Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 18, 1903, Zweiter Theil, Image 13

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    die Poeten.
Im wir e s n at nichts gelten.
islei doch, Mr nd ßle Dienen,
euch ewi senrstg dienen;
» knien « ser EIN nnd Welten
Wrnzen m die lehren Ferne-i
Hsuder konnt-, Mond, den Sternen,
n
hlen und in Gottes Blumen
dem Lebensmiiiderbnume.
An en an den leuchten Minnen
- lbt noch an des Grabes Saume
Svinncn mit den seinen Sinnen,
Wiss ilir sonst nicht könnt gen-innern
Sinnen Schmerz auo Todes-trauen
Heldenmnth aus Schreck nnd Schauer
Allrrllaritrn Sinn der Freude
Wie aus rosenrothcr Heide-;
Prinqu euch aus Frühlingoliistcn
All-ro Grifriae der Zeit
Und mit unserm Flug ein Tlisrrn
Von der Flur der Erriialcit
W
Der letzte Abschied.
Stizze von Rose Raunau
«Jn einer Stunde werden sie mich
hinuntertragen zum Operiren. U«m
Lebend oder Sterbenswillen grüß’lch
Dich noch einmal, geliebter Mann-Hoff
vie Kind-: neb, ich bitte Dich drum, sie
sind an so oiel Zärtlichkeit oon mir ge
wöhnt. Sag’ ihnen bloß Gutes von
ihrer Mutter, auch wenn —- auch WMJI
Du es nicht denkst. .Jch danle Dir siir
die Sonne in meinem Leben, die Schm
ten date ich vergessen. Hab' die Rin
der lied, lehr’ sie das Schöne sehen und
das Gute thun! Jhre reinen Augen
sollen Deinen Weg erleuchten und be
hliten. Du wirst ihre holden Gesichter
erblühen setzen, nur Du-, es ist dadrin
zigr. was ich vom Erdenglück Dir
neide! Und wenn sie groß sind, dann
laß sie«-— ich seh’ Dich lächeln, daß ich
das bedenle dann laß sie ihre blon
den Zörsie als Kranz um den Kopf ge
legt tragen. Jch hatte sie noch gern so
gesehen, aber ich glaube, es soll nicht
sein. Tante allen, die um mich sind,
sie sind wunderooll gut zu mir. Feier
lich und still, wie erstarr:, ist mir zu
Muthe, aber ich sürcht’ mich nicht· Sei
nicht böse, lieberMann. aber ich glaube,
ich sterbe gern. Es geschah aus meine
Bitte, casi Dir der Tag der Qperation
verheimlicht morden ist. Die Schwester
Obetin liat mir auch versprochen da
siir sorgen tu wollen, das3. ctenn ich
nicht mehr erwachen sollte, ich nicht
gleich nach dem schrecklichen Raum
komme. Sie will mich dann noch ein
mal hierher in mein Zimmer tragen
lassen, damit die Kinder hier von mir
Abschied nedmerr Jch habe das Zim
mer so geliebt in diesen Krankheits
wochen. Und dor: Dein Geschenk, das
sonst über meinem Nähtisch hing, die
vinssbkneentsn Meist- anf d« schlicht-n
Holzleistn
Beglückt, ever Treue rein irn Busen
- trägt;
Kein Opfer .vird ihn je gereuen.
Die heiligen Worte, die immer meine
liebsten malen, haben iiber mein Leben,
ohne daß Tu es mußtest, wie gute
Sterne geleuchtet.—— Jch »veer fühlen,
wenn Du hier stehst und in meinen
Zügen suchen wirst, was Du darin ge
liebt hast. Der Tod versöhnt und ort
tliirt und über mir liegt schon ein
hauch von feinen Wehen. Leb’ wohl,
Du Mann, ver der einzige war in mei
nem Leben —- ich hab’ Dich geliebt und
hab’ Dich doch nicht beglücken lönnen
Ei scheint, als ob Liebe allein dazu
nicht ausreichte. Das was Du wollust
und brauchtest an einer Frau, das
hab’ ich nicht besessen, und die guten
Gaben. vie ich vielleicht hatte, mit de
nen hast Du nichts anzufangen aei
wußt. Aber die Bitterkeit, daß ich Dich
nicht beglücken tonnte, Die ist nun auch
weggeweht. Du bist ja noch so jung.
Nur ich bin alt und muß sterben. «
Sie tcmmen mich holen mi: einer
Bahre. lind nun schluch;« ich doch. «
Meine Kinder! —--—« ,
Den Brief, der mit Bleiftist geschrie
ben war, nahm die Schwester un sich.
Und dann unten irn Saale schaute vie
blasseIrau sich um mit dem nie ver
sagenden - nteeesse, Ins sie siir alle Er
cheinungs orrnen hatte. Die großen
irgen, die das ganze Gesicht beherrsch
ten, waren voll Leben und straften den
Leib Lügen. Der bleiche Mund scherzte
und lachte. als der Qberarzt aus der
Entfernung der Zähne, vie er siir
Lalsch hielt, bestehen wollte uno sich
ann ob seines ver-fehlten Mitterauens
rnit langjähriger trüber Erfahrung
entschuldigte Sie erklärte es sür eine
inittelattertiche Grausamkeit, gerave
gegenüber einer Taset liegenzu inüisen,
auf der unter ihrem vollen Namen und
dein Titel »Schriftlteltersirau« starrt-:
31 Jahre att, eine Thntlache, von ver
sie behauptete, daß sie ihr nicht gerne
in’s Gesicht sah· sllnv Dann inmitten
alles Ernstes, ver sich hier iiber iie drei
iete, grüßte sie noch einmal der Humor.
Zu ihr trat ein junger Votontärarzt
ntit der Chloroiormtnaste in ver Hand
Ein leichter Dust von Houuigant ging
von ihm qui unv vertrieb ihr ein Auf
athmen lang den scharfen Karholgeruch
Sie fah seinen tnveltoien Scheitel und
die nsarhigen Schmisie unter seinem
Marthen-, sie ek sich wie im Bausaate
vor ihr versengte: »Mein Name ist von
Rolenthul.«
Sie lachte jung und hell nnd fröh
lich auf. Ei war ihr letztes Lachen. »
Eine Stunde nach der Operativn
erlosch das Licht in den schönen Augen
iiir immer. —
Der Arzt war stolz auf die entschie
den gelungene Operation. Daß die
arme Frau vorher von langem Kran
kenlager geschwöcht war nnd nicht
mehr Willenstrnft genug Juni Leben
ssesas, dafür tonnte er natürlich nicht.
Don seinem Standpunkt, dein Stand
Mkt dses chirurgen aus, war es rich
Nebraska
Staats-« nzejgcr Und Herold.
J. P Windolph, Herausgehen Grund Island, Nebr» IR. Sept. 1903 Mitleiter Theil.) Jahrgang 24. No. :3.
tiger, genial operirt als unoperirt zu
sterben; es galt auch für die Welt
d’outre tombe das Renommee des
Krankenhauses zu wahren.
Als die Depesche, die in schonenden
Worten den »letalen« Ausgang mel
dete, in des Mannes zitternden Hän
den war, waren die beiden Mädchen
ferade mit ihren trippelnden Kinder
chritten unterwegs, Beil ensträuße in
den kleinen Händen. a und Mi,
Martha und Maria, die zwei Zwil
linqsschwesterchem die trotz ihrer zehn
Jahre nur zu unterscheiden waren
wenn man sich behielt, daß Marthas
Zopsbänder roth undMarias blau
waren.
»Ob Mutti nun endlich, endlich
basld nach ause dars? Jch habe doch
so viel ge tet gestern Abend und
wenn ich sage: Lieber Gott« mach
doch unsre geliebte Mutter wieder ac
sund, dann setze ich immer dazu: St.
« osesstranienhaus, Gartenpavillon,
immer 6, damit der liebe Gott die
utter auch sinsdet! Sagst Du das
auch?«
»Aber Mi,« erwidert die iliigere
Ma, »Gott weiß doch alles, der findet
alle Menschen ohne Adresse.'«
»Ich sag’s aber doch lieber, sicher ist
sicher,« beharrt Mi alttlug
Und nun sind beide beklommen und
still geworden. Sich fest an den Hän
den haltend, durchschreiten sie den
weiten hallenden Gang des Krintens
hauses nach dem Garten hin. Die
Schwester hat sie erschrocken kommen
sehen und geht ihnen entgegen. Sie
ieht sie mit sich in ihr Stäbchen und
sie zärtlich liebtosend, sagt sie ihnen
mit leiser Stimme: »Meine geliebten
Kinder, Jhr müßt nicht traurig sein
iund nicht erschrecken. Eure schöne
Mama ist eingeschlasen —- siir immer!
Sie wird nun nie mehr Schmerzen
haben; ist das nicht gut so? Mama
ist nun im Himmel beim lieben Gott!«
—- Mitleidia fließen ihre Zähren in
Mio wisldstiirzende Thriinen, ihre
-«:-t--- t-«-tk4--h-- MI--«- ---1..-l
sUIIWSII, IIUIICIIUIOI Ost-is Ubs IUWLIO
vergeblich die Jammerlaute des Kindes
zu übertönen. — — »Mutter Mut
tert« Es ist seht nur ein Wimmern
noch, lein Schreien, aber es liegt in
dieser Kinderstimme so ein hoffnungs
loses Verzweifeln, da die Schwester,
die den Schmerz um obte so ost mit
angesehen hat, davon gequält ist, bis
ins Innerste.
Sie weinen lange in erschütternd
leisem Tone, in alle Schiner-se nicht
vergessend, daß sie an fremdem Orte
waren.
»Wollt Jhr warten, bis Euer Vater
tommt oder wollt Jhr Eure Veilchen
nun in Mamas Hände legen?«
»Bitte « slehten die zuckenden Kin
der-lieben Wir wollen ja ganz still
sein!
Atti den Spitzen ihrer Fäßchen gin
gen sie hinein und tnieten aufschreiend
nieder am Bette. ihre wilden Wehe
laute in den weißen Kissen erstickend
Des Vaters Hände legten sich weich
aus ihre Köpfe. Er hatte schon eine
Weile erschüttert mit thränenlosem
Schluchzen tämpsend neben ihnen ge
standen. Jetzt küßte er ihre glühen-·
den, nassen Gesichter.
»Gebt hinein, Jhr meine Lieblinge,
geht mit der Schwester in ihr Zimmer.
Jch hole Euch bald, und wir nehmen
die Mutter noch einmal mit nach
Hause-«
Und nun ist er allein mit der Tod
ten, allein mit der jäh erwachten
Reue, die ihn gequält wie Körper
schmerz. Er liest die schnell hingewor
senen, halb verwischten Zeiten« die die
Schwester ihm als lezken einzigen
Gruß von seinem todten eibe gegeben
hat, liest sie hier angesicht- der heiligen
«- ·-k t-v.-- m» c-- -. - Clu- k- i; «-ö
DUUILIIOUSII IIIqS, III- IUIO III Its-«
Jch sterbe gern! Daß das die
Wahrheit gewesen, sieht er im Frieden
ihrer füge Aber daß sie diese Wahr-s
heit iihlen und durchleben konnte,
wird er sich nie vergessen dürfen. »Du
Mann, der der Einziae war in meinem
Leben!" Keines ihrer Worte erschüt
terte ihn so tief wie dieses. Zug auf
Zug taucht vor ihm aus und reiht sich
zusammen, bis ihr Bild vor ihm steht,
wie es im Leben gewesen. Sie haßte
die große Stadt und ihre Freuden.
Sie kannte nur die Sehniucht nach
Sonne und Wald und Wasser. Wie
hatte sie ihn angesehen mit den tiefen,
tlagenscen Augen, damals in der einen
Stunde. Er wußte noch genau, wie es
aetommen war, iein Gedächtniß er
sparte ihm nichts. Sie hatte gebeten,
einmal mit ihm und den Kindern einen
ganzen Herhsitag draußen am Mög
gelsee verbrin en zu dürfen. Da hatte
er ihr ärgerl und spottend zugerufen,
er beabsichtige nicht, sie in ihrer »da
thologischen Liebe zur Natur« zu be
stärken. ·
Heut« wußte er, daß sie das bis in’i
Herz getroffen hatte. denn von da an,
soviel er auch sann, hatte sie ihn nie
wieder gebeten. Und die Abende, an
denen er nicht schrieb; schlossen wie
vorher mit einem Theaterbesuch und
dem Aufenthalt in einem über-füllten
Case. Dessrn wechselnde Bilder wa
ren ihm so Lebensbediirfniß wie ihr
der Anblick von schimmerndenBirtens
wegen im Walde.
Aber nie hatte er nach ihrem
Lebensbedürsnifz gefragt und nach
ihrer Sehnsucht, an der sie fast trank
te. Nur im Anfang hatte er sie zuwei
len über engen gewollt und ihr erklärt:
»Ja, siegst Du nicht, daß eine einzi e
Laterne hier mit dem Leben, das e
beleuchtet, interessanter ist und mit
mehr Gedanken geben lann fiir mein
literarisches Togewert, als Deine
schönsten Tannen und Fichten und Bir
len, die sich im Wasser spiegean Be
greifst Du das nicht?« Nein. Sie sah
es nicht, und sie begriff es nicht. M
sie Ibegriff so vieles nicht, bei aller
Klugheit nicht.
Sie liebte auch seine Arbeiten nicht,
seine kleinen Arbeiten, die für Meister
werie galten. Jn wenig köstlichen
Strichen ein Auszug aus dem Leben,
aus den Nachtseiten des Lebens, blin
—schnell erfaßt, von erschreckender
Treue!
Er sah mit Dichteraugen ins Dun
tel hinein und fpiirte mit Dichterner
ven alle Vibrationen nach: er hatte das
wundervollste Feingefühl fiir das
Seelische aller halben und ganzen Per
versitäten Nur die Natur war ihm
todt.
Sie, die Todte, sah nur die
Schwäche. Sie haßte den Schmutz,
den er so hinreißend zu schildern ver
stand. Sie war voll Harmonie und
Reinheit und Klarheit, ihr war nur
schön, was einfach war. Voll durch
sichtiger Ruhe war sie, auch wenn
Trauer in ihrer Ruhe lag; in ihm
war nichts als Unfrieden und Hast
und ein Suchen nach immer neuen
Sensationen.
Und plötzlich in diesem ruheoollen
Todtenzimmer packte ihn die Sehn
sucht nach steter Stille und Frieden und
einem Leben, wie sie es geiebL »Na
III-m sei-O M- nnn Ins- ssqsnxssn
...... -... ».. --.. ».,.....,sp», M
liebte?« fchluchzte er auf. »Warum
hast Du nichts mehr gethan, mich hin
überzuretten zu Dir? Jch hatte einen
Engel neben mir und ich konnte nur
von feilen Frauen schreiben; die Rein
heit saß an meinem Tische und lächelte
in meinen Räumen und in meinen
Dichterphantasien fand sich immer wie
der nur das verderbte, gemeine Lachen;
i die Wahrheit durchleuchtete alle Win
kel in meinem Hause und ich schrieb nur
; von Lüge und Moder und Fäulnißi —
; Verzeih’ mir Geliebte! Du haft Deine
lWünsche bezwungen und nach außen
i mit mir gelebt, wie ich lebte· Und nicht
einmal »1e gereuen« konnte Dich »Dan
Opfer.« — »Begliirlt, wer Treue rettt
Iim Busen trägt!« » Ein ektsfendes
Weinen gin durch ihn hin. Jetzt erst
sah er die äodte verklärt und voll
heiliger Liebe, wie sie im Leben gewe
i
sen war.
,,Schlafe ruhig, Geliebte. Jch will
versuchen, in Deinem Geiste vie Kin
ver zu er iehen. Mit Deinen Augen
sollen sie Zehen lernen. Sie sollen vie
Welt iund vie Menschen lieben, wie
Du sie geliebt hast mit Deinem holden,
schwärmenden Dichtergemiith. Soweit
ich es vermag, will ich ihnen die
Sonne zeigen überall, wie Du nur
überall die Sonne und die Schdnlieit
gesehen hast« weil Du selber voll Licht
und Schönheit warst!«
; Und in heiligem Erjchauern neigte
er sich und küßte vie eisigen weißen
Finger zum letztenmal.
s—-—«—-·
Der billige Braten.
Humoresle von Herrnann Zchniic:
Wins
Es war an einein regnerischen Nack
mitta e. Bäckermeister Rähmel saß
mit Einer Eheliebften beim Rassen
Herr ähmel, ein waschechter Berliner
von einigen 52 ahren, studirte eifria
den politischen heil seiner Zeitum
während sich Madame dem Roman m
der Beilage widmete. »Der Zolltarif
is ja nu doch durch,« brach Rähmel das
Schweigen. «Na, da müssen wir eben
die Brötchen noch niedlickfser machen, un
Kunde meente jestern ert er möchte
s teene Backwaare mehr von uns; die
Kniippel wären ihm zu jeringfiisgig.
Det kommt aber nochdi am anders. Paß
Uff Mutter, die Bei H en nach
l stens noch mit die Lu die Oogen,
i wie die Uhrmacher!'· Er lachte wohl
sgesiillig iiber seinen Witz, während
s Frau Röhmel etwas ärgerlich entgea
nete: »Thu’ mir doch den Gefallen
)August. und nenne mich nicht immer
Mutter. Ueberhaupt tbnnteit Du Dir
doch bald den gemeinen Berliner Dia
lett abgewöhnen, schon des Kindes we
gen.«
»Na, laß man. Mut-—, Paulinchen,
wollt’ ick sagen. Meiner Zunge kann ick
leene neien Kunststiirte mehr beibrin
gen un det Kind —- wat schon bald 17
alt is, spricht ja Deine Muttersprache.
Mo is denn det Mächen eigentlich?«
«Du weißt doch, daß sie erst um 5
Uhr aus rde Schule kommt,« meinte
» mit 17 noch nich fertig. Zu was tlernt
die Mutter, Und schenkte sich . die
sechste Tasse ein.
»Was det heitzutage vor «’ne Mutt
serei is,« schimpfte Meister Rähmel.
,,Jck hatte mit 12 Jahren alle Klassen
bei Pfeifern durch, und det Mächen is
sie nu sblos lebendige un todte Spra
chen un Musik -un lauter so ’n Kram?
Mir wäre et lieber, sie würde eene
tüchtige Bäckerssrau un teene Lehrerin.
Wat hat sie denn, wenn sie z. B. in
Traiehnen angestellt wird? Dazu ge
hört eene P«ferdenatur.«
»Das verstehst Du nicht, lieber
Mann,« entgegnete ihm Frau RähmeL
»Heute werden an ein junges Mädchen
gan andere Anforderungen gestellt als,
zu einer Zeit, und ich hoffe, daß das
Kind, Dank meiner Erziehung, ihr
Glück machen wird. Für ein gebildetes
Mädchen findet sich auch immer eine
gute Partie.«
»Na, ick stehe ihrem Glück nich im
Weje,«' brummte Rähmei. »Vor mir
kann sie ’n Erzherzog oder Sprachleh-(
rer heirathen, det heeßt, wenn er Mo
neten hat!«
»Ich werde ihr schon bei der Wahl
ihres Zukünftigen behilflich sein, über
laß das nur mir,« sprach Frau Röh
mel bestimmt.
»Na, denn paß man uff, dat sie Dir
leenen Strich durch die Rechnung
macht. Sie liest zu dille Leihbiblio
thei, un« det lejt sich manchmal uff ’n
Kopp. Wat ick noch sagen wollte, der
Klavierfritze gefällt mir nich. Der Kerl
ig mir zu jung un hat so wat herzbre:
chendet an sich. Un denn klappert er
immer so mit seine Oogen beim Unter
richt. Sollte ick merken, det det Ton:
iemälde etwa mit meine Tochter vier
händig poufsiren will, denn schmeiß icl
erst den Kerl raus, denn 's Klavier un
zum Schluß det Mächen. Die Noten
behalt ick lzum Einpacken. Jck werde——«
u»Aber August,« unterbricht Frau
maymel den erregten Gatten, »Herr
Frank ist ein sehr tüchtiger Lehrer und
ein höchst anständiger Mann, der sich
gewiß nichts zu Schulden kommen läßt.
Außerdem bin ich ja meistens beim
Unterricht zugegen. Erna hat auch
iiberraschende Fortschritte gemacht und
spielt schon die schwierigsten Sonaten
von Mozart uno Beethoven.«
»Hö: mir bloß uff mit Beethoven!
Mit dem ·bin ick jestern schön rinjesal
len. Du tyeeßt doch, det mir Ema je
stern zu Keller un Reiner mitschleppte,
roeil sie sich Klingers Beethoven an
sehen wollte. Et würde mir ooch inter
kssttem lachte sie. Jck itng mit, weit
rck dachte. der Klinger hätte ’n neuen
fen ersunden, un det schlug in mein
Fach. Na, wat soll ict sagen. Wir korn
men hin, tck hezahle det Angtreh, det
Jelo thut mir heute no weh. Alles
voller Menschen un meitens Frauen
zimmer mit janz verrückte Hüte uff’n
Köppen. Et jab da sehr schöne joloene
Rahmen, roo Bilder drin hingen, Die
tuckte sich aber Niemand an. Alle
drängten sich um eenen Jejenstand,
den wir noch nich sehen konnten. Da
steht der Beethoven, meinte Erna zu
mich. Na, er raucht wenigstens nich,
dachte ick. Wir wurden nach un nach
immer oorwärtser jeschoben sun stan
dcn endlich —- na, ivat meenste wohl?
-— vor eenek aussehauenen Fijur. Die
Leute oerorehten alle Die Ogen und
seufzten: herrlich, jöttlich und so’n
Blat, un Erna machte och mit. Its ret
der Ofen, srugsick fie. Jct sehe ja jar
kein Rohr und leine Kacheln. Jck kriech
te aber ja teene Antwort, kenn sie luctte
det Ding an, als toenn’g von Marzi
pan wäre und sie wollte es uffprä
purit
»Aber Mann,« rief Frau Nahm-eh
»Du dist doch zu ungebildet! Beethoven
war doch einer der größten Komponi:
ften und Musiker. «
»Na ja, det erfuhr ict ja nu och.
Wahrscheinlich hat der Bildhauer da
mit det soziale Musikerelend schildern
wollen. Ei soll ja dem Mann och
manchmal recht mies jesangen sein
aber so abjerissen det er nich mal ’n
Hemd uff m Leib hatte, wird er doch
nich jewesen »sein. Na, ick dachte mir
mein Theil, un weil ick mir teeneBlöße
jeben wollte, rief ick och herrlich, jött
lich, wirklich nett u s. w·«
Frau Rähmel hielt ihrem Gatten
eine turze Belehrung über moderne
Kunst und begann dann, den Tisch ab
zuräumen Zuletzt fragte sie, was er
sich morgen zu essen wünsche. Herr
Nähmel war sofort ganz bei der Sache
und fragte: »Wie wäre et denn mit
eenem Jänsebraten? Jck habe 'n
orndliches Heimweh nach ner Jan-T
und wir haben Ia erst eene jehabt "
»Ich hätte ja schon längst eine ge
kauft, aber ich hoffte immer, sie wür
den billiger werden. 58 Pfennige das
Pfund ist mir etwas theuer,« meinte
die sparsame Hausfrau. »Na, weeszte,«
sfagte Herr Röhmel «fchmunzelnd,s »ick
werde Dir eenen billigen Jönfebraten
beforgen Jck fahre jleich nach die Zen
tralrnarkthalle nnd toofe son West
Erstens sind sie da oille billiger un
zweetens kriegt man da frische Waare
un ieene Mumien." Frau Rähmel war
damit einverstanden, und bald darauf
fuhr er mit der Elektrischen nach der
Halle. Auf der Plattsorm des Wagens
stand sein Freund, der Budikex Haufe,
welcher ihn erfreut begrüßte und sich
nach seinem Reiseziel erlundigte. Als
er vernahm, daß Rähmel eine Gans
holen wollte, rief er lachend: »Bei paßt
ja jroßartig, Aujust! Jcl hole mir ja
och ’n paaar von die Sorte, indem det
morgen Obei mir Jänseaussschieben is.
Wir iofen zusammen un kriegen se be
deutend «billiger.« Als sie auf dem Ale
anderplatz anlangten, meinte Haufe,
daß man erst einen Schoppen bei
Schultheiß trinken müsse. Rähmel sah
dieses auch ein. Aus dem Schoppen
wurden mehrere, da sich auch noch ein
dritger Mann zum Slat fand. Als
endlich Rähmel und Hanie vor der
Halle anlangten, hatte diese ihre Pfor
ten bereits geschlossen. ,,Wat machen
wir nu?« fragte Rähmel etwas nieder
geschlagen. »Ja, da is nich ville zu ma
chen; Jänse muß ick haben, also müs
sen wir eine andere Quelle suchen,«
entgegnete ante. Sie erstanden denn
auch vier Gänse, das Pfund zu 60
Pfennig, und begaben sich auf den
Heimweg. Das Unglück wollte es aber,
daß ihnen ein Freund und Berufsge
nosse Hanles begegnete Dieser lud
Beide zu einem Glas Bier ein. Das
Bier war gut, die Stimmung wurde
ebenfalls gut, und das Ende vom Liede
war eine gemeinschaftliche Bierreise.
Auf der vierten oder fünften Station
gab man die Gänse« in Verwahrung,
dann wurde die Reife mittels Drofchke
zweiter Güte fortgesetzt, wobei für den.
·braven Rosselenler auch die nöthigen
Bierprozente absielen. Nachdem man
Gambrinus genügend gehuldigt hatte,
erhielt der Kutscher den Austrag, seine
Fahrgäste nach ihren Wohnungen zu
» fahren und dort abzuliefern. An die
weiteren Ereignisse konnte sich Herr
sing-»Ur cum-.- nipm msbk »in-wen
venii sein Gedächtnis wukve ihm meh
rere Stunden untreu. Er erzählte mir
einige Tage nachher etwa Folgewdes:
»Ja wache uss un seh mir erstaunt um,
was aber sleenen weck hatte, denn es
war stockduster. «« ck srua mir, wo icl
eigentlich wäre, kriegte aber teene Ant
wort. Nach un nach fiel mir in, det ij
mit Haner zusammen war. Jch rief
ihn bei die zartlichsten Namen, aber er
blieb stumm. Da mir meine Ogen
Uischt nutztem nahm ick meinen Tast
sinn zu Hilfe, un ict wurde secoahr, det »
ick mir in eener ileenen niedrigen.
Räumlichskeit befand. HerejotU denke
iet, sitz ick etwa als polizeilicher Miß-’
griff in eene Zelle, wejen jroben Un-?
sugs un so? Aber nee, ick saß usf Pol-·
stern, und die führt unsere Polizei
nich. Nachdem ict xnir meinen ohney1s:,
schmerzenreichen dep zerbrochen Zot
te, kam mir die Jdee, een Streich olz
anzsusteclen, alber ick hatte keene injefto
chen. Nu tastete ick wieder un ergrün:l
dete endlich, det ict in eenet Droschte
saß. Kutscher, halt! schrie ick und such
te die Wagenthijr zu öffnen, was mir
aber·langere Zeit sehlschliig. Endlich
sing sie ufs un vor mir machte sich
eene unseheure Dunlelheit breit. Ranu,
dachte iet, biste vielleicht im Alter
thumsinuseum wo die äayptische Fin
sterniß ufsbewabrt wird? Jch suchte
nu nach eener Thür, wobei icl über
verschiedene- erbabene Jejenstände her
siel, die meine Schienbeine schmerzlich
berührten. Jck rufe, ich schreie, ick
fluche, allens umsonst. Endlich sübl’
ick so wat wie ’ne Thür, die ick nu mit
Händen un Beenen bearbeite. Det
hatte nu doch etwas Erfolg, indem det
’n Paar Köter anfingen, wie wahnsin
lng zu UcuclL Ycllll lUUlchIl UW
menschliche Stimmen ruchbar, un im
nächsten Momang wurde die Thür
uffjerissen, un ick stand etwa zwanzig
Personen jejeniiber, alle mit Knüppeln
bewaffnet, un ict machte mir schon uff
’ne jehörige Tracht jefafzt, als plötzlich
een Mann die vordersten Quid-pel
menschen nzriickteißt un ruft: »Halt,
halt! Det is ja teen Spitzbube nich!
Dei is ja mein Fahrjast von beite
Nacht. Menschenstind, wie tommen
Sie- benn hierher?« Nu kannte ick
meinen Kutscher och wieder. «Mann
Jottes,« sag’ ict, »det müssen Sie doch
wissen. Wo halte ick mir denn über
haupt jefenwärtig uff.« »Ja, det is
merkwürdig,« meinte der hieher-Motte
ienter. »Ich hab’ Sie doch heite Nacht
nach Jhrer Wohnung in de Dresdener
Straße jefahken, un nun find Sie in
meine Remise in Weißensee.« Jck war
aff. an Weißenfee?« frag id. ,,Ja,«
antwortete mein Kutscher. »Wie det
zujeht, weeß ick och nich. Mit der
Rohrpoft find Sie doch nicht befördert
worden. Jck kann mir da nichts an
dsrs denken, als det Sie nich ansie
ftieoen sind, wie ick vor Ihrer Woh
nung hielt. Ussjepaßt ha-b’ ick nich,
denn bezahlt war ja allens.« »Mensch,
det haben Sie jrofzartig jemacht,«
sagte ict, und die andern lachten alle.
» Ienn spannen Sie man jleich wieder
an Und liefern Sie mir richtig ais-«
Dei that et nu ech. Mr
teen empfangen wurde, f
zu erzählen. Ja ttng « .
mein Fett weg hatt-, list« « Z
meine Jans zu holen. III »
sehr freundlich un rief: ,, «
just! Dei is hübsch von "«s "—
mir die Jänse bringst. Chef
sie holen.« »Ja och," sagte-ich
wußten beede jenug. Da MIH
nischt übrig, ick koste noch list
um wenigstens bei meiner »
dernde Umstände zu erlangen.«,
denn von dem Vogel asz, sM
mir janz un jar nich, denn bei » s
Bissen mußte ick an den jroßen
punlt denken, den er mir Mk
hatte. Die nächste Jans tooft MKM
selben hat sie jesacht. ";
Eine sehr alte Buche. ,
An der von Freidorf nach Halse bei -
Teltow führenden Landstraße, unt-sitz
der tgl· Forsterei Seinmelei, steht eine s
Buche, deren Alter auf 300——400 Jah
re geschätzt wird. Der Stamm dieses
Baumrtesen ist so start, daß er nur
von drei Personen umspannt werden ,
-kann; wunderbar schön ist die Krone;
ein zweites Exemplar von gl ers
Pracht dürfte so leicht nicht anzutr en .
sem. Noch vor einigen Jahrzehnten
zählte die alte Buche zu dem Besi -
thum des Landwirths Galle, der glei
Zeitig auch das Schanlgewerbe ausübte.
lte Leute wissen zu berichten, daß
Galle von Zeit zu Zeit im Sommer un
ter der mächtigen Buche öffentlichezsp
Tanzoergnijgungen abhalten ließ. Dies-H
Musiker saßen hoch oben auf dem Rie
senbaume unter prächtigern Laubdach
und spielten von hier aus ihre fröhli
chen Tanz-weisen aus. Auch manches
Kartenspiel, welches das Auge des Ge
setzes nicht duldete, kam in diesen »bö
heren Regionen« ungestört zum Aus
trage. Der Wirth hatte hinreichend
für Sitz- und Trinkgelegenheit Sorge
getragen, und so nahmen in der Regel
die in dem laufchigen dell versteckten
Kartenspieler leine Veranlassung, den
Asbstieg von der 40 Personen fassenden
Laube früher zu vollziehen, als bis der
Beutel leer und kein Tropfen mehr im
Becher war. Galle hat später seinen
ganzen Grundbesitz an die lönigliche
Hoflammer, deren Nachbar er war, ver
kauft. Von den Gebäuden ist längst
keine Spur mehr vorhanden; nur die
stattliche Buche ist erhalten und dürfte
noch verschiedene Geschlechter überdau
ern. Mit dem Eingange der Wirth
schast verschwand auch die in der Krone
des Yaumriesen angeleate »Yolulier
UIID Vplclluullc . Oel llluuc Wunsch-se
aber kann sich heute unter den starken
Aesten und schattigen Zweigen der viel
hundertjährigen Buche aus einer Bank
zum Ausvuhen niederlassen, die in
jüngster Zeit errichtet worden ist.
--—--·-.
Glück tm Unglück.
Senator Henry Heitfeld von Jdaho
erzählt viele hübsche Geschichten von
der Zeit, da er noch Kuhhirt in Kan
sas war. Eines Tages stras er eine
Fran, lvelche ihm ihr Leid klagte und
dabei erzählte: »Ja, Herr Heitfeld,
es war ein schlimmes Jahr silr uns.
Erst verloren wir unser Baby, und
dann wurde uns Martha dahin ge
rafst, dann starb der alte Herr selbst
und schließlich verschied die Kuh noch,
das arme Thierchen. Aber ihre
· ä: brachte mir wenigstens sechs
glbllarö ein«. « « »F
ROH
Geste Empfehlung.
Ein Fremder fragte in München
nach dein Maler Kaulbach. —- »Kom
bachs Maler Kaulbach?« sagte der,
an den er sich gewandt, »der Mensch
ist mir nicht bekannt, aber wenn Sie
einen sUlaler brauchen, so kann ich
Ihnen den Maler X. sehr anempfeh
len: er bat meinem Hausherrn Fenster
nnd Thüren sehr gut und billig an
gestrichen«
—- -—— - b. «
Anzüglich
Sie: »Hörst Du, wie der Regen
klalfchL Manne Z«
Er: »Na, da laß ihm doch auch mal
das Vergnügen!«
Affekt-flich- Inst-m
,,Gniivige·s Fräulein- Ich eisum- ich
einig so zu Jhren Füßen liegen!«
,, nd ich sollte wohl dabei sitzen blei
ben?«
Aug der Schule.
Lehrer: »Du, Schnippke, wer hat
den Tempel Salomons gebaut?«
Schnippte: »Die Maurer.«
Druckfehler-.
Sein »afsenheiziger Charakter wird
ihm stets ein gutes Andenken bei allen
seinen Kollegen bewahren.
Mars-lind
»Ich bitte Dich, alter Junge, leih«
mir zehn Dollarg.«
,,Tl)ut mir leid, hab’ gerade lein
Geld bei mir!«
»Und zu Haus?«
,,Danle. Alles wohl und munter.
Mahlzeit!«
Vernunliieiter Vergleich.
Junger Herr: »Jetzt gebrauche ich
schon seit längerer Zeit Jhre Batttinl
tur und noch sehe ich keinen Bart.«
Verläuser: »Aber, junger Herr, auf
dem besten Mistbeet wächst es nicht im
mer gleich.«
Aus der Spayensamilir.
»Wenn sDu nicht bald besser stiegen
lern«st,« sprach die Spadenmama zum
Jungen. ,,wirst Du wohl Dein ganzes
Leben hindurch auf keinen grünen
Zweig kommen!"