Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, October 17, 1902, Sonntags-Blatt, Image 9

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    III-s- —--: »».-·———
QAM
Das Brunnenrnädchen
Nach dem Leben erzählt soon B.
herwt
Db Menge wogt am Brunnen auf
nnd ab. International ist das Ge
präg-, das Sprachaewirr betäubend.
ie Steintreppe berab vom Berge
kommen zwei neu Angetornmene. An
ebeinend ein Ehepaar. Nicht in den
litterwochen, nicht vom Schnee des
lters beriihrt — aber oom unbarm:
herziaen Geschick hart getroffen.
Nicht allein die tiefe Trauertleii
dung, der Flor am Hut und Arm
verrathen es. Der Mann leitet seine
stille Gefährtin die hohen Stufen her
unter — er füllt ihr den Becher mit
dem glühenden Trank. Sie suchen
einsamere Pfade, nur wenige Worte
wechseln sie mit einander.
Bei den Blumenständen gehen sie
vorüber, er wirft ihr einen Blick zu,
als wollte er sagen:
»Möchtest Du, Liebe, ein paar
Blüthen?« "
Auch die wortlose Frage versteht sie.
»Ich danke Dir, Georg,« sagt ste,
schmerzlich bewegt, »Du wirst es ja
verstehen. mir thut der Anblick wehi
. . . . selbst der ferne Dust ruft die
schreckliche Erinnerung wach . . . im
mer sehe ich unser geliebtes Kind in
Rosen gebettet. Ehe sie erblühte,
raffte der Sturm sie dahin . . .« Leise
ftiisterte sie es, aber der Mann ver
stand es. —
,,Komm, Geora,« sagte sie, sich mit
Gewalt bezwinqend »Du wolltest
mir den Sprudel zeigen, oder hast Du
den Ort vergessen in all den Jahren,
in denen Du nicht hier gewesen? . . .
Du bast mir Alles so genau beschrie
ben, damals als Du mir Deinen klei
nen Roman mit dem Brunnenmiidi
then erzählt . . . nun tommt mir Alles
so bekannt vor . . .«
Dicht umlagert war das große
Inssin mir nnn Weit-m sonnt- man
stehen und beobachten. Bekannte be
grüßten das Paar.
»Sie hier, RechtsanwaM Seit
wann denn? Habe noch garnicht das
Vergnügen . . . gnädige Frau —- Jhr
Definden?«
Die Gruppe trennt sich.
uDie Aermsten!«
Bedauernd flüstert’s Einer dem
Andern zu.
»Die Aermsten haben ihr einziges
Kind verloren, ein süßes. kleines Mä
del. .Sie wissen doch .taum zu
lauben, wie die reizende Frau Agnes
ch verändert hat.
Aus einer der eisernen Baute saß
das iunae, trauernde Paar
»Du bist so still, Geori die Begrei
nuna war Dir unanaeneh l«n?«
»Nein, nein, Du Liebe, das ist-K
wirklich nicht . . . die Erinnerung hat
mich angepackt, und keine srohe ist es.
Du weißt ja . . . der Leichtsinn saß
mir damals noch in den jungen Glie
dern . . . von der braunen Leni hab’
ich Dir erzählt, es war wirklich meine
erste Liebe, und ich weiß nicht mal,
was aus ihr geworden . . . Maientage
waren es, Alles sproßte und blüh:e
um uns herum. Jhre Eltern waren
Gärtnersleute . . . dort weit unten,
hinter dem Stadtpart wohnten sie,
und ieden Morgen saß die Mutter an
ihrem Blumenstaub und ich kaufte alle
Tage siir meine tranke Mama ihr e
Lieblingsblüthem Reseda und Helio
tret-. hier, wo wir sitzen, saß sie,
die Gute.
Die Eltern waren liebe, einfache,
harmlose Leute, und sie nannten mich
Herr Doktor, wenn ich auch erst Stu
dent war, und erlaubten, daß ich beim
aniliickkn ball. nnd wurden es nicht
gewahr, das-, —-- ja, daß ein Schurke
sich bei ihnen einaeschlichen nnI ihre
beste, schönste Blüthe brach .’ . . Ich
hab’ Diss- ja oft erzählt, nicht wahr,
Agne5? Hier in dieser Umgebung
wird mir Alles wieder so grausam ,
deutlich. .
»Und was ward aus der armen
Leni?«
»Ich weiß es nicht, auch dieses Un
recht muß ich zugestehen. Ansaan
schrieben wir uns-, heimlich . . . dann
kamen die Antworten immer spär
licher, meine Examina führten mich
weit satt, Du kennst ja das abscheu
liche Wort: andere Städtchen, andere
Mädchen . . . ich will nichts-, nichts
beschönigen . . . heute empfinde ich
den grenzenlosen Leichtsinn . . . heute
sehlt.mir der Muth, nachzusorschen.«
Liebevoll sagte sie: »Ich habe kein
Recht, über das zu zürnen, was aus
Deiner Vergangenheit in die Gegen
wart hineinraat . . . docn nun komm,
der Kreis hat sich dort in der Halle
elichtek . . . . hier das Glas, wenn
so ant sein willst . . . .«
e Nechtsanwalt aina zum Bassin
un reichte dem nächststehenden Brun
nenmiidchen den Becher.
Seine Augen wanderten umher . . .
Wie damals standen sie Alle in Neih
und Glied. Nur die Tracht war eine
andere aeworden. helle Gummimäm
telchen schätzten die schwarzen Kleider,
Gumtnischiirzen und eben sol e Kaps
bedeckunaen mehrten den spr henden,
salziaen Tropfen . . . Wie in Uni
sorrn sahen sie au5». ». . .
»Bitt’ schön, anadiaer here . . . .
Jhr Glas . « . .'«
Er schrak zusammen. «——— Wie ein
Ton aus verganaener Zelt UCWI CI
. . . »Er wendete NOTIka Dka
dor ihm stand die Kleine und schlug
die Augen zu ihm aus, atvße, VMMIC
Ingen.
den« rief er nnd taumelte zur-lich
—- Cie s littelte den dunklen Kors
«I dinchdie Leut ntt, ansdtger dere,
Sonntags Blatt
Beilage des »!Ikb1agsm staats- Ämkigrr und Tier-Wild .
—
J P. Windelle Herausgehen Grund Island, Nebr» den 17. Oktober 13503 Jahraauxx ZLH Ro.
t
I
t
aber fol ,at mein auars Muat ierle ge
heißen « i Exiß Franzi . . .'«
Er hatte sich gefaßt —— Die Leute
da herum durften feine Erregung nicht
sehen. . . .
»Du Pift nicht die Leni Haber .
nein, nein, dag ift ja auch unmözlickY
das kann-ja nicht fein . . .
»Schon recht, gnädiaer Herr, Leni
Haber . . .das war mein Mant
ter . . .
»Und ioo, näfin Kind wo ift sie?«
»J hab sie mmer g ’lannt. Sie ift
lang todt, grad fo lang, als i auf der
Wölt bin. Grad Ostern waren-J
fünfzehn Jahr. 's ifi meine erste Sä
fohn am Brunnen, aber lassen’s Waf
fer nit vertiihlen, gnädiger Herr»
Hund wo —- wo mohnft Du, Fran
zi "
Er fragte es mit leifer, erregter
Stimme.
»Draußen an der Gartenftraße bei
der Großmuater Haber · .
Sie wendete sich Anderen zu
Frau Agnes war nähergeireten, sie
hörte noch die letzten Worte. Sie hatte
das Erfchrecken, die Beftürzung des
Mannes bemerkt.
Sie fand im Augenblick keine Worte
. . sie ftarrte das liebliche Kind an,
lange, lange. — »Und da ift kein Jer
thum mäalich, Gedra? —- Der erall
kann doch-.- " T- »,Kon1m Agnes..
ietzt fort von hier, fort,« unterbrach
er sie, »für mich ift kein Zweifel mehr
vorhanden . . . .« .
Sie gingen faft infiinltiv am Blu
menrnarlt vorbei Es fah ans-, als
ftiitzte sie ihn. Bei der Gärtnerfrau
blieb er stehen· Jetzt erlannteer in
Ucc UTIWUIUTU Ullcll Uic cqcllcuid
stattliche Frau wieder
.,Sie find doch Frau HuberZ«
fragte er.
Die Alte nicktr.
»Ich möchte alle Morgen schöne
Blumen von Jhnen haben. Wir woh
nen oben im Englischen Hause. Hier
ist meine Karie.«
Sie studirte daran herum·
«Doitor Georg Dönnigen,« buch
siabirte sie heraus . . . einen Augen
blick stand sie, wie in Gedanken ver
sunken, dann sah sie den Mann an . .
,.Dönnigen, Georg,« wiederholte sie,
immer drohender, immer seindseliger
wurden ihre Augen —
»Jch schürt loane Blumen,« sagte
sie herh, und wars die Rosen, die sie
in der Hand hielt, hefiia zurück in den
Korb . . . »Jhnen g’ioiii nöt . . .'«
Nun wußte er genug. Sie halte
ihn ertannt ihn, der ihr Kind un
gliicklich gemacht.
»Geh sort, Georg, geh heim,« bat
die blasse Frau, »mich laß noch hier,
ich solae Dir bald, ich hab mit der
Frau zu reden.«
Die drängte ihn sast fort. Die
Gärtnerin sah den Weg entlang, ob
die Enkelin noch nicht käm-e.
»’s ist doch ihre Zeit,« murmelte sie.
»Mein Mann hat das Kind gleich
ertanni, Frau Haber er ist sehr un
aliicllich er bat mir Alles erzählt.
EyZ IllULULc HTLU UJllHLlUsLlH cui-IV Ili
seinen Kräften fteht.«
Die Gärtnerfrau unterbrach tie
Redende.
»Um Gottes Willen, Gniidiae,
sein-J still. Nur nöt Gold anbieten,
dös schafft meinen Fiummer nie aus
der Wölt -- schön war’s nöt, dög
Gott im Himmel — und meine Leui
bergei-,’ i nimmer . . . «
Ueber die Züge der Alten slog ein
seltsames Zittern.
,,Hat)en’-5 a Kummer a’habt, Gna
oige2«
»Unser einziges Kind ist uns ent
rissen, vor wenigen Monaten, unsere
Lebengsrcude ist auch dahin, mein
armer Mann ist so schwer getroffen-«
»Sie arm’s Hascherl,« —- die rauhe
Arbeitshand faßte die seinen Finger
der Trauernden — »da wissen’s ja,
wie Einem zu Muath. Eben kommt
die Franzi, um Iesu und aller heili
gen Willens, lassens uns allein, dis
Kind darf nir erfahren, nöt a Ster
bengwort —'«
Die kurzen Stunden seit ihrem ge
meinsamen Fortgehen vom Hotel, wel
che Wandlung hatten sie gebracht!
Sinn-nd schritt Frau Agnes den Berg
hinaus. Jede Apathie war von ihr
gewichen.
Sie beflügelt ihren Schritt zu ihm,
zu ihm, der nicht länaer allein in sei
nein reuevollen Schmerz bleiben
sollte . . . .
Er iam ihr entgegen und sah sie er
staunt an. »Agnes, mein Lieb, Du
bist so ganz, ganz anders. was ist Dir
nur?« ·
Unter den Tannen sehten sie sieh
nieder. Der Frieden der Natur be
ssnitigte das tobende herz . . . die
Wehmuth kam mit ihrem Trost.
Von da ging sie allein an denBrun
nen, nur von ranzi lieh sie sich den
secher stillen, e beobachtete das Mäd
chen und aewann es täglich lieber.
Und spät-r, und am Nachmittag sah
sie Stunden lang draußen in der
Laube und half der alten Frau beim
Blumenbinden und ranq um ihr Ver
trauen.
,,Wiffen5 denn auch, Gnädige, daß
mein Seliger d’ran zu Grund gangen
is? Bis zum Kaiser nach Wien hat
er ·a’wollt, damit unserm liaben Leni
sein Recht war-d, aber i hab abgeredt.
Jch sah sie nöi mehr wieder-. Nur die
Franzi hab i mir g’holt . . . . Frau
hngftoy daß i den Verstand behalten
a . —«
Sie hatte den grauen Kon in die
bunte, wollene Schürze aesteett der
aanze Obertörper bebte vor Schmerz.
Und itn Schmerz fanden sich die beiden
Frauen .
sit-Ist
Tags darauf nahm Frau Agnes
ihren Gatten mit nach der bescheidenen
Behausuna der Gärtnersfrau... Je
des Beet tannte er noch, jeden Baum.
Dort die ’Winden, die blauen Gema
tis, die wilden Rosenheclen, wie da
mals bliithen sie, wie damals dufteten
sie. In der Laube auf der einfachen
Holzbank hatte er mit ihr gesessen, mit
feiner braunen, wilden Leni.
Er lauschte. . .eine weiche inilde
Frauenstimrne fang. .Gott im Hirn
mel, konnte es möglich sein, seine Ag
nes sang, welch ein Wunder war ne
schehen, und nun .,helle klare Mäd
chentöne bealeiteten sie .er trat nä
her, er glaubte, dieLaube wäre leer.
er fuhr zurück. Lenis Mutter saß
darin, den Kranz, den sie winden
wollte, auf dem Schopf-e, dem Liede
lauschend. Nun sah sie ihn nun wollte
fie fort. aber der Mann drückte sie
wieder auf den Sitz.
»Bleiben Sie, Mutter Huber,« bat
er, ,,etlauben Sie mir, daß ich Sie so
nennen darf, wie damals glauben
Sie an meine Reue. zeiaen Sie mir
den Wen, den ich gehen soll, Mutter
Huter.«
»Jhreg braven Weibes wegen have
i versucht. zu verzeihen. Die da drin,
Herr Doktor, diis is a Engel, i habå
ihr a heut versprechen müssen, daß i
di Franzi hergeb’, sie will Muttersiell
an ihr vertreten, ihr verirau i mein
Letztes an. Weiß ja nimmer. wann
der liebe Gott mich heimrust, wis
sen’s, qar zu lang dauert«s nöi mehr,
bös is mei Sorg gewesen Tag uns
Nacht, was mit der Franzi wird. .
»Das will sie thun!« murmelie der
erschütterie Mann, »so groß ist das
Herz geworden, das sonst nur Raum
iiir so Weniges hatte —- so schien eiz
mir — wie hab ich Dich verianni, wie
hat das Unglück Dich echoben!. .
Die beiden Sängerinnen iraien aus
dem Zimmer. Eng schmiegte sich dass
kleine Brunnenmädchen an die trau
ernde Frau, wie zu einer Heilizen
schaute sie zu ihr aus, doch Plötzlich sah
sie den —- sasl fremden Mann unI
trat zurück. . . .
Er riß Franzi an sich, schloß sie sesi,
fest in die Arme, das Köpfchen bettete
rean seine Brust, einen innigen Ruf-,
hauchie er auf ihre Stirn, und leise,
dass nur sie es hören konnte, sliisterte
cr: »Mein Mind, mein neue-is, meines-.
stind!«
Die alte Haber weinte in Ein-e
Schürze·
,,Wann Tu’-:— «uiis7,test, Lciii,"
schluchzte sie, »wann Das miisxtrsil«
Und Thräuen rannen iiber dar-.
weiche Gesiclitchen zser zarten una- Iissti s
so starlen Frau Amtes-, Verwendung
nen
»Nun geben wir Beide mit Dir,«
sagte sie· »Nicht wahr, Fran;i?«
»Ja, Mutter! Mutter!«
Und stürrnisch küßte das Mädchen
ihr die bande, die Hände welche hin
einaearissen hatten ins Schicksals-kam
welche fiir verlorenes Gliick sich neust«
aufbauen wollten als rechte Frucht
des Schmerzesz der Reue. —
,,Das vergesse ich Dir nie-, mein
Weib-« Er sprach es nicht aus, der
befreite Mann —-—— sie las es in sein«-n
Augen. —
— - —
Dte folfchaestemen Gänsefüßmem
Der Huberbauer wird laut Er
lenntniß des Amtsgerichtg zu N. für
schuldig befunden, den Gemeindevor
stand Schulze und den Orte-dient
Michel durch Aeußeruna der Wut-Oe
»Was sich diese dalketen Lodersch ein-«
bilden, diese Ochsen« beleidigt zu ha
den und verurtheilt; auch wird den
Beleidiaten die Befugniß zuertannt,
das Urtheil durch einmaliaesEinrückcu
in das Amtsblatt zu veröffentlichen;
wovon Schulze und Michel Gebrauch
machen. Wie das Urtheil im Amts
blatt aussah: Der Huberbauer wird
für schuldia erkannt, den Gemeinde
vorstand Schutze und den Ortsdiener
Michel durch Aeußeruna der Worte
»Was sich diese dalketen Lodersch ein
btlden —- diese Ochsen beleidigt zu ha
ben u. s. w.
-——
Gewissenhaft
«Was saan Sie dazu, Freund?
Mein Kassirer hat den Betrag, mit
dem er mir durchaebrannt ist« selber
auf dem Verlusttonto gebuchtt«
Hoheit, Excellenz und Durch
taucht
Eine heitere Epiiode aus dem Leut
nantgleben von J.H. -
An einem wunderschönen Sommer
nachwittag aingen drei junge Leut
nants, Hummel, Rummel und Pum
mel spazieren. Sie waren in Zivil
äußerst lustig ausaelegt ud hatten al
len Grund dazu. Denn erstens waren
sie noch sehr jung, zweitens waren sie
obendrein noch Lentnanås und drittens
war ganz obendrein an dem betreffen
» den Tag der Erst-: des Monats. Wenn
i der Rest, den sie von ihrer Gage aus
zbezahlt erhielten, gerade auch nicht
s Pompös war ein Ileberschuß war halt
tdoch geblieben, und wie jeder von den
! Dreien sehr wohl wuße, nicht immer
blieb von der Gage etwas übrig, sehr
oft hielt sich »Schuld und Sühne« ge
nau die Waage und gar manchmal
i
i
mußte sogar noch darausgezahlt wer- »
den.
Diese verdammten Kasinoschnäpse!
Gut waren sie ja—aber am Ersten!
Na, heute war da s ja gottlob nicht
der Fall, im Gegentheil, noch nie hat
ten die Drei so viel vom »Zahltnecht«
I erhalten. Jnsolge dieser äußerst gün
Istigen Umstände mirs-te heute etwas
i geschehen Man konnte doch einen sol
:chen Ausnahmetag nicht wie alle an
; rseren noch solqenden grauen Tage ein
T sach so dahinrauschen Lassen.
»Mir wal, Rammel. was sangen
wir denn heute an?!«
»Weis3 noch nicht, bin mir noch nicht
gani im Klaren,« entgegnete dieser.
»Hört, Kinder,« saate da Bummel
»wir könnt ten zum proben Wirth nach
Eteinach neben iraend einen Ult aibt g
Da ja sicher.«
Der Vorschlag wurde mit Altlamck
tion angenommen.
Det- Wirth in Steinach, einem
Dorfe, ungefähr eine Stunde von der
Garnifon entfernt, war das, was man
gewöhnlich unter einem »groben Men
schen« versteht, und merkwütbiaer
Weise durchaus nicht wegen seiner
Grobheit gefürchtet, sondern beliebt.
Der »grobe Wikib« in Steinach
machte mit seiner Grobheit und seinem
schlechten Wein verbiiltnißmäßig mebr
Geschäft als der feine Hotelier mit
seinen Renietveinen in der Garnison
Die Drei wanderten also wohlge
mnth qeqen Steinach nnd ließen sich
dort fröblsch im schattich Wirthsstu
ten nieder.
»Hei-a Wirth, drei Flasche-n Rübess
beimer«« tief Bnmxnel mit Sientops
stimme und hieb Dabei mit seinem
Spazietftocke auf die Tischplatte.
»Aan warten, Stahthack iibereinan
ker, T,ab’ auch warten müssen, bis ihr
’rans:-ton!men seid’g!« rief Der Wirth
aus Fern Hause heraus, ohne sich sehen
zu lassen.
»Die Tischrlatte abputzem Das. steht
in aräfilich aus-E rief Hummebin Uns
Gebäude
»Als-uns euch nicht gut nenna ist,
fobe’:; sit-h snc Don Rai-»F iRntxifnbim
--..-·-—,-,
rief e ;«« «« ne me « i
»Wa: ts« ter nisi,«: Z« fraeir Tiåukn
:nel.
»Garnicht, Ian ist so Viel mie
Von-He « : tliirte Hssmniei.
»Na it irbep bas: tonnen wir uns
aber nor-Hi nichts Seien lasseii,· entsen
nete Bnmntei. .,iiir se iinkiescliliiien
hnv’ ich Den ieerl denn wirklich nicht
gehalten.«
»Halt, ich hab« eine feine Idee, ivir
wollen Den Grobinn schon iniirb met
chen!«
Die Drei steckten die Köpfe zusam
men, sichert-en leise in sich hinein nnd
nahmen dann eine äußerst ioiirdevolle
Haltung ein.
Endlich erschien rer Wirth, unte
dem Arm hatte er ein Tischtuch, Das
seine junnfröuliche Reinheit schon be
deutend eingebüßt hatte.
Langsnm und neniächlich näherte er
sich den im Garten sitzenden drei jun-«
gen Leuten.
»Beliel«sien Hoheit Weiß- oder
Sel;sisar«35rors?« sante äußerst entge
genlomtnend Rummel zu VinmneL
»Mit ist es eigentlich gleich lieb, Ex
zellenz, was ziehen denn Sie vor.
Durchlanchi,« sprich herablassenb
Bunnnel zu Hummel.
»Ich würde Hoheit zu Schivarzbrod
rathen, « beeilte sich Hiimniel zu ent
geanen, «Hohrit sind ja gewissermaßen
aus tem Lande und de. ——«
»Seht richtig, lieber Hummel —
äh, iih Turchl-,nucht na denn Schwarz
brod. '·«
»Bitte, liebe Excellenz, wollen Sie
einmal eine meiner neuen Jmporten
versuchen. Ganz passables Kraut, ja,
bitte!« sprach Bummel zu Rumrnel
und reichte ihm mit unnachahmlicher
Grandezza seine Ciqatrentaschr.
Wie der Wirth so in Hörweite
tyrnmh spannt er seine Ohren weit
mächtig aus.
W«s----»—»k- «... O-- s.
s H « ’ .
·
i
l—
,,Teuxel, Teuer, san riis hohe Her
ren«, dabei wirster rasch einen Blick
aus sein Tischtuch und verschwindet
eiligst-« Nach kurzer Zeit erscheint die
Wirthkg deckt gar säuberlich den Tisch,
hieraus sammt im Geschwindmarsch
der Wirt-T , thut, was er nie gethan
hat, nä· ,, . seineMiitie herunter, stelle
drei , Rüdesheimer mit Glä
seeei au» sken Tisch und fragt ganz er
gebenst nach den weiteren Wünschen
der hohen Herren.
,,Belieben Hoheit noch etwas zu be
stellen?« friiat sitbrnissest RummeL
»Etwas kalten Ausschnitt, liebe Ex
cellenz, ja?«
,,Also dreimal kalten Ausschnitt,
hören Sie " saat Rummel zum Wirth,
»aber etwas plötzlich «
»Diener Diener, ganz gehorsamst,«
stamnielt der Wirth und kommt nach
kurzer Zeit mit einer riesigen Platte
mit Schinten Und anderen ländlichen
Delitateffen. ,,Wünsrhe allerseits
besten Appetit,« saat unterthäniast der
Wirth, bleibt aber doch bei den Dreien
stehen
»Minan Sie Uns eine Tischalocte.
wenn wir Ihrer bedürfen, werde ich
schellenl« spricht in wegwerfenden
Tone die Pseudoercellenz über die
Llchsel zum Wirth·
Siton svill das arnbe Temperament
bei demselben zum Durchbruch kom
men, aber ein hohertgvoller Blick von
BUmmel verscheucht-sofort den Wirth
der ehrerbietiast sich nach rückwärts
tonrentrirz Nach wenigen Minuten
brachte auch die Wirthm eine Tisch
alone.
Die Drei thaten nun ihr Aeußers
stes, tun den Wirth, der durchdrungen
von der hohen Vlbstarnmnnzi derGiiste
sie-K hinkt Du nun-sitzt- IIIII Os sitz-fes
l-, - ».«. - --.·-p-« ------ , s-·
gründlich Zu innern.
Bald waren die Messer nicht sauber
grean denn mußt( et französischen
Senf herbeischaffen rann bestellten
sie wieder srische Giiiser, benörgelten
den sauren Wein, kurz und gut, der
Wirth bestan. in der Stunde ihres
Aufenthmses an versteckter Grobheit
mehr zu hören, als er selbst seit Jah
ren Grobheiten ossen den Gästen ins
Gesicht geschleudert hatte.
Hoheit, Durchlaurbt und Erzellenz
waren bei der dritten Flasche Mitbes
heimer in bester Stimmung tind steu
ten sich riesig über den gelungenen
Streich. Die Sonne war im Unter
gehen beqrisfem nnd die drei dachten
an den Ausbruch
»Heda, Gastgeber« bringen Sie uns
die Rechnuna,« rief Rummel und
schwang energisch di- Titel-glatte
»So, das war heute ein famoser
Ult: wenn wir das Abends im Kasino
erzählen, halten sich alle den Bauch
vor Lachen« sprach Hummel, ,,nun
til-er los, wo bleibt denn der Kerl nur
so lanae?"
Zunächst erschien die Wirthin und
entschuldigte sich höflichst, iler Mann
miirke im Augenblicke erscheinen, die
Herrschafkcn möchten sich nur einen
Meinent kredsulderh
Der Wirth fass indessen in seine
. --—l: J. —
-»«-th.·’-" UUU ILUIUL Ill« IUUULLlIUs Uh! ·
einen are-seen toeisxen Bogen Die Rech- t
tun-« siir Je hohen stensckafienseine I
Ansicht war dabei Die, das-, bei hohem
Besucli auch naturgemäß Die Rech
nung Nebeneiw bisher sein miissex alle
Grobteitext, die er vorher hinunter
Ioiiraen mußte, kamen bei der Rech
nun ujiezier zum Barsch-ein. Die Rech
nung miirde bei gesoöbntichen Sterb
lichen ungefähr fiinfzehn Mark zu
samtnen betragen haben. Bei fürstli
chen-. Besuch war die Geschichte andere-.
Er schätzte sie seinem gemeinen Unter
than-enverstande nach viermal höher
und brachte auch richtig fünfrindsechzig
Mart und siebenunddreiszig Pfennig
heraus. Auf zehn Mart Trinkgeld
hoffte er obendrein.
Mit einem tiefen Biictling überreich
te er Ruminel die Rechnung
»Na, Donnerwetter· hin hm, so so,«
sagte die Erzellenz und hielt gewaltig
an sich, um die hohe Würde seines
Standes nicht ganz zu vergessen.
»Na, liebe Exzeslenz, was ist’s
aenn?« fragte Burnmel etwas ängst
lich.
»Die Rechnung, hm, äh, wollte Ho
beit nur die Rechnung überreichen«,
entgegnete die Exzelletiz. Hoheit nah
men etwas ahnungsvoll die Rechnung
entgegen und auch Durchlaucht konnten
nicht unterlassen, ganz respetttvidrig
seiner lHoheit über die Achsel auf das
Papier zu blicken.
,,Gemeiner Keri«, zischte Hummel,
aber was hals’s? Wohl oder iibel
mußte die Rechnung ohne Widerrede
beglichen werden.
Schmunzelnd strich der Wirth das
Geld ein. Zehn Markt Trinkgeld be
kam er aber nicht.
Hoheit, Erzellenz und Durchlaucht
aber zogen sittbaß.
Als sie außer Hörtveite waren, sah
einer den andern an.
Hoheit ergriff zuerst das Wort.
—
»Kreuzmiklionendonnesrwetter noch eis
inal, hat uns der elenze Lunis-i so her
eingelegt, dreißig Mart hat mir der
Zahlniops heute ausbezahlt und mehr
als zwanzig Mart muß ich dem fikr
seinen elenden sanken Wein nnd
schlechten Schinlen hinlegen wenn nur
der T ..... "
»Sei ruhig«, beschwichtigte ihn
Rammel, »wes zwei ist es sa auch nicht
besser gegessen; vor allen Dingen
nichts weiter-erzählen Mir schaueri die«
Haut, wenn ich denke, im Kasmo er
fahren sie eg. De n Spott obendrein
noch!«
»Jeder Stand hat seine Lasten, ie
der Eiland bat seine Pslichi!« reziiirie
Onmmel pathetisch; er gedachte heute
noch seinen in der Garnison lebenden
Onkel anzupuntpen. Die drei erzähfien
im iiasino natürlich nichts. Aber, es
ist nichts so fein aesponnen, es kommt
doch an die Sonnen! Wie die Ge
schichte auskam, wußte eigentlich lei
ner so recht, aber ansgekominen ist sie,
und selbstverständlich war es dann,
daß Rammel, Bnmmel und Hummel
nie mehr mit ihren Familiennamen an
gesprochen wurden, sondern nur mehr
mit Hoheit, Exzellenz nnd Durch
lauchi.
-——-·-.--——-»
Die beiden Feinde von Muth
Der in Brüan erscheinende »Ta
ge5b. aus Möhren und Schlesien« vom
2. d. Mis. erzählt: Die hiesige Gar
nisonskirche war gestern der Schau
platz eines rührenden Wiederssehesis
zweier Feinde aus dem Jahre 1866.
Ein reichsdeutscher Tour-ist, Namens
Wilh. Raderg, der sich aus einer Bez
gniigunggreise durch Oesterreich befin
det Und seine Tour gestern in Brünn
unterbrach, kam bei Besichtigung unse
rer Stadt auch in die Garnisonslirebe·
Dahin führte ihn die Erinnerung an
seine Militärdienstzeit. Herr Wilhelm
Raderg diente als jung-r Mann im
4. magdeburgischen Jnsanterie - Regi
ment No· 66, und mit diesem war er
nach der Schlacht bei Königgrätz im
Jahre 1866 nach Briinn gekommen.
Als er gestern die hiesige Garnisonäs
lirche in Augenschein nahm, stellte sich
ihm der Meßner dieser Kirche, Herr
inifkmel Knmnnsrbes nlä »Führe-e- rin
Bersüauna. Herr Raderå erzählte
seinem Begleiter, daß er in Brünn
kein Fremder sei, denn schon im Jahre
1866 habe er hier geiveili. Herr Ra
ders begann von der Schlacht bei Sa
doiva zu erzählen und bemerkte, daß
er sich noch genau des ihm gegenüber
aestandenen, ungarischen Fahnenträ
aerg erinnere. Da blitzte es in den
Augen des Meßners, denn auch er war
bei Sadorva dem Feinde gegenüber
gestanden, ja, der Fahnenträger, der
sich dem Gebächtnisse des- Feindes so
fest einaepriiqt hatte, war Niemand
anders als Herr Komanschek selbst. Er
hatte bei den unaarischen Einundseeh
ziger - Jnsanteristen qedienl und war
deren zyahnenfiihrer Jn der Schlacht
bei Sadowa traf ihn eine feindlich-:
Kugel, aber schlepvte sich sammt der
Fahne in ein Gebüsch, wo ihn öster
reichische Kameraden aufanden, und
retteie so die Fahne. Man kann iich
die freudiae Ueberraschung der be iden
Männer, die einander im Jahre 1866
Aug ir. Aug gegenüber gestanden wa
ren, wohl vorstellen. Nun begann
man erst recht alte Erinnerungen aus
antauschem und die ,,Feinde« aus dem
Jahre 1866 waren bald aute Freun
de. Herr Komanfcbek lud feinen al
ten Firieasaenossen in sein Haus und
ließ durch Zeugen aus dem Jahre
1-8«(-;(;, durch feine Uniformen und De
torakionen seine Jccntität mit dem
damaliaen Fahnentriiaer erhärten.
Herr Rade-M der es beim Militär bis
zum Obertentnant gebracht hatte, spa
rer Fabrikant geworden war und jetzt
kliemier in Dregsen ist, setzte aestern
Mittaas seine Reise fort. Natür
IIA ,--s.«»- sk-» 7-2- «"«- W-:»5.« »Ur-.
dessen Sonn, der bicr Postmeiiter ist,
dass Geleite zum Bahnbos.
» —- - —- --
Kleine Abwechslung.
Freund: »Also die Redaktionsen
schreiben Dir durchwegs aus Deine
Einsendnnqen dankend abgelehnt?
Hat es der Theater-Direktor mit Dei
nem Stück etwa ebenso gemacht?«
Dichterling (senfzend): »Nein, er
bat es ausgeführt; aber nach der Pre
miere schrieb er kurz: Pfeifend abge
lehnt!«
Mater Ratt-.
»Nun habe ich das Mittagessen ser
tig und mein Mann kommt wieder
nicht: diese Vernachlässigung ist doch
unerbört!«
»Sehen Sie, Madame, ich hab’s
immer gesagt, Sie sollen lieber mich
kochen lassen!«
Zustimmung.
Junges Mädchen: »Glauben Sie
auch, daß Willi mir bis zum Grab
treu bleiben wird?«
Freund des Liebhabersr »O·ge
wiß, wenn er gerade nichts Besseres
vorhat.«
Vom KasernenhoL
»Die Einfähriaen mal bei-hören:
Womit sollen Sie der Kompagnie
vorangehen? Mit gutem Beispiele!
Und womit gehn Sie ibr voran? Mit
unvorschriftömäßigen Hosen!!!«
Der Grund.
»Wovon sind Ihnen denn in Ho
kurzer Zeit alle Haare ausgeaan en «
»Ja, wissen Sie, ich habe ein aari
erzeugunaemittel erfunden, das hat
mir so viel Kopfschmerzen gemachi.«
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