Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 16, 1903, Sonntags-Blatt, Image 12

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    ( o
«. Häf
(2. FortsetzungJ
JDante sehr!« sagte er, die Tasse aus
U Tisch stellend, und auf den Hosian
tes, der dort aufgeschlagen lag, deu
, tend, fragte et: «Lauler Notodeutsche,
s sägt Iahrf Ja, auch aus diese Weise
erobern Sie die West! Wir Oesteerei
Her sind immer langsam voran, blei
H Zill zu Oaus und rühren Uns
nicht«
It sprach in seinem österreichischen
Dialett mit einer so melodischen
Stimme, daß Harald unwillkürlich der
Gedanke kam, der Here müsse wunder
voll sing-m
»Oktaver Sie, Daß ich mich Ihnen
- norddeutschek Sitte gemäß erst vor
stelle«, sagte er statt aller Anlwort;
und er nannte seinen Namen, indem
er, den Ellbogen nach außen drehend
und die hacken zusammenschlagend, sich
nach der Vorschrift der neuesten Mode
derbeugtr.
»Wildau«, entgegnete der Andere
einfach. Hatald gelang es taum,
seine Berbliissung zu verbergen. Er
hatte sich mindestens aus einen Grasen
- gefaßt gemacht; und daß er das »von«
nur«überhört hatte, davon blieb er
auch jetzt noch überzeugt Man ver
sieht bei der Vorstellung die Namen ja
selten richtig. »Ja, daß Sie Nord
reutscher sind,« nahm Wildau das
Wort, nachdem er sich gesetzt hatte
,.das sieht man Ihnen an der Rasen
spif an. Sie haben so a’ Schneid’,
a’ Dressur, zu der wirk- nimrner brin
l
genx -
harald lachte geschmeichclt. Der
herl- gesiel ihm außerordentlich
Das Gespräch drehte sich dann um
bei-e Reise, um Kairo, die Nilfahrt,
die Beide zu machen beabsichtigten.
Wildau war auch erst seit zwei Tagen
hier, mit einem Schiff des österreichi
schen Lloyd von Triest gekommen,
Hatte sich aber sofort den brieflich der
Stangen bestellten Platz für das Nil
boot gesichert, da großer Anorang
herrschte. »Ich gehe mit einem Gase
schifs am Sonnabend sriih,« erzählte
er. »Eine Woche genügt mir jetzt für
Mita, nach der Niltour bleib’ ich dann
wieder acht Tage, hab« im Ganzen nur
sechs Wochen Zeit. «
»Sie reisen nicht mit Coot?" fragte
Sperber. »Das ist doch die erste nnd
vornehmste Gesellschaft.«
»Die sechste Großmacht heißt sie im
Orient«, erwiderte Wildau lächeind
»Gut-de aus Opposition mag ich mich
dem Coot nicht verkaufen. Es paßt mir
auch nicht, das-, die Reisenden so heu
dentveis in den Tempel getrieben wer
den. Wie ist’s denn mit Ihnen? Ha
ben Sie schon einen Platz bestellt?"
Harald entgegnete, daß er daran
roch nicht gedacht habe. Er hatte nicht
geahnt, daß der Andrang so großs ei
»Schade, daß Sie nicht mit mir rei
sen isnnenf meinte der Andere. »Im
gen Sie doch einmal irn Bureau von
Denri Gage ä- Son — es ist Simp
seatds Spiel aeaeniiber unter den
Colonnaden — ob nicht zufällig nochj
ein Platz aus der ,,Elesanjine« zu näch- i
siern Sonnabend zu haben ist«
Eine Stunde spät-er machten sich di
sherren gemeinsam auf ten Weg, um
die Khalisengtäber zu besuchen. Unter
Scherzen und Lachen bestiegen sie zwei
der an der Hotelthiire bereitstehenden
Esel und Harald, dem es gegen die
Ehre ging, einen Esel zu reiten, er
kannte bald freudig an, daß zwischen
dem sliwten, lustig galoppirensden
Grauthier, das er bestiegen, und des
sen deutschen Brüdern ein bedeutende-r
Unterschied bestehe. Der Eseljunge,
der hinterher trabte und kaum zu fol
gen vermochte lachte über s ganze Ge
sicht vor Stolz über die L-.istung sei nes
Thieres
»Good Denken molto presto — tres
dikt« rief er keuchend, den hals des
Thieres Kopf-end als er d :e beiden her
ren, die am Ende der die Musti in ge
mder Richtung nach Osten fortsetzen
den Rue Neuve warteten, eingeholt
hatte.
»Wie heißt der Esel?« fragte ha
tald, der an dem netten Thier-, das
des schlechten Rus, in dem seine Stam
nossen daheim standen, so wenig
Ieise-te, Gefallen fand.
Blicks the name of the dontey?«
Usetschie Bilder-.
MMMP antwortete der unge
MI; Haut Vismarckl Jck rnen
, ch! Sprechen mit deitfche herunt«
«.s- brach in ein herzliches Ge
«.t’ ans, ja das Wildnis einstimmte.
dass den Namen des deutschen
- Weiden hier die Esel taaft
« , m doch m K rpmi eh
its schem- nmgtstfkeszin
ss sein«-« du« anset durch
G us e staubigem !
, Wom- same-hat«
« lich, das aus
I- v--- s--v
ein anfgeioeckter Bursch-e rnsit lebhaften
Augen und blitzenden weißen Zäh
nen, der aus alle Fragen, die an ihn
gestellt wurden, eine Antwort wußte;
und harald sehr belustigte. l
Unmittelbar finde der Stadtmauer
hatte sich eine se sig traße auxgetham
die an einem ais-bischen Fried of vor
H zwischen gelten, steil ansieigenden
Hügeln in ein einsames Wüstenthal
himinsührte. Der Konirast war merk
würdig. Eben noch die laute, list
ende Stadt, wenige Minuten später
die Weltabgseichiedenheit dieses Kirch
hoss. Zwischen kleinen aradischen
gänserm in denen die Wächter der
räber und deren Familien lebten,
erhoben »sich die stolzen Knppelbauten
welche die irdisch-In Reste der Khalifen ’
bergen. Nachdem sie die edlen Grab- »
Moscheen der Sultane Kaid Beh und
Bartut besucht hatten, ritten sie nuft
die einsamen Berge zu, die sich zwi
schen das Thal und die Stadt schoben
und die bei den Europäern von der
Napoleonischen Zeit her. wo hier
Wink-wühlen errichtet worden waren,
den Namen «Windiniihlenhiigel" he
halien hatten.
Auf der Höhe des Bergtammes, den
sie erstiegeng bot sich den Herr-en eine
wunderbare sussichL Zu ihren Füßen
dehnte sich endlos die glänzende Stadt
rnit ihren Kuppeln und vierhundert
Minoretten, die wie Radeln spitz in die
Liistse stiegen; jenseits erschien ein grü
ner Streifen, der den Laus des Nilg
bmsckmpv nnd dahinter ein arme-et
sich in den Horizont oerlierenber: die
Wüste. An deren Rande erhoben sich
fern und klein die Dreiecke der Pyra
mioen, verschwimmenb im Licht-e der
Sonne, vie glühend roth sich neben
ihnen zum Untergange senkte. Nun
wandte Harald den Blick rückwärts.
Da lag er zur Rechten, der phantask
sche Todtenncier, dessen vergsolbete
Kuppeln in der Sonne blitzterh links
aber und vor ihm behnte sich weit,
unermeßlich, die gelb-e Wiiste, aus die
tret Berg und die Minnrette lange
dunkle Schatten warfen. Vergoldet
von der Abendsonne schimmerte der
gielbe Sand wie sliissiges Gold. Jn
der Ferne auf einem Esel, der von
einem Manne geführt ward, ritt eine
schwarze Gestalt in die qrvße Ein-sam
teit hinaus, die Feierlichkrit der Scene
erhöhsenb. Maria und Joseph! dachte
dar-am Das war Das Morgen-band
wie er es geträumt hatte. Langsam
sanl vie Sonne hin-ab, eine lichte Klar
heit am horizonte zurücklassend, die
sich wie ein Heiligenschein um die wun
derbare Stadt legte. Grau unb kalt
aber breitete sich die Wüste aus. Es
war, als sei sie gestorben. —
Ein kühler Hauch wehte von Norden
her; die wilden Hunde, die in den
einsamen Bergen hausten und wie
Schatten dicht bei den herren vorüber
jagten, ließen ibr nnheimliclyes Geheul
ertönen. Berstummt, ganz dem Ein
druck der wunderbaan Stunde hinge
geben, eilte Haralb den Berg hinunter,
bestieg sein Thier und ritt mit Will-an
aus näherem Wege heimwärts. Jn der
Stadt waren schon die Lichter ange
stillt. List Humsiyeil mal ptoguai
hereinazbroctjen Tie Treiber führten
ihr-: Schsutzbefoblenen durch das am
lzisctg Viertel, ein Gen-irr von Gassen
und Gäßchen, eine verrufene Geaend,
in »die der Europäer sich nicht allein
hineinwagt. Aus erleuchteten, nach der
Straße geöffneten Hütten schallte wü
ster Lärm, unverschleierte Mädchen
tanzten, wilde Gestalten hockten und
tauerten am Boden und riefen die
Fremden in unverständlichen harren
den Lauten an. Und dann empfing
sie der europäische Korn-fort des hell
strahlend-en hotels, in Tem eine ele
gante Gesellschaft sich zum Mittags
mahl versammelte Welch ein Kontrast!
Wie vorauszusehen gewesen, ward
harakd in Gaze’s Vuveau, wohin er
sich am nächsten Vormit«ag versügte,
abgewiesen. Die Plätze zu dem Sonn
abendschisf seien längst vergeben —
hieß es; auch für die übrigen in diesem
Monat abgehenden Dampser sei Alles
bestellt. Doch wolle man seinen Na
men vormerken und es ihn wissen las
sen, sobald eine Absage komme.
Mit diesem Bescheide ging Sperber
in Sbephearw Hotel hinüber, um für
die schöne Englanderin und räulein
von .Umsattel Karten abz n. Er
vermuthete, die Damen um diese
Stunde nicht zu hause zu treffen,
war-v indessen in den Salon geniitlyigt,
wo alsbald Fräulein Kunigunde er
schien-. Sie trug- ein sehe elegantes
weihe- Morgentostiim und sab im
Dämmer-licht des Gern-arbei, dessen
Wes-ists sprichl-ists warm- frischer
Jud wer-i r verbliiht aus als Tags
other. rald gestand sich- daß sie
mit ihrer kleinen zierlichen Figur und
dem pikanten Stunwsnäichen immer
noch eise reizon Erscheinung sei, die
nur neben der schönen Freundin nicht
ein celtkens käme. «
»Ist-Abs- SW Mk ist- ichs-II
aus ihn zutretend und ihm Ue band
reichen-d- sdssß ich die Gelegenheit mir
x
I
zu Ruhe mache, lSie einmal fiir mich I
zu haben. Jst MU. Sommers da, fo
! haben-Sie ja doch nieder Augen noch
; Ohren fiir mich. Schöne Witwen und
fa weiter — bit-te, widersprechen Sie
nicht. ich würde Jhnen doch nicht glan
heni Es ist ein Zeichen fiir meinen
Mangel an Citeiieit und Selhfilasig
leit, daß ich mit folch' einer Gefährtin
auf Reisen gehe, nichi wath
Wollte sie ihn aufs Glatieis führen?
Er mochte ihr den Triumph nicht gön
nen, ihn in Verlegenheit zu sehen, und
daher erwiderte er rasch: »Oder ein
Zeichen dafür, daß Sie sich in anderen
Dingen Mrs. Summers fo überlegen
fühlen, daß Sie es selbst mit ihrer
sSchsnheit aufnehmen tönnen.«
»Bravo!« rief sie lachend. »Sie ha
ben sich famos aus derAffaire gezogen.
Uebrigens-— mögen Sie Recht haben.
Schönheit ist eine Göttergabe und —
Drimmheit auch. Ein Mann von Geifi
unsd Scharfsinn wie Sie täuschk sich
darüber nicht."
Als wenn ein rauher, laiter Winter
hauch aus dem Norden in die hliithen
huftendesenzeslufi hineingeweht wäre«
fo traf ihn ihre Malire. Sie empfand
mit dem feinen Jnfiintt einer news
fen Natur fofori, daß sie ihm miß
falxen habe, und zog andere Saiten
au .
»Wissen Sie, wie mich Jhr Freund
Lehelhurg einmal genannt hat? Jch
fei Pfeffer und Salz auf der Tafel
des Lebens, sagt-e er. Nun sehen Sie!
Ein Jeder erfüllt feine innere Bestim
mung, —- und neben all’ den Tonsyst
teen und Gelees und Zuckertorten hab'
ich gewiß auch meine Berechtigung.«
.Lehelburg! Wie, Sie kennen Os
wald?« rief er in freudigem Erstau
nen. »Dann freilich —«
»Steige ich fofiari in Jhrenizkchiunsg
eine ganze Treppe hat«-ers net sie ein.
»Gut. daß ich den Trumpf auszuwe
len hatte. So wissen Sie gar nicht,
daß ich Lili LehelburgW Freundin bin
und auf deren Hochzeit Jhre Tisch
-nachbarin sein sollte? Sie ließen mich
« schnöde itn Stich, sonst wären ivir am
; Ende schon längst gute Freun-de.«
«Meiner Erkrankung wegen mußte
ich leider fort-bleiben,« entgegnete er;
»ich wäre gern- getomsment Ledelburgs
alle sind rnir so theuer.«
»Mir auch,« meinte sie. »Und nach
dem Grundsat: »les amis des nos
aniis sont nos arnis,« hatte ich Sie
schon auf dem Schiff erspäht, konnte
mich Jhnen aber nicht bemerkbar kna
n « . .
»Warum sprachen Sie mich denn «
nicht an?« tiefer warmherzig. »Ich
hätte mich ja so gefreut --«
.Hätte ich doch in meiner norddeut
schen Sittsamkeit nicht gewagt,« erwi
derte spe, »und Sie —- toiirden sich doch
auch sehr gewundert haben, wenn ichs
gethan hätte.«
»Ja diesem Falles versetzte er und
verstummte dann, weil seine Ehrlich
keit ihr nicht widersprechen konnte. Die
Form verlangte, daß der herr den
ersten Schritt thäte —- und er war ein
Mann der Formen. Emcsnzipirte Da
men waren ihm ein Gränei. Zum
Glück gab es deren in seinen Gesell
schaftskreisen noch nicht viele.
Während das Fräulein ihm nun
von ihrer Pensionssreundschast mit
Lili Leyelhurg erzählte, rechnete er sich
nach deutscher Weise aus, daß diese24
Jahre glt sei und das-« unmöglich
Fräulein oon Umsattel in deren Alter
sein könne. Dreißig war sie sicherlich.
Dann fragte er sie, ob der Dir-Mons
general Umsattel ihr Vater gewesen?
« VII-in d» Dnbl Ost-fieb- Of bii Um fr
Jhre schönsten Balle hätte sie da mit
gemacht. Jhr Vater habe die Herr-«
schast in Oslowo in Preußen besessen
die ietzt ihr ältester Bruder bewirth
schafte. Sie lebe aus dem Nachbar
gute, das ihr gehöre als Erbthieil von
der Mutter. Die sei eine Gras-in Hor
bid gewesen und ihr Bruder habe eine
Schlachtenherg zur Frau. der jüngere
aber, der Banner Ulan sei tin-v dein
Uean gehöre, swiire noch frei. Und
nun vertiesten sich die Beiden in ein
sehr feudalei Gespräch Es gab Be
ziehungen hin und her, da auch Ha
ralo mit dem Adel mannigsach ver
wandt war. Erst als die Uhr im Sa
lon die Mittagsstunde schlug, verab
schiedete er sich.
Während des Lunch, bei dem Wil
dau fehlte, ward harald fast wider
Willen in eine Unterhaltung gezogen,
die sich auch nachher in einem Kreise
von herren bei Kaffee und Ciqarre
fortsetzte. Eine Excellenz rnit weißen
haarem Staatsminister a. D» ein Ge
neral a. D. und ein Geheimrath aus
dem Ministerium handelten preußische
Politik ab und vertheidigten allerlei
Regierungsmaßregelm die ein paar
rheinsche Industrielle angriffen. ha
rald fühlte sich in eine Berliner Ge
sellschaft verse t, wo man nach dein
Souper bei ier tin-v Cigarren unt
mit Ausschließung der schönerm
Aste der Menschheit lannegießerte.
' Exoelleuz war lehr gnädig gegen
ihn und versicherte ihn wiederholt, daß
ei außerordentlich lehrreich fiir einen
jungen Staatsbeamten sei, in so
zrvanglofe persönliche Berührun mit
einein Manne, der am Ruder fesserh
zu treten. Auch befragte er herber
um dessen Meinung, vie er aber, da
sie um eine Nitanae von der seinigen
abwich, mit ernM Kopfschittteln ver
urtheilte. Ein.rosenrotshej, vuftenbes
Billet, das hat-old gebracht wart-, und
das sofo « Antwort heischte, gab
diesem endlich die erwünschte Gelegen
-- its
heit, sich zu entfernen. Mein Gott«
er war doch nicht nach -
tot-innen unt die ganze bete-sah X
sere « her vers-sinnst zu sehen. ct
begri es selbst nicht recht, daß ein
Gespräch- M ihn zu Baute seht in
teressirt haben würde, ihm bier so
tleinlich erschien, ihn- so verstimmte.
Das lag ihm ja Albes jedt so fern, er
sah sein Deutschland wie aus der
Vogelperspertivez nur in großen Zügen
wollte er es schauen, sich freudig be
wußt sein, daß er einer Nation an
gehöre, die überall geachtet, wenn nicht
geliebt wurde. Alles Uebrige liimenerte
ihn nichts. hatte er doch die weite
Welt, unt sie zu bewundern« um daran
zu lernen.
Mes. Sommers, »die sehr bedauerte,
seinen Besuch verfehlt zu haben, lud
ihn ein, ihre Freundin und sie aus
einer Corsosabrt nach dem Gezirebg
palasthotel zu begleiten, nnd er sagte
mit Bergnii en zu.
Als er si um SUhr in Sheps
hearW Hotel einsand, stand der Wa
gen schon vor der Thür, und alsbald
erschien die Engländerin in einer hell
blauen Tvilette, die mit echten Spihen
reich verziert war, und einein großen,
extravaganten, mit Federn und Blu
men geschmückt-en Hut, der, wie ha
rald sich sagte, in Berlin unmöglich
gewesen sein würde, der sie aber rei
zend kleidete. Sie war so blendend
hübsch und begrüßte ihn mit einer so
holdseli enLiebenBtviirdigteit, daß sein
Herz a ermals in große Unruhe ge
rieth. Auch Fräulein Ku.·.igunde hatt-.
sich in den schönsten Putz geworfen,
verschwand aber ins der That völlig
neben Frau Daisy, und ihre witzigsem
aeistreicben Bemerkunaen ainaen wir
kungsslos an seinem Ohr vorüber, weil
seine Augen zu viel zu thun hatten
Jst diese lieblichste aller Sterblichen
wirklich dumm? fragte er sich selbst
Doch wie konnte er darüber urtheilen,
wenn ihre blauen, guten ehrlichen Au
gen fortwährend in die seinen guckten
mit einem Ausdruck, ais wollten sie
sagen: Da bin ich ja! So nimm mich
doch! Kannst Du denn eine fchönere
und liebenswürdigen Frau finden, so
weit diesSonne scheint und der Dim
mel blautY Damals auf dem Schiffe
hat es begonnen! Du bist’s, den ich
erwartete —- —— —
Fast hätte er seinem schönen bis-a
vis gezürnt, daß es ihn verhinderte,
den wechselnden Bildern, die am Weae
vorüberglitten, so viel Aufmerksamkeit
zu schenken, wie ihnen gebührte. Durch
die breiten Straßen der Jsmailiha, des
europäischen Viertels, das der abge
sedte Khedive Jst-mail nach französi
schem Muster erbaut, ging es über die
prächtige neue Nilbrücke, auf die Jnsiel
Bulat, ans den Lagerstätten der Kara
tvanen vorbei und durch «die prächtigen
Allem der Lebhachbäunre hin. Die
Wunderbiiume, die in 40 Jahren zu
ihrer vollen höhe erwachsen, erregten
indeß trotz Mrs. Summa-P Nähe ha
rald’i größtes Gefallen. Jhre mäch
tige Stammdicke, an uralte deutsche
Eichen gemahnend, und ihr hoch in den
Lüften fich zum grünen Dom wisle
deö Blätterdach zauberten ihm den
geliebten deutschen Wald vor die
Seele.
» Und in weitem Umkreise umsäum
! ten diese Bäume alle Landstraßen und
s Avemren Kairo’s mi ihrem kühlen
s Schatten. Während er sich über diese
Alleen freute, hatte sich Fräulein von
Umsattel die Lorgnette ausgesetzt, um
die ihnen begegnenden oder vorüber
fahrenden Cquipagen und Reiter besser
betrachten zu können- Pesonders die
, Ost-t!«—-.. k.- .»-:k- k
llslllcqlltkll Lutuluchh Mk, imikz We
schleiert, in geschlossenen Torweg-, meist
von Eunuchen begleitet, dalierlamem
reizten idre Neugier. Den Gefährten
der Türken nnd Europäer von Stand
eilten dieSais voran, lange Stöbein
den hönden haltend; sie trugen gold
gestickte, kurze Jucken und bunte
Schörpen über einem weissen Gewand,
dessen weite Aercnel und kurze, roc
attige Bein-kleidet im Winde flatter
ten, das Bein vorn Knie ab und den
Fuß unbetteidet lassendz den Kopf
bedeckte ein Fez nrit Troddel oder
Schleier. Wie der Wind stürmten sie
daher, einen ebenso molerischen tvie
phantostischen Eindruck« gewährend,
von den Damen höchlichst bewundert«
während horald doch die Einrichtunq
sehr orientalisch und etwas borbarisch
erschien. Jtn Garten des Geweh
patasthotels, wo bereits eine ganze
Wagenburg harrte, stiegen sie aus und
gingen zu Fuß durch den wunderschö
nen Pakt dern are-bischen Most zu,
einer von schlanten Pseilern getrage
nen, lustigen Halle, in und vor der die
elegante interrsotionale Welt sich zwei
Mal wöchentlich an den Corsotogen
zu versammeln pslegte. In den reich
sten und exotischsten Toiletten saßen
die Damen an kleinen Tischen, türki
schen Kossee oder Sordet schlürfend
und dern Konzert lauschend, das eine
englische Militiiriapelle ousstthrte,
während junge heran aller Nationen,
türkische Paschas und Prinzen einge
schlossen, zwischen ihnen pronienirten
Schönheiten und Totletten musternd
harnld spielte ersolgreich den Espa
lieoe servernte; er suchte einen Tisch,
bestellte Ersrischungen und gefiel sich
eine Weite in seiner Rolle, stolz das
raus, Ritter einer Dame zu sein, die
selbst hier, wo et velzende Erschei
nungen in Menge gab, noch alle Blicke
·au sich sog. Auch tani eine ganz
lu tge P audeoei zu Stande, sobqtder
sich entschlos, aus den ihm wohlbekann
ten wihelndesn Gesellschestston Fräu
—
lein von Umsatteki einzugehen Sie
Die scharfe Kritik an den Vorüber
wcndelnsdem die ihr ganzes Interesse
in Anspruch nahmen, und Mes. Sum
mers lachte fortwährend über ibre
treffenden und beißenden Bemerkun
n und über dieAtt, wie Harald ihr
Feundirtr. Als aber Fräulein Luni
gunde, auf das somit-tägliche Ge
spräch zurücktommend, wieder von
einem den Umsattels verwandten Gra
fen zu reden begann, faltetse er bittend
die hände und rief mit tiefem Seuf
zer: .Gnädige5 Fräuleins Wir sind in
Egypterr. Laffen Sie Ost- und West
pveußen und Pommern und die Mark
dazu im Schnee begraben und freuen
Sie sich des Sontrenlichtc, das uns
fcheintl«
Sie blickte ibn fragend und befrem
det an. .
»Wirllich,« fuhr er lebhaft fort, den
Hut abnehmsend und sich über dieSiirn
und das militärisch turz geschnittene
Haar fahrend, —- »ich beiomme wieder
Nervenzufälle, wenn ich noch mehr von
Deutschland hören muß. Jch mag
m« t!«
räulein von Umsattel machte ein
empfindliches Gesicht. »Es thut mir
sehr leid, Sie gelangweilt zu baben,«
entgegnete sie. »Ich setzte mehr Jn
deresse für heimath und Freunde bei
einem deutschen Baron voraus·«
Er fühlte, daß seine Antwort etwas
energi cher ausgesallen war, als er be
absichtigte, und betheuerte, daß eg d:e
mittägliche Politik, nichts weiter sei,
das ihn verstimmt habe. Doch merkte
er wohl, daß sie gar tein Versiändnifz
für die Schilderung der Szene besaß,
die er zu feiner Entschuldigung zum
Besten gab. Mrs. Summers lachte
Zofe-II In Uns-I- nskksnpnsn Wiss sinds
«Poor Mr. Sperbers« Dann, in dem
Wart-sehn das Thema zu wechseln
fragte sie ihn, ob er auch die Nilreife
zu machen beabsichtige, und erzählte
ihm, daß fie fchon längst Billets zum
Sonnabend bestellt habe. Es sei ihr
jetzt faft leid, da alle ihre Bekannten
mit Coot gingen, doch sie hätte sich
ein-e tleine Gesellschaft fo hübsch ge
dacht unsd daher, dem Rathe tömifcher
Freunde folgend, bei Stangen Plätze
bestellt, der die Gazefchiffe benutze.
Mit lebhaftem Bedauern, daß es ihm
nicht vergönnt fei, an der Fahrt theil
zunehmen, berichtete er nun, daß er
fchon einen ihrer Mitmsiagiere tenne
und erregte der beiden Damen lebhaf
tes Interesse für Wiloau. Mm Sum
rners wollte sich durchaus nicht damit
zufrieden geben, daß Harald abgewie
fen worden« fei, malte fich die Nilreiie
in feiner und Wildau’s Gesellschaft
immer wieder in glänzenden Farben
aus und erklärte, daß sie noch einmal
ihr heil bei Gaze versuchen werde.
Vielleicht thue er ihr als Landsmann
den Gefallen, einen Platz fiir S,:rber
zu schaffen
Gortfeßung folgt.)
— -——-·-.-—-—
chinesfche Schriftfetzeru
Während in Buchdruckereien der
einzelne Seßtaiten etwa 110 Fächer
för deutschen und 160 fiir Antiqua
iatz enthält, bedarf der chinesifche
Schriftfeßer einer met umfangreiche
rin Einrichtung. Bekanntlich befißen
:-ie Chsnefen kein Alpbabet, sondern
esne Wortfchrift, deren Urbeftandtheile
tobe, zur-eilen symbotifche Bilder sind.
Dazu kommt, daß zaklreiche Wörter
in der Sprache den gleichen Laut, aber
eine durch die Betonung ausgedrückte
verschiedne Bedeutung haben und da- I
der in der Schritt besonderer unter
scheioungszeichen bedürfen. So ist in
Chicago die Druckerei eines tleinen
chinesischen Tageblatts, zu dessen Satz
11,000 Schriftensächer vorhanden
sind. Dazu hat das Blatt noch eine
tleine Schristgieszerei, um etwa nicht
vorriithige Schriftzeichen sofort her
stellen zu tönnen. Größere chinesische
Buchdruckereien sollen Sehtästen mit
20,000 und noch mehr Fächern haben.
Daß die Arbeit der chinesischen Seher
höchst mühselig ist, geht schon daraus
hervor, daß an dem Satz des erwähn
ten vierseitigen Biättchens neun Mann
täglich 12———13 Stunden arbeiteten
Während sonst ein Qtzer bei einigen
Anlagen es schon« in zwei bis drei
Jahren zu einer gewissen Fertigkeit
ringt, gehört siir den chinesischen da
zu ein halbes Leben. Um die Aussins
dung des nöthigen Schriftzeichens in
dein Wust von Fächern zu erleichtern,
sind diese nach der »Jdeen-Atsociai
tion« geordnet· So ist das Fach, wel
ches das Wort »Fisch« enthält, mit
den Fächern sür Schuppe, Flosse, Netz,
xischer u. s· w. umgeben, neben dem
christzeichen fiir .Fleisch« finden sich
die Fächer für Kuh, Ochse, Metzger,
Fell, Küche u. s. w.
—— ————-.--——--—
J- weitesten-h
Ein Seemann des in Stotes Bau
togenden englischen Unterseebootez
No. 2 giebt über die Eindrücke, die er
bei einer Ireistiindigen Untersoesahrt
empfangen, eine Bari-demnade um
so interessanter ist, als sie nicht wie
der-artige kranzösische Mittheilungen
von Enthu oemui überschäumt.
»Die Empfindun . wenn das Boot
taucht,« sagt die laujacke, »ist etne
ganz eifrnthiimtichr. Man g!aubt,
vollständg den zunehmenden ruck
aus.die Ochiiszwandung zu sit len,
was ich dein Anfheben des Vibrirens
durch das Untertauchen zuschreibe. Die
etettrische Lampe verbreitet vollständig
Licht in dein etwas beengten Raume,
nur durch die Glastuten des Auelugs
thut-net dringt in die Tiefe von zwei
den ein grünlich nebelhastes Licht.
n rann, wenn man durch eine der
Listen sieht, sagen, od der Himmel
wollig ist oder die Sonne scheint. Jst
irren unter dem Wasser, so sitdlt inun
eine Art Benornmenheit, wenn ich
auch schon glaube, daß dieses Gefühl
mehr in der Einbildunn besteht als irr
dsk Wirklichkeit und wohl aus ein Ge
fäbl der Hilslosigleit zurückzusiiisren
i .
Man bemerkt so gut wie keine Be
EVØAUIIA um Boot, selbst wenn es mit
der wllen Unterseegeschwindigteii von
lieben tznoten ruhet Ein leicht-es Zit
tern wird durch die Gasolininaschinse
MFUXIVL Der Eindruck der allge
meinen Stille ist ein tiefer.«
Besragt, welches die längste Zeit ge
wesen, während deren es sich unter
Wasser besunden, erwiderte unser See
mann: »3 Stunden 27 Minuten.«
Geigen Ende Dieser Zeit, erzälslze er,
habe er ein leichtes Unlvohlsein em
pfunden, wei der Leute seien lrani
gewesen, Ehren-sausen sei die größte
UnannehnrlichleiL Die Ueblichleit rüh
re übrigens nicht von dem Unter-see
sein, als vielmehr von den iiblen Ditlk
ten her, die sich während derFahkt en :
wickeln. Alle Leute, die unter See ge
hen, würden sehr blaß. Beim-in ob
er das Leben auf dem Brote liebe.
schüttelte der Seeniann enerzrisch den
Kopf. »Nein,« sagte er. »es ist zu gie
sährlich und ohne jeden Corniort· daß
irgend Jemand es lieben tönnte." Er
erklärte jedoch, daß er sich freiwillig
gemeldet hätte, um No. 4, das eben
seine Versuchssnhrien beende: hatte,
nach Barrow zu bringen.
-—--—--.-s.--—s
sue-m auf Seht-m
Ein Franzose, Samfon, der auf der
Riiettehr aus Asien nach Frantreich
vor Kurzem Colomlro paifirt hat,
hofft durch folaende Veröffentlichung
einer Anzahl noch immer krieg-gefan
gener But-en die Rückkehr in die Hei
math erschließen zu können. El
schreibt:
«Erlauden Sie mir, Ihnen den tief
traurigen Eindruck zu schildern, den ei
auf die Reisenden an Bord des fran
zösischen Postdampserd Indus gemacht
hat, als sie nach ihrer Landuna in
Colombo am ö. November auf einein
Spaziergang nach dein 6 Meilen von
Colombv entfernten Lavinia 165 Bu
ren, Kriegsgesangense der Engländer,
erblickten Diese Unglücklichem auf
engem durch Eisendraht abgesperrtem
Raume zusammengepfercht, erschöpfen
sich, der Verzweiflung nahe, in Fra
gen, ob sie denn ihr Leben lang aus
Cenlon bleiben müßten. Der Friede
ist nun vielleicht seit sechs Monaten
unterzeichnet, und gegen alles Recht
behandeln die Engländer Leute, die
durch des Geschickes Ungunst schließlich
doch englisch-: Unterthanen geworden
sind, wie gern-eine Verbrechen ,
Dies ist ausgesprochen schändlich,
um so mehr als das Lesen dieser Un
glücklichen ganz elend ist, fie dürfen
nichts arbeiten« bekommen zu wenig
und schlecht zu essen. Vor einiger Zeit
wurden die Gefangenen oom Fieber
imqesucht; zitternd bdr Fron, in der
cheune, die ihnen zum Obdach dient,
an einander gedrängt, baten sie fle
deutlich um Linderuna ihres Loofel5.
Die Antwort ließ nicht auf sich war
ten: alle zwei Stunden, dei Tag und
bei Nacht, schreckte sie die Schildwache
auf, damit sie aus den Ramendanfrnf
antworteten!
Die Passaaiere der »Jndus« veran
stalteten eine Sammlung, deren Er
aebniii man den Unaliictlichen bedan
diate. Jhre TanleE;-e»ieiik1«inaen rühr
ten Alle, die diesem unverqefilicden und
fiir Enaland so schmaihvoilen Schan
spiel deitvdhnten, biis zu Thriinen.«
- «-.-- —
Muetheuee set-tue. .
Zur Erinnerung an den Todes-Lag
Alexandre Dumag des Aelteren
wurde dieses Jahr in der Cornediei
Francaise eines feiner hübschesten
Wette, »Mlle. de Belle-Jsle«, ge e
«ben. Von lesen erzählt Henri La:
doir foaende Anelddte, die das gute
her-z und die unerschöpfliche Freige
diqleit Alexandre Duiiius' zeigt. Eines
Tages brachte ein Unbekannter ihm
den Plan zu einem Vandeoillr. »Ich
sehe darin tein Vandeville", antwor
tete Dumas; aber etwas behalte ich
mir vor, der Gedanke von der ent
zweigeschnittenen Zechine, die unter
die beiden Liebenden getheilt wird.
Wenn Sie Jhr Vandeville schrieben
und es Erfolg hätte, wieviel wiirde es
Ihnen einbringen?« »Tausend
Frane8,« sagte der Andere. »Nun
wdhl,« sagte Diimas, »hier sind zwei
tausend siir Ihre Idee mit derZechinr.
Nur gegrt sie jetzt selbstverständlich
mir.« r Andere nahm entzückt an.
Duinaö verwendete den Gedanken in
»Mlle. de Belle-JDle« und erzielte da
mit die bekannte Wirkung. Am Abend
der Premiere defand sich der Unbe
lannte im Theater· Als er den Ek
solg des Stückes und seiner Jdee sah,
schickte er Dumai folgendes Briefchen:
»Meine Gliickrviinsche, Sie haben ein
gutes Geschäft gemacht.« Dumas ant
wortete sofort, nachdem er es gelesen
hatte: »Wir hatten 2000 Fr. gesagt.
Wollen Sie dafiir 10,000, lieber
Freund, damit mir die Zechine gknz
und gar gehöre?«
—-—-·
Auc Leerdrt meidet die Hambur
ische Börsenhalle in Nr. 570, daß die
iffsahrt aus der Eins durch Eis ne
stört wenden und ein Dumpfer mit
sechs Leicht-ern ei sroren sei. »Ein
Regierungs - Ein rechn, von Emden
kommend, will die Leichter befreien-«
Nun erhält die vhnedies gedrückt-e Ein
brecherzunst gar noch staatliche Kan
lurrensl