Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, May 15, 1903, Zweiter Theil, Image 12

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    — —- - .- -»«·..- sag-«- .
vsk setze- ng i«
IWIIU von Moeih Reichendach.:
i
Du Base- hieltsp Die prächtigenl
VII-strah- fchäumten in die ZiigeH
M sinkt Lesen erhob sich am den s
seidenen Polstern nnd stie aus. Wäh- ?
read er die hauethiic Hänge schlagt
eine Uhr die dritte Stunde nach Mit- (
ferne-?
Zufaig blickte nukt su dek sie-»ti
chku Sandsikitlfassade des Hauses em
r
»Er hat noch Licht,« murmelte er,
»ein rührendee Kerl —- «verftel1t aber
nicht die Kunst. zu lebens! Das Geld
isi des am Ende nur Mittel zum
Er stieg die breite Treppe empor,
stand einen Augenblick unschliissig und
fchiug den Weg zum Zimmer feines
Kmpagnons ein.
Daher schoß es ihm durch den Kopf,
wie wunderlich es doch fei, daß er,
dessen Wiege in einer ärmlichen Hand
werkerstube gestanden hatte, nun sein
Leben in vollen Zügen genoß, wäh
rend sein Freund Butter, dessen Va
ter schon ein angesehener Fabritbesitzer
und Chef der Firma Butter gewesen
war, arbeitete. ufn Geld und immer
mehr Geld zufammenzufchatm Las
sen hatte nie etwas erworben.
Der Zufall hatte ihn vor zehn Jan
ren zum Erben eines unbekannten, in
der Familie zur Mytbe gewordenen
Rubik- nenmrbt nnd ein nleickseg aijns
ftiges Ungefähr hatte ihm den jungen
Butter in den Weg griiihrL der sich
bereit erklärte, ihn zum Kompagnon
zu nehmen und sein Geld in feinem
Geschäft arbeiten zu lassen Ja, fein
Geld arbeitete, aber er —-- warum
sollte er ein gleiches thun? Butter
besorgte das ja so vortrefflich. Er
öffnete die Thür und prallte zurück
»Mensch, Butter, bist du das noch?
Wie siehst du denn aus’t« Heil beleuch
tet von den elektrisch dntzdgliihten
Blumenglocken der Wandlampfen,
stand Butter vor ihm, blaß.und über
wacht, mit tiefen Schattenrändern un
ter den Augen.
»Du, Kurt? Zu dicfer Nachtzeit?
Aber es ist gut, daß du kommst, er
fabren mußt du"5 doch« . . .
Kurt blickte erschrecti und befrem
äet in das blasse Gesicht des Freun
es.
«Erfal)ten muß ich’5 doch?" wie
derholte er derständnifilos, »ist denn
etwas passirt?«
Der andere lachte kurz auf, ein hößs
liches Lachen, es klang wie das Ras
seln zerbrochener Scherben.
«Trag’s wie du kannst. zu verheim
lichen ift ei doch nicht länger: wir fiel
len unsere Zahlungen eins«
Kurt taumelte zurück. »B:1rter, ich
bitte dich. Das —- das ist ja unmög
lich! ganz unmöglich!«
Wieder klang das häßliche Lachen«
0So mag Dir’s scheinen, und das
Deinige hast Du ja dazu beigetragen,
den Kredit dei- Hauses zu heben durch
Deine unsinnigen Ausgaben. Jch bade
Dich gewähren lassen, denn ein paar
Hunderttausende mehr oder wenigerl
bedeuten nichts bei einem Defizit don »
Millionen und es blendet die Leute —- l
ich glaubte, ihre blöden Augen undf
Dein göttlicher Leichtsinn würden mir !
helfen, die Krisis zu überwinden. Es !
tviire auch alles gegangen, da sallitte
Back, Ertacher folgte: jetzt sind wir an
der Reihe. Uebermargen stellen wir
die Zahtun en ein.« —
Kurt gtiZf anseine Stirn, er schüt
telte den Kopf.
»Aber-, wenn das ist« was soll denn
dann werden, was willst Du thun?'·
Butter zuckte ungeduldig die Ach
seln. ,
»Du sprichst und fragst wie ein
Kind! Bleiben wir ans freiem Fuß---«
»Aus freiem Fuß? Du glaubst al
so, man könnte« —
.Finden, daß wir verschwendet ha
ben, wo wir hätten sparen sollen ---—
ha, ha, was weiß ich, wie man es aus
sassen wird! Ich weiß nur« dass ich mit .
einem Defizit abschließe.' »
Dann schritt er. die Hände aus den j
Rücken gelegt, im Zimmer aus und ad. j
Mehr zu sich selbst als zu Kurt re
dend, murmelte er: «
»Die Bücher sind in Ordnung. Un
kedlichkeiten kann Niemand nachwei
en.«
Kurt stand noch immer neben der
Thüre. Er lehnte den Kopf Zurück an
die Falten der persischen Decke, die dort
hing, und schloß eine Selunde die Au
n. Ali er sie wieder öffnete, erschien
then alles wie ein unmöglicher Traum
ft
Es war spät am anderen Morgen,
als Lurt sich nach einigen Stunden
unruhigen halbschlummers von sei
nem La r erhob.
Der iener brachte das Frühstück
wie immer; aber wie lange schon hatte
Quer nicht mehr bemerkt. daß dieTasse
von seinem Sevresporzellan und das
Tal-let von Silber war. Heute sah er
beides, und zugleich empfand er, daß
kein anders servirtes Frühstück ihm
mehr stunden lönnr.
»Ein junger Mensch war heute srüh
hier nnd hat nach dem gnädian herrn
ragt,« meldete der Diener» Kurt
tdn taum. Mechaniseh trat er,
sie alle Morgen, an das Schränlchen
heran, in welchem seine Zigarren stan
sent tun dem geöffneten Kasten eine
» kna. zu entnehmen. Dabei siel sein
" - aus ein Ebenholztiistchen mir
Muttereislagem das aus dem Zi
·. Mist stand. M scheu l
; H denqu en me -
dg- M ex- wiederkoasth sragte
«-..-.-.·- »
»New-M des heijt ja meinetwegen
wie
Cs war ja eine so ateiehgiiltige
Sache. Aber iener Kasten? Prüiend
litt Kurto Hand darüber hin.
nn nahm er ihn niit sich und stell
tesiåhn por sich auf den Fest-Miets
ti
Langsain entziinbete er seine ho
vana und that ein e Züge. Der
Duft des Mottai im Verein rnit den«
feinen Aronia der Zigarre eri.hien ihm
so süß und angenehm wie noch nie und
zugleich mit dieser Wahrnehmung kam
ihm wieder bis Vorstellung des Mor
genö.
Sein Blick flog zu dem Pistolen
Kasten hinüber Er lehnte den Kopf
an die Divanpolster. Und zwischen
den bliiuiichen Ringen die seiner Zi
garre entstiegen und dem schwarzen;
Ebenholz war es ihm, als sähe er
Burters Gesicht auftauchen und hörte
seine trockene Stimme:
»Man geht nach Amerika nnd fängt J
noch einmal von vorne an.
Kurt schüttelte den Kopf. »
Womit soll er wohl drüben anfan- ;
gen? Von Geschäften verstand er
blutwenig; die interessirten ihn auch
nicht. Nein für ihn g( b es nur eins
und wag war auch weiter dahei. ? Hatte
er doch das Leben genossen wie we
nige! Nein, nein, das Glas sollte
springen, wenn der Trunk am besten
mundete. Aber einen Trunk wollte
er noch thun, noch einen letzten, vollen
Trunt aus dem Becher des Lebens-!
Nil-- inn- ihn is »ein-It bott- soll
te itnn heute noch einmal zutbeil wer- -
den. Ein Ritt auf esniem prächtigen
Vollbluthengst. ein Diner von ausge-- ’
iuchtestem Luqu mit einian Freun
den ---— er hatte ja so viele Freunde
heute noch --s— morgen freilich, wenn sie
erst wüßten —- vah! morgen tiimmerte
ibn ihre gute oder schlechte Freund
schaft nicht mehr; heute gehörten sie
ihm noch! Und dann wollte er den
Schmuck holen, den die schöne Lola so
sehr bewundert hatte --— ein Akt in der
Oper, dann zu ihr —- ein halbes Lä
cheln irrte um seine Lippen, fast hatte
er einen Augenblick feine Lage ver
gessen. Er zuckte plötzlich zusammen.
Hatte er denn noch Geld genug, um
diesen leyten Festtag zu feiern? Er
war doch kein Betrüger und wollte«
seinen Kredit nicht ausnutzem nun er
wußte, daß Alles zu Ende war! s
Mit eine-K gewissen Hast griff ers
nach seiner Brieftasche und zählteI
die Scheine: »Eins. zwei, drei« —
er lächelte. Ah, daß er das auch bers- »
gessen hatte! Er hatte gestern gespielt,
die 10,000 Mart, die noch in seiner
Tasche steckten, rührten wohl größten
theils davon her. Um so besser, so
waren sie sein persönliches Eigenthum.
Der Diener trat geräuschlos ein.
»Der junge Mann ist wieder da, er
meint ——«
«Also herein mit ihm und dann be
stellen Sie mir den Potrirnpos, ich
will ausreiten!«
Zwei Minuten später betrat ein
junger eMnsch das Zimmer. Seine
klaren, hellblauen Augen blickten mit
einem Ausdruck von verlegener Freude
Kurt entgegen. während er den runden
Filzhut zwischen seinen beiden hän
den vor dem Magen festhielt.
»Nun?« fragte Kurt mit einem
leichten Anfluge von Ungeduld.
Eine flüchtige Röthe bedeckte das
Gesicht des Jungen Mannes, seine
Augen blickten auf den Teppich
herab.
»Ich bin doch der Franz heider,«
sagte er rnit unsicherer Stimme.
»Der Franz beider ach, verzeih’,
ich erkannte Dich nicht ich war so
zerstreut « also Du bist es — wie
geht es Dir?'«
»Ich danle Dir -— Jlmens —«
»Bleib’ nur beim Du, alter Junge;
wir sind ja sozusagen Milchbriider «
aber warum hast Du Dich denn nie
bei mir sehen lassen? Und aerade
heute tommst Du —— wie ein Gruß
aus der Kindheit!«
Franz Heil-MS Gesicht glüht-.
»Ich wollte nicht unbescheiden fein,
weil Du -—— nein, das geht doch nicht
mehr zwischen uns —- weil Sie to
ein vornehmer here geworden sind ——--«
Rurt lachte auf.
.Lo·ß gut sein, Franz. sprich nur
von Dir! Wenn ich Dich ansehe,
fallen mir die alten Gelchichten alle
wieder ein« Wie wir zusammen in
holzpantosseln iiber die Straße lie
sen und Deine Mutter uns zusammen
prügelte, weil ich keine Mutter mehr
hatte und mein Vater sich nicht um
mich tümmerte.«
Jn nervöser Erregung sprach er aus
Franz ein, der ihn unverwandt mit
seinen blauen Kinderaugen anblickte.
Sonderbarl Seit Janren hatte er
kaum an die alten Zeiten gedacht und
jetzt, am lehten Tage seines Lebens, »
traten sie ihm so plötzlich vor die«
Seele —- mit einem jähen Crschrecken ;
blickte Kurt auf.
«Franz, Du kommst wohl wegen I
des Geldes?« ;
Franz saß auf der äußersten Ecke
seines Sesselö, er drehte den Hut ins
seinen Knieen herum, und ein glückli
ches Lächeln lag aus seinem stischem
Gesicht. verwandelte sich dann aber in
ein-en Ausdruck leichter Verlegenheit.
»Ja,« sagte er, »ich habe ja meine
Zinsen immer richtig bekommen iin
ornptoir, und es thut mir leid, kün
digen zu müssen, aber —- nämlich
weil ich heirathen will-« » Er tramte
in seiner Tasche herum und brachte
eine in Seidenpapier gewickelte Photo
Praphie daraus hervor «Das, das
st meine Braut, ich dachte, ich dürfte
das Bild rnitn ehmen und zeigen. denn
-o « ».-s«.-..- »s
— Alles. was wahr ist, sie ift das
bitbfebefte Mädchen in ganz Dobeilug
s-- und fo brav und gut unb an
tüchtig —-—, ich habe gewiß das groer
Loos rnit ibr gezogen! Aber ihr Vas
ter will nicht. baß wir heiraiben ehe
ich felbftftiinbig bin. Unb ba ba e
ich. ich wollte bitten, es mir nicht ii l
zu nehmen, wenn ich jegt das Gelb
lündigte «- ——-«
Er fah fragend und bittend zu
Kurt hinüber, der das Bild der Braut
noch in der Hand hielt und darauf
binabblickte, ohne es zu sehen. Vor
Rufs geiftigem Auge zogen ganz
andere Bilder vorüber Da war ber
Franz, wie er als lralbwiichfiger Jun
ge mit feinem Vormund zu ibm und
Barker gekommen war und gebeten
hatte, die neuntausend Mart. die der
Franz von feinem Vater geerbt hatte,
in Verwaltung zu nehmen. Wie
deutlich et sich erinnerte, und doch
hatte er das bisher vergessen! tin-b
nun «— Gewaltsam raffte sich Kurt
zufammen.
Kurt erhob sich mit einer heftigen
Bewegung; er war febr blas-» und
feine Augen hatten einen einenthiim
lichen Glanz.
»Du sollst Dein Geld Enden,
Franz, und zwar sofor: -—«
»Llch, um Gottes Willen, so ·neine
Est: es ja nicht; ich bitte doch recht
sein« ec- mir nicht übel zu nehmen·
Ich kveiß, mag sich gehört: Künsdi
gnngsfrist muß fein, nnd in drei Mos
rmen lommt es ja noch zurecht.«
»Nein, Franz, es lommt nicht zu
recht, und ich nehme es Dir auch nicht
noei — w:e sour: ich denn: W in
Doch Dein gutes Recht, mein alter«
ehrlicher Franz. Aber ich habe einen
Aberglauben dabei. Frage mich
nicht. denke nur, saß ich Dir oas
Gelb rnit dem Wunsche gebe, Du mö
gest Dir ein echt-es Glück damit mitn
«den. Da hast Du ee.« Er griff in
seine Tasche, holte die Scheine, die ee
bei Franzen-s Eintritt eingesteckt hat
te, wieder hervor und zählte sie aus.
»Es-is. zwei — neuntausend: uno
bier ist noch oer zehnte, den schenke
ich Dir zur Hochzeit. Franz; Du
mußt mir aber versprechen: daß Du
nnd Deine Braut an Eurem Ebnen
tage freundlich an mich denken met
k:t, willst Du?«
Franz stand sassungslos da·
»Das ist zu viel," murmelte er
Dann enolich, »das ist zu viel, daf
xars ich nicht annehmen ——·"
»Franz, alter Franz!« Kurt legte
die band aus seine Schulter und
blickte ihm mit einein so tiesen, war
men Blick in die Augen, als nähme
et Abschied stir’s Leber-. Franz fühl
te sich so bewegt, daß ihm die Thra
nrn in vie Augen schossen.
»Ja, ei giebt doch noch gute Men
schenf sagte er ergrisen, »und rvenn
i ich gewußt hätts Daß es so zwischen
uns steht, Ia hätte ich mich wohl
schon sriiher betrau:, aber ich dachte
immer: mit ver alten Freundschaft
ist es doch nichts mehr —«
.Un-v nun weißt Du es besser·
Franz, und wenn die Leute Schlech
tes oon mir sprechen sollten, dann
renle Du: so ganz schlecht ist er ooch
nicht gewesen; willst Du pass«
»Den wollte ich sehen, oet so etwas
wagen sollte!«
«Still, still, Franz! Niemand
:.·-eiß« was tommen mag. Und nun
nirnrn Dein Geld und s— sei gücklich
sei glücklich!«
»Der Poteimpos ist aesattselt,'« mel
de: e der Diener, »soll er noch herum
jgtsübrt werden?« Er glaubte wohl
—- 4 L« -1'-- W-c—..—- k--—-.- -----
IULA Uscskk UIIYIOLIIH fIlIIClI UUIIJZIU
lHerrn, der die Audienz des unbekann
ten Menschen so lange auf-dehnte, an
die Ungeduld des Potrirnpos erinnern
zu müssen. Ader Kurt nickte nur
f »Es ift gut, er foll warten.«
) »Ich will nicht länger ftZren,« sagte
Franz, eilig, »aber -—— wenn ich ein
nal wiederkommen diirfte —«
»Im Franz, Lamms wenn Dein
Herz es Dir sagt! Und nun lebe
Tropan
z Noch ein Blick, ein Graf-» nnd
Franz hatte das Zimmer verlassen.
i »Nun weiß ich doch Einen, der
Fweinern Sorge folgen wird —- Einen,
ifiir dessen Glück ich ein Opfer
-brochte. und dern ich etwas nützte,«
snmrmelte Kurt, ihm nachhinkend
«,.Meinen lehten Tag» habe ich wenig
Ifteni gut angewendet.«
Der Poteitndvs wartete. DerStall
tnecht wechselte einige tritifirensde
Worte mit dem Portäer, führte das
Pferd auf und ob, kritisirte und wor
tete wieder.
Da — ein unruhiges hin- und
Hergehen ins dem großen haktir. Thä
ren werden geöffnet und geschlossen.
Und fest kommt der Kammer-Diener
haftig die breite Treppe hetosln
»Es ift auj!" ruft er dein Portier
zu, Alles aus! Der junge Herr hat
sich etschpifen!«
»Herr Gott, das Unglück!'·
»Jo, für uns, denn hier geht jetzt
der Mach tos. Denken Sie an mich«
srsir können uns nach neuen Diensten
umsehen! Jch foll zum Doktor-, aber
den weckt er nicht wieder —- Schuß
mitten durch den Kopf —- ich derftehe
mich danaqu
Jst Boriidereilon ruft er noch dem
Mitknecht die Botschaft zu. Der Bot
rixnpos bäumt fich, dann- wird er fort- »
gefäbrt . . . .
Auf dem türkifchen Didctn feines
immeri - liegt Furt Laffen hänge-d
0 »O - ..--«.-»-—.-·
strertt, ais schiiese er. Die kleine Masse
Ist der herabgekommen Hand entstri
ien. und über das diasse Gesicht des
Todten hat sich ein Ausdruck zusrie
einer Ruhe get-reitet
——-—--—-. .--—-—
Des Dichters Idee.
humoresie von Emil Peschiarn
,.Es ist ioie perhert,« sagte Monsieur
Plot ( Firma PM, Gifsard etc Comp.)
eines Tages zu seiner Tochter Cle
mence. »Nun haben wir einen moder
nen Laden mit Spiegeisenstern, Sti!
und einer Miethe, daß ich gar nicht
d’ran denken mag, und doch iein Ge
schäft. Wir siyen mitten d’rin in einer
lebhaften Straße, die Leute lausen
vorüber rvie verrückt gewordene Amei
seu. aber sie kommen nicht herein. Es
ist wie oerhert. gerade als oh dieser
Lump Gissard allen unseren Kunden
einen Zaubertrani gegeben hätte, und
nicht blos allein unseren Kunden, nein,
allen Parisern. die Rippes in ihre Sa
lone stellen und Fächer, Armbiinder
oder Theekannen verschenken. Hof ihr
der Teufel. diesen Gissard!«
»Gestern Abend ist es doch ganz
hiidich aeqangen.« erwiderte Elemente.
die hinter der Kasse saß, in schüchtern
tröstendem Tone.
Aber Herr Ploi lachie nur höhnisc
aus.
»Hiibsch hübsch —- was willst Di.
damit sagen-» Zahle ich mit diesen
paar Francs meine Miethes Zahle ich
damit diesen massenhasten Aufwand?
Die Leute, die das Geld zum Hineins
iverfen haben. kommen nicht herein.
ilnd die allein machen das Geschäft«
SN- bzimfe mrf hie vorn hunderj
Francs nicht sehen sollen, Papa. Hät
test Du wie Gifsard einen Laden auf
dem Bouledard gemietliet, ginae ec
vielleicht auch besser. Unsere Straße ist
keine, in der man aus- und abschlens
dert.«
.So — -- Du machst mir noch Vor·
wiirfe!« brauste Herr Plot aufs Neue
auf. »Vorwürfe! Ei seht doch! Vor
tvürse vo; dem Mädchen, fiir das ich
arbeite, frir das ich sorge. Und Thra
nen auch noch! Wenn Du nicht immer
dasäßest wie eine getnickte Lilie, wenn
Du lustig wärest, den Leuten den ßoi
machtest, ginge es vielleicht auch besser.
Aber wenn Sie glauben. damit etwas
ertrohen u können, Mademoiselle, so
täuschen ie sich. Dieser Lump Gif
fard —— ich wollte sagen, dieser Mo
dier, dieser George Morier wird nie
die Ehre haben, Clemenee Vlot vor
den Altar zu führen. Da tönnte er
noch eher mein Kompagnon werden —
dieser vertannte Dichter. dieses »n
gliictliche Genie! hahaha!«
Herr Plot begann aufe- Nene seine
Wanderung durch den Gefchiiftsraum
Der Versinacher Morier sein Kompag
non! Dann wäre das Geschäft erst
lusti geworden. habahaL
.åeorge verdient Deinen Spott
nicht,« erwiderte Elemente unterTiirii
nen. »Er ist arm, aber auch wir sind
orrn· Und daß er ein Poet ist —«
»Ach was, Poet! Bin ich vielleicht
ein Mensch ohne Bildung und Erzieh
un ? Wenn Herr Ohnet oder Herr
Sa dou um Deine Hand werben wür:
den » — ah —- sapristi -— ich würde mich
nur geschrneichelt fühlen. Das ist
Poesie, das ist Kunst. das hat einNecht.
Achtung zu oerlangen.«
»Georg ist noch jung. Es ist ia lau-o
ein halbes Jahr-, daß er seineerste
Sammlung veröffentlicht hat«
»Ein halbes Jahr! Drei Viertel
Jahretsind es! Und wer hat das Dina
etauft? Ein Buch, so diinn wie eine
essertlinaeS Und dieGedichte so tun.
als ob er keine Zeit gehabt hätte, sie
fertig zu machen. Ich, MauricePlot.
verstehe Gott sei Dant noch etwas von
Poesie. Aber wenn ich ein Gedicht von
Viktor Hugo las, so hatte ich nie Zeit,
es zu Ende zu lesen. Pers ist Poesie
das wird getauft. Ich aber muß das
Unglück haben,,daß meine Tochter sich
in einen George Morier verliebt. Erst
gantt sich dieser Lump Gissard mit mi
und grundet ein neuer- Geschiist. Dann
bricht man uns die Nachbarhauser ab,
und die Kunden, die Gissard nicht ent
führt hat« scheuen vor dem Bauschmuh
zurück. Und damit sdas Maß des Un
gliieto voll ist, seht sich das Kind. das
ich liebe. für das ich arbeite, in der-.
Kopf, einen Menschen zu heirathen,
der tein Vermögen und teine Stellung
hat und der nichts kann. als Verse
machen —— neisc nicht einmal das. Aber
daraus wird nichts und ich werde der
Sache jetzt ein Ende machen. Wenn ich
nur will, dann tann ich auch ein Wü
therich sein, das werde ich Euch zeigen.
l Und wenn ich auch die Leute nicht in
I mein Geschäft locken kann, diesen
s George Morier hinauswersem das
; tann ich. Ah—sapristi »Sie torns »
s men rnir gerade recht·'·
« Er hatte sich nach der Ladenthiir
i gewendet, durch welche eben ein schlan
ter junger Mann mit eine-n schwarzer-. .
E Schnurrbärtchen, blassen Wangen und
sanften braunen Augen eingetreten !
war. !
Es war Niemand anders als George i
Mo ier, der Versmacher.
»Das sreut mich, Papa, daß iLJ
Ihnen recht tomme,« sagte er lächelnd,
zugleich Elemente einen göttlichen Blick
zuwersend »Leider kann ich das ja
sonst nicht immer sagen. Aber heut
. . . ach. Clemenee, das arme Lämm
chen, hat geweint. haben Sie ihr wie
der eine Szene gemacht, Sie Wüthes
rich? Eine Szene, die doch Niemand
siir Ernst nimmt, als das gute Kind«
«Faseln Sie nicht wieder, Sie —
Sie Verimacher,« brummte Monsieur
Plat. »Ich habe eben gesagt, daß ich
» Sie hinauswersen werde —«
Rtirr n! Rein, Papa —- Sie witrden
nicht e nmal Gifiard hinausmrten—«
»Was —- dietenClendem diesen Dai
lauten, diesedniine, die ein ei ene
Gesetiift grünt-ein nachdem ich ·e an
meinem Busen gewärmt hatte -—«
»Um Gottestoitlen — werden Sie
nicht poetifch, Papa! Lassen wir Gif
fard qan aus dem Spiele. Und wenn
Sie ser « solch grausame Entschlitsse
gefaßt haben sollten —--— Sie werden
mich heute gewiß nicht hinauötverfetn
denn ich tomme mit einer phänomena
Eeu Jdec.«
»Sie brach mir das Herz und nun
habe ich Schmerz —- wie?«
»Statut-en- tvir ernst. Papa. Meine
Idee hat mit der Poesie nichts zu
thun. Gedichte ernähren teinerr Mann
—- und Mann nnd Frau noch weni
ger. Pardon, Papa —- ich spreche
ganz im Allgemeinenr«
»Nennen Sie mich nicht immer
Papa. Ich din nicht Ihr Papa.«
»Aber Sie werden es bald sein. Die
Eielle im Ministerium ist mir fast
sicher —««
»Mit ziviiiftiundert Franks Ge
i:a1t!«
»Ja diesen z.völsbundert Francs
werden einige Franks iommen. die ich
mit meinen Versen verdiene. Ob,
lichen Sie nicht, der Anfang ist ge
macht. nUd das Uebriqe werden ivir
mit meiner Idee verdienen. Ich trete
in Jhr Geschäft, Papa —
Monsieur Plot lachte, ais- miiizie er
l-e:ften. «
»so mein Geschäft ——- Sie als
Nachfolger Dieses Hallunten Gif
l sard — — "
«--»- ---I. —:.t.; -i- RA
»EUIIUMUIU uqu tot-» un- oqol
Roms-eignen Ich bin bescheiden,Papa.
Jn der ersten Woche als Votontär »
ohne Besoldung, in- dser zweiten Woche
cis Kommis, in der dritten als Korn
pcgnon der Firma PM, Gissard und;
Co» in der vierten als KompagnonI
:er Familie Plok —«
»Ihr bescheiden —- aber ich brau
che weder einen Volontär, noch einen»
Kommis, noch einen Roms-rinnen«
noch —'· "
»Ach, Papa, lassen Sie mich doch
aussprechen Ich weiß, daß Ihr Ge
schäft leider schtecht geht. Was Sie«
brauchen, isk KundschosL Und die
werde ich Ihnen verschaffen.« »
»Sie —- Sie!« —- Herr Ploi suchte
von Neuem. Sie wollen erreichen,
was mir nicht gelungen ist? Rennen
Sie nicht die Kraft einer alten Firma,
die mir diese Hyäne Gtssard nicht«
rauben könnte? Ja, wenn Sie Vic
trrien Zardou hießen, könnte man»
Ihren Namen in die Firma ausneh-»
men. Aber George Marter! Was-s
wollen Sie denn eigsenttich thun, wo.
steckt denn Ihre Joeek« i
»Ich werde ver Redakteur Jtzresi
Schnusenisters sein.« z
»Redakteur -— meines —- Schau-s
senster67« "
»Ja, Papa, das ist meine Idee.
Eine großartige Idee, die mir gestat
tet, meine Talente und Kenntnisse in
origineller Weise zu verwenden- und
Die Jhr Geschäst zu dem bekanntesten
nnd gesuchtesten von ganz Paris mo
chen wirs. Sperren Sie den Mund
nicht so aus, Papa, ich bin: nicht ver
riickt. Ich liebe Clemenoe, und die
LLebe hat mir auch diese Gdee einge-:
geben« —- preisen Sie unsfere Liebe,
Papa! Jn hundert Jahren werden die»
lHistoriter schreiben: »Wer-tin Plok,
Luxnsrooorenhändler in Paris, Rue
Max-kleine 14 wor der erste Ge
« «- k-:
c
exrer--.-...- «--.. -.. LI---·4-..
swassslslsslllds US LIDIDII ·""IOUOIIUI
«
Leg Schausensterzs anstellte.« Aber ich
glaube, Sie verstehen mich noch nicht
ganz. Hören Sie also! Meine Jdee
ist einfach die: Ein Schaufenstek mask,
scll es wirklich eine Anziehungslraft
ausüben, eine Art Zeitung sein —
Alles muß das Schausenster spiegeln,
nsecktselnd wie es der Tag bringt. Was
Zola schreibt, was in ten Kammern
geschimpst wir-d, was vie Diplomatie
liigt. was Tolstoi predigt, was die
Schüler Pasteurs mpfen, was unsere
iSchuspielerinnen an: orer ausziehen
i- das Alles muß auch der Stoss des
ISchausensters sein. Jedes Geschiin
«cebeitet« natürlich, soweit es ihm seine
"Mittel gestatten —- wir aber lönnen
uns fast Alles erlauben. Wir handeln
ja mit Nippessachem mit Galanteries
waaren, mit Brochen und Amt-än
dern, mitPhotographierahmen Pries
taschen, Statuetten, Fächern und al
lem möglichen Schnickschnack. der für
eine illustrirte Zeitgeschichte kostbare
Material liefert. Sie, Papa, geben«
mir den Nohstoss und bisweilen grei
sen Sie in vie Kasse und sausen ein
paar Photographien oder lassen ein
paar zeitgemäße Nivpessachen anfer
tigen. Und ich stehe Ihnen nzit meinen
Kenntnissen, meiner Beobachtung,
meiner Phantasie bei. Wir werden
mit ein-ern Wem gesagt, Paris die
Welt im Schausenster zeigen, nnd
Papa — nun, dann wird es nicht
lange dauern, und Elemente ist meine
kleine Frau. Daran gebe ich Jhekn
mein Wort.« —
Derr Plol hatte während dieser
Rede keinen Blick von dem Gesicht des
Verehreri gewendet. Der Aus-den«
des weißt-, des Staunen-I verlor sich
allmählig ans seinen Ziig «- er
schien In verstehen — irr-Ia endlich
sprang er aus und reichte Messer die
hand.
»Eingeschlagen, George,« sagte er.
Ehre Im its entwich-M- ich hätte
..«.«- -«-..-«—. —«-. -—., ..-.. —
sie Ihnen nicht zugetraut Pieier
ezende Oissara » oh —- Sie sind also
enge-sitt — einstweilen als Redakteur
meines Schaufenstrtö —·" »
»Und dann als Eigenthümer.' fiel
sterte George Cienienae ins Ohr.
- e «
Seitdem sind Jashee vergangen Die
Idee George Marias hat sich vortreff
lich bewährt und »Mot, Gissarv Fe
Ccmp.« ist mit dieser Idee wahrhaft
wunderbar emporgeblüht. Das von
George Merier redigirde Schaufenfter
erregte sofort Sensatinm die Bor
iibergehenden blieben stehen« die
Bummlee kamen herbei und unter den
Sckpulustigen fanden sich immer ge
nug« die Häuser wurden. Gegenwär
tig hat Monsieur Plosl keinerlei Sor
aen mehr, und George und Clemence
find längst ein« glückliches Paar ge
morden.
Ader auch den Versen George Mo
riers ist seine Jdee zu Gute entom
men. Monsieur Plot führte eines
Tages Briefpapier ein, das mit klei
nen, von feinem Schwiegeefohn ver
fȧten Gedichtens versehen war, und
Ii das Papier «chic" wurde, wurde es
auch der Dichter.
Die Wege des Schicksale sind eben
i» wunderlich, daß auch ein Dichter
Essen-eilen «sein Glück« macht« . . . .
«- ——.-.-—- -- «
bin Feind de- sure-.
Ueber einen heiteren Kollegenftreich,
der dem Wiener Butgschauspielet
Sonnenthal gespielt wurde, berichtet
der Theaterplauderer des »Wiener
Fremdenblatts«: Kürziich gastirte
here Sonnenthal als Wallenftein in
Yilsen uSAonnentbal in der »hellen"
Biernaou Va- ronnre man im Duka
theater taum fassen, denn der Künst
ler ist gerader ein Vierhasser. Als
Freund der Geselligteit wiirde er ia
ern dann und wann die Runde seiner
Freunde und Kollegen im »L«o·wen
bräu« theilen, wenn es dort nur nicht
immer von der benachbarten »Schant".
so säuerlich nach Bier riechen würde.
Aber gerade den Tropsbiergeruch der
Schantstube kann er seit jeher nicht
ausstehen. Dae Pilsener Publitum
hatte siir Sonnenthal stets Zeichen be
sonderer Verehrung, und deshalb ging
der Künstler gern hin. Sonnenthat
wurde des Morgens durch ein Ständ
chen überrascht. tsine Devutation er
suchte sodann den Künstler, aus dem
Frühstückszimmer in die «—— Schaut
stube des Hotels zu treten. wo ihn das
sgesammte Personal des Pilsener
Stadttheateri erwarte. Und richtig
hier standen alle Pilsener Mimen in
den »Wallenstein« - Kostiimen. Un
willkürlich mußte Sonnenthal aus den
oerhaszten Schauplatz treten. Er
tonnte auch nichts thun, alo plötzlich
ein Sprecher aus ihn losging nnd eine
tolossale Rede hinaussandtr. Als je
doch der Sprecher zur Schlußapo
strophe kam und augries: »Und nach
alter Pilsener Art überreichen wir
Dir, Meister, zum Zeichen unserer
Verehrung und Huldigung, einen srii
schen Trunk schäumend klaren Pilsei
ner Bieres »- den Ehrentrunk, Dei
neu Lieblingstrunt!« da war Son
nenthal bald einer Ohnmacht nahe;
denn aus das Zeichen der- Sprechers
war ein triistiger Mann herbeigeeilt,
der ein geradezu saszartigeg Trinkge
siisz mit Bier gesiillt in vänden hielt.
Sonnenthal nippte verlegen und war
sroh, dasz die Sache zu Ende war
Denn der säuerliche Biergeruch war
ihm schon gewaltig in die Nase gestie
gen, da die Feier ungliietlicherweise
gerade in solch einer rperhasitenc««---chankv
stube veranstaltet wurde. Der Zug
der alterthümlich tostiimirten Schau
spieler nahm alsbald Sonnenthal in
bis Witt· nnd Um sit-It di- tin-n
Straße bis zum Theater. Ganz Pil
sen war auf den Beinen. Der Mann
niit dem saßariigen Trinkgefiifz ioirh
aber nicht von der Seite Sonnenthalg·
lfndlich tam er ine- Theater. Man
stellte das Ehrenbier in die Garderobe.
Sonnenihals, und nach jedem Ali-«
fchluise kam der Mann mit dem gro
ßen Gefäß und fragte, ob Sonnentdal
etwa frisches Bier wolle. Der Künfti
ler dankte anfangs verbindlich, wurde
aber schließlich böse und schrie, man
möge ihn doch endlich einmal mit dem
Bier in Ruhe lassen; er hasse diese
Getriint und habe seit dreixig Jahren
teinen Tropfen hinunterge rachtl Be
stiith eilte der Mann mit dem saß
artigen Becher zum Regisseur. Er er
stattete ihm offenbar die Meldung,
dasz Herr v. Sonnenthal böse fei.
»Verzeihen Sie, berr v. SonnenthaL
entfchuldigte sich nun der Regisseur
mit tiefer Betrübnis bei dem verehr
ten Gaste, «wir glaubten, Ihnen mit
dem Ehrentrunt eine Freude zu mei
chen. Jhr Kollege, here Reimen,
sagte uns doch ausdrücklich, wir müß
ten Sie wiihrend des ganzen Tages
und selbst während der Proben immer
und immer mit frischem Bier versor
gen!« »Der Elende!« rief Sonnen
thal aus. Er hatte nämiich bisher
nicht daran gedacht, das; sein wohlge
lauiiter Kollege Reimero gerade zwei
Tage sriiher ebenfalls in Pilseii ga
fiirt hatte. « ,
——--·--.-——-o
Messworiliichitk
Frau X.: »Sie waren gestern auf
einer Soiree, wie war-s denn dorti«
Frau Y.: »Prachtooll, die illustrie
tkfie Gesellschaft, die sich deuten läßt«
«Iiuh eine Antwort.
Schneiden »Am Ende, herr Dol
Fn muisen Sie ja doch einmal bezah
n."
Student: »Freilich werde ich ein
mal bezahlen, wozu auch ther.«