Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, April 10, 1903, Zweiter Theil, Image 9

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    J P. Windolph, Herausgehen Grund Island, Nebr» m. April 1903 Hineitek Theil.) Jahrgang 23 No. Zig.
·- WAGN- .
Un scllckees see-b am lehnt-iqur cel —
iind die Molche-n fragend ermessen:
»Den tragen sie wohl sit-on wieder fort?«
Und geben vorbei — und vergessen.
Sen them-es Antl:tz, ein edles Herz
« de, die liebend gewaltet
nd die sich« nach heißem Kampf und
, Schmerz
Nun hier zum Frieden gefalcet.
M Wehe schweigan nnd schaue hinab
Tsxokapee due-is heiße Ihm-W
Ein Menschenleben-»ein frisch-s Grab —
llnd solch unendliches Selmcnl
·. -——-I—-.-.-—-———
Um palmsonntag.
Novellcttc von Gcrliard Walten
—,.-.
Der Kapitänleutnant von Will
brandt saß vor einem Haufen von
Briefen. Vor wenigen Tagen erfl war
er nach dreijährigem Aufenthalt in
fernen Meeren an Land gekommen —
Gkkkchmijthkg öffnete er Die Briefe.
Aber plötzlich belebten sich feine Züge.
»Als-il« sagte ee nnd Nile sich zurecht.
Ein Mir-as spöttisch-es Lächeln legte sich
um den energischen Mund.
»Ist das nur möglich! Merliviirksig,
was das für einen Unterschied insclm
ob man als armer Offixier um ein
Darlehen diketl, oder selbst ein resctjer
Mann geworden ist! Und :.1 Leyieieg
bei mir eingetreten, entsinn: sick Jer
brave alte Aantmerljerr nijt ein«-»in
Mal Ies- sonst zvmin geziebten Neffen
. und ladet ihn in fiel: ein! Kann mir
gerade einfallenl Jetzt hin ich Euch gu;
amqu —— Er ivnif den Br:ef zornig
sus Is-» Jst-h
Irs »Ist IssUjo
»Vor drei Jahren war ich zuleßt da.
Scheußlich steif und lang.veilig! Ein
Lichtblicl war nur oie reizend-e Hedwig
osn Lande-ing! Ein prächriges Mädels
War ja schon damals mit ihren drei
zehn Jahren ein junges Geschöpf oon
feltfamem Liebreiz. Hab genug drau
ßen auf De an dass liebliche Kind
denken miiFeen —- fkffung fie war, ooch
Lady durch und durch uno fast ek
wachfen. Die ist nun auch schon sechs
zehn Jahre al: und lonfirrnirt unr
Goit weiß was- fonfi!'« Er stand am
Fenster und fab hinaus.
»Donnerwetter, ich fahre sachl« rief
er plötzlich, «ur-.o nur um ihres-villen!
Los Votfchoten!« Er öffnete das Fen
ster unsd ließ die dnftige Frühlingslqu
in’z Zimmer wehen. Er athmeie tief
auf. »Ich muß dem Frühling wieder
einmal draußen auf rsem LanIe in’s
Gesicht sehen. Draußen gibt’s Oster
lilien und braune Erde uno Weinen
liißchen zum Palmfonnial
Und er fuhr hinaus- Klanaoall läu
teten die Glocken den kommenden
Palmfonntag ein beim Sonnenunter
gana. Auf dem Torf:eich trieben die
plötfchernsden Enterr Unfug, uno auf
dem Anger weideken junge Gänslein
im pluftrigen, gelben Felderlleio.
»Famos!« fagke er behaglich Da
fuhr der Wagen in's Hofrhor ein.
Sieif und förmlich empfing ihn der
Kammer-dem ——— »Wir haben morgen
Einfegnung der »K?n)er«, bemerkte
der alter herr gemessen, als sie am
Abend am Kaminfeuer saßen; »ich
vermuthe, daß es Dir Freud-e ntachens
wird, daran Theil zu nehmen«. Der
Seemann oerbeugie fich. »So-gen Sie
mal, verehrtei Herr Oniel«, bemerkte
er nach längerer Fälle« ,.rvie achte
auf Grünhaäae Tre- Herrn ron Land-—-l
rina?«
Det Rammerlxerr schloß die Augen«
als wenn ihm etwas svel7 share
»Die Tochter ioiro morgen lonfir
miri«", sagte er kalt, ,,hier in meiner
Kirch-i«
»Was?'« enxfuhr es- »ein Zeeofficien
Jetzt erst lonfärtnit:.’«
»Mit sechzehn Jahren :iirf:e zeitig
genug seini« eniaegnete cer Kammer
herr in Demselben lässiaen Ton. »Sie
foll nachher gleich aan Semin1r.'«
»Seminae?« wiederholte der Offi
zier tief erstes-Linn »Zeminar, sagen
SM«
«Lanoeing ist im wnlurey nnd Das
Mädchen muß sich selbe helfen!« lam
es abgemessen nnd selbstverständlich
aus oene Munde see Kammerlierrn
»Erspare mir Weiteresx wir luden Den
Verkehr abgebrochen, und iclt ivünfck-.
daß Du dasselbe thust! — Gehen mirs
nun zur Nahet« —
Der Offizier liißge rsser Tanie viel
dand uns ging auf fein ZimmerJAbeH
zur Ruhe ging er noch lange nicht
»Aunes, süßes- Kino!« fange er rief in
Gedanken, als er- endlich das-Licht
ausblies.
Die Glocken läuteten llar nnI feier
lich zur Kirche. Jm Zuge gingen oäe
Konfirmancen von des Pfarrers Haue
sum Gotteshause hoch ver all Den an
deren ragte eine schlanke vornehme
Mdchengeflali, oie — in einfacher-;
es gekleioeg war. ohne Reiten
M Soldumhiingr. Sie unterschie:·
N in ITOU von andern als durch
khoe tllwde Schönheii und Den tie
fes Ents, der auf dein jungen Gesi te
Las-. After Argen lagen auf ce: edlen
GXHalt des Fräuleins Von Handeln-n
Die Augen des Maiors svon Laiioring.
ihres Vaters, der tief zurückgelehnt in k
feinem Stahl faß, füllten sich nsits
Thriinem Ein Blie- Toll unendlicher
Liebe floa aus den Aug-en des schönen.
- Fisches hinein in feine Verborgenhekn
R Mutter war nicht mehr bei ihnen.
R steigen oee Seeoffiziers hin-gen
f « km an der lieblichen und doch«
Seflali des Mädchens, dies
send und iiöer W Mitge
fühl fluthete innige Liebe durch fein;
tö· i
Jetzt fiel ihr Biick auf sen giäkzemt
den, ftntttichen Offizier, der hochauf-J
gerichtet auf den Säbel gestützt imt
Stuhl dessKantmerherrn stand. Ties’
neigte er sich vor dem Mädchen, iiber
deren feines Gesicht leichte Röthe flog..
,,Möchtest Du Dich nicht setzenLH
sagte ser Kammerherr leise und tiihl;?
»Dein Sieben fällt anfi« «
Dser Säbel des Seeoffiziers ver
hall:e laut auf den Fliesen, wie er dern -
Wunsch zornig nachtum.
Wie eine Rose unter allerhand naht
ihaftern Kraut stand Hedwig vonLand:
ring da vor dem Alt-ar. Tief neigte sie;
sich vor dem Segensspruch und in ih
renduntlem leuchtenden Augen glänz
:en zwei Thriinen, als sie den Bliet
ivieder ddrthkn wandern ließ, wo der
Mnior mit feinen weißen Haar-en saß.
Die Feier war zu Ende. »Der Zug
wer jungen Christen ordnete sich. Eis
wurde unruhig in der Gemeinde. Die
Orgel setzte ein. Willbrandts Augen
folgten Hedwig·
»Ich wünsche nicht« daß Du dein
Fräulein von Landring jetzt Deine
Glückmiinsche darbringst oder über
haupt daei Haus aussuchst,« sagte der
Kammerhen den Pelz unihängend.
Der Offizier richte-te sich hoch auf
und fah dern alten Herrn in’s Gesicht,
ohne ein Wort zu sagen. Es war ein
tiarxn fester Seernannshtick aus stahl
blauen, energischen Augen. Dann ging
er hinter dem Kammerherrn her, und
draußen vor der Kirche geradewegs
aus Hedwig zu und reichte ihr die
Hand vor allen Voll.
»Ich bitte urn die Erlaubniß, Ihnen
heute in Ihrem Hause meinen G titl
wunsch abstatten zu dürfen!« fag:e er
laut.
Ske sah ihn mit ihren mächtigen,
leuchtenden Augen an und legte ihre
»Da-ro in seiner »Sie sind uns ja jin
mer ;villtornmen!« Da zog er ritter
lick·, fest zusarnemngerafft, die Hand
des set-lauten Mädchens hoch an fein-e
Lippen: »Auf Wiedersehenl«
Jn diesem Augenbiicl fuhr der Wa
gen des Kntrtmerherrn ah. Der See
cffäzier grüßte wie vor einer Fürstin
vor Hedxvig nnd ging, den Stil-et
schleppen lassend, gleichnrüthig hinter-«
ksr
Hedivig ging am Arme des Maiors
eern Hause zu, das sie bald verlassen
und anderen lassen sollten. Ein heller
Schein laa auf beider Gesicht. »
»Es gibt doch noch Kavaliere« sagte
rer Major und fah fein fchönes Kind»
ans ’ i
Eine Stunde später ließ der Aapis
tänleutnane don Willhrandt sich bei
dem Mafor Von Landring melden.
Vier Hände streckten sich ihm freudig
minigen und ztvei wundervolle Mäd
ctkenauaen boten ihm den Willkomm.
,,Wissen Sie ais-er auch. in was fiir
ein Haus Sie treten Z« fragte der Mas
jor; »in das Haus eines Berfehinten
und Heitnathlosen!«
,.Wissen Sie denn. iven Zie aufneh
men?'« fragte der Zeeofiizier lachend
zurück: »einen Hinausaeworfenenl
Wollen Sie mich aufnehmen? Es ainzi
etwas hitzig zu auf dem schlosse, nnd
ich habe eine Abneigung daliegen mich
schlecht behandeln zu lassen.« l
»Von Herzen ivilltommenl Nehmenl
Sie mit unserer Armuth fiirliebl« ——l
Liebreizend stand Hedwig neben dein
Vater.
, Ein einfaches Mahl zu Dreien. Ader
leuchtend-e Augen. Und herzliche-J Ver
trauen.
»Ich hätte nicht aedacht, daß wir fo
feiern :diirden!« sagte der Major. —
,,Lierr Majori« sagte der Seemann
am Abs-end zu dem alten Herrn, »der
Kamnierherr war eben fo liebenswür
dig, mir meinen Koffer in schicken;
wollen Sie mich wirtlich behalten? So
für vierzehn T.iae?«
Der alte Soldat niclte gedanken
voll: »Wie gern!" I «
»Mein gnädiges Fräulein, Sie
auch?« .
Er war ausgestanden und vor Hed
wig htngetreten und hielt ihr dieband
hin. Zaglxafi legte sie die ihre hinein
nnd sah zu ihm empor.
,,«-’erinlein Hedwkg s— ich habe Sie
drei Jahre lang auf See im Herzen ge
traan und nur um Jshretcvillen tam
ich her. Hier stehe ich, ich taan nicht
anders: Wollen Sie mich haben? Es
ist alles wieder in mir anfaewacht und
schläft nie wieder ein. Willst Du, Hed
mig, Du holde? Stürmend wie draus i
ßen die See, kommt meine Liebe iiher
Dich —« zitternd stand sie vor ihm
Da zog er sie an sich. und ihr jun
Fes- Fdautst lag an feiner Schulter.
»Wie fangt Jhr heute Morgen?«
»Al! Fehd’ hat nun ein Cnde«t sagte er
mit unendlich weichee Stimme: und
dann lachte er dröhnend auf und trat,
den Arm um sie fchiingend mit der
jungen, reisenden Braut vor den Ma
jor, der überwältigt oastand: ,,Bloß
di e Fehde niit dem Kammerherrn wird
nie ei n Ende nehmen. Aber es geht ja
auch sol« —
Der Maior stand in der tiefen Fen
sternische und blickte hinaus. Da oben
stand der volle leuchtende Mond und
fein Licht lag über der stillen Gottes
treli.
Und in der anderen tiefen Fenster
nische standen auch zwei und sahen ein
ander in die Aug-en. Und blendendes
Licht lag auch über ihrer Welt. Mild
ging draußen der Frühling durchs
Land. Es war ein glücklicher Palm
sonntag Abend.
Das alte Baus.
Blictnslletic von Music Stahl
Das alte Hans hatte so viel heim
liche Winkel, Treppen und verborgene
Eckchen, dafür war es auch ein uralt
modisches Landhaus ohne ieden Stil.
Ja, das alte Haus war schuld daran,
in einem modernen Bau, wo die helle
Sonne oder das etettrische Licht alles
durchleuchtet, und das Gefühl der
Verborgenheit nie aufkommen kann,
hätte es nie geschehen können.
Und der ganz altmodische, laubver
wachsene Garten, der so viel Schat
ten und grüne Dämmerung über das
große ivintltge Haus mit seinen
grauen Steinmauern warf, war der
Mitschuldige. Jn dem Garten hatte
es eigentlich angefangen.
Wenn das tleine Kinderfräulcin
dort mit Bubi, Mädi und dem Klein
sten spielte, war Qntel stuno oft zu
fällig-von der Hühnerjagd heimkeh
rend, durch den Garten gegangen.
Und weil er Kinder io gern hatte, kam
er nie an ihnen darbei, ohne großen
Aufenthalt. Der fünfjährige Bubi
wollte mindestens dreimal um den
Rasen herum auf seinen Schultern
reiten, das vierjährige Mädi gab ihn
nicht frei bevor alle Taschen ariindlich
durchsucht waren und das ziveijährire
Jüngste wackelte so lange hinter ibin
; her und rief: Ontel, Juno, happa! bis
ler es auf den Arm nahm.
s Und oft saß der »große, stattliche
Onkel aus dem Springbrunnenranoi
oder auf einer Rasenbant mitten in
der kleinen Schaar und ließ sich zau
sen und quälen Und weit das lleine
Kindersriiulein selbst noch ein hal
VesJ Kind war, wenigsten-J im Herzens
tollte sie gar zu gern mit herum, wenn l
der Onkel dabei war, denn dann
ging es lustig za.
Wenn er mit ihnen Bei-stecken undi
Blindtuh spielte, gab es ein LachenT
und Jauchzen im Garten bis in dies
verstecktesten Fliederlauben und Bot-!
tenhiiuschen hinein und, wenn er lang
aui dem Rasen unter den illinen und
Rüstern lag und die Kinder auf sichs
heruniturnen ließ, dann wünschte sie
zuweilen selbst noeli ein Kind zu sein,
um ihr-i auch einmal mit allen Fin«
aern in die hübschen, blonden Kraus
liaare fahren zu tönnen und neben
ihm im Gras zu sitzen. Er war auch
stets so freundlich gegen sie, als ob sie
seines Gleichen wäre.
Die Minder liefen itnn endlich schau
immer bis an die Gartenpforte entric
aen, und weil sie die Kinder nicht ans
den Augen lassen durfte, mußte sie
ihm auch entgeaengehen. Sie that ei
recht gern, es sah aar zu hübsch trug-,
wen er mit der Flinte und dem scii
aerhut, von Heltor gefolai, durch die
Stoppelfelder daherlam; der triilsstc
Herbsttaa betam Licht und Sonne
durch seine lachenden blauen Augen.
Einmal batte er ein Striiiißdieii
Hedelraut in der Hand und aab er
ihr, natürlich nur weil Niemand srnst
da war und er es los sein wollte.
Aber es sreute sie doch so sehr. Vln
demselben Taae entdeckte sie, was iiir
wundervolle Winkel das alte Haus
zum Träumen hatte. Da hätte sie iisti
einspinnen mögen im Dämmerduntel
solch einer baumbeschatteten, entleaci
ne Kammer, zwischen dem alten
Haugrath, der dort seit Generationen
angehäuft war, oder auf einer der ver
steckten Treppenstusen von altergae
schwärztem Eicheiiholz, um ungesehen
lieben Träumereien nachhiinae zu
können, die das helle Licht un die
Gegenwart nicht vertragen.
Es war so wundervoll, zu denten,
was diese alten Mauern gesehen und
erlebt in den Jahrhunderten ihres Be
stehens! Sich die lange Reihe von
Haus-stauen vorzustellen, die hier ge
waltet hatten und eine nach der ande
ren hinabgestiegen waren in die dnnlle
Familiengrust,-.ini Schatten der alten
Kirchhofen-idem Jun;1e,schöne. gute
und böse, alte und aebtechliehe, all
diese Frauen hatten etioas von ihrem
Geist und Wesens in diesen Räumen
zurückgelassen; hier hatten sie geliebt
und gehaßt und waren geliebt und ge
haßt wordenl .
Und ihnen folgte die lanae Reihe
der Dausherrem Vornehm, stolz und
herrisch die meisten; auch sie waren
vorübergegangen mit guten und bösen
Thatem Und immer kamen neue.
Und endlich tam einer — dem gehörte
itzt das Leben!
Er war auch ein Sohn dieses Hau
fes und es war, als ob das ganze alte
haus lachte, wenn er seine Schwelle
betrat. So viel Lust und Leben kam
mit ihm, so viel frohes Lachen, Pfei
sen, Singen und Rufen hallte von al
ten Wänden. Die Kinder und die
Dienstboten, die Hunde, Pferde und
Katzen hin-gen an ihm, und selbst der
alte schwerhörige Großvater ließ sich
auf seinem Rollstuhl herbeischiehen
und wollte mitlachen über Kunde lu
stige Einfälle und Geschichten.
Und auch er wurde geliebt, er hatte
eine Braut aus altem, vornehmen
Hause, wie es sich gehörte. Wie konnte
auch die künftige Herrin dieses Hause-·
etwag andere-:- alg vornehm, stolz und
schön sein? Es war undenthar!
« Das lleine Kindersriiulein hatte sie
nie gesehen, aber sie dachte viel an sie.
Mit grenzenloser Bewunderung und«
schüchterner Verehrung, wie man an·
ein höheres Wesen denkt. s
Jn den nächsten Tagen sollte sie mit f
ihrer Mutter kommen. Es iarncn !
viele Gäste zu den großen Herbstjag- »
den. Das Fciuleim das von den Rin: t
dern Nini genannt wurde, urterte vor !
Aufregung und Erwartung, ne zu!
sehen. Und weil sie in der Nacht vor
ihrer Ankunft nicht schlafen ionnte,;
schlich sie sich an das Kammerienster. ;
wo der Mond hell in ihr Traumeckchen ’
schien, und dachte die ganze Nacht an .
die schöne, fremde Braut und ihr un
faßbares Gliim Dabei mußte sie sich ·
wohl erlältet haben, wenn ne auch gar
teiue Kälte gespürt hatte. Sie hatte
am folgenden Tage heftige Hals-i und
Kopfschmerzen mit startem Fieber-,
und weil man die Anstellung fürchtete,
wurde sie sofort von den Kindern gc
trennt und mußte in einem entfernten
Zimmer im Bett bleiben, wo eine alte
Frau sie pflegte. Das war hart! Ader
sie ließ sich von der Braut erzählen,
alles wollte sie wissen.
Die alte Frau schiitteltc den Kopf.
Dei ig ’ne Städtschc, sagte sie
trocken.
. Aber lieb und gut und schön ist sie
domck fragte Nini mit brennenden Au
gen und brennendem Herzen
Wird ja woll sind, brummte Frau
!tiöoer, aber die Städtschen sind all tu
ilaui und wenn man’g recht besteht
tünnen se nicht den Haber von der
Gerste wiesen
Mehrere Tage taa Nini im Fieber-,
dann war sie plötzlich gesund. Jugend
überwindet schnell Aber sie sollte
noch Quarantiine halten. Da stand
sie nun an ihrem Kammerfenster nnd
hörte von fern die Büchsen in den
Wäldern knallen. Und Abends hör
te sie heitere Tanztveisen von unten
heraufschallen, denn nach dein Jagd
essen wurde flott getan;t. Dann
träumte sie wieder von der Braut, wie
sie in seinem Arm durch den Saal
schwebte, nnd oft a laubte sie ein frohes
Lachen zu hören. War es denn möa
lich daf; ein Weib solch ein Glück er
trug Jung, schön, reich und vor:
ihm geliebt!
Und sie weinte heiße Thränen. wie
sie sie noch nie im Leben aeweint. Sie
wußte jetzt, dafi sie ihn lieb hatte, und
das war doch eiaentlich eine schreckliche :
Sünde Wie durfte ein tleine5, arm
feliges Rinderfräulein es waaen, den
künftian Herrn dieses Hauses-, der
eine Braut hate, lieb zu halten! Ach. E
nur dies wundersame, alte Haus und J
der Garten waren schuld daran! Man H
lebte in ihnen wie in einein Märchen, -
und wie in einein IJiärchentraiun hatte
fie sieh lanasam in ihre Liebe hineinge
träumt, ohne eI zu wissen. »
Endlich tonnte sie ihre Neugier nicht ?
länaer bezwinaen; sie versteckte sich·l
hinter einer Thür. wo die fremden;
Damen voriiberaehen mußten nach -
dein Speiseiimmen Schon von fern
hörte sie die seidenen Röcke rascheln
und rauschen, und dann sante eine
mißvergniigte Stimme: Es zieht
überall in diesem alten Kasten! —
Grand Dien, wie tann manin einem
solchen Hause wohnen! Das ift ja vor
sintfluthlich Wie wirst Du das aug
halten, ina cherie? O, Mama, glaubst
Du im Ernst, daß ich das aushalten
würde? lachte eine helle Stimme. Es
ist doch selbstverständlich daß Kuno
mir ein menschenwiirdiaesHeim bauen
muß, wenn er überhaupt wünscht,
daß ich mich einige Wochen im Jahr
hier mit ihm begrabe.
Dann waren sie voriiberaerauscht
wie eine Erfcheinuna, wie zwei lebens
dig aewordene Gestalten aus dem
neuesten Mode- Journal, nnd schön,
sehr schön.
Die tleine Banne zitterte am aani
sen Leibe, als hätte sie ein surchterlii
ches Geheimnis-. belanicht Einen Hoch
verrath an diesem Hause, das für sie
eine geheiligte Stätte war, einen
Mordanschlag auf das Glück des
Mannes. an den sie ihre Seele verlo
ren! Sie tonnte das kalte Lächeln
nicht vergessen, mit dem die schöne
Braut diesem geliebten, alten Hause
das Todesuttheil gesprochen. Und
dazu die heißen, schwarzen Ausgen!
Gen-iß der konnte er nichts abschla
en.
g Jhr war zu Muth, als musse etwas
geschehen, um diesen lästerlichen Fre
vel abzuwenden, als müßten die stil
len Schläfer in der Familiengruft
aufstehen, um diese alten Mauern zu
schützen.
Am nächsten Morgen fuhr sie aus
einem bangen, bcängstigenden Traum
auf. Die Schüsse der Jäger in den
nahen Wäldern hatten sie geweckt.
Die Sonne hatte den Morgennebel
bereits besiegt, und ein alastlarer,
olauer Oktoberhimmel leuchtete über
dem Garten mit feinem gelben und ro
then Laub.
Und immerfort das Schiefzem das
fürchterliche Schicfzen! —— Knatternd
rollten die Gewehrsalven — wie viel»
edles Wild mußte da verbluten!
Unten im Haufe regte sich geschäf
tigesö Treiben, das große Jagdmahl zu
bereiten, denn heute fand die größte
Treibjaad statt, zu der auch die ganze
Nachbarschaft geladen war.
Plötzlich ein Hornsignal im Feld,
und bald darauf wurde esJ still, tod
tenftill, —- es fiel kein Schuß mehr
Jetzt halten sie frohes Frühstückng
lage da draußen, dachte Nini.
Aber was war das? Verworrenee
Stimmen und Männertritte unten
vor dem Hause, und ein stiller Zug,
wie ein Eichenqu lenkte in das Hof
thor. -— Ja, ein Leichenzug, denn
eine Bahre schwankte in dcr Mitte.
Gleich darauf Weherufe, und Alle,
die im Haufe waren, stürzten hinaus-;
auch Nini folgte in zitterndem Ent
setzen
Hause5, und die lachend-tm blauen
Augen waren im Tode gebrochen. Wie
schlafend lag er auf der Bahre von
Tannenreisern, und durch das lockige
Blondhaar siclerten Blutgtropfen.
Eine verirrte Kugel hatte ihn getrof
ten.
Lhnmächtiq trug man seine Braut
hinweg, aber Nini wurde nicht ohn
» mächtig. Sie tonnte teinen Blick von
l dem stillen Schläfer wenden, wie man
) ihn über die Schwelle des Vaterlmus
! seg- trug.
; Er war todt, aber dasJ alte Haus
lwar qerettet. Dass schön-: Weils mit
Dem kalten Lächeln und den lieis«,e:i
Augen lonnte es mm nicht was- »s-«
Da lag er, der Sohn des alten
derreißen lassen.
Und viele, viele Jahre später, ali
Eliini schon ein ganz altes Mädchen
war, wohnte sie noch in dem alten
Landbau-D that still ihre Tagesarbeit
—--- sie war die beste Stütze der Haus
frau geworden -—— und saß in den
Feierstunden gern in den alten, ver
borgenen Traume-lichem Da dachte
sie immer noch an den Todten, der so
helle Augen gehabt nnd ein so frohe-«
Lachen und der sterben mußte, damit
das alte Haus bleiben konnte. Seine
Braut hatte ein Jahr-, nachdem er auf
der Jagd verunglückt, einen Mann
aeheirathtet, der eine hohe Stellung in
der Residenz betleidete.
—s-——-·--.-—-- —
Die Bibel in Namen-nun
Wie Kameruner Neger itber man
che Bibelsprüche denken, zeigt derBries
eines Missionärs in Kamerum der im
»Stern von Afrika« veröffentlicht
wird. Es heißt darin: »Unsere lia
meruner Schwarzen sind ein noch an
der Sinnenwelt haftendes Volk, dass
fiir das Reich des Geistes wenig Ver
ständniß hat. Man gerätli zuweilen
in nicht geringe Verleaenbeit, denn ers
heißt doch, der Heiligen Schrift GI
walt anthnn, wenn man z. B» wie ein
Grönländer es gethan haben soll, die
Worte des heiligen Johannes: »Sehet
das Lamm Gottes« übersetzt mit:
»Sehet das Rennthierlein Gotte-IN
weil die Grönländer kein Schaf kann
ten. Einst ermahnte ich unsere hiefis
aen Belehrten mit den Worten der Bi:
bel: »Gehe hin zur Ameise, du Fau
ler,·und lerne von ihr«. Aber da er- «
hoben sich zahlreiche Proteste: »Wie»
von der Ameise sollen wir lernen?
Weißt Du denn nicht, daß die weiße
Ameise alles zerstört und selbst aus
Eure europiiischen Kleider und Häuser
leine Rücksicht nimmt? Daß die böte
Wanderameise uns unerbittlich auf
fressen würde, wenn wir nicht bei
ihren nächtlichen Besuchen im Schlaf
saal schleunigst Reißaus nähmen und
ihr das Feld räumten? Giebt es grö
ßere Diebe, als die winzigen Hinter
Ameisen, die Eure Vorräthe von Zu
cker, Milch, Fleisch wie ein zahlreich-es
Heer überschwemmen und aufzehrenk
Nein, von der Ameise wollen wtr nicht
« lernen, wir hassen sie«. Es war um«
- sonst, ihnen begreiflich machen zu wol-:
ilen, daß sie nicht die Diebeggeliiste,
die Mord-· und Zerstörunasnmth der
Ameisen nachzuahmen brauchten, son
dern nur die emsige Tl)ätigleit. Aber
die Ameisen sind nun einmal ihre
arimmig gehaßten Feinde, und solche
als Muster aufgestellt zu sehen, will
« ihnen nicht in den Sinn.
(
i
1
..«—-M—
»Bei der vierten Bitte des Vater- ;
unser müssen wir statt: »Sieh tmf -
heute unser täglich Brod« sehen: »Un- i
fere tägliche Nahrung", denn Brod « -
noch vielen Kamerunern unbela .
Unsere Schiller begreifen »tier
schon recht gut, daß sie bei der vier-tenA
Bitte nicht allein unt die stossliche
Speise, sondern um überhaupt altes
Nothtvendige für Leib und Seele bit
ten sollen. Daß es da Knaben giebt,
die unter dem Nothroendigen auch ein
Fläschchen Parstim verstehen, um da
mit ihrer schwarzen Haut Dust und
Glanz zu verleihen, und Mädchen, die
eine neue Halstette aus bunten Glas
Perlen oder ein hübsches neues Kopf
tuch für unumgänglich nothwendig er
achten, um ihr Geschlecht würdig zu
vertreten, darf nicht oerrvundern.«
— — «d.s—————
Wie man sich in China ver-losm
,,La Vie hetireuse«, eine französische
Zeitschrift, ver-öffentlich einen Aufsatz
iiber ,,mertn)iirdige Verlobungs-Cere
monien«. Während in ringen Län
dern die Verlubungsgebräuche sinn
reich und nicht selten sogar rührend
nnd ergreifend sind, sind sie in ande
ren höchst seltsam und manchmal ge
radezu urtoxiiiscti. Die unglücklichste
Figur unter allen Briiuten der Welt
dürfte die chinesische Braut darstellen.
In China wird die Heirath von be
rufsmäßigen Vermittlern in die Wege
geleitet, ohne daß die junge Braut
ihren Verlobten auch nur zu sehen be
kommt. llnd wenn die Heirath he
schlossene Sache ist, läßt man der
Braut höchstean eine Woche Zeit, sich
an die Trennung von ihrem Eltern-—
huse zu aeidöhnen. Bald darauf
muß sie mit ihrem VerlobtenGeschenie
austauschen Er schickt sihr einen
Schinlen, einen Sack voll Geld, zwei
Flaschen Wein, zwei Enten, zwei
Hühnchem zwei mit Goldschaum und
farbigem Papier bellebte Kerzen,
das alles auf rothen Platten. Sie
schickt ihm einen Theil seiner Ge
kschenle zurück und behält nur das
Geld, eine Ente, ein Hühnchen Und
die Kerzen, die man bei der Geburt
des ersten Jungen anzündet. Die
Braut erhält außerdem Armringe mit «
rothen Bändern. Am Hochzeitstage
wird sie in Noth gekleidet und mit ei
nem rothen Schleier bedeckt, der von
rothseidenen Bändchen gehalten wird.
Jm Hochzeitszuge wird von einem
rothgelleideten Manne auf einer ro
then Platte ein Orangenbäumchen ge
tragen. Das alles geschieht, damit die
jung-: Frau das Leben im rosigen
Lichte sehe. Nach der Hochzeit muß sie
mit ihrem Gatten die Marien der
Vorfahren anbeten; dann darf sie drei
Tage lang weder sprechen, noch lachen,
noch weinen. Und doch sind diese
Ehe, bei welchen die Neigung nur sel
ten mitspricht, gewöhnlich recht glück
lich. EI- giebt wenigstens im ganzen
Orient tein Land, in welchem die Ebe
fesseln so fest geknüpft sind und so
heilig gehalten werden wie in China.
- ----—-·-.--—-«
Die Feuerreller.
Beinnehmeno auf ein-e Mittheilung
ist-er Die im Jahre 1742 durch eine her
zogliche Verordnung in Weimar ein«
piohlenen ivunoerkrästigen Holzteller,
rie man nur in die Flammen zu wer
fen brauchte, um sen Brand zu lö
schen-, wird geschrieben: Solche ,,)« net
teller«, durch Deren Hineinkoerfen di:
Gluth ,,ol«,nfehlhar gedämpfet« werten
soll:e, sind noch hier und da vorhan
Jen. Durch Die Mitte der Jnnenseitse
«..-tsp..L.-» St ·,s, . — s
·.-l(. -:.. .
Hy-» k-« Ists-unstet »Du-du« vol-. chscll
oberni Ende zwei Lin-ten oachsiirniig
nach Den Seiten tausen. Jnimittens ste-«
ben über-einander zwei tlseine Zirkel;
let obere zeigt die Buchstaben A. G»
:-er untere L. A. Darunter läuft in
sumniatum est«
einem Boasen di anschristt »Ton
iummatum est«; ganz unten stehen drei
Kreuze Ernst August von Weimar,
Jer Urheber j-enesBrands-Erlasses, war
ein ,,«aar lieutseliger, gemeine-r Herr-,
tnit allen Reitententunendesn ausgestat
tet, dabei sein großer Alchimist und
Manir«; bezeichnend ist seine mehrfactss
zoiedertehrence Mahnung, daß der
Bürger und e:r Bauer von- seinen
tKünsten nicht-·- zu erfahren brauch-en.
- ,-.....·- —- «
Scniliedetbtiittm
Professor tan der landwirthschast
lichen Hochichitle): »Meine Herren,
täuschen ivir uns nicht« trotz der her
vorragenden und täalich wachsenden
Bedeutung künstlicher Düngstosse
muß nach wie vor im landwirthschast
lichen Betriebe der natürliche Mist die
erste Violine spielen!«
Sonne und Mond.
»Iin die Sonne habe ich nicht viel
übrig«, sagte der kleine Philosoph; »sie
scheint bei Tag, wo man doch kein ..
Licht braucht. während der Mond sich g
nützlich erweist —— er scheint bei Nacht,
wo es dunkel is«
Auch ein isteburtstngoseschenb i
»Meine Frau ist doch die Aufmerk
samkeit selbst! Neulich saa’ ich ihr, daß« .
icts Den Flieh-er so sehr liebe —- und
wag-· erblich ich, als ich meinen Ge
burtstag seiere?!. . . .«
»Nun einen vriichtigen Fliehen
strauß aus dem Tisch!«
« »Nein-! Meine Frau in einem neuen;
fliedersatbenen Kleio!"
Er kennt sich. sz
Arzt sliest in der Zeitung die To J
desanzeiae oon einem seiner Patien
ten): »Na, den hätt-e ich auch wi ·
von seinem Leiden erlöst.«