anna war neben ihre Mutter zum Fenster getreten und sah mit ihr hin aus in die stille, traumhafte Schönheit der Nacht. » »Und wie er gejauchzt hat, der Hans, T als ich’s ihm gesagt hab’, und wie er» mich angeschaut, und wie sie alle sichs gefreut haben bei Riiffers — ach, Mut terle —- ich hab' wieder weinen müssen, aber diesmal vor Glück.« Dann flog wieder ein Schatten über ihr Gesicht. »Bet’ nur, Mutterle, bet’ kiik mich· Das ist das einzige, daß ich s nit ireifz, ob mir der liebe Gott verae ( ben wirD.« ( Die Hände der Frauen falteten sich. ( »Ich bi.’t Dich, vergieb!« sliiftertet Anna. Da löste sich vom Himmel ein ;- tern i und fqu immer tiefer und tiefer, bis sein g änzender Schein im tiefen Dun tel verschwunden war. ———-—---—-— -— Anekdoten von Lord Satt-dum. Wenige hervorngende Englänker haben einen solcken Reilchthum an Ma : terial in Anelooten geliefert wie Lord Salisburn, und manche dieser Ge- s schichten werfen vielleicht mehr Licht auf feinen Charakter als lanqe Biosgra pl)ien. In feiner Kleinian war Lord Saligbnry immer sehr nachlassia, In sein Geist stets von Staatsgesckäften .n Anspruch genommen war. An einem Leder-Tag war Her Premier biLs zum letzten Augenblick start beschäftigt Er stürzte nach Hause und nahm aus ei nem großen Biindel Unisormen, was ihm gerade zuerst in die Hände gerieth, so daß er schließlich einen Rock der El det Brethren of Trinity Haufe, das Beintleid eines Bizegouverneurs und den Hut der königlichen Schützen and hatte. Dazu trug er das Schwert und ! den Hosenband-Orden auf der falschen l Seite, und die Weste, die aus eineks Zeit stammte, wo et noch weniger statt i war, ließ zwischen sich und den Bein-l tleidetn einen »Hei-ten Augenblick«, wie! ei einst von einem anderen betiihmtens l t t Parlamentarier hieß . . . Diee feiner Laufbahn verbrachte M in ziemlich be chriintten Verhältn en, and er verdiente seinen Lebensunte lt zum Theil durch journaliftisehe ieit. Eine Zeitlang theilte er mi dem Kriegstorresopndenten Charles Wil liams die Wohnung. Solange- sie in demselben Zimmer wohnten, ließen sie sich Abends Bier holen und bezahlten abwechselnd, um einander Gastfreund schaft zu erweisen. Später lächelte Sa lisburh das Glück. Er wurde Mar quis und Premier, und Williamö, der gewöhnlich fern von London weilte, fah ihn jahrelang nicht. Da Salisbury als stolz und exclusiv galt, glaubte Williams, sein allter Kollege hätte ihn ganz vergessen. Aber als er eines Abends im Foyer des Oberhauses war, kam Salisburh mit ausgestreckter Hand auf ihn zu und sagte: »Wie ist das übrigens, Williams, wer muß heute das Bier zum besten geben?« —--. - —-—.--. Auch der wiltv«rånmte Juristerei-. virger s hat seine Geschichte. Die beste Sorte, der sogenannte ,,Kabinettswein«, der nur in höchste und allerhöchste Keller fließt, verdanken diese nur einem merkwürdigen Zufall —- der Vergeß lichieit eines geistlichen Herrn. Unter Umständen bringt auch ein kleiner Fehler Segen. Dieser vergeßlicke Herr war ein Fürstabt von Fulda (l.716 war der Johannisberg der früher den Benediitinern gehörte, an die Fürst iibte von Fnlda gefallen), und in An betracht der weiten Entfernung, aus der nun der kostbare Weinberg regiert wurde, ist es eigentlich verzeihlich, daß der neue Herrscher einmal vergaß, den Befehl zur Weinlese zu geben. Auf dem Johannisberg warteten sie und warteten sie, aber der Befehl kam nicht, und endlich, als die Noth am höchsten war, wurde Botschaft nach Fulda ge sendet. Nun kam natürlich die Ant wort: »Macht so schnell als möglich!« aker es zeigte fich, daß die Beeren nun schon angefault waren sodaß die Ge niijther neue corge ergriff. Um so angenehmer war dann die Enttäusch ung, als gerade dieser Vergeßlict;ieits Jahrgang von außergewöhnlicher Güte war· Jnfolge dessen kam nun der Auftrag, stets so spät als möglich Ernte zu halten und auch dann noch die blon gewöhnlich reifen Beeren von den ijlierreisen zu sondern. Der aus den letzteren aewonnene Wein aber-. die allerhöchste Sorte, erhielt den Namen Aabinettswein Wie deutsche Lehrer geehrt werden. Zwei Tragikomödien aus dem Leh rerleben, die nach der »Spand. Cor resp.« in der Provinz Brandenburg vorgekommen sind, verdienen der Nach welt überliefert zu werden. Die eine ereignete sich schon vor einigen Jahren. Jn einer Dorfgemeinde hatte der Leh rer sein halbes Leben lang mit Liebe nnd Treue an dem schweren Werk der Fiindererziehung gearbeitet und sich dabei nicht nur der Anerkennung sei ner Behörden, sondern auch der Liebe feiner Gemeinde erfreut. Als er starb, erhielt seine Wittwe, wie üblich, die damals recht schmale Pension. Die Noth der armen Frau ging den Ge meindegliedern zu Herzen; man be schloß, ihr einen Zoll der Dankbarkeit fiir das treue Wirken ihres Mannes Zu entrichten· Sei wurde denn in der lstenieindesitzuni folgender Beschluß gefaßt: »Ja Anerkennung der lang jährigen treuen Dienste, die der ver storbene Lehrer unserer Gemeinde ge leistet hat, wird seiner Wittwe für ihre fernere Lebenszeit ein — freier Sitz im hinteren Theil des Kirch schiffegs innter dem Thurm) gewährt!« Die zweite Geschichte hat sich vor Kurzem in einein Filialkirchdorf zu getragen, wo dem Lehrer die Ausgabe ebliegt, die Verwaltung des Fried bofH, ins-besondere das Anweisen der Grabstellen nnentgeltlich zu besorgen. Als er fiir diese Dienstleistung jüngst die Gewährung einer kleinen Entschä digung beantragte beschloß der Kir chenratln ..Dem Lehrer und feiner Frau werden fiir seine Thäiigkeit auf dein Kirchhof der Gemeinde je eine — freie Grabstelle aewährtt« Es gibt doch noch Dankbarkeit auf Erden. Beim Heiratlisvermittlen Heirathgvermittler Czeigt dem Kun den verschiedene Photographien von ziemlich häßlichen, aber reichen Frauen). Runde: »Na, na, etwas Besser-ev lann ich mir schon leisten.« Booliaf f.t »Ich lmldiqe in letzter Zeit fleißig dem Reitsport « »Ja, Jnr Pferd habe ich schon mehr mals gesehen.« Glosse. (Frei nach Goethex Gegen große Vorziiie eines Anderen giebt es kein Rettunasmittel « als das Bewußt sein, einen großen Geldsack zu haben. Frech. Richter: »Ich verstehe nicht, wie Sie diesen gutmüthigen Menschen so übers Ohr hauen konnten!« Gauner: »Na, probiren Sies doch einmal bei nein Gerissenerent" Rom-millime »Nein, nein!« machte sie die Thisre zu. —- Doch aber vielleicht-— ———« öffnete sie dieselbe zögernd wieder.— M nein und tausendmal nein! Uchlug He sie euvgtltig zu.