Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 28, 1903, Zweiter Theil, Image 12

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    « Der Mk sing
Itsu merkst-meinen —Nach"«
.W m Uikhelm Thal.
.Ut:in., Kinder laßt mich! Jch will
Mit diesen cWorten war der alte
Mbiindiger Basiable am Tische
wieder unten; ein ersticktes Schluchzen
Mach aus feiner Kehle, und alle
I den Alten erschrocken an.
«Alles, nur das nicht!« fuhr er fort,
: sund ich bitte Euch, lacht nicht« bevor
Zu nicht goes wißt. Wem- ich seit 15
ahren seine Karte ungerührt habe, so
ommt das daher, daß — ich bitte Euch,
Iegk die Karten ein paar Minuten bei
Seite; ich wikks Euch erzählen, wenn?
mir auch noch so schwer fällt. —- Fünf
zehnsJahret Vielleicht erinnern sich
einge von Euch noch an jene Zeit. Es
war in Manchester, wo der Circus drei
Monate Vorstellungen geben sollte. Da
s—ich mache die Augen zu und sehe
noch so klar, als wenns da vor mir
hinge —das lehte Plakat, aus dem
meine Nummer abgebildet war, mit
meinem Künstlernamen in Riesenbuch
Haben:
Monsieur Leo,
Der Lötventönig!
Wie gesagt, noch jeht sehe ich das
Bild vor mir: Der gro e Käfig mit
Romeo und Juliu. dem keineren Paar,
die das Publikum drohend angäbnten,
und Reto, den Riesenlöwen aus Nu
bien, der an den Gitterstangen empor
sprang, was er immer that, wenn die
Uhr die neunte Stunde schlug uns un
Bre Produktion begann. Da seht jene
arbe aus meinem Arm ——doch das
liegt so weit zurück, als mark-T ein
Traum. Jhr werdet’s kaum begreifen.
Den Namen »Löwenkönig« hatte ich
mir mit Rock-« »in-when nnd ich mnr
stolz daraus, —- er war ein Beweis, daß
ich mit den drei Bestien alles thun
konnte, was ich wollte. Es sah sich
ziemlich leicht an —aber hat denn dag
Publiium eine Ahnung davon, welche
Ausdauer, welches Studium, welcher
Muth dazu gehört, um solche Thiere zu
zähmen und zu dvessiren. Und dann
l" mte mich manchmal an der vollen
ntgaltung meiner Mi:tel der Um
stan , daß ich eine Frau hatte, die von
einem Tag zum andern sich in Angst
verzehrte, wenn sie sich vorstellte, es
könnte mir etwas zustoßen; darum bat
sie mich auch ost, ich möchte den Berus
Nachen Als wenn ich das konnte! —
konnte es nicht, selbsi wenn ich da
ran dachte, daß sie jeden Abend, sobald
es Neun schlug, zitternd vor Furcht zu
cause saß! -—-Abgesehen davon aber
lebten mir so glücklich, wie man nur
leben kann, und unsere einzige Sorge.
nnser einziger Kummer aus der Welt
war Jimmie, unser Sohn. Jch will
es in eini en Worten sagen, er hatte
eine wahn nnige Leidenschaft sür das
.Kattensdiel.
Eines Morgens stand ich früh aus
nnd verließ meine Wohnung; denn an
Reroi rechter Klaue sollte eine Opera
iion vorgenommen werden« Jimmie
aber war noch srüher ausgegangen, und
ich bekam ihn den ganzen Tag nicht zu
Gesicht.
III ich meine Wohnung verließ, um
mich in die Vorstellung zu begeben, trat
ein Mann —- ein gutgetleideter, mir
vollständig unbekannter Mann —- aui
tnich zu und iippte mir aus die
Schulter. -
»Entschuldigen Sie, daß ich mir die
reiheit nehme«, sagte er; »ich habe
— on einige Zeit aus Sie gewartet, um
mit J en allein zu sprechen. Sie sind
doch rr Bastable?« suzr er okt, als
sich verwundert urtickwi · » ann ist
es gut; ich m« Sie nur bitten, einen
Augenblick unter diese Gadlaterne zu
treten . . . Es ifi nur eine kleine rage«
die ich Ihnen vorle en möchte. ollen
Sie mir gesälliasst sagen, ob diese Un
terschrift echt ist «
.Echt?«
Mißtrauisch nahm ich das Papier«
das er mir hinhielt, aus seiner hand.
II war zusammen altet, so daä ich
nur über dem tempel am ußt
elben den Namen «Bernard Ba
ILILI'« ins
»F , das ist meine Unterschrift««
sagt ich; dann aber durchfuhr es mich
wie ein elekirischer Schlag. Jch trat
zurück und sah mir das Ding genauer
an. Es war ein Wechsel aus hundert
Pfund, zahlbar in einem Monat bei
einem Bat-tin in London.
«Allmächiiger Gott!« ries ich, »nie
habe ich in meinem Leben einen sol
chen Wechsel ausgestellt. Wer? —
Wer hat Ihnen das gesgebenim »Vol«
thun Sie das nicht!« schrie der
Fremde, ich war nämlich eben im Be
griff gewesen, das Papier in Stücke
zerreißen. »Es ist also nicht Ihre
knieeschriftk hmi Nun, Jhr Sohn
t die Summe im Spiel verloren.
s ging durchaus ehrlich dabei zu,
nnd niemand hat von Ihrem Sohne
serlangt, daß et die Grenzen über
schreiten soll. Sie wissen nich-t, was
ich sagen will? Er hat an drei von
Uns 95 Pfund verloren, und wir sind
darauf eingegangen, diesen Wechsel
vorläufig an Zahlungsstatt anzuneh
stn. Er sagte, Sie würden Jhre Un
ierschrift darunter sehen, doch wir
, einige Zweifel, als er mit der
I Wen Ramenszeichnung zurück
- ists, und daraufhin übernahm ich ei,
sich von der Echtheit der Unterschrift
äsiersengem Es thut mir herzlich
; ;aser-ennSiedieSchrifinicht
INMUMnmunderam
Z Mast-se nichts-W «
Ewig-rein oihnndert und!
sich um michs und tch konnte lein soet
heran-bringen, bis der Mann achsels
guckend sortsuhr:
»Wie gesagt, ei thut mir leid! Wir
fürchteten, das es so kommen würde;
doch er wollte durchaus sendet-P
Da packte mich etne heftige Ruth,
und ich schrie laut:
»Nein, mein herr, nicht einen
Penny; präsentiren Sie den Wisch,
verllagen Sie ihn, thun Sie, was
Sie wollen; vielleicht bringt ihn das
zu Verstand!«
»Nun gut; bedenken Sie wohl. was
Sie eben sagen. Wir lassen Ihrem
Sohn noch drei Wochen Frist —
dann.
»Ich hörte nichts mehr. Wie ein Be- !
trunkener ging ich taumelnd durch die;
Straßen, und ein Nebel schien sich
über meine Augen gelagert zu haben. I
Unser Junge war ein Fälscher gewor
den! . . .
Es war 12 Uhr vorbei, als ich nach
Hause lam. Jch hatte gehosst und zu
Gott gebetet, Lottie möchte schon zu
Bett gegangen sein, doch nein. sie saß
noch aus und-sah so blaß und jam
mervoll aus, daß ein Blick mir sagte,
sie wisse alles.
»Wo ist er? Sage es mir! —- Du
mußt es mir sagen!« rief ich.
Ganz ohne zu wissen, was ich that,
wiir ich zur Wand gegangen und hatte
dort einen der geladenen Revoloet her
untergenommen, die ich mit in den
Käfig zu nehmen pflegte, doch in dem
selben Augenblicke schlug sie mir die
Hände um den Nacken und ries in wil
dem Tone:
»Thu’ das nicht! Jch habe genug
gelitten, mehr als ihr beide wißt!
Thu7 mir das nicht an, Bernard! Er
hat mir alles gesagt und mich auf sei
nen Knien angefleht: er hat mir auch
heilig versprochen, nie wieder zu spie- !
len. Er war wahnsinnig, als er die»
nnseliae Tbat beaina: et will die
Schuld abtragen! Bezahte nur noch
dies eine Mal; Du wirst ihn damit»
retten! Bernard, Du tannsi, Du
darsst ihn nicht untergehen lassen»
»Nein", entgegnete ich; »laß ihn in
sein Verderben rennen! Schon zu viel
haben wir siir den Jungen ,geopsert!
Mag er ins Gefängniß kommen, wenn »
es so weit kommt. Jch hat-Z gesagt,
und nehme es nicht zurück.« .
Diese Szene —- nie werde ich es«
vergessen — spielte sich an einem Don
nerstag ab. Die nächsten Tage über
führte ich meine Produktionen wie in
einem Traum durch, den ich nicht ab- »
zuschiitteln vermochte, und mehr als
einmal hatte ich ein kleines Retontre
mit den Thieren, das einmal so aus
siillig wurde, daß man mich fragte,
ob ich etwa meine Macht iiber die Be
stien verloren hätte. Wie besinnungss T
los ging ich umher, es schien mir un
möglich, das Leben weiterzuführen.
wenn mein eigener Sohn sich gegen
mich verschwor. Seit Tagen hatte ich
ihn nicht zu Gesicht bekommen, —- ich
hatte allerdings nicht danach gefragt,
wo und wie er sich vor mir versteckt
hielt; nur der beständige Anblick von
Lottiez slehendem, traurigem Gesicht
stand mit stets vor Augen. Das
Banthaus hatte meine bestimmte An
weisung, nichts zu zahlen, und so ver
ging eine Woche, die so entsetzlich
war, daß ich sie nicht zu beschreiben
vermag· Ja, eine Woche. Am sol
genden Freitag ersuchte mich der Ge
schäftsführer des Eichs, ihn auszu
suchen. Halb im Traume, sozusagen
rein mechanisch, ging ich zu ihm und
sand ihn vor einem Packet frischge
druckter Anschlagezettel und Pro
grammr.
»Nun, Bastable? Was habt Jhr
Musik« war seine erste, trockene Be
merkung. qRichti? — hin! Jhr
tönntet Eure Nummer auch ein bis
chen aussrischen. Die Leute wollen
»was für iln Geld sehen. Das Ge
schöft geht schlecht, und der Direktor
ist schlechter Laune. Darum hat er
sich einen Trick erdacht, um das Pub
E likurn heranzuziehen hört! Am
Montag, den 14. und an den fünf fol
genden Abenden wird eine muthige
Dame aus hiesiger Stadt mit dein
Dornpteur in den Löwentiifig treten
und dort ein Lied singen . . . Na, roas
seht Ihr mich so eigenthürnlich an?
Jhr seid wohl eisersiichtig7 s
»Eifersiichtig?« rief ich mit oerächti ;
lichem Lachen und fuhr dann, die;
Hand auf das Partei legend, fortH
»Das geht nicht! Jch habe es schon!
früher einmal versucht; doch schon am
ersten Abend tain ei zu einer Panit.
Gefahr ist ja nicht dabei —- aber Nero i
hat einen Widerwillen gegen Weiber,
und ich übernehme teine Verantwor
tung. Außerdem —«
»Was wollen Sie? Sie werden
überhaupt nicht gefragt. Die Dame
hat einen festen Vertrag unterschrie
ben. Die Sache ich ganz einfach; Sie
machen Jhre Tricks, dann kommt sie
an die Reihe, die ganze Sache dauert
höchstens fünf Minuten. Es ist eine
Miß Montrose, doch wir dürfen den
Namen nicht drucken; das ist auch bes
ser, dadurch bleibt das Geheimniß ge
wahrt« Ihre Ausgabe ist sehr leicht;
halten Sie die Löwen in einer Ese
zuriick und lassen Sie sie durch den
Reisen springen, wenn die innere
Thür sich hinter der Dame schließt.
Das erhöht den Effekt. Wenn da
aickn Mk let-« ich mich Muts Re
vei Esogen Sie iettiW
.nicht«, wiederholte ich,
»weil die es nicht gestatten
sit-des das steht Arde is dem
selieu Iugeekbtiseriessewiideu Inau
i
ierflith das es sich um eine Dame aus
Lder stadt handelt.'
»Meine-i Sie,« orrseste er lachend;
»amt, dem werden wir bald ahhelfern
Wir machen Sie eben auf- zwei M
chen zum Bigamisten.«
»Was soll das heißen?«
»Seht einfach! Wir annonciren die
Dame als Madame Leo! Gute Jdeei
Was! Ei wird nicht so stark ziehen;
aber diePolizei kann uns dein-Schwie
rigkeiten machen, wenn es sich um die
eigene Frau des Löwenbändigers han
delt . . . Sie scheinen noch-immer nicht
überzeugt zu fein?« fuhr er soriz
»nun, wenn es Ihnen nicht paßt, so
sprechen Sie mit dem Direktor varii
iiher . . . . Jhre Nummer kommt um
8174 Uhr, Punkt 9 Uhr tritt Miß
Mortrose in den« Käfig . . . dabei
h!e·iht’s. Abgemacht!«
Es toar zwei Stunden später-als
ich meine Wohnung verließ, um mich
zur Abendvorstellung in den Circus
zu begehen.
Neun Uhr schlug es—ich ioerde den
Moment nie vergessen! Die Glocke er
tönte, und der Geschöftsfiihrer annou
cirte —- wie er jeden Abend that —
die wundervolle Produktion des Lö
wentörrigs Monsieur Leo. Die »gro
ßen sahen« lagen in instinktiver Cr
regung in ihren Käfigem auch sie
fühlten, daß sich etwas Ungetoöhn
liches vorbereitete. Der Circus war
gcdriingt voll; die neuen Affichen hat
ten ihre Wiriung nicht verfehlt. der
große Raum war ausoeriauftz die
Aniiindigung, eine Dame würde im
Löwenläsig singen, hatte die aanze
Stadt herbeigelockt.
Scheinbar ialt und gleichgiltig ver
neigee ich mich und trat in den Käfig.
Nero stieß sein gewöhnliches Brüllen
aug; die anderen beiden Thiere gähn
Osv nnd THE-»w- nIIO Um CHOR-II
doch ein kurzer Schlag mit der Peit
sche, ein Schuß aus dem sechsläufigen
Revolverz nnd sie wichen zurück. Eine
Beifallssalve ertönte, als ich mich auf
Nero scheinbar schlafend niederlegte«
während die beiden Andern mit ihren
Pfoten über meinen Kon einen Bo
gen bildeien, bis ich mit einem Sah
aufsprang. Das Publikum saß
schaudert-d und athemlos da, als Nero
aus ein Zeichen den Rachen aufriß,
und ich aus zehn Setunden den Kopf
hineinsteckie. Das sah entsetzlich aus«
doch mir erschien es im höchsten Gras
einfach und gewöhnlich. So machie
ich einen Trick nach dem anderen, od
wohl ich nur halb bei der Sache war.
iJirn —- JsimS nur noch eine Woche
hatte er Zeit —- diesen Gedanken ver
mochte ich nicht zu dannen. Unser
einziger Sohn! —- Wenn es zum
Schlimmsten kam. — Jett ließ sich
die Stimme des Direktors vernehmen«
»und eine Bewegung ging durch das
Publikum. Ich hatte es sasi derges
sen. Ein Hieb mit der Peitsche, und
sie krochen wieder in die rechte Ecke.
An diesem Tage waren sie etwas vor
der Zeit gesütdert worden; wenn man
» sie also nicht ganz ungewöhnlich reizte,
war nichts zu befürchten. Wieder ein
Hieb! Jch sah, wie die Zuschauer sich
ausrichietens und wandte hth den
Kopf um, um einen Blick aus die mu
thige Dame zu werfen. die sich unter
die wilden Besiien wagte. Da war
sie — sie ging ziemlich sicher, nur ei
nen Blick richtete ich auf die hohe Ge
ssialt, die langsam aus die Manege zu
schriti. —- »Fertig!« flüsterie ich Und
ssah wie einer der Stallknechie die
Außenthiir des Käfigs öffnete. »Jet
tig!« wiederhle ich und trat einen
I Schritt zurück, während fech- glü
ihende Augen die Kommende anblitz
ten. Es war ein ausregender Mo
ment, doch ich siirchteie nichts; mein
Blick heherrschie die Bestjen vollstän
dig . . .
- L— H—L-..»— -·I,- s- »
»schw- Ul Usl«lulls, III-I III-l ,
sagte ich, mich halb umwendend, sie
iwerden sich nicht rühren .Da! All
smsiichtigeri Die Gesichter tanzten
splöslich var meinen Augen; jedes
haar siräubte sich auf meinem Kapse.
I— Jch hatte — ich hatte eben in zwei
JAugen geschaut, aus denen das gräß
xlichste Entsehen herunrblihteL Da
stand sie an der inneren Thür, die
lHiinde zitterten, das Gesicht war weiß
wie das einer Leiche, die Blicke hafte
ten auf Vero, dein wildesien der drei
Löwen, und die Unglückliche schien wie
eine Statue unbeweglich, vor Ent
sepn gelähmt. Sie war’5, mein
Weil-! Ja, es war Lottie, mein ew
nes Weil-.
Ein fchwerer Seufzer hob meine
Brust, all’ meine Nerven spannten
sich; ich hatte die Situation erfaßt
Mein Weib! Die Mutterltebe hatte
ihre Angst besiegt, ihre uniiberwind
liche Angft vor den wilden Thieren.
Um Jirn zu retten, um das zu seiner
Rettung nöthige Getd zusammenzu
bringem hatte sie in den Käfig hinein
zugehen gewagt, sie wollte dort singen,
singen . . . Es ifi ja so einfach und
ungefährlich, hatte ich oft mit lachen
dein Munde erklärt. .Dieser einzige
Gedanke hatte sie hergeführt, doch im
lesten Augenblieet verließ sie die
Kraft, und wieder bemächtigte sich ih
terl die Angst mit verdoppelten Ge
wa t.
Wie ich in dieser furchtbaren Mi
nuie mich selbfi aufrecht erhalten —
das ver-eng ich nicht zu sagen. Aber
da brachte mich ein verdachtiges Brül
len siedet zu knir. Ich chmng
M will at
let ihn-, M Du willst strich des
MS Wiss CIei seit und shk
diesem UWiick sites sie etn
let s Leichen aus, das schritt in mei
nen Ohren tönte.
«Nein«, hanchte sie —- ich hörte, wie
ihre Zähne vor Angst tlapperten.
»Nein, ich muß singen. Jch fiirchte
mich nicht« wenn Du dabei bist; Du
lachtest einst iiber mich. Jeyt will ich
singen — um Jims willen muß ich
singen. —- hat sieht«
Das leste Wort verwandelte sich in
einen treischenden Schrei. —- Wns sich
fest zunächst ereignete, weiß ich nicht.
Jch weiß nur, daß Nrro sich zum
Sprunge aufgerichtet hatte, daß ich in
wahnsinniger Angst aus« ihn zugestiirzt
war und ihm den linten Arm in den
Nachen steckte, gerade als er sich zum
Sprunge anschickte. Die gewaltigen
Zähne bohrten sich durch Fleisch und
Aermel und rissen mich zu Boden.
Der heiße Athem schlug mir in’s Ge
sicht: ein wildes Heulen ersiilite die
Luft, während sich des Publitums
eine heftige Panit bemächtigt hatte.
Ich lag an der Erde, meine Kräfte
schwanden. Dann hörte ich das Klär
ren der Käfigstangem ich hörte einen
Schuß, und eiserne Stangen wurden
in den Käfig geschoben. Jn dieser
höchsten Noth erinnerte ich mich, daß
mein Revolver, den ich stets im Falle
einer Gefahr bei mir trug, mit sechs
Kugeln geladen war. Derselbe lag
in der linken hand, die ich nicht be
wegen kannte, mit übermenschlicher
Anstrengung gelang es mir, ihn in die
rechte hand zu belommen. Während
ich so dalag, starrten mich die gelben
Augen blitzend san. Jch legte Nero
die Waffe an die Stirn, zwei-. drei-,
viermal trachte ein Schuß und jedes
mal bohrten sich ir die Zähne tiefer
ins Fleisch D nn aber brach der
Löwe zusammen, während mich eine
wohltthätige Ohnmacht umfing.
Biere wage sparen ais meine wun
ren zum Theil oernardt waren, ersuhr
ich, was sich weiter ereignet hatte. Jch
erfuhr, wie die Eirlusbeamten Loetie
ir. Sicherheit gebracht und die beiden
anderen Thier-e erschossen hatten.
Jimmie saß schluchzend an meinem
Bette. Er hatte mich die ganze Zeit
über ausepsernd gepflegt. —- Und
Lottie7 Ach, das war das Entsetz
lichste von Allem; denn der Junge
hatte, wenn auch seine Schuld am
nächsten Tage getilgt wurde, einen ho
hen Preis iiir seine tollen Streiche zu
zahlen. Man wollte es uns zuerst
nicht sage-n nnd sie uns eine Woche
lang nicht sehen lassen. Dann aber
ließen wir uns nicht länger zurückhal
ten, und wir verstanden das Entset
liche ohne ein Wort. Sie lachte und
streichette Jimmies Locken wie ein
Kind —- ihr Verstand war geschwun
den, sie war wahnsinnig geworden.
Jetzt begreistJhr wohl, warum wir,
nt und ich, seitdem nie wieder eine
arte angeriihrt haben.«
—
c, dieser Otttektt
Aus Pöchlarn wird der «3eit« ge
schrieben: Folgende nette Episode hat
sich vor dem Schalter einer Selundär
hahnsiation jüngst ereignet: Da »Na
rapointepLoisl is sei’ Lebta’ no nia
mit da Bahn g’sahrn. heunt aba muß
er aufsi as Melk, da durtn astn mit da
Post weiter, denn a seiniga Veda drunt
in Weixldacharabn hat do« diamanterne
hoza·t. Alsdann steht a dan Schalter
und tlopst mit sein Stecka auss Fen
ster. Da Cassier macht drumkni’ aus«
und stagt’n Lotsl nach sein' Begehr.
»Ist dritte Nartn as Weltt« sagt da
Loisl nnd reicht stolz a Jus igtronens
note dem Cassier hin, dö er s o a guate
Stund in da nd g’haltn hat. »Mit-en
Sie vielleicht upser2« sra t ihn der
Beamte. «Ra,« sagt da «oisl, «dö
Kupfer Messer) han in Thus lassn,
Idee sürcht’ di net, a Trinkgeld triagst
o.«
Itn seifretchxschers
des verstorbenen Papstes kennzeichnete
die Richtungen des Batiians zu der
tun-« schen Regietun sehr nett. here
isam der sronzssif e Gesandtebeim
Vatikan, ist ein wenig taub, und es ist
bekannt, Mk auch de: Papst nicht gut
hörte. Ein sagte nun Leo der Drei
zehnte zu einem Diplotnotem der ihn
na dein Erfolge einer diplomatischen
Mi sion Risard’s fragte: «Kennen Sie
die Komödie »Die beiden Tons-ent«
Nisorp und ich, wir führen sie aus . ..
Er versteht nicht gut, was ich sage, und
ich höre nicht« was et antwortet . . .
Das erleichtert unser herzlichei Einver
nehmen oußeroehentlicht«
»N
Frechheit
»Wir haben unseren Kutscher ent
lassen müssen.«
»So? Warum denn?«
»O, der Mensch wurde in der leh
ten Zeit zu stech. Er wollte reget
rniißig bezahlt sein«
Ins sein medizinischen Ernste-.
»Kiinnen Sie rnir ein Symptom siit
daj·llebethandnehmen der Nervositiit
itn modernen Geschäftsleben nennen?«
— »Das ewige Mahnen der Gläubi
get!'«
Wisse-iusti
Dollie: «Oh, Mann-, tragen die
Will-en auch hosen·i«
Mann-: »Nein, weiht-thi«
Decie: »Nun, Damm hat Papa
denn einen hosentnops heute in der
sie-e in den Kitssefheutel setvpri
s
, -..--«--.-.- .«. —-.- M ,-.-«« ...« —.-.——
Der Feuers und Diebsiadlsderticho
runge - Direktor Tom seandon zu
New Orleane im Staate Louisiana
saß sehr unwirlch auf seinem Bureau
und tanzelte einige antoesende Agenten
gehörig ab, weil die Erfolge ihrer
hättsleit nur äußerst geringe gewe
sen seien.
.Das muß anders perdem meine
herren,« donnerte er los, »oder Sie
springen sammt und sonders über die
Klinge; mit 25 Procent Dividende
sind oie Attioniire heutzutage nicht
mehr zusrieden.« · «
Die wuchtige Ansprache des Chefs
an fein Personal hatte jedoch nicht den
gewünschten Ersolg; Versicherungs
anträge liefen nach Ansicht des Erste
ren nach wie vor in zu geringer Zahl
ein, so daß unbedingt Wandel ge
schafft werden mußte. Demzufolge
ließ Brandon eine Annonce in’s Blatt
einriiclen, laut welcher ein routinirter
Agent für das Versicherungöwesen ge
sucht wurde.
Dußendtveise liefen dir Bett-erbrin
gen um den fraglichen Posten ein, so
daß es leine leichte Aufgabe für den
Jnserentcn war, die passendste Per
siinlichleit aus der Menge der Befiel-—
tanten berauszuareiiem Seinem prak
tischen Blicke trauend, entschloß sich
der Direktor schließlich zum Engage
ment eines jungen Mannes, der sehr
bestimmt erlliirtc, ten weitgeiendften
Ansprüchen genügen zu wollen, doch
müsse ein Gebülfe ihm gewährt wer
den« der sich übrigens reå lich bezahlt
machen würde. Tor Gehilfe wird ihm
zugestanden und mit ihm reiste der
neue Agent alsbald irr die ihm zuqe
tviesenien Distritte ab.
Mr. Steal, dies war der Name res
Neulinag, sandte der Direktion nachl
wenian Wochen schon ertstlich mehr
Versicherunagantröge ein« wie seine·
sünf Kollegen zusammen, mag selbst: »
verständlich bei Brandon die sgrößted
Freude hervorrief, zumal dieses iaum
"(!Wllklclc Mfllllslll ocll Illilügclldcllz
Beweis lieferte, dasz die Wahl eine;
vortrefflich-e gewesen. »
»Ich möchte nur wissen,« mumelte
Brandon bei der Durchsicht der Pa
piere schmunzelnd zwischen den Zäh
nen, »Die der Schwerenöther es an
stellt, so außerordentlich viele Kunden
zu angeln; nun, man wird es ja wohl
erfahren, wenn er von der Tour zu
rücktommt.«
Die Zeit bis zur Rückkehr seiner
Agenten wurde dem Chef diesmal
länger wie gewöhnlich, denn er
brannte vor Ungeduld, zu erfahren,
welchen Manipulationen Steal seine
in der That überraschenden Erfolge
verdantte. Endlich erschien der Mo
ment und die Abgesandten trafen, ei
ner nach dem anderen, SteaL noch ein
Packet Anträge mitschleppend, als
Lehter bei Brandon ein.
Während die süns älteren Beamten
oh ihrer geringen Rührigteit die ühti
che Kopfcväsche empfingen, wurde ih
rem jüngeren Kollegen Los über Lob
ertheilt, da er ej verstanden, unter
Assistenz eines Gehilfen mehr Kunden
für die Gesellschaft zu erwerben, als
jene zusammengenommen »Das
nenne ich Thätigteit,« schloß der Di
rektor feine trittsirende Rede, ,.mie4
Mr. Steal sie an den Tag legt; ihms
sollte jeder von Jhnen nachzueisern
suchen, dann würden auch Sie sich in
folge vermehrter Tantiemen besser .
stehen!«
Nach Erledigung sonstiger geschäft
licher Angelegenheiten durften oie ge
rüffelten Angestellten abtreten, with-!
send Steal noch zu einer besonderen(
Rückfproche aufgefordert wurde· s
Als Beide allein waren, entspann
sich folgendes Zwiegespräch:
«Sagen Sie ’inal, Mr. Stoal, wie
. c--1---— EX- -I t--tl- ..-S 4L-- M«k
· IIIIIHIII In CI IIIOI9- IIII DIII «Ius
senkundschaft zuzuführen. wie sie der»
Gesellschaft seit ihrem Bestehen noch
nicht zutheil geworden ist?"
»Das ist mein GeschäftsgehetmnisY
welches ich unmöglich preis-geben
kann, da ich wohl nicht mit Unrecht
fürchten dars, bald eifrige Nachahmer
zu finden.«
»Sie können unbesorgt sein, Mr.
Steal, das, was Sie mir in dieser
Sache mittheiben, betrachte ich gleich
sam als Beichtgeheimnisz, von dein nie
ein Wort iiber meine Lippen kommen
wird. Ueberdies verlange ich Ihre
Wustliirung nicht umsonst, sondern
ein Check liber 8300 liegt bereit, dessen
Betrag Sie an der Kasse sofort erhe
ben könne-il«
»Wenn dem so ist, Herr Direktor,
so will ich nicht länger zögern, Sie
mit meiner Geschäftsnisethobe bekannt
zu machen. Der mir bewilligte Ge
hilfe, ber, wie Sie sahen, sich gut be
zahlt macht, spielt dabei eine sehr we
sentliche Rolle, und ohne ihn wäre ich
nicht im Stande, Leistungen aufzu
wetsen, wie sie oie paar Monate mei
ner hiesigen Amtsthiitigkeit gezeitigt
haben. Den Mann, der meinen Wei
sungen unweigerlich nachzukommen
hat, nehme ich aus der Kategorie der
schwersten Verbrechen der sozusagen
ein Galgenvogel. mit allen hundert
gehetzt ist und Brandstiftungen sowie
Einbruchdiebstahl ali Spezialität be
treibt. Bin ich gewiß, es mit einem
geriebettn hallunken zu thun zu ha
ben, so gehe ich ungesäumt an«s Wert.
Ich suche mir eine-n Ort aus, an wel
M ich M Meiner Ihiitigieit zi! be
W
gtnnen gedenke. Dorthin sende ich
sofort den bewußten Ichilsen voran-,
mit dein Ilustrage, daselbst mehrere
Tage hintereinander Brondstistungen
zu oeriihen und sich nebenbei auch mit
Eindruchdiehftiihlerr zu besaskm Nach
genau vorgeschriebener Au nthaltjs
dauer an jenem Orte verschwindet
mein Handlungen oon dort und de
giht sich auf den nächsten ihm bezeich
neten Plag. Natürlich herrscht in
dem ersteren Orte der kurz nacheinan
der stattgehabten Vrände und Eins -
briiche halber eine enorme Aufregung,
und rver noch nicht versichert ist, was
ja nur bei Wenigen der Fall ist, beeilt
sich- SIEng beide Gefahren so schnell
als möglich sicher zu stellen. Gerade
in diesem Momente tresfe ich im Orte
ein. sorge für das Bekanntwerden
meiner Ankunft und '—- habe von
Stuno’ alle hände voll zu thun, um
die Versicherungshediirstigen abzuw
1igen. So reise ich-, genau die Noute
verfolgend, die meine Avantgarde be
fohlenermaßen eingeschlagen hat« von
Ort zu Ort, und überall werde ich als
Retter in der Noth begrüßt. Ich
tann somit wohl den Titel eines dop
pelten Wohltdötero beanspruchen: er
stens oerschasfe ich der Gesellschast
glänzende Einnahmen, und sodann
biete ich allen nicht adgrdrannten oder
derauhten Bewohnern der Orte Gele
genheit- sich oor derartigen, ihnen et
wa zustoßenden Schädigungen zu be
wahren!«
,,Mr. Stroh Sie sind mein Mann,«
rief der Direktor nach der vorstehen
drn «.)lx:srinanoersetzung aus, »auch
ich imidige dem Grundsaßc Der
Zweck beiligt die Mittel. Jahren Sie
fort in Ihrer Wirksamkeit, nicht allein
die Griellickait wird Ihnen dafür
dantery sondern auch Die Kasse des
Volkes, die Sie vor Schaden zu be
wahren suchen. Ausgenommen davon
ist ja nur der winzige Bruchthril von
Leut-rn, die Jhr Gebilfe sich gleichsam
als Loctspcise ausersehen hat. Alb-It
selbst diese wenigen. im Schaden ge
rathenen Personen müßten solche
Opfer, wenn auch nicht mit besonderer
Fr:itde, so doch mit einer gewissen Ge
nugtlsuung bringen, im Hinblick va
rauf, daß das Unglück Einzelner für
die Gesammtbeit von unberechenbarem
Vortbtile gewesen iit!«
Die beiden Biedermanner drückten
sich die Hand zum Zeichen völligen
Einverständntsses und ließen es sich
angelegen sein, auch- roeiterzån in um
sichtiger Weite für das ohl der
Menschheit zu sorgen.
sue Ieschtchte der schlaff-»ein
Die auf unseren Eisenbabnen ver
kehrenden Schlafroagen, die man all
gemein als eine Erfindun der Neu
zeit auf dem Gebiete der eifebe item
lichteir und als einen besonderen qFort
schritt im Verkehrswesen betrachtet,
sind, freilich in anderer Form, auch
schon einmal dagewesen. Jn Russland
gab es nämlich schon vor 250 Jahren
Postwagen uno Schlitten, die sur eine
schnelle, ohne Unterbrechung auszufüh
rende medrtögige Reise eingerichtet Ivas
ren. Namentlich boten im Winter die
Schlitten eine große Bequemlichkeit
Ein russlscher Chronist des 17. Jahr
hunderts iebt uns eine Beschreibung
dieser Posschlittem »Einfachste, aber
solidefte Bauart, etwa 3 Fuß hoch und
so eingerich:et, daß der Passagier sich
in dem Fuhrwerk ausstreoken tann. Der
Schlitten ist ringsum so fest zugemacht
und verwahrt, daß nicht der geringste
Lustng durchdringen kann. Zu beiden
Seiten sind tleine enster und zwei
Kantbretter an ebra t, in welche die
zum Zeitvertre b mitgenommenen Bit
cher.soioie die Lebensmittel geseyt wer
den. Vorn über dem Kopfe hängt eine
Laterne mit einer Reichskqu die man
beim Eintritt der Dunkelheit anziinden
kann· Unten ist der Schlitten mit
Betten ausgestalt, in denen man Tag
uno grau-c liegt; zu oen Zinsen hat man
warme Steine oder mit heißem Wasser
gefüllte Zinnilaichen, die zugleich das
daneben aufbewahrte Getränk. sei es
Wein over Branntwein, vor dem Ein
irieren schützen. Jn einem solchen
Schlafzimmer fährt man Tag und
Nacht hindurch uns braucht, wenn es
nicht die Noth ersorvert, niemals unter
wegs auszusteigen, zumal vie Wirths
höuier höchstens rohes Brod und
schlechten Branntrven zu bieten hät
ten." Jedenfalls ließen diese Schlit
ten, was Iernhaltung geistiger und
törperlicher Anstrengung anbetrisst,
wenig zu wünschen übrig. Im Sommer
wurden durch die Bettpalsterung bek
Kibtla oder ver Telegge (leichtee Wa
en) die Anforderungen, welche die
schlechten Wege und das überaus rasche
Jahren an Knochen und Musleln der
Reisenaen stellten, ganz erheblich herab
gemindert.
——W
Niksnitip
Debbchen: »Na, Sie hat man ja
lange nich mehr gesehn?!«
Hisppchem »Ja, ich war ein halbes
Jahr verreiit in die Schweiz, besuchte
dort Ziirich, Luzem Lauianne, Geni,
Bern »"
Debbchen lihn unterbrechend): »An
allo, warum sagenses denn nich gleich.
daß Se blos in Bärne waren!«
--—-.-...
Druckfehler-.
(Aus einem PolizeiberichtJ Geitern
wurde sinnlos bezecht vor dem Rath
hause der Student K. ausgesundem
welcher sich erst vor etwa vier Wochen
Träg-Mark Stadt angeselbelt (gesiedeltl