Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 11, 1903, Zweiter Theil, Image 8

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    OOOOcvke00000
Anfiedler in Transvaal.
Erzählung von E. Kndcks
III: -Y Ass
is. FortseßnngJ :
Die Verwirrung unter den entsetz-!
ten Straußen war grenzenlos. Jn
löcherlicher Angst liefen die Thiere an
dem Gehege entlang, gaben dabei al
lerhand seltene Töne von sich und such
ten einen Ort zu verlassen, der ihnen
namentlosen Schrecken gebracht. Erst
nach langer Zeit und nach glücklichem
Zuspruch der beiden Niven beruhigte
sich die ausgereegte Schaar, und nun
« s vermochten die Brüder die todte Bestie
aus deni Hase zu entfernen.
»Du bist übrigens ein ganz vorzüg
licher Schäde, Richard!« sagte Joseph«
bewundernd und zeigte aus den bluti- l
- gen Kopf des Unthiers. »Deine Ku-!
sgel hat die richtige Stelle getrosseiH
und unsere Schüsse waren schließlich
übersliissig!«
»Zusall, nichts als Zufall, Joseph!«
entgegnete Richard lachend. »Der
Hops der Bestie hob sich so tlar und
« neutlich von dem Aste des Baumes ab,
daß ein Fehlen wohl zu den Unmög
lichkeiten gehörte!«
Jakobus wars seinen Consin einen
freschenden Seitenblick zu, dann sagte
er kopfschüttelnd:
»Ich habe schon längst herausge
funden, daß du ein schrecklich beschei-!
dener Mensch bist und alles zurück
weisi, was dich in den Augen anderer
erhöhen und werthvoller erscheinen
lassen könnte. Jch bin zwar auch nicht
für ein osientatives, prahlerisches Aus- «
treten; aber man soll sein Können und
Wissen nicht unter den Schessel stellen
und hier in Transvaal, wo alles so
« großoäterisch einherschreitet, erst recht
nicht. Der Vater sagt, du bist ein gu
ter Schütze und damit basta: denn
was der Pa sagt, das ist wahr!«
»Und Jbr beide seid ein paar nette
Kerle!« rief Richard fröhlich und küßte
ihnen die bärtigen Lippen. »Nicht
wahr, eine rührende Scene mitten im
Dunkel der Nacht unter Assistenz der
bälsereckenden Strauße? Gute Nacht,
- ibr Lieben!«
Alle drei lachten, schüttelten sich die
hände und eilten dem Hause zu, um
die Schlafstiitten aufzusuchen.
—7...
5. Ka p i te l.
Landwirthschaft und Viehzucht der
Bann. —- Der Setretiir oder
Kranichgeier.
Die erste Stufe der Lernzeit hatte
Richard glücklich durchgemacht, und
die ewig beitereMarianne stellte ihrem
Cousin die besten Zeugnisse aus, —
er habe sich stets aufmerksam und flei
ßig gezeigt, habe alles erlernt, was
mit dem Haustoesen und der Einrich
tung einer Burenwirthschaft in Ver
bindung stehe und könne demzufolge
für die zweite Stufe der Ausbildung
warm empfohlen werden.
»Nun, dann ist es gut!« meinte
lächelnd der Obw. »Bei-or du uns
aber auf das Feld hinaus folgst. muß
du ein Pferd besteigen und dich zu ei
nem gewandten Reitersmann ausbil
den!«
Und so geschah es. Richard erlernte
die Kunst des Reitens. Die Sache
hatte anfänglich zwar ihre Schwierig
keiten; aber schließlich waren auch
diese überwunden, und Wilden erhielt
von seinem Ohm den schwarzenhengst
«Pluto" als Geschenk. Das Thier
war zwar etwas feurig; aber bald
beuate es sich unter den Willen feines
herrm
Jest zog Richard zum stillen
Schmerz seine Cousine mit den männ
lichen Gliedern des Hausstandes hin
aus auf das Feld, blieb stundenlang
draußen und lehrte oft spät nach
hause zurück.
Niven nahm den Neffen in seine be
sondere Obhut und machte ihn mit al
lem Wissenswerthen bekannt.
Anfänglich war Richard höchst
überrascht Er taxirte die landwirths
schaftlichen Verhältnisse nach eint-pai
schem Muster und war bitter ent
töuscht, hier in Transdaal so minder
werthige Proben der Kultur vorzu
finden.
Der Ohm lachte.
»Du wundersi dich über den Zu
stand unserer Landwirthschaft, mein
Junge!« meinte er, »aber du vergißt
dabei die Terrainverhiiltnisse und
Schwierigkeit der Bodenbearbeitung.
Unser Südtransvaalzeigt einen mehr
prairieariigen Charakter und ist größ
tentheils Weideland. Einzelne Stel
Sen ließ-sen wir ja, auf denen wirKorn
ziehen und allerlei Früchte, auch Ta
bak, Kürbisse, Wassermelonen, Kar
tisselm Bat-Zum Erbsen und Bohnen
ersten; aber die hauptsache ist und
bleibt für uns die Biehzuchtl«
»Der nördliche Theil Transvaals
is alfs frischen-keck fragte Richard
M trieb feines hengst neben das
Herd des Onlelj. «
«Ztese.nptoeikse, ja! Donate giebt g
Ich-e rn munterer anreatl
M ßeh das Gebiet nördlich von
f Wälrånds uådvg altes
; . besse- aai, I du ess
TY Ul- M Was seit then saht
HIIS Waise- quests sum-.
"-"7----’f7 -
fert wird. Dort in jener Gegend er
blickt max-- ein ganz anderes land
wirthschaftliches Bild als hier. Da
sieht man doch ganze Strecken Korn
felder und Häuser und braucht nicht
tagelang zu fahren, um einen Vertre
ter der zweibeinigen Rasse zu finden.
Eine Form wohlbebaut und wohlbe
wohnt reiht sich an die andere und
Gärten und Fruchtböume wechseln ab
mit reichen Ackerflächen. —- Jch trage
eigentlich den Gedanken mit mir her
um, mich dort früher oder später an
siedeln!'· setzte der Ohm hinzu und
Joseph und Jakobus, die nebenher
ritten, nickten freudig mit den Köpfen.
Die Reiter stiegen mit ihren Pfer
den einen ziemlich steilen Felsen hin
auf. Nur mit einiger Mühe über
wandten sie das buschreiche Gelände
und erreichten das baumbeftandene
Hochplateau, wo sie ihre Rasse anhiel
ten.
»Nicht wahr, von hier aus hat man
einen umfassenden Blick!« sagte Ni
ven, nahm die Pfeife aus dem Munde
und machte mit derselben eines kreis
runde Bewegung. »Das alles ist
mein, soweit das Auge reicht und so
weit sich die Berge dahinziehen!« rief
er stolz. »Kann ich nicht wie Poly
lrates mein Glück rühmen, Herr und
Herrscher eines so großen Landes zu
sein? Aber freilich mir fehlen die
Eichen und Cyprefsen, die Weinreben
und Rosinen, die Seide und das Oel
Samos, —nur Rindetherden, Schafe
und Ziegen beherbergt mein Reich; aber
diese profanen Geschöpfe werden wohl
schwerlich einen Schiller zu begeisternl
normiiaensp --
Hier oben auf der schönen Berges
höhe verzehrten unsere vier greunde
ihr Frühstück, bestehend in dring
bockfleisch, Brod Und geröstetem Mais.
Der alte Niven trank aus einem
Fläschchen, das er stets mit sich führte,
selbst hergestellten Branntwein.
Nach dem Essen zündeten sich die
Männer ihre Pfeier an. bestiegen ihre (
Pferde und ritten langsam den Bergs
hinab, um den schwarzen bitten dal
unten im Wiesenthal einen Besuch.ab
zuftattew Sehr bald erreichten sie die
Niederung und mit ihr die gewaltige
Viehberde, welche sich durch den neuen
Besuch nicht stören ließ, sondern emsig
das Gras abweidete, das aus manchen
; Stellen —- und diese wurden von den
Thieren nicht beachtet —eine Höhe von
zwei Metern und darüber erreichte.
»Ontel, du züchtest wohl verschiedene
Rassen?« fragte Richard. der bewun
dernd dem Gebaren der Thiere zusah.
«E3 iebt bei uns drei Rassen, die
afritanifchg die vaterländische und die
Zulurasse!« erklärte der Ohm und hielt
sein Pferd an. »Die afrilanischen
Rinder haben weit auseinanderstehendes
s höreten hohe Beine und kräftigen Kör
s per, während die sogenannten »Vater
I landers« etwas leichter und kleiner ge
. baut find, lur e etriirrimte hörner be
sihen und meet ilch liefern als er
. stere. Das Zulurind ist tlein, mit lan
gen dünnen hörnern, wenig Milch
gebend, aber gniigsarn, ziih und aus
dauernd.«
i .Demnach wären also die »Vater
s landers« die empfehlenswerthesten
s Rinder!« meinte Richard.
»Eigentlich ja; aber die Kreuzun
zwischen Zutu- und Afritanerrasse iii
insofern gesucht, weil sie die besten
Zugochsen liefert!«
Einer der schwarzen Hirten tam
l hmerbeigelausen cFir gestrilulirte mitden
s Usuckss UIIU ZIUUIUSLT ssw, III III Iqsls
Hetwas ganz Außerordentliches passirt.
»Mynheer sofort tommeni« rief er
schon oon weitem. »Eins der Thiere
trank, sehr trank sein und zittern arn
ganzen Leibe; es bald umsallen wird!«
Nioen trieb sein Pserd an und
iprengte der angedeuteten Richtung zu;
die drei jungen Leute folgten und hiel
ten bald neben dem Stier, der an allen
Gliedern zitternd neben einer Gruppe
Mimosen stand, und sich iaum aus den
Beinen zu erhalten vermochte.
»Als-) wieder einmal ein Fall von
Lungenseuche!« sagte Nivea, nachdem
er das irante Thier sorgsäitig unter
sucht hatte. »Trotz aller Jmpsung
werden wir diese Krankheit unter dem
Rinddieh nicht los. —- Wir müssen kur
zen Prozeß machen und die Kuh er
schießen!«
Er nahm seine Büchse von der
Schulter, feste die Mündung derselben
gegen die Schläfe des Thieres und
drückte das Gewehr ab. Mit dem
Knall stürzte das arme Geschöpf zu
sammen und regte tein Glied mehr
»Ach, mußte das seinim rief Richard
bedauernd aus.
»Ja, mein Ju e, eine derartige
Krankheit ist unheibat!« erklärte der
Ohm. »Mir thut es von Herzen leid,
ein so werthvollei Thier dahinmorden
müssen; aber es giebt sein anderes
ttel, der derheevenden Seuche Ein
halt zu thun, alt schnesei Tödten der
Ertransten und Zerstoben der Thier
«Wie entstile deine diese böse Krani
Dnj Wen-« its i- erßck Linie
wie schmqu m seiest-esse ve
W
Thiere. Idende werden sie von den
Ia fernhirten nach hause rieben.
ni t aber in den Stall (den ennt der
Bure nicht) snodern irr den Kraal ge
bracht, und was dieser mit etwa zwei
Meter hohen Ziiunen ein riedigte
offene Plah bedeutet, das we sit du ja
fest ebenso gut wie ich. Vier ist das
artne Vieh allen tliniatischen Einflüs
sen ausgesehh muß hine, Kälte, Regen
erleiden und wird schließlich trant und
stirbt. — Wir haben hinreichend Raum,
unt die Stiere trocken unterzubringen,
auch betreiben wir während der Win
termonate Stallfütterung; aber die
böse Krantheit, die Lungenseuche toill
doch kein Ende nehmen«
»Aber bei den Schafen habt ihr doch
teine ansteckenden Krankheiten zu be
fürchten?'« fragte Richard
»Auch diese sind bösen Seuchen un
terworfen; aber trotzdem macht die
Schafzucht in Transoaal ganz bedeu
tende Fortschritte. — Das Fettsteißs
schaf der Kaptolonie haben wir hier bei
uns wenig angetroffen, wohl aber das
Woll- oder Merinoschaf, dessen Ein
führung in den leften Jahrzehnten
besonders gewachsen it. Um die Rasse
zu verbessern, bat man aus England
Böcke eingeführt, aber ich halte von
dieser englischen Kreuzung nicht viel.
Der But giebt dem großen Schaf, ob
gleich es mehr Wolle tragt. nicht den
Vorzug, sondern dem kleineren, das
sich mehr für den »Trect" eignet und
bei der Fütterung aus dem »Veld« nich:
so leicht abmagert. —- Doch nun
kommt. Hinder, wir wollen durch die
Niederung reiten und ung dann nach
Hause begeben· —- Jst es euch recht,
dann statien .vir am Nachntitta e un
serem Freunde Neufeld einen such
ab, oder habt ihr andere Wünsche?«
Die drei waren sofort mit dem Vor
schlage des alten Herrn einverstanden.
Niven gab den sich mittlerweile einge:
stellten Hirten Befehl, die todte Kuh
sorgfältig einzugraben und jeden neu
auftretenden Fall von Lungenseuche so
fort zu melden, dann« wandte er sein
Pferd uno ritt, begleitet von den jun
gen Leuten, der Form zu. —
Wobl eine Viertelstunde mochten un
t--- 'T- ----- -- -·-- sum Msafantfvsl put
shsv USE-ausn- Usrss ins-- Uns--»-,-· ----
semi sein« da hicn Richard plötzlichs
seine Pluto an und zeigte mit der hand
nach vorne: »Seht Euch doch einmal
Den großen Vogel da drüben anl« rief
er. Stolzirt er nicht mit der Würde
eines Polizisten im Felde umher und
thut, als müsse er einen Uebelthäter
aufsuchen und gefangen nehmen?«
»Das ist der Kranichgeier oder Se
lrttär lthogeranus serpentariuy der
Wohlthäter der Menschheit!« entgeg
nete Joseph und hielt ebenfalls sein
Pferd an. «Es ist der einzige Vogel
Südafritas, welcher gesetzlichen Schutz
genießt, aber trotzdem nicht zu häufig
ovrlommt.«
»Und worin besteht denn der große
Werth dieses Vogels, mein lieber Jo
seph?« forschte Richard.
»Er fängt schädliche Reptilien, be
sonders Schlangen und tödtet sie. —
Sieh, da ist er einem Uebelthiiter auf
der Spur. halb laufend, halb flie
gend jagt er hinter ihm her. Da, er
hat ihn glücklich erwischt und trii t ihn
durch die Luft davon. Jch da te es
mir, ei ist die «Nachtadder«, die er ge
fangen hat. eine Bis-er (Vipera Atro
pos). welche von den Transoaalern
sehr gefürchtet wird.«
»Ja, der Sekretiir ist ein sehr näh
licher Vogel,« bestätigte der Ohm. »Ja
der ganzen Vo elwelt giebt es keine
zweite so eigentgiimliche Art wie diese.
Hör-dergestalt, Höhe und Größe, sowie
die langen Stelzenbeine gleichen dem
Kranich; Kopf und Schnabel dagegen
lennzeichnen den Geier oder Adler· Er
besitzt große, mächtige Flügel, ist mit
Sporen bewaffnet und verfügt iiber
einen langen Schwanz, an welchem die
beiden Mittelfedern scharf hervortreten
; Und alle anderen überragen. Das Auf
fallendste an dem stets ernst drein
H schauenden Vogel ist sein Kamm. Die
ser besteht aus einer Anzahl langer,
? schwör-lieber aus dem bintekbauvt
Ibervorseivachsener Federn, ·tvelche sich
Ipden hats hinunter bis beinahe aus die
z Schultern erstrecken!«
s »Und weißt du auch, Richard, dasz
;«der Setretar die Gistschlange samt ih
reni Kopfe aussristh'« fügte atobus
b:inzu Durch diese heldent Livird
er eben wie Joseph richtig sagt, ein
jWobttbäter der Menschheit. Er siotzirt
s nicht nur aus großen Ebenen, sondern
t auch aus trockenen Karrus umher, lebt
Heinsain oder paarrveise und baut sein
4Nest gewöhnlich aus Dornböumen, so
s daß man ihm schwer beitoiiiinen kann.
sDer Schlangensresser ist ein scheuen
vorsichtiger Vogel, läßt sich aber teicht
zähmen uns ist dann sehr zu:rau1ich!«
s Unsere Freunde ritten jetzt schneller
,vvr.va«ris, uni noch vor Mittag die
; Farin zu erreichen. Der Weg war auch
» hier ganz bequem weniger bergig aber
streckenrveise mit Aloegebiisch und Ini
niergriin bewachsen Nur eine jener in
der Geschichte der Transvaaler so be
rühmten »Kopjeö« erhob sich in weiter
Ferne und dieser Beigtegel mit seiner
dunkelschtvarzgriinen rung war der
Wegwei ixr unserer Reiter denn in sei
ner Nä lag die Niven sche Faun —
Zur rechten Zeit langte der Obin init
Iseinen Bekleitern in seinem heim an,
fund Mai anne lächelte glückselig, als
sie alle ihre Lieben wieder uin sich ver
sammelt sah.
6 K a pi te l.
Scieriniteiiliiiseibou —- Besuch in Fett-beim.
sureiibochzeit
I itt di
Bis-W tät M IT ist«
nd Renseld zu besuchen. such
Mai-lange lles ee flch nicht usw«
sich dem Fu anzuschlle en, und M
chard filh eXch ordentli beglllelt als
das schöne itdchen an feiner Seite
ritt und ihr fröhliches Lachen fein Ohr
berührte. .
Alle fünf —- Marianne ni t aus
efchloffen — trugen die nie ehlende
iichfe und den Patronengiirtel, von
dessen Zweckmäßigkeit Richard schon
am erften Tage überzeugt war, den er
aber jedesmal mit einer gewissen Bor
sicht anlegte. Er konnte sich nämlich
des peinlichen Gefühls nicht erwehren,
die ganze Garnitur müsse einmal er
ploairen, in die Luft fliegen und ihn
mit hinwegreißen.
Der Weg nach »Feldheim«, wie der
gelehrte Mann seine Einsiedelei getauft
hatte, war ziemlich weit und die Pferde
mußten tapfer ausgreifem um das Ziel
innerhalb weier Stunden zu erreichen.
Zwischen usch und Wald, über Berg
und Thal ging es dahin, und Ma
rianne war immer an der Spitze, wenn
der Vater Galopp lommandirte. Jhre
Mangen glühten und ihre tief dunklen
Augensterne suntelten und bliyten,——
folchein Nit: in Carriere war nach ih
rem Sinn.
»Was sind das siir seltsame Hügel?«
fragte Richard, aber schon gewahrte er,
daß dort am Bergesabhang gewaltige
Baue der Termiten emporragten. Gar
wunderliche Formen traten zu Tage, —
Wartthiirme, zuckerhutartige Kegel und
luppelartige Gebäude. Die Ameisen
hatten eine überraichende Phantasie
entwickelt und ihre Heimsiätten lunst
sinnig aufgeführt.
»Nicht wahr, Richard, derartige Rie:
senbauten eines kleinen, laum nennens
werthen Geschöpfes giebt es bei euch in
Deutschland nichts« fragte Marianne,
die nun wieder neben ihrem Cousin ritt.
»Nein, wahrhaftig, die giebt es bei
uns nicht!" bestä:igte Richard. »Unsere
Waldameisen errichten war auch grofze
Hügel, aber gegen diese unftwerle kom
men sie doch nicht aus·"
Niven nahm feine Pfeife aus- dem
Munde und zeigte aus die drei Pyra
miden, welche riesenhaft iiber das ziem
lich hobe Unterholz hervorragten.
,Die Wände der Termitenwohnun
gen find dick und fest!« sagte er. »Da
eht teine Büchsenkugel hindurch. Das
Innere enthält unzählige Gänge und
Zellen,rvelche theilweise leer, theilweise
aber mit Proviant und Brut angefüllt
sind. Tief im Bau sißt die Königin in
besonders sorgfältig austapezirten
Wölbungen, sogenannten Wochenstuben.
worin sie ihre Eier absetzt. Oft findet
man ganz gewöhnliche Ameisen in ein
und demselben Vögel. Beide Familien
stehen im System war getrennt, in der
Natur aber sind re durch ihre Lebens
weise. ihre Wohnungen und Nahrung
eng verbunden. Beide Parteien schei
nen ungefähr gleich start zu sein, und
was die lichtscheuen Termiten etroa an
Ausbreitung und Kopszahl voraus
haben, ersehen die behenden gemeinen
Ameisen durch ihre größere Kriegs
bereitschaft, so das-; sie im Stande sind,
sich Koloniem die von jenen angelegt
wurden, theilweise zu erobern. Man
findet demzufolge die Termitenhügel
häufig von wittlichen Aemisen (Poly
ergus nigrescens) befest, während die
Erbauer in die äußeren Gänge hinaus
gedröngt sind!«
»Acht« rief Marianne, «da ist ein
Aardoart, ein Ameisenbiirt Er muß
hier irgendwo im Gebüsch oder im Ge
stein gehoctt haben und ist nun durch
das Getrappel unserer Pferde aufge
scheucht worden. Nicht wahr, wir fan
Xn ?den Burschen bei nächster Gelegen
it «
»Gewiß, Kind. aber heute nicht!'«
oersehte Nie-en
,.Und welchen Ruhen hat das Ge
schöpr« forschte er wißbegierige Ri
chard.
Jakobus lachte.
»Unsere Molli mach: daraus einen
trefflichen Braten," sagte er. »Ob«
willst dul den Ameisenbör als Ragout
zubereitet haben so darfst du nur Der
Alten deine speziellen Wünsche äußern·
Sie macht dir aus heuschrecken Sala
mandern, Eidechsen oder roie das lleine
Geschmeisz sonst noch heißen mag, die
pitantesten Gerichte. —- Neuseld ist
ganz entzückt von der Kochlunst unserer
Molli und doch gehört er eigentlich zu
den Gourmands Irangoaats!« —
Endlich erreichten unsere Freunde
das heim des Gelehrten Es lag idyl
zisch versteckt unter Gelbholzbaumen
und Mirnosen und ward umttänzt von
sestonartig oerschlungenen Lianen und
Neben, welche das kleine, zierliche mit
Ertern ausgestattete Wohnhaug ein
hüllten wie die Windeln das Kindlein
Kaum erschienen die Gaste vor der
gar-rn, so sprangen ein paar mächtige
oggen hinter dein nächsten Gebüsch
hervor und stellten sich trotzig vor die
Pferde. Jhr turzes, heiseres Bellen
lockte den Besitzer herbei.
«Ruhig, Kastor uns Pollu1!« Der
Mann, der das sagte, war Mitte der
Fäusan hoch und start gewachsen, be
aß sehnige, kräftige Glieder und einen
start in grau spielenden Vollbart. Aus
den großen, liest-lauen wunderbar
schönen Augen leuchtete Milde und
Wohlwollen Dem Manne mußte rnan
gut sein, —ntan konnte gar nicht an
veri ,
»Ah, tvai sehe ich — du, Freund
Rioen und deine ganze Familie?« ries
Neuseld und ilber ein ernstes Gesicht
flog ei wie Sonnen chein ·Rur näher
meine herrschastenl Jch sreue mich
Wendentlich aus den seltenen Be
s . —- Und auch Sie, Derr Wildem
suchen tpie Jst-e Visitef Defist nett
m Ihnen- Sie mir herzlich
wissen-MUS«
W
«Ilder here Reufeldk Richard sah
verwundert auf den ueherrn.
Dieser liicheitr. « icht wahr-, Sie
nd er aunt llder meine Allwissenheit
der d Sache isi überaus einfach. Jch
fuhr oon Kapstadt nach Viktoria und
traf hier meinen Freund und alten Ka
meraden, Kapitlin Roger, dessen Schiff
eine leichte haoarie erlitten hatte und
nun infolgedessen unthättg zubringen
mußte. Von ihm erfuhr ich, daß Sie
in Transvaal angekommen und ein
Nefse meines alten, lieben Niden seien.
—Doch bitte, meine Herrschaften, stei
gen Sie aus dem Sattel. — Kalarit
Walombo!«
Der Ruf galt zweiSchtvar en, welche
sofort herbeistürztem die ferde in
Empfang nahmen und unter die schatq
tenspendenden Bäume führten.
Neufeld geleitete die Gäste in sein
Hauf-. Eine Negerin erschien und
fragte demüthig nach den Befehlen des
Ge ieters und verschwand, um bald
darauf mit allerlei tleinen Ledereien
zurückzukehren, welche der hauswirth
.vie er selbst gestand, jüngst aus Kap
staat mitgebracht hatte.
Richard war erstaunt über die Pracht
der Gemächer und über den feinen Ge
schmack Neuselds. » edes Stück Möbel
stand auf dem ri ,tigen Platz, und
jedes Bild hing auf der richtigen Stelle.
Das größere Zimmer nach dem Mir-ro
sentvätdchen zu, enthielt Sammlungen
aller Art: verschiedene Waffen alten
und neueren Datums, ausgestopste
Vögel und Säugethiere, geordnet nach
Klassen; Ordnungen und Familien,
Amphibien von dem riesigen Krotodil
an bis zu dem Klipsalamander herab,
auch dickleibige Herbarien waxen vor
handen, strotzend voll seltsamer Pflan
zen, über die· sich mancher gelehrter
Professor in Deutschland schier zu Tode
gefreut hät:e, wenn sie in seinen Besitz
gelangt wären
(Fortsehung folgt.)
Die Ueberraschung
Humoristische Stizze von W. S.
Zum Geier mit allen Ueberraschun
serri Hab beib- sie satt· Ach könnte bellst
eine Villa in Berlin W. haben und eine
halbe Million aus ver Bank dazu. Und
um das alles hat mich eine »Ueber
raschung«« gebracht. « «
Sie glauben nicht«-s So hören Sie
zu. Die Geschichte ist einfach, verfluch:
einfach, weil sie eben wahr ist.
Wir waren seit einigen Monaten ver
heirathet, mein junges Weibchen uno
ich. Wir waren jung, gesund, hatten
uns ziemlich hübsch von dein Mitge
brachten meiner Frau einrichten tön
nen und mein Gehalt reichte fiir ein
bescheidenes Dasein aus.
»Wir beetben die Tante, Niemand
sonst,« so versicherte mir meine Frau
est genug und von unseren Bekannten
empsingen wir schon Gratulationen
auf die alsbaloige Erbschaft.
Da, eines Abends, als ich vorn Bu
reau kam, trat mir meine Frau mit
allen Zeichen einer außerge.oöhnlichen
Erregung entgegen:
«Wal:er, ich habe eine großartige
Jdee!«
»Nun?« machte ich verblüfft.
»Dort nur! Die Tante wünschte sich
immer, einmal Berlin u sehen. Aber
Du lennst ja ihren Geiz. Morgen ist
der 23. — also Tantes Geburtstag.
Zudem ist morgen Sonntag· Nun höre
meine Ueberraschung. Jch fahre morgen
mit dem Frühzu nach Brandenburg,
hole die Tante ung sie bleibt eine Woche
bei uns. Was sagst Du zu dem präch
tigen Planet«
»Was soll ich Dazu anders sagen als
—iühr’ ihn aus! Du scheinst ja sehr
davon eingenommen zu sein!«
»Das hin ich, denke Dir nur die
herrliche Ueberraschung —'
»Deine alte Geiztanre —- ——"
»O,« schmollte meine Frau und im
Vertrauen —- sie war reizend, wenn sie
schmollte! —- »Das solltest Du nicht
sagen! Die Ueberraschung wird Tante
onesiicksn nnd ist-i ihr-m Nokmsaon
weißt Du — —- —«
»Weiß. ich, weiß ich alles! Also
fahre! Dann wird es aber Zeit, Deine
Vorbereitungen zu treffen.'«
»Ist schon alles besor i!« lachte der
Schelm. »Ich habe unsere alte Auf
wärterin gebeten. mor en um Neun,
während Du mich aus den Bahnhos
bringst, die Wohnung zu ordnen und
zu bleiben, bis Du zurücktehrit, damit
sie zu Deiner Verfügung steht, im Fall
Du etwas brauchst. Am Nachmitmg
tehre ich dann mit der Tante zurück
und zur Feier des Tages speisen mir
in einem saihionablen Reitaurant zu
Abend-«
Na, als junger Ehemann hat man
Ia bekanntlich keinen eigenen Willen.
Ich sag:e also zu allem ja und beglei
tete richtig am anderen Morgen uin
Beute Uhr meine Frau aus den Bahn
o .
Es paßte mir gar nicht, dasz meine
Frau reiste und ich blieb. Jch wollte
mitsahren, aber nein — mein Frauchen
hatte sich die Ueberraschung ohne mich
schöner ausgemalt und sie schickte mich
lächelnd fort. Um mich zu trösten,
drückte sie mir noch aus dem Raupe
senster ziirtlich die Hand, mahnte mich
daran, am Nachmittag ja au dem
Bahnhose zu sein, um sie und die ante
adzuholen und lächelte mir seelensroh
noch zu, als der Zug sich schon in Be
wegung sehtr. «
Jch machte mich aus den heimweg.
Die Stunde war sonst unsere stäh
stiickistunde gewesen, die wir an den
Sonntagen ein wenig auszudehnen
psl ten. Jeht allein szu sein oder an«
Sie meiner Frau die alte häßlich«
aber sgrundehrirhe Marthe, uaiere Aufs I
f
wörterim u leben, ging mir wider den
Strich. ch überlegte tade, ob ich
nicht lieber in ein sie aurant geben
Flieh als ich plöilich don meinem
reunde Willy angerusen wurde.
»De, Mauer-— Du so srlib draußen
ungckejrlleinptu l Scher- i t
rappor te urz.« ,« a e
er, »ich wollte gerade zu Euch undmich
zum Frühstück bei Euch einladen. Mit
M Hsifnung ein paar fröhliche Sinn-« .
den bei Dir zu oerleben, isi’s nurf (
Obst-" «
» .—oabr«e!« ries ich. »Na-: mit mir
allein mußt Du Dich zufrieden geben.
Die Marthe isi in der Wohnung, wir
lassen sie sosori das, was wir u einem
opulenienLunch gebrauchen, zufammen
holen.·« «
Sehr vergnügt gingen wir in meine i
Wohnung. Die alte Marthe stand vor
der Thiir und winkte mir zu.
»Es ist —- ist —- isi —« stotterte sie,
wurde aber schleunigst von Willy un
terbrochen, der ihr jodial zuries:
»Mund halten, alte Marthe, und dasiir
die Beine gebrauchen!«
»Er bat recht,« lachte ich. »Hier haben
Sie Geld, holen Sie Kaoiar, Schinken,
Käse und zwei Flaschen »Cbateau La
sitte«. schnell, hören Sie, Marthe.«
»Es ist --— ist —- Besuch ——- « stot
terie die gute Frau weiter.
»Ja, besorge deshalb ja das Früh
stück. Nur schnell, Marthe!«
Die Alte sah mich ganz erstaunt an
und schüttelte den Kopf. Als sie aber
wieder Miene machte, mir eine Mittheis
lung zu machen, nahm Willzsie lachend
beint Arm, schob sie zur reppe und
ne :
»Nachk)er« reden, so oiel Sie wollen,
jetzt erst die schönen Dinge besor en. die
Walter Ihnen ausgetragen. PaFchOIM
Wir aingen in mein Zimmer, das an
den Salon stieß. Ein« alter grauee
Mantel lag hier aus dem Sosa.
»Na,« sagte ich ärgerlich: »Die alte
Marthe lann ihre Sachen auch in der
Küche lassen, in mein Zimmer braucht
sie dieselben nicht zu legen. Setz’ Dich,
Willn. Und bis sie wiederkommt,
plauoeen wir.«
»Also Deine Frau ist zur Erbtante z
les-ps-- -
Jus-obso- esne H- » lud-«- «
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»Ja. Es soll eine Ueberraschung sein.
Für mich isi’s teine freudige. Die
Tante ist ein Geizteufel schmutzigster
Art.'«
»Du kannst sie nicht leiden?«
»Sie ist einfach unausstehlich Wenn
die Erbschaft nicht zväre —ich würde
vor dem Drachen meine Thüre ver
schließen.«
Jm Salon tönte ein leises Geräusch,
leidet achteten wir Beide nicht daraus.
»Das miiszte sie wissen!« lachte Mitin
»Adet ist sie denn wirklich so schlimm ?"
Jch gerieth in Feuer.
»Dente Dir eine mittelgeoße Person«
mi: gemeinen Gesichtsziigen, einer lah
men hiiste und einem schielenden Auge.
Und diese Person denie Dir mißgün
stig, geizig, schmupig uno daneben
schwer reich. Das ist unsere Tante!"
»Ja, dasist Ihre Tante!« tiefes da
plöhlich und in der eössneten Solon
ihiir stand wie aus dein Boden gewach
sen die Geschilderte. »Oder vielmehr —
ei war Jhre Tante, die nunmehr do
Ihnen nichts mehr wissen willi« —
Wir saszen wie sestgedonnert da —
ich tonnte lein Glied bewegen. Sie
nahm den alten grauen Mantel, den ich
siir Marthes gehalten, stülpte einen -
sornilosen hut aus und eilte davon, ehe
ich sie zurückholen ionnte.
Da kam Marthe zurück.
»Der —- der -- der Besuch —- ist —
wieder s-» —« stotiette sie, da hatte ich
sie auch schon an den Schultern und
riittelte sie.
«Donnerivetter, weshalb sagen Sie
oenn nicht, daß die Tante angekommen
ist!« schrie ich sie an.
»Sie ha ——ba —haben —- mich ja
—— mich —-—- nicht angehört!« sagte die
Alte mi: ungeheurer Anstrengunq und
nun einmal im zuge, kam es sließender
aus ihr heraus:
»Die -—-— die Frau Tante — überra
schen svollen —zu Besuch getommen."
»Hölle und Teufel!'« wiithete ich,
während Will einen Lachtracnps be
kam. »Die Erbschaft ist suisch, die Reise
meiner Frau umsonst, ich bin blamirt!«
Und so ware- auch. Die unglückliche
Tanle hatte uns überraschen wollen«
meine « rau ste, und ich hatte ihr ja die
allergrdßte Ueberraschun gemacht, in
dem sie entdeckte, daß i r neuer Reise
eine Meinung von ihr besaß, die sie zur
bittersten Feindin machen mußte.
Willn wollte mich trösten. Jch wurde
hestig und ungerecht, denn beleidigt
ging er endlich davon. Zu der Ero
schast hatte ich auch noch einen Freund
eingebüßt
Jch hätte mir selbst oie Ohren zer
zausen tönnen. So dumm, so siegelhast
dumm war noch tein priidestinirter
Erbnesse gewesen. Aber diese Ueber
raschungen, diese verteufelten Ueber
raschungenl
Trübselig schlich ich am Nachmittag
zur Bahn. Das heitere Lächeln meiner
Frau ward mir zur höllenquaL Es
wurde übrigens auch sosort ein erstaun
tes, als sie mich allein sah.
f
«N«i"- die-« Usbettsschunn nicht-ef-z
Wisihrend ich die Tante abzuholen sahteH
übtkksscht sie uns. Wo ist sie denn?«?
»Beim Teusel!« suhr es aus mir
heraus.
Dann tam die AustlärunY
Immer trauriger wurde ie Miene
meiner Frau, immer ärgerlicher ich.
bis sie endlich ansing zu weinen und
ich zu schelten. Zu der verlorenen Erb
schast und dem eingebiißien Freund
hatre ich den ersten Zant.
Nun tomsi’ mir mai noch Einer enii
einer Ueberraschung.