—-«-««— Glück. Stizze von Ella Mast Sie hatten verabredet, sich Sonn tag Nachmittag um drei Uhr am Wannseebahnbof zu treffen. Alle drei in lichten, lustigen Ge wändern, mit Spiten und buntem Band geschmückt, waren sie pünktlich zur S« Ile und reichten sich lachend, im jungen Mädcheniibermuth die Hände. »Und das prächtige Wetter, was wir haben,« meinte Lenchen Stege mann, sich mit beiden Händen das helle Haar über der heißen Stirn zu rückftteichend. Die Freundinnen und Geschäfts iolleginnen blickten bewundernd in das hübsche Mädchenanttiy. »Viel-er neu, das weiße?« -—— —- — fragete Geetbe Virt, indem sie noch ei nen heftfaden aus dem Gewand Len chens herauszuzupfen versuchte. Die niate gleichmiitbig. »Natürlich, — überhaupt zu Edith binausL Kinder, wir müssen doch auch noch ein bissel mit uns bermachen! Zoll ja fürstlich sein, die Van am Glas UlI((’ — lUUI lullll doch der Mensch file-— n Glitt-l haben!« Frieda Reichel seufzte mit. Brunett, schlant gewachsen wie eine Tanne, hielt sie das lichtblaue Kleid zierlich emporgerafft und schritt neben den Freundinnen die Stufen zum Bahn - sieig hinauf. Jsch ja, —- ——— dieses Glückstind, die Edithi Was war sie denn, was hatte sie denn? Die Eltern todt, ir gendwo bei Verwandten im Norden der Stadt gewohnt, und Kassirerin bei uns, was der Chef doch auch grade nicht mit übermäßig vielem Gelde be sahlt,« sagte sie achselznclend. Grethe Bitt nicktr. »Nun ja, — aber Schick hat die Edith, das muß man ihr lassen. Und hübsch, bildhiidsch war sie auch. Sie lonnte anziehen, was sie wollte, das bescheidenste Mullfiihnchen, immer waren die Männer rein wie toll hinter ihr her. Daß sie freilich so ein reicher Mann wie Direltor Jagenthal gleich heirathen würde, hätte ich nie gedacht. Soll doch so ein Lebemann gewesen lein, was. .. Lene?« Lenchen Stegemann saß schon im Loupe »Ja, das wären die besten in der Ehe, sagte Fräulein Psllnih immer, die haben sich wenigstens die hör-net schon abgelaufen. Jch war damals ganz überrascht, als sich Edith mit ihm verlodtr. Wir hatten doch steif und fest geglaubt, sie hielte zu ihrem Fris. . . . nicht wahr ?« Frieda lachte. »Na, da wär’ sie aber schön dumm gewesen! Junger Mann im Geschäft bei uns mit sechshundert Thaler Ge hall!« »Bitte, seit er reist, lriegt er viel mehr,« unterbrach Grete Biri. «Js ganz einerlei," nahm Lenchen Stegemann wieder das Wort. »Wär’ man doch ’ne riesig lleine Partie ge wesent« Sie spielte« heiß und roth, mit ihrer Uhrlette und sah die Freundinnen da bei nicht an. »Ist genau dasselbe wie mit Walter Ringftiidt. Ihr wißt ja, er hat auch kaum siebenhundert Thalter nlo Steuerbnchhalter!« Die beiden anderen blickten interes sirt in das feine, gesenlte Antlitz ge genüber in der Loupe-Ecke. .Magst ihn denn nicht mehr, Len ni« «Mden, — —- was heißt mögen?« —- fiqttekte das bist-de Mädchen· . . . »Ich werde doch nicht so dumm sein und ihn heirathen! Dente mal« so al tleine Beamtenstan, was hat man denn da? Und Edith dagegen! Ner, ich hab' ihm gestern Abend die Sache or dentlich llar gemacht. Wenn wir uns auch schon als Kinder lannten, —- -—— aus ist’ö« absolut aust« Sie blickte ganz triumphirend aus Grete lächelte stumm, und Frieda meinte «Weil man im Geschäft ist« denken die Leute immer, man solle sroh sein, wenn sich iiberhanpt ein Mann sür uns fände. Bah! Mein Papa hat stu dirt, und ehe er starb, hat lein Mensch daran Fedachh dasz ich noch neal siir Mama Und die Kleinen mit verdienen müßte. Aber deshalb bleibt man doch, was man war« und lann genau dieselben Ansprüche stellen wie oorher.« .Selbstverstöndlich«, pslichteteGrete bei, indem sie ihr Stupsnöschen bedeu tend hdher b. »Wer weiß« wir trie gen am En auch noch so einen reichen Banlier oder Fabrilbesitzer« wenn uns Edith ost einladet. Ob wohl große Ge sellschaft heute da draußen ist«-? Ei gentlich hiitte sie ans doch schon früher aussordern mllssen, was? Oder nicht? Jm November hochzeit gehabt« dann bis Mai aus Reisen gewesen« und bald sechs Wochen hier« ohne an die alten Kameradinnen zu denken.« «Am Ende ist sie seht stolz gewor den in ihrem großen Milch« sagte Frieda, die Lippen schützend Lenchen schüttelte den Kopf. Eber nein« das glaube ich nicht. Wir drei waren doch ihre bestem-Trenn diuses its GeschäsL Wir und die LUMIP W Grethe tichertr. »Na, die List-eth! Die war schön dnnimt hat doch wirklich ihren Post assistenten geheirathet. Ehe der mal zu was tomnit. Nun sitt sie da, wäh rend wir uns noch amiisiren können« Die Mädchen lachten. Sie lachten überhaupt gerne. Jm Koupe wurden die anderen Sonntagsanssliigler ordentlich anges steckt von diesem klingenden, frischen Triu. Dazu die goldene Jnsnisonne, die lauschigen Wald- und Wiesenwege, die zu beiden Seiten des Zuges aus tauchten, —- es war doch ernc Lust, das staubige Berlin auf ein paar Stunden mit dieser Freiheit im Grün vertau schen zu tönnen. Aus den verschiedenen Stationen lichtete sich. das Wagenabtheii. Die letzte Strecke bis Wannsee waren die drei Mädechn allein im Koupr. Sie waren stiller geworden und be gannen an ihren Toiletten herumzu nutzen. Gretbes kleiner Taschentamm und Spiegel wanderten von Hand zu Hand, und eine jede erträumte heim lich von dem ersten Besuch bei der rei chen Freundin draußen am Wannsce irgend etwas Wunder-dates nnd Schö nes, das ihr Leben jäh in ein einziges, großes Glück verwandeln würde. Lenchen besonders war ganz ausge regi. Sie hatte das lustige, liebe Mii dsI hnä Ins-. III-»- Mä--sA-- N ----- ------- 7--» Us-- »Ist-use obs-Urst thal hieß, besonders gern gehabt. Schöne Sonntage waren das früher gewesen, wenn sie gemeinsam hinaus gefahren waren in den Wald. Edith mit Fritz Stepfen, und sie mit Walter und —— und ————— sie stockte in ihren Gedanken und wollte nicht mehr an die braunen Augen des Jugendfreundes denken, die gestern Abend so erschreckt und traurig an ihrem Antlitz gehaf: tei »Denl doch bloß, Lenchen, wie glück lich wir oft zusammen waren.« —-- — Sie hatte dafür nur ein Achselzucken gehabt. »Kinderei, —- — mit der es nun vorbei sein muß, Walten Also leb wohl.« Und sie war ganz lalt und ernst zu seiner Mutter noch einmal hineinge gangen, die eine Freundin ihrer Mutter war, und hatte der auch Adieu gesagt. Nein, sie wollte nicht. So eine Par tie lonnte man alle Tage machen! Und das mit Edith war doch auch ganz plötzlich geolmmen, und sie hatte eine Hochzeit gehabt, wie eine Fürstin, und die tostbare Ausstattung hatte der Bräutigam auch noch selber bestellt. Und dann die halt-jährige Hochzeits: reife nach dem Süden, die Van jetzt am Wannsee, und iiber alles sein, ja —- das war doch noch etwas, wenn man jung war, lebenslustig, schön. ——— Lenchen griff noch einmal nach dem Spiegelchen der Freundin. Sie sah ihr goldenes Haar mit den blauen Augen darunter, sah das feine, schmale Gesicht über dem hellen Spi tzenkragen und richtete stolz das Köpf chen empor. Edith war auch nicht hübscher, und hat solch- Glück gemacht, dachte sie troyig »Ich werde euch den Wagen an die Bahn fchicten,« hatte die junge Frau auf ihre Einladung geschrieben. Die drei jungen Mädchen fühlen schon jegt so eine Art Größenwahm als sie in Wannfee auf dem Bahnhof von einem Diener in Lioree in Em pfang genommen und zu der bereit stehenden Eguipage geführt wurden. Nur Grethe tonnte sich das Kichern nicht verbeißen, als Frieda mit ganz veränderte und viel vornehmer als sonft tlingender Stimme den Diener fragte: »Das Befinden der gnädigen Frau ist hoffentlich ein gutes?" . O « · -- «- O----- -----L-4- CI- ti-t. Mc IOI SIUIII UIOIIIUII IIW UIUI · würdevoll und öffnete den Wagen schlag. Als Grethe lustig weiterlachte und laut den Damast der Sitze und die sonstige « elegante Einrichtung des Fuhrwerts zu bewundern begann, gab ihr Frieda einen gelinden Stoß in die Seite. »Sei doch nicht so albern, Grethel Das braucht uns doch der Diener nicht gleich anzumertem daß wir nicht alle Tage Equipage fahren.« — Der Wagen fuhr wohlgepflegte Straßen, mit den prächtigften Besin ungen zu beiden Seiten, entlang und hielt schließlich vor einem hohen, eiser nen Partah hinter dem ein Spring-« brunnen plätscherte und zwischen alten Bäumen die weißen Thurme einer Villa hindurchfchimmerten. Die Mädchen schritten nun doch et was befanden durch all die Herrlich keit. Jeden Augenblick glaubten sie einen freudigen Zuruf zu vernehmen und liebes, helles Lachen« wie es der warmherzigen Edith eigen war. Es schien teine Gesellschaft zu sein. Der Garten war wie ausgestorben. Nur Rosen und immer wieder blii hende Rosen auf den Beeten, Duft und Licht und Schönheit ringsherum, doch kein Mensch zu sehen auszer dem Die ner, der die jungen Damen auf die Terrasse der Van hinauffiihrte, wo ein siir vier Personen gedeckter Koffer ttsch stand. Und nun trat durch die Glasthiir aus den inneren Räumen der Villa eine- Frauengestalt mit auggestreetten Anders und Thränen in den Augen. Kein Lachen — —— nein —- — es l waren richtige Thkänen in dem blas sen, wunderschönen Antlitz. Die Mädchen standen tote angemar zelt. War das Edith tDie schlante, stille Frau dort mit den müden Augen und dem Zacken um die Lippen, das wie Weinen war? Aber ja, sie küßte eine jede mit der selben Herzlichleit wie früher. »Ach, daß ich euch mal wiederhabe, — —- daß ich euch —- —— mal wieder habe,« —— — sagte sie mit mühsam be haupteter Fassung. Sie nahm ihnen die Hüte vom Kopf und trug sie selber in das Zimmer ne ben der Terrassee. Und dann strich sie sich mit neroöser hastiger Handbewe gung über Stirn und Augen, und schellte dem Stubenmädchen, daß es den Kaffee bringe. Und nun lächelte sie auch. Aber es war ein ganz anderes Lächeln als frü her, und in die drei jungen Herzen fiel es wie ein Reif, so daß sie ihre alte Unbefangenheit nicht finden konnten. Edith hielt Lenchens Hand mit der Rechten, während die Linie ab und zu die beiden anderen Mädchen streichelte. »Aber seid doch nicht so stumm, so fremd, Kinder. —- — lacht doch mal, redet doch mal etwas Tolles, —- seid doch lieb zu mir — lieb zu mir,« stot terte die junge Frau. »Seht mal, ich hätte euch ja so gern früher schon mal hier draußen gehabt, aber allein, ganz allein wollt ich euch haben, Kinder. Und immer mai-en Gäste bi» tose lang ost! Sportgenossenmeines Man nes, Herren, immer Herren, die wüst und laut, und —- — sonderbar wa ren.« s ,,Lene, —- —— Lenchen, -« —- — ich hätte euch nicht zusammenbringen mögen mit ihnen." — — — Die drei saßen wie unter einem Bann. Sie hatten sich das Glück ganz anders vorgestellt, als hier in dieser müden, schlanten Frau verkörperi. Sie tranken und aßen aus das Zureden der Freundin, ohne zu wissen, was. Sie verspürten auch plötzlich von der Schönheit des Ausenthaltes und dem Dust der Rosen nichts mehr. Immer nur in das weiße Frauenantlitz muß ten sie schauen, in dem die Augen so tief und dunkel geworden und das goldene Lachen erstorben war. Edith fragte. Sie fragte hundert ge ringfügige Sachen in hastiger, sich überstiirzender Weise. »Was macht’s Geschäft, Frieda, und lebt der alte, dicke Mertens noch, der mir früher immer das Bier zum Frühstück holte —- — Hast du denn nun endlich Zulage bekommen, Grethe, und ist Fräulein Grashoff noch erste Directrice? War denn eure Land partie schon in diesem Sommer, und — —- und — —- tanzt ihr dann wie der im Wald — — und spielt Pfiin derspiele?« Jetzt zuckte die Stimme schon wie der, und die Thränen waren auch da, die kaum versiegt. Frieda würgte krampfhast an ihrem Stück Kuchen. »Fräulein Grashoff hat augenblick lich Urlaub, Edith, tannst dir ja den ken, wie idhllifch ruhig es während dessen bei uns zugeht Und unsere Partie ist am fünften Juli. Großes Mittagessen wie immer auf Kosten des Ehefs und Abends Ball in Friedrichs bogen-« Jest thaute Grethe auf. Au sein! Js doch jedes Jahr gleich schön! Weißt du noch vorigen Som mer, Edith2 Du tanztest noch denMe nuettwalzer ganz alleine mit Fritz Stepfen, die andern umringten euch und sahen zu, weil ihr beide so gut — ——,« sie stockte, da die junge Frau jiih und tlirrend ihre Tasse nieder sente. »Ist — ist er noch bei euch, Herr — —- Stepfen?« Grethe nie-tie. Sie merkte gar nicht, daß Lenchen Stegemann sie warnend auf den Fuß trat. »So halb und halb ja. Er reist fürs Geschäft seit letzten Winter. War rein dersessen, von hier fortzukommen, seit du — ——« Nun merkte sie doch, was das Fuß signal zu bedeuten hatte. Das Statis näschen senkte sich schuldbewußt. »Verzeih, Edith, ich hatte wirllich ganz vergessen, daß ihr früher so in tlm zu samtnen waret!« Die junge Frau erhob sich. »Laß nur,'· sagte sie bitter. ,,Redet nur ganz so ungenirt wie sriiher. Jhr müßt es ja doch selber sehen, wie es mit mir bestellt ist« Glück schaut an ders drein, was, Lenchen?« Sie beugte sich plötzlich nieder und küßte das blonde Mädchen unvermit telt und leidenschaftlich auf den Mund. Jm nächsten Augenblick war sie von der Terrasse in das Nebenzimmer ge ganaen und blieb ein paar Minuten verschwunden. Als sie zurückkam. brannten ein Paar heiße, rothe Flecke auf ihren Wangen. Das Stubenmädchen ränmte den Kasfeetisch ab, brachte Obst undNaschs wert auf einer Schale herbei und ent fernte sich wieder. »Schade, daß Lisbeth nicht mit euch lam,« begann Edith ruhig. »Sie schrieb mir eine kurze Absa e, die sehr verworren klang. Lebt se glücklich mit ihrem Manns Sie heirathete ia dier Wochen früher als ich damals-« Lenchen nicktr. »Seht glücklich. Sie ist noch rosi get geworden denn als Mädchen. Und jedesmal fragt sie nach dir, Edith, wenn wir beisammen sind.« Frieda lächelte mitleidig. »Aber so thöricht zu sein als verhei rathete Frau! Als ich neulich mal da war s— —- dentt mal. vier Treppen hoch in der Alten Jakobstraße » — thaten die beiden Leutchen noch, als ob sie sich eben verlobt hätten. Ein viertel Pfund Leberwurst hatten sie als Abendbrot und dazu Braunbier! Und sie lachten und machten einen Unsinn, als hätten sie Seit getrunken. Ja, er küßte sie sogar in meiner Ge genwart." Edith saß still und oertriiumt da. ,,Ja«, fügte Grete hinzu, und nun geht sie auch gar nicht mehr aus. Näht immer nur kleine, winzige Hemdcheth Jäckchen und Läßchen Natürlich soll’s ein Junge werden und aussehen wie der Papa.« —- — Es wurde still nach diesen Worten. Die junge Frau hielt die Hände im Schoß gefaltet, ein Paar schwere Thränen glitten langsam über das marmorblasse Gesicht. Und nun sah sie empor nnd direkt in die heißen, ver wirrten Mädchenaugen. »Die Glückliche, — die Reiche«, — sliisterte sie heiser. »Ich will Euch mal etwas sagen, Lcnchen, Frieda, Grete, Jbr seid auch noch so jung, so unbe dad1t, so voller Sehnsucht nach etwas Wunderbarem Große-m Glänzenden1, das da kommen soll, wie ich es war. Hört nicht auf diese Lockung bitte, — ——- bitte hort nicht darauf! Geht nur nach der Stimme des Herzens, wenn’s mal so weit ist, eßt lieber trockenes Brot bei jungen Seligkeiten, als ver läuft Euchs Ach Kinder, Kinder, — man glaubt ja immer, die Liebe kommt, sie muß ja kommen, wenn sie nicht schon vor der Hochzeit da ist. Oder, —- -— du hast sie ja gar nicht nöthig bei all dem Glanz, all dem Reichthuml —- — Und nachher war-« tet man, wartet Tage und Nächte auf das Wunderbare —- und hat doch nichts als einen kranken Mann, der vor unserer Zeit fein Bestes fortgear ben und sich mit seinem Golde durch uns Kraft und Jugend zurücktaufen will . . Mädchen, das wünsch’ ich Euch niemals, d i e Stunde darf Euch nim mer kommen, wo Jhr schaudert bei der Nähe Eures eigenen Mannes, wo ihr in Qual und Neue Euch zurücksehnt nach einem Menschen, der weiter nicht viel besaß als eben dieses goldene Herz! . . . Seht mal, das lönnt ihr ja auch noch wissen, ich habe damals den Fritz Stepfen lieb gehabt, lieb . . . lieb, so lieb! Aber er war mir nicht gut genug, ich wollte höher hinaus und bin doch nun so tief, so tief ge sunten, daß mir der liebe Gott nicht mal ein Kindchen schenkt, um das ich ihn so innig angefleht, . . . nein, . . . nie, nie schenken wird in all dem Elend!« Sie schwieg, wie vor sich selber er schreckend, erhob sich jäh von ihrem Sitz und lachte dann ganz laut und forcirt auf. »Aber nein -— —- was red’ ich euch denn da alles vor, — s— kommt, lommt in den Garten, Kinder, laßt uns lustig sein« lustig wie früher!« — Aber es wollte mit der Lustigteit nur schlecht gehen an diesem Nachmit tag· Es war noch hell, und die Abend fonne färbte den Westen blutroth, als sich die Mädchen schon zur Heimsahrt riisteten· Edith hatte ihnen die Hände mit Rosen gefüllt und ihnen das Geleit bis zum Bahnhof gegeben. Nun fasten sie im Konn- mnriknm gedriickt und ernst. Besonders Lenchen. Sie band in unertlärlicher innerer Unruhe wieder und wieder ihren Blumenstrauß zu sammen. Ob wohl der Walter heute Abend noch daheim war? Aber ja . . . seine Mutter tränkelte so viel in letzter Zeit, da blieb er des Sonntags ja stets bei der alten Frau und las ihr vor oder spielte- Bioline an stillen Sommer abenden. Ob sie wohl noch hinaufgehen könnte nachher und seiner Mutter die schönen Rosen bringen? Und dem Walter vielleicht gleich ein gutes Wort dabei sagen, weil — weil sie ihn doch so tieb — so lieb —- ach so lieb hatte!« Das bionde Mädchen saß plötzlich da und weinte. Und als die Freundinnen ganz er schreckt ihre Hand nahmen, schluchzte sie nur noch mehr. i »Mußt dir das nicht so zu Herzen nehmen mit Edith,« meinte Frieda tlug. ,,’s is ja traurig, . . . aber mein Gott, sie lann sich ja scheiden lassen«—--— Und Grethe setzte hinzu-· »Ja, und alle reichen Männer sind doch auch nicht trant und haben eine Glatze wie Direktor Jagenthal!« Lenchen antwortete gar nicht« Sie umklammerte mit beiden Händen ihre Blumen, und in ihre Thränen stahl sich, je mehr der Zug sich Berlin nä herte, ein weiches-, träumerisches Lä cheln· Ja, —- sie wiirde noch hinausgehen zu Walter und seiner Mutter. Ja, — das mußte sie doch sicher heute Abend noch thun! Weil doch sonst die Rosen verweilen könnten, — —- wenn —- — sie noch wartete. —- — — Das Sparkassenbrich. Humoreste von H u g o M a r o. »Donnerwetter, lieber Namensvet ter, bei dieser Lettiire muß man aber einen »Morsali chen« kriegen!« rief der Studiosus Al rt Meyer. Der mit Namensvetter Angeredete —- er hieß auch Albert Meyer und war Buchhalter in einem der ersten Ge schäfte der Universitätsstadt —- lsachte fröhlich auf. Er hatte sich nicht wenig auf den Moment gefreut, da er dem Studiosus, seinem Jugendfreun-de, mit dem er bis Sekunda die Bänte des Gymnasiums gedrückt, »das kleine, un scheinbare Büchelchen mit den blauen Deckeln zeigen würde. Der erwartete Effekt blieb denn auch nicht aus. Das Gesicht des Studen ten war wirllich photographirens werth, als er nach wiederholter Prü fung von Titel und Inhalt des Heftes Bedeutung erfaßt hatte. Ein Sparkassenbuchl »Es ist also keine Legende, sdaß es solche Bücher gibt?« meinte der Ver bliiffte mit gepreßter Stimme, »und Du bist der glückliche Besitzer dieses — u ng laublichen Dotuments?« »So ist’s,« bestätigte der junge Buchhalter schmunzeltid Der Musensohn legte das Heft auf den Tisch. »Da steht nun mein Namen auf dem Titelblatt,« seufzte er, »o grausame Ironie!« Und vor dem geistigen Auge des ewig in Geldnöthen befindlichen Studiosus tauchte die Unzahl seinern Manichäer sauf. Längst nachdem sich sder Spartassen buchbesitzer entfernt hatte, saß der Studiosus noch immer nachdenklich im Banne des ,,Moralischen«, den das Er lebniß hervorgerufen hatte. Da wurde an die Thüre getlopft. ,,Herein!« Und leise fügte er hinzu: »Wenn’s kein Schneider ist!« Ein Schneider war’s nicht, aber der Onkel Bissing, und das bedeutete auch nichts Gutes. Onkel Bissing hatte nämlich in sei ner großen Verwandtschaft die Mis sion, dem jungen männlichen Nach wuchs, besonders den Studenten, wel che ihre Einnahmen und Ausgaben nicht im Gleichgewicht zu halten ver mochten. ab und «zu Strafpredigten vulgo Moralpaulen zu halten« Jn solge langjähriger Uebung wußte er sich dieser Aufgabe stets mit wahrer Virtuositiit zu entledigen. Auch heute-ließen seine tiihle Be griißung und sinstere Miene Schlim mes ahnen. »Bitte, Onkelchen, nimm Platz!« Aber Onkelchen ignorirte die freundliche Einladung. Die Hände auf dem Rücken, ging er im Zimmer auf und ab, in allen Ecken ,,un1her schniisselnd«. Das war so seine Art, wenn er seine Gedanken siir einen träf tigen Sermon tonzentrirte. Der Studiosus senkte resignirt das Haupt. Fühlte er sich doch schulsdbe wußt, da er vor wenigen Tagen erst einen Brandbrief nach Hause geschickt hatte. Plötzlich ließ ihn ein Ausruf des Erstaunens von des Onlels Lippen aufschauen. »Albert, was ist denn das?« Da stand der Onkel, in der Hand ein dünnes Heft, in dem Antlitz starkes Staunen. ,,Junge, Du hast Dir ein Sparkas senbuch angelegt?« Sollte Studiosus Albert Meyer dem Onkel reinen Wein einschenken und verrathen, daß sein Freund und Namensvetter bei seinem etwas eili gen Ausbruche das Spartafsenbuch — auf dessen Titelblatt der Stand seines Besitzers nicht angegeben war — ver- · gessen hattet Mein, er woute ern ein mal abwarten. Der Onkel war wie umgewandelt; aus feinem Gesichte, wo eben noch die drohenden Wollen eines heraufziehem den Gewitters gelagert hatten, lachte jetzt der Sonnenschein bester Laune. »Albert, Junge, ift’s denn möglich? Also darum brauchtest Du immer fo viel Geld? Ja, nun sehe ich die Sache freilich in einem anderen Lichte. Sieh mal, Albert, ich war eigentlich gekom men, um Dir infolge Deines le ten Brandbriefes asuf Bitten Deines a terö eine kräftige Philivpika zu halten. Du weißt, Dein gutmüthiger Papa bringt das nicht über’ö Herz. und da muß ich dann in die Vresche springen. Freude macht mir die Ausführung sol cher Aufträge wahrlich nicht, besonders in diesem Falle, denn Du bift von Kindheit an mein Liebling gewesen. Um so mehr freut mich die Entdeckung, die ich soeben gemacht habe. Die Jdee, sich als Student ein Spartassenbuch anzulegen, ift wirklich nicht übel. Denn ihr jungen Atademiter müßt ja auch nach Absolvirung der Universität oft lange warten, bis ihr von eurem eige nen Einkommen existiren könnt. Da kann solch ersparter Fonds im Hinblick auf mancherlei Möglichkeiten von gro ßem Nutzen sein« zum Beispiel falls dem Vater einmal hinsichtlich der ewi den Zuschüsse der Geduldsfaden reißen sollte. Nun aber-, mein lieber Neffe, follst Du mich auch einmal von einer angenehmen Seite kennen lernen.« Der Onkel zog fein Portefeuille. »Ich sehe, daß Du bisher siebzehnhundert Mart eingezahlt haft. ier schenke ich Dir sdrei Hundertmarl cheine, daß Du die Summe auf zweitausend abrunsden tannft.« Der Studiofus starrte ganz fas fun slos auf die Kassenscheinr. Drei Hun ert Mart, damit konnte er ja sei ne ärgften Gläubiger befriedigen» »Onlelchen, ist’s wirklich Dein .»».. ..— --.—.. --- — ...--. .,-·.. .-.---..-...-.«-.,. — Ernste O. vielmals besten Dunkl« »Schon gut. Betrachte das Geschenk als Lohn und Ausmunterun zu wei terer Bethiitigung des Spar amtettss sinnes.« »Ja, Onkelchen, aber zanuse darfst Du von dem Sparkassenbuche nichts verrathen, Papa würde wir dann mei nen Monatswechsel wahrscheinlich be schneiden.« »Ganz recht, die Sache bleibt Ge heimniß zwischen uns beiden.« Als der Buchhalter später sein Ei genthum abholte, bemerkte der Studie sus im Brusttone innerster Ueberzem gung: »Weißt Du, Namensvetter, solch Sparkassenbuch ist wirklich eins segensreiche Einrichtung.« Somit-eures Als neuester Garnisonwitztvird in deutschen militärischen Kreisen — swelcher Garnisons ist ja gleichgültig — solgendesGeschichtchen mit stets erneu ter Heiterkeit weitererzähltt Die beiden Höchstkommandirensden des sbetresssenden Ortes, der General und der Oberst, haben bei ihren Unter gebenen die Spitznamen ,,Aeneas« und ,,An"dreas«. Sie tannten ihre Beina men, ohne allerdings den ihnen gani unertlärlichen Zusammenhang dieser Namensgebung zu wissen. Schon län gere Zeit hatten sie bei einigen ihnen besonders besteundetens Kameraden nach dem Warum gesorscht, ohne jedoch Aufklärung zu finden. Da geschah es, daß wieder einmal ein junger Leutnant nach Xstadt tommandirt wurde. frisch vom Kadettenlorps het. An diesem jun en Menschen beschloß der Generak no einmal durch seine Adjutanten sein Verlangen nach Auf-krum; über ,,Aeneas« und ,,An-dreai.»' . erfüllen. Den beiden Adjutanten wu;;: einge schärft, beim ersten Liebesmwl dem iungen Offizier mit aller etdentxichm Liebenswürdigkeit zuzutrinken, dcsznit sich vielleicht unter dem Einfluß Des Seites seine Lippen zu dem ersehntes-c Geständniß über oie sonderbaren Bei namen öffnen würden. So geschul)’5. Mit »Prosit!« und immer erneute-n ,,Prosit!« und ,,auf’g Spezielle" u. s. w. wurde dem- neuen Ankömmling ge hörig zugetrunten und eingeheizt, bis er schließlich ganz selig wunde. Nun hielt man den Augenblick filr gekom men. Der General nahm ihn untev den einen, der Oberst unter den andern Arm und man fragte ihn, ob er nicht wisse, woher sie die merkwüvdigen Spitznamen »Aeneas« und »Andreas·« hätten . . . »Aber gewiß, Ex’lenz,« sag te «der jüngste Leutnant seelenvergnügt, ,,Ex’lenz betonen nur falsch.« Der General machte ein fragendes Gesicht. Da öffneten sich die Lippen des Leut nants: »Es heißt einfach: das »dem Aas« und das »andre Aas! . . .« . W Künstlers Sprache. Geigentiinstler: . .Meine Fin ger helfen mir auf die· Beine!« I Nn also. Alte Dame: »Wie, Sie bekommen Honorar? Jch glaubte, Sie schrieben nur zu Jhrem Vergnügen?" Junge Schriftstellerim »Nun, ist Geld bekommen vielleicht tein Vergnü gen.« Beim medizinischen Konnt-eß. Vortragenden »Und deshalb, meine werthen Herren. muß nunmehr die Hy giene zu dem endgültigen Resultat kommen: Ungetochte Milch ist und bleibt ein zweischneidiges Schwert!« Ein guttt Mensch. Student lzu feinem ihn mahnensderc Jckzneiderx »Sie sehen übrigens recht uiukz aus . . . kommen woyi zu wenig an die Luft . . . ich werde, damit Sie hierzu Gelegenheit halben, Jhnen dak Geld lieber nicht geben« Leichte Ablittlfr. Miethlustiger Garcom »Aber das Babn wird mich doch nicht in der Ar beit stören?" Vermietherim »J wo — wenns das zu schreien anfängt, setzt sich meine Tochter immer gleich an’s.-— Klavier und spielt!« Busens-Stutt. Redakteur: »Ist meine Tante mit der Toilette fertig?« Zofe: «Nein, Madame müssen noch ein wenig ihre Jugend redigiren!« Besonderer Falt. Junger Ehemsanm »Unsere eglittep wochen fielen gerade in die unst tage.« Freund: »So hattest Du diesmal eine süße Saure-Gurkenzeit.« Im Wachsfiguren-Museum. (Jm Jahre 2000.) Besuchen »Wer war jener robufte Bauer?« Aufseher: »Der einzige nicht nee vöse Mensch des vorigen Jahrhun dert5!« L riqinelle Zurückweiiuns. Student (zudringlich): »Wissen Sie, Rietchen, Sie sind ein wahrer «Diamant!« Dienstmädchen: ,,Jawoll, Herr Sitffle, blos ich will nich jefaszt sind.« So lau-sam. »Das ist ein netter Junge, den Sie da haben.« " »Ja, er ist auch ganz gut, aber furchtbar langsam. Wenn er die Arche Noahs zu bauen gehabt hätte, wäre die Sintslutli wahrscheinkich noch im mer nicht eingetreten