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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Oct. 31, 1902)
Auf Krieg-fuß. Kooelle von Vi·c—to—r Bliitbgen. Westlich vom Schmachter See aus Rügen- nabe Bins, gibt’ö bewaldete Berges Ein wertbvollez Stiick Revier, zu denis Forstbause Prora gehörig. An einer Stelle im Walde ist ein Sausang. Dort in der breiten Schlucht gibt es sungepfichten als Deckung bis zurn Einschlu . »Sieh mal, Fräulein« sagt ein etwa sechsjähriger kleiner Bursch in blauem Sportanzug «da stehen lauter Weih nachttbäuine.' »Richtig,« sagt das Fräulein, »da wollen wir uns jeder einen aussucben.« Das Fräulein, das skch aus ein Pol ster von Blaubeerlraut niedergelassen dat, ist ein hübsche- junges Mädchen, eberlich noch nicht lange irn betrach abigen Alter, ein wenig mager. aber sie bat brennende, pechschwarze Augen und pochschwatzes, leicht getraustes Haar. «Also erst einmal: Welchen Weib nachtjbaum willst du haben, Knut?« Der Knirps läßt die Blicke über den Fichtenbestand schweifen und zeigt dann sehr entschieden: »Den da.« »Schön. Dann wollen wir ihn zeich nen, dann ist es deiner.'« Sie greist in die Tasche und bringt buntfarbige Bänder zum Vorschein. »Siehst du, Arbe, wie gut es war, daß ich deine Bänder icn Garten aufgehoben babei Was für ein Band willst du, Knui?« »Das rothe,« sagte er. . Und sie steht auf, gebt über den Weg und bindei das rothe Band um das Stammes-en »So. Und du, Arbe, welchen Weihnachtsbaum willst du hrbeni« »Den hier.« »Willst du das blaue Band?« »Ja. Und sie bindet. Dann prüft sie, als gälte es wirllich, im Ernst das Beste für sich auszusuchen »So, das ist meins, und das kriegt ein weißes Band.« Sie ist eben beim Kniipfen, da ruft die Stimme des Jungen hastig: «Friiulein —- Friiulein . . .« »Was denn?« Und dabei wendet sie flüchtig den Kopf und sieht » . Jn der Nähe schreitet den Weg her auf sie zu ein bochgewachsener Mann in Forstuniform, ein Gewehr auf dem Rücken. Sie läßt sich indeß nicht stö ren, sondern bindet ihr Band fest. Dann erst kehrt sie sich um und begibt sich wieder zu den Kindern. Der Forstrnann vertritt ihr den Weg, ein Riese, neben dein sie wie ein zerbrechlichec Püppchen aussieht, aber ein jüngererMann, ein Gesicht wie aus Bronze gegossen, mit gvauen Stahl augen, scharf wie Adleraugen, und braunem Schnurrbiirtchen über dem festgeschlossenen Mund. Er steht steif und mustert sie mit überlegenem Gleichmutb. »Das ist Oe ganz neue Sorte Schwarzwild hier,« sagt er. »Gewi)·h nen Sie sich lieber nicht hierher, Fräu: lein, Sie stören mir das andere!'« «Ach,« wundert sie, »ist das so empfindlich? Aber hier ist doch ein Waidweg.« »Und dort ein öaufang Es giebt so viel Waldwege, vielleicht gefallen Ihnen die ebenso gut.« »Recht freundtich von anenz ich weiß bloß nicht« weshalb gerade Sie so ein Interesse an dem Saufang ba ben. Ich lann ja vielleicht Herrn För ster Keriow fragen, wie er dariiber denkt. Ich meine doch, der Wald ge hört zu Prora?« Ueber das gebräunte Gesicht des jungen Forstmannes flog etwas, sein iinleö Auge zwinterte. »Da haben Sie recht. Aber wenn ich etwas sage, dann ist das so gut, als 4 L-- Ost-fl-- n--I·u.- k--b« UU UUD IIUbsle UILACUIU skskslp »Na, na —- wer find Sie denn, mein Herr?« »Der Nachfolger Kertow’s, Fräu lein. Jch bin hier der neue Förster.« »So. Das ist das erste, was ich höre.« Diese Mittbeilung brachte sie doch ein Bißchen außer Fassunm »Knut —- Arve, kommt herunter. Der Herr Förster jagt uns fort. Wenn er nicht mehr hier ist, können mir ja wie der hergehen-« »Das thun Sie lieber-nicht, Fräu lein; ich bringe ein Verbot hier an.« »Was machen Sie denn mit mir, wenn ich nun doch wieder hierher gehei« fragte sie herausfordernd. . »Ja, da nehme ich Sie in Strafe« » »So? das will ich doch mal probi ren. Leben Sie wohl, Herr Förster.« »Ganz gewiß, Fräulein » .« Sie war mit den Kindern um die Ecke gebogen. Der junge Förster stand noch und äugte dahin, wo sie verschwunden waren. uRetter Kerl,« fa te er sitr fich. »Die könnte mir gefa en. Muß woh: don Dollahn sein, solche Art Bonne.« Das» Fräulein hatte kein rechtes Vergnügen mehr an dem Waldspa iers sang und Knut bemerkte: »Du sagst gar nichts mehr, Fräulein.« a i i Friiulein Oedwig war eine Star ardertn; der here Bottich dort, ihr ter, ein kleiner Beamter. Ein heite res, angenehmes Mädchen, ein Bi chen männerverwiihnt, ein Bißchen pli lmer-tangere; das Zünglein ziemlich o e. Ih, sie wird diesen Fbrster —Kriitie heißt ert —- iirgerm »Frau Arätie'« — eigentsich abscheulich » Idee ein schöner Mann. Er he chats tigt sie. Da er nnverhetrathet i , ist er verpflichten sich von einer jungen W Dame ärgern zu lassen. Sie wird Ioch sehen, ob er sie bestraft. Das wäeeja zunerliärt Sie geht ein paar Tage nachher Fieber in die Schlucht nach dein Sau eng Die drei Bänder find noch da. Und da ist aus einmeil ein Pfahl mit der Inschrift: Verbotener Weg. i Nun erst recht. Was nutzt’s? Er kommt nicht; und sie stampft schon mit dein Fuß sus, wenn sie die Kinder ruft, uin zu gehen. Das ist schändlich von ihm! Darauf schlägt das Wetter um: es fängt mit dickem Nebel an, regnet dann, kalt, abscheulich kalt. Aus ein mal färben sich die Buchen und die Blätter fangen an zu fallen llnd das regnet, regnet. Jetzt mag in die Schlucht gehen wer Lii.t bat. Ende November sind die Bäume halb kahl. Aber in Binz ist Tanzm gnügen. Fräulein Hedwig darf mitthun sie ifi mit einem Wagen voll junger Leute nach Binz gefahren, durch scharfen Nordost —- das Wetter ist wieder tlar. Sie tanzt so leicht, wie eine Feder, und so leidenschaftlich gern. Und der Verwalter führt sie in den Saal, weiß wie eine Schneeflocke, mit dem pracht vollen Schwarzhaar und den munte ren, blitzenden Jetiaugen. Sie ahnte —- natiirlich, da steht er. Das lann gut werden. Ein bißchen Herzllopfen — ah bah. Ob er tanzt, so steif und so bockbei nig wie er ist? Da kommt er auf sie zu. Aber ein Tänzer nimmt sie weg; sie sitzt keine Viertelminute. Und sie schwebt wie der bei ibm darbei, sieht, wie er stutzt, umkehrt. . . Sie lacht in sich hinein. Da muß er schneller sein! Sr-. Und ikbt mir-M ci- tnirklinb Cin mal eine Minute sitzen; wenn er kommt, weiß sie, was sie sagt. Sie vertröstet zwei Tänzer: da —- wahr baftig —- — «Fräulein, darf ich —« Was er sich einbildet! Mit einem Gesicht, als wäre es selbstverständlich Aber sie streckt abwehrend die Hand aus, lä chelt ein Bißchen kapriziös, ein Biß chen übermüthig: »Bitte nein — ver botener Weg!« Er nickt blos, mit einem fragwiir digen schwachen Lächeln, sagt nichts und geht. Er hat fein Theil —- nnd sie ihre Genugthuung. Nun kann er wiederkommen. Aber das thut er nicht. »Damenwalzer!« ruft der Tänze ordnet. Und auf einmal sieht sie auf und geht zu dem Abscheulichen hinüber, steht vor ihm wie im Walde, bli t ihn herausfordernd an und lächelt: » itte, Herr Förster — ietzt saqen Sie doch: Jch danie! Jetzt können Sie sich re vanchiren.« Er ichmunzelt blos, mit dem eige nen überlegenen Blick, verbeugt sich nnd legt den Arm um ihre schmächtige Iaillr. Sie kommt sich wie ein Fle derwisch vor. »Wissen Sie, daß ich immerzu bei Ihrem Saufana aewesen bin?« »Na, na; da können Sie froh sein, daß ich Sie nicht abgeietzt habe. Jch hätte nicht viel Federlesens gemacht. Aber Jhre Bänder haben Sie noch nicht abgeholt.« »Nein, die bleiben bis Weihnachten. Sie haben doch nichts dagequ, daß mir uns die drei Bäume iiir Weih nachten holen?« j »Wo denten Sie hint« Er zieht ein i kalt-strenges Gesicht, sehr ernst. »Ma- s chen Sie keinen Unsinn. Jn solcheni Dincken verstehe ich wirklich keinen( Zpa ,.« Er reizt sie wieder. Und lachend! und trotiend simleirbk Mettm das-i ich sie hör-e« · Er zuckte nur die Achseln. I- st III Ein paar Tage vor Weihnachten. Alles kahl im Walde und eine ,,banniae« Kälte. Nachts ist ganz ge hörig Schnee aesallen. Am Nachmittaa, turz vor Dämme rung, steht Fräulein Hedwig beim Nadmacher in der Werkstatt und saqt: ,,Protting, geben Sie mir doch mal eine kleine Handsäae.« —- — Nun ist sie draußen, aus dem Wald weae. Ihre schmalen Fäßchen stapsen munter durch den mürben Schnee, der nur eine Waaenlvur teiate und die Spur eines Mannes: die letztere be schäftigt sie. macht ihr einiae Sorge. Als sie an der bekannten Schlucht anlangt, athmet sie befriedigt aus: die Männer-spur- sübrt aus dem Haupt wege weiter. Der Schnee in der Schlucht lieat unberührt. Sie biegt ein. Ein Stück bin kommt eine breite wirre Spur den Gang ber unter: Wildschweine. Der Schnee iit ausgewählt bis in die Fichten: nicht in den Fang hinein. Sie verfolgt die Spur; dann trennt sie sich davon. watet zu den tleiisen Fichten bin — die Farben der Bsnder sind schwach noch angedeutet. Und nun biickt sie sieb. etwas beklemmt von der Einsam keit, uns seht die Söae an. Sie will ihren Willen haben. Die tle.ne tnirlchende Fichte itberi Iieseks sie mit Staubscbvee legt sich erst-Ich um. Und basiia Stakebl sie sich Ha ten besten tlkineren B«Tumchen für die Kinder-. Bat — sägt — —-— Aber am oraen drautt Reiswein-« laat der Gut-here etwas betreten. als er aus seiner Stube an den Fettbstttcksttsch kommt einen tax-es in ver com-, »v-- ist oval — ( eine dumue Geschichte. Ins weifz n-. cht. l was ich da thun soll.'« »Was denn, gnädiaer herr?" fragt j sie blaß. »Der Förster Krätte schreibt mir I bei dem Saufana wären drei junge Fichten gestohlen: aus den Fuss-spuken f und anderen Umständen wäre mit Sicherheit zu schließen. daß das auf Ihre Verantassuna aeschehn sei. Er fordert mich auf. den Tdäter zu erui ren, er wäre fest entschlossen, die Sache zu versehen« »Großer Gott —- ich denke. das ist nicht sein Erns.« »Doch, Fräulein. So leid mir’s thut. ich werde unter diesen Umständen nicht anders können, als ihm die Wahrheit zu saaen. Ich will ja mit ihm reden. vielleicht nimmt er Ber nunft an. Aber die jungen Förfter sind höllis sch eisria.« »Was kann mir denn passiren, gnii« dieser Herri« »Na, Sie werden ja mit einer Geld strafe davontommen. denke ich. Silber wenn er Ernst macht, müssen Sie vor’s Gericht, aus alle Fälle« »Ach Gott —- ach Gott...« Aus einmal, in allem Kampfe mit der .Angst, stürzten ihr die Thriinen aus den Augen. Sie flüchtet auf idre Stube und fchluchzt sich aus. Aber das ist ja zum Verzweifeln! Und sie hat sich einaebildet, dasi er eine Schwäche für sie hat. .. Die deimlichen Träume, die sie gespannen, schon mit stiller Zuver sicht.... Er dat ia nicht daran ge dacht, sie zur Förfterin von Prora zu machen! Er wird sie dor das Gericht schlep pen! Sie wird eine unglückliche, be strafte Person sein· . . Sie hat oöllia den Kopf verloren Jn einer Stunde geht der Zug —- sie fährt nach Hause, nach Stargard zu ihren Eltern. Mit einem unbestimm A-- m.:::r.r- h-t. r:- h-« :.. exk:-s.-..t.-:t scsl Msuc,sc, UUIJ III- UUII III UIWICUIIS ist. So weit wird der Förster sie nicht« verfolgen. se · Gestern hat die Familie in Star ard ein so trauriges Svlvester ge Feierh vergebens versucht, die Tochter, dise wie ein Schatten umherschleicht, mit Punsch und gutem Zuspruch zu trösten. Sie bat nur einen Gedan ken: bald wieder fort. weit fort. . . Hedwig sitzt am Fenster, starrt mit vermeinten Augen aus die Straße. Die Mutter revidirt rasch noch den Braten. Da kommen zwei halbverschneite Gestalten von der Straße her, der eine Mann deutet aus die Fenster, der an dere trägt die Forstuniiorm Dem Fräulein wollen die Augen aus dem opse springen. Hedwig stüsit einen Schrei aus, ei nen Schrei tiefsten Entsetzens, springt aus: »Er lommi, er kommt!« —- rennt wie ein Wirbelwind aus eine Thüre zu —- fort ist sie. Und draußen tönt im hausslur schrill die Kling-el. Der würdiae Herr Rendant ist wie vor den Kopf geschlagen. Endlich — es llingelt zum zweitenmal —- rafst er sich aus und geht öffnen. Ein stattlicher Forstmann — aber wie denn —- um die Lappalie — er wird doch nicht. . .. »Wohnt hier Rendant Bartsch?« »Der bin ich.« »Ich bitt Förfier Krätle und komme : wegen Ihrer Fräulein Tochter. . .« »Herr Förster,« sagte der rundliche Rendant mit dem alatten Sparimar iiber dem Kopfe, »wenn Sie es im Ernst aus das arme Wurm abgesehen haben, da muß ich doch sagen, daß das eine Harthserzigteit ohnegleichen ist und das-, Sie einen recht wenig guten Cha ralter baben.« Da ging iiber das strenge Bronn aesicht des jungen Forstmannes ein Lächeln. P-.,» m-..i-.»4« k.-t- -.. L—, »Ju, «1,·I(U Juni-»un, rufen u, »k tönnte wohl so sein. Nun habe ict aus eine aani andere Art auf Ihre Fräulein Tochter ahaeschen, ich möchte sie nämlich aern zur Frau haben nnd das können Sie doch beim besten Wil len nicht hartherzia nennen. Jch weist nun freilich nicht« ob sie mich will, nachdem ich ihr solchen Schreck einge jaad habe.« Herr Bartsch sah riemlich Verdntzt ans. »Ja —— Herr Förster — hm — - ja, das ist ja mertioiirdia. .« »Ich mag sie furchtbar aern —- aber sie ist was obstinat. .. Wollen Sie sie nicht mal fragen?« Und da steht sie in voller Erbitte runa, so hochroth und hübsch mit den sprühenden Schwarzanaem »Ich kann Sie nicht heirathen. wir würden die unglücklichsten Menschen von der Welt: Sie würden es am Ende für Ihre Pflicht halten, Ihre eiaene Frau vor das Gericht zu bringen, und dem will ich mich doch nicht aussetzen. Zeiaen Sie mich an, ich bitte, setzt ist mir’s ganz aleichaiiltia, ob ich mir als vor bestraste Person mein Leben sristen muß; aber mit dem Manne, der mir eine Woche so verbittert hat, will ich nichts zu thun halten« »Haben Sie mich denn ein bischen lieb gehabt, Fräulein Bartschf« »Ja, Gott set’s geklagt; wenn Sie’s wissen wollen« Er stand auf, ariss in die Tasche, zog sein Vortemonnaie und nahm zwei Ringe heran-. Goldne Reisen. »Dann aeben Sie mir doch mai Jhre band her.« Und er faßte da nach und hielt sie, wie sie zappelte, sest wie in einem Schraubstock Mit dieser großen starken Tatze. Aeiate i r das Innere des einen Ringe-: H. . stand da einaraoirt. Und er schob ihr den Ring gemächlich aus den Finger J ? X c. »Ich will ihn aber nicht,« troßte sie noch, allein ihre Blicke wurden milder, unsicher-, und auf einmal huschte es um ibre Mundwintei. »Doch!« nickte er aemiitblich. »Ich bin doch nicht der Schlechteste. Jch will bloß nicht so ganz unter den Pan tossel tommen.« Und da brach ein Strom von Zärtlichkeit aus seinen Au gen und er biickte sich. hob das Figur chen aus, mit beiden Armen: »Ich lasse dich ja doch nicht losl« sagte er und dann ließ er sie sacht soweit herunter, daß sie’s gerade bequem hatte, ihn zu lüssen. »Du kommst doch unter den Pantof sel,« sagte sie mit lachendem Zorn und tiißte ihn —- und schlang die Arme um seinen Hals — tiißte ihn. . . Das Geheimnißf des Klosters. Erzählung von Dietrich The d en. Hochverehrter Freund! Jch weiß nicht, ob ich mich an die richtige Instanz wende, indem ich meine Zeilen an Sie als Landrath adressire; aber ich weiß, daß ich meine Erzählung und meine Bitte einem Manne vortrage, der bereit ist, das zu veranlassen, was in seinen Kräf ten liegt. Haben Sie darum die Güte, meine Aufzeichnungen einer Durchsicht zu würdigen, und seien Sie überzeugt, daß ich Jhnen lediglich be richte, welcher räthselhafte Fall seit Jahren mein lebhaftes Interesse er regt und dieses nach gerade zu einer Art Beunruhigung gesteigert hat. Jn unserem schönen Holstejn, sogar in Ihrem Kreise, liegt ein See, der von Waldgriinden umschlossen und von Sagen umwoben ist. Sein Name ist prosai-sch; ,,Holzsee« nennt man : n. Nach der Sage soll es ein reicher dänischer Graf gewesen-sein, der dom reop penhagener Komgshofe verbannt swurde und sich im Holsteinischen an siedelte. Er erbaute dicht am See ein prächtiges Schloß, in dem er mit sei ner Gemahlin und zwei Söhnen den Hof Christians V. bald vergaß. Aber nicht ebenso verlosch die Erinnerung an ihn am Königshosr. Die gehässig sten seiner Feinde arbeiteten nach sei nem Sturie gegen ihn weiter und in einer Julinacht, als ein rasender Sturm iiber die Waldwipfel heulte und den Holzsee a-uswiihlte, stürzte das stolze Grafenschlosz wie ein Kar tenhaus in sich zusammen und wurde das schauerliche Grab des Grafen, sei ner Gemahlin und feines ältesten : Sohnes. - Nur der jüngere Sohn war wie durch ein Wunder dem Verderben ent gangen. Der junge Graf Frederick Josting wurde von einem holsteinischen Edel manne verborgen gehalten, bis er zu einem Manne herangewachsen war . Dann zog er nach Dänemart, um an ; dem Hauptfeinde seines Vaters Rache zu nehmen. Nach Jahren kehrte er heim, ein Besiegter — an seiner Seite ein junges, ernstes Weib, die Tochter des gehaßten Mannes. Und dann ließ er auf einer Waldhiihe siir sich und sein Weib ein neues, pruntloses Heim ausführen, das ,,Kloster«, wie es bald vom Volksmunde getauft und bis auf den heutigen Tag benannt wurde. Die Nachkommen des Grafen Fre derick behielten die Gewohnheiten des Stammherrn bei, bis nach anderthalb Jahrhunderten noch einmal das Ver- - ängnisi iiber den Herrensitz herein-» brach Graf Christian Josting bei der . Erstiirmung der Duppe er Schanzenj fiel und das Kloster zum Heim einer dem Tiefsinn verfallenen Wittwe ! wurde. Sie ließ die Erdwälle um den Wald ( aus-besserm die Pforten mit Schlös sern versehen, bis ihr auch diese Iso liruna nicht mehr aeniiqte und sie an ordnete, das ttlofter mit einer über mannghohen Ziegelmnuer zu umzie hen. Nur der Pächter der Liinderseien wurde noch vorzielasfem wenn er den Pachtzins brachte. Dann, nach einem halben Jahre, abermal-Z eine Wandlung: auch der Pächter wurde nicht mehr von der Frau empfangen. Jörgen Göllang, der Diener, ließ sich den Pachtzins einhändiaen, lehrte mit einer iQnit tung zurück und knurrte: »Frau Grä fin bedauern, Sie nicht sehen zu tön nen.« Und dann öffnete sich ihm nicht ein mal mehr das Haus· Durch die Git terpforie nahm der Diener den Beutel mit dem abaezählten Gelde entgegen, ging damit in’s Kloster und reichte durch das Gitter die Quittung mit dem Namenszuge der Gräfin zurück. Dieser befremdende Verkehr ist die Regel seit nun zehn Jahren und der Grund meiner Unruhe. Jch habe den Grasen Christian ge kannt; er und seine Gattin haben mein Haus in glücklichen Zeiten mit ihrer Freundschaft beehrt. Jch glaube, das giebt meiner Theilnahme Schutz vor dem Verdachte unberechtigter Neugier, wenn ich die Sorge nicht abwei·fe, daß die aealterte Gräsin im Kloster schwach und trank die Tage herbringt, daß ein Arzt —- ein Arzt für Seele und Körper —- ihr nöthia sein möchte. ch bitte um Verzeihung, sollte es ni t möglich sein, einen Grund zu be hördlichen Einschreiten zu finden. Geben Sie mir gneigtest Nachricht, oder.seien Sie mir als Gast willkom men. Schloß Rettelser. Christian Gras Rankler. — 2. Von Schloß Nettelfee schlugen drei Männer den Weg noch dem Kloster ein: Graf Rantten Londrath von Sö betn und Kreigpbysiius Dr. Gerndai. Sie standen, als sie das Kloster er reicht hatten, überrascht, und das I Haus machte auf sie einen faft unheim lichen Eindruck. i Graf Rantler zog die Klingel ne ben der Pforte. Die Glocke gab einen blechernen Laut. Die Einlaßbegehren den wiederholten das klappernde Glo ckenzeichen, dazu ein Rütteln an der Pforte —- und endlich ein Lebenszei chen von drinnen —- endlich ein Oeff nen der weißen Hausthür. Ein Mann schob sich langsam hindurch, legte die Hand über die Augen und blinzelte über den Hofraum nach den Ruhestö rern. ,,Göllang!« rief Graf Ranlier iiber den Hof und winkte dem Diener zu. Der Mann pflanzte sich, einige Schritte von der Pforte entfernt, breitfpurig hin und knurrte grollend: »Was ift —?« »Wir wollen die Gräfitf sprechen, Göllan«g!« ,,Bedaure — ; l »Jn dringender Angelegenheit, Söl t ang — : Wieder das mechanische ,,Bedaure«. ) »Dann erfuche ich Sie um Einlaß, lraft meines Amtes! Jch bin der yLandrath von Sobern— ,,Land —- rath— « ftoterte GA !lang. »Nein, heute nicht — mor gen —« »Ich stehe nicht nach Jhrern Belie . ben zu Ihrer Verfügung« fagte der Landratb berweifend »Sie haben « meinen Befehl auszuführen!« »Morgen,« wiederholte der Diener. Der Landrath Verlor die Geduld »Soll ich die Pforte auffprengen lassen?« fragte er drohend. Der Mann wiederholte fein: »Mot «.on — Frisc- — « Grafen. »Können Sie Leute herbeirufen, den Eingang gewaltsam aufzubre chen?« Graf Christian Rankker lächelte flüchtig. »Ich könnte wohl selbst zugreisen,« meinte er. Er prüfte die Angeln der Pforte, ein, zwei, drei energische Stöße — der Riegel des Schlosses lockerte sich — noch ein Druck gegen das Gitter, und das Schloß sprang klirrend aus. » Mit einem Fluch drehte der Diener sich um, haftete nach dem Hause, schlug die Thür krachend hinter sich zu und drehte den Schlüssel ab. Noch ehe sich die Eindringlinge recht über die Situation klar werden konnten, flog ein Fensterflügel aus und ein Gewehrlauf drohte ihnen ent gegen. Graf Ranlter war bestürzt, aber er faßte sich, drückte sich an die weihe Mauer, glitt gebückt nach dem offenen Fenster hin, schnellte auf und um llanrmerte den Doppelgewehrlauf mit - eisernem Griffe. » Der Diener heulte in tobender Wuth und suchte die Waffe wieder an sich zu reißen. Aber Rankker hielt, was er erfaßt hatte, und zerrte mit dem Gewehr auch den Mann soweit durch die Fensteröffnung, daß er nach draußen stürzte. Er klammerte sich an die Waffe, ein Doppelschusz krachte und fand im Walde ein drohenbes Echo, aber Ranlker stand unverletzt und aufrecht, hielt die entladenen Laufe mit der einen Hand umspannt( und schüttelte mit der anderen den An- ? greifer, bis auch die Begleiter heran- ! gsestürmt kamen und den sich wie ver- ! zweifelt geberdenden Diener bewäl tigten. Graf Ranller wischte sich den Schweiß oon der Stirn und« sagte aufathmend: »So, ietzt ins Haus mit ihm, und dann m der Kranken. Gehe der Him mel, dasi Sie in diesem Tollhaus nicht zu spät kommen, Doktor!« Jn einem der ersten Zimmer stan den sie plötzlich einer Frau gegenüber, die sich, bleich und an allen Gliedern zitternd, vor ihnen in die Kniee warf und scheinbar keinen Laut hervorzu bringen vermochte. »Die Frau des Göllang,« erklärte der Graf Rantler. »Gebt auf nnd führt uns zu eurer Herrin!« redete er sie an. Aber die Erschreckte vermochte sich nicht zu erheben, und Gras Rankter schritt, während die beiden anderen Herren bei der Frau verblieben, einen Raum des Klosters nach dem andern ab, ohne sein Ziel zu erreichen. Die Gräsin war nirgends zu sin den. Eine einzige Thitr war verschlossen, und da Ranller die Kranke nicht be unruhigen wollte, kehrte er um, um von der Frau den Schlüssel zu ver langen. Sie händigte ihn zitternd aus, schleppte sich, von dem Arzt ge stützt, bis an das Zimmer mit und brach von Neuem wimmernd in die Kniee. Gras Rantker öffnete behutsam und trat leise über die Schwelle. Als er sich in dem dumpfen, dämmerigen Raume, dessen Fenster verhängt wa ren, zurechtsand, bemerkte er an einem Ende des sonst leeren, langgestreckten Fimmers einen Altar, dessen schwarze Decke bis aus den Boden hinabhinm Er konnte sich eines Schauers nicht erwehren, als er an der schwarzen Decke herunitastete; eine ungewisse Ab nung trieb ihn, sie hochzuheben — und mit einem Ruf des Entsetzens, der auch den Landrabt und den Physituö betbeilocktr. iubr er zurück. Der Altar war eine Attr schaff-m um in sei-m- Ho otiagii einen dunkelgefiirbtem schweren eithe nen Sarg zu verbergen. Frau Göllang tam ins immer, tastete sich an der Wand b Juni Sarge hin und fliifterte schauerlits eintönig: »Laßt sie schlafen. Eine Kugel M sie «aetroffen — ich habe das Schie · gehört — eben noch — paff· paffi Dänen kommen, und der Graf tom und die Griifin kommt nicht. Die todt, und der Graf ist todt, undi bin auch todt —- —« Sie stierte glanzlosen Auges an den Sarg, hielt die hohle Hand an de Mund und rannte: » »Der Pächter kommt —- das Geld kommt —- fchreib die Quittung, Mann —« Sie sah sich scheu um. ,,—— Gold, Silber —- kling —- im« mer mehr —- immer mehr. Hastndä noch nicht bald enng? Hörst du sie lacht? Siehß t,du wie sie vor mis tanzt? Sie kommt mit — Jörgen, hilf mir!« »Herr von Söbern,« wandte sich Graf Rantker erschiittert an den Land-kath, ,,hier hat sich ein furchtba res Drama abgespielt. « Der Sarg wurde geöffnet, und ans dem Jnnern starrte ein Gerippe den-l entsetzten Zeugen des Aktes entgegen. »Der Diener soll oorgefiihrt wer den, « befahl der Landrath. »Wer ist der Todte?« herrschte ihn der Landrath an. - »Die Grann « leuchte Göllang. »Sie ist ein-es natürlichen Todes gestorben?« Göllang bejahte heiser. Die Stimme schien ihm zu ersticken. »Wann?« fragte der Landrath weiter. ,,Vor zehn Jahren —« «Weshalb haben Sie den Tod ver beimiirbtW Der Besragte schwieg störrisch. »Ihr-e Frau hat genug verrat , wenn auch im Wahnsinn. lSie ha M ngfälscht und unter-schlagen! Wo ist das Geld?« ,,Jn — meinem Zimmer —« s Der Mann hatte die Wahrheit ge ag . In einer Schatulle wurde der-Pacht zins aufgefunden. Viertausend Tha ler für das Jahr. Es fehlte nichtse Auch nicht die werthvollen Schmuck sachen der Gröfim Der Landrath beschlagnahmte die Werthsachen und traf die Anordnung, daß Frau Göllang ins Jrrenhaus, der untreue Diener ins Gefängniß über führt wurde. »Die Habsucht,« reflektirte er, zu Graf Rantker und dem Physikus ge wendet, ,,hat den Menschen hier schul . dig werden lassen; ihr ist auch die eigene Frau zum Opfer gefallen, die nicht stark genug war, das Wohnens mit der Todten unter einem Dache zu ertrag-en. Ob die Gier nach dem Mammon ihn nicht auch gegen ie Gräfin die Hand verbrecherisch erheben lassen, das, fürchte ich, wird auch ferner das Geheimniß dieses son derbaren Klosters bleiben . . .« Aufklärung. Faullenzer (zum andern): »Was mag denn das Sprichwort bedeuten ,,Aller guten Dinge sind drei?« »Das ist doch einfach! Essen, trin ken, schlafen!« Physiognomie. Dame: »Die Züge des dicken Stu denten Bierfreund erinnern mich im mer an menisen seligen Onkel!« Herr: »Er-it der auch so viel. ge truIIt-:n?« Abhilfe. Geschäftsmann: »Sie glauben nicht, Herr Doktor, wie schlecht die Geschäfte jetzt gehen.« Ukzls »Na Waklc SKE, ich chsc Ihnen was zum Einnehmen verschrei ben!« Kritik. Sängerin (an der Bühne): »Ich wollt’, ich wär’ ein Vögelein —« Stimme aus demPublikum: »Dann hätt’ ich Ihnen schon längst den Hals umgedreht!« Frisch entlassen A.: »Mir scheint, wir kennen uns aus der Sominerfrische.« B. (verttaulich): »Das wär’ mög lich —- wie lange hatten Sie denn?« Nod-bild. H fvv , «OI.. Damen- Coisfixte a la Gab-LU- ·