Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, January 02, 1903, Sonntags-Blatt, Image 9

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    —
Zum Neuen Jahrl
Von A. O h o r n.
Die Glocken tijnen durch die Nacht,
- Glückausl ein junges Jahr erwacht,
Es ruft zu frohem Schaffen;
Ein iraftvoll Jühlen schwellt dirBrust,
Das neue Jahr bringt neue Lust
Und frisch geschliff’ne Waffen.
Vergiß entschvuwdmer Tage Last!
Jn milde Dämmerung verblaßt
Sind bald die düstern Farben;
Die Wunden, vie das alte Jahr
Mit rauher-band Dir schlug, fürwahr-,
Sie wenden auch vernarben.
Der Rasen grünt aus jeder Gruft
Beim hauch der jungen Frühlings
luft, —
O Seele, laß Dein Zagen!
Dir lommt die Uenzesftunde auch;
Gleichwie dem ärmsten Dornenstrauch
Wird Dir ein Matfest tagen.
Was nimm-er Du erreichen magst —
Was nützt es, dasz darob Du klagst2
O, satg' es ein fiir immer!
Doch ehrlich Hoffen halte fest,
Das schmückt dem Lärmsten selbst sein
est
Mit mildem Zauberschtnimer.
Nur traue nicht dem Glück allein!
Selbst mußt Tu start und tapfer sein,
Ein unverdrossner Streiter;
Wer in dem Kampf die Fäuste rührt,
Jm Sturm das Steuer nicht verliert,
Dtm hilft der Himmel weiter.
So schau der Zukunft in’S Gesicht,
Tritt ruhig her und fürcht Dich nicht,
Was immer sie mag bringen!
Die Hände fnlte fromm und sacht,
Wenn ernst durch die Zylvesternacht
Ae hellen Glocken klingen.
Und sprich: »Sei böse oder gut,
Du neues Jahr, ich habe Muth,
Mich treu der Pflicht zu weiden;
Doch kannst Du, lotnm’ mit Segen-Z
hand
Unkd salltm Voll und allem Land
Gieb Frieden und Gedeiben!«
.-.-«— - ——«--.
Der Schneematm
Schwester Hin-elem- von A. Hagen
Tonis Brüder hatten ihre Weit
nachtsfseriikn dazu benutzt, unt einen
großen Schneewann zu bauen! Da
stand er nun mitten auf dem Nasen
platze in Obersiirsters Garten, hoch
und her, riesenhaft uns mächtig, mit
Augen, »Man-arg ivie Avhlen«, einer
mächtigen schwunaoollen Nase unI
breitlächelndem Munde, ein reiner
«nordischer Recke!« Und der Mond Ier
Zysvestermcht schien aus ihn her
nichts
Ja, wieder war der Zeirpuntx ider
angenahr, wo sich ein Jahr zu seinen
Vätern versammelte! Morgen, Ia
würd-: ein neuastsboreneg Knäbiein in
ver uralten Wiege der Mutter Zeit lie
gen und Millionen wiirven sich als
glückwiinschenve Pathen ieranvriin
gen, urn ihm ein ionnigeg Dasein zu
erflehtn, zu ihrer eigenen Freude und
Wohlfahrt! Ob sich die Wünsche auch
all-: erfüll:«:n? Wer konnte es zvissenx
man that Das Seine mit Hoffen unv
Bitten, mehr vermochte man nich-t;
auch Toni, :e«:- Oberiöritergs Geinmina
achtzehniähriaeg Töchterlein han« ihre
heimlichen Wünsche unv Hoffnuncen
fiir das nrue Jahr und wußte nicht« ob
sie ihr in Erfüllung gehen ;viir:en.
Da war nämlich ein gewisser Herr
Brunc Kehlen seines Zeichens Jlrchi
tett, dem der ehrenvolle Austrag zu
theil geworden, cas neue Jsagvschlöß
chen siir den Fiirsten von Hobenried
da Drinnen in dem alten romantischen
Walve zu erbauen. Dieser Herr ver
iehrste natürlich auch bei Gernminncs
und krar allmählich-auch Tonio »Herr«
geworden » gleich vorn ersten Sehen
an interessirte sie sich lebhaft für ihn,
dannjiebte sie den schmucker-« Mann
von asarezern Herzen!
Unv baß er sie wieoer lieben, das-.
das neue Jahr sie vereinigen möge,
das waren Tonis Wünsche am heu
tigentShlvestersabenvt Fast glaubt-e sie
seiner Gegenliebe sicher zu sein, aber
zu ein-er Aussprache harte sich noch tei
ne Gelegenheit ergeben unv rnan konn
te ja nie im voraus sagen, wie sich al
les gestaltet-! An Dieses- all dachte
Toni fest, während fre sich mit Mut
ter und Brüder in oer Wohnstube
befand unv mit ihnen vie Heimtehr
des Vaters erwartete!
Obersörster Gemming war nämlich
zu einem alten. einsamen, tranken
Nachbar, welcher eine halbe Stunde
Weges von vem Oberförsterhaus en::
fernt wohnte, hinübergeqanaem da
derselbe ihn gebeten hatt-e, er möge ihn
am Shlvesterabenv nicht so mutters
seelenallein lassen. Der gutmüthiae
Gemming wollte rein alten Mann vie
se Bitte natürlich nicht abschlagen
denn wer weiß, wie lsanae er ihm auf
dieser Erh- noch zu Gefallen würde
sein kommt Um halb 12 Uhr beab
sichtiate er heimzukehren und mit sei
ner Familie die Mitternacht fröhlich
Zu feiern.
Soeben schlug es« halb 12, nun
würde ver Vater gleich comment Frau
Oberforster erhob sich und aina in die
Küche um ben Wunsch zu bereiten —
ihr löchelnver Blick streifte die beiden
Buben, die sanft eingenickt waren —
ja, die frische Winterluit und all das
unbändige Umhertrollen machten
Mut — —
silns Minuten verflossen-noch im
IIM war her sonst viinttliche Qberfitr- «
Sonntags Vlat
Beilage des ,,Uebraglka staats-Knieiger und Herold«.
J P. Wittdolph, Herausgehen Grund Maul-, Nebr» den Z. Januar 1903 Jahrgang 23 No. les-.
J
» fter nicht da! Nach weiteren fünf Mi
nuten steckte die Mutter den Kopf zur
!Thiir hinein: »Daß der Vater noch
nicht kommt, Toni,--eg tiann ihm doch
nichts passirt sein?«'
’ »Ach wo, Msamsachen, wie sollte bas!
« Er hat sich auch- nral verspätet oder ist
ist-was langsamer geagngen!«
» Die Mutter nickte und zog sich wie
J der zurück. Noch einige Minuten ver
: ftrichen, da erhob sich »auch Toni, hüllte
. sich in ein großes warmes «Un1schl-age:
» tusch ein und verließ das Zimmer. Sie
wollt-: an rer Hinterpsforte, die nach
rer Landstraße hinaufgina ausserd
lien oh sich dxr Vater bereits ir
gendwo zeig-et
Es war ein-e köstlich ilsare, nicht zu
herbe Nacht, das weis-: Wintertleia der
Erde flimmerte gar prächtig und
Mond und Sterne leuchteten im dol
len Glanze. Der Wen zur Tliisggn,1s
psorte lief quer durch den Garten, To
ni eilte ilsn rasch :ntl-ang, schaute auf
die E: nße hinaus uno machte dann
ioierer Kehrt, rsa vomPiopa noch nicht-E
zu sehen mar. Langssam schritt sie iu
riick und ließ in innigem Entnücten ihre
Blicke rinao umherschweifen Das
liebe Cherub-aus« rer unendliche Him
mel darübe hier Ier Garten, welcher
io herrlich grünen und bliihen konnte,
—--- ivie zrsar das alles4 so schön und mie
gute hatze sie es in Dieser Heimnthi
Einer nur fehlte ihr heute. Er, Bru
no Fießler, das empfand sie schmerz:
lich! Leicht hähten die Eltern ihn ja
einluden können, den Snloeitersabeno
bei ihnen zu oerlehen. aber sie waren
arn liebsten »unter sich« und Ioni bat-:
:: natürlich nich: gewagt, ihren heim:
lich-n Gedanken Ausdruck zu verlei
herr!
Jn diesem Jlionient aber. als beim
Betrachten der weißen Schönheit cer
’R-a:ur :in.friedliches Gefühl in Jonig
I ZeJle got-» iidertom sie .vie eine Offen
.l)aruna die gläubige Zuversicht: »auch
J Bruno iviirde ihr nicht lange fehlen
; zver so innig liebt-e .vie sie,·der konnte
inicht betrogen werd-en um sein Glück!
Jetzt war Toni an den Nasenplatz ge
il-onar, soo :er von ihren Brüdern er
baute Schneemann thronte und ihre
licke fielen aus ihn, rer hell von oern
Mondlicht beleuchtet in seiner ganzen
Redendafstigteit dastand und ihr fein
bleich-es Antlitz zuwandte Was ftir ein
dummes Gesicht der Schnorrrrann blos
imacknr. und diese Nase. dieses Maul.
’ Die ganze tomische Figur-«--«iu brollial
Toni lachte hell auf ja, .oirtlich. da
must-e man lachen! Taan ssaatc sie
halblaut irr froher Laune: »Na, alter
Schnee-mann, zveiszt Du auch Das-, heute
Znioestsrr ist? Du soeiszt es nicht« s
ader tröste Dich, es giebt »auch Men
ichenlinder, oie missen gleichfalls io
manches nicht, pas sie Doch so aerne
.rsiißten!« Sie dachte .vieder an Bru
no und ob er auch .vohl an sie Denle in
Diesem Moment, und Dieses- Gesijhl be
Aoeate sie so sehr, bafz sie lächean mei
:er sprach: »Ach, alter Schnee-nann,
lönn::st Du mir Dth sagen, wo jetzt
mein Liedster iveilt und oh er mich
überhaupt liebt, der Bruno Kenter!«
LSH that ihr wohl von Bruno in reden,
sei eg auch diesem stummen Kolosz Dort
gegenüber Doch da --- mit einem er
stickenoen Schrei fuhr Toni zusam
men und ihr Herzschlag stockte fast vor
lähmendern Entsetzen Waren hier
Holler-möchte im Spiel, oie sie narren
.vollsten?
Denn horch da tön:e plötzlich ourch
vie Stille der Nacht ieine Stimme «
Bruno Fehlens Stimme war es. täu
schend n-achgeahmt, in ver That —- und
deu:lich, wenn auch leise, sprach sie:
»Ja, Toni Gtrnmina, ich, oer Schnee
mann, sag-r und schivöre Dir in dieser
hochhseizinen Stunde « Bruno lichter
liebt Dich --- treu und :varm!« Toni
zitterte, sie traute sich nicht den Fuß zu
heb-In zur Flucht sie stand Ivie gebannt
unr- siatiersse Die Hände um zu beten:
»Herr Gott, erbarme Dich menier!«—
Und jetzt lam er hervorgessprunqen bin
ter dem großen Schneernann nno
stürzt-e aus sie »in ---ei1: Arm legte sich
um hie schwankende Toni nnd sie hörte
es sliistern: «Erschrick nicht, Toni, ich
hing ja leibhasria, Dein Bruno, der
Dich schon lange liesbti Die Zhlvesters
stimmnna trieb mich Eins-amen sort
»aus meiner Junggesellentlause und
ließ mich Euer band umstreichen, so
riecht wie ein verliebter Fant! Ich
wollte Dir wenigstens auf Iisese Art
mein heißes Sehnen hineinathmen in
die Lust, welche Dir morgen entgehen
rveht in des neuen Jahres ersten
·..-tunden —— —«
sToni athrnete tief aus, sie erholte sich
seht wies-er allmählich.
»Plönlich össnete sich die haustbür,«
sprach Bruno weit-er «uno Du kamst
beweist Ich erschvack und suchte na
türlich ein Versteck —- doch wohin? ——
die decken war-en sa alle kahl und die
große Tanne dort zu weit est-»in fiel
mein Blick aus den braven lSchnee
mann —- husch —- oa deckte mich auch
schon seni breiter Rücken-Jus übrige
weißt Dul« —
» sToni war noch immer wie
TTraurn bi- Seene war doch »auch r
lich zu abenteuerlichl Und nun lag sie
in Bruno’5 Arm —- melch ein Solve
sierwunderi —- und er frag-te zärtlich:
»Hast Du mich lieb, mein «Scha.tz?«
»Ja, lieb sehr lieb, Bruno —- aber
ich bin noch immer gar starr M«
»Da will ich Dich aufibauenz Lieb
chen!« sBlitzfchnell neigte Bruno’s
Mund sich Toni’s Lippen zu, blitz
schnell brannten darauf ein paar feu
rige Küsse!
In diese-m Moment öffnete sich klir
rend oie Gartenpforte uno der heim
tehrende Oberförster gesvsahrie jusi Dis-:
innige Umarmusng jenes Päcchcns
dorti. »Hallol), Iheiliger Hubertiis, iwg
ist ein-HEXE rief er oerdutzi aus und
sinmpste mir Riefenschriiten herbei.
Bruno und Toni fuhren erschrocken
»aus-einander, dann ergriff jedoch der
erster-: rasch gefaßt des geliebte-n
Mädchens Hund uno sagte-: ,,L.1ssen
Sie sich erklären, Herr Obersörsrer
»Das möchte ich mir auch sein aus
gebet-In haben, Herr Baumeister!«
Nun, Bruno »-erllärte« rann, uan
der Oberförfter, welcher dem jungen
Architetten wohl gewogen mur, be
gann, dabei nur bald amijsirt zu
schmun,jeln.
»Feimos-e Geschichte, schade, das-, ich
nicht dabei .«var, aber so geb-se immer,
wenn nun sont ist, passirt allem-til das
Beste m hab’ ich mich heute doppelt
otrspätei!"
»Herr Oberförster kamen im Gegen
tlxil gerade im rechten Augenblick, um
Toni und niir das väterliche »Ju« zu
schenken!«
,,IJieinsen Sie Herr Schneewan —
Nsa oenn in Goisteg Namen derein,
Kinder, ZyivestersVerlobnnq feiern!«
Als Iie Drei in’g Hang traten, eilte
ihntn die Frau Oderförster entgegen,
und auch si: blieb .vie erstarrt stehen,
vor Dieser ungdabnten11eberrsasch11nn.
»Mutter-, ich has ein Breiutvjar im
Schnee -.1usg:l:sen, konnte eg Doch nicht
draußen lassen, ke, mag meinst Du?«
Und auch die Mutter meinte, das-,
ihr Gotte rechst gethan und jegnxte ihre
Kinder von ganzem Her-jen!
Ader nun, Mutter, st:ll’ aus :-:n
Tisch die vampsence Txrrine,« sante
Papa Gemming »gleich iviro ee Mil
ternsacht sein unv on wollen ivir un
seren Punfch bah: n!«
Der Punsch wurde Just-tei: ig. n urd
kl- Iwutg JJetuirnktusH Jn. uuu .ksi.s..r
ser.oach:en Brüder stirszen ein Freuren
jaelceul nach dem attdxrn aus-, und die
.gliiellich: Familie tiisite und berste sich
i und .oiinschte Iinander ein rrcht aeseg
l retes neues Jahr ooller Lirde und
Frieden!
" --.-—
i
i Die letzte Wette.
!
l Das Essen war beendet und man
ging aus die hübsche Altane mri der
iberrlichen Aussicht aus den Flan bin
lang zum Kaiser-, den der Lamnhoirtli
ldort aus einem schönen, neuen Tisch
l serdiren ließ.
»Aber der Tisch ist wirklich ein recht
sauber-es Stiiet «LlrLseit,« wandte sich
jder Herr Hauptmann oon Schlag
tdraus, sder gerne einen Spaß machte,
san den Lammwirth; nur schade, Dass
; er etwas zu hoch ist!« «
; »Hu hochs« entgegnete dieser; »Jet;
, finde ihn im Gegentbeil etsoas zu nie
der.«
»Herr Lammwirth, da irren Sie
sich; er ist über sünsunodreißig Zoll
hoch und das ist zuviel! Glauben Sie
mir, ich hab-e ein gutes Angel«
»Und ich bin überzeugt, er ist nicht
iiber oierun«o"dreißig Zoll hoch, Herr
Haupttnann.«
»Wenn ich die Sache nicht genau
wüßte, ich wollte siir meine Behaup
tung jede Wette eingeb:n. Aber so!«
»So gebt mir’5 gerade auch, Herr
Hauptmann!«
»Das mischte ich bezweiseln, ich sage
noch einmal, Herr Lamintvirth, der
Tisch mißt vom Boden an über fünf
unddreisszig Zoll Höhe und wette da
raus zehn Flaschen Champagner!«
»Und ich sage, der Tisch ist nicht
iiber vierunodreißig Zoll hoch und
halte die Wette, obgleich ich meiner
Sache gewiß bin!«
»Macht nichts! Jch lsin der meinen
noch gewisser! Die Herren sind Zeu
aen meiner Worte!«
Gegenseitiger Verzicht aus jede Cin
rede und die Wette swird abgeschlossen.
Jetzt ruft der Lammwirth den Kellner
herbei und gibt ibm den Austrag, ei
nen Maßstab herbeizubolen «
»Das Messen tönnen Sie sich erspa
ren, Herr Lammwirth,« sagt seht der
here von Schlagdraus mit triumphi
render Miene, indem er seine Schreib
tasel beworzieht, »ich habe diesem-Nor
aen in der Frühmesse, während Sie
sich drinnen rasiren ließen, den Tisch
gemessen und das Resultat hier ver
zeichnen Sehen Sie, meine Herren,
er mißt vom Boden an über siinsunldi
dreißig Zoll. Was sagen Sie dazu,
here Lammwirth«? Sprach’s und
laws-» zu aus vollem Halse.
llchlu s ich daraus saan« erwiderte
it schlauem Lächeln »Ei nun,
L
ich sage: da haben Sie diesmal die
Rechnung ohne den Lammwirth ge
macht. Jch herbe nämlich während des
Rasirens gesehen, was Sie auf der Al
tane machten, troydem ich Jhnen »den
Rücken kehrte. Wissen Sie, Herr
Hauptmann, der Spiegel . .
»Was ist’s mit dem Spiegel?« un
terbrach ihn betroffen Herr von
Schlage-rauf
Ein nun, der Spiegel ist Jhr Ber
räther gewesen!«
»Das ist ganz gleichgiltig, Herr
Lammwirth hieß-wegen habe ich die
Wette doch.
»Mir-bauen? Nicht wahr, Herr
Ha«uptmsann, so wollen Sie sagen?
Aber freuen Sie sich nicht zu bald!
Denn sehen Sie, als der Herr Haupt
mann fort war, da ließ ich den Schrei
ner tomnren und oon jedem Tischbein
etwas über einen Zoll absiiaen.«
Daß Dich.»!« brauste der Herr
Hauptmann auf, während die ganze
Gesellschaft in ein lautes Gelächter
aus-brach Dann aber, sich- zusam
mennehmend, fragte er mit oerlegenem
Lachen: »Bei wein sind Sie Denn ei
aentlich in die Lehre gegangen, Sie
Ylialesizschirerenöther?«
»Bei den Franzosen drüben, Herr
Hauptmann,« antwortete schmunzelnd
der Lammtvirth »Wissen Sie, Herr
Hauptmann, diese trauen Euch Herren
auch nicht, wenn Jhr bei Ihnen Mes
sunan vornehmt!«
»Und da haben Sie recht gehabt,
Herr Lainmwirth,« lachte diesmal
Herr von Schlagorauf und zwar aus
vollem Herz-In. Meine Wette habe ich
oerloren unsd heute Abend wollen wir
den Champaaner trinken, wenns
Jhnen und den Herren recht ift!«
»Stets Zu Diensten, Herr Haupt
mann!« war des Laininwirthg ver
tbindliche Antwort und so geschahe
auch.
Am anderen Tage aber hatte der
Herr Hauptmann von Zchlagdrauf
einen aehörigen Katzensammer una ac
lobte sich, rnit dein Lammwirth nie
malg mehr eine Wette einzuge heu.
—-——-·-.—— »
Eer Statistik des Trunks-.
Ein rechter Statistiter tennt keine
Otrenze für seine Thäiigleit. Kein
Gebiet des menschlichen Lebens ist da
vor sicher, von ihm zahlenmiißig be
leuchtet zu werden-. Ein solcher Zah
lenmrnich hat neulich die Leistung ei
sxeg Tänzerg oder vielmehr einer Tän
zerin berechnet nie es mit der ihr ne
stellten Aufgabe ernst nimmt, keinen
Tanz ausläfzt und an einem Ball um
10 Uhr Abends beginnt und nicht vor
5 Uhr Morgens aufhört. Der Sta
tistiter hat Recht darin, das-, er einen
Vertreter des weiblichen Geschlechts
nimmt, wenn es ihm darauf ankommt,
die höchste Leistung nachzuweisen, de
nn ein Tänzer fähig ist, denn es ist
eine .1riertan11te.1ha:sache, das-, selbst
ein eisriger Balllöwe nicht das leistet,
was eine gesuchte und leidenschaftliche
Tänzerin vermag. Die Berechnung
ist iu rer unglaublichen Zahl von
I'.(;,t)t)» Schritten gelangt, die eine
Tänzerin im Verlauf eines einzigen
Balls von sieben Stunden Länge aus
führen würde. Jn einen Entfer
nungsiiiaßstab verwandelt, würde das
eine ourchtanzte Strecke von 46 Kilo
netern ergeben. Aufs einzelne über
tragen gibt die Rechnung einem Wal
zer von mittlerer Länge einen Weg
von 1000 Metern, einer Quadrille von
vier Touren einen solchen von 2 Kilo
cretern, während es eine Mazurta nur
bis zu 900 uno eine Polta bis zu 800
Metern bringt.
NO
Schwetgeu und Reden.
Kaiser Theodosius, der Heide, gab
Befehl, daß niemand darüber zur Re
denschaft gezogen werden dürfe, ver
über den Kaiser gesprochen habe.
»Denn«, sagte er, ,,ist das Gesagte et
nas Unbed·eutendes, so thut man am
testen, darüber zu lachen; ist es etwas
Feinoseliges, so muß es verziehen, und
wenn es etwas Böses ist, muß es be
mitleioet werden. Jst es aber Wahr
t;eit, muß man dankbar dafür sein.«
Das war in Ausspruch, der in unserer
Zeit des Streberthums wie eine Of
fenbarung klingt.
Es ist nicht angenehm, Gegenstand
iibler Nachrede zu sein. Je unschul
diger wir uns fühlen, je sicherer, sie
nicht verdient zu haben, um so em
pfindlicher sind wir gegen dieselbe.
Ein anerkannter Bösewicht macht sich
nichts daraus, was über ihn gespro
chen wird. Aber wo ist Jemand, er
mag hoch oder niedrig stehen-, der sich
ganz davor schützen kann.
Aber glaube nur niemand, daß er
cemiithig sei, wenn er noch leicht be
leidigt wird, beleidigt durch Reden
und beleidigt durch Schweigen. Bei
des liegt in der menschlichen Natur.
Sie gleicht in den meisten Fällen dem
Pulver, das zündet, sobald ein Funke
hinein fällt. »Sch«weige, und du
bringst den lautesten Sprecher zum
Schweigen«, hat Chrysostomos gesagt.
Aber sweige auch, wenn man über dich
schweigt — fordere nicht, beachtet zu
trerden. Die besten Frauen wenig
suens sind meist die, von denen weder
im Guten noch im Schlechten gespro
chen wird.
-... ----..
Der Staub auf dem Sata.
Marie Leszczhnsta, die Gemahlin
Ludwig des Fünfzehnten vson Frank
reich, erwartete einste den preußischen
Gesandten und bemerkte, daß aus dem
Paradesosa Staub lag. Sie theilte
kxeg ihrer Hofdame, Madame v. Lug
i:eg, mit, und diese llingelte. Ein Die
ner trat ein. »Es liegt Staub aus
rein Sosa«, sagte Madame v. Lugneg
zu ihm, »wischt ihn ab!«
Anstatt diesen Befehl auszuführen,
sprach der Diener: »EntschuldigenSie,
·««lskadan1e, das gehört nicht zu meinen
Obliegenheiten das ist Sache der Tep
pichdiener. Jch werde gleich einen ho
ln.«
Ein Teppichdiener kam und fragte,
wag man wünsche. Madame v. Lugnes
deutete ausden Staub, der das Sosa
bedeckte Der Teppichdiener zuckte mit
den Achseln. »Ich habe heute den
Dienst nich-t, und es steht mir nicht an,
mich in die Angelegenheiten meiner
Kollegen zu mischen.«
»Gut, dann schasst den Teppichdie
nser vom Dienst herbei!«
Derselbe lam und betrachtete sich
topsschiittelnd den Staub, der das
Sosa bedeckte, dann sprach er: »Wir
Ieppichdiener können uns damit nicht
befassen, das Sosa gehört zu den Mö
beln. Man muß sich also an einen An
gestellten der königlichen Geräthelam
mer wenden, weil der Zchloßinteni
dani, wenn er erfährt, daß einer aus
der Dienerschast eine Ehre bean- i
sprucht, aus die er tein Recht hat, ihn :
aus seiner Stellung entlassen wird.«
Jn diesem Augenblicke brach die Kö
nigin in lautes Lachen aug. Sie nahm »
ihr Taschentuch und wedelte eigenhän- .
Dig den Staub don dem Paradesosa
ab; damit war die große und wichtige
Frage mit einem Male erledigt·
«- - —
Mne Gertrautens-Ukverrafchung.i
l
Eine unliebsame UeberraschungE
wurde neulich in Wien einem beschäf- i
Unten Adddlaten in der inneren Stadt s
von einem »Freunde« bereitet. Als der
tlodotat Morgens in seine Kanzle:
tam, sand er Stege und Gang über
siillt von Leuten. Die Jnoasron er-:
streckte sich bis in sein Parteienzimmer,
in dem Kopf an Kopf junge Leute
standen. Aus die Frage, was dieseri
Ilndrang zu bereuten habe, erhielt er
aus etwa vierzig stehlen »zugleich die!
Antwort: »Herr Dol:or haben heute
r«nnoncirt, das; Sie einen Bureaudie
ner suchen!« Einer aus der vordersten
Reihe griff in die Brusttasche, zog ein
Zeitunggblatt hervor und zeigt e den-.
Advokaten das; Jnserat, laut welchem
der gesuchte Bureaudi ener, der 9 Fl
Wochenlohn erhält, sich in der Kanzlei
vor-zustellen hasbe. Der ttlovotkat blieb
eine Weile sprachlos. Dann begann
er: »Meine Herren! Das ist eine Mu
stistisitatiom ich vermuthe, daß mir
irgend ein ,,guter Freund« diese Ueber
iaschung anläßlich meines heutigen
Gburtstages bereitet hat. Es thut
mir sehr leid, daß man Sie nutzlog
hierher bemüht hat!«
Der Doktor zog dann sein Vorte
monnaie und reichte dem Vordersten in
eer Reihe eine Schwärmen-Note mit
ein Worten: »Hier auf Zigarren für
die Herren!« Unter Hochrufen auf den
charmanten Advokaten verließ der
ganze Trupp die Kanzlei. und der
Sprecher gab den übrigen aus dem
Ziorrioor und auf den Stiegen ange
sammelten Stellenbewerbern die nö
thigen Ausllärunsgen Nun schlossen
sie sich Alle dein Manne mit der Zehn-—
IironewNote an, um wenigsteni eine
ter Gratisi Zigarren zu erhalten. Jetzt
spielte sich Folgendes ab: Die ganze
Schaar zog zur nächstgelegenen Ta
battrasit. Jhre Besiherin gerieth in
Angst, als sie die große Anzahl Men
schen sah, und schloß sofort ihr Lokal
zu. Die jungen Leute wollten aber
Die Zigarren halbem sie trommelten
mit den Fäusten an der geschlossenen
Thür und schrien »Ausmachen!« Der
Lärm lockte natürlich einen Sicher
heitswachtmann herbei und dieser ver
anlaßte, als er erfuhr, um was es sich
handle, die Trasikbesitzerim das Lokal
zu öffnen und den Leuten um die 10
Kronen Zigarren Zu geben. Mit den
Eigarren und unter Assistenz des
Wachmannes zog nun die ganze
Schaar in den Börsenpark, wo die
Vertheilung stattsand
—-——
Ein wirklich guter und liebenswür
diger Mensch rann so viel Freunde
haben, ale er will, aber nicht immer
die, die er will.
—
Ein Damens-link
Aus eine seltsame Art kam der einst
sehr populärse Possendichter Leopold
Feldmann——ein gehorener Münchener,
der der dann lange als Dramaturg
org Theaters an der Wien wirkte —
n die literarksche Laufbahn. Er be
gann als Schusterlehrling und da ge
schah eg- ihm eines Tages-, daß er siir
Die Besitzerin eines reizenden Füßchens
in tvahnwitziaer Liebe entbrannte. So
weit raubte ihm diese Liebe die Be
snnsung, das-, er die Gefühle seines
Herzens nicht nur in Verse brachte,
sondern die Verse sogar in den ihm
zum Ausbessern überbrachten Schuh
k.ineinklebte. Die Folgen waren schreck
lich. Die entrüstete Dame zitirte den
Meister, worauf der Meister, mit sei
nem Knieriemen bewaffnet, den Lehr
ling zitirte. Aber den Lehrling mach
ten Liebe und-- der Gedanke an die«
Schmach, die er für die Geliebte erleiss
den sollte, rasend und in dieser Rase
rei erklärte er, dem Meister den Pfrie-·
mien durch den Leib zu rennen, wenn
er ihn anrühre. Nun rief der Mann
die Obrigkeit zu Hilfe, der renitente
Lehrlan wurde von Amts wegen be
firaft, der junge Hans Sachs aber
wurde zum Stadtgespräch und das
Gedicht im Damenschuh war die Ur
sache, daß sich Leute fanden, die dem
jungen Mann den Weg zur literari
schen Laufbahn ebneten.
» ,-..-·-.--».sp
Küchendragonen ·
Es hat in der That einmal Küchen
:ragoner gegeben und zwar wirkliche
Soldaten, nicht »Kii"ck;endragoner« in
heutigem Sinne. Unter dem Kurfür
sten Friedrich der Dritte von Bran
denburg ging einmal wöchentlich eine
Koftiichenpost von Berlin nach Ham
burg und wieder zurück. Zu deren Be
gleitung, was bei den damali·gen·un
sicheren Wegen nöthig war, dienten
die Küchen- oder, wie man sie auch
nannte, Hosstaatsdragoner. Auch Ta
schendragoner nannte man sie, weil sie
außerdem auch noch eine Art reitende
Postabgaben und zur Beförderung von
Briesen für den Hof eine Ledertasche
am Sattel trugen. Diese unsoldatische
Beschäftigung machte sie zum Gegen
fiande der Verspottung von seiten der
treufzischen Armee. Und nicht lange,
so liefen iiber ihre Disziplinlosi keit so
viele Mag-en ein, daß Friedrich te aus
tsoh, in ein ivirtliehes Dragonerregi
nxent verwandelte und ihnen zum
sioinmandeur den Obersten v.
Grumbtviv gab (1674). Jhr ur
sprünglicher Name haftete ihnen frei
ljch zu ihrem Aerger noch lange an.
-- ——-—.-.--——
Das erste Poe-zerschm.
Ein Fahrzeug ,,Finig Belli« ge
tauft, wurde von den Bürgern von
Llntivscrven im Jahre 1585 vom Sta
vel gelassen, in der Absicht, damit die
Lin-ten der Spanier, die die Citadselle
eingeschlossen hatten, zu durchsfahren
Dies ist dao erste Panzerfchiss, von
dem man weiß. Es war ein gewöhn
liches Kriegsschiff das in der Mitte
mit einem metallischen Schutz fiir die
acht Kanonen großen Kaliderg beklei
det war. Das Schiff war außedem
tmrn imer hinten mit Inmian unsre-:
rüstet und hatte auch Gefechtsmasten
Der ,,Fini5 Belli« wäre wohl ein star
ekr Gegner ver spanischen Flotte ge
wesen, wenn er nicht durch einen Un
fall gleich im Beginn seiner Laufbahn
auf einer Sandbart aestrandet wäre.
Die Mann schast mußte ihn verlassen,
und das erste Panzerschiff der Welt
siel in die Hände der Spanier, die es
ioiever flvtt machten und zum Lager
Alexander von Parmag führten. Der
Versuch der Antwemener hat sie-doch
teinen Nachahmer gefunden.
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Nur eine Kleinigkeit.
Linlhuber besucht seinen Freund
Goloheimer, ver einen Motorwagen
besitzt, um sich die Construction des
titefährtes erklären zu lassen.
Goldheimer ist hierzu mit Vergnü
gen bereit und setzt dem Besucher haar
klein auseinander, wie die einzelnen
Theile des Mechanismug ineinander
greifen, um die Fortbetvegung auf
eieltrischem Wege herbeizuführen
Linihuber lächelt zu alledem ver
ständnißinnig und meint nachher:
»Eure großartige Erfindung! Es ist
erstaunlich, wag vie Technik für Fort
schritte macht, Nur eins verstehe ich
noch nicht so recht.«
»Nun?«
»Wie ist es nur möglich, daß sich
er Waaen ohne Pferde sorthetvegt?«
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Selbsthülfr.
Der lustige Oberförster W» der
asern ein Gläschen Wein zu sich nahm,
hard auf einmal von einem sehr hef
tigen Fieber befallen. Besonders
tlagte während des hohen Fiebers der
Durst den armen Mann ganz gewal
tig. Der-selbe ließ aber auch während
des folgenden Krankenlagers nicht
nach. Die beiden ihn behandelnden
Vierzte hielten deshalb einmal Abends
eine Besprechuna ab, Um zu bemthen,
wie sie ihren Patienten von dem pei
rsigsenden Durst befreien könnten.
,.Lassen Sie mich nur einmal in die
sem Punkte selbst sorgen, meine Her
rin!« erklärte da der Patient, »be
freien Sie mich von meiner Krankheit
nnd für den Durst will ich schon selbst
aufkommen!«