Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, October 16, 1903, Zweiter Theil, Image 12

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    Die vereitelte Flucht.
Ein Abenteuer in Venezuela
Von Karl Pauli.
Es war tut nach Ausbrnch des ge
Vätttg n immer nicht beendeten
Argument-T noch war das Innere
nnd keine Veranlassun zur Be
sniß vorhanden. Augbruche von
rgerlriegen sind nämlich in jenen
gefranzten Himmelsstrichen etwas so
IctoölfnlicheC daß niemand besonders
daran achtet. Meist handelt es sich nur
um die Auspliinderung einiger Harten
das und die Bekundung der öffentlichen
Lassen dieser oder jener Stadt, moran
der «Aufftand« von den Regierungs:
tr den niedergeroorfen wird
ie glücklichen Erfolge dieser soge
nannten Truppen sind leicht zu begrei
fen, wenn man bedenlt, daß sich unter
dem giebentausend Mann starren stehen-—
' den eere Benezuelas allein vierhun
dertunofiinfzig Generäle befinden, das
heijzi bei Ausbruch des Ausstandes
metfl nur noch oierhunoertneunund
vierzig, denn einer der Generäle ist ge
wöhnlich der Führer des Revolutions
drei-ei
Sind jedoch die Regierunggtruppen
nicht im Stande, die Aufrtiyter zu
Etlaaem so kommt es darauf an, od
General derselben genug Geld auf
zubringen vermag, seine Soldaten zu
bezahlen, sonst lassen ihn dieselben er:
barmungslos im Stich, um sich oon
der Regierung anwerben zn lassen. Hat
aber der unzufriedene General Geld,
und zahlt er gut, so kann es auch pas:
n, daß die Regierungstruppen zu
tbm überlaufen
Also, wie gesagt, es war ganz im
Anfang der gegenwärtigen Wirren,
Niemand wußte, ob der aufgestandene
General —- ez wurden die verschieden
ften Namen genannt — Geld hatte oder
nicht« es konnte also Niemand ;vissen,
toie die Geschichte enden werde, und
man zerbrach sich auch zveiter nicht den
Kodf darüber, besoner in jener Ge
end nicht, in welcher ich mich damals
aufhielt, weil dieselbe ziemlich weit von
dem Schauplatz der Ereignisse in der
Nähe von Esmeralda im Territorium
Amazortaå lan. Dort besaß ein Beter
von mir eine Hacienda, und aus dieser
hielt ich mich, theils als Besuch, theils,
da mein Vetter öfters Reisen machen
mußte, als Schutz iiir Frau und Kin
der aus· (
Es gefiel mir recht gut da unten-,
die Arbeiter, meist Jndianer, waren
gutmüåhige, gesällige Burschensdie nur
den Unterschied zwischen Mein und
Dein absolut nicht begreifen konnten —
na, da mußte man ihnen eben schars
aus die Finger sehen. Die Familie
meines Vetters, eine Frau und drei
Kinder, war entzückend, und ein Ver
wandter oer Frau. der, wie ich scherz
hast behauptete, um wiederum mich zu
bewachen im Hause lebte, war ein sehr
lieber Mensch. Die Hacienda selbst lag
in einer gesunden Gegend· romantisch
auf dem Gipfel eines lleinen Felsens
die Niederlassung war schon sehr alt
nnd hatte früher Klosterzwecken gedient,
starke Gebäude mit meterdickenMauern,
die gewölbten Raume darin ungemein
kühl, eine große Annehmlichkeit bei dem
dris- Kli jenes Landiirichs.
s ei ge Uebel, welches mein
Leben trübte. war die Jnseltenplage,
in welcher die Moslitos den obersten
Rang einnahmen — aber man wandelt
eben nicht ungestraft unter Palmen.
Von dem Ausstand hörte man in
jener Gegend wenig, die Verbindungen
sind schlecht, sie Entfernungen groß,
Zeitungen aus Caracas bekamen wir
wohl. aber dieselben sind so unzuoers
lässig daß man lieber immer erst die
sestatigtrng eines Augenzeugen ab
wartet, ehe man an die gemeldeten
Ereignisse glaubt.
So reiste denn mein Vater eines
Tages wieder ohne weitere Besorgniß
ab, mir wie gewöhnlich die Verwaltung
deIGutez anvertrauend.
Die ersten Tage verlieer in unge
störter Ruhe. Da drang aus einmal
die Kunde von räuberischen Uebersällen
In Landhäuser und Dörser in der
Wabe an unser Ohr. Die Nachrichten,
die erst sehr unbestimmt austraten,
wurden mit der Zeit bestimmter. Eine
III-Hinw- Iuv «II50IIIIdeM Ilfmsf
v--s- ----»D
so hießes, Bhabe sich nach Alto Orinoco
Hewrsen und brandschzine das Land
a einzelne Truppentveile sollten sich
sogar bis nach dem alten Arn-Unme
ieteitocium wagen, und auch dort lfr
pressungen ausüben
Das waren sehe unangenehme Nach
richten, denn wenn auch die Hacienda
meines Vetters dank der Vorsorge der
Alten Mönche im Nothfall hätte ver
theidigt werden können so hätten vix
Längeten Widerstand einer größe
den Truppenzahl doch nicht leisten
können. Was also thun? Verthei
· te ich die hacienda. so konnte
sicher sein, daß sie vollständig
avkgevlündert wurde- oertheidigte ich
L nicht so trat dasselbe ein.
Ich war seht unruhig und ver
les-We dieAbteise meines Vetters aus
Affe-I Verzeih Um jedoch aus alles
schreitet zu sein oertheilte ich Ge:
M an die Gutsaebeitee und ließ alle
set stände iin Garten vergra
ies. In wartete ich der Dinge, die
II list-ten ostw
sch den nicht lange u warten.
M Abends erschien eine bineilung
Umst« vor dem Thvr der hacienda
EIN seit dein Anstaan ernsteer
te- sieis seschlossen gehalten
the ich gesagt, aber wie
Bd Ietle ani! Nicht ein einziger
Bisses-n mir vier oder süas hat
I
s Ob sie es thaten, weiß ich nicht, es
ser zeichnete sich durch lange Stiefel, .
; vor den anderen aus —- zu rnir heraus
s ries: »Der tapfere General Niero, der
, ..-,.. «.·.«...-.1
ten eine Art voldaienmutze nur zwei «
StieseL Weiße waren gar nicht unter -
derTruppe die ausnahmslos aus Mu
latten arndos und Jndianern be
stand, sel st der Ossizier, der siesiidrte l
sah verzweifelt duntetsarbig aus. Derl
Trupp mochte etwa dreißi bis vierzig —
Mann itart sein Bewussnet waren
die Kerle mit Gewehren der verschie
densten Konstruktion. :
Mich einer solchen Bande aus Gnade
oder Ungnade zu ergeben, fiel mir gar
nicht ein, vielleicht aber liest sich mit ihr
unterhandeln
Jch stellte also zunächst alle meine
bewaffneten Leute in möglichst aiinsti- s
gen Positionen aus« so daß sie Em
Feinde gesehen werden mußten.
sollten Schrecken und urcht erregen.
schien jedoch nicht so, denn die Truppe
rückte bis dicht vor das Thor, wo sie·
sieben blied während der Ossii ier —I
einen Schleppsäbel und riesige Sporen
glorreiche Retter des Vaterlandes., be
fiehlt dir durch mich, sosort das Thor
zu össnn.«
Jch hatte rnir Senor Fernando, den
Verwandten derFrau meines Vetters.
als Dolrneticher derangeholr, und dieser
antwortet auf meinen Befehl: »Der
tapfere Kommandant Pauli der glor
reiche Vertheidiger dieses Kastells läßt
dir durch mich sagen, daß es ihm
nicht einfieie, dasThor zu öffnen, augJ
daß du idrn einen gültigen schriftlichen
Befehl oorzeigst. «
»Da-J habe ich nicht nöthig,« entgeg
nete der Ossizier, »ich selbst bin der
Befehl «
»Und ich habe nicht nöthig, einem
solchen Beseht Folge zu leisten!« gab
er zuruck
»Dann werde ichGewalt anwenden!«
schrie der Offizier.
»Und ich werde dieser Gewalt Trotz
biete-W ries ich.
D-n Geseyen muß jeder gehorchen!«
entgegnete er. «
So tin-g der Wortwechsel hin und
her endlich erklärte er daoon absteden -
zu worlen, die Hacienda zu beiesem
wenn ich mich verpflichte, hunderttau
send Bolioareg ietxva achtzigtaufendz
Markt m zahlen ;
Jch lachte und bot ihm zwei die ichs
eben in der Tasche hatte. Darüber;
wurde er sehr döse und schwor einen i
gräßlichen Eid: entweder miisse er das ;
Geld erhalten, oder er wolle oon dem
Kastell nichts übri lassen als die
« Stelle, aus der es ge ander-: woran
ich ihm androhie, daß ich, wenn er sich
nun nicht bald aus dem Staube mache,
von ihm nicht einmal die Stelle übrig
lassen würde, wo er gestanden habe.
Er ermäßigte daraus die zu zahlende
Summe erst aus achtzig-, dann auf
fünfzig- und zuletzt aus zwanzigtau
send Bolioares.
Selbst wenn ich ihm diese Summe
hätte geben wollen, ich hätte sie gar nicht
besessen außerdem lag aber gar tein
Grund vor uns auspliindern zu lassen:
das alte Kloster war sest ein Dors
oder eine Stadt, in welcher sich die
Truppe hätte verprooiantiren können.
war in nächster Nähe nicht vorhanden, s
sie tonnten sich also teinezwei Tage ins
der Gegend halten. s
Jch ging daher wieder zu einer ern- s
steten Tonart über und ließ dem Ofo i
zier durch Fernando sagen, daß ich jede s
weitere Forderung als Drohung aus
sassen Und ohne weiteres seuern lassen 2
würde, falls er sich nicht mit seinen
Leuten entferne.
Diese Drohung wirkte. Der Disizier
zog sich zurück, beredete sich mit seinen
Leuten und marschirte ad, nachdem er
zwei oder drei Salden aus die Hacienda
hatte geben lassen.
Da die Schüsse teinerlei Schaden
anrichteten, ließ ich sie unerwidert in
der Großmuth des Sieger-s, der die
ohnmächtige Wuth des schwächeren
Gegners oornehrn belächelt
Ja, ich war sehr stolz und wurde noch
stolzer durch die Lobspriiche, mit denen
mich meines energischen Auftretens
und meiner bewiesenen Tapferkeit we
gen, die Familie meines Bett-: rg sowie
die Dienerschast der Hacienda über
schüttete
-—--————--·--—---.
Lei:er sollte die Freude nur oon
kurzer Dauer sein, denn wenige Tage
skäxer erschien abermals ein Trupp
Soldaten vor der Hartenda, und zu
meinem Schrecken erkannte ich unter
ihnen den Leiter der ersten Expedition
Da die neuangetomcnene Adthseilung
et.va fünfhundert Mann start sein
mochte, so iviire jeder Widerstan:
Wahnsinn gewesen, ich' gab auch oon
vornherein jeden Gedanken daran aus,
und die Soldaten sanden bei ihrem Er
- scheinen die Thore der Hacienda weit
offen. ·
Dieses Entgegentommen sollte mir
- und den meiner Obhut Anoertrauten
; jedoch wenig nähen. Ohne irgend eine
Vorbereitunq wurden die Frau meines
Vetters, Senor Fernando und ich,
gleich nachdem die Soldaten das Haus
besth hatten, gefesselt und vor ein
Kriegsgericht gestellt.
Da- Betsahren roar sehr kurz und
sumrnarifch. Ali Antläger und Fuge
diente der Ofsizier der ersten A hei
lung. Da die Verhandlung in spani
scher Sprache geführt wurde, und noch
dazu einem Spanisch, welches mit in
dianische-Meiner start durchseyt war«
so konnte ich derselben nur schwer fol
gen, aus den ernsten, verdrießlichen
der Richter ersah ich jedoch.
das die Angekgenheit leirieiwegö
sänsåg fär un- sre-nd. Aber das wahre
Ende konnte ich nicht ahnen: wir drei,
die Frau meines Wi, Sen-r Zer
nando und ich, wurden nach einer etwa
zwanth Minuten dauernden Verhand
lung zum Tode verurtheilt. Die Exetui
zirkn sollte dem tlrthetlsspruch dteett
o n.
ch protestirte heftig, aber ohne Er
solg, vergebens beries ich mich daraus,
daß niemand den Ofsizier kannt, daß
derselbe teine schriftlichen fehle hab-.
dorzeigen können, und daß sein Austre
ten und seine Erscheinung sowie die sei
ner Leute so wenig militeirisch gewesen
sei, daß ich nicht hätte entscheiden tön
aen, ob ich überhaupt Soldaten vor mir
gehabt hab-F
Dieser hie Beweisgrund sollte mir
mehr schaden wie nähen, jedenfalls
hatte er nur den Ersolg daß mich der
Vorsihende des Gerichts, wohl auch zu
gleich der höchste Ossiziet des Kom
amndos, ein Oberst, wie ich vermuth:
--— wenigstens trug er Epauletten, wie
ich sie bei den Obersten der reguliiren
Armee gesehen hatte -—— ein kleiner, be
weglicher Mann mit gesträubtem. an
den Spitzen ergrautem Schnutrbart
und dichtem, ganz turz ge chnittenem
Haar, wüthend mit den ’ orten an
suhr: »Was Soldat! Die Unisorm
macht den Soldaten nicht aus« wenn
wir auh nicht so geputzt herumlausen,
wie die Paradepuppen in Europa,s wir
sind doch mindestens eben so gute Sol
daten!«
Mehr Eindruck machte meine Droh
ung, das Deutsche Reich werde siir un
seren Tod Rechenschaft sordern; aber
erst die Bitte meiner Base nach einem
Priester bewog den Obersten dazu, die
Exeturion auszuschieben bis ein solcher
herbei eholt set.
Auf seine an mich gerichtete spöttische
Frage, ob ich vielleicht einen deutschen
Priester wünsche, antwortet ich, obwohl
mir durchaus nicht zumScherzen zu
Muthe war, daß es mir am liebsten
wäre, wenn mich mein Münchener
Beichtvater zum Tode vorbereite. Jch
würde gerne aus ihn warten, wenn
man nach ihm schicken wolle.
Der brave Oberst schien jedoch teinen
Sinn für Humor zu haben, denn er
lzurtte nur die Achseln und befahl, uns
in sicheren Gewahrsam zu bringen
Man sperrte uns darauf in einen der
Keller.
Wenn ich daran zurüddente, welche
Stunden der Anast. Quat und Ver-«
zweifluna ich in diesem dunklen Raum
zugebracht habe, überläuft mich noch
jetzt ein Grauen· Sterben, erfchossen
werden, die Sonne, die Welt nicht mehr
sehen —- fterben, ganz ausgelöfcht fein!
— War es denn möglich?! Wie wahn
sinnig rannte ich in dem Gewölbe auf
und ab, die hände geballt, die Zähne
zufammengebissen
Mit meinen Kerlergenoffen tenntt
ich wenig sprechen. Fernanoo fah
ftumpffinnig vor sich nieder, und meing
Bafe weinte und betete unaufhörlich
und jammerte nach ihren Kindern.
Der Keller, in den man uns gesperrt,
war ein ziemlich großes Gewölbe, faft
ganz dunkel, und erhielt nur ein wenig
icht durch zwei in der Mauer ange
brachte fauftgroße Oeffnungen. Zuerst
beachtete ich den Umstand nicht« als ich
aber etwas ruhiger eworden war, fiel
mir das Ungewöhnl che desselben ooch
auf. Ein Keller mit derartigen Fenster
öffnungen —- wie war das möglich?
Da fiel mir plötzlich ein —- und der
Gedanke durchrieselte mich mit eisigem
Schauer —, daß der Theil der Ha
cienda. zu dem diefer Keller gehörte,
an dein Berg emporgebaut fei, die
Wand desselben alfo, in welcher sich di
Fenster befanden, über dem Erdboden
stehe. Jch erinnerte mich ferner, daß
ich aus diefem Keller eine fogenannte
Gssse. einen Wasserabfluß hatte ber
ausragen sehen. Gelang es mir, oiete
Goffe zu finden, fo tonnten wir durch
dieselbe vielleicht entfliehen.
Jch theilte meine Entdeckung Senor
Fernando mit und fragte ihn, ob er
wohl Streichhölzer bei sich habe.
Fernando erwachte bei der Aussicht
auf Befreiung sofort aus feiner Apa
thir. Ja, er hatte Streichhölzer und
wußte auch ungefähr, wo die Gosse
sich befand.
Wir fuchten zusammen die Wände
des Kellers ab, ebenfo den Fußboden
Eine mühfame Arbeit, denn die Gasse
war als Merausaufi oielleichtfchon
iiber hundert Jahre nicht rnehr benutzt
worden die in s Freie führende Oeff
nung war also möglicherweise zuge
mauert, jedenfalls aber verstopft, das
bewies schon der Umstand, daß tein
Licht von außen hereinsiel. Lange und
angestrengt suchten wir, dabei unsere
Streichhölzer so gut wie möglich scho
nend, denn der Vorrath tvar gering.
Endlich fanden wir die Stelle, wo die
Gasse sein mußte — aber wie fahes
dort aus! Ein großer Haufen Steine
und Geröll lag da, von einer Oeffnung
nicht das Geringste zu sehen.
Zuerst hieß es, den Schutt megschaf
sen. Welche Arbeit! hatten wir doch
keinerlei passende Werkzeuge Und
dabei war ei vielleicht ganz nu los-,
denn jeden Augenblick kannte der rie
fter eintreffen, und dann zählte unser
» Leben nur noch nach Minuten.
l
l Trotzdem gingen wir eifrig an die
; Arbeit, irn Dunkeln natürlich, aie rau
meines Vetters wurde an die hür
, pdftirt, um uns zu warnen, wenn je
k mand käme, und so hatten wir alles
- gethan, was wir überhaupt thun sonn
E teu.
; Glücklichertveise hörte uns Niemand,
ider Oberst und die Seinen mußten es«
sich in der haeienda ganz gern ge
macht haben, denn weilen nie lan
tei Lachen und Gea ang in unsere Ein
sfarnteit Uns schien man völlig der
igessen zu haben. Bon· Zeit Mk t ta
j men, spieesschien, größere Inn
gen neuer Puppen-, d an galt
also nicht ausschließlich uni, war nicht
allein zur Bestrafung unseres Unge
7 borsame ausgeschiat, sondern es fan
den augenscheinlich größere Truppeni
bewegungen in dieser Getäud statt.
Aber wozu dies hier, in die er großen
Entfernung von der Küste? r es den
Regierungstruppen gelungen, die -
- fargenien soweit zurückzudrängen, o r
z hatten wir es mit den TruppenCafiroi
- selbst zu thun? War das Ganze viel
leicht nur ein Beuterg nach Proviant
und Geld?
Was es aber auch sein mochte, nichts
verbesserte unsere Lage, denn der ge
schlagene Feind ist selten großmütheg,
der zum Furagiren ausgefchictte Trup
penfribrer muß sich Respekt verschaffen
und sirtuirt deshalb gern ein Exempel,
um etwa Böswillige gleich von vorn
herein einzufchiichtern.
Die einzige Rettung. die uns winkte,
war die Flucht.
Wir arbeiteten deshalb mit fieberhaf
ter·Eile. brach die Nacht herein, ehe der
’ Priester erschien, so waren wir gerettet;
Fernando tannte jeden Weg und Steg
in der Nähe und versprach bestimmt,
s uns, wenn wir uns nur erst einmal im
’ Freien befanden, in Sicherheit zu brin
gen.
; Nach langer mühsamer Arbeit war
’ es uns endlich gelungen, die Oeffnung
in der Wand frei zu legen, allein sie
war viel zu eng, um hindurchtriechen zu
tönnen, erst mußte sie erweitert werden.
s Hatten wir ein Brecheisen gehabt, fo
! wäre das eine Arbeit oon einer Viertel
- ftunde gewesen, so aber hatten wir
, nichts als unsere Tafchenmesser, und
i daß wir noch im Beside derselben wa
s ren, dantten wir auch nur der Unachi
I samteit der Soldaten, die uns alles,
! was wir bei uns trugen, auch unsere
Uhren, elassen hatten.
Die auer war nicht sehr dick, den
noch war es eine fürchterliche Arbeit,
mit den schmalen Klingen der Taschen
k messer den Kalt aus den Fugen zu
l kratzen. um dann die Steine mit den
s Händen berauszubrechen. Wir mußten
T unseren ganzen Streichholzvorrath da
« bei aufbraurhen.
» Als ras letzte abgebrannt war, sah
«i bei aessen ersterbenaem Aufflactern
nach der Uhr. Es war Zehn vor
über. Hatten wir noch eine Schachtel
IItvoinbbPrires nd» ein Dicht ofbabf.
; wir wären gerettet gewesen. Jui
: Dunkeln aber konnten wir nicht wei
k ter arbeiten. Wir lehnten uns er
schöpft und apathisch an die Mauer.
Niemand sprach, wohl zehn Minuten
lang herrschte Todes-schweigen in dem
s dumpfen Gewölbe. resignirt starrte
I Jedir vor sich nieder.
) Plöhlich suhr Fernando aus« »Sie
tomment« stieß er dumpf und hastig
heraus.
Der Schauer des Todes lief über
meinen Leib. Gespannt lauschte ich,
aber es war nach den Tritten nur Ei
; net, der die Treppe herab lam. Ge
l Fig war es der Priester, der Todes
i ote.
Die Thür öffnete sich. Ein Soldat
; trat ein. Er trug einen Basttorb in
: der hand, in welchem sich kleine
Z Brote und Stücke kalten Fleisches be
j fanden.
z Schweigend stellte er denselben aus
Edie Erde und wollte sich wieder ent
s fernen.
Z Wenn wir die Laterne gehabt hät
iten, die er trug! Jch slüsterte Fer
nando zu, den Sol-baten zu ersuchen,
die Laterne dazulassen. Fernando
T that es auch, aber der Soldat schüt
telte den Kopf. und erst als Fernando
ihm alles Geld gegeben, was wir bei
uns hatten, stellte er die Laterne wie
der aus die Erde und entfernte sich.
Mit Mühe unterdrückte ich einen
Aufschrei der Freude. Hatten wir jetzt
nur zwei oder drei Stunden Zeit, so
waren wir gerettet!
Mit fieberhaftem Eifer gingen wir
von Neuem an die Arbeit, die jetzt viel
kschnellet von siatten ging, weil wir
igutes und stetiges Licht hatten. di-.
i uns ader doch wohl taurn gelungen
- sein würde, wenn nicht der MörteL
zder die Mauer zusammenhieit, sehr
E brüchig und schlecht gewesen wäre.
: Damit wir mit dein Essen teine
; Zeit verloren, brach die Frau meines
F Vetters das Brot in tleine Stücke und
jsteckte uns dasselbe während des Ar
; beitens in den Mund.
I Langsam ging die Arbeit vorwärt,
iStein aus Stein wich, und es war ge
igen Mitternacht, als ich den ersten
iVerfuch machte, durch das erweiterte
Z Loch hindurchzutriechen
I Jch kam nicht weit, er- war noch
spiel zu thun, besondere ein großer
F Stein an der äußeren Mauer mußte
entfernt werden. Um dieien zu
lockern. war es nöthig, mit halbem
» Leibe in das Loch hineinzutriechen.
Erft arbeitete Fernandv, dann ich;
«nach einer Stunde hatten wir den
Stein soweit gelöst, daß er wankte,
noch zehn Minuten, und er fiel, und
der Weg zur Flucht stand uns offen.
Da dassirte mir das Unglück, daß
mir mein Messer entglitt nnd außer
halb der Mauer hinunterfieL Da sich
, die eigentliche Oeffnung der Griffe et
wa einen Meter über dern Erdboden
befand, is konnte ich es nicht mehr
erlangen und mußte zurücktriechenz
doch war ich iiber rnein Mißgeschick
weiter nicht ärgerlich, in wenigen Mi
nuten waren wir ja frei. Ich sprach
meinen Schicksalsgenossen Muth zu
und lpar eben im Begriff, wieder in
das Loch zu kriechen. als auf einmal
Stimmen laut wurden und wasserr
tlierende Schritte die Treppe herun
tertanien.
Die Tbtit fliegt auf, sajonette und
Osthrtänfe blifn im Wliichks
« -
stusen der Treppe.
Das war nicht der Priester —«- fie
kommen, uns zum Tode zu itihreni
So nah der Freiheit, sollen wir doch
n verloren sein!
ine namencose Muth erfaßte mich,
und Fernandos Messer irampshaft
nackend, beschließe ich, mich auf den
kleinen Obersten, unseren Richter, der
langsam die Treppe herunterkommt,
zu stürzen und ihm das Messer in die
Kehle zu jagen, damit wir die Reise
ins Jenseits zusammen machen, und
er uns wenigstens nicht ungestraft er
l morden läßt.
; Ader das Erscheinen eines hohen,
; schlanten Offiziers, der die Abzeichen
f eines Generals trug, hielt mich ab —
L zu unserem Glück, denn taum waren
Z die beiden Ofsiziere die Treppe herab
; gekommen, als der General schon rief
Sie sind alle sreii Jhre Gefangen
Mbme war ein Mißgriff. Sie stehen
; unter deutschem Schuf und einer der
» Herren hinter mir ist ogar ein Deut
I scher. Der fluchwiirdige Verräther
iCastro hat es gewagt, Deutschland
»feinselig entgegenzutreten, wir aber
? sieben Deutschland u. respektiren sein
" Eigenthum und seine Bürger. Jch bitte
« den deutschen Senat, dies zu vertan
den, wenn er wieder in fein schönes
Vaterland zurücktehrt, und wenn er es
oermaa, seiner Regierung von unserer
J Meinung Kenntniß zu geben!«
Mit einer höflichen Handbewegung
nach der Treppe lud er uns sodann ein«
zur Freiheit emporåusteigen
II c
Am anderen Morgen schon mar
schirten die Truppen wieder ab.
Acht Tage später tam mein Vetter
zurück, der nicht wenig erschrak, als er
hörte, in welcher Gefahr wir geschwebt
hatten.
Ich aber hatte genug von Venezuela
udn verabschiedete mich bald von den
lieben Verwandten, mit denen ich so
schwere Stunden durchlebt. Mein Weg
führte mich über das Kloster, aus wei
chem damals der Priester geholt wer
den sollte, urn uns zum Tode vorus
bereiten. hier erfuhr ich auch mi- inf
unsere Rettung zugetragm Der in
» jenem Kloster im Quartier liegende
General hatte kaum gehört das; es
s sich um die Frau und den Verwandten
eines deutschen Hazienda - Besitzers
» handellte, als er in große Aufregung
aerieth und theils aus Respekt vor
sDeutschland, das damals eben seine
fersten energischen Schritte gegen Ve
; nezuela unternahm, theier aus Feind
ischast gegen Castro, unsereBesreiung
noch in derselben Nacht bewerkstelligte.
Nun, es war ja so recht schön, aber
ossrn gestanden trage ich es dem
Manne noch heute nach, daß er unsere
so romantisch angelegte und mit sol
cher Mühe vorbereitete Flucht der
eitelte.
»Es
Freude- ssher sinkt-finstern
«Das höchste Glück hat keine Worte«
—- so sagt der Dichter-. Die 'tiesste
Freude ist stumm, und das Uebermaß
reißt denMenichen an die gleiche Stätte
geisti er Verirrung wie das Uebermaß
der Sorge· Aber so sonderbare und
trästige Aeußerungen im Uebermasz der
Freude, wie sie ein ehrsamer Schuster
geselle aus dem Schwarzwalde beim
Gewinn eines Theils des- großen Lod
ses gezeigt haben soll, dürften noch sel
ten beobachtet worden fein. Der Ge
selle war, so erzählt die »Tris. Zig.«,
nicht gerade Meister in«seinem Fach
lnicht am Meister-Patent, sondern an
der Güte der Arbeit hemessen), und
sein Eollege Peter hatte im Laus der
Jahre manchen Strauß mit ihm aus
zusechten. Der Andreot schluckte die
bittersten Pillen ruhig und ergeben und
sohlte ruhig weiter, so gut er tonnte;
denn seine Ahnungen führten ihn über
menschliche Unvollkommenheiten hin
weg. Diese Hoffnungen trogen nicht;
eines Sonntags trat der Brieftröger
zu ium, und es war mirtlich wahr: der
Anoresl hatte einen Theil des gro en
. Looses gewonnen, 40,()00 Mar ! r
» czlridresl war allein daheim. Er steckte
den Knieriemen in die Tasche, ruekte
den Schusterschemel in die Mitte der
Werkstätte und sintulirte beim dam
;ptenden Pseisehen bis in die Nacht
s hinein. Und·ali Pan-n Follege Peter
FL LUUL
Ocllllgcllsllcl llllll, Illqllc Mc UIW Plus
; lich am Genick und am hosenboden zu
i gleicher Zeit gepackt; er tonnte nur mit
den Händen in der Luft herumsuchteln
T und sant wagerecht auf den Zchemel,
hörte den Knierietnen pseisen und hatte
alsbald allen Anlaß, sich einen Theil
» des Körpers tröstig zu reiben. Kein
Wort wurde laut und der Peter lam
» nicht einmal dazu. sich den schlagferti
gen Richter anrusehem sondern flog
nach der Erecution in das Schlaftäw
tnerchen neben der Werkstatt, schob vor
Schreck den Riegel vor und gedachte
den Thatbestand itn Lichte der Sonnen
i auszutliiren. Jrn Lichte der Sonnen
aber sah er den Andresl nicht mehr,
der über alle Berge war. Dann hörte
Peter von dein großen Gewinne. Da
war ihm des Rsthsels Lösung leicht:
auch dem Andresl war die Freude ein
schöner Göttekfunten gewesen » auf
seine Art.
— NO kuts
«Einsncher ist ja die neueste Athe
graphiy aber noch schZner wär's halt,
wenn alle Buchstaben weggefallen wä
ren.« «
Leise stehn-III
Urzk »Da rnuß ich Ihnen was
verschreibent«
Patient: Mite, verschmähen Sie
sich nur nichts« ,
l sann-u se- iten-km sue-Im M
i Ortes von um«
; Nicht ohne Interesse diirfte über die
k en Punkt die Ansicht des Geschicht-l
i chreibers der Napoleonischen Arra,
k rederic Masspn, lein, die Adolphe
I risson mittheilt. Als man einst bei
. einem Gespräche die ganze Verantwort
lichkeit für diesen Krieg bek Kaiserin
u chob, erklärte Massan ein solche, in
Frankreich allgemein verbreitete Met
nung fiir sehr gewa t. Zunächst
breche hierfür ein Aufgkiih dem er
elbft betgetvohnt habe und bessert
l kleinste Einzelheiten aus immer seinem
YOU-schmiß einverleibt blieben. »Es
! war«, erzählteMassom ain dein Au en
Eblich als ver Kaiser mit dem la er
lichen Prinzen u seinem General asb
abreiste. Dem ringen hatte man bei
der Gelegenheit vie Uniform eines
Unterleutnants angelegt. Noch sehe ich
ihn vor mir, wie er stolz und lühn, die
reude in den Augen« seinen langen
äbel schleppen ließ und mit seinem
sporenllirrenden Stiefel den Boden
stampfte. Die Mutter nahm ihn in
iihre Arme, küßte ihn leidenschaftlich
und murmelte: »Thue Deine Pflicht,
E Louis!« Und als Napoleon und der
i rinz verschwanden waren, brach sie in
ftiges Schnur-gen aus. Wir ver
achten sie zu tröttem wir sprachen von
den bevorstehenden Siegen, von der
Tüchtigkeit der Offiziere und Truppen.
. »Ich weiß dat- Alles,« sagte ste, »und
habe die beste Hoffnung; aber mein
grz ist bedrück:; la en Sie mich, meine
rren, ich bedarf der Sammlung und
des Gebetes.« Den Einwand, daß das
. Entsetzen der Kaiserin darch deren Ge
wissensbisse über ihre nndorsichti
lEntfesfelun des Krieges und die ig:
; bei Mißerqfolg bevorstehenden Bor
; würfe erklärlich sei, hielt Massen sitt
lviillig unberechtigt. Er führte ihren
Schrecken auf einen Vorgang zurück,
der sich einige Jahre vor der französi
schen Niederlage in Biarrid abgespielt
, hatte und den er folgendermaßen
wiedergab: »Das lseriichtigte Medium
Hans bildete damals den Hauptreiz
« der kaiserlichen Abendunterhaltungz
- Hume gab Zazrdetoorftellungen, wobei
Her gewisse Erscheinungen feiner
Taschenspielertiinite auf den Einfluß
der Geisterwel: iurLiafiiitrtr. Eines
Abends tviedertsioire er ein Experiment
Cagliostro·s, inteni er sich erbot, vder
»aus-nun »Ist-l sjutullst lll clllkl
Wasserkarasse zu zeigen. Die Kaiserin,
» die als Spanierin für das Wunderbare
! schwarrnte, dar damit einverstanden.
s hume hob die Flasche gegen die Lampe,
;die Kaiserin trat ängstlich heran und
« erlannte oder glaubte in den regens
; bogenartigen Lichtstrahlen ein den
? Tuilerien ähnliches Schloß, sowie das
! Datum 1870. and zwar dieses in blu
tiaer Schrift, zu erkennen. Nun erging
; sich die Kaiserin am 15. August 1870
sim Garten der Iuilerien. Die Oihe
z war erstickend. Die Pariser begannen
. infolge der täglich von der Grenze ein
: lausenden ungünstigen Nachrichten un
; ruhig Tu werden, und besorgt lauschte
« die Ka serin auf das durch das Garten
Sitter dringende Geräusch. Plötzlich
i erbleichte sie. Bei einer Wendung des
iKodses hatt: sie entdeckt, daß der ge
waltige Bau der Tuilerien sich von
einem mächtigen Feuerhimtnel abhob.
Es sah so aus, als wenn ein gewalti er
; Brand die Gehn-Eh oie hohen Fenter
und die vergoldeten Baltons der kaiser
lichen Wohnuna verzehrte. Und die
Kaiserin schrie: »Die Prcsphezeiungl
Hätte der Kaiser doch auf mich hören
wollen!« Ob sich aus derartigen Vor
gängen, bei welchen das weibliche herz
und weibliche Nerven eine das Staats
wohl überwiegende Rolle spielen, in
defz Geschichte machen läßt« dürfte doch
recht zweifelhaft sein.
-——--—-.-.s-«-—
stssarki stteseh
Wie Herr d. Bismarct als Ausiulg
i tator einem Schuter in der Mai-n
siraße Pünttlichteit lehrte. Dieser hatte
ihn trotz dei bündi sien Versprechungen
schon mehrmals au unangenehmeWeise
i im Stich gelassen. Als das nun wieder
einmal geschah. erschien mor ens um
sechs Uhr beim Schuster ein ote mit
der einfachen Frage« «Sind die Stie
fel für rrn von Bismaret fertigt«
Auf die erneinung des Meisters ent
ernte sich der Bote, aber nach zehn
inuten: »Nun ling, tlin lin ! e n
zweiter Unter ind die sie ol Mk
Herrn von Bismarel fertig?« unb fo
ging es von zehn Minuten zu zehn Mi
nuien, immer bieielbe Frakze1 den gan
zen Vormittag, den ganzen achmittag,
bis am Abend vie Stiefel fertig waren.
Dieser Schuhmacher wenigstens hat
Bismarck niemals wieder auf seine
Stiefel warten lassen.
HON
Kaifer Wilhelm ils heller-.
Eine junge Schweizer Dame aus
Konstanz, die Auiogramme sammelt,
schrieb eines Tages an sämmtliche eure-:
.· piiifchen Souveriine, sie um Aurograms
me fiir ihre Sammlung bittend. Nach
längerer Zeit traf auf alle ihre Briefe
eine einzige Antwort ein — von Kais
Wilbelm. Darauf richtete bie Schwei
k zer Dame ein Dantschreiben an den
peutfchen Kaifeh in bem sie sich iiber
ihren Mißerfolg bei ben anderen zür
fien bella te unb in naioer Weise den
Kaifer achte. ihr doch in biefer Wi
fere zu helfen. Wenige Tage später
empfrnUe m der That einen reloms
manbtr Brief, ber sutogramme m
dsr Mehrzahl ver eures-Zischen Sense
rane enthielt. —- Vor Nachahmung
wird gewarntl
IWIQ
New Erbin (bseirn dausbsalhs
»Bitte, Weima, sieh’ Dir bie anwesen
den herren an, welchen derselben
willst Du zum Sckfipiegerfohn habeni'