Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 18, 1903, Image 3

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    Jm Mai Thurm.
TJrn Fr. W· Krtiger.
Da stand er schon wieder vor der
totan Umzbnnuna der junge Mann.
Wohl viermal bereits hatte er sieh
mich das dichte Gesiripp hindurch ge
trbeitet, und immer wieder hemmte
ihn das Gitter des Lattenzauns am
Uorwärtstringen Paul hatte es sich
aber einmal in den Kopf gesetzt, den
eltersgrauen Thurm da drüben auf
ter höhe aus nächster Nähe in Atmen
ichein zu nehmen —- und was er sich
eornahrn, das führte er auch sicher
durch. So warf er denn entschlossen
Vat, Rönzel und Stock hinüber-, und
einen Augenblick später stand er wohi
behalten jenseits der Einzäunung
Die wohlgepflegten Wege verrie
lhen Paul, dem neugebaetenen Asseis
lot-, daß er in Privatbesitz eingedrun
gen war, doch das machte ihm wenig
Sorge, lag doch ietzt der Weg zum
Thurm frei. Jn wenigen Minuten
hatte er sein Ziel erreicht. Die Ver
tiefungen, die sich rings um die höht
gnzogen —— ehemals die Gräben der
urg —- zeigten ihm, wie umfang
rei-c der Bau gewesen war. Ciniae
keritreutg mit Moos und Farren
berwucherte Mauerstiicke waren jetzt
der ganze Nest mittelalterlicher Herk
lichieitx Menschenhand und Natur
hatten hier gemeinschaftlich im Laufe
der Jahrhunderte ihr Zerstörung-Z
Ivert verrichtet, nur der finstereThurm
sitt seinen dicken Mauern hatte ihnen
Troß geboten
, Der Assessor versuchte-, die Thiir zu
jfinen und mit treisebendem Tone
Iab sie dem starken Drucke nach.
Sebaiierlich balke ee in dem leeren
Gemäuer wieder, als Paul die ctuien
der Wendeltredve, die bei jedem Tritt
tchztem hinanitiea Auf der Platt
Iorni angelanat, bot sich ibm ein ent
iiictender Anblick. Nach links- hin
tonnte er weit hinaus die Ebene mit
chI iccjllclll llcgcllocll Lycyllslcll Ullo
hör-ern übersehen gerade vor ihm er
krerlte sich die Waldung« die er heute
urchschritten und rechts bin über
bliclte er die Besitzung, in die er wi
lerrechtlich eingedrunan war und zu
ter, wie er jetzt deutlich erkannte, auch
die Ruine gehörte, aus der er sich be
nd. Wie ein Netz til-erzogen die weiss
m Sonnenlichte erglänzenden Kies
vege das Terrain des Parlech und
seit drüben schimmerte der glißernde
Spiegel eines tleinen Sees zu ihm
herüber auf dem nur als helle win
zige Punkte dem Auge erkenntlich, ein
faar Schwäne stolz ihre Bahnen zo
en Von diesem See aus schlängelte
ch ein Bach durch die prächtigen An
kagen hin dessen silbernes Kleid hier
tnd da durch das Blätterwerk der al
ten Weiden und Erlen hervorblihte
Vauls Blicke folgten den Windun
Zen des Gewässers, als sie plöhlich
rsie gebannt an einem Punkte haften
blieben. Der Llssessor nahm hastig
sein Fernglas zur hand, richtete es
tach jenem Punkte und war nicht we
Iig überrascht von der lieblichen Er
scheinung, die ihrn das scharfe Glas
io nahe vor die Augen rückte. Eine
schlanke, holde Mädchengestalt in das
tigern, hellen Sornmerlieide stand da
in einem Kahn, fest aus dir lange Nu
ierstange gestützt. Von dem hocher
benen rechten Arm war der weite
ermel herabgeglitten und ließ so die
schönen Formen desselben erkennen.
Das Gesicht war Paul abgewandt
end schaute nach dem jenseitigen Ufer
Jin -u einer zweiten Gestalt, welche,
die gleichfalls somrnerliche Gewan
tung leicht gerafft haltend, zu der im
Kahn befindlichen hinabzusprechen
schien.
Underwsandt blickte Paul nach der
iesselnden Gruppe hin, und se länger
er sie betrachtete, umsomehr gesiel sie
hin, bis er schließlich Lust verspürte
ie etwas genauer zu besichtigen. Hur
LI- -lIA- -.- U- «I-.-.—--t
IIH III-( II- Ulk Iuylpuuchlw LITPUT Uc
churrnes hinab.
Jn dem Augenblick, als der Asseis
lot in dem Dunlel des ulrneniitseri
spotteten Weges verschwand, forderte
Susanne ihre Freundin zum letzten
Male auf, zu ihr in den Hahn zu kom
nen. Margarethe aber hatte gerade
keine Neigung zu einer Wasserpartie.
»Nun, so wird mir wohl nichts ans
teres übrig bleiben, als allein zu fah
:en,« tief Sulanne der am Ufer Ste
jenden zu und setzte den Kahn lang
am in Bewegung. sGriiß Fritz, falls
du ihm begegnen iolltefW setzte sie
Jchelmifch hinzu. «
Margarethe nickte, leicht erröthend,
der Freundin zu und wandte sich
dann zum Gehen.
Susanne lächelte var sich hin. als
ie an die Ausrede dachte. die Marga
uthe gebraucht. um sich für diesmal
von der Ka partie los umachen. Der
Härtner bit te ihr mitgetheilt, eine
i-alnie ten Oewöchshaus ei aufge
iliiht und die wollte sie si ansehen.
Ligenthitmltcht Ihr Bruder Iris
satte auch davon ge wachem heute
Vormittag nach dem wöchshaus zu
sehen. Sulanne hatte ed nicht so eilig
nit der bltlhenden Palme, die würde
not-gen wohl auch noch zu sehen lein
deute wallte sie zu ihren geliebtenSeei
Hosen. Und prüfend blickte sie iiber
tie slthetnde Wasseriliiche hin, ob sich
dicht zwischen den breiten grünen
Rittern eine Blüthe zeige. Richtig!
da wen schimmerte eine weiße See
Je the entgegen. Die mußte sie ha
—--I
Susanne steuerte ihr Fahrzeug der
varten Blume su. Ei war aber ein
hattet Stück Arbeit, den schweren
Kahn durch den Wirrwarr der üppig
wuchernden Wasserpslanzen hindurch
zu zwangen, und mehr alt einmal
mußte die muthige sSchisserin die Ru
terstange erschöpst sinken lassen. End
lich war das Ziel erreicht. Triumphi
rcnd brach Susanne die weiße Blüthe
und barg sie stolz an ihrem Busen.
Nach kurzer Rast schickte sich das
junge Mädchen zur Heimsahrt an.
Kräftig stieß sie die Stange wider den
Boden, aber der Kahn rührte sich nicht
von der Stelle, er saß sest zwischen den
Wasseraewiichsen. Zwei-, dreimal noch
wiederholte sie ihre Versuche mit er
höhter Anstrengung, vergebens-mit
ten in ihrem geliebten Bache wurde sie
esangen gehalten. Hilsesuchend blickte
re nach dem Ufer. Da stand, wie aus
der Erde gewachsen, ein fremder, jun
ger Mann
»Festgesahren, gnädiges Fräulein?«
llang dessen Stimme an ihr Ohr.
»Vielleicbt lann ich helfen2«
Der böslich-e Ton, in dem Paul zu
ihr sprach gab Susanne die Fassung
wieder. So leistete sie denn der Aus
sorderung des Assessord Folge und
reichte diesem das eine Ende der Ru
derstanae hinüber-.
,.Halten Sie sich sest, gnädiges
Fräulein. Jch will versuchen, den
Kahn langsam herüberzuziehen,« rief
ihr Paul zu. Der Versuch mißlang
aber, denn das Fahrzeug gerieth in
bedenkliches Schwanken. ·
»Nein, so geht’s nicht. Da muß ich
schon zu Jhnen hinüber tommen,«
lachte Paul. ,,Setzen Sie sich aus die
Bank nieder und halten Sie sich sest,
ich springe in den Kahn-«
»Um Gotteswillemmur das nicht!
; Sie tönnten sehlspringen und hier ge
rade ist der Bach am iiessten,« wehrte
Susanne mit ängstlicher Stimme.
,,.Hal«-en Sie keine Angst! Halten
Sie sich nur tüchtig sest, dann wird’g
schon gelingen,« tröstete Paul das jun
Ak qstishrfpsn ist ist«-it sin hone- ers-witt
u ",-"’ -- ·’"" "" f-T ’-"·"’f
zurück vom Ufer, um einen besseren
- Anlan zu haben, führte glücklich den
weites Sprung aus und befreite dann
die schöne Schifferin aus der Gefan
genschaft.
Paul war bezaubert von dem Lieb
reiz seiner Begleiterin. Und als diese
gar, seiner Bitte willfahrend, die weiße
» Seerose oon ihrem Busen löste und ihm
zum Lohne für seine tiihne Befreiung
überreichte, da wollte es ein neckischer
Zufall, daß seine zitternde Hand die
ihre leise streifte. Die flüssige Berüh
rung traf ihn wie ein eleltrischerFuntr.
Er loderte bald in einer hellen, loben:
den Flamme, deren Glanz in den leuch
tenden Augen und hochgerötheten Wan
gen Baubo widerstrahlte.
»Paul! Bist Dud- oder ist? Dein
Geisti« ertönte da plö lieh eine laute
Männerstimme vom U er herüber zu
den Beiden im Kahn.
Erstaunt blickte sich der Angerusene
um und ein freudiges »Friy, Du
hieri« kam über feine Lippen. Dann,
wie entschuldigend zu Sufanne ge
wandt, setzte er hinzu: »Es ist ein alter
Freund von mir, ein ehemaligerSchul
lamerad.«
»O, ich lenne ihn sehr gut·« lachte
seine Begleiterin ihm zu, »es ist ja
mein Bruder.«
Tag Wiedersehen der Freunde war
ein herzliches. Plaudernd und scher
zend gings nach dem Herrenhause,
und als sie dort anlangten, war es
eine aus«-gemachte Sache, daß Paul den
Rest feiner Urlaubszeit in dem heiteren
lKreise verbringen sollte. Paul weilte
bereits eine Woche unter dem gastlichen
Dache seines Freundes Fritz. Jnfden
Gewohnheiten der beiden jungen Mäd
chen war seit seinem Erscheinen eine
lleine Veränderung eingetreten. Wäh
rend diese bisher ihre Morgenprome-.
naden durch den Pakt stets miteinan
der ausgeführt hatten, ging jetzt, ohne»
daßeigentlich ein äußerer Grund vor-;
laa. iede ihren eiaenen Wen. Suiannel
schlug gewöhnlich die Richtung nacht
dem Thurm ein; Margaretbe dagegen
suchte :ie entgegengesetzte Seite des
Parier- aus.
An jedem Morgen begegnete diese
dem Freund Fris, wie von beiden Sei
ten eisrigst versichert wurde, rein zu
fällig. Kein Wunder, daß sich da bald
seine, unsichtbare Fäden hinüber-span
nen von Herz zu Herzen, die Schelm
Amor, der Meister der Webetunst, von
Tag zu Tag zu immer dichterem Netz
gestaltete. Aber nicht nur als Weber
zeigte sich der schalthaste Knabe, auch
als tunstsertiaer Schmied biiinnierte er
jenseits degSeeg an den glühenden-der
zen zweier verliebter Menschenkinder so
lange bevum, bis er eine Kette, so sein
und doch so fest, hervorgezaubert hatte,
daß Frih und Mar aretbe nicht mehr
von einander zu la en vermochten. —
An einem schönen Morgen, als der
himmel sich sinster bezog, war Su
sanne hinausgeeilt in den Part. Ob
Paul auch heute tomnien würde? Und
wenn ei sie nicht sand, ob ee sie ver
missen« sie suchen würde? Mit diesen
Gedanken beschiisti te sich Susanne, als
sie am Fuße der Euine anlangte. Und
einem inneren Drange seltan trat sie
in den Thurm, z die hiir hinter
sich zu und eilte d morsche Treppe
binaus nach der Platte-ein
Und richtig: Da tani er. Ueberall
umherspähend schritt Paul den Weg,
den sie so ost nebeneinander unter
scherzendem, nectenoem Geplaudek ge
wandelt waren, entlang. Bald blieb
er stehen, bald ging er ein Stück zurück,
immer nach allen Seiten sich um
bäickend. Susanne drückte sich sest ge
en das Gernsuer des Thurme- damit
nicht ers "ht werden liinnr. reudig
pochte ihr rz, als fte Pauls nruhe
über ihr Ausbleiben bemerkte.
Etwa eine halbe Stunde mochte ver
strichen ein, eitSusanne ihr Versteck
ausgesu t, als Paul endlich langsamen
Schrittes davon ging, dein herrenhaus
zu Als er ihren Blicken entschwunden
war, schickte s Susanne an, den
Thurm zu verla en. Da plötzlich er
scholl zu ihren Füßen ein donsnerithw
liches Getöse, und eine mächtigeStaub
wolle schlug ihr aus dein Innern des
Thurmes entgegen. Susanne taumelte
zurück und sant mit einem Schmer
zensschrei zusammen.
Als das Gepolter aufgehört und der
Staub sich verzogen hatte, raffte sie sich
auf und blickte hinab in den Thurm.
Ein Schauer durchrieselte ihre zarte
Gestalt bei dern Anblick, der sich ihr
darbot. Die morsche Treppe war zu
sammengebrochen, der leere Abgrund
gähnte ihr finster entgegen. Die Mög
lichkeit eines Entrliinens war ihr be
nommen — sie war abermals eine Ge
fangene. '
Mit Entse en überdachte sie ihre
Lage. Der » hurm befand sich am
äußersten Ende der Besitzung Und nur
selten tam ein Parlmächter oder ein
einsamer Spaziergänger hierher. Su
sanne trat zuriick an die Brüstung der
Platsorm, legte die weißen Hände an
den Mund und rief laut hinaus in die
frische Morgenluft. Ein paar Krähen
slogen trächzend von der nahen Eiche
— sonst kein Laut rings umher, so
angestrengt dieGesangene auch lauschte.
Abermalg erhob sich ihre Stimme zu
einem verzioeiselten Hilferuf, wieder
ohne den geringsten Erfolg. Thränen
traten dem zu Tode geängstigten
Mädchen in die Augen. Sie rief und
rief, bis die Stimme ihr versagte, leinr
Rettung wollte nahen.
Jetzt zogen finstere Wolken am Fir;
macnente herauf und halben sich zu
schweren, schwarzen Massen zusammen
Schauria rauschte Der Wind in den
nahen Wipfeln der tnorrigen Eichen
und Linden. Schwere einzelne Tro
pflen schlugen tlatschend aus die per
wirrerren Meine oer Piaiform.—— Jesr
ein Blitz, ein greller, zuckender Feuer
strahl am finster drohenden Himmel;
zu rasender Gewalt wuchs der Sturm
an und peitschte dem zitternden Mäd
chen die strömenden Regenmassen ins
Gesicht. Verzweifett schrie Susanne
noch einmal auf, dann brach sie ohn
mächtig zusammen.
Jm Pakt ivar es tebendig geworden.
Alles, wag an Leuten auszutreiben
war, mußte suchen helfen. Dis-Schwe
ster des jungen Herrn hatte am frühen
Morgen das Haus verlassen und war
nicht zurückgelehrt. Fritz und Paul
waren überall die ersten. Selbst Mar
garethe scheute nicht den strömend-en
Regen. Aengsttich suchend durchstreiften
sie den Pakt nach allen Richtungen
Paul eilte verzweiflungsvoll nach
dem Thurm. Von der Platform aus
hatte er einen weiten Ueberblick über
die Umgebung, vielleicht vermochte er
von da aus die Geliebte zu entdecken.
Heftig stieß er gegen die Thür, nur mit
Mühe gelang es ihm, die Trümmer-,
die sich drinnen davor aufgethürmt
hatten, wegzuschieben Er trat ein, und
» nun sah er das Gräszliche: Die Treppe
; lag vor ihm, in Stücke zerschlagen, und
s hoch oben flatterte ein Stück von Su
. sanneg hellem Kleide im Zugwindr.
«Gefunden! Gott sei Dant! preßte
es sich heraus aus der gequälten Brust.
Und mit Windeseile stürmte er zurück
in den Part, um Hilfe zu holen. Er
lief quer über die Rasenfliichen hinweg.
Dort stand, an einen Apfelbaum ge
lehnt, die hohe Leiter des Gärtners-.
Die Verzweiflung lieh dem Geängstig
ten Riesenträfic. Er packte mit nervii
gen Händen die Leiter und so schneller
unter der drückenden Last es vermochte,
teuchte er zurück um Thurm.
Wie er eigentlich hinaufgetangt war
zur Platform, das wußte Paul selbst
nicht Er fand sich plötzlich neben der
Gelieb en tnieend·und» die todtblassen
Al. ----- H.
stehst-»Hu UUZI sllll VIII-III Isusscll Uc
deckend.
Dann hob er die süße Biirbe empor
und trat den Rückweg an. Unten im
Thurm angekommen, legte er die Obn
mächtige sanft nieder, um neue Kräfte
zu sammeln
Da schlug Suianne die Augen auf
Sie strich sich mit der Hand iiber die
Stirn, als ob sie aus tiefem Schlaf er ;
wache, und blickte erstaunt um sich. «
Al s sie die Trümmer ber zusammen
arftiirzten Treppe ringsumher liegen
sah tarn ihr die Erinnerung an die
überstandene Angst und Qual zurück
»Wie bin ich da herunter gelorninen?«
fragte sie mit schwacher Stimme.
Paul antwortete ihr nicht. Er kniete
neben ihr nieder, zog ihrehanb an sich
und preßte einen langen, langen Kuß
darauf. Dann war er der Geliebten
behil lich, als sie sich erbeben wollte.
» um zweiten Male gerettet,« flü
sterte Susanne lächelnd
»Diesmal nur für mich, « erwiderte
Paul ftrablenben Auges und breitete
die schützenben Arme um die Geliebte.
---——--.-.———
Mit-keiner Umstand
Richter: »Sie haben schon wieder
einFabrrab gestohlen!«
ngetlagter: »Ja, ich bin noch ein
bischen ungeschickt, Herr Richter, das
erste war schon nach vier Wochen inni«
t
Ein Unvewüstlicher.
»Na hast Du meine Komidie gele
sen? Wie findest Du sie?«
»Zum Erbarmen —- einfach jam
mervoll!« !
»So? —- bann will ich sie lieber als
Tragitomödie bezeichnen.«
,,Korax.«
Eine ansrpuchslofe Geschichte von
Ute Muellenbach.
—,.....
Kinder bringen Glück ins Haus.
Das haben wir reichlich erfahren, in
frohen und erst recht in trüben Zeiten.
Sie bringen aber oft auch noch andere
Dinge mit, von weniger abstrakter
Natur als das Glück, und nicht so
flüchtig, dafür aber meistens desto
leichter zu entdecken. Die Erfahrung
hat mich gelehrt, im Allgemeinen
Dinge vorzuziehen, die meine Buben
nur beinahe mitgebracht hätten. Die
giebt’s auch; aber sie sind selten. Un
seren Viehbeftand, der sich seit Men
schengedeuien aus einem Dackel zu
sammenfegte, hatten die Buben in
kurzer Zeit um drei junge Katzen,
verschiedene Frösche, eine große Kröte
und zwei weiße Mäuse vermehrt, so
daß er in Bezug auf weiteren An
wachs zu den schönsten Hoffnungen
berechtigte. Es war zwar nicht be
wiesen, daß die beiden Mäuse ein
Pärchen waren, aber sie galten dafür.
Die Buben hatten ihnen die Namen
Fritzchen und Lieschen beigelegt, und
da man die beiden nicht unterscheiden
konnte, so gab unsere junge Freundin
Lisbeth den Rath, jedesmal das
Mäuschen, das eben aus dem gemein
samen ileinen Milchniipfchen trank,
Fritzchen zu nennen, »denn Männern
lieat das Trinken doch näher,« meinte
sie. Zu Zweien konnten sie nicht
gleichzeitig trinken; und die andere
Maus war dann eben das Lieschen·
Mir war’g schon recht, daß die bren
nende Sehnsucht meiner Buben nach
kleinen Miiusekindern einstweilen uns
gestillt blieb. Jch sand, wir brauch
ten wirtlich nicht noch mehr Gethier
im Hause. Als mein Aeltester eines
Tages wieder mit leuchtenden Augen
und einer iueterlangen, ganz schmalen
und sehr flachen Pappscimchiel aus
der Schule zurückkehrte fah ich ihm
daher nicht ohne gemischte Empfin
dungen entgegen.
qlhiitpsi« fix-F « Tränn hnn kindi
tem. »Liebe Mutter, Kurt hat mir
eine junge Krähe geschenkt! Nicht
wahr, Du erlaubst, daß sie mir allein
gehört? Jch werde von dem Gelde
aus meiner Sparbiichse einen Käfig
kaufen, nnd ich ernähre sie felbst!«
»Alle Achtung!« sagte mein Gatte
lachend. »Ich glaube, diesem ritter
lichen Fiirsorgedrang unseres Sohnes
dürfen wir uns kaum widersetzen.
Hoffentlich hast Du das arme Thier
nicht zu sehr gedrückt in dieser Ber
petckung, lieber Gottfried! Komm nur
schnell herein, damit wir die Schachtel
öffnen! Sie sieht eher wie ein Her
barium als wie ein Vogelbauer aus.«
Jtn Jnteresfe der Krähe kam dieses
Bedenken etwas spät. Als wir den
Deckel abnahmen, in den kundigeKna
benhände eine Menge Luftlöcher ge
bohrt hatten, lag vor uns ein etwas
verschroben ausfehendes, blauschwarz
befiedertes Geschöpf mit großem Kopf
und mächtigem Schnabel und blin
zelte uns aus halbgeschlossenen Au
» aen höchst mißtrauisch entgegen.
Dazu hat es nach feinen letzten Er
fahrungen alle Ursache, meinte mein
Gatte und streichelte den armen Vo
gel der durch allerhand anmnastische
Uebungen bestrebt war, seine ur:
spriingliche Daseinssorin wieder an
zunehmen. »
»Nicht, sie wird wieder richtig
rund?« fragte Gottfried besorgt.
»Ich will ihr etwas zu fressen geben«
das hilft vielleicht von innen heraus
mit. Es traf sich gut, dasz ich unter- -
weas einige Maikäfer fand. Die hab’
ich ihr gleich mitgebracht.«
lfr würgte etwas in Papier Ge:-z
wideltes aus der Hosentasche. »Aber
Junge,« rief ich. »Die armen Thieres l
Sind sie wirklich drin?«
Treuherzig nickte er mir liu: »Du
tannsi ruhig sein, liebe Mutter. Jch
habe erst mit der Feder Luftlöcher in
das-« Papier geniacht.«
Immerhin schien den beiden Mai
täfern die Reife nicht gut bekommen
zu sein Sie lagen regungslos, und
Gottfried betrachtete sie gedantenvoll
»Sie scheinen zu schlafen, oder meinst
Tu, es könne eine Ohnmacht fein,
Vater? Soll ich sie mal anhauchen?«
»Da sie nun doch gefressen werden
sall«:n, brauchen sie gar nicht erst wach
zu werden. Dann empfindest sie es
vielleicht nur im Traum.«
Ohnmächtige Maikäfer schienen
nicht zu den Lieblinggspeiien unseres
jungen Gastes zu gehören, der auf des
Vaters Rath den tlangvollen Namen
Kurat- erhielt Die Fütterung stieß
überhaupt aus Schwierigkeiten Selbst
ais ich mich bemühte, ihm in Milch
geireichtes Brod in den Schnabel zu
stecken, was siir sein zartes Kindes
alter gewiß die geeignetste Nahrung
war, scheiterte dieser Versuch meist an
dem Umstande, daß Koer meinen
glänzenden Trauring allen anderen
Nahrungsmitteln vorzug. Nach Al
leni was glänzte, schnappte er wäh
rend er aus jede freundliche Annähe
rung hin höchst gravitätisch rückwärts
ging und sich äußerst ’zuriickhaltend
benah-n. Diesen Gewohnheiten blieb
er treu, auch als wir uns über seine
Ernährung längst mit ihm verstän
digt hatten.
Am Tage spazierte Korax, nach
dem der Vater ihm tunstgerecht die
Fliigel gestuyt hatte, srei im Garten
umher. Nachts schlief er in einem
Käfig, den Gottsried mit mir getauft
hatte. Einen Augenblick hatte ich ge
iaudert, das Geldxdafiit Reiz-gelbem
und hätte das Bauer lieber nur ge
miethet, da ich fürchtete, Korax möchte
vielleicht noch nachträglich den An
strenaungen seiner Reise erliyen
Aber der Händler beruhigte mich
überlegen lächelnd. »Mit-den gehen
nicht ein.« Und Korax strafte diese
Worte nicht Lügen. Er lebte, und er
brachte es uns täglich neu deutlich
zum Bewußtsein, daß er lebte. An
fangs —- eg muß ganz im Anfang
gewesen sein —- hatte einmal Jemand
von uns die Befürchtung gehabt, Ko
rar wäre stumm. Sobald wir ein
wenig vertrauter mit einander wur
den, gab er auf meiner Hand sitzend
schäternde kleine Koselaute von sich,
die ihm sehr drollig zu Gesicht stan
den. Als er aber erst zu der Ueber
zeugung gekommen war, daß Monst
beef das einzig richtige Futter fiir ihn
sei, und daß es am bequemsten sei,
sich die Bissen gleich in den Schnabel
stecken zu lassen, schrie er gierig von
einer Mahlzeit bis zur anderen. Nur
wenn etwas Besonderes seine Auf
merksamkeit erregte, verstummte das
entsetzliche durchdringende ,,Rab, rab«
vorübergehend. Sohatte er einmal,
als wir angenehm überrascht durch
sein wohlthuendes Schweigen in den
Garten schauten, eine Cigarette ge
funden und balanzirte sie iunstgerecht
im Schnabel. Ordentlich iokett sah
er dabei aus. Seine Reize fanden
auch manche liebevolle Beobachtung.
Ein schlantes blondes Bauernmäd
chen, das täglich bei uns vorbei Obst
zum Markt trug, warf ihm jedesmal
eine leuchtend rothe Erdbeere oder
sonst etwas süßes Bunies zu, und
Korar fand sich um die betreffende
Zeit immer am Thor ein, nahm die
kleine Huldigung mit einer onkelhas
ten Gönnermiene freundlich entgegen
und schwieg dann nachdenklich einige
Minuten. Aber was Waren diese tur
zen Pausen zwischen dem anonuernden
Geschrei! Mich dauerte unsere Nach
barschaft. Mein Gotte plante schon
im Scherz eine längere Reise, um
Ruhe zu haben; aber ich konnte doch
auch nicht den ganzen Tag das an
spruchsvolle Thier füttern oder ihm
immer neue, glänzende Ueberraschun
aen bieten· Die Buben mußten zur
Schule, auch ohne Korax hatte ich
meine Zeit vollan besetzt.
Da, an einem schönen Sommer
Abend, als wir von einem weiten
Spaziergang zurückkehrten, war Ko
rax verschwunden. Wir suchten ver
gebens den ganzen Garten und das
Haus ab, aber vergebens. Die Kin
der stimmten ein Jammergeheul an,
aber das ertrugen wir in der tröst
lichen Annahme, daß es nicht h lange
dauern könne, wie das unaufhörliche
,,Rab, rab!« der letzten Wochen. Je
denfalls hatten wir versäumt, dem
Vogel bei Zeiten die Federn wieder zu
schneiden, und er hatte die Kraft ge
funden. das Weite zu suchen. Was
mich betraf, ich gönnte ihm die Frei
heit! Den Buben schenkte ich zur
-Entschädigung ein paar Goldfische,
idie lautlos und leuchtend durch die
Wellen unseres Springbrunnens glei
ten und Niemand stören.
Heute ging ich am Rhein entlang.
Kristalltlarz doch ties stahlblau vom
Widerschein des Abendhimmels bra
chen sich die Wellen des Stromes in«
sanftem Spiel an den weißen Werft- ’
steinen· Der Westen glühte. Ber
streute Rosenwolten warfen ihren
Schimmer auf den weißen Nebel, der
fern über dem Wasser lag und den
Fuß der Berge umhüllte, während die
Gipfel noch purpurn glänzten. Jn
friedlicher Abendruhe dehnten sich die ;
weiten Gärten der schmucken Villen;
am Ufer. Da zog ein Schwarm Krä- i
den iiber den Strom hinweg. Mir!
ging ein Erinnern durch den Sinn.j
Schnell wars ich einen Blick um mich ;
ber. Niemand war in der Nähe. Die s
getrümmten Hände als Sprachrohr
vor den Mund haltend, rief ich mitJ
all» Ninckn lnnt hinter den Niinoln I
her: »Korax!« Seltsam klang derl
lanaaezogene Ruf durch die weite(
Stille. Nicht ungehört. Einer der
duntlen Gesellen trennte sich von sei
nen Kameraden, zog einige majestäti
sche Kreise und senkte sich dann in
meiner Nähe zur Erde nieder. War
etc-: wirklich? Bis aus geringe Ent
fernung ließ er mich herankommen.
Dann ging er einige Schritte rück
wärts. Ganz wie früher! dachte ich
überrascht. Nur legte er den Kopf
gravitätisch aus die Seite, und ich
hatte Gelegenheit, in seinen Augen
auch das alte Mißirauen wiederzuer
lennen. Im selben Augenblick aber
breitete er die Schwingen aus und er
hob sich in die Lüste, dem Zuge seiner
Gefährten nachstrebend. Das war
wohl auch ganz wie früher! ,,Korax!«
ries ich noch einmal! Aber nur »Rab,
rab!« kam es von oben zurück.
Es war gewiß besser so. Meine
Verehrung für Korar hat sich ver
doppelt, seit er, der Alltiigkichkeit ent
rückt. nur durch unsere Erinnerungen
seine dunklen Kreise zieht.
———--·..-———
Sehr anztiglich.
Rentier (zu einem Dichter): »Ich
abe Jhre Gedichte durchgelesen, junger
ann, Sie dichten ja wie ein Pegas
sus!«
Aus Anlau.
Erster Handwerksbursche »Du,
meine Füße brennen mir wie Feuer.«
Zweiter Handwerksbursche »Nanu,
und dabei hajte gar keine Brandsohle
mehr unter de Stiebel?« «
not-k
M IIW IW
hat kürzlich die englische Artillerie ins
eigenen Lande, unweit von salisbury,
erlitten. Während einer größeres
Felddienst - Uebung bei
der Nähe des neuen Jmfiir
däs 3. Armee- Corps it äSir Eve
lyn Wood, gerieth eine Battcrie in ein
Getreidefeld hinein und blieb, wie ed
scheint, mitten in der hohen Halm
frucht stehen. Das Unglück wollte es,
daß der Besiser der Frucht gerade des
Weges tam und diesen unerfreniichen
Anblick genoß. Er gerieth in großen
Zorn Und befahl dem Kriegsdoit in
durchaus unparlamentarischen Aus
drüäen, sofort das Feld zu räumen.
Dem Batteriechef versagte fast die
Sprache vor Entriistung, und er gab
einigen seiner Mannschaften Befehl,
den groben Pächter festzunehmen Die
ser jedoch ergriff in wahrer Berserter
wuth eine Düngergabel und kam den
Soldaten so entschlossen entgegen, daß
diese Anstand nahmen, zur That zu
schreiten. Sie stockten nur einen Au
genblick, aber es war gerade der psy
chologifche Moment. Jm nächsten ging
der wildgewordene Pächter zum An
griff über, und die Kanoniere traten
eilig den Rückzug an. Durch diesen
Erfolg zu tühnerer That entflammt,
stürzte sich der Pächter nun mit vorge
streckter Gabel im Sturmlauf auf den
Batterie-Chef. Auch dieser schwankte
einen Augenblick, wandte aber auch, als
die Zinten der Gabel schon in ganz be
drohlicher Nähe waren, schleunigst sein
Pferd und floh. Dann nahm der Sie
ger den Rest der Batterie aufs Korn
nnd jagte Gefchijtz auf Geschütz von
seinem Acker, so daf; er in wenigen
Minuten zwar schweißtriefend, aber
siegreich, das hartertämpfte Schlacht
fcld behaupteth Wenn man aber
glauben sollte der zornmiithige Ver
theidiger seiner Saat sei dann wegen
Beleidigung eines Hauptmannes und
einer töniglicken Batterie im Dienste
gerichtlich belangt worden, so würde
man sich sehr irren. Die Sache wurde
zwar vorschriftgniäßig gemeldet, aber
der Kriege - Minister hatte Phantasie
genug, die Folgen zu übersehen die
.-«-.«.«
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nnd die Niederlage der Batterie inI
Unterhaufe vor der Oeffentlichkcit zur
Sprake gekommen wäre. So ist denns
unverzüglich dem grimmigen Former
Entschädigung geboten und sogar eine
amtliche Entschuldigung aus-gerichtet
worden. Bisher oerlautet auch noch
nichts darüber, daß der geschlagene
Batterie : Chef vor ein Kriegsgerichti
gestellt worden wäre, weil er vor demi
Feinde schimpflich das Feld geräumt
hat.
Grob.
i Der englische Arzt Doktor Josefson
! war vor etwa fünfzig Jahren in Lon
» don durch seine ungewöhnlich Grobheit
’eine Berühmtheit
Eines Tages wurde er zur Herzogin
von M. gerufen, die ihm des langen
und breiten die Symptome ihres Lei
dens vortrug.
»Ein Ei und eine Tasse Thee zum
Frühstück,« lautete das Urtheil, »ein
zweistündiger Spaziergang, ein Stück
kaltes Roastbeef zum Lunch, wieder
zwei Stunden Spazierengehen, höch
stens eine Kotelette zum Abendessen,
um zehn Uhr ins Bett und keine Wa
genfahrten.«
»Aber Doltor,« unterbrach ihn die
hohe Dame, ,,wissen Sie denn nicht,
daß Sie mit der Herzogin M. sprechen.
Wissen Sie, was ich bin?«
»Jawohl, Madame,« lautete die
Antwort, »ein altes Weib mit einem
verdorbenen Magen!«
— ———-. - ——- —
Profit! Prositl Prosiit
Eine vornehme Dame ließ eiligst den
berühmten Dr. Kronibholz zu sich ho
len. Der Arzt tommt, sieht, daß der
Kranken nichts fehlt und oerschreibt ihr
eine Kleinigkeit. Kaum ist der Doktor
in seine Wohnung zurück, als ein Die
ner hanig in fein Zimmer stürzt nnd
ihn nochmals dringend zur Dame bit
tet. Der Doktor fährt abermals zu
ihr hin und mit ängstlicher Miene em
pfängt ihn die Patientin, indem sie
sagt: »Was sagen Sie dazu, Herr Dot
tor, ich habe vorhin plötzlich dreimal
niesen müssen.« ,,Hm!« erwidert der
Doktor mit gernnzelter Stirn, »der
kann man gar nichts sagen als: Profit,
Profit, Prosktl« ergriff den Hut und
war auf und davon.
-,-—.-·-«-—,, .
Sommer-.
Es stechen die Sonnenstrahlen, die
Lerche schmettert ihr Lied, die Nachtigall
schlägt, die Knospen platzen, die Pfle
sich bowle wird gebraut, man trinkt sis
und bekommt häufig häufig einen Ka
nonen —- rausch.
Der Präsident
Einheimischer (ftol?): «Jn unserer
glorreichen Repnblit ann jedes neuge
borene Kind Präsident werden.«
Fremder: »Und ich dachte immer,
der Präsident müsse mindestens 40
Jahre alt sein.« -
Vergebliche Mitbe.
Onkel (Mit stattlicher Burgunders
nase): »Duchmrißt Dir öfters die Nase
u en, ri en.« S
P Fritzgenkz «,, a, aber so glänzend
wie Deine, stieg ich sie doch nicht, lie
ber Onlell«
Frühstück —
» galt Du schon Dein Frühstück a
habt, Miser« -
»Nicht einen Tropfen«