Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 19, 1903, Zweiter Theil, Image 13

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    W
Ver Bund der zehntausend
Bosinnngerh
Ins den Erinnerungen eines anglo
chinelifchen Geheimpoliziftem
Schon mehrmals war ich von der
seaierung in Peting mit geheimen
pol tifchen Missionen betraut worden.
Ich bin von Geburt Engländer, war
aber schon als Kind nach China ge
tomtnen und sprach das Chinesische wie
ein Eis-gebotenen
Eines Tages empfing ich eine wich
tige Botschaft vom Ministerium. Man
theilte mir mit, daß Seine Kaiserliche
Majestst, der Sohn des himmels, mei
ner Dienste bedürfe. Demiithig, wie es
einem Sterblichen, den die Götter
ehren. geziemt, laufchte ich in der Au
dienz den Worten des ersten Minifters.
.Qir haben erfahren,« sagte er, »daß
in Ranling eine geheime Gesellschaft
besteht, die sich der »Wind der zehn
tausend hofsnungen« nennt. Das wis
sen wir, aber weiter lonnten wir nichts
herausbetommem Der Gouverneur
don Nanling meint zwar, daß seine
Feinde die Angelegenheit starl über
trieben hätten- Aber wie ich aus an
derer Quelle höre, ist die geheime Ge
sellschast ziemlich gefährlich Sind Sie
nun bereit, die Zwecke nnd Ziele Des
Hundes zu erforschen?«
»Geme.«
»Sie begeben sich unverziialich nach
Nantina und sprechen bei dem Gou
verneur Chung Ki vor. Sie werden
ihm diesen Brief überreichen nnd dann
herauszusinden suchen, in welcher
Weise Sie nm wirksamsten zusammen
arbeiten.«
Jch war entlassen
Nnn begann ich zu überlegen. Ich
wußte. daß die Provinz mit geheimen
Gesellschaften übersiiet war. Die Mehr
ahl strebte darnach, die Meint-schu
« nnastie zn stürzen.
Nach zwei Stunden hatte ich Peting
bereits verlassen. befand mich aus dem
Wege nach Tientsin, wo ich einen Dam
pser nach Shanahai bestieg. Als Chi:
nele betrat ich das Schiff als Gna
länder verließ ich es. Es war mir
leicht. als ein Chinese zu gelten. Der
Schnitt meines Gesichtes ist etwas
orientalisch. Jch besitze nicht allein
dunlle Angen, sondern sogar hervor
springende Backentnochen Ohne diese
Eigenthümlichleit wäre meine Natio
nalität schwerlich zu verbergen gewesen.
Selbst das Haar liesz ich nach chinesi
«" scher Maniernaebkin Als Europäer
trug ich eine Verriickr.
Jn Nanling besuchte ich sogleich den
Gouvernenr Chungisi lsr war ein
Mann von mittlererGrösze, sehr mager
und datte ein Gesicht, von dem man
die Verschmitztheit ablesen konnte. Dem
Manne entging sicherlich nicht
das Geringste meiner Kleidung, noch
, Ineines Gesichtö oder meines Austre
ens.
, »Ich habe es nicht erwartet, Sie wie
Deinen Europöer gelleidet zu sehen,«
begann er, meine Person musternd.
»Ich tleide mich gewöhnlich, wie
rnan es am wenigsten erwartet.« war
meine Antwort.
«Verzeihung, mein Herr,« fuhr er
fort. »Sie sprechen zwar äußerst
fließend chinesisch, haben aber dennoch
einen fremden Accent."
»Diese Bemerkung wird mir heute
zum ersten Male gemacht, Excelleitz!!«
.Seltsam,« murmelte er.
Jch hatte nämlich einen etwas stem:
den Accent .«-eirn Sprechen aus ganz
bestimmten Gründen angenommen.
»Wal)rscheinlich ist Euerer Ercellenz
Intelligenz größer als die anderer
Leute," sagte ich höflich.
Er lächelte kühl.
»Ist dem Brief hier.« sagte er,
«tderde ich ersucht, Alle-, wag ich über
den »Wind der zehntausend Hoffnun
gen« in Erfahrung gebracht habe,
Ihnen mitzuiheilen.«
»Noch den Meldungen, die Sie ge
macht haben,« bemerlte ich, »wissen
Sie wenig zu berichten. Excelleni
miiisen jedoch nicht glauben, daß ivir
annehmen. Sie wüßten nicht genau,
was uin Sie her dorginge. Hat die
Gesellschaft politische Zweckes«
«Unbedingt."
»Halten Sie den Bund nicht siir ne
fährlich?«
»Nein. Gar nicht. Es sind nur einige
Kulis, die sich von Geistern inspirirt
glauben.«
Ich konnte nichts Vernunftigeg über
den Bund aus deni Gouverneur her
ousdringen und ging. Nach meiner
Gewohnheit. auf der Straße Alles,
was uni mich vorging, zu beobachten,
bemerkte ich plötzlich, daß auch ich
beobachtet wurde. Jch sah einen Kiili
in einer grauen Blousr. Fr schien in
großer Eile zu sein und etwas Wich
ges vorzuhabem Als er ungefähr
I dreißig Meter don inir entfernt war«
I blieb er stehen, suchte eiivas unter
seiner Bloiise, und da er nicht-:- fand,
ging er iiber den Damm und vers
schwand in einer Gasse. Jchwnndte
mich uin und erheischte mit dem Blick
einen anderen Kuli in einer grauen
s Please, der in ein hin-D schlürfte.
Jeyt wurde die Sache interessant,
tpeis ollte die Verfolgung bedeuten?
Nachdem ich etstvii zwei Stunden,
immer gefolgt von einein Kuli, umher
geleusen war, suchte ich das Wirths
duc aus« wo ich ein Zimmer genom
men hatte. Ali ich eintreten wollte,
eh ich den ersten Grauslousigen am
der Straße »geben. Ich hatte
studerneiir meine Adresse nicht
Wen folglich war mir der sult
- r Ins seinen seselil nachgegangen
Aus einem schmalen Gang, zu dem
eine schmusige Treppe siihrte, lag mein
Zimmer. Jch zündete mir eine Pfeife
an und begann, mir die Situation
klar zu machen. Dabei blickte ich zum
Fenster hinaus auf schmuhige hinter
hiife und schriige Dächrr. An einel
Flucht war nicht zu denken
Jch holte aus dem Koffer mein
chinesisches Gewand, und Dani dem
orientalischen Schnitt meines Gesichte-s
hatte ich mich unertennbar in einen
Chinesen verwandelt. Um die Täu
schung vollständig zu machen, feste ich
eine große hornbeille auf und ging
nun hinunter in das Gaftzimmer.
Drei oder vier Leute tranken Thee
und vlauderten. Jch ließ mir gleich
falls eine Tasse Thee bringen und setzte
mich nieder.
»Sie haben einen Fremden hier?«
fragte ich den Wirth.
»Ja, Excellenz.«
»Was wissen Sie von ihm?«
»Nichts, Ereeklenz. Euere Errellenz
ist wohl auch hinter ihm her?«
»Auch? Was soll das heißen?«
»Möchten Euere Excellenz nicht lie
ber da drüben Jhre Freunde darum
befragen?«
Fünf Minuten lang saß ich ganz
still, schlürfte meinen Thee und wagte
nicht aufzuschauen. Meine Gedanken
arbeiteten blihartig Dann stand ich
auf und ging langsam, verfolgt von
sechs Augen, hinaus auf die Straße
und schlug die Richtung ein« wo ich
zuleht den großen Kuli gesehen hatte
Wirklich stand er noch an derselben
Ecke, vor demselben Hause. Jch ging
an ihm vorbei, nahm den Ausdruck
eines grübelnden Philosovhen an und
guckte verstohlen dann und mann über
die Schulter. Plötzlich sah ich ihn
nicht mehr, er war sori. Noch wan
derte ich eine Zeitlang, bis es duntel
ward, dann lehrte ich zu meinem
Gasthaus zurück, um meinen Koffer zu
holen, und sogleich mein Quartier zu
wechseln.
Jn dem Gaftzimmer saßen nur zwei
Leute, als ich eintrat. Der eine Mann
schlief friedlich in einer Ecke. Der
andere, ein alter mit einem Pack auf
ji«-n WILL-» III-Is- -L- c-«--k«---- »
sein. Aucher weilte scheinbar in dem
Lande der Träume Jch nahm Plan.
und bestellte zunächst etwas zu essen.
Kaum hatte ich den letzten Bissen
meines Mahles hinuntergewiirgt, so
begann sich der hausirer zu regen;
dann fragte er mich, welche Zeit es
wäre. Jch antwortete, und nun wurde
der Alte redselig. Er sei Hausirer
und handele mit allerlei Dingen. Da
ich ihm nichts abtaufen wollte, sprach
er von einem ganz geheimnißvollen
Armband aus Jet mit Goldberzierung,
das einzig in seiner Art wäre,.da5 ich
sehen müßte, aber welches er nicht
wagte. öffentlich zu zeigen.
Jch sorderte ihn aus, mich in ein
Nebenzimmer zu begleiten. Als wir
Beide allein in der Stube waren,
packte er zitternd seine Waaren aus.
Plötzlich griss er mit der Hand unter
die Blouie, zog ein Messer heraus
und, ohne ein Wort zu sprechen, ging
er aus mich log. Jch aber packte ihn
mit größter Geschwindigkeit beim
Handgelenk, und tlirrend fiel one
Messer zu Boden.
Mit einein Satz sprang er zuthiir.
Aber ich erfaßte ihn beim Zopf. Da
hielt ich eine Perriicke in den Händen,
und nun sah ich, daß es ein junger
Mann war, mit dem ich es zu thun
hatte. Jin nächsten Augenblick rangen
wir miteinander.
Mit einer schnellen Bewegung griff
ich ihn von hinten an, und sausend
flog er Init dem Kopf gegen die Thiir
mit iolcherGervalt. daß er ipfort nie
verfiel und regungslos liegen blieb.
Nun lam mir ein tiihner Einfall. Ich
entlleidete denSterbenden und schleppie
ihn unter das Bett. Dann smliipite
ich in mein Zimmer, legte sein Ge
wand, feine Perriicke an, stand bald
ganz wie er als Hausirer geileidet da
und ging hinaus aus die Straße. Da
drängte sich in der Dunlelheit eine
Gestalt dicht an mich heran.
»Nun?" flüsterie mein Begleiter.
»Es ist Alles gut," antwortete ich,
und ahmte die Stimme des Hauiirerg
nach.
»Schliift er?«
»Feit.«
»Gut. Komme mit unk. Du hast
Deine Probe bestanden. So sterben
alle Feinde der guten Sachef
Wir gelangten in eine Straße, die
den Namen der »Lohn derGuten« trug
Vor einer Thüre blieben wir stehen.
Mein Begleiter kratzte an die Thüre.
eine Spalte öfsnete sich, und eine
Stimme fragte nach unserem Begehr.
»Des Drachens Blut«« iaate mein
Führer. nEinlaß zu den zehntausend
Hoffnungen«
Nach Vielen Umständlichteiten tamen
wir in ein langes, niedriaes Gemach. l
Vierundzwanzia sliilterndr Männer I
saßen an den Wänden entlana. s
Jn der Mitte des Zimmers itand ein
Tisch. Daraus brannte eine Lampe
mit einem grünen Schirm. Meine
Auaen aingen rastlos hin nnd ber.
Plötzlich lam Beweguna in die Ge
lellsckast. Ein Mann mit einer wei
ßen Maske trat ein. Stumm ver
beuaien sich Alle. Der weiße Mann
erwiderte ernst den Gruß Dann
nahm er seinen Präsidenten- Plan ein.
«Sind wir Alle hieri«
:Ja, Bruder Präsident.«
ISonlt noch wer?«
»Noch Cinerf
»Was will ert«
JEr hat etwas zu erzahlen.«
IIsl er ein Fremd-eri«
C
»Ia, ein Fremder, Bruder Präsi- »
dent." . J
- Der Präsident sah mich schars an. l
»So wollen wir feine Geschichte hören,
bevor wir zu wichtigen Geschäften
ubergehen.«
Jch trat einige Schritte vor, fah der
weißen Mag-te ins Gesicht.
,,Lange lebe der Bund der zehn
tausend Hoffnungen,« sagte ich.
»Ein frommer Wunsch, meinSobn.
Die Götter fördern unser Unterneh
men. Die Tage der Usurpatoren sind
gezählt Starb diese Kreatur, die
weder Englander noch Chinese war'
Wie starb er?'« .
»Wie Alle, versweise-lud tämpfend,l
Erdlean
»Excellenz!« wiederholte er. »Du
brauchst ein seltsames Wort, Du ge
hörft nicht zu unst«
»Eure würdige Haltuna. Bruder
Präsident, gab mir dieses Wort ein.«
Schweigen trat ein. Das war wohl
die verhängntßvollste Situation, in
der ich mich je im Leben befunden
hatte-.
»Wer brachte diesen Mann hier
her?"
.,Jch,« sagte mein Führen I
»Was weißt Du von thun-«
»Er hat uns oft und treu gedient.
Jhm ward die Ehre zu Theil, den
»Wind der zehntausend Hoffnungen«
von dem gefährlichsten Feind zu be
freien.'«
,,.Kannst Du fiir itm biirg n?«
»Ja, Bruder Präsident . lS Hau
iirer ver-kleidet ging er in daiWirtl)5
haus, wo der Engländer in chinesi
scher Tracht wohnte.«
»Wie heißt Dut« wandte sich die
weiße Magre an mich.
»Ist es nicht gegen die Regel des
Bundes, die Privatnamen zu be-·
sprechen?« 1
»Wenn die Nothwendigteit eH et
fordert, so sind die Regeln ungiltig.«
Jch war starr vor Schrecken. Da
siel mir ein, daß der Hausirer inir
seinen Namen genannt hatte.
»Ich bin Rang-li. der Sohn von
Hi des ehrenwerthesten vHargtisch
lerg von China«.
Ter Präsident sat) meinen Führer
alt.
G ;-k-- »du
»..».. »......
»We) wohnst Du?« i
Wiederum erschrak ich. Aber schnell(
antwortete ich: »Jn der Straße des
Zweillauigen Drachens.«
»Nein, Bruder Präsident,« rief
mein Führer. »Er wohnt mit Weib
unsd Kind in der Straße zum Gro
ßen Tempel. Diese Perriicke und die
ser Bart ist nur ein Theil der Verklei
dung. die er annalyrn.«
»Der Spion ist in unserer Mitte,«
schrie es um mich her. Alle sprangen
von ihren Sitzen aus. und einDutzend
blackqler Messer wurden aus mich ge
zii . Ia ergriff ich die Lampe und
warf sie auf meine Feinde
Dunleldeit füllte sofort das Ges
mach. Ich hatte mir aenau die Thür
gemerkt, zu welcher der Präsident her
eingelommen war. Dahin tastete ich
mich und ries: !
.,·-’feuer, Feuers« .
Nun ward das Gedränge und die
Aufregung groß. Von einem Men
fchenlnäuel getragen, aelanate ich auf
einen Hos. Da hörte ich die Stimme
des Präsidenten:
»Ur-sit Niemand hinausl« i
Jch fah den Mann mit der weißen
Maske neben dem Pförtner an einem
Thore stehen« Schnell versetzte ich die
sem einen Schlag unter das Kinn. Er
taumelte, stürzte zu Boden und ich
brach durch die Thiir und gewann das
Freie.
Man verfolgte mich. Jch lies in das i
FelearaviyewYureau und setzte nach !
u extent-e Urteicye noch Hering Cur
»Der Bund der zehntausenV
Hoffnungen tagt in der- Straße zu
dem Lohn der Guten. Sein Prii
sädent ist der Gouverneur Chuna
.« i.«
—-----—.-«.-——-——
fis Ums-M
A.: »Wie geht’s denn unserein«
Freund Schnaetenburg?"
B.: »Ach, der Aermste, der sich im
mer so viel auf sein laufrniinnisches
Svetulationstalent zu gute that, ist
mit einer Heirath gründlich hinein
gefallen. Fragt dieser Mensch vor
der öffentlichen Verlobung den Vater
seiner Braut ganz ungenirt, wie viel
Mille dieser feiner Tochter mitgeben
könne. »Fünfundzwanzig,« spricht
der. Schnartelberg, der aus so viel
gar nicht gerechnet hatte, war natür
lich hocherfreut nnd ein Vierteljahr
später schon glücklicher tshemann Arn
Hochzeitoadend schlängelt er sich an
den in einer Fensternische der Verbots
nng obliegenden Schwiegervater heran
und spricht: »Du nimmst es mir
hoffentlich nicht übel. wenn ich vorAn- «
tritt der Hochzeit-weise die Mitgistnm
gelegenheit noch geregelt seh-en möchte.
Wann lann ich wohl die bewußten 25
Mille in Empfang nehmen'.-« »
»Oh’,« ivricht der Schtoiegerpapa, »die .
kannst Du moraen schon haben. Wel
che Sorten wünscht Du denn: Nega
lia, Colorado« Divinis oder Perser
tos?'« »Eigarrrn?" stöhnt der trei
debleich gewordene Schnackelberg. »Na
ja « spricht der Schwiegervater, »was
denn sonst? Du weißt doch, daß ich
nhaber eines EigarrenEngros- Ge
chösts bin.«« Aus der Hochzeit-steife
ist unter solchen Umständen dann
überhaupt nichts geworden und der
Schnaelelberg läuft heute noch anz
geknickt herum. Wenn er wenig trni
von den Cigarren einen Genuß hätte,
aber er ist ja wie Du weißt »zum Un
glück auch noch Nichtraucherl
Wie peter Schwammel unter
die Raube kam.
Humoreste von M. Wundtkr.
Weshalb Herr Schtvämmel bis vor
Kurzem sißen geblieben war's Om,
sitzen geblieben ist eigentlich nicht dac
richtige Wort für seinen Zustand
Man denkt so leicht an Mauerbliimsg
chens untd ähnliche von der Natur stief
miitterlich bebansdelte Gewächse. O
nein, Peter Schswiimmel war sogar
jetzt noch eine durchaus annehmbar-e
Partie und besaß alle Grunidbedim
gungen zu einem vorzüglichen Ehe
maninx er hatte ein rundes, freundli
ches Gesicht nebst stattlicher Figur-; er
besaß ferner ein gutes Einkommen
und lebte solid von seiner kleinen
Rente obne Ertravaganzen Ueber
dies gehörte er zu den Naturen, die
als Objekt fiir weibliche Fürsorge wie
geschafer scheinen, lauter Dinge, die
Herrn SchwäinmePL Zölibat nahezu
unertliirlich machten. Das ganze
Unglück lag lediglich daran, dasz er
sich in der Zeit gerirrt batte und um
fünfzig Jahre zu früh auf die Welt
gekommen war. Man ist eben noch
nicht ganz so weit, daß ein-e ebr und
sittsame Jungfrau oder Wittwe vor
den Mann ibrer Wahl hintritt und
um seine Hand anhält.
Wenn eine ibru fmnpathiiake Ver
treterin des schönen Geschlechte dies
gethan hätte. . . Herr Schwiimmel
wiirde ganz gewiß nicht nein gefaat
hab-n und die Geschichte wäre in Ord
nung gewesen« Aber kein-e der vor
bansdenen ehrsamen Damen tlkat es,
und Peter Schwiimmel blieb daber
unbeioeib«t· Er war eben dem zarten
Geschlechte gegenüber ein bißchen
schüchtern. lind nun gar einem
Frauenzimmer von Liebe und Heira
tben sprechen - ach, keine zebn Pferde
hätten ilm dazu gebracht, und trotz
dem Dachte er sich dac- Verbeiretbetfeins
so umndetschön
Jn- der letzten Zeit war nun mit
Herrn Peter Schroiimmel eine gan;
bedentliche Wandlung vorgegangen
Es tam dadurch daß, anfangs nur
bin und wieder, spätir aber immer
Kfticssp tin fdslinnnss Rissen-suc. III-is
Ivs v-.p-· -----
Junggesellenbude lieims.uchte Dieses
Gespenst machte sich schli eßlich so breit
und starrte ihn so unheimlich aus al
len Winkeln entgegen, daß er seine
Zuflucht iu dem nahe gelegenen
Wirthshause suchte und dort viele
Stunden verbrachte. Das Gespenst,
das sich bei il7m eingenistet hatte, war
das der Laugenweilr.
Und je älter Herr Schwänunel
wurde. desto iiihlbarer ward ihm die
häusliche Leere· Somit war eH nicht
zu verwundern, daß er seine Anwe
sen-Mit zu Haufe auf das allernotbs
wendigfte Maß beschränkte
Mit tiefer Betrübnis-, beobachtete
seine Ziirimerwirt-l)in« Frau Clkarlotte
Honig, die zunehmende Entartung
ihres Mietliero.
Derselbe theilte nämlich schon seit
einer Reihe Von Jahren ihrcWobnuna
unsd ihre Fürsorge Und da sollte sie
sich nicht betriiben, wenn sie ihren
Miether auf offenbar abschliissiaen
Wegen sah? Was konnte sie dafür,
daß ihr Herz so lebhaft an allem theils
nahm, was- Herr Peter that oder nn
terlieseP Gott, wenn man jahrelang
so dicht bei einander wohnt, wenn
knan eiue Wittwe in den besten Jahren
ist und dag- Soraentind bisher ein so
ordentlichen braver, netter, alleinfte
hender Herr war . da macht sich so
ein bißchen Theilnahme ganz von
selbst.
Lanae trug sich Frautat Lotte mit der
Absicht, ihm ein-mal in’s Gewissen zu
reden. Sie selbst fühlte sich auch ein
tam und wurde doch nicht unsolid.
Und dann . . . sie wollte ja gar nicht
davon sprechen, wie sehr er sich selber
damit schadete; aber es gab Vielleicht
doch noch eine Menschenseele, der er
Iiesen Kummer bereitete und die sich
um ihn härmte.
Herr Peter Schwämmel merkte aber
von- all dein nicht-. Seine ganze Seele
war momentan ersiillt von einer gro
ßen, begeisterten Liebe zu Lotte!
Mit dieser Lotte war aber beileibe
nicht die ehrbare Zimmerwirtbin —
welche zwar zufällig anch lsharlotte
hieß —- sondern eine hübsche-, präch
tige, zottige Nensundländerhiindin.
die er in der Stammtneipe tennen ge
lernt hatte. Sie gehörte einem Be
tannten, der das Thier zu vertauer
loiinschtr. Schwämmel schwärmtse siir
den Hund und hätte ihn gar zn gern
besessen. lsr war so klug, verstand
fast jedes Wort, nnd man tonnte sich
ordentlich mit ihm unterhalten, was
man bekanntlich nicht mit jedem
Stammgast kann, da die meisten sehr
rechtbaberisch sind. Nun aber zeiate
sich Peter Schtoiiminel’5 schiichterneii
Nemiith denn ängstlich erwog er nun
die Frage: Was wird die Wirthin
dazu sagen? Und mit ihr in reden,
sand er nicht den Muth. Sie wiirde
ihn aewiß ansschelten wegen seiner
Liebe zu dem Thier und ihm wohl
gar, wenn er eS unvermntbet mit
brächte. die Wohnung tiindiaen. Die
ses Unheil wollte er keinensallg her
ausbeschwören. Aber schließlich must:
te er sich doch zu einem Entschluß ans
rassen. Der Bekannte hatte Gelegen
heit. den Hund anderweitig zu ver
kausen und verlangte nnn von Herrn
Schwämmel eine bestimmte Erklä
rung. So blieb ihm nichts übrig, als
mit Frau Honig zu sprechen.
Mit tlopfendem Herzen erwartete
er am nächsten Morgen seinen Früh
stitckkassee.
Endlich larn er und die Zimmer
——. - — —
toirthin mit ihm. So -—— nun mußte
es lieraust Er nahm einen verzwei
felten Anlauf, blieb aber schon- beim
erften Laut stecken; dann« endlich be
gansn er:
»Es ist eine recht heitle Sache. we
gen der ich initJhnen sprechen wollte.«
Frau Honig sah ihn erwartungs
voll an, und da fie fah, daß fein Blick
dem ihren nicht begegnete, sondern
verlegen in allen Winkeln herumspri
zierte, ahnte sie wohl, daß es in der
That eine recht heitle Sache fein
müsse.
»Sei-en Sie, Frau Wirthin, man
kommt doch so allgemach in die Jahre,
wo man anfängt, sich ein wenig ein
sam zu fühlen — hin —— bin ——«
Frau Lotte fühlte ein« leichtes Roth
in ihre Wangen steigen. Sie zupfte
verlegen die Falten ihres Kleides glatt
unsd zählte »die hellen Flecke auf dem
Teppichmiister·
Und dann fing er an zu reden, daß
er doch eigentlich recht einsam sei und
daß er oft genug nicht wisse, was er
fo allein den ganzen Tag über anfan
gen sollte, und wie er sich das fo.schön
gedacht habe, so ein hübsches und ver
ftänsdiges Geschöpf immer in seiner
Nähe zu haben.
Frau Honigs Augen begannen
förmlich zu strahlen. Ihre Stimme
zitterte ein wenig, als fie mit abge
wanidtem Gesicht sagte:
»O, das ist hiibfch von Ihnen, Herr
Schwämmel, Idafz Ihnen das klar ge
worden ift!«
Beter Schwäinmel betain infolge
dieser rückhaltlofenZuftimmnng neuen
Muth und fuhr fort:
»Ich habe inir das gründlich über
leat und bin überzeugt« daß ich nicht
schlecht dabei fahre.«
»Ganz bestimmt nicht. iste- ift sicher
das allerbeste fiir Sie, Herr Schwäms
inel,« hauchte die Zinimerivirthin«.
Und da er nun schwieg und fich doch
nicht so recht mit der Sprache heraus
wagte, fuhr sie fort:
»Und Sie haben sich schon
ent . . . schieden Z«
Dann wandte sie sich schnell ab und
erwartete bebenden Herzens-— die Ant
wort, die fie begliicken sollte.
Und sie tani.
»Ja, liebe Fran!« ltiefsI Peter
Getthmmol iiiiithin Heini-: ftnrrh auf
und blieb vor ibr flehen. »Ich basbe
mich entschlossen. Ich weiß, wag ich
tl«,ne. Gott, die Meltrtosten können
auch nicht bedeutend fein, nicht
wahr?«
Sie ergriff hastig feine Hand und
briickte sie.
»Seien Sie unbesorgt, Herr
Schwänrniel! Ich tvill’g schon ein
richten . . . .«
»D, Sie sind eine mächtige Frau!«
jubelte er auf. »Ich wußte es ja! lind
Platz genug haben wir beide hier . . .
ich bin zu glücklich, daß wir uns nicht
zu trennen brauchen Hab mich so
lange gefürchtet, es Ihnen zu aeltes
ben! Wie tböricht. iicttt wahr? Aber
ich hatte doch Anast, Sie wurden nicht
einsrvilligen! Meine Lottc . . .«
Weiter iani er nicht.
»Meine Lotte ift ein durchaus wohl
erzogenes Tl)ier·« hatte er nocn sagen
wollen« aber da war ihm Frau Honig
schon an die Brufi gesunken und ein
iubelndest
»Beste« Mein eisnioer Peter! Jclt
habe Ticti ja auch so lieb. . .« klang
itnn ins Obr.
Schwännuel wirfte anfänalicb
t;icht, wie ilnn geschob. Tiefen Schluß
feiner geschäftlichen Unterredizng hatte
er wirklich nicht etwarket: aber noch
ehe er eigentlich zur Besinnung ge
lommen war, siiblte es ihre warmen
Lippen nnd ihre weiche Hand, die
Hm Tini-Kon- Imd hoä Hmi ihm In
wohl, das-, er es vor-wa, noch eins Weil
chen in diesem Zustande zu verharre-n
Und Frau Lotte fuhr fort zu laaxen
und zu weinen und ian tausend Ge
lübde zuzufliistern, wie sie ihn lieb
habe und verhiitscheln wolle.
Das war zwar alles gegen das
Programm aber trotzdem gefiel’3
ihm. and schließlich, so fuhr es ihm
durch den Kopf ist eine Liebe der an
dern werth, und so schlana er seinen
Arm um ihre rundliche Gestalt unsd
küßte sie einmal . . . zweimal . . .
und, nachdem er erst aus den Ge
schmack gekommen war, noch viel öf
ter.
Und dann nahmen sie auf dem
Sopha Platz« faßcn Hand in Hand
nebeneinander, lachten. schwatzten,
kosten und waren veraniiat wie die
lleinen Kinder, Herr Peter schließlich
am allermeisten Er machte durchaus
nicht den Eindruck eines Menschen
bei dem alles aanr anderr gekommen
ist alr- er beabsichtigt hatte.
itrau Lotte Honig die bald daraus
das aesenliclie Recht erhielt. sich Frau
Lotte Seluviimmel zu nennen, weise
heute noch nicht« daß er sich damals
um eine ganz andere Lotte aehandelt
hatte; aber von dieser anderen Latte
war nun nicht mehr die Rede.
« -«—-. - .-—
Moder-ne Wohlfahetiitsierrichtuus
nen.
Regierunasprösident tder einem
Bürgermeister eines tleineu Land
städtchens Audienz ertheilt): zch habe
mit Vergnüan aehiirt, daß in letzter
Keit von Ihrer Heimath verschiedene
aemeinniitzige Einrichtungen geschaf
fen worden sind! Bürgermeister
t«stolz): Ja, Exeellenz, seit die vielen
Antomobils durchhz Städtchen kom
men, haben wir ’nen Samariterverein
gegründet. eine öffentliche Verband
stelle haben wir eingerichtet, einen ver
eidiaten Viehtarator haben wir anae
stellt, der Schutzmaan hat ein Fahrtao
—-——..--.-.-..——.—·-.-—. --«—-·.—
bekommen, damit er den Internal-ils
nachsehen kann, wenns durchdrennen
wollen« und das Krankenhaus ist um
12 Betten erweitert worden!
Eine Rosette-litt
Das Jsdeal einer Musittritit, die
griindliche Sachkenntnis mit edlem
Schwunge vereint, finden wir in der
»Koswiger Zeitung«. Sie la:utei:
Die Nähe deg Jahrmarkte-H und an
dere Veranstaltung-m die das Parte
rnonniaie start it. Anspruch nehmen,
machten sich im Militörlonzert durch
nsur mäßigen Besuch recht bemerkbar-.
Jn das Programm liinnen wir uns
heute wegen Zeiimangkl nicht vertie
fen; es inne-de sauber durchgeführt
unsd erntete so reichen Beifall, daß
mehrere entnahm gegeben wurden.
Wir möchten in Bezug aus den heuti
gen Zeitmasngel darum bitten-, tan
doch größere Jnierate tags vorher zu
senden; zum Jahrmarkt ist der An
drang immer stark, und wenns wir
l aueli leistungsfähig sind, so kann doch
nicht mit der nöthigen Sorgfalt sei
i
i
l
«enH der Setzer gearbeitet werdet-« es
geht Alles in Halt. Die »Kostviger
Zeitung« ist nicht blos vorne und hin
ten leseiistoertl), sondern auch in der
Mitte; es ist Alles elfsrliche Arbeit.
llnsd darum bitten wir. sich die kleine
Miit-le zu machen und die Blätter auc
einander zu schlagen« —-— uie Fam
zkfischrift »Die Redattion« druckt mit
Recht diese Kritik ab. Es ist inotiks
tl)uend, zu wissen, daß es denn doetl
noch Krititer aidt, die nicht verrol,-i
sind.
Rasch oder Iangsam essen.
Ob der Mensch rasch oder langsam
« int, ist auf die Lsxrrdaulichteit der Ran
runa und das Wohslbefinden des Men
schen von greßem Einflus-» Wird zu
rasch gegessen, so wird die Speise inei
stenH nur unvollständig zerllcinertund
eingespeichelt oder auch zn heiie hin
ttnteraeschluet:. Die,unvrsllst«rindine
Zertleinerung bat ader zur Folge, daß
die Eltalnungcsmittel weniger gut von
den Verdauunggliiften durchdrungen,
also weniger rasch und weniger voll
ständig verdaut werden, und daß nach
der Mahlzeit leicht Magenlieschtverten
austreten.
Dies selten sich alle Menschen nier
len, namentlich aber diejenigen, welche
aug— irae-nd einein Grunde mt this-;
vfindlichteit der Verdauungsorqane
lleiden, eine Disposition für Magen
oder Darmkalarrli besitzen, und solche,
deren Zähne in erheblichem Maße des
sfekt geworden sind. Diese Letzteren
fiverden durch sorgsame Zerkleinerung
aus dem Teller erfeyen müssen, was
ihre Zähne nicht mehr zu leisten im
Stande find-.
Die Ferme, ov es richtig ist, wäh
rend der Mahlzeit Getränte zu sich
zu nehmen, liifzt sich dahin beantwor
ten, das-; ein reichlicher Genqu dersel
ben unznlsisiiq ist.
Es giebt zwar Menschen« welche
während des Affean oder unmittelbar
nach demselben große Menaen Wasser
trinken nnd sich ganz gut dabei befin
den; im Allgemeinen sind dies aber
’ Aug-nahmen Jn der Regel beobachtet
man vielmehr bei solchem Verhalten ·
sder ?l.l?.:ni.j:en Neigung zu Magenh
iarrllen nnd V-rdaunnasdeschwerden.
i Wallrsickxeinlich liiinai dies damit zu
" fannnen, dan die reichliche Zuslldr von
Wasser die linncentration des Marien
sastes zn sehr bereit-jetzi, ihn zu sehr
verdünnt nnd so den Anlaß zu nicht
normalem Ablauf der Magenverdaus
una giebt.
Am nachlbeiliailen wirkt das reite
liche Trinken von Wasser beim Genn e
von Eiern; ek- tritt dann sehr leicht
Schmerz in der ZIJcaaenaeaend nnd
Auffioßen saulia riechender Gase ein.
EL ist aber auch nicht einerlei, lrsaø
man irinlt. slohlensänre fördert die
Absonderuna non Maaensask des
fmib frmn mlsn Iniispninnsøä Nie-For
,gestatten. Die Zufubr von Bier soll
auf den Magen ungünstige einwirten,
daher würde man vom Genusses des
Bieres bei oder bald nach der Mahl
zeit abrathen müssen. Dagegen drin
gen mäßige Mengen Wein bei der
Verdauung keinen Schaden. Nach
dem Genusse fetter Speisen und un
mitelbar vor der Mahlzeit genommen,
wirkt Wein dirett günstig ein.
Dasselbe aill in Bezug auf den Ge
nuß fetter Speisen auch von den
mehr Alkobol enthalte-jeden Getränken.
dem Cognae, Rum, Arme-, natürlich
nur in winzigen Mengen
Eine weitere belangreiche hngieni
sehe Forderung ist die. daf-; der Essen
de sich geistig nicht anstrengt; dies
muß deshalb permis-den werden. weil
die gleichzeitige erhöhte Tdötigleii
«— zweier wichtiger Organe eGehirn und
Magens Itach!t)eilig mirlt und die bei
Gebirnanitrenguna eintretente Blut
iiderfijllung de- Gehirns den Säfte
slrom vern Verdauung-Handar« ab
lentt.
i Selbstverständlich soll damit lei
, nesnscgsk gesagt sein. daß während der
i
l
)
Mahlzeit der Geist ganz ruhen muß;
eH wird nur verlangt, daß er sich nicht
anstrengt.
Noch nothwendiger siir den norma
; len Verlauf dee Verbreitung ist es, daß
, der Essende von geistigen Aufregungm
verschont bleibe. Aerger, Zorn und
iSchreck wirken erfahrungsaemiiß un
; gemein nachtheilig auf die Verdauung
ein: dasselbe gilt aber auch von im
I verhosfter großer Freude-. Es ist des
s halb notwendig, daß man sich nicht
- eher zu Tisch begiebt, als dik; die hei
stigen Eindrücke und Wallungen sich
;gemäßiqr haben und daf; man kein
lksienden Aufregmgen jeder Art ed
spart.