f ....-««-«-- .- » «- »O Lin Wirdu auf Fri; drich den Großen. fQiftoriselje Erzählung don Otto G i r n d t. 1. Jn einem Gartenbause der Neustadt von Dresden fand musilalische Abend unterhaltung statt, und der Veranstal ter hieß Friedrich der Zweite, König von Preußen. Er bewohnte das Ge bäude während des Winters 1756—— 57, seine Truppen tampirten in der Nähe außerhalb der Stadt. Das turfiitstliche Schloß stand verlassen, August der Dritte von Sachsen war mit dem hist nach Warschcu gefloben, wo er als König von Polen seine zweite Residenz besaß· Der bewaffnete Einfall der Preußen im August-Mo nat 1756 hatte die Sachsen so unvor bereitet getrofsen, daß ihre Armee die haiwtftsadt preisgab und sich, 14,000 Mann start, im Lager bei Pirna ver schenstr. Durch die Nachlässigkeit des allmächtigen «S-taatö-Ministers Gra fen Brühl äußerst unzulänglich ver prodiantirt, sahen die braven Solda ten sich am 14. Oktober gezwungen, zu tapituliren. —- Schon vierzehn Tage vorher hatte der Preußentönig die zu ibrem Entsah beranriickenden Oesterreicher unter dem Feldmarschall Browne bei Lowosty geschlagen. Nun war er beider Gegner ledig, hatte das Kurfiirstenthum in der Hand und richtete sein Winterquartier in Dres den ein. »Den Bewohnern zeigte er keineswegs das strenge Antlitz des Er oberers, vielmehr stellte er sich aus den freundschaftlich-Ren Fuß mit ihnen, ließ Schauspiele und Mastenbälle ge ben und lud den Adel sammt angese denen Bürgern in seine Behausung zu Cvncerten, bei denen er selbst seine ge liebte Flöte blies. Die Kunst, herzen zu gewinnen, verzieh dem Monarchen Niemand we niger als Brühl, der zugleich mit dem has nach Warschau entwichen war. — Der Graf kannte seinen eigenen Rus; das Volt liebte ihn nicht, es zitterte nur vor ihm. Ohne irgend ein staats männisches Talent, durch Gleißnerei und heuchelei hatte er sich das unbe dingte Vertrauen Augusts erschlichen, dessen träge Natur sich vollständig von dem Günstling göngeln ließ. Maßlo serDünlel und sardanapalischeSchroel gerei waren die hauvteigenschasten des sächsischen Minister-L Seine Spinne hinterbrachten ihm, wie Friedrich mit den Dresdenern verkehrte, sein Haß gegen denEindringling stieg daher auf den höchsten Grad. Nicht minder er bittert war Augusts Gemahlin Marie Joseph als Brühl ihr mittheilte, daß ibre Unterthanen geäußert, der fremde Potentat behandle die Sachsen kaise liger, als sie je von ihren rechtmäßigen Beherrschern behandelt worden. Sie erklärte sich zur unversöhnlichen Fein din Friedrichs, und es that ihr wohl, in dem Minister eine gleichgestimtnte Seele zu finden. An dein Abend mit dem unsere Er zählung beginnt, als der König wieder Gäste bei sich sah, wehten die ersten Frühlings-lüfte Jrn Musiksaal wurde es so warm, daß man die Thüren öff nen mußte, an deren Schwellen das auswartende Dienst - Personal Post-) gefaßt. Vor dem haupteingang stand ein Kammerlatai. dem Friedrich sein besonderes Wohlwollen geschenkt. Er hieß Glasau, hatte als Knabe in Ar mutsh gelebt, tam als Jüngling öfter in die Berliner hoftiiche, wo ein be jahrter Verwandter von ihm angestellt war, und fiel einei Tages dem König Z- Chi- Nimm der zuweilen die Küche persönlich inspizirie. Friedrich fand Gefallen an der hiibichen Erscheinung des jungen Menschen und reihte ihn den Kanrmer-Lalaien ein, unter de nen er sich bald durch unermüdlichen Dienjeifer bekommt Ohne daß es ihm aufgetragen war, puhte er die sil bernen Klappen an der Flöte des Mo natchen nach jedetmaligem Gebrauch des Jnsirumentj blisblanh ebenso po liete er Eglich die goldenen Tabaks dosen, daß sie stets wie neu aussahem —Dai that er aber minder, urn sich die Innft des Herrn zu erwerben, als weil er selbst an glänzenden Gegen säteden die größte Freude hatte. Die Seht-allen feiner Schuhe, die Treffen tet Livree mußten immer funkeln, sonst war er nicht zufrieden. Erbielt ee feinen Mantis-UT so ließ ihm der König Ibaler vorn jüngsten Gepräge W, weil et wußte, daß sie dein Burschen dann doppelt werthvoll er fchieseeh und bei der Weibnachtsw iszeeeang in Dresden gab er ihm ein page Iriedrichidoy die soeben aus der Mäuse gekommen. Sie waren das sehe Gold, das der Lalai sein eigen nannte, er zog sie jeden Moraen beim frischen aus dem Lederbeutelchen, M Ms unter seinem Kapitisien bi, und betrachtete sie mit neuem dersniigenkJIlanchrsal dachte er da ss, welche Seligkeit ein Weh wohl Mit-den müßte, der hundert oder feist-send solcher Stricke besäße ·- Die feste er’s je dahin bringen? M Nie der Lenz-dem waren die The, die der gelesnte concertgeber W W geil-Eie- Tiber-los - W U- Zutsten feste-Mut , M aus Man auf seines Plane W vor der Thür. Plöhiich rannte äbm ein anderer Diener über die Schulter zu: »Du sollft in den Garten kommen· ei will Dich Jemand sprechen!« Obschon unwirfch iiber die Stö rung, folgte er dennoch dem Rufe. Jn der Dunkelheit draußen fah er nur die f unbestimmten Umrisse einer Gestalt. di( ihn fliifternb anredete: »K«asrerad,f ein Wortl« »Kamerad?« fragte er verwundert, da er den Sprecher nicht an der Stirn mr erkannte. Dieser legitimirte sich nicht sogleich. sondern forderte ihn auf: ’«»Komm’ weiter in den Garten!« »Was willst Du?« »He-b Dir Wichtiges zu sagen, wenns nur!« — Glafau war ein kräftiger und furchtlofer Mensch, er folgte dem An deren unbedenklich. Als Beide sich ein Stück vorn Haufe entfernt, blieb der Führer stehen und begann flüsternd wie zuvor: »Mit Luft, ein reicher Mann zu wer beni« Der Latai horchte auf: »Ein rei cher Mann? Was mir jnft recht! — Aber wer bist Duf« —- .Jch kenne Deinen Ramen,« war die Antwort, »von rnir begnüg’ Dich vor der hand damit, daß Ich Xader getauft bin wie unfer Kurprinz!« »Und Lakai bist wie ich?« fragte Glasw. »Ja, wenn schon tein königlichen — Kannft Dir alfo denken, daß ich in fremdem Auftrag zu Dir tomm’. — Willft rnit Eins reich werden. mußt natürlich was thun fiir das Gelb.« Glafau’s Neugier wuchs: »Na, was foll’s?« »Eh’ Du erfährst, was von Dir verlangt wird, mußt mir heilig zu fchwören, daß es unter uns bleibt, und wenn es Dir gefällt, erft recht.«'——· .Schwören?« —- ,Mit einem heiligen Eid und danach gleich noch mal schwö -»- MI- Ldu hu- lsid Wiss Kobolden nicht brechen willst." Glasau lachte: »Das ist ja ’ne tu riose Geschichte!« — »Aber nicht um Lachen!« sagte Xaver. »3ehntaufend Thaler in Gold lriegft von mir rund ausbezahlt, wenn Du die hand zu dem hiet’ft.« »Zehntausend Thaler ?« fiel der Hö rer, vor Ueberraschung erschreckend, ein. Das war eine Geldmenge; die sei ne tiihnften Wünsche und Träume überstieg. »Pft!« warnte der Andere. »Hören darfst Niemand. Jch meine aber, die Summe ift ein Vermögen. Wenn ich sie verdienen könnte, ich tdiit’s gleich.« «Warum,« fragte Glafou, »lannst Du sie nicht verdienen?« »Das wird Dir tlar werden, wenn Du weißt, um was es sich dreht. Soll ich also frei reden, so befinn Dich nicht lan e, sondern schwör’!« ißdegiet und Aussicht auf unge wöhnliches Glück wirkten zu mächtig, Glasau entschloß sich: «Meinetwegen denn, ich will schwören, aber wies« » nehm’ an,Du bifi evangel’fch." ,, ewig, evangelisch!« »So hed’ drei Finger Deiner rech ten hand.« forderte Xaver, »und sprich mir nach, was ich Dir vorfprech’!" Es geschah, der tönigliche Latai lei stete die beiden Eide, Wort für Wort wiederholend, was ihm in den Mund gelegt wurde. »Nun pasz aufl« er mahnte der Sachse. »Dein König hat unser Land überfallen und sich zu un serem herrn gemacht.« Glafau wollte ihn unterbrechen, doch Xaver latn ihm zuvor: »Mir für mein Theil wär-s egal, ich leid’ nicht drunter, aber An dere gieht’"5, oie mit Freuden zehntau fend Thaler fpendiren, wenn Dein König aus der Welt geschafft wird.« »Kerl!« fuhr der Preuße auf und packte ihn bei der Brust. uFrieden mischen uns-l'« faate Xa ver ruhig. »Denl an Deine zwei Eid’!« Glasau gab ihn stei, teuchie aber vor Ertegung: »Schutke, und ich soll’s til-un ?« Der Versucher blieb völlig sali: »Warum Schurke? Von mit gehks ja nicht aus« Jch hab’ Dir nur gesagt, was mir bestehlen Diejenigen, denen Dein König ’n Dorn im Aug’, sind ver Meinung, ej miißt’ ohne Aussehen geschehen. Man weiß, der Monaech läßt Dich manchmal mit in seinem Schlafzimmee mächtigen, darum wiitst Du die geeignetste Person« Glasfau bei-te an allen Gliedern und stieß hervor: »Ich soll Seine Majestiit bei Nacht im Schlaf uni bringen«-» »Wie PMB thiii’st,« versetzte det Sachse, »daß ei Niemand merkt, war Deine Sach- Btauchst Dich ja nicht gleich zu entschließen kannst Dis Kberlegein ob Du willst oder nicht. — Motgen Abend mark ich Dir hier, da giesst mir Bescheid!« — Aus der Stelle sollst ihn haben!« zischte Gla sau durch die Zähne. »Aber an'sl Licht, daß ich Dein Gesicht feh’!« Er ergriss ihn am Arm und riß ihn mit sich sokt an eine Stelle, ans die aut! dem Musikfaal Keeywschimnue fiel Tat-et iw sich Der starken Faust, die ihn hielt, In entwinden und bat: s Eint iali Blut! Laß lei, Du brichst mit den Sein, guck« inich an, so viel Du wisstk Schan end-M die sägt bei Geg nee- nnd sagte kwssckjitelnw «hast ne ganz itenheezige Miene und visst seich zum Westättsekhkechee machen, inne Mörsers nineinesi Wien here-ni« s—2a:et instedieschselnm ...- —- — ,.hast ja die Wahl, tannst V thun oder lassen.- Ueberlea’a Dir Iris mor gen um diese Stund’, sag ich noch inal!« »Hätt' ich nur nicht geschworen!« —- knirschte Glasau. »Schri)eigen mußt,« erklärte der Sachse, » da wäscht Dich kein Regen ab, und retten kannst den König doch nicht, wenn sein Untergang mal von Feinden beschlossen. Bist Du morgen -an«der’n Sinn’s und man wird han delseins mit Dir, führ’ ich dich in ein Haus, wo das Geld parat steht, zehn Säcke voll Goldstücke, jeder Sack tau send Thaler im Werth. Kannst nach ziihlen, daß Du sicher bist, Du wirst nicht betrogen. Nachher kommt der Schatz wieder in den eingemauerten Wan-dschrant, wozu Du den Schlüs sel kriegst und Siegel darlegen kannst selber. Jeßt muß ich davon. Gnt’ Nachti« Und im Augenblick ver schwand Xader. Die Stirn des «Kammerlakaien glühte, er glaubte, das Gehämmer in seinen Schiiisen zu hören, durch sein Hirn schossen wirre Gedanten, die eInandee kreuzten. Warum hat er den Usberbringer des bübischen An trages nicht niedergeschlaaen. warum ihn nicht ins Ver-hör vor den König gezogen? Aber durfte er? denn? Band ihm nicht der zweisache Eid Hände und Zunge? Und doch. wenn e: sich durch seinen Gebieter losspres Oben ließe, am nächsten Abend sich Xa vers bemächtigte, war Friedrich dann nicht vor Meuchelmord geschützt? Al lcin tonnte der König die Schuld des Meineids von der Seele des Dieners nehmen? Blieb das getriinte Haupt nicht Mensch, und war der Eid nicht eine Verpflichtung gegen Gott? Unsd andererseits, wenn Glasau aus Liebe zu Friedrich die schwereSiinde beging, hob of dafern-II Ins-flieh bis Mobi ---------- hatte Dauer nicht hingeworfen, falls der Latai die That ablehnte, würde ein Anderer williger sein« den großenLohn dafiir zu gewinnen? Ließ der Ksnig sich in Wahrheit vor Nachstellungen nicht retten, warum sollte Glasau den Schak von zehntausend Thalern nicht selbft einheimsen, sondern ein Frem der? Wie wonnig müßte der Anblick sein« wenn die Goldsäcke sich öffneten, wie berauschend der Klang des edelen Metallest Untvilltiirlich ftellte er diese Be trachtung an, und fte erhöhte den fie bertsaften Zustand, in den er gerathen. Er hatte sich an die Wand des hause gelehnt, Zeit und Stunde vergessend, bis die Thürglocke ihn aus seiner Ver suntenbeit wecktr. Die Gäste des Kö nigs brachen auf. Glasau raffte sieh zusammen und wollte ins haus eilen, das Gedränge am Eingang versperrte ihm aber den Paß. Aus der Noth eine Tugend machend, gab er .sich den Schein, als stände er auf Befehl des Monarchen draußen, um einige Per sonen von Rang an ishre Karossen zu geleiten und den Wagenschlag zu öff nen. Sobald er die Thiir frei sah, lief er hinein. Bediente, die mit Aufl-äu men beschäftigt waren, sagten ihm, Seine Majeftät habe ihn vermißt und sich bereits in’s Schlafgemach begeben. saftig folgte er dem Monarchen, der auf der Betttante saß, ihn forschend ansah und mit erhobenem Zeigefinger, aber in gnädigem Tone fragte: »We bat er gesteckt?« «-Sire, ich half den Herrschaften beim Einsteigen!« ,Uebertriebene höflichteit!« tadelte Friedrich. «Einsteigen mögen den Leu ten ihre eigenen Domestiten helfen, zu sehr verwöhnen muß man die Sachsen IZIOL BVIWCXID, llukllclllcllå Während der Latai band anleate, schlug ihm das Herz. Sollte er nicht troh allem und allem verrathen. was im Garten vorgegangen? Als vollends der König sanft fortfuhr: »Er kann heute wieder hei mir hteiben3« da rief die innere Stimme ihm laut und ver nehmlich zu: «Entdeete den Mord plan!'« Doch in demselben Moment nahm Friedrich sein Wort zuriick: »Nein, schiaf er darußem das lehte Mal hat er malitiiis geichnarcht!« seht sprach die Stimme in Glafaui Brust: »Es soll nicht sein!« Und er unterdrückte das Gefiändniß. Jn dieser Nacht aber schnarchte er nicht; denn der Schlummer blieb ihm fern, bald tratsngstfchweiß auf seineStirm bald durchschauerte ihm Frost die Glieder. Ali er am Morgen zum Kö nig kam, fragte der here nach dem er sten Blick: »Was fehlt ihm?" »Nichts, Majeftiit!« sagte der Our lche lieinlaut. .Doch —- er sieht nicht gut aus« meinte der König. »Für heute hat er ilrlaub.« Und um auf den Grund zu kommen, entfernte er den Diener bis zur Nacht von seiner Person. Dem Erlahmann gebot er heimlich-. Oe obachte er einmal den Glalau, hleib’ er hinter ihm her, wean er ausgeht, es ist mit ihm nicht Mai möglicher weise hat er sich gar mit einein Frau enzimmer eingelassen und bereut-· denn die Weiber stiften mehr Uebelz als Gutest« Galan verließ das heut erst, als es draußen dunkel Wedel-. Ohne zu ahnen, das er unter Idssicht gesellt war-, gissxtr fein den Garten und Dar . adreduag M auf sa — — ver. Es währte nicht lange, so stellte der Sack-se sich ein und sragte leise? »Na, wie sieht's-i Bist entschieden, Kamerad?« »Auf Treu und Glauben« verseßte Dieser. »geh’ ich den Handel nicht ein. Du hast mir gesagt, die Säcke stünden parat, zeig’ sie mir, dann red’n wir weiter!« Xaver lachte kurz: »Bist miß trau’sch. so lomm’, sollst Dich über zeugen!« Unbemerlt folgte dem Paar ein Dritter, der vorsorglich die lönigliche Livree mit einem bürgerlichen Rock vertauscht hatte. Die Bordermänner legten einen»ziemlich langen Weg aus der Neustadt in die Altstadt hinein zurück. Aus einmal wurde Xaber von einem Bekannten angeredet, Glase-u zog ihn jedoch schnell am Arme weiter. Der Beobachter schritt aus den einsa men Fußgiinger zu, der mit Xaver den Gruß gewechselt, und ersuchte artig um Auskunft. wer Glasaus Begleiter wäre, der ihm bekannt vorgekommen Die Erwiderung lautete: »Das lann ich Jhnen nicht genau sagen, mein Werthester, er ist einer von den vier zig Kammerdienern Seiner Excellenz des Herrn Staatsministers Grasen Brühl und gehört zu den vieren, die als Aufseher über die Garderobe Sei ner Excellenz zu wachen hoben.« Jn dem Moment bogen Xaver und Glasau um eine Straßenerlr. Der Verfolger ließ in der Besvrgniß, fie aus den Augen zu verlieren, sich nicht mehr die Zeit, den Namen des grös lichen Kammerdieners zu ersragen, sondern danlte niur geschwind sür die erhaltene Mittheilung und ging zum König. Friedrich, der in seinem Arbeitsla isinktBkiefe schrieb. vernahm venRavs port, ohne sich noch dem Diener umzu wenden. Erst nachdem dieser geendet, hieß ihn der Herr an den Tisch treten, lobte sein Verhalten und fügte hinzu, um das-Weitere solle er sich nicht tiimi mern. Sobald der Latai erleichterten Herzens gegangen, erhob der Monarch sich aus dem Lehnstuhl, durchmaß das Zimmer, nickte vor sich hin und mur melte: »So, so —- der Graf Brühl was steckt dahinter? —- ,,Attention au jeu!« 2 Das hätt-schen in der engen Gasse, wohin Glasau geführt wurde, schien unbewohnt. Den houischliifsel trug Inder bei sich, er öffnete im Dunkelen mit gewanoter band und-tastete im Fiur nach einer eisenbeschlagenen Truhe. auf der ein Leuchter, ein Feuersteim Stahl, Schwamm und ein Bund Schwefelsäden lagen. Er schlug Funtem Glasau mußte daj TalgtickY anzünden, dann schloß devSochse von innen behutsam das haus. Aus die Frage: »Wohnst Du hier«-P entgegnete er: »Monchmdl!« und nahm von ei nem unter alten Lappen verborgenen Wandnogel etnenStubenschliissel. Der erste Raum, in dem er seinem Kame raden doranschritt, war mit schlichten Möbeln, doch nicht ärmlich ausgestat tet. Durch das onstoßende Zimmer ging es in ein drittes. das verriegelt war, sich aber leicht auftbun lies. hier sah Glasau den eingemauerten Schrant, von dem ihm Xaver am Abend zuvor gesprochen. Ein großes Borlegeschlosz gab dem Schlüssel nach, ten der Sachse unter den Kissen eines Himmelsbette hervorzog. Das Jn nere des mächtigen Schreines zeigte btdeutende Tiefe. Kleider und Män tet breiteten sich vor Glasau's Augen aus, darunter aber tamen start der schniirte Säcke zum Vorschein. »Da bost Du den Mammon!« sagte.Xader· Loch ver Andere forderer »Hm-un auf, daß ich sehen kann, wag drinn ift!« Jener that ihm den Willen und löfte den Strick von dem vordersten Sack; Glafau blickte hinein, blantes, gemiintgtei Gold glänzte ihm blendend entgegen. «Ueberzeugft Dich festli« fragte Baden Statt zu antworten, fuhr Glafau mit der band in das Gold nnd wiiblte unt-ber. Er ließ nicht nach. bis er auf den Boden des Säckele ge langte. .Run zählt auch noch.« lach te der Zuschauer, der ihm das Licht hielt, »ob’j richtige tausend Thaler ausmacht. ungläubiger Thomas!' Doch zum Zählen reichte die Zeit nicht bin, überdies waren die Zweifel des Preußen gefchwunden, er bogiügte sich damit, die anderen neun iicke nur anzufiiblem trat zurück und schöpfte tief Atsenn Zaoer verschloß sorgfäl tig den Schrank wieder und hielt den Schlüssel dicht oor Ohrfqu Augen: »Willst ihn fest oder nicht?« Die Brust dei Burschen hob sich teuchend: «Ja!« Er griff nach dein verführerifchen Jnftnrment Sobald er es in den Fingern hatte, bat er: »Aber gieb rnir Frift bis morgen, mich zu entfcheideni« Mit der Gefchietlichteit eines Ta fchenspieleri entwand ibrn Xaoer ini Nu den Schlüssel nnd ertliirte: »Das wör’! qufchub giebt’i nichts« «Sieb mir den Schlüsseli Bis wann nruß es gethan sein« »Du-Inn Frage! So schnell wie mäglich!« Dabei gab Xaoer ibrn den Schlüssel suriia und ficht fort: »Ist der König todt, brauchft neirO nicht anznzeigern das verbreitet sich irn Skuw durch die ganze Stadt. Dei nen schas tannft denn boten, wenn -————q-—------—— --— — Dir’s lommod. das haus wirst essen finden, und wo der Stubenschllissel zu suchen ist, hast geseh’n. J t aber die hauptsach’, hltr'! Wie ich r gestern gingt lvlks Ihm Aussehen get-zehen olch oder gar Pistole wär’ auch zu gefährlich sitt-Dich selber, drum nimm hier das Pulvers« Er zog eine kleine Schachtet aus der Tasche. Glasau langte mechanisch danach und steckte sie ein, während Xaver weitersprach: »Man weiß. es gehört zu Deinem Dienst, dein König Morgens die Cho tolade zu bringen. Schütt’ das Pul berchen ordentlich in die Kanne, daß nichts danebensällti Es liist sich gleich aus und ist ganz geschmacklos. Nach ein paar Stunden wirtt’s. Jeht mach’, daß Du sortlornrnst, ich gch’ nicht mit Dir zurück. nur ’s haus schließ ich Dir aus!« Er schritt voran und ließ den gedungenen Mörder in’s Freie. Als er sich allein sah. ticherte er: »Dummer Fisch, hast Dich liidern lassen!« Glasau aber rann-te durch die be reits derödeten Straßen der Altstadt über die Elbebriicke in die Neustadt zurück. Wenige Minuten vor dem Glockenschlag bei dem der König pünktlich zur Ruhe ging, erreichte der Latai das Gartenhaus. Sein erhiii tes Gesicht und der kurze Athenr be wiesen, wie er geeilt. Friedrich that jedoch, als gewahrte er es nicht, und fragte im sanftesten Tone: »Nun, ist er wieder alert?'« ,.3u Befehl, ja, Majestät?« »Und wo gewesen?« h »Jn der Altstadt spazierne, Mase stötL Jch wäre früher zurück, hatte mich aber in der Finsternisz verirrt.« Hier faßte der König ihn plötzlich scharf in’s Auge, ohne seine Redeweise L zu ändern: »Bei-irren lann sich jeder "Menfch, ichumm ins nur, wenn er sich nicht auf den rechten Weg zurück findet.« Glasau fentte den Blick, er fühlte den Doppelsinn dieses Wortes. hatte der Monarch Verdacht gefaßt und wollte es ihm andeuten? Wenn er jetzt noch gestand, was im Werte war. due te er auf Gnade und Vergebung hos en? Schon im Begriffs, sich vor Friedrich niederzuwerfen, dachte er an den Schimmer des siichsrfchen Geldes zuriich schwieg und beugte die Kniee nur, um die Füße des Gebietes von den Stiefeln zu befreien. Eine Auf forderung, das Schlafgemach mit dem Sondean zu theilen, erhielt er nicht. Z. Dem Kammer-Lamm verflosz die Nacht gleich der voraufgegangenen, er fand seinen Schlummer Unsichtbare Wesen summten und sangen ihm in’s Ohr: »Greif’ zu, greif’ zu! Du bist nicht mehr Diener, du wirst Herr; greif’ zus« Endlich dämmerte nach der bangen Nacht der neue Tag. Nur wenige Stunden noch, dann erwartete der König seine gewohnteChotolade. Bor ber mußte Glafau ihn fehen, ihm beim Antleiden behülslich fein. horch, die Stimme des Königs und das seine Gebell der Windspielet Die Thiere begrüßten den erwachten-Herrn, der liebtoiend zu ihnen sprach. Sogar lachen hörte ihn der Lalai. wie tonnte Friedrich alfo die Nähe einer Gefahr argwöhneni Er fühlte sich offenbar unbesorgt, darum tonnte Glasau auch festen. sicheren Schrittes zum Dienst antreten. Doch dem König genügte ein Blick, wahrzunehmen, wieGlafau noch iibler aussah, als Tags zuvor, er ver lor indess lein Wort darüber. Auf die Frage: »hat Ew. Majeftöt wohl geruht?« erwiderte er aufgeriiumt: »Vortrefflich und höchst angenehm ge triiuth Bei ihm,« fuhr er herablaf fend fort, »braucht man nicht zu fra gen, Jugend schläft immer brillant, l er liebt heute auch weit wobler aus als gestern!« Der Latai fühlte sich innerlich be ruhigt; seine Täuschung war ihm ge lungen, wie die Bewertung des Mo narchen bewies. Einer längeren Un terhaltung würdigte Friedrich ihn nicht, erst nach Beendigung der Isi lette iomknanditte er kurz: »Meine Chotolade!« Glasan eilte hinaus. Nun war der verhängnisvolle Moment gekommen. Friedrich nahm das Frühstück in sei nem Arbeitslabinei. Auf dem Wege dorthin aus derKiiche mußte das tödt liche Pulver dem Geteiint beigemischt werden. Die band des jungen Ver brechers zitterte, als et feinen eigenen Schlafraum passirte, das Geschirr nie dersegte und die Schachtel öffnete. Noch tvnnte er sich rein von Schuld erhalten, die Wange der Tugend und Sünde hing an einem hear, aber der Dämon erftiette den legten schwachen Warnungiruf dei guten Geistes in der Brust des Unglücklichem mit einem Ruck warf er das Gift in die Kanne. Friedrich saß nicht wie sonst am Schreibtisch. aufrecht mitten im Zim mer stand er, als Glafau mit dem Präseniirbrett eintrat. «Stell' ee hint« gebot er tu « ; der Diener that es, ohne zu mer en, toie scharf der here ihn fixirte. Mit derselben milden Stimme wie zuvor stellte der König die Frage: «Sag’ er einmal, mein Sohn, wie ifi er zu der seianntfchaft mit einem anderobenaufseher des Grafen Driihl geivmmenk Der getval e elettrische Schlag hiitte dem Du chen nicht scheserer in die Glieder fahren tönnenz denn see s andere sollte gemeint sein als xavert Gasau wähnte den herrschet von dem Mordanschiag unterrichtet. Zerschmet tert stürzte er ihm zu Füßen und ries: «Onade, Sire, Gnade!« «Gnade Mittei« »Die Chotolade ist bergistet1« Nichts verrieth den Eindruck, den das Geständniß auf Iriedrt machte. Wahrhast majetriitisch gela en ver sehte er: »Ah! Von wem7« »Ich the-MS Gnade, Sire,Gnade!« wimmerte der Frevler. Der König schwieg und schellte. Ein anderer Latai erschien. »Glasau in Verhaft! Sosort zwei Gerichts-perso nen herbei!" lautete der Beseht Der Berurtheilte wand sich am Boden, auss Neue um Gnade stehend. Der Gebieter lehrte ihm den Rücken, der zweite Diener riß den hin estrecl ten halb in die Höhe und schleifte ihn hinaus. , Der Bote, der die verlangten Ge richtspersonen holte, slog wie Mertur. Drei höhere Justizbeamte tamen und brachten, obgleich sie nicht wuß ten, weshalb sie gerufen, einen Pro totollfiihrer mit. Friedrich verpflich tete sie, in feiner Gegenwart das strengste Verhör mit dem Lataien an zustellen, das Ergebnis aber vor Je dermann geheim zu halten. Glausau beichtete aufs Genaueste, was ihm widerfahren. Wie sich's mit dem ihm verheißenen Golde verhielt, dessen An blies ihn bestochen, ließ sich nur ermit teln, wenn man sich an Ort und Stelle begab, wo es geborgen lag Der arme Sünder wurde der Livree enttleidet, in bürgerlichem Kostiim neben den Beamten in einen schnell be schnssten geschlossenen Miethswagen ges-di und nach der Gasse gefahren, in der er mit Xaber gewesen. Das emi Löse kleine Haus« fand er wieder; die shur war wirklich offen, wie fein Verführer ihm zugesagt; ebenso hing der Stubenichliiffel verdeckt im Flur, und der eingemauerte Schrank trug sein Vorlegesfchloß. Doch als es auf spran , fielen dieBlicke ins Leere, tein leidungsftiict mehr am Pslock, tein Geldsack am Boden, die Höhlung gänzlich ausgeriiumt Die Gerichtsrniinner erhielten vom König den Befehl, die vier Garben-be aufseher des Grafen Brühl herbeizu schaffen. Sie lehrten unverrichteter Sache wieder; denn im gräflichen Pa lais erhielten sie vom Kastellan den Bescheid, die Leute befanden sich schon seit längerer Zeit einige Meilen don Dresden entfernt aus dem Schlosse Seiner Erzellenz im Dorfe forten, den Vornamen Xaoer aber f· te tei ner von ihnen. Schleunig entsandte Friedrich daher eine Schwadron Ka vallerie nach Pforten. Der Nittmei ster, der sie führte, ließ das Btiihlfche Schloß umzingeln, die Soldaten fan den jedoch, obwohl sie alle Boden: und Kellerriiume durchstöberten, teine le bende Sele vor außer dem Verwalter, der hoch und heilig betheuerte, der Minifter habe nebst einer Anzahl an derer Diener auch die Kleiderbewahrer zu sich nach Warschau beordert. Der preuhifche Offizier schickte den besten Reiter der Schwadron als Ku rier an den König und ließ um wei tereVerhaltungikbeiehle ersuehen. Frie drich gerieth in hellen Zorn. Gewissen Leuten Warschau’s die Freude zu gön nen. daß die Urheber des Frevel-z un entdeckt geblieben, der Gedante war ihm unerträglich. Mit fliegender Fe der schrieb er eine Instruktion für den Rittrneister, hieß den Kurier ein fri fches Pferd befteigen und nach Pforten zurückiagen Nach Empfang des tö niglichen Handbillets sammelte der Rittrneifter seine Trudde und ertlärte: «SeineMajestät gebieten aus triftigen, wohlerwogenen Grihdem das Schloß an allen vier Ecken anzuziinden und mit der ganzen inneren Ausstattung in Asche zu legen.« Ungesäumt ging die Mannfchaft ans Wert. Iags darauf ers-braten die Bewoh ner Dresdens gewaltig bei der Nach richt von dem, was in Pforten gesche hen. Sie tonnten sich das ftrenge Ver fahren des bis dahin so mild und gü tig auftretenden Preußentönigö nicht erttiiren. Bis zum Einsehen aber stieg ihre Bestiirzung als plöslieh auch der Briihksche Palast in der dauptstadt, der die tostbarstemwerthvollftenttunfb set-öde enthielt, inFlammen aufladerte. Während des Brandes eilte der Magi strat zu Friedrich, um sich- in tiefster Demuth nach der Ursache der harten Maßregel zu ertundigen. Der Sou beriin gab nur denBescheid: «Jeh über nehme die Verantwortung Ihr, meine tren, wartet ab, was der Graf rühl zu meiner handlungs tveise fagt!'« Nicht die leiseste Kla e oder Be schwerde lief von Polen ier ein. Der Majeftiiisverbrerher ward in Ketten unter militiirischer Bedeckung nach Spandau transportirt und ur Ein zelhaft verdammt. Die Ker erwartet durften teine Frage an ihn richten, auf die seinen teine Antwort geben. Nur kurze Zeit verfirich, da erkrankte er und starb in dem unterirdischen Verließ· « Friedrich hatte wohl Recht mit dem Ausspruch, den er am 12. März 1759 in einem Briefe an Voliaire that: «Je älter man wird. desto mehr itbers Lust M M, daß Seine Maiestiit r Zufall drei Viertel des Ta werts in dieser elenden Welt be ckftet.« W den Zufall. durch den er erfuhr, daß Glasau Bekanntschaft mit einem Kammerdrener drittl- gemacht hätte set spezile arglos das sift ge IUI · - « e ·