Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, July 10, 1903, Zweiter Theil, Image 9

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    »O da blühender».«
Von E. Kraut-.
L» bist-blühenden glitt-Inder Sommertag,
stian dustcndr Rost-u uud Lin-den!
Mir rit, als komm- ia vielleicht
Mein Glück doch wirdcrfindcnk
Tck lachcndc, goldene- Sonnenschein
Will meinen Kummer vertreibt-m
Bei all dieser Schönheit limde und
tandem,
Da sollt-: ich traurig tilgitnsnk
Eis die Lindenblüttrc zur txt-de fiel,
Eis vorüber drr Rose Weimar-m
. "lt niicls das Glück, m; dem ists ver-kann
Liclleias:, vielleicht ins-an iznrfangrnz
———---.-.---—- —
Das Brauttleid.
Novellctc von Emma Haushoschcrt
Sie tte eine wunderbare Gestalt,
diese T kla, und sie wußte sich farnos
anzu iehen! Man hätte lauben ton
nen, ie käme aus einem alaft, wenn
man ihr flüchtig auf der Straße be
egiiete. Der leichte sichere Gang, der
chlante Zehe Wuchs, das feine art
rosige Ge icht, die stolze Miene! der
sie war teine Prinzessin und keine
Millionärin —- sondern erste Vorar
beiterin in dem Geschäft der Frau
Willibald, der vornehmsten und
theuersten Schneiderin der Stadt.
Geschmack mußte sie natürlich ha
ben» und über das, was modern und
chic ist, mußte sie Bescheid wissen,
nachdem die Eleganz all der schdnen
Damen durch ihre Hände ging, ge
wissermaßen ihr Wert war· Aber sie
verstand sich nicht blos daraus, die
Reize der andern zur Geltung zu
bringen. Jn ihren Maßestunden ent
wickelte sie auch das größte Talent,
selbst ein Männerberz zu bezaubern
Er war Leutnant und an manchem
Abend in der Woche holte er sie ab;
natürlich in Civil. Sie gingen dann
miteinander in ein «Variete-.Theater.
De Wielsitth im Mit lynekl Unumwu
trafen, hatten ein warmes ohlgesal
len an dem hiidschen Paar. Beson
ders Thetla war es von den leuchten
den Augen abzulcsem wie töstlich ihr
diese freien Stunden in ihrem Ar
be.tsleben waren, wie sie ihren Theil
am Gliick der Welt mit allen Fibern
genoß. Sie machte sich teine Illusio
nen. Sie wußte, das-. ihr Ottmar sie
nicht heirathen tonnte und daß die
schöne Zeit einmal enden würde. Aber
sie mochte daran nicht denlen, so we
nig wie an das Sterben, das fu auch
unvermeidlich ist.
Drei Jahre lang war er immer
gleich lieb und nett zu ihr. Dann, im
rbst, tam er seltener um Abholen.
Die wartete ein paar al vergeblich
aus ihn und war dann gereizt und
schnipvisch beim Wiedersehen. Aber
es gab doch immer wieder eine rei
zende Versöhnung
Sie fühlte wohl längst, das-. das
Unheil dro te. Aber sie hatte doch
nicht den uth, ihn zu fragen, ob er
von ihr los sein wolle?
Und als dann der Brief lam, der
so hart zu schreiben und so viel, viel
härter noch zu empfangen ist, « der
Abschiedsbrief, — da meinte sie doch
sie tönne es nicht tragen. Sie müsse
nun irgend etwas Verzweiseltes thun!«
Doch gerade im Carneval drängte die
Arbeit. Wenn sie einmal im Geschäft
war, blieb ihr teine Minute Zeit, iiber
ihre verarmte Existenz na zudenten
und wenn sie heimtam, war sie to
todtmiide, daß sie gleich nach ihrem
einsamen Abendefsen einschlief. Die
jungen Mädchen in der Schneider
stube spürten allerdings Fräulein
Thetla’s ilble Laune und sie tuschel
ten miteinander: »Die Geschichte mit
ihrem Leutnant ist aus! Darum tann
man ihr gar nichts mehr recht ma
chen!« Eines Tages tam die »Tail
len-Bertha« ganz aufgeregt angeriictt.
Beim Mantelausziehen verliindete sie
schon die Nachricht: »Verlobt hat sich
»u- csonsannts msii Han Fräulein
Westheimer, der Vater ist Bantier.
Schwer reich soll sie sein!« »Na, da
ioird sie heut wieder ihre Wuth an
uns auslafsen!" rief die rothhaarige
»Aerniel-Anna.« »Aber ich laß es
mir nicht mehr gefallen! Ich sag’
ihr’s einfach ins Gesicht: Jch lann
doch nichts dafür, daß Jhr Schaß
jetzt die Bankiergtochter heirathet!«
Doch als Thella dann ankam, spä
ter als sonst, sichtlich mit vermeinten
Augen, da beugten sie sich doch alle,
verlegen und stumm, auf die »Schooß
brettchen« herab, nahten, und jede,
die an die Vorarbeiterin eine Frage
zu richten hatte, sprach heute ausfal
lend sanft und bescheiden, ivie einge
schiichtert von diesem blassen Gesicht
mit den rothgeriinderten Lidern. The
kla schien der vollendeten Thatiache
gegenüber ibre Ruhe und Kraft wie
der zu finden. »Nun ist’s einmal zu
Ende und alles Jammern nith nichts
mehr,« saate sie sich init dem prakti
schen Verstand und der Tapferkeit
des Mädchens aus-Dein Volke.
Die »Taillen : Bertha" und die
.Aermel-Anna« hatten sich nicht mehr
über sie zu bellaaen Und im Früh
jsht that sie ihnen allen herzlich leid.
Frau Willibald rief nämlich eines
Taaes ganz vergnügt in die Schnei
derstube: »Fröulein Theklal Kommen
Sie rnit deni Mafibiichl Fräulein
Westheinier bekommt sechs seidene
Kleider zur Aussteuer!«
Nun mußte die arme Thella auch
noch die Toiletten fiir die Bankiers
tochter machen! «
Sie biß die Lippen auseinander,
als sie in das Anprvbezimmer trat
und sich vor dein kleinen, plumpen
aufgepusten Fräulein iind vor der
dicken, aufgeraisten Mama verneigte
Aber darin flosa manchmal ein Spott
liicheln iiber ihr feines, bliihendes Ge
Nebraska
DiaatsAnzeIger Und Errolls
J P Windolph, Herausgehen Grund Island, Nein-» 10 Juli 1903 (Zweitck Theil) 4 Jahrgang « No. 43.
sicht, während sie mit dem Centimeter
den Wuchs der Kundin abmaß, den
kurzen Hals, die flache Biifte, und-mit
Kennerblicten fah, daß die rechte Düfte
etwas schief saß und daß an der einen
Schulter Watte eingelegt werden
müßte, wenn dieTaille die krumme
Rückenlinie verbergen sollte.
Schön war sie nicht, seine Braut!
An dem Abend schaute ch Thetla
mit einem chadenfrohen vhl efal
len in den piegel, während sige ihr
üppiges braune-L haar über ihre
t prächtigen weißen Schultern, iiber ih
ren stolzen Nacken herabriefeln ließ:
—— Und dann las sie Ottmar’s Ab
schiedsbrief wieder; dieses Mal mit
einem Gefühl der Genugthuung. Jn
ihrem ersten Groll hatte sie alles, was
-er ihr schrieb, für nichtssagende Re
densarten gehalten, fiir leeres Ge
flunter. Nun schien ihr mancher Saß
doch wahr, voll von bitterem Ernst.
I
»Ach, weißt Du. Thetla,« hieß es
auf der zweiten Seite, »ich wollte
wahrhaftig, ich dürfte Dir treu blei
ben. Jch würde mir gar nichts Besse
res wunschen und gewiß niemals an
eine andere denken, als an Dich, —
aber was will man machen ais armer
Offizier mit so und so viel Schulden?
Lan muß in den sauren Apfel bei
ßen und nach irgend einem häßlichen
i langweiligen Goldfisch angean Aber
Iglaub’ mir, mein Lebewohl an Dich
s das ist auch für inich ein Abschied von
;der4 schynem freien Jugend, vom
iØlUllI Datum kann la) Vlcsc Still
s«
! nerung nie vergessen.
» Thetla trug den Brief nun immer
T mit ich herum. Es machte ihr Spaß,
das Blatt in ihrer Tasche zu fühlen·
» während sie die seidenen Toiletten für
Fräulein Sidonie Westheimer compo
nirtr.
; Zuletzt, wenige Tage vor der
» Fochzeih wurde in der Schneider
! ube das Brauttleid begonnen, aus
Iwunderbarem weissen Panne, weich
I wie Sammt und glänzend wie Seide·
Thetlckg feine ge chickte Finger steckten
iden zarten Stof in weichen Falten
über die Puppe und arrangirtsrn Spi
en und Bänder Nach'attem Brauch
F tten die jüngeren Mädchen ihr auch
fein ar Stirnhör n gebracht, die
« te ch ausrifsen un die sie in die
rauttaille einniihen mußten; eo hieß,
daß man dann im nächsten Jahr
selbst Hochzeit macht. Die Aelteren
hatten das zu oft ohne Erfolg ver
sucht, um noch an den Zauber zu
glauben.
» räulein Thetla!« tief Frau Wil
libad am Tage vor der Hochzeit.
»Sie müssen heute Nachmittag zu
Westheimer’s zur letzten Anprobe. Die
Damen können nicht mehr hertom
men.«
Die Arbeiterinnen schauten alle er
schrocken und gespannt auf Thetla.
Jnt ersten Moment war sie allerdings
entschlossen zu der trotzigen Ertlä
rung: «Dao thu’ ich nicht? Das tön
nen Sie nicht von mir verlangen!«
Aber eine tranthaste Neugier, ein
selbstquälerifches Verlangen dieses
Haus zu betreten, Ottmar vielleicht
noch einmal zu begegnen, verdrängte
Thellcks erste Regung deg Widerwil
lens. So stieg sie denn, mit dem
Lehrmädchen hinter sich. die tevvichbe-i
legte Treppe zu der Weftheimer'schen
Wohnung empor. Man ließ sie war
ten. Endlich nach einer Stunde rief
sie nach einem Dienstmädchen und
lieh skaaent ob man ihre Anwesenheit
vergessen have.
Endlich trat die junge Dame ein,
erwiderte sehr von oben herab ihren
Gruß und wars in beleidigendem
Tone hin:
»Eine solche Last, dieses ewige
Probirenl Jn Gottes Namens Kont
men Stel«
Durch eine Flucht von Zimmern
folgten Thetla und das Lehrmiidchen
mit der Schachtel der widerwillig
Voranschreitenden in ein entzückendeg
Roceocco-Boudoir. hier ließ sie sich
gnädigst das Prachtgewand überwei
sen, die Taille einholen und stellte sich
Idann prüfend vor den großen, hellve
leuchteten Spiegel Das tleine Per
sönchen verschwand sast in dem üppi
!gen Gewoae der langen Schleppe: ihr
sadles Gesicht wirtte noch ariinlicher
und reizloser über dem weißen Perl
muttersGlanz des schimmernden Ge
webeg Sie schien sich selbst nicht zu
zaeiallen und Tdella mußte ihre Ent
y täuschung entgelten.
l Unzusrieden und ärgerlich zupste sie
an der Taille herum. »Ich finde die
Toilette hat gar keinen Chir! Jm
Journal sah das alles so viel sloiter
und graziöser aus! Der Gürtel ist zu
hoch! Diese Schleise wäre viel hüb
scher aus dieser Seite. Und das sind
auch nicht die Spitzen, die ich ausge
sucht dabe! Nein, bitte, widersprechen
Sie nicht! Ich weiß das ganz genau!
Und der Rock ist vorne zu lang! Tren
nen Sie einmal hier die häßlichen
Possen an den Aermeln sb. Und der
Gürtel mus-. wen!« Sie tlingelte:
Musen Sie Marna oder meieen
Bräutiaatn8«
Thella kniete gerade auf dem Bo
» den und steckte den Rock um einen hal
jben Centimeter lür er, als Ottomar
; eintrat. Langsam ob sie die Augen
T zu ihm empor. War er nicht zusam
» mensge uckt, als er sie erkannte? Je
denfa s schaute er über sie hinweg,
als wäre sie Luft, als sie sich dann zu
ihrer stattlichen Höhe aufrichtete und,
? nicht ohne Absicht, einen Moment in
ihrer vornehmen stolzen Schlanlheiz
neben der Unscheinbaren in dem leuch
tenden gleißenden Gewande stand. Sie
hätte es ihm noch verziehen, daß er
nicht den Muth hatte, ihrem Blick zu
begegnen. Aber als er mit seiner
Braut dann sranzösisch zu reden an
fing und die beiden sich über ihren
Kopf weg miteinander unterhielten,
wie in Gegenwart einer Magd; als er
es gemüthsruhig mitanhörte, wie
s räulein Sidonie aus Laune an dem
leid herumlritisirte, immer wieder
neue Aenderungen verlangte, zertren
nen ließ, was sie vorher nach langer
Berathung selbst angeordnet hatte,
ohne daß er in feiner erbärmlichen
Feigheit ein Wort der Begiitigung da
zwischen-darf, ohne daß er nur einmal
sagte: »Laß es jetzt gut sein!« — da
begann’"s in ihr zu kochen vor Zorn
Jhre Finger zitterten, während sie die
Nabeln in den Stoff steckte. Fieber
heiße rothe Flecken glühten auf ihren
Wangen. Sie war am Rande ihrer
Geduld und Selbstbeherrschung und
überließ es dem Stubenmädchen das
’ Kleid aufzuhalen und in die Schachtel
u.--J-. Unti- n — «.. rn.-s« ,
! «- psuuuu »He fu«-untr- Octucuksultg
s verließ sie das Zimmer.
»Ein tin-angenehmes- Frauenzim
mer,« hörte sie das Fräulein Wefthei
mer noch sagen. Nun sprach sie deutsch,
um sicher verstanden zu werden.
Es war schon ganz ftill in der
Schneiderftube, als Thetla noch im
mer nähte und nähte, ohne aufzuhä
cten. Jshre Schläien schmerzten zum
Zerspringen und während sie arbei
tete, hörte sie immerfort das wilde,
zornige Klopfen ihres Herzens.
Sie war svernünfti gewesen· Sie
hatte es gnaz in der Erdnung gefun
den, daß die Andere ihm angehören
würde vor aller Welt, daß die Andere
mit ihm fortreiste nach Jtalien, daß
ihr alles Glück zu Theil würde, von
dem sie niemals hatte träumen dür
s sen; denn die Andere war reich und
; sie tvar arm. Aber nun fühlte sie nur
» mehr die trasse Ungerechtigteit, daß
’ die Uebermiithige sie auch noch quälen
und schlecht behandeln durfte. weil sie
reich war; daß sie dcrsihen mußte, bis
tief in die Nacht hinein, um alle die
hundert mühsamen Stiche wieder zu
machen, nur wegen der boshaften
Laune des erzogenem verwöhnten
Glückstindes. Von Viertelstunde zu
Viertelstunde wuchs in ihr die Em
pörung. Sie hatte nur mehr den tol
; len, glühenden, überwättiaenden
Wunsch, sich zu rächen, ihr weh zu
:hun, ihrem Hochmuth einen empfind
s tichen Schlag zu versehen.
» Als sie dann endlich das Braut
! tteid in die Schachtel legte-, die das
’Lehrmädchen heute noch zu Wefthei
« mer-I tragen mußte, da schob fie in
s die seidene Rocktasche ein tteineg Blatt
Papier — Ottmar«s Athfchiedsbrief
Man sah Thetla am nächsten Mor
gen an, daß sie nicht geschlafen hatte-.
Sie wahr sehr blaß und hatte duntle
Ringe um die Augen. - o oft es tliLi
ist-O- III--I C- LJIO:- -..k —————
Y»---, fu«-In su- spsssg ousulsslllcsh ,Jlt
ver Nacht war sie mitten in ihrem
süßen Racherausch von ver wilden
Angst erfaßt worden: Wenn vie Hei
rath im letztn Moment zurückgingek
Dann hätte sie Ottmar’s Existenz rui
nirt, und Westheimer’s würden tom
knen und sie bei Frau Willibald an
tlaaen und es mußte furchtbare See
nen geben und sie verlor ihre Stelle
und war dem Haß ver beieidigten Fa
milie preisgegeben
Sie lonnte nicht bereuen. was sie
gethan. Aber todtesbang war es ihr
zu Muthe. Doch der Vormittag ver
ging, ohne Das-, sie in den Solon gern
fen wurde und als sie Mittags nach
Hause ging, fuhren die elegantenxhoch
ieitsswaqen an ihr vorüber. Nun
mußte sie die Trauung sehen; sie
tnnnte gar nicht anders-. Das war ein
Funtcln von Juwelen. ein Rauschen
! von Seide und Sammt, ein Aufwano
orientalischer Pracht in der schlichten
protestantisrlxen Kirche! Und doch
« machte die Festversammluna einen
freudloscn Eindruck. Der Bräutigam
trat mit einem düsteren Kops an den
Altar. Die Braut hatte ihre selbstbe
wußte. iirserniiithiges Miene verloren
und beugte sich unter dem Mhrthen
trank wie unter einer Last. Jhr »Ja«
tlansg gepreßt, wie von Thränen er
stickt. Jlnke Hand glitt mit einem
tranipshaften Zucken herab nach der
Tasche ihres Kleides.
Aber nur Eine,· bie mit lreideiveis
see-n Gesicht und großen. starren An
aen hinter einer Söule stand, wußte
diese Bewegung zu deuten.
Das ceibgericht
i
i
Humoreste von Leo von Torn.»
»Und noch. eins, meine Herren! Jch
verdanke der Liebenswiirdigleit eines
Kameraden, welcher früher beim Re
gimentsstabe unseres neuen Herrn
Brigaoelommaindeurs gewesen ist, die
vertrauliche Mittheilung daß der Herr
General großen Werth auf eine durch
aus einfache Lebenshaltung seiner Os
siziere legt und darauf sein besonderes
Augenmert richtet. So trinkt der Herr
« General beispielsweise ausschließlich
helles Bier... Herr Leutnant von
Zehlenbach, Sie räusperten sichs wün
schen Sie etwas zu bemerken?«
»3u Befehl, nein, Herr Massjor.«
Der Herr Bataillonskommandeur
vereinigte sich mit seinen Hauptleuten
zu eknem strengen Blick »der Mißbillis
f gung auf oen zur Unzeit mit Katarrh
behafteten Jüngling und fuhr dann
fort: :
»Und bei der Tafel bevorzugen der
iHerr General fiir seine Person eine
, einfache Erbssuppe mit Speck. spmvip
; weit sich die Herren meine Mittgeilun- :
J gen zunutze machen wollen, muß ich je: J
I-oem einzeln überlassen Was mich be: l
« trifft, so bemerke ich Ihnen bei dieser
- Gelegenheit, daß auch ich eine Vorliebe !
»für helles Bier habe und daß ich Erb- l
» sen uno Speck schon von jeher für ein!
ebenso fchmackhaftes wie zuträgliches »
Nahrungsmittel gehalten habe. Ber
gessen Sie nicht, meine Herren, daß
w: r den Krieg 1870 nicht zum wenig
sten auch mit der Erbsivurst geschlagen
haben. Ohne mich in Ihr Kiasinores
sort einmischen zu wollen, Herr Ober
leutnant von Kassel, möchte ich Jhnen
also doch nahelegen, sich zum mindesten
siir den Tag der Besichtigung die ange
deuteten Grundsätze einer einzig ver
nünftigen und entschieden svldatischen
Ernährungsweise zunutze zu machen.
Jch hosse das umsomehr, als ich posi
tiv weiß. daß auch die anderen Batail
lone in diesem Sinne verständigt sind.
Und ich wünsche nicht —-- verstehen Oie
ja wohl, meine Herren —ich wünsche;
nich-t, daß wir nach irgend einer Rich j
-tung hin weniger gut abschneiden als
die andern . .. Ich dante Ihnen, meine
« Herren«
Die Bersammluna, auch Parole ge
nannt, war geschlossen· Major Hagen!
nahm noch einen der Häuptlinge bei
Seite, um ihm aus irgend einem An
laß ein paar »steun«dliche Worte« zu
sagen. Es sand das jedoch seitens der
Unbetheiligten — welche sonst aus der
Ferne alle Abschnitte einer solchen Un
terhaltung bis zu dem bekannten Griss
an die Mütze gern zu verfolgen pfle
gen -——- nicht die iibliche Beachtung
Der bevorstehende Be uch des neuen
Kommandeurs nahm al e in Anspruch.
Was bedeutete es, von seinem Major
einen »’reingewiirgt« zu bekommen,
gegenüber der Möglichkit, von der
Chimborassohölze eines Brigadiers he
rab in die Wurst gehackt zu werdens
-- und gar eines solchen, welcher helles
Bier bevorzugte! War es doch eine ge
radeso bekannte als betrübende Er
scheinung, daß hohe Vorgesetzte mit
einfachen Lebensgewohnheiten stets um
so mehr lomplizirte dienstl: ehe Neigun
gen hatten, .und»aus diesem Wege sich
wenune derschassiem weiche cyarr an
Nervnische Maßnahmen arenzten.
Niemand also vertannte den tiefen
Ernst des Augenblicke-. Nur bei den
jüngeren Herren vom Schlag des Leut:
nants von Zehlenbach schien die
Harmlosigteit des Geiniithes noch eini:
germaszen vorzuwiegein Sie suchten
das lauschigeHinterstiibchen imSchwars
zen Adler aus und genehmigten eine
Flasche französischen Secteg —-— einer
seits zum Abgewöhnen und dann auch,
um die schon aus dem Kasernenhofe
heimlich ausgeworfene Doktorsrage zu
erledigen, ob das dünne Braunbier ales
helles Bier im Sinne der neuspartani
schen Lebensweise zu betrachten sei.
»Es ist ja braun« meine Herren,«
bemerkte «Leutnant von Zehlenbach ge
dankenvoll, ,,sogar sehr braun, das un- i
terliegt leinem Zweifel. Selbst der-I
Schaum- hat eine unverkennbar bräun i
liche Farbe und dennoch möchte ich i
behaupten, daß dieses Getränt deni
einsachiten Lebensgewohnheiten ent
spricht.«
Bei einer lzweiten Flasche zum Ab
gewöhnen tam man jedoch überein, des
lieben Friedens willen auch den leise
sten äußeren Schein des Sybariten i
thums zu vermeiden. Braun war die
Farbe des Schlemmens, gelb die der»
soldatischen Anspruchslosigleit. Also I
kein Braunbier, sondern Pilsener und?
Ale, vasiir aber niel Pilsener und viel
Ale.
Leider mußte Herr von Zehlenbach
auch diesem bündiaen Beschlusse gegen
iiber eine Extra-Wurst sur sich verlan
-aen. Er bestellte eine dritte Flasche
und erklärte: »Ich weiß einen, der egal
Seit trinten wird!« Immerhin war
das doch eine Lösung, an die man sich
halten konnte. Oberleutnant von Rai
sel dagegen fand eine solche Lösung
nicht.
Nachdem er zwei Stunden mit der
Kastnolöchin berathen, ging er tiefsin
nig nach aufe. Seine Seele war zur
einen Häl te vonErbssuppe erfüllt, zur
andern? —tnit Sperl? Nein, denn
Erbsssuppe und Speck gehörten, wie er
eben vernommen, »in einen Potst«. Die
andere Hälfte war vielmehr erfüllt mit
einer großen, bangen, verzweifelten
Frage. Und keins Mensch vermochte fie
zu beantworten.
Herr von Kassel war eine gewissen
hafte Natur unsd sdaher etwas ängstlich.
Zudem war er lange genug beim Fach
um zu wissen, daß, wenn es für eine
Sache unbedingt nur zwei Möglichkei
ten -giebt, der Leutnsant eine dritte u
erfinden hat-die dann auch falsch izft.
Zu Hause wurde der Oberleutnant
Rolf von Kassel immer tiefsinniger,
und anstatt auf die sbesorgten Fragen
feiner Wirihin, der verwittweten Frau
Oberpostsekretär Schnee-ganz zu hören,
besichtigte er schließlich seine Civil
equipirung Beim Claquehut ging eine
Feder nicht, deshalb machte er nur
einseitig ,,klall«, und Ider sCylindier sah
dann »aus wie tief eingetrieben. So
setzte er sich ishn mit zitternder Hand
a-uf’g Haupt.
»Aber Herr Leutnant . .
Er schüttelte betrübt den Kopf und
stellte weiter fest, daß er fich wohl auch·
einen neuen Gehrock würde anschaffen
müssen nnd die blau-n Ebenintbnfen
bedurften. einer frischen Bügelfalte.
Erst als seine entschlossene Wirthin
ihm die King-Bell-Kopfbedeckung ab
nabm und »ihren ·Leutnant« unter Be
rufung auf ihre Rechte als möblirte
Hausfrau zur Rede stellte, hockte der
Aermste in der offenen Schranltbiire
nieder und schüttete sein Herz aus.
Erbssuppe —ja! Aber ——mit oder
ohne Hülfen, das war hier die Frage
Mit Hüler war Die Suppe ein -acher,
nahrhafter und militärifcher — ohne
die Hiilsen war sie fein-er. Was bevor
zugte nun der Herr General? Was
hatte der Oberleutnant von Kassel
kochen zu lassen, damit das Bataillon
gut abfchnitt?
Frauen sind immer tliiger als Män
ner; manchmal aber ganz besonders.
Und so segnete Oberleutnanr von Kas
sel den fernliegenden Tag, an dem
Frau Zichneegans das Licht der Welt
erblickt hatte ———’-denn sie hatte ihm den
Rath gegeben, beide Sorten kochen zu
lassen.
If II L
Der Herr General waren im Gan
zen zufrieden gewesen. Aber wie es
zum Essen gehen sollte, wurde eine ge
fpannte, um nicht zu sagen ängstliche
Zurückhaltung bei ihm bemerkbar.
Und als dann aufgetragen wurde —--—
machte er ein Gesicht wie Jemand der
etwas Schlechtes riecht. Auch der an
wesende Regimentslommandeur ver
zog sden Mund und erröthete lebhaft,
alg der General sein Augenglag ein
tlemmte und dem Major bemerkte:
»Meine Aufmerksamkeit . .. äh . ..
danke sehr, lieber Major. Esse außer
ordentlich gern diese... äh. Aber
fünfte Portion in fiinf Tagen, bißchen
viel, was? Haben Sie nicht etwag
anderes?«
Der oerbliiffte BataillongiChef hatte
sich noch nicht einmal umgedreht, um
nie nöthigen Befehle zu geben, als
Oberleutnant von Kassel auch schon
die Sachlage erfaßt hatte.
»Also ohne Hulsen!" raunte er dem
Burschen zu — und schon in der näch
sten inute dampfte ein neuer Teller vor
dem General.
Dieser beugte sich höchst interessirt
darüber ——- um im nächsten Augenblick
abermals sein Glas einzutlemmen.
»Wenn ich nicht irre , ist das . .. äh
. . . . wieder Erbssuppe!«
Und gleich darauf erhob sich der
Herr General zu einem Trintspruche,
In welchem er seine Kritik vom Vor:
mittag dahin eraänzte, daß die ,,vielen
Mängel« der Ausbilduna des Bataili
long ihre Erklärung fänden in einer
gewissen Einseitigkeit, die das Offi
ziercorps beherrsche und naturgemäß
sich auch den Mannschaften mittheile.
Diese Thatsache würde durch eine we
nig geschickte »Schusterusna« nicht aug
lder Welt geschafft. Er sehe militärsisch
klar genug, um selbst durch eine Erbg
suppe hin-durch die großen Schwächen
des Bataillons zu erkennen, und über
haupt . .
Na kurz -- der Herr Mafor kam in
die Wurst. Daher auch der Name
Erbswurst
Zu natürlich.
Ueber einen unerwarteten Erfolg
esllzu realistischen Spieles wird aus
Jelissawetgrad berichtet: Dieser Tage
ereignete sich bei der von der tleinrus:
sischeu Truppe des Herrn Woljanski
veranstalteten Ausführung des Dra
mas »Talent« von Staritzii ein äu
ßerst komischer Zwischenfall. Im
vierten Akt soll »Theater im Theater-«
gespielt werden« Hierbei muß sich ein
W
Theil der Schauspieler unter das- Vu
sblilum in die Logen. das Parterre
und die Galerie be eben und das zur
Handlung nöthtge iß allen äußern,
worauf die ldin in hnnracht und
darauf der orhang fallen soll. Als
nun die Schauspieler unter dem Pu
blikum das Stück auszupseisen be
gannen, suchte einer der Polizeibeam
ten mit aller Energie diese für ihn
völlig ,,unerwarteten Unordnungen«
zu unterdrücken. Er eilte auf die Ga
lerie, von woher dasPseifen und Pro
» testiren gegen das Stück am lautesten
s erschallte, und verhaftete daselbst einen
l der mitwirkenden Schauspieler wegen
des »Lärmens«. Gegen alle Erklä
rungen der übrigen Schauspieler und
i,des Publikums blieb er taub und
! hatte sür sie nur die eine Antwort:
»Im Polizeibureau wird man schon
die Sache au·fklären!« Jnfolge dieses
Vorgehens des Polizeibeamten ent
stand aber nun erst recht Lärm unter
dem Publikum, welches gegen diese
Unterbrechung des Stückes protestirte
und die Fortsetzung der Vorstellung
verlangte-. Der Direktor war schließ
lich genöthigt, selbst zur Polizeivek
swaltung hinzufahren und daselbst die
,,verdächtiae« Szene vorzulesen. Da
raus wurde erst der völlig unschuldig
arretirie Schauspieler wieder in Frei
beit gesetzt und auch das Stück selbst
lonntc weitergespielt werden, obgleich
bereits ein aroßer Theil des Publi
kums das Tbeater verlassen hatte; es
erreichte infolge dieses Rwischsentsalles
erst um J Uhr Morgens seinen Alb
ich-biß
-----—--·-.-.————s—
Reiintbtere in Alaska.
Während der Rennthierbestand jin
Norden Europas und damit auch die
Zahl der nomadissirenden Lapspländer
beständig zurückgeht sind in Alassla
Ul- Uclc lchccsc oucflcll ZLUII WILL-Toll
einer Rennthierrasse erstanden, wie
man sie in Norwegen, Schweden und
Sibirien findet. Dort hat die Regie
rung der Vereinigten Staaten im .
s Jahre 1892 mit der Einführung von
zRennthieren begonnen. Die an der
. Beringsstraße und andern Küsten
Alastas lebende Estimobevölkerung
befand sich damals in sehr bedrängten
Verhältnissen, da die Rvsbben und
Walrosse, die es einst in großen Men
gen gab, sehr zusammengeschmolzen
sind, und das wilde Karibu, eine Art
Rennthier, fast ganz ausgerottet ist.
« Ferner ließen auch die mißlichen Ver
lehrsverbältnifse in den langen und
schneereichen Wintern und den schwie
rigen Geländeverhältnissen Alaskas
eine Asbhiilfe wünschenswertb erschei
nen. Daher schritt die Regierung der
Vereinigten Staaten zur Einführung
von Renntbieren. Die ersten Thiere
laufte man in Norwegen, später wur
den sie aus Sibirien bezogen. Die
Rennthiere vermehrten sich derart, daß
es im Jahre 1898 bereits etwas iisber
2000 Stück gab, trotzdem viele zu
Nahrungsszsweclen geschlachtet wurden.
Jetzt sind etwa 6000 Thiere iiber die
ungeheuren Steppen Alaska-s verbrei
tet. und innerhalb 25 Jahren wird
eine Million erreicht fein. Raum ge
nug ist wenigstens vorhanden, ebenso
seblt es nicht an Moos. das dieThiere
auch im Winter unter der Schneedecke
auszuspüren verstehen. Die Renn
thiere werden zur regelmäßigen Be
förderung der Post, für Personen
und Güterbeförderung benutzt. Der
Preis stellt sich für Schlachtthiere aus
60-—10() Dollars, für Zugthiere auf
150 Dollars das Stück. Um die
Eingeborenen Alasstas in der Behand
lung der Renntbiere und im Fabren
mit diesen Thieren zu unterweisen, be
wog die amerikanische Regierung wie
derholt eine Menae norwiegifcherLapp
liinder, sich in Alaska anzusiedeln, die
längs des Yutonstromes den Postver
lebr mittels Renntbieren aufrechter:
halten.
—--——Os.——-—
Immer derselbe.
Professur laus der Straße einen
feinen Schüer begegnend): ,,Miiller,
sind Sie meinem Kollegen, Denn
Citrijbler nicht .sbege·ar.:t??«
Schüler: »Jawol)l, Herr Professor-,
» ro vorne gebt er
H nkosssspkx ,,Jstguk setz-ex S: sich.«
s Neue Wsriaiisleguiig.
i Schauspieler (zum andserin): »Mein
ncner Nivale, der Klsaulinsg, erfchleichst
sich jede gute Rolle —- ·der reknste
Z)iollmopier.«
Auch eine Erbsündr.
Lehrekiii: »Nun, JihrMiidclJem tre
cixecs ist denn das große Uebel, duis die
Menschen plagt und so vieles Verder
beiI dringt?«
Schülekin: »Die Dsiphthetitis!"
Lehrerin: »Das ists gewiß ein
ichlimmeg Uebel, aiber ich meine ein
noch größeres-. Besinnt Euch nut,
geht mehr in das Jnneke des Men
schen, Denn das Uebel, welch-es ich
ist-einse, sitzt, viel tiefer. Nun?«
Schüler-im »Der Band-wurni!«
Schwere Wahl.
Junge Frau ivor einem Schaufen
ster, in dem drei neue Hutmodelle aus
gestellt sind): »Ach, warum l)ab’ icb
nicht drei Köpfe!"
i
Orte-statische Rechtsanschqusns.
Ali Ben: »Mächtiget Kadi, Dein
Stellvertreter, der statt Deiner häufig
Recht spricht, ist käuflich«
Kadi: »Ein Beweis, daß er etwas
ifverth ist« sonst würde ihn Keiner kau
en.«