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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Sept. 18, 1903)
Ein Menschenfreund Kruniual Roman von M. L. Hinwle WWTW«W-v· (1. Fortsetzung) ,Unier den gliicklichen Spekulanien in den usritanischen Goldseldern ist eine der auffallenosten Erscheinungen sapitän Milde-den ein Sportsman und kiihner Unternehmer. Man sagt« daß Wild-wer und sein Kompagnon Hun derttausend rein gewonnen haben sol len, seit sie mitlellos in Nigel Reef an gekommen sind.« Diese beigeschlossenen Worte gaben den Grundton siir den Brief. »Daß Du mich vergessen tonnjest in Deinem Reichihurn, Du, der in unserer Armuth so gut zu mir war! O Ar nold, ich hätte es nie geglaubt, selbst wenn Du neue Bande geknüpft, daß Du vergessen würdest, was wir einander waren! Nein, Theuree, ich kann es nicht glauben, Du hast mich gewiß ge sucht, ei mißlang Dit, Du hieltest mich siir todt, vielleicht schlimmer als todt, zu lasterhasiem Leben herabge sunken. Nein, Arnald, ich hin nichi todt. n so gesunken, ich lebe. auf glückliche age wartend, Deiner war tend, weiter. Als Du mich traurigen,s Fast gehtochenen herzens zurückließest, chwursi Du mir, wenn es Dir glückte, . zu mir zurückzukehren, um als Mann : und Frau ein neues Leben mit rnir zu beginnen. Jch glaubte Dir, fand Trost s in Deinen Versprechungen, zwischen: Küssen und Thränen in jener Dunllcn i Uhschiedssiunde Als ich neben Tir aus dem vollgedrängten Zwischendecl — sinnt-, da würde ich zehn Jahre meines Lebens hingegeben haben —- mein hal- ! bes Leben, mit Dir gehen zu tönnens Noth und Gefahr zu ;heilen —- nur um mitDir zu sein. Du ahnst nicht, wasf «ich in diesen vier Jahren gelitten, die; bittere Armuth, die binnen Erniedri- T ungen; von einer arrnltchen Woynung die andere wegen rückständiger Miethe von ein paar Sdillingen ziehen bit-müssen durch ganz London in jedem tter in der Suche nach einer Stel lung herumzfstreifem überall Arbeit suchend. Alles, mag wir zusammen glitten, ift nichts, verglichen mit dem lend, durch das ich gegangen bin, seit ich allein geblieben. Allein! Jst das nicht genugi Allein zu sein nnd fast Vangers zu sterben! Und nun hat mich meine Umgebung so herabgezogen,daß ich Gefälligteiten von ganz geringen Leuten annehme Meine Hausfrau ist die beste, die ich je gehabt; sie ist ge duldig, wenn ich mit der Miethe kürt Indig bleibe; sie beschützt und bemit ’det michPf holt mich in ihre Küche nnd gibt nur Thee und Brod. wenn ich müde von meinen Wanderungen heim kehre, tröstet mich mit Prodhezeiungne den Man ern Glück, das sie mir aus den Theeblattern auf dem Grunde der Tasse wahrsagt. O Arnold, ich bin so Eis-ach und gebrochen, daß mein Herz hoffnung aufgliiht, wenn sie mir :, es gäbe fern oon hier einen schönen nn, der mi im Her es trägt. Träg-»F Du mich im Herzen Jch hde noch Eine Freundin im Hause. eine. deren Mitleid mich mehr verletzt als Frau Grogan’s Gesölligteiten So tief in ich gesunken, daß ich von einer , Frau von mehr als zweifelhaftem Cha rakter etwas annehme — einer Frau, diesihr Gesicht schminit, ihr Haar stirbt und unter dem Schutze eines ähnlichen Matt-ers ein lockeres Leben führt, von einer Frau, die fast jede Nacht ins Theater oder in eine Sin spielhalle ht, deren Wagen ich am T halten Eva während ich in den todestrsnrigen tunden wach liege und auf U Früh ficht warte. Jch wich ihr a « This sie cis-I Minierabendi ils mich schwach und trank die Treppe hinauf schleppte, sah, daß ich nicht weiter konnie Sie bemerkte meinen elenden erstand, legte den Arm um mich und "hrie mich aus ihr 3inimet, setzte mich in einen Lehnstuhl neben dem Feuer, gab rnir heißen Wein zu trinken, und me so sanft und gut zu mir —eine grau, die ein lasterhafies Leben führt, rnold, ein unnioralisches Geschöpf — Iichi eine Sünderin Durch Zufall wie ich—und doch so sanft und mitleidi » wri, so weiblich, daß ich Thränen der , Dankbarkeit an ihrer Brust weinte. M dieser Nacht konnte ich meinen Les-s nicht mehr hoch halten, noch vor , n, daß ich sie nichi sehe, wenn ich aus der Treppe begegne. Wir find -Mcrmaßen Freundinnen geworden, III wenn ich an bittetkalien Tagen an ;Ueesi Jener saß, erzählte sie mir ein Mig ihre Geschichte aus derZeit, als ,-f M bei ihrem Vater war, der ein sicher Kaufmann in einer Garnisons M gewesen« als alle Offiziere in sie setliedi waren. Sie mußte in ihrer M wirklich schön gewesen sein« - « Hinsie ist nur noch ein Wract Nie - dein-sit He Mist jener hochen; herr, den sie ihren Beschür - sinds-an Geogan sagt, das EIN Wäre außerhaib de; W sieiven Bedenke - E« das ichirps site-i ein ehren «« Sei-est sesihri habe seit Du mich keine-e ariick nnd iei -«.- -.-- »V- svsmvvvsvv betrifft, bereue Alles, nur nicht meine » Liebe zu Dir. Wenn in Deinem Der «zen die Liebe zu mir nicht ersiorben ist, so tornrne zu mir zuriich L·f r a.« Der Brief war adressirt: A. Wildover, Esau» WitwatersrandsGoldseider bei Johan nesburg. Südasrita. ZweiteöKapiteL Ueber den engen Raum seiner sen sterlosen Kabine gerade vor sich hinstar rend, saß Arnald in trüben Gedanken da. Er hatte Lisas Brief wohl nun zum dritten Male gelesen. die volle Wucht eines jeden Wortes langsam, ge dankenvoll er.oiigend; er sah vie Bision des einst geliebten Weibes-, ihrer Leiden und Erniedrigungen, ihrer engelgleichen Geduld, der demuthsvollen Ergebung dem Schicksal gegenüber, das gegen sie erbarmungslos gewesen. Von einem lasterhaften Vater, einer leidenschaft lichen, hysterischen Mutter absiarnmend, hatte sie eine unglückliche Kindheit ver bracht. besaß sie neben der verhängnis vollen Gabe der Schönheit ein fensitives empfängliches Naturell. Arnald kannte die Geschichte ihrer Verjährung und ihres Falles —- als sie, ein Jahr nach dem Tode ihrer Mutter-, das erbärmliche Wunderleben mit ih rern Vater für das Schlaraffenleben vertauschte, das ihr ein Berliner Ban iier bereitet hatte, urn sie, wie gewöhn lich, zu verrathen und zu verlassen. Sie harte keine der erniedrigenden Einzel heiten dieser grausamen Geschichte dem geiiebten Mann vorenthalten —- dem Mann, der, wahrhaft gut zu ihr, doch ebenso arm uno fast hilfios wie sie selbst war. Sie Farren sich in einer Stunde oer Verzweiflung gesunden, und ihre trost losen Herzen chlugen in gegenseitigem Mitleid einan r entgegen. Wie gut er sich jener Begegnung ent sann; des schmälen Abends im späten August, als alle wohlhabenden Leute London verlassen hatten, der Straßen lärm verstummt war und die Lichter wegen der geschlossenen Theater und Musiksäle spärlicher brannten. Wie dein Manne .rnit oen leeren Taschen, ’urn den Niemand sich flimmerte, dein keine gasiliche Thür sich öffnete, dies siihllos steinerne London in jener tod ten Saison erschien! Er war den ganzenTag ziellos durch London umhergestreift und batte sich dann in der heißeiten Nachmittage stnnde ans das sonnverbrannte Gras irn hyde Part hingestreckt, indem er das seanzösische Sprichwort: daß Schlasen so viel wie Essen sei. zu ber . wirklichen suchte; er batte aber in der Siesta teinen Ersay für ein Beefsteal gesunden und mußte sein letztes Ku pferstiick in einein Arbeiterkasseehaus ausgeben, wo die Eier oon zweifelhaf ter Frische waren und der Tbee einen ; solchen Beigeschmack hatte. als wäre er ? oon meggemorsenen Tbeebliittern ge macht worden. Als der Abend dämmerte, schlenderte er gegen die Waterloobriicke und setzte sich mit dem Rücken gegen die Brüstun nieder, indem er in der Stille des siå verdunkelnden Zwielichtes die lange italienische Iacade des Palais Sonnt set bewunderte, und überlegte, ob er sich nicht in das hinter ibrn slieszende Wasser stürzen solle. Er hatte die Joee, sich umzubringen, schon lange Zeit in sich getragen, nnd wenn nicht die gewohnten Gewissens bisse eines jeden verlernen Sohnes, der eine zärtliche Mutter hat« gewesen wären. io biitte er wohl noch vor Ab lauf jener trockenen Augustnacht die Schwierigleiten feines Lebens über wunden. An jenem Tage war ermg in der Atmosphäre gewesen, die staubige Trockenbeit, das versengte Pflaster. der Geruch verstorbener Lebensmittel und schmusiger Leute, jener Armengeruch Londons, etwas, was ihn mehr als gewöhnlich bedrückte. Es blieb nichts übrig, als sich anwerben zu lassen oder sich nmzubringen, under dachte, daß es am Grunde des Flusses besser sei als in einem Kasernenbof· Er wartete auf die Dunlelheit und auf die Zeit, wo der Verlebr auf und unter der Brücke aufhören würde, daß er sich unbemerkt über die Brüstung schwingen und sich in den Fluß hinab stürzen könne; und während er auf einer dersteinbänle wartete, sah er, daß eine ein ihm vorübergehende Frau ihn aufmerksam betrachtete Es war gerade noch hell enug, daß Einer des Indern Gesicht fe konnte. Er bemerkte, daß das ihre von jener welken Schönheit war die innerer rüh rendifiz selbst bei jenem ersten Blick, als fee an ihm vorüberging, konnte er sehe-, das-sie nicht zu jenen «Ungliielli chen« gehörte Sie war sen-lich geklei det,inScht-ar, nndibre bieichenZthe waren jeder miße Wes-, mit der He unwisero anbligtek käute m May misdeutet per Er beobachtete Fe, wie He bis zum geziert gab staasetsenin Zu Essi- mM l sehen dekoinsien sitede .Das arme Ding sah meinen krau eigen Zustand und ich that ihr leid.« dachte er, der schmächtigere, dunklen Gestalt nachsehend. als andere Leute am Inde der Brit-e an ihr vorbei gingen Er war betroffen, als er sie Flöikich sich umdrehen und langsam zur agehen sah. Es war, als ob seine Gedanken sie zurückgerufen hätten; und er, der Fernwirkung »Unsinn« unb Dur-notie rnua »Dumbug« nannte, lächelte grim mig; natürl ch hatte seine Existenz nichts mit ihren Bewegungen zu thun. Sie lam langsam uriick und feste sich an dem anderen Ende der Bank, auf der er saß, nieder. Als wenn es sein Wille gewesen wäre. larn sie zul ihm, dachte er, trotz feines Skepticis mus. So saßen sie ungefähr ehn Minuten still da, und dann machte lsie mit schüch-· terner Stirn-ne eine kleine Bemerkung über das Wetter: die Nacht wäre so schwül, die Luft so drückend! Er antwortete höflich und sie spra chen eine Weile iiber gleichgiltige Dinge, iiber das traurige Aussehen Londons in dieser Jahreszeit Er erkannte daß dies nur ein Born-and war, mit ihm zu sprechen, und daß sich ihre Absicht nun herausstellen würde. , Eine oerlegene Pause entstand, und dann sagte fie: »Ich hofse, Sie oenken nicht schlecht von mir . . ." »Heineswegs,« unterbrach et sie eifriso «« ß ich Sie angesprochen habe — einen gänzlich Fremden. Sie sahen wirklich, wirklich so elend aus, als ich an Ihnen vorbeiging, baß ich nicht in Frieden anch hause gehen und Sie allein lassen konnte. Jhr Gesicht würde mich die ganze Nacht verfolgt haben; ich würde schreckliche Traume von Ih nen geträumt haben. Dies ist vie Brücke, von der sich vor Jahren die Leute herabstiirzten.« «Bor Jahren? Thun sie es jetzt nicht mehr?« »Ich glaube nicht. Es passiren zu oiele Leute, nun« «aa die Brücke frei ist." »Ah. der halfpfennigzoll machte dies den Bedauern, das er sie nicht mehr zu · Scllsullllclc, gluuck III-, SUU llscllo ccll armer Teufel, der das Leben fatt hatte, tonnte Zeit und Gelegenheit finden, es wegzurverfen.« Wieder trai Stille ein —ihretfeits verlegen, seinerseits ärgerlich; er he gann nun. sie zu verstehen — sie wußte, daß er sich umzubringen beabsichtigte. Welche Scharfsicht von ihr, feine Ge danlen errathen zu haben — sie, aie zufällig Vorübergehende! Er war von ihrer Theilnahme gerührt und begann, ihr Gesicht zu ftudrren, wie sie am an deren Ende der Bank fak und in das graue Licht gerade vor ich hinftarrte. Es war ein zartes, fein orrnteö Ge sicht, ein junges Gesicht, o wohl Sorge Linien darauf gezogen hatte, die ovalen Wangen gehöhlt und denMundwinleln einen traurigen Zug gegeben hatte. »Wohnen Sie hier in der Nähe?« fragte sie nun, »und kommen Sie hie und da her, um frische Luft zu schö pfen?« »Ich wohne jeht hier, denn ich wurde geftern Abends energifch aufgefordert, meine Wohnung zu verlassen.« »Dir-mer Mann! Das ist hart. Und Sie haben nirgends ein heimi« »O ja, ich habe eines —- und ich gehe gerade hin, wenn ich mich der frischen Luft am Flusse und Jhrer angenehmen Gesellschaft erfreut habe.« Sein trotzigrr Ton, der rhnifche Spott heftärlten sie in der Annahme, die bei dem ersten Anblick feines Ge sichtez uno feiner haltng vor ihr auf gebliht war. »O, gehen Sie sich ni t der Bet gweiflung hinl« bat sie. » nien Sie fofchlecht von mir, wie Sie wollen — daß ich fo frei mit einem Fremden spreche s-—, daß ich mich um eines Fremden Schicksal liimmere.« «Schlecht non Ihnen denken, nicht ein Zischen. Sie hören wahrscheinlich einer Rettungsge ellfchafi an, und dies ZU Aft- Ibssth « ... «,.,. ..-...-..,.... »Es ist nicht gut von Ihnen, mich zu verspotten —- nur zveil ich einen Fremden in Noth sah und nicht anders konnte, als ihn zu betragen. Ich kann Sie nur bitten —- tvenn Sie die schreck liche Absicht hatten, wie ich glaubte ———, davon abzugeben Wer kann sagen. was die Zukunft bringt? So lange man jung und gesund ist, von keiner unheilbaren Krankheit gequält« ist im mer noch hoffnung. Gute Nach:!'· Nach diesen Worten war sie ausge standen und wende1e sich eilends zum Gehen. Er aber sprang aus, stürzte ihr nach und erfaßte ihren Arm. »Verlassen Sie mich nicht gerade jeht,« sagteer, »glauden Sie, daß ein Verzweifelter so leicht gerettet werden kann? Bleiden Sie! Ihr Mitleid hat mich gerührt, verzeihen Sie, daß ich ei niedergespotiet habe. Jch wollte nicht mehr Irren chlich fühlen, ich war wie ein zorniger usej —wie eine verlorene Seele; ich wäre rnit gebaklken Fäusten dem großen si« entgeg angen — enrt dein Ich tnrn des Flrr et irn Mund und den Wurzeln irn e.« .Sie werden also nicht me r an die schreckliche That denken'i« Atti jeden nicht heute Abend. Sie haben m wieder zum Wen eben . Was fiir eine gute le mässen Sie sein« urn solchen Intkzeil an dem Leu-net eines Free-den zu nehm-P s einst zwei Stunden lang est ex Ihn-· m Wie m sel , Die Sie beste Abends End eis- arnte Seele ern-Oh eis« »Nein. net-; Uteniand sprochzu mir. Niemand ertteth es. Ich sah und horchte auf das Schlagen der Uhren und dachte, es wurde in einer Viertel stunde dunkler sein, und M und wartete —und «—— war zu dazu. Ich fiirchtete mich doe dein prung, dem Austlatsgem und so ging ich in meine elende amnier zurück und liesi meine haussrau schelten. Mein Geschick wendete sich, ich bekam amnächfien Tag Arbeit. und ich klammere mich nun an dies arme Leben.« »Ah, deshalb verstanden Sie alin meinen Fall, milde Samarilanerin « »Ohne etwas Geld zu desihem das ich then anbieten lönnte.« »Sie haben mir mehr als eine Mil lion gegeben, Sie haben mein Interesse fiir etwas außerhalb meiner eigenen elenden Existenz geweckt. Seien Sie meine Freundin, liebes Mädchen, er zählen Sie mir Alles. Wer weiß, ob dies nicht eine glückliche Wenduiig ist« Ach bedarf Ihrer, gutes mitfühlendes Wesen« Er hielt fie seft, legte in der Dunkel heit den Arm un ihre Taille und ver suchte, sie an sich zu ziehen, allein sie entriß sich i in. Walten ie mich für ein schlechtes Wtib,·weil Sie inir leid thun?'« fragte sie nnwillig »Ich ha te Sie fiir einen Engel voll Mitleid und Güte.« »Sie beleidigen mich.« »Ist es eine Beleidigung, Jhre Liebe zu begehren, sich nach einem Au von diesen sanften Lippen zu sehnen Sie fühlten Mitleid mit mir, Mitleid ist der Liebe verwandt; ich bin Ihnen da für dankbar, Dankbarkeit ist nicht weit von Liebe.« »Gute Racht,« sagte sie abermals und eilte, sich gegen das Surrey-Ufer wendend, schnell fort. Rasch, wie ihre Schritte waren, lonnte sie ihm denno nicht entkom men. Er holte sie bei der Brücke ein« faßte sie mit starkem, doch nicht rohem Griff am Arm und ging neben ihr einher. »Kommen Sie doch, wozu dies Al leH,« sprach et ungestüm. »Eine Stunde vorher war ich ein einsamer Mensch, der nichts, was lebenswerth ist, besaß, vor dekn nichts laa als der Grund der Themse. Jhk Mitleid —vieaeicht ei was Andere-, etwas, was ich nie bei einer anderen Frau gesehen, hat mir das Interesse siir das Leben wieder gegeben. Eine Stunde vorher wollte ich sterben, nun will ich leben —- um Jhreiwillens doch, wenn Sie von mir gehen wollen, wenn Sie sagen, dasz wir Fremde sein müssen, gut —- so gehe ich aus mein anfängliche-· Vorhaben zurück und so« —suhr er nach einer lurzen Pause fort .Gute Nacht.« Er gab ihren Arm so plöhlich, wie er ihn erfaßt hatte, wieder frei, lüstete den Hut und ing aus die Brücke zu· Tiesmal war sie es, die ihm solgte. »Um Gottes-willen gehen Sie nicht zurüc« bat sie. »Seien Sie vernünftig Was lann ich sür Sie thun, als Sie bemitleiden? Was kann ich --ebenso arm wie Sie —-—thun, um Jhr Leben zu erleichterniw «Lieben Sie mich!« antwortete er leidenschaftlich «Lieben Sie mich, Sie sind die erste Fran, der ich in diesem steinernen Labyrinth begegnete —seit ich im Unglück bin —, die sich so weit verirrte» mich zu bemitleidens als ich ersolgreich war, gab es Lächeln und Werben mit Augen und Lippen genug, aber seit ich sadenscheinig und mi: zer rissenen Ellbogen umbergehe, betornme ich keinen guten Blick. hören Sie aus, mich zu bemitleiden, milde Samarita nerin, geben Sie mir mehr als bloßes Mitleid." . »Sie sprechen, wie zu den Frauen von der Straße,« sagte sie mit trüber Stimme. .Rein, nein! Bei meiner Seele nein! Giebt es nicht plöplich erwachende Liebe außer der käuslichen?« »Ich bin nicht, was dieWelt eine tugendhoste Frau nennt. aber ich ge höre nicht zu jener Klasse.« »Ich weiß es, solch ein Gedanke ist mir nie in den Sinn gekommen. halten Sie mich fiir solch einen Tölpel, daß ich nicht erkenne, was Reinheit ift? Mitleid. herzenggiite, Eigenschaften, die einem Engel eigen sino?« »Ach, nun klingt Jhr Lob wie Spott. Jn der That, es giebt nichte für uns. ais einander die Hände zu reichen und Lebewohl zu sogen. Sie dürfen nicht mehr fo gottlos- fein. wieder an Selbst motd zu denken, nicht wahr, Sie wer-— den warten. was das Schicksal Jhnen drin en wird? Bitte, nehmen Sie die fen hilling an s— wirklich, ich lann ihn entbehren »und verschaffen Sie sich irgendwo ein Bett und ein Stück Brod.« . Er stieß die fchrnale hand, die die Münze in die feinige zu drücken der fuchte, fanft weg. »Nein, nein. ich will von einer rau, die mich abweist, nichts anne men. Sagen Sie mir, wer Sie sind —wo Sie wohnen —L-, wann ich Sie wieder fehen kann, dann will ich die hälfte Sehnt Shillingj annehmen, mit daftir e u shendbwd taufen, mich in den St. Innres-Pakt fehen und an Sie hie zus- Mot n deuten« Sie wegerte fich, doch die te nde Stimme —eine tiefe, fonore tlnme —, die Die leidafchsftlich Musik tlang, war unwidrftehtich. Er war einfans — — me sie es nicht nacht Sie ab end lich nach und versprach, qui plgenden Abend um sUht iln GLMPCU zu fein; fie wollte ihm vorläufig noch nicht speku- ms sie wobst-. mä ihren keinen nennen. »Weil-en Sie Wort halteuk Ich gebe Jäg- mä Noah wenn ich morgen Idend lebe, so werde Miit-It mi« ad « ver raue nrn.« Er lte den shiliing im näch gecknfbirths aus und gab ihr die andere «lte. .crinnern Sie sich, wie LMI Us tonund ihr Geiiebter ein Galdstscka s Pfand lebenslänglicher Treue theil tenitM So schieden sie von einander. .Werde ich siie je wiedersehen?« dachte er, als er langsam westwärts dahinschritt. »Wird sie ihr Versprechen halteni« War das Liebe, dieses warme su teresse fiir eine grau, die er vor die eni Abend nie gese n? War das Liebe? Unmöglich, sagte er sich selbst; doch die seltsamen Um ände ihres Bekannt werdens, ihre - heilnahme, ihre Offen heit, ihr Muth waren genug. um sein tiefes Interesse fiir sie, sein Sehnen sie wiederzusehen, sie irgendwie Lin Eign zu nennen, begreiflich zu rna n. Er nahm ein herzha les Ma l, aus Brod, Butter und Porter he ehend, fiir den halben Shilling in einem der Wirthshäuser ein, die in den ersten Stunden nach Mitternacht fiir die Marttleute geöffnet sind, saß in einem Wintel, um sich her den Geruch von Kohl, Kräutern und Blumen, und aß und trank, an das bieiche, welche Ge sicht und die freundliche band denkend, der er das unerwartete Mahl ver dantte. Er dachte, daß ihm im Leben nie ein Essen so gutgeschmeckt habe. Dann ging er in den kühlen Morgen thau hinaus und schlief aus einer Bank im St. Ums-Pakt unter dem rosigen Morgen immel, vom Zwitschern der Vögel und dem Rascheln der Zweige eingelullt, süß ein. Äni nächsten Tage sah er sich mit solcher Energie nach Arbeit um, wie er sie in lehter Zeit nicht gekannt; er war bis jetzt iibellaunig, verdrossen daran gegangen, als wenn er den Miß rsolg voraus-gesehen hätte; doch heute trahlte sein Gesicht, und ehe der Tag vergangen war, hatte er in zweierlei Richtung Er folge aufzuweisen Der herausgeher einer Sportzeitung hatte ihm verspro chen, einige Artilel über Athletil, die er einsenden cvoll:e, zu prüfen, und sie, — l wenn ne angenommen wurden, gur zu bezahlen. Und was noch desser«swar, der Direltor einer Singfpielhalle wei ten Ranges engagitie ihn als Auföseher fiir fiinf ehn Shilling wöchentlich mit dem Versprechen die Bezahlung zu er höhen, wenn seine Dienste zufrieden stellend seien. »Sie haben leine Uniform u tragen wie diese fremden Laffen im efteng,'« sprach der Direitor. »Wir ehen da rauf nicht los. Ich hoffe, ie haben einen guten Hinzqu »Ja, aber er isi in der Putzerei, und Sie müßten mir fiir eine Woche imllVoraus zahlen, wenn ich ihn tragen so .'« »Und wie kann ich wissen, oh ich Sie je wiegeusehei Sie sehen wie ein Gentleman aus —- dach giese Sorte isi manchmal gie schlimmste.« ,,Das ist Jhre Sache. Mit Jhren ausgebreiteien Lebenserfahrungenfolli ten Sie einen Ehrenmann sogleich er iennen.« Nun genn, hier-ist Jhr Geld, ich will es also wagen. Mir gefällt der Schnitt Jhres Gesichtes, und Sie sind itart gebaut. wiewohl in elengem Zu stande.« »Es isi mir in lester Zeit schlecht ergangen.« »Nicht genug gegessen, wahrscheinlich Sie thiiien gut daran, vor Sonnabend ein wenig Fleisch und Bier zu sich zu nehmen« Arnald sollte ieine neue Thätigieii am Sonnabend beginnen; er iannie derartige Vergnügungsorie genügend, um zu wissen, daß diese Stelle keine Sineeure sein wiirde und war sroh, daß es eine Singspielhalle dritten Ranges am Sauen-Ufer und es daher wenig wahrscheinlich war, daß er von Verwandten oser Freunden erkannt werden wurde. Er hatte keinen großen Bekannten lreis; sein Vater, ein Cdelrnann in Sussoll, der ruhig auf seinem Gute lebte, das seinem Geschlechte nahezu drei Jahrhunderte gehört hatte« war maßlog stolz, wie solche Leute auf Na men und Besitz es gewöhnlich sind. Die Wentwvrth von Langlonhof lebten im engsten Kreise, und der größte Theil der Bekannten Arnolds waren Freun de, die er auf der Universität in Cam hridge gewonnen hatte; diese, dachte er, würden wohl nicht der Unterhaltung wegen über die Ihrmse loinrnen,- denn jedes neue Licht, das in jenen ohlluren Regionen auftaucht, wird bald von den Augen der Direttoren des Westend Londons entdeckt. Er nahm daher die Anstellung ohne jede Reue an, fah keine Erniedrigung darin, gehangen zu sein, um Ordnung unter dein Pöbel zu halten, die Leute zu ihren Seien zu führen und Ge tränte zu serdirem dein Manne, der dein hunger, dein Tod ins Auge e tehen hatte, schien keine e rllche se schäftigun erniedrigend zu etn. Ilinfze n Shillina wochentlicht Er lonnte daiiir eine reine Dachltulse mie then, einen Shilll täglich iiir das Essen, 4 Shilli tv ntlich file das Ausbessetn uud einigen der Kleider ausgeben. Aber zwölf Shilltngs von deni Pfund, das er eben erhalten halte, mußten zum Pfandlelhser wandern, er würde eine Woche oder vielleicht vier zehn Tage von acht Shillings leben müssen —- Hcherlich ein stonomtlches groblenn Doch er hatte noch andere stellen. Nschwittags sollte einErtcketi match abgehalten werden, und so zaslle er. W et dos Mnlchte Zim . mer gesunden und nw Zaubers-II hatte, damit er chtimen mitt wenn er einen iannten träte teilw« åaeiben Shillin und sah dem herni chsiåwettamå W eineins wa ussexer und einem starken ur rehaner H- erfreute sich an dem Lärm und der ufregung der Szene und ver g,aß daß er seit zwei Uhr Morgens nichts als ein Pfennigbrod gegessen tte. Er blieb bis zum Schluß des pieles nahm Thee und laltes fzleiseh im nächstn Kageehause und siteie teden Abend hindur im St. James- Pakt umher. »Ob sie ihr Versprechen halten wirdt« »Ja, sie wird ei, « dachte er Denn siewar nicht minder verlassen wie er, Ente sait dasselbe heiße Bedürfnis nach hmpathir. Sie wrirde seine Leiden nicht nachgesiihlt haben, hätten sie nicht ihren eigenen geglichen. Sie saß aus einer Bank gegenüber dem Annenthor, nett und zierlich iu ihrem abgetragenen schwarzen Kleib und sch varzen Strohhut, geduldig wartend. Vorige Nacht waren ihre hände blosz gewesen, an diesem Abend trug sie handschulx die eine Geschichte erzählten, so sorgfältig geflickt waren sie, so alt und dünn. Sie erröthete bei seinem Kommen wie ein Mädchen, das ihres ersten Ge liebten ansichtig wird. Der sie als jener lasterhaften Klasse angehörig betrachten lonnte mußte in der That ein dick häutiger Tölpel sein. Sie saßen und sprachen miteinander und gingen in dem Dunkel des Partei bis zehn Uhr auf und ab. Er erzählte ihr seine Erlebnisse an diesem Tage. »Sie sind vielleicht mein Mascotte,« sprach er. »Ich habe heute bessere Er folge gehabt. Ich habe heute etwas zu thun bekommen, was mich oor dem Verhungern bewahren wird.« Und er erzählte ier von feiner An stellung in der Sing pielhalle; doch an statt darüber ersreut zu sein, war sie über dieJdee erschrocken. »Sie sind ein Gentleman und haben niemals mit solchen Leuten verlehrt,« meinte sie, »eg kommt mit schrecklich keon daß Sie sich so erniedrigen wol n.« «O, ich bin ein Radilaler, ich halte nichts siir erniedrigend, was nicht un ehrendast ist. Jch chill nicht gerade sagen, daß ich den Dienern gern helfe, wenn der Saal voll ist, aber das Aus rusen macht mir Vergnügen, es erin nert mich an meine glückliche Kinder zeit.« «Warum gehen Sie nicht zu Jhren Verwandten zurück? Sie müssen sehr netten Leuten angehören.« isortsegung folgt.) »z« OE kpfet der Inde. Was vie Mode nicht aucsctok um Gewissen hatt Jept wird sie von einem sorgfältigen englischen Beobachter auch ilr manche Ungelchietlichleir und Pein, deren Opfer die englischen Mädchen sind, verantwortlich gemacht. Eine ganz eigenartige Folge hat der turge Rock, der sich immer mehr vurchfedtz und zwar ist die Schiichternpeit und Selbstbeobachtung, die so manche bri tische Jungfrau quält, die Ursache der Erscheinung. Jahre hindurch hat der Rock die Füße vollständig bedeckt; nun läßt er sie srei. Englische Mädchen ha ben aber ganz irrigerweise die dee ge faßt, daß ihre Fäßchen gro und plump sind, und da sie nun genöthigt sind, sie entweder zu zeigen oder sich der Mode des turzen Rockes zu wider-seyen, so gehen sie unwilltiirlich ebeugt, von dem Wunsch beseelt-, die usmerlsams teit von ihren unverdiillten Schuhzeug adzulenten. Andererseits veranlaßt eine Klage, die belonderoFrauen von künstlerische-n Temperament äußern, die noch schlep pende Kleider tra en, aber deren der einerte Natur si doch dagegen ais lehnt. ihre Kleider den Straßenteri t aufsammeln zu lassen, die nderm· - pzssgzvkk sonstwo-» »s« bestsit urge Anstrengung, ous Atem zu fut sen und die Hand so lange zusammen gezogen zu halten« ermüdet den Unter arm fo, daß er seine Arast verliert und, natürlich nur zeitweilig, schlaff und unsähig wird. Unwilliiirlich nehmen die Frauen ihre tinie hand zu diesem Zweck in Anspruch; wenn sie aber ihre rechte dazu denu en, so wird ihre handschrist vollständig verdorben. « Der Handhiutel an dein die moderne Frau nichts zu tragen meint auch wenn sie darin ihre Börse ihr Taschentuch, ihre Puderbiichse, ihre Pariiimslasche u. s. to. trägt, macht das Unglück doll stiindig. Es gibt aber noch manche an dere Moden, die schlechte Gewohnheiten besördern. Das Mädchen, das ein Opfer ihres .Bi1dhutei« ist, wird von convulsivischen Bewegunkien befallen, in ihrem Eifer, ihn in se ner richtigen Lage zu erhalten; und diese Bewegun gen mtwieteln sich, wenn sie nicht aus hören, zu etwas, das den unwilltiirlis chen Verreniun en des Vettetan es ähnk sieht. gJeder wehende Zephir iirt en richtigen Sis der du tigen tschöpsung und veranlaßt seine Ei genthiitnerin, ihr Kinn und ihrensiops mit einer eigenthiimlich ungraeiö en Bewegens in Pausen von un es« hr fünf unden auszuwerfen, in for i losem Bemühen, ihre widerspenst He gänshedeetung an ihrem Plas zu ha - Die Frau will immer mehr Recht hagndetiåschder Mann; diasts gerhelanärtt der-echt u r edit-It Zusslui der Feszidenheit