Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, June 19, 1903, Zweiter Theil, Image 12

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    Vie Ringe.
M Ist Marianne Ulrich.
II Var Umingszeit in Berlin. In
eines der schönsten häufer des Kur
dsinsns " fnete sich in der er
st- dü nlkonthiir, und eiu
Its-n trat heraus.
rofa nud weiß gestreifiesKleid,
eine We Schürze mit hohem Las
ums los die üppiae Figur. Auf den
dunk , kraufen Haaren foß lotett
ein Tini-arger Haubehenx die blitzen
den, aunen Augen sahen lebhaft die
Straße entlang.
.M niOs zu fehen vom Möbel
lsasern Kommen Sie doch mal raus,
Dunkeln it haben Sie noch al
lermeift. Ehe d e all die Vorderstuden
aus-geräumt haben. sind Sie ja zehn
mal mit Ihren paar Gardinen fer
Sie wandte sieh zuriick und fah er
wartun Zool nach dem jungen Ta
pezdien r auf einer Trittleiter ftand
un eben einen Schal Gardinen her
absleiten ließ. Eine ha e, mittel
große Gestalt, das Ge cht außerge
Zöhnlith bleich mit frlt am düsieten
M Aufforderung kam ihm augen
scheinlich ungelegen. Einige Seinnden
ögerie er, dann fiieg et die paar Stu
fen herab Und trat zu ihr auf den
Hallen.
Eine leichte Nöihe des Vergnügens
stieg in ibre Wangen, und sie stellte sich
recht dicht neben ihn hin.
«Sehen Sie bloß wie fchön, all die
vielen Bäume! Und da nun weg-mäs
si, in die langweilige Beamten
raßeS Die Reichen wissen wirklich
nicht, was sie wollen. Warum ieht
Herr Kommerzienrath hier aug? Lin
mn Sie das begreifen?«
Der junge Tapezier war einen
Schritt zur Seite getreten, um ihrer
thung auszuweichen. Sie schien
es zu bemerken, denn ein zorniger
Pilz ihrer Augen ftreifte ihn.
. a,'· ent egneie er kühl, »der Herr
lpird wohl fgeine Gründe dazu haben.
Ich bin jedenfalls sehr froh darüber,
,
denn ich habe dadurch meine gute Ar
beit erhalten. Und bezahlen thut der
Kommerzienrath doch sehr anständig,«
»Anftandig? Der olle Geizlragen?«
Sie lachte schrill auf. »Ja, es kommt
drauf an, wenn ich Sie rausstreiche!
PG bin mächtig gut bei ihm ange
chkieberh Sonst passen Sie mal auf
auf die Abzüge! Drei Jahre bin ich
fest hier, aber ’n Vergnügen ist es
wahrhaftig nicht, noch dazu rnit dem
sblsdsinnigen Gör!«
·Blödsinnig? hat er ein blödsinni
ges Kind?« fragte er interessirt.
.,Wissen Sie das nich? Gleich im
ersten Jahr, bald nachdem die Frau
Lehmann gestorben war, ist das Kind
mal aus dem Wagen gefallen —- aus’n
Koppl Laufen hat sie auch nie ge
kannt. Und so wat muß man nu den
janzen Tag bedienen,« schloß sie wü
thend in echtem Berlinerisch, ihr »sei
ner hochdeutsch ganz vergessend.
»Wenn es Ihnen so schlecht gefällt,
warum gehn Sie denn nicht sort?«
gab er tuhl zurück.
»Weil ick mir jut hier ftehe,« ant
wortete sie paßt . »Zweitausend Mär
iet sind schon v ll, na ja, er hat sür
niich so ’n bis-ten wat übrig. und wat
wollen Sie, unsereiner muß doch an
seine Zukunft denlen.« Ein schneller,
prüfender Blick streifte wieder sein un
bewegliches, ernstes Gesicht. X
»Mein Wunsch ist nu mal, bald hei
rathen.·· fuhr sie fort, und verhei
ßungsvoll blickten ihn ihre tecten Au
an. »Die Aussteuer ist ja reich
ich da, wenn rnir also einer gefällt
nnd ich ihm —- da wäre wohl nischt
tin Bege.«
Fett hatte sie die Augen gesenkt,
Du Brust hob sich stiirtnisch« sie lebnte
sich jeht fast dicht an seine Schulder.
Der Mann blickte wüthend auf sie
herunter-. »Dann wünsche ich Ihnen,
baß Sie bald ein:n finden, der Sie
onb Herrn Kommerzienraths 2000
nimmt,« sagte er grob. »Aber jetzt las
xen Sie mich wohl vorbei, ich werde
bnsimicht fertig, bis ber Möbelwaaen
biet Ist-«
Sie war blaß ewarden, unb ein
biMszer Blick fo gte ihm, als er sich
an ihr vorbei schob. Ein Weilelyn
blieb sie»nach draußen sieben, bann
sing sie Ihm mich- « »
r stand schon wieder auf seiner
Leiter unb nahm bie letzten Garbinen
herunter-.
«Na, wenn Sie hier fertig sind,
werben Sie wohl in Herrn Kommer
ienratbs Stube abnehmen können.
Si sollte ja bis zum letten Au en
bllck alles ungerührt bleiben. ee,
schrecklich, seyn Uman Sie klopfte
an bie Tbür zum Nebenzimmer.
Ein lurzec, scharies »Herein!«
Der Kammerzienrath Leßmann saß
vor feinem Schreibtifch, ben er augen
selxinlich noch anfgeränmt hatte.
Einige zerrissene Briefschaften und
mehre-re kleine Schächtelchen lagen auf
der Platte.
cr war eine roße, febnige Erschei
nung, das Måta ganz bartlos, mit
breiten, fleischigenz ippen und kalten,
skM TM
»Ist baß Sie kommen, Klar-II
erkurk «Jch habe mit bem
- uM UND Its besprechen, ma
ie M meine Tochter fer
Mb Sie
sei-Markt Der siens soll
M M sur-erhalten«
Hi Geben erhob-s and ver
achten-C Ieiteertizmibnu
, Iwane-sc- n
W
bin. Dann sing sie gemöchlis in das
immer.
Uns nein Ruhebett ausgestreckt lag
die arme Tochter des Millionäre. Ein
abschteckend biißlichei, mageres Kind
m vielleicht zwbls Jahren. Die Au
Jn hatten den leeren, stieren Blick der
list-sinnigem der Mund war un
heimlich groß; die langen. weißen
hände bewegten sich unruhig bin und
r.
Peim Eintritt Klatas sah sie scheu
au .
»So, mein Zuckerpiippchen.« sagte
diese, .nun man slott in den Wagen.
Der Papa sagt, du sollst in seinem
Zimmer bleiben, bis er lommt.«
Sie packte das Kind äußerst unsanst
und setzte es in einen kleinen Roll
stubl, den sie in das Verrenzimnier ne
ben den sSchveibtisch schob.
»Hier bleibsi du und verhältst dich
ruhig, det sage ick dir, sonst jibt et
eins hinter die Ohren.« Damit schlug
sie die Tbiir binter sich zu.
Die Kleine hatte sich scheu zusam
mengeduckt, fest sab sie ibr mit einem
bösen Blick nach.
Mc Sonne schien strahlend in das
Gemach, glitt iiber die prachtvollen
Deine-käm über des Kindes bleich
Hiinde, iiber den- Schreibtisch mit der
schweren. sitbernen Schreibgarniturx
und den kleinen, braunen Kästchen.
Zwei schienen ossen zu sein. denn ess
blifte und suntelte darin, die Augen!
der Kleinen sahen mit plöslich aus-i
dämnierndem Vetstänsdnisz darausi
hin. »
Die unruhigen, zucken-den hände
griffen darnach, zerrten aus den Kar
tons zwei kostbare Brillantrinae —-»
ha, wie das blitzte und funkelte! Das
war schön, ja, damit wollte sie spielen.
Jn diesem Augenblick hörte sie die
Schritte der wiederkehrenden Klam.
Das Kind fuhr zusammen, und ein
schlauer Ausdruck kutschte iiber sein
Gesicht. I
Mit einer Schnelligkeit wie man sie
den zitternden Händen gar nicht zuge
trnut, hatte sie die beiden Ringe in der
Kleidertasche verborgen Die beiden
Kästchen fielen zur Erde und blieben
unbeachtet·unter dem Rollsyibl liegen-s
Im Jcmllsllllmck IVCI IIle Hall
telt indessen wieder auf die Leiter ge:
stiegen und bemühte sich, den schweren
Kronleuchter in eine Umhüllung zu
zwangen
Seine Gedanken sind aber nicht bei
der Sache. Er hat gar nicht gehört.
daß der Möbelwagen vorgefahren ift
und daß in den andern Zimmern die
Leute lürrnend beschäftigt sind, die
Sachen hinuntersutragen.
Was für eine aufdringliche Person«
diese Klarat Warum hat er ihr nur
nicht gleich gesagt, daß er derheirathet
ist! Aber nachher soll es auch sofort
geschehen Wäre er nur erst fertig,
daß er nach hause, zu seiner Frieda!
könnte
Ein Lächeln gleitet über des Man- i
nes Gesicht, und m die düstern Augen i
tritt ein weicher Schimmer
Seine Frieda2 Es ist laurn auszu-;
denken, daß sie ihm nun wirklich ge
hört, daß sie ihn wirklich genommen
hat, mit der schmachvollen Vergangen
heit. Einer der gesessen hat! Die
sehnte hätte das nicht gethan! Wie
hast sie ihn getröstet nach der schreck
lichen Geschichte und alles zur Hoch
zeit vorbereitet, als er aus dem Ge
fängniß kam.
Daß er a uch gleich mit dem Messer
zustacht Aber wie hatte der Wilhelm
ihn erst gereist mit seinen Sticheleien
und Vevdächtiaungen über die Frieda.
Der Dunst-! Besser, er lief ihm nicht
wieder über den Weg. Jn leiden
schaftlicher Wirth ballte der Mann die
Hände
Sechs Wochen Gefangniß! Geächtet
, aus Lebenjseit Wie das an ihm fraß!
· Frieda hatte recht, er konnte Gott
nicht genug dar-len, daß er überhaupt
wieder Arbeit gefunden batie. Und
doch, wie sollte er je ganz überwinden
—- seinGedaniengang brach ab, Klara
war wieder aus der Bildfläche erschie
nen.
»So, nun man flink das Lenke.
Der Herr ist eben weg mit der Elli.
flärer im herrenzimmer die zwei Fen
er
Er machie sich stumm an die Arbeit
während sie die auf dem Schreihiisch
befindlichen Sachen in einen Korb
packte. Ein lautes Mitten ließ ihn
sieh untre-enden
Eine hübsche Vase war ihren- hän
den Miiiiem »O- schade,« meinte er
bedauern-d, »aber es scheint nur ein
Stück ab zu sein, das geht am Ende
noch anzuflehen«
»Gott bewahre. nu man auf den
Müllhaufen damit,« sagte sie und
fegte heftig die Scherben und die auf
der Erde umheriiegenden Papiersiiicke
in eine Ecke.
»Dir-, dann geben Sie sie lieber
mir, «rief er lächean »ich ileisiere iie
mir wieder zusammen und bringe sie
meiner Frau mit. «
»Jhrer Fran? Ah so, berheiraihei
find Sie —, sie sah ihn feindielig an
»nu, irh gratulire,denn nehmen
Sie Deihrs man die seine Backe rnii "
Besen fuhr noch einmal m den
usanrmengefezten Stoß, dann warf
iie eh hin nnd aus dein
wer. Krachen-d die Thir nier
M Eh um- si· gescheit-,- nicht
seli, Jud i sehki in meiner
;her’ doch fert« — er
«- Priä M- LTM »Es-B
. W«
beO,d-heierzeiiknseine
W ers-i Oes, M
UNDER-«
— - —
l
—- beide leer. .Die tbnnte Frteda
vieseicht a noch gebrauchen, wegge
werfen sind ia auf alle Fälle. ·
Er steckte sie in seine Rotte-He
wickelte die Scherben in ein Papier
und verließ eilig das Zimmer.
Draußen lief er an einen Mann an.
der gerade im Begriffe stand ein paar
Stuhle berunter zu tragen.
Beide fuhren zurück die Augen
blitzten auf ins wildem h·
«J tiei mal an, der rise hauielt
hier,« sagte höhnisch der andere, «da
hat sich der Kommerzienratb ja wat
Feinses auejesucht Jut bekommen die
sechs n?«
Dautelt war treidebleich geworden.
Einen Augenblick sah er aus, als
wollte er sich auf den andern stürzen.
Dann faßte et sich gewaltsam.
«Wilbeim, dank deinem Gott —
wenn ich Friedi nicht versprochen hiits
te———« murmelte er heiser. Mit einem
Ruck wandte er sich um und stürmte
die Treppe hinunter. Die Leute. die
unten aufluden, sahen ihm verwundert
nach.
Eine lialbe Stunde später tam Herr
Leßmann zurück, und seine Stimme
hallte gleich daraus erregt aus seinem
Arbeitszimmeu
»Man-, tommen Sie mal sosort her.
Wo haben Sie die Sachen von meinem
Schreibtisch gelassen?··
»Aber Herr Kommerzienraih, da
sind siej a, in dem Korb. "
»Ich sehe die beiden Kartons mit
den Ringen nicht.«
»Katton:-?" wiederholte sie kläglich.
»Ich habe teine gesehen«
»Na, da hört sich doch Verschiedenes
bei aus, " fuhr er loo; »ich fahre in dem
guten Glauben weg, Sie passen hier
auf und da lassen Sie in dieser turzen
seit mir die Werts-fachen stehlen. Wo
baden vie gesteckt? Wer war hier im
Zimmer? Die Ringe sind mindestens
2000 Mart werth. Heulen Sie nicht
und besinnen Sie sich lieber wer von
denLeuten sie genommen haben tönnte.«
»Ach Gott« Herr Koirmierzienrath,«
schluchzte Klara; »ich war blos-, einen
Moment vorn, um den Leuten Bescheid
zu sagen, der Tapezirer war drin und
ysl Mc Wslkslllkll llvgtlwiluucu.
Von dem Lärm angeloett, stand ein
Theil der Arbeiter dor der Thür und
murmelte leise. Jeßt trat einer vor.
»Den Kommerzienrath iel wollte
doch sehr bitten. so wat Faßt der Wil
helm Busch nich us sich sitzen. Wir sind
hier allen- ehrliche Arbeiter und wollen
nich ooch noch in Verdacht totnmen.
Wenn wat fehlt, sragen Se man bei
Ihren Tabezier an, der Frihe hautelt,
den tenn iet, den haben sie vor’n paar
Wochen man gerade aus Nummer
Sicher herausgelassenk
Die Augen de- Kommerzienroths
blickten tiihl aus den Sprecher.
»Bitte, gehen Sie an Jhre Arbeit.
und Sie, Klarer, schicken Johann sisort
zur Polizei. Das übrige wird sich
finden.«
Fris Hautelt war indessen vorwärts
gestürmt, in wilder Erregung über die
plohliche Beqegnung mit seinem Tod
seinde
Gewaltsam nahm er sich zusammen,
als er seine Wohnung betrat. Tros
dem mertte seine Frau sofort, daß ihn
irgend etwas passirt war.
»Füh. iag’ mir, nss hast Du?«
fragte Frieda ängstlich.
Sie war eine zarte, seine Erschei
nung« aus einer sehr ehrbaren hand
wertersamilie, die sich vollständig mit
ihr überworsen hatte, weil sie den be
straften Menschen geheirathet hatte.
»Ich? Nichts!« entgegnete er. »Was
soll ich denn haben? Oder doch, für
dich habe ich was, sieh mal die tleine
Base. die leime ich uns hübsch zusam
men. Die Klaro oon Kommerzien
rathe hat sie mir gegebenk Sie strich
i mit beiden händen zärtlich über sein
t Ascxt
« as stth
»Ich dachte schon Du hättest was
Unangenehrnes gehabtf sagte fie sanft.
I »Du siehst so müde aus leg dich hin
und schlaf dich aus«
; »Ja, hast recht, Friedchen,« gab er
Huriick, »ich werde mal einen kleinen
Ritter machen.«
) Er warf seinen Rock ab und streckte
sich auf dem kleinen Sofa aus.
Die Frau feste sich mit ihremStriel
zeua ans Fenster.
Ein friedliches Zimmerchen. Die Uhr
tiette, ein kleiner Kanarienvogel sana
träumerisch vor sich hin, die Nadeln
der eifrig Strickenden tlapperten leise.
Ab und zu warf sie einen besorgt-n
Blick auf ihren Mann, der sich unruhia
hin und her warf.
Eine Stunde mochte vergangen sein,
da tönten laute Schritte auf der-Treppe
die Klingel wurde scharf angezogen.
Frieda hob sich erstaunt und öffnete.
Ein leises Unbehagen beschlich sie,
draußen stand ein Schutzmann und ein
Mann in Zwil.
»Mehr« hier der Tapezier Fritz hau
telt?« fragte der letztere.
«Jatvohl,« sagte sie ängstlich, »mein
Mann ist zu Haufe, bitte, kommen Sie
herein.«
Die beiden Männer folgten ihr in
die Stube, und Iris Hautelt erhob fich
erstaunt von seinem Saft-.
»Ich bin Kriminaibeamter,« sagte
der eine. .Sie sind beschuldiqt, heute
bei deren Kommerzienrath Leßinann
zwei kostbare Brillantringe entwendet
zu haben. Vetennen Sie sich schuld Zitt
I rathe n, die Ringe gutwi ig
ans-u n.«
Dersapezier war treibt-bleich Hervor-»
ben. sit einein Wuthschrei sturste er
wrsztIch s sthl hbe TDa
o ge o en a n s
hat site der iihelrn Busch ei brach
sein anderer. Na warte, du hun ,tvenn
W
du mir noch mal vor die Iiufte
kommst —«
»Sie ftreiten eisabik bemerkte der
Beamte kühl. »Dann muß ich meine
Pflicht thun und erft mal Jhre Sachen
nachsehen! haben Sie diefen Rock an
gehabt?«
Iris hauselt taumelte zurück, ein !
jäherSchreck malte sich m feinen Zügen :
Mit zitternden banden griff er nach
dem Rock.
Der Beamte war ihm aber fchon zu
vorgekommen beim ersten Griff in die (
Tafche zog er zwei kleine, braune Etuii
hervor-; als er sie öffnete, warin sie
eer.
Ohne einen Laut war bei dem An
blick Frieda ohnmiichtig ergtnmengk
funken.
«Wo sind die Ringe ?« fragte der Be
amte kurz.
Der Iapezier war mit einem Say
bei feiner Frau.
»Was weiß ich von den Ringen, die
leeren Dinger lagen in einer Ecke weg
geworfen, und ich nahm sie mit,« ftief3
er hervor.
»Kommen Sie mir nicht mit folchen
Geschichten, mein Befter,'« fagle der
Beamte hart. »Sie werden sich wohl
noch auf eine andere Antwort besin
nen."
Er begann eine genaue Durchstr
chung der Wohnung, die Ringe fan
den sich nicht.
«Machen Sie sich fertig, Mann, ich
muß Sie verhaften. Schon besser, Sie
folgen gutwillig, ohne erft limftiinde
zu machen«
Der Tapezier hörte taum, er stand
noch immer über feine bewußtlofe
»Frau gebeugt. Jth ging durch deren
Körper ein Zittern, sie schlug die Au
gen auf, ihr erfter Blick traf Iris.
Schaudernd, voller Abscheu blickte
sie von ihm weg. »Fort, riihre mich
nicht an,« fchrie sie auf, »tomm mir
nicht wieder vor die Augen, du Dieb!«
und auffchluchzend schlug sie die Hän
de vors Gesicht und weinte bitterlich.
Mit gesenktem Haupte, eriofchenen
Blickes folgte Frih hautelt denBeam
ten in das Unterfuchungsgefängniß
ich-ein' Mit-bo- IUHODI ers-II N
D- -----, ·f
Koinnierzienratb Leßmann nach dein
Diner mit behaglicher Miene zur
leendzeitung Vormittags war die
Verhandlung gegen den Tapezier ge
wesen. Die Ringe hatten sich zwar
nicht gefunden. aber die Beweise tw
ren zu erdriiclend gewesen. Der Mann
war zu vier Monaten Gefängniß ver
urtheilt worden
Der Kommerzienratb entfaltete das
Blatt. Plönlich entfärbte er sich.
Seine Augen hafteten auf folgender
Notiz: »Heute spielte sich im Ge
richtsaebiiude eine aufregende Szene
ab. Der Tapezier Fritz Hautelt. der
bereits wegen einerMesserstecherei dor
bestraft war, wurde wean Diebstahls
zu vier Monaten Gelönanik verur
theilt. Als er in seine Zelle zurückge
fiibrt werden sollte. riß er sich plöhlich
los und stürzte sich aus dem dritten
Stock iiber das Treppenaeländer. Mit
zerschmetterten Gliedern blieb der Un
glückliche todt unten liegen.«
Das Blatt entfiel den bebenden
Händen. und der Kommerzienratd er
blaßte. Seine Lippen murmelten:
»Das habe ich nicht gewolll!«
Acht Tage später fanden sich die
Rinae in der Kleidertafche des un
glücklichen Kindes-.
s—-«—·-·-—-—-—
Ile- imd sue-seh
Die »Kreuzzeitung« irifcht nach
stehende, jedenfalls gut erfundene
Aneldote über Tiect und Wrangel
auf. Als der alte Wrangel einmal in
Dresden war, wurde ihm bei einem
Festnrahle u. a. auch Ludwig Tieck
voraeftelli. Wranael faate nichts.
aber irn Laufe des Essens ergriff erv
sein Glas, blickte zu Tieck hinüber untd
rief ihm zu: »Hoch Oranien!« Tied
verstand nicht. was Wrangel damit
meinte, und erst später wurde man sich
darüber klar. Wrangel hatte Tieck
mit Tiedge verwechselt, und in dunkler
Erinnerung war ihrn dessen Evas
«annia« geblieben, das n- von seiner
Juxndseit her kannte. Noch heute
nnr diese Geschichte oft erzählt: fie ift
zur 50· Wiederkehr von Tiectö Todes
tage aufs Neue in Umlauf gekommen.
O-—
sie-e toter-sum obern-tou
Jn der letten Sißung der Gesell
schaft für Naturlunde und Heillunde
in Dresden iteljte Dr. hinel ein s
jiihriges Mädchen vor, bei dem er den
durch einen Unfall verloren gegange
nen Zeigefinger der linten hand durch
Ueberpflanzung der zweiten Beherr
iestr. Das Ragelglied und der
größte Theil des Mittelgliedes des
Zeigefingers fehlten vollständig. Dr
hänel nahm nun die Operation in der
Weise vor, daß er den Finger-stumpf
anfrifchte, die Zehe bis auf eine Dant
briicke durchtrennie und hierauf den
Knochen, die Sehnen und die baut
zufammenniihte. Es wurde alsdann
ein Gipsverband angelegt, der gut er
tragen wurde. 16 Tage nach der Ope
ratian wurde der letzte Rest der haut
durchtrennt und es ergab fich, daß die
Zehe valltonimen angeheilt war. Sie
zeigte-· auch- in ver Folge keinerlei
Kreislau örungeir. Die Gebrauchs
siihisteit s Fingers wurde gut, al
lerdings blieb die Beweglichkeit des
Endgelenles gering. Die Nervenleii
tuns war dagegen vollständig herge
stest Veriihrnnk Den-, Stich,
Temperameninnterfckyied wurden deut
liQ empfutkden Die Vpereition ift ein
Beweis fiir die Leistungifiihigleii der
modernen Ehirurgie.
Bluthenhonig.
Eines der ersten Nahrun mittel.
das die Menschen aus dem hier
bezogen, tvar der Varus N W
wird er als einziger Gib-St , den
die Natur fertig darbietet, au das
eistigste gesammelt. Einer gleichen
Werthschöiung erfreute sich der hornig
bei den ilrahnen der heutigen lKultur
viilker, wie die Sagen unsd Ueberliefe
rungen beweisen. Jn der germani
schen Götterlehre truselt der honig
als Thau von der heiligen Esche aus
die Erde, wo ihn dann« dieBienen Its-·
saugen; Honig war dieLieblingsspeise
der griechischen Götter, und in den äl
testen Zeiten opserte man ihnen nach
Plato nichts. als mit Honig bestri
chene Früchte. Das klassische Alter
thum war, ähnlich den nordischen
Völkern, der Meinung, daß der Honig
als Thau vom himmel herab-solle
Die dorgeschrittene naturwissenschaft
liche Erkenntnis hat längst das Jn
thiitnliche derartiger Anschauungen
dargethan, dasiir hat sie aber interes
sante Thatiachen iiber die Entstehung,
das Einsammeln und die Verarbei
tung des honiae ans Licht gebracht.
Die Blüthen der von den Bienen
besuchten Pflanzen weisen an verschie
denen Punkten driisenartige Gebilde
von einem kleinzelliaen zarttvandiaen
Gewebe aus, die als Nectarien den
Nektar oder Blüthenhonig. der aus
Zucker, Stärke und Guninii besteht,
und den die Bienen bei ihrem Besuche
der Blüthen aussaugen Der Nectar
ist demnach eine süße und zugleich
wasserhelle Flüssigkeit die besonders
bei sonnigem Wetter von den Necta
rien reichlich ausgeschieden wird. Die
Nectarien finden sich zwar an der
schiedenen Stellen der Blüthen-, aber
am meisten ties unten zwischen den
einzelnen Blüthentheilen Diese An
ordnung hat einen ganz bestimmten
Grund. Die Bienen, tvie die Insel
ten überhaupt. suchen aus der einen
Seite die Blüthen der- Nahrung-er
werbe wegen aus, dasiir tniissen sie
ihnen aber aus der anderen Seite auch
einen Gegendienst erweisen, nämlich
den bestuchtenden Blüthenstaub von
der einen Blüthe auf die andere über
tragen. Durch die Lage der Nectarien
lvktd nun gcwqhtlklsikl, daß die Jll
setten aus dem Wege nach den dortig
spendenden Quellen sich mit dem Blü
thenstaub. der an ibrem Körper bersten
bleibt, beladen und ibn ebenso an an
dere Blüthen, die sie später abiuchen,
wieder abgeben müssen. Je nach dem
Bau der Bliitben befinden sich daher
die Nectarien bald aus der inneren
Fläche der Kelchbliitter, wie bei der
Linke. oder am Grunde der Blumen
bliitter, wie bei der Berberinh oder
aus beiden Seiten des Fruchtirwteng,
wie bei der Butterbtunir. Auch die
Form der Nectarien wechselt. Bei der
Kaisertrone stellen sie eine kreisför
mige Grube dar, bei den Kreuzbliitbs
lern einen Höcker, bei der Lilie eine
Hoblrinne, bei dem Tabal einen Ring
und bei den Dolden-Gemächien ein
sleischiges Polster aus dem Scheitel
des Fruchttnotens. .
Viele Blüthen sind mit ander-sat
bigen, sich von der Grundfarbe ichars
abhebenden Zeichnunaem wie Pant
ten. Flecken- und Strichen, verziert.
Diese Zeichnungen, auch Sastmale ge
nannt, baben den Zweck, den Bienen
als Wegweiser nach den Nectarien zu
dienen. Aus diesem Grunde lind die
Sastmale auch alle nach den Nectarien
bin gerichtet. Besonders auffällig sind
die bunten Sastmale bei dem Stief
miitterchen, dem Ehrenpreis und den
Stellen.
Bei dem einen Theil der Blüthen
liegen die Nectarien ziemlich ossen zu
Tage, bei einein andern Theil mehr
oder weniger versteckt und durch be
sondere Einrichtungen wie Haar
biischel und Klappen ooe der Neu-ts
ung rnit dem Regen und dern Besuch
unwillkommener Gäste. zu denen na
mentlich die Ameisen gehören, ge
schäft. Je weiter außerdem die Ner
tarien von dem Blütheneinigang zu
rückliegen. desto ausfchließlicher wer
den sie von den langriisseligen Blu
mengästm den Bienen und Faltern.
ausgesucht und desto weniger sind sie
lurzriisseligen Fliegen und Käsern zu
gänglich.
Zu den Pflanze-n die als »Bienen
getoiichse« gelten, gehören alle Obst
bäume, namentlich die Kirsch- und
Aepfelbäume, sodann die Linde, Roß
lastanie, Weide, Atazie, Haseansz,
Heidetrnui, Buchweizem Mee, Wirte.
Sonnen-blume, Raps und heidelbeerr.
Besonders die beiden lehteren liefern
den Bienen in allen Jahren einen rei
chen Ertrag an— honig. Wenn das
Heidelbeertraut üppig blüht, so genü
gen den Bienen schon drei bis vier
Tage, um den ganzen Wintervorratd
einzulragen. Wird der Nektar vor
wiegend oder ausschließlichsvon Eist
pslairzem wie dern Eisenhut eingesam
melt, so erhält dadurch der von den
Bienen ausgespeicherte Honig gistige
Eigensschastem
Die herumschwärnienden Arbeits
bienen sangen den Nectar mit der
Zunge ein« die in ihrer ganzen Länge
mit Fasten besetzt ist. Ja den Haa
ren est sich der Nectar fest. Beim
Zurückziehen der Zunge wird der Ner
tar abgestreift, in den Mund genom
rnen und dann durch die Speiseröhre
in die honigblase gkicksiuckt die irn
Dinterlerbe unter dem ersten Rücken
bogen li . Jst die Honigdlafe mit
Rette-r ge "llt, la fliegt die Biene nach
use und ergießt ihn durch dsle
peiseriihre und den Mund in eine
Zelle. Während des Ausenthqlts in
der conigdlase wird von dem Nektar
—- —,·.
der Uehrslus an he er absrs irden
Dageqen wird ihrn m Ersn in
die llen Bienenspeisel und Inei
sens urr susestft der fertige spukt
besteht aus Fruchtzucker und Trau
benzucker, Schleirm Fiebstoss und
Ameisensiiurr. Den eingetragenen
Mg brauchen die sie-at ils zu
ihrer eigenenErniihrung ern-d r ihrer
Larven, theils zur Bildung des Wach
ses und theils endlich zur Aus wiche
rung eines Winternorrathei. der
Honig Iinen Sttckstoss enthöli.' is
können die Bienen aus die Dauer don
honig allein nicht leben; die Arbeits
bienen gewiesen deshalb zur Ernäh
rung außer deni unverdauteizen ho
nig noch Blüthenstaub, den sie bei dem
Besuche der Blüthen ebensalls sür sieh
einsammeln. An den dreieckig zusam
nrengedriiitten Schiean ter Din
terbeine der Arbeitsbienen befinden
sieh die Körbchen oder Scha feln, die
mit ihren Borsten einen klein n Klum
pen Blüthenstaub festhalten. Aus dem
in den Magen ausgenmnrneimr donig
und Blüthenstaub bereiten die Bienen
den Futtersaft, den sie der Königin
und den Drohne-Z mangels-ist ausge
bildeten Weibchen, date-Schen. Roten
Blüthenstaub sreiien Könioin nnd
Drohnen nie, tvohl als-r zu dem Fut
tersast auch noch Don-ig. Auch die
Larven der Arbeitsbienen erhalten als
Nahrung Futtersast mit Honig. dessen
Menge voni vierten Tag an erheblich
gesteigert wird. Daaegen tvitd den
Larven der Drohnen vom vierten Tag
an ausser mit Honin versetztern Fut
tersaft auch noch nicht verdauter Blü
thenstaub gereicht.
Ziemlich bedeutend ist der Honigbec
dars der Bienen siir die Machst-rei
tung. Der durch die Verdauung von
Honig nnd Blüthenstaub aus beiden
entstansdene Speisesast geht in’s Blut
über, aus dem sich dann das Wachs
ausscheidet
Kommt der Honig ohne weitere Be
arbeitung in den Waben ans den
Markt, so bezeichnet man ihn als
Schribenhonig. Die zartesten Schei
ben der Schwärme geben den soaes
nannnten Jitrrgsern-Honig. Werden
die Waben entdeckelt und wird ans
ihnen der Honig durch die Honigs
schleuder entfernt. so gewinnt man
dsn feist in helf-libe- SNoeideebnnin
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f Preßt man dagegen die Waben in ei
nem Preßfart aus und erwärmt den
Honig. so erhält man den Seirnhonig.
Außer im Haushalt wird der Ho
nig auch pharmaeeutisch als Arznei
gegen Brustiibel und zur Bereitung
von Salben verwendet. Fu diesem
Zweck wird der Honig in Wasser auf
gelöst. getocht, von Schmustheilttnn
befreit, filtrirt, durch einen Zusatz ron
Ein-riß geklärt und bis zur Snrudss
dicke eingedampft· Dieser gereiniate
Honig ist weingelb und durchsichtig
und hätt sich unter Verschluß sehr
ange. Werden in einein Zinngefiift
Honig und Weinessig eingedantpft, so
gewinnt man den Sauerhonig oder
DrnmeL ver mit Wasser verdünnt iiir
Krante ein erfrischendee Getränt ab
giebt
Der Honig-Ertrag ist durch Ver
Inehrung der Bienenstöcke noch tebr
steigerungsfähig. Gegenwärtig ma
chen sich denn auch Bestrebunaen gel
tend, die Bienenzucht nach Kräften in
heben. Hoffentlich sind diese Bemüh
ungen von Erfolg getrönt, sodaß der
Honig als ein wohlschmeckendes uan
aefundes Nahrungsmittel in immer
weitere Kreife Eingang findet.
Theo. Seelmann.
sie stritt-II s, sit sättige-e ver
ke."k«
ist itn Allgemeinen bekannt; er faßte
sie nicht mit harrt-schaden an, sobatd
sie nicht genau nach seiner Pseise tanz
ten. Daß er aber nicht nur auf dem
JGipfel seiner Macht, sondern auch
rdann- noch sehr tukz angebunden mit
ihnen versuht, ais et schon in akgeises
otängnisz getuthen war, ist aus einem
Briese zu erkennen, der im geheimen
russtschen Stantsakchiv. Abtheitung
dek ausgesungen-n Briefe, liegt und
von Schiemann im 90. Bund der hi
storische-( Inschrift vetössentlicht
wird. Der Brief« den der Herausge
ber in die Zeit bald nach dem 19.
Juni 1813 seht, lautet: »Nun-sinnt an
sen Kdnig von Bayern. Mein Herr
Bruder-! Jch gab Ihnen meinen
Kriegsministen gab Ihnen sinanzkunv
dige Leute und ein gutes Beispiel.
twsdem hoben Sie, wie ich mit Le
dnuekn sehe, teEnen Vottheil daraus
gezogen; sekt drei Monaten ist non
kaek Seite nichts geschehen. Jch gebe
Ihnen nun den Rath, adzudanten zu
Gunsten Jixtes Sohnes, bei dem ich
die zum Regieten notwendigen Ta
lente finde. ,Fük den Fall dieses Ent
schlusses werde ich Ihnen eine Ihrem
Rang angemessene Pension aussen-n
und nicht aufhören, mein Heu Bin
den Ihnen alle Zeichen meiner Ach
tung zu etwetsen. Np.«
-- -—--· - —--.-·
Seine Gedanke-n
Ontet: »Sol! der anwesende Ge
dankenleset nicht auch bei Die seine
Kunst versuchen ?«
Studiostm »Ach. Onlelchen. Du
kannst mit doch auch ohne diese Ums
stände sitnszig Mart putnpen!«
Ists-In
I. Student: «Htinge doch Deinen
Abteißtalendee in Ordnung! Wir
haben doch heute schon den achten und
Dein Kalender zeigt noch ten-net den
Ists-; L h
2. - tudent: . c die an -
nejnie Täuschung-" M ge