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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (April 24, 1903)
·.--«---.-».- — Cis-euer ersauft I Erzählung von Anna Monningers LURL Der Zirius Bittermann machte in dieser Saison brillante Geschäfte Je den Abend war das Hans bis auf den W Platz ausoertauft und —- was der Stolz des Direktors wor —- die exen Reihen der Sitze stets von der « reine der Gesellschaft« bese t. Der »Stern« der Künsterfchaar me eine junge Schulreiterin von ei « martiger Schönheit und Annmth. lgo o. Rodeck erfreute sich schon des halb besonderer Beachtung, weil Frau mo von ihr erzählte, daß sie die ochter eines vornehmen Gutsbesihers sei, der sich durch allzu floties Leben ruinirt und dann erschaffen habe. Bei den Kollegen war di: Schulrei terin im Allgemeinen nicht fonderlieh beliebt, iie war lzwar freundlich und liebenswürdig mit Jedem, aber es lag dabei ein undefinixbares Etwas, eine ewisse Unnahbarteit in ihrem We en, das ihr gegenajber den ungezwun genen, oft auch frivolen Ton, der un ter dem bunt zusammengewürfelten Völkchen herrschte nicht gestatten. Olgas glühend-sie Feindin war die erfie Soloiönzerin des Zirkus, Fer nando Rizzio, eine ebenso schöne, als wilde, heißblüiiqe Spanierin. Fer nando liebte mit der ganzen Glutb ihrer leidenschaftlichen Natur Rolf Tibelti. den gefeierten Turnertönig, und dieser oerschmähte ihre Liebe um « Olgas willen, der er die größte Ver ehrung entgegenbrrchtr. Eine große Geier-Vorstellung be oann eben. ein fchneidiaer Rocken war — daran, das Publitum zu unterhalten.i Die Gebrüder Tibelti standen in eifri- . gern Gespräch vor ihrer Garderobe, sie kamen bald an die Reihe, auszutreten und hatten eben ihre Toiletten been det. Körperlich einander ziemlich gleich, hohe, geschmeidige Gestalten, mit kräftigem Gliederbau waren die beiden Brüder doch im Charakter rundverschiedem Rols war ernst, Holz, leidenschaftlich, ieichi erregbar, Leon besaß ein weiches Herz und ein ideal angelegtes Geniiiib. »Was ist Dir?·' fragte Leon eben, dem Bruder besorgt in die Augen bli- 1 elend, »Du scheinst erregt, hat Dir; Fernando wieder die Hölle heiß gest macht?« »Die Schlange,« erwiderte der An- » geredet-: finster, »er verfolgt Olga un- J aushörlich mit ihrem Haß und ihrer Chiiane und ich bin noch immer außer Stande, ihr das Handwerk zu legen. Siehst Du, wie sie dort wieder mit dem Buben, dem Frei-, tuscheltZ Jch wette. sie beauftruqt ihn, die Claque Zum Pseisen und Zischen zu bewegen, wenn Olga auftritt.« Rols trat auf die Schuireiterin Zu« Leons Augen folgten ihm mit schwer miithigem Ausdruck und ein tiefer Seufzer hob seine breite Brust. Wie besorgt der Bruder um die Geliebte ist. wie er sie immer zu schützen sucht vor den hömischen Angriffen neidi scher Kollegen. Jetzt reicht sie ihm lächelnd die band-er drückt sie innig ais-die Lippens . . Leons Miene umdüsterte sich mehr und mehr. »Es muß doch siiti sein« solchen Dank einzuheimsem dachte er weiter, ,warum habe ich ihn mir nicht verdieni? Es wäre ein Leichtes gewe sen. Sei still, mein Herz, und grollt nicht, Du wirst noch manchen Stoß zu ertragen haben. Aber Du mußt Dein Geheimnis hüten. Deine Liebe eins-Ir gen um des Bruders willen. Er ist der Aeltere — er hat Olaa zuerst ge liebt, er hat des Vorrecht. Du mußt schweian und dulden lernen —- noch ist Olga ja nicht Rolfs Braut, noch ist das bindende Wort zwischen Beiden nicht gesprochen —— aber wenn sie es ist —- wenn Du erst sehen mußt wie die Liebenden liissen und tosen —ah . . .!'« Leon war tief erblaßt unter dem Eindruck auälender Gedanken, wie ein Stöhnen entrang es- sich feiner Brust· »Madonna — wag machen Sie fiit N eine Jammermiene?" fragte plötzlich eine spöttische St: mme neben ihm, und ausdlickend gewahrte er Jeman do, die ihn lachend betrachtete »Ha ben Sie so tiefes Mitleid mit der ar men Rodeck« die da draußen gerade ausgepfiffen wird's« »Sie wird nichi ausgepfiffem wie Sie hören,« gab Leon gereizt zurück, »wenn Sie sich auch Mühe gaben, ei nen solchen Eilat herbeizuführen Se hen Sie,« fuhr er triumpbirend fort, ,da muß sie die letzte Runde sogar wiederholen!« »Ich gönne ihr und Ihnen die Freude. Aber warum stehen Sie hier und nicht dort an der Thür? Fräu lein Olga wird troftlos sein, wenn sie ihren Erfolg nicht von Jhnen beobach tet fiel-U »Was sollte Ftsulein Rodeck daran liegen. von mir erhen zu werden? Rolf steht ja dort. »O Sie naives, großes Kind — kosten Sie wirklich nicht wissen, daß dk fchiine Olga an Jhren blonden Lo chen nnd blauen Zagen mehrGeschmack , als an dem brünetten Rolfi Osten Sie noch nicht bemerkt haben, , Its ihte fchmachteaden Mitle. ihre Ipiiettenkänße «fiir Sie sind, nicht fiir dif. das. isW SI« fuhr Ltvn zor , I M- Thisbe nicht daß Sie m Sei-Jeden der Danke und inei Ie- seudet spreche-a « IHP fpssttete da Tänzerin unbe ist-eite- .es ist Ihnen nnbeauenn ·— O is die sOcerterr Wckt Mich bäten-Sie — doch ihr süßes Geheimnis so gut, das selbst Reis nichts merkte. Der arme Reis — wie ungliicliich wird er sein, wenn ihm seine Liebste eines Tages erklärt, daß nicht ihm, tandem seinem Brüderehen ihr Herz gehört . . . un gezogener Menschl« unterbrach sie sich plötzlich seihst, denn Leon hatte ihr rnit verächtlichern Blick den Rücken ge wandt und war davon gegangen. Ei war an einern Vormittag, we nige Tage nach dieser Unterredung Soeben hatte man die hauptptohe zu einer neuen esseltvallen Pantornime beendet, und die Künstler und Künst lerinien zerstreuten sich nach allen Richtungen. Die Gehtiider Tihelti, die auch in der Novität beschäftigt- waren, trean ten sich in der Arena — Noli dlieh zu rück, um noch einige Kunstgriffe am Recl zu versuchen. Leon eilte nach der Garderobe. um sich umzullsidem Dort angelangt, sah er sich plötzlich Fer nando gegenüber, die ihn erwartet hatte. Seine Miene verfinsterte sich —— er ging diesem Mädchen, das er haßte, beharriich aus dem Wege und eben so heharrlich suchte sie den seinen zu lreuzen. »Was wollen Sie?« herrschte er sie an. »Sie sprechen —— allein und unge stört« ich habe Ihnen viel zu iagen.'« Mit vibrirender Stimme, in sicht barer Erregung lsegann sie: »Die Saison neigt sich Ihrem Ende zu, noch wenige Wochen und das Schicksal zer streut uns in alle Winde. Mich tust ein Engagernent nach Wien —- die Gebeiider Tibelti nach Berlin. Wo Olga v. Rodeck bleiben wird. weiß ich nicht. Jch vermuthe, daß Noli Ti belti versuchen wird, sie vor Schluß der Saison noch zu seiner Braut zu machen und rnit sich zu nehmen· Aber so lange in Fernaudo Rizzio noch ein Athernzug le wird das nicht gesche hen — hören Sie —- ich will es nicht ich dulde es nicht!" ·,Leon!« fuhr sie fort. den drohen den Ton plötzlich in einen weichen, stehenden verwandelnd, »ich bitte, ich beschwöre Sie. heisen Sie mir! Jch liebe Rolf bis zurn Wahnsinn, ich tann ihn nicht lassen. Und ich weiß bestimmt, daß Olgas Herz Jhnen ge hört. Leon — ja, ja —- Sie diirfen es glauben, wir Frauen sind scharfsich tig in solchen Dingen. Und ebenso bestimmt weiß ich, daß Sie Olqa lie ben, widersprechen Sie mir nicht — es ist so. Sie wollten sich opfern, um dem Bruder- nicht im Weae zuiein. Das ist vielleicht groß und edel — vernünftig ift es nicht -—— Sie opfern Olga und mich. « i »Leon, ich beichwöre Sie sprechen Sie das erlösende Wort zu Olga, be vpk Noli sich entschiießt;. sie wikv mit! tausend Freuden Ihr Eigen, Sie wer sden glücklich, Leon, und Noli wird« j sich iügenk »Mir bleibt die süße Aufgabe, ihn zu trösten —- des Bruders willen wird er sich trösten lassen!« Wie lockend und einfach sie Alles zu schildern wußte! Jn mächtiger Er regung hob und senkte sich Leons Brust. Wenn er, es thiite, wenn . . . Aber nein. Er kannte das leiden schaftliche Naturell des Bruders zu gut, er wußte, daß feine Liebe zuOlga sein Leben war — er würde sich nicht ’ in die veränderte Thatfache fügen, nicht trösten lassen von einer Andern — es gäbe ein Unglück . . . Das Biife dürfen und nicht wollen, Es flieh’n, auch wenn es leuchtend glänzt, Das ist der hoghe Sieg. nach dem wir rinng ollen . . . klana es rnabnend durch ieine erreaten Sinne. Und ich will ringen nach die sem Sieg — schweige Herz, schweige Versucherin! »Ich tann Jbre Wünfche nicht er füllen, c«5ernando" lagte er teile, fast mitleidig, begraben Sie Ihre hoff nungsloie Liebe. wie ich es tin-e. Rolfs Glück ftebt mir näher als das Jhriae.« »Ist das Jbt letztes Wort, Sie Narr?« »Mein letztes « »So mögen Sie dir Folge Jbrer Blödigieit tragenl« Und lrachend flog die Tbür ins Schloß. Der Abend der Erstauffiibrung der neuen Pantornirne war gekommen. Daj haus war wiederum ausgetauft, man folgte mit gefpanntern nteresie der ebenso originellen als gr artigen Vorstellung Ein orientalischei Mär chen, dai die Grundlage der Panto minre bildete, gab Gelegenheit zu rei cher Entfaltung von Pracht und Luqu in Dekoratiouen und Gewän dern. Das gefammte Personal des Zirius hatte mitzuwirken. der Ein druck des sarbenbunten Gesammtbil des war ein überaus reizooller. Die hauptaufgabe lag natürlich in den händen des Ballette —- die üppig schöne Prima-Ballerina feierte mit ibren Sold-Nummern große Tri amphr. .Ein berückend schönes Geschöpr fliisterte einer der Offiziere in den Parterrelogen feinem Nachbarn zu, »Wreißend wie eine Bachantin.« Und gefährlich wie eine Tigerim wenn ich mich nicht tänlche.« lachte die ser,««ich mächte ihren Zorn nicht rei zeu. Sie Jah in der That gefährlich ani, die schone Fermda, ein unbeirnlichej Feuer gläbie in den dunklen Ange ad ihre Bewegungen hat bei aller Er ie etwas erschreckend t. Ein M che- söcheln nmfpieth re votl —--»-.- — —- ..« Lippen, als eben Otga von Rodeck in dem reichen Kostiim einer indischen Prinsessin aus ihrem weißen lter in die Arena ritt, unbeschreiin an muthig, ruhig und vornehm, jeder Zoll eine Dame. Mit stillem Entzücken blickten die Gebriider Tibelti auf die liebreizende Gestalt, als aber Leons Augen un willkürlich oergleichend hinüber schtoeiften zuIernando,erschrack er bis ins Jnnerste über den Ausdruck ihres Gesichte-Z —- er fis-g an, diele Sata nella zu fürchten. Nun riistete man sich zum Schluß tableau. Der Prinz hatte feine Prin zessin glücklich erlöst und fiihrte te im Triumph in ein festlich geschmücktes Schloß. Farbenprächtige Beleuch tung, duftiger Binmenregen, jauch zende Musiitveisen, donnernde Freu denfchiissk empfingen das hohe Paar an der Psorte — schon begannen sich die Dände des Publikums zu begeister tern Applaus zu rühren, als ein schriller Schmerzensruf durch das freudige Getöse drang. Mit einem Schlage war das glän zende Tableau zerstört, --- mit aufge regten Mienen umstand die ganze pbantaftisch geschmückte Schaut eine zusammengesuntene Gestalt —- ver worrene Rufe nach Wasser. nach einem ’ Arzt wurden laut. »Was ist geschehen —- lver ift’s,'« rief es im Publikum. »Rolf Tibelti —--- erlchossen.« war die Antwort. Ja dem einfach ausgestatteten Zim- . mer seines Hotels saß Leon Tibelti, den Kopf in dieHand gestützt, die Brust mit wildem Schlnchzen erschüttert. Er l hatte mit dem geliebtes Bruder Alleg, i was ihm das Leben erträglich machte, —— ein Stück seines eigenen Selbst ver loren —- trostloseLeere und Oede fühlte er im Herzen, starrte ihm entgegen, wohin et blickte. Stürmisch jagte das Blut durch seine Adern, dumpfes, aualvolles Hämmern erhiyte ihm Schläfen und Hirn. Nur einen klaren Gedanken konnte et fassen, ein einziger beherrschte ihn: Rache iiben fiir die Schandthat, die ibm das Theuerfte geraubt, blutige Rache. Ein Klopfen an der Thitr unterbrach fein Grübeln. »Die Dame wünscht Sie zu spre chen,·« berichtete der eintretende Kellner, eine Karte überreichend. »Olga v. Rodeck - - lassen Sie die ’ Dame eintreten-« t Mit dem Ausdruck tiefster Beweguna l und Theilnahme streckte Olga dem( Ueberraschten beide Hände entgegen. s »Es ist wohl unpassend, daß ich Sie » in Ihrem Hotel besuche, armer Freund, « aber ich kann nicht anders ——eö litt mich nicht zu hause in der Ungeiviß heit. Sagen, erklären Sie mir, wh: das Unglück geschehen ist, noch ist ja Niemand zur Besinnung gekommen, der Direttok und die Kollegen befinden sich in unglaublicher Verwirrung — Nieniand iann Auskunft und Aufna rung geben. — Seit heute Morgen bat sich die Aufregung noch gesteigert, der Stallmeister brachte die Nachricht, die » Rizzio habe Gift genommen und sei nach dem hospital geschafft worden — es ist klar, daß dieser Selbstinord mit dem Tode Jhres Bruders zusammen hängt, sie soll Rolf sehr geliebt haben « »Sie liebte ihn so sehr, dasi sie seine Mörderin wurde,« klang ei dumpf voi. Lepnö Lippen. «Leon —- sind Sie bei Sinnen? Er wiite gemoidet, kein unglückicher Zu fall hätte ihn getödtet und sie, sie hätte ei gethan?« . »Nicht sie selbst —- ein Schurke, den sie selbst wohl theuer bezahlte. Jn sstand an der Triumphs-fette bei dem i Tableau und sah deutlich, wie während j des allgemeinen Freudenschießens der Clown Fred den Revolver auf Rolstr Brust richtete. Hastig drang ich vor, doch in dem Augenblick, als ich den-, hallunten die Waffe entreißen wollte, geschah das Entsehliche schon« »Und Sie ergriffen den Bubsn nicht?« »Meine erste Sorae aatt dem zu fammenbrechenden Bruder —- fein Mörder wird ver Strafe nicht ene gehen.'« »Wie kommen Sie zi; der Ver muthung, Fernanda habe theil an dem fchöndlichen Verbrechen?« »Sie hatte mir gedroht —- ich fürch tete seit längerer Zeit schon einen Racheatt von ihr." Mache wofür? Daß Rolf sie ver schmäht-i« »Er liebte Sie, Olga ——so innig, so heiß —- wie man Sie eben lieben mußt Er hoffte Sie in kurzer Zeit als Braut zu gewinnen.« »Ur-net vaf —- ich ahnte es. Ein Schmerz wurde ihm angetham ein an derer erspart. Jch hätte ihm nicht an gehören können« »Können Sie ahnen, was diese Schlange mir in’S Ohr geflüftertti — Sie lieben eizen Andern . . .« »Dein ich auch nicht gehören werde, weil er mich nicht begehrt.« .Wer tagt Irren das, Olgai O. himmel, ware es möglich, daß mir aus dem entfessichen Unglück ei- Glück er bliihte, so herrlich, wie ich es niemals zu träumen gewagt? Bin ich es Olga dem Ihr Derz gehört —sprechen Sie, feran Sie mich nicht!« «Jch wäre glücklich, könnten Sie mir sie Gefühls weisen. die ich bei Ihrem Bruder nicht erwidern tonntei« «Olga, Geliebte- ich danke Dir fiir dieses Unt! Diese beseligeewe Ex wißteit ist thener etiarift, denn unend W lich viel hebe ich mit stols verloren — aber eine Welt dos Gliick und Son nenschein dasiir mit Dir gewonnen! »Und nun komm, mein Lieb, meine Braut, lnii uns zu dem theuren Todten geben, um Abschied von ihm zu neb men dann mag sein Morder mich er Ivarten!« -—--—--—-.I-—-——— Höllenqualen. Vonh.Armin. Die Schreckensszene, welche ich zu schildern versuchen will, spiekte sich in einei- der Schaylammern ab, welche unter der Banl von Frankreich liegen. Die massiven Stabltlkiiren der Geli schriinte geben dem lleinen Raum satt das Aue-sehen eines unterirdischen Berließei. Jn der Mitte steht e. n kleiner Tisch, der mit einer bis aus der-. Fußboden reichenden Decke versehen ist. Tintensaß und eine anscheinend häufig benutzte Feder dienen zum Unterzeichnen von Cheets und zur Re qistrirung der Werthpapiere, welche jenen blanten Tresoren anvertraut werden. Die von der Decke heralbä:i gende elektrische Lampe verbreitet ein geisterbastes Licht. Es ist spät am Abend. die Bank liegt öde und verlassen, tiefe Stille herrscht rings umher-. Nur ganz schwach. wie das Murmeln eines entfernten Bu« bef, läßt sich der Pariser Straßeslarm vernehmen. Da ertönen erst leise, dann immer stärter werdend die regel mäßigen Schritte des nahenden Iüi.ckp tero. Jetzt öffnet er di: Tbiir des Ge wölbes, leuchtet mit seiner Laterne hinein, wobei er ichnrse Umschnu hält, dreht alsdann das elettrifche Licht ans, schließt die Thiir wQOer nnd setzt seinen Rundgana fort. Der Laut sei ner Tritte verliert sich in der Ferne, und Alles ist in Jkefe Ftnfternisz ge hüllt und wieder still wie zuver. Aber schon nach weniaen Minuten unterbricht ein leises Ränstsern die Stille, dem das Steg chen eines Ziindi «holzes folgt. Dann lomrnt ein flnster blickender Mensch langsam unter dem Tisch hervorgetrochen, reist fuh, und nachdem er scheu nach alle-i Seiten ge blickt, geht er aui den elektrischen Knopf zu und macht Licht. Wieder zum Tische zurückgekehrt, büctt er sich nieder und bringt eine schwarz-, anscheinend schwere Handtasclte zum Vorfstkssn. welche er behutsam auf denselben stellt. Dieser entnimmt er Untier-'s ein Linn liches Packet, welche-Z er irzii grosser Vorsicht in eine entfernte Ecke des Raume-s trägt. Dann lassle er ein Etui mit Werkzeugen her irr-. Sie sinc oon sauberer, fo’?der »T:(:-i.".hs.im uni wahre Meisteri:iicke der YlFeekInit lir wählt einen kleinen, schwfgkschxiiienen Meißel, nnd mit actitsjcktzr Hand durchschneidet er den Dust welcher die Tresorthiiren mit Ante elellriictyen Alarmglocke verbindet. Ohne sich zu übereilen, öffnet er sodann mit Die lrichen die einzelnen Schlösser· Ge räuschlos drehen sich die Thüren in ihren Angeln und geben die gewaltigen Schätze preis, welche hinter ihnen ver borgen ruhen. Der Räuber läßt seine Arme in das Innere jedes einzelnen Schrantes ver schwinden und zieht Bündel Hypothe ten, Packete Bantnoten, Rollen Gold und ganze Berge aller möglichen Do tumente hervor. Familienpopiere, Hypotheken u. f. lo» die von ihren Ei genthümer-! bald gesperrt werden wür den, lotoie die schwerenGoldrollen ver schmäht er. Aber die Bantnoten zählt er forafiiltig und steckt sie in seine Oandtafchr. Nachdem er diese mit Kassenfcheinen vollgepfropft hat« füllt er auch noch seine eiaenen Taschen Dann wirst er einen schnellen Blick aus seine Uhr und tritt an das lang liche Paaet heran, das er luri zuvor to vorsichtig in die Ecke stellte. Behutsatn entfernt er die hülle. und esin mit lsx plostvstossen aesiilltes Metallgesiise wird sichtbar· Der geringste Stoß, das leiseste Riitteln muß vermieden wer den, um nicht den UbrniechaniemuZ dieser Höllenmaschine in Beweguna zu sehen. Der günstige Zeitpuntt fiir die sluchtoiirdiae That, welche sein scheust liches Verbrechen trönen soll, ist aber noch nicht gekommen. Wohl ilt dem Elenden bekannt, das; der Wächter aegen Mitternacht seine nahegelegene Wohnung aufsucht, um sich durch einen Jnibiß zu stärken, nnd alsdann die Bank, in welcher er jeden Winkel kennt, vollständig osriafien ist, Dann will er die Gewölbethiir össnen, die Kellergänge entlang nach oben schleichen und den Hof zu erreichen suchen, von wo er leicht und ungehin dert in’ö Freie gelangen kann. Aber er muß sich noch ein wenig gedulde-r und vertreibt sich die Zeit, indem er nochmals alle die Verbaltunagniasp regeln sich in’s Gedächtnis zuriietrush welche ihm seine verbrechkrischen Aus traggeber eingeschörst haben. Daß er nämlich das Uhrtoerl nicht eher in Gang sehen dars, salj bis der Nitazug vollkommen srei ist, und daß er als dann rnit größter Eile entweichen muß, da die Döllenrnaschine nach Ablauf von nur zehn Minuten explodiren wär-. An Alles dies denkt er und ist selt gewillt, die then ertheilten Beseer bis "in’s kleinste Detail auszuführen, da rnit nicht noch in letzter Minute das Gelingen des wohldurchdachten Planet in Frage gestellt werden könnte. Uns wieer so wartet, blickter mit Nat-ali scheni Lächeln aus den supserzylindeh welcher friedlich neben der mit Bank W noten gefüllten Ledertascht steht. Und der Gedanke erslillt ihn rnit wollüstin Freude, das er nur aus einen kleinen - Knopf am Deckel des Gesii es zu drücken braucht, um nach Verl us von nur wenigen Minuten die Katastrophe eintreten zu lassen. Jm Geiste malt er sich die Schreckensscene aus, wie die Menschen entseht zur Unglückssiiitte eilen, während er selbst, weit dont Schaut-laß seiner ruchlosen That, sich mit dem gestohlenen Gelde in Sicher heit befindet. Mechanisch Führt er mit der Band in seine Tasche, um sich zu überzeugen, ob er auch noch im Besisze des Gewölbeschlüssels ist; denn oie besten Dietriche würden bei diesem Schlosse machtlos sein. Ja, der Schlüs sel, welchen seine helsershelser schon vor Monaten nach einene Wachsabtruck ansertigten, ruht sicher in seiner rechten Hosentaschr. Endlich kündigt seine Uhr ihm an, daß die Stunde des Handelns getoms men ist. Vor Erregung zitternd, zieht er den Schlüssel aus der Tasche, steckt ihn in’s Schlüsselloch und kehrt zum Tische zurück. Seine hand berührt d:n Knopf vek Maschine, und stehend uißi ! sich ein Surren des Räderwerles der- « nehmen, ein gleichmäßiges Btummen, das ihn unwillkürlich on den Branc melsKreisel seiner Kindheit erinnert. Ader nur nicht träumen und sent7: - mental werden. Jetzt heißt es so schnell wie möglich entfliehen. Er springt zur Thüre, um auszuschließen Aber der Schlüssel will sich nicht drehen· Er wendet mehr Kraft an, und der Wider stand schient auch geringer zu werden· Da, ein Knacl, seine Hand hält den bartlosen Schlüssel. Von gräßlicher l Furcht gelahnii, unsayig, auch nur oen geringsten Laut hervorzubringen, steht er so hinter der vermeintlich oerschlos senen Gewölbethür. Jn der schreck lichen Stille dieses unterirdischen Ge fängnisses vernimmt er nur das wier Schlagen seines Herzens und das monotone Geräusch der öllenmaschine auf dem Tische. Lang am dreht ei sich um und heftet seine fast aus den Höhlen tretenden Augen aus den oerderbenbringenden Metallzylinscr. Nein, es würde ein wahnwitziges Be ginnen sein, das llhrwert anhalten zu wollen, denn die leiseste Berüh rung würde eine augenblickliche Ci plosion zur Folge haben. Und was oje Gewölbethiir betrifft, würde er sie mir seinen Werkzeugen ausbrechen tönnens Er ist in seinem »Geschäft« nur allzu erfahren, uni zu wissen, daß auch dies in das Reich des Uninöglichen ge hört. Dann machte er eine verzweifelte Anstrengung. zu schreien. Doch die Kehle ist ihm wie zugeschniirt, und teinrn Laut tann er hervorbringen. Was würden ihrn auch die Hilferiise nützen-' Er meisz, dasi er dazu verur theilt ist, eines fürchterlichen Todes zu sterben, zu dem er selbst die Vorbe reitungen getroffen hat. Jetzt wartet er nur noch aus die Explosion. Mit der Uhr in der Hand zählt er die Mi nuten. Fünf Minuten sind schon der slofsen. Der Setundenzeiger läuft mit rasender Geschwindigkeit dann wieder scheint derselbe nur langsam vorwärts zu lriechen. Er blickt auf Der hlinder wird größer und grö ßer, is derselbe den ganzen Tisch einnimmt, sich über die Kanten aus dehnt und schließlich den ganzen Raum erfüllt. Sechs Minuten sind um. Das Schioirren der Räder ist zu einem so ohrenbetiiuhenden Ge räusch angewachsen, daß die Leute aus der Straße es sicher hören mits sen. Es ist wie das Pusten und Stampfen einer Maschine. Der Räu ber stößt einen fürchterlichen Schrei aus, doch ihm scheint, als· ob dieser Ivll vclll vkvllllklwerl Urtuuiw feur schrecklichen Apparates iibertönt wird. Sieben Minuten. Er sieht fest meh rere große, blanlpolirte anindesr, welche ihn fast erdrüclen, und von denen jeder das gleiche Getöse hervor bringt. Neun Minuten. Er zählt die enteilenden Gesunden Plöylich wird es duntel vor seinen Augen. Dir Uhr, welche die Hand hält, fällt herab, und mit einem leyten, marlertchiit ternden Schrei ftiirzt er zu Boden. Der Körper eines Mannes, dem es gelungen war, in eines der Sicher heitsgewölbe der Banl von Frankreich einzudringen, wurde arn nächsten Morgen entseelt aufgefunden. Eine Jronie des Schicksals wollte es, daß die Thür, welche der Elende vergeblich zu öffnen versucht hatte, überhaupt nicht verschlossen gewesen war, und dafz außerdem die höllennraschine in folge eines Konstruktionßfeblers nicht bötte erplodiren tönnen. So hatte die Borsehunq ein fchweres Verbre chen gleichzeitig vereitelt und gerächt. W see-use one Unser-. Wer in irgend einer von einemIluß durchzogenen Stadt die Gegend arn Wasser aufsucht, findet dort immer die ältesten Straßen, aber zugleich auch die diislichsten und betten-men sten. Denn das moderne Leben hat andere Pfade aufgesuchtz der Fluß - ist nicht mehr der hauptvertehtstveg, licht- und luftbediirftige Geschlechter verließen die dunkeln Straßen am Wasser, die allmähltch verfielen. Das gilt von Paris wie von harnburg, von den meisten Rheinftiidten, von Dresden und Wien, wie von der deut schen Reichshauptstadt. Wer in lhrern ro n nüchternen Steinnreer den elt amen Anblick von Partien genie ken will, wie sie hambarg und Arn terdarn steten. der muß von der ifcherbriiete in Berlin C hiniibers chauen nach der Waisenbriickr. Da sieht er verwitterte und moos riine fahlrofie irn Wasser, gegen de die ellen schla en. wackelige Dolztrepi pen, wurm ichige hölzerne Balken und Borbguten, aus denen Wäsche heraus-hängt Treppen und Pförtchen am Wasser, wie nur in einer alten »Gracht« in Amsterdam. Und der Waisenbriicke gegenüber rat ein al tersgrauer Thurm in die u t, der seine 200 Jahre auf dem Rii en hat, dessen Schau eite schon ganz abge bliittert ist und an dem alte Wappen und schnörieli e Jnschriften zu er kennen sind. HJsene alten Häuser ge hören meist der Stralauer Straße an, die zu den merkwürdigften Stra ßen des alten Berlins (nteht Mian gehört. Einst war die Spree hier viel breitet als ·etzt; sie biidete eine Art Kessel. der später eingeschränkt wur de. Jm Mittelalter waren hier alte Badstuben; später, in der Zeit des Großen Kurftirsten, befanden sich hier Anterpliige fiir grachtfchiffyo Pack hiiuser und Spei r, von denen noch Spuren genug übrig sind· Wer diese Panier an der Siidseite der Stra auer Straße betritt, geht durch un endlich lange Höfe imeist zwei oder drei hinter jedem kaufe) mit alten Mauern, Steinguiriandem bemoosten Ornamenten zur Spree hinunter; man sieht, wie hier immerfort von Neuem angebaut wurde, bis das Flußbett immer schmiiler wurde· Jn der Zeit aber, als die Landstraßen noch über die Maßen schlecht waren, bildete die Spree den Hauptter für .iremde Güter. Kolonialwaarem Spe ! zereien und Tuchwaarenaus den Nie derlanden. .Zur Zeit des Großen Kurfürsten muß dieser Stadttheil ei --- -«--« l--fl’-«-b.;t-I--- cel----l«-- -- IICII sIsso qUIsUIIUIIqIII WVUOUIOLL BI eigt haben. Damals war der herr schet in Holland erzogen, hatte eine holländerin zur Frau, einen hollän dischen Admiral (Beniarnin Raule) und unter leinen Räthen und ber offizieren viele Angehörige des ata vifchen Stammes. Treckschuiten ver mittelten in der Gegend der heutigen Weidendammer Brücke den Bertehr iiber die Spree und nach Charlotten burg hin. Vor dem Potsdamer Thore legte der Kuriiirft set-Ist Gemüfegär ten nach holländischer Art an. Noch heute erinnert mitten in Berlin C die ftille Friedrichsgracht mit ihren Schleusen, ihren einförmigen niedri gen Höufern an die Straßenfluchten längs der Kanäle in den großen und kleinen Städten Holland-« Jeht find die alten Höfe und Hintergevöude am Flusse angefüllt mit Kisten- und Möbelfabriten, Gerbereicn und Le derhandlungen, die ihren Duft weit hin verbreiten. Am Eingang der Stralauer Straße an der Ecke des Mollenmarttes befindet sich eine der merkwürdigften Alterthiimlichteiten Berlins, der oft genannte KrögeL Das ift eine ganz fchmale Gasse, die zwischen hohen altersgefchtvärzten Mauern mit erblindeten Fenstern und verfallenen Hausthüren zur Spree hinabfiihrt. Die Bezeichnung ift wendifch; »Crevel" bezeichnet eine Art Bucht, hier mit Beziehung auf den Kessel, den die Spree dort einst bildete. In alten Zeiten eilte man durch diee Gasse mit Ledereimern um Flu e. um bei Feuersbrünsten affer zu holen. Und das andere Ende der Stralauer Straße flantirt noch heute das alte Friedrichs-hofvi tal, dessen Bau 1697 beonnen und 1727 vollendet wurde. m letzteren ahre sehte man den verfallenen ge chwönten Thurm darauf von dem oben die Rede war. Jeht hat sich un ten eine Möbelsabril neben anderen gewerblichen Betrieben eingenistei; aber die Tage dieser letzten häuser von Alt-Berlin sind gezählt. Von der nahen Jonnowihbriicke donnert die Stadtbahn herüber, und auf dern Fluß ziehen die Dampfer als Vorbo ten der Umwälzung: bald wird auch Berlin am Wasser modernisirt und das bolliindiiche Stillleben ourch eine prächtige Uferitraße verdrängt sein. Op-— Widerspruch »Deni Fräulein Marie Aicheler ein dreifach donnerndee hochl —- Ein stiller Verehrer.'« Durch die sit-ie. Unterosfi ier lzuin Rekruten): »herrgott, ind Sie schlappz was sind Sie draußen?" Rekrut: »Gerber!« Unterossizier: »Gewer? Na, lie ber Freund, hier lönnte sich aber das Blättchen drehent« Begreislich. Ches: »Ich begreise nicht, wie Jhr krükrer Prinzipal mir so einen Erz au nzer, wie Sie sind,,hat empfeh len lönnen!« Kommis: »Das finde ich nicht so nnbogreislich —- Sie sind doch ein Konturrent von ihint« Ost-renne sit-rede Gatte ibeim Mittagsmahl): «Also, haft Du das E en selber zubereiteti Nimm’s nicht ii l, Entwer, aber der Braten iit nicht zu genießen!« Gattin: »Ja, überall klagt man über die Fleischnoth!« Schlatter Tron. . »Gehst Du immer noch mit Ennl schlechtr «hiire mir von dein auf. Er hat erst aFestern esa t, ich märe ein Esel.« « a, tröse Z , Du weißt doch, Emil ist ein Men ch, der jeden dor schnell nach dein ersten Eindruck be urthseildu