— Vie todten Franzosen. — Innre-rette von Friedeichpteuter. Zur Sommerszeit mag es wohl kaum ein schöneres Fleckchen Erde eben als die Billa Saum-fide Wenn iner von Luzern her aus dem Vier tvaldstiitter See in dem Dorfe Weggis antornmt und ein Stündchen hinan steigt, dann siehter plötzlich dieBiiume sich lichten, Wiesen wie grüner Sams met leuchten ihm entgegen, und aus blühendem Garten hebt si das stolze, stoeistöckige Chalet Sunnh dde mit sei nen weißm Giebeln, den blintenden Fenstern und grünen Läden und sei nen schlanten Glockenthürmchen aus dem Dach. Jn kühnen Treppenstusen steigt der Rtgi darüber empor, und hoch über dem Hause liegen im Son nenglanz die Alpen. Kette an Kette sich reihend, vorn vielgezactten Pilatus bis i u den nebelhaften Schneehiiuptern der Seraer Alpen. Diese ganze erhabene Alpenwelt erfaßte das schönheitstruns tene Auge des Bei-setz von Chalek Sunnysidr. »Ja, sa," sagten die Thalbemohner spöttisch zu einander, »die Hütte eines Verriickten.« Herr Leuti blinzeit verschlagen mit dem Aug-:- Mit der Miene des Ge scheidteren lächelt er, der alte Buch binderineister von Luzern, unter seiner Brille über beschränkte Ansichten. Für die Leute drunten im Dorfe "rnochte sie wohl zweitausend Franks tverth sein, vielleicht auch nicht. Aber sür Jemandem der ihre Poesie und Schönheit begreifen würde, einen rei chen leeritaner, einen Maler, einen Dichter, so meinte Leuti, gelte sie awanriatauiend Franks-. Ein Jahr schon wohnte Leuti mit! feiner Frau in Sunnniekex ein Jahr hatte er geduldig auf den Dichter, Den Naturfchwiiimer gewartet Und seit dem das Paar in dem Hause wohnt hat es Geschmack an ihm gefunden. »Wenn wir reich wären, würden wir es fiir uns selbst dehalten,« hatte er gesagt. »Es hat keine Eile mit dem Berlauf." Am Ende des zweiten Jahres war ten sie noch immer, sind aber auch am Ende ihrer Ersparnsfse angelangt. »Gchen wir wieder nach Luzern zu rück,« schlägt seine Frau vor. »Du Xannfl Dein Handwert wieder auf nehmen« Aber ihm, der sich daran gewöhnt hat, die Hände in der: Schoofz zu legen, gefällt fein Handwerk nicht mehr recht. Auch der dritte Sommer griinte und derbliihte, ohne den Naturschwiirmer als Käufer gebracht zu haben. Mit Beginn des vierten Sommers hatten fich Leutt's Hoffnungen wieder belebt. Das Wecter war herrlich; die Reisenden strömten von allen Seiten herbei. «Welch herrliche Lage!« »Man möchte fein ganzes Leben hier verbringen!« »Das Häuschen meiner Träume!" »Und welche Aussicht!« Das war töftliche Musik für seine Ohren; die Damen insbesondere wa ren hegeiftert, entzückt. Lsrtks Herz schlug schneller. »Das Häuschen ist zu vertausen,« deutete er on. Aber Niemand sprach vom Kaufen Sollte alfo wieder nichts daraus werden? »Verlier’ den Muth nicht!«« tröstete thn feine Frau, die doch voll Sorge in die Zukunft blickte. »Den Kopf hoch; wir werden fiir unsere Ausdauer noch belohnt werden! Jch fühle es ganz be stimmt, daß diefen Sommer Jemand kommen wird.« Jn der That tam Jemand Ende Juni: ein junges, ausgelassenez Frau chen, das mit dem jungen, blondbärtis gen Herrn Gemahl auf dem Rad die Hochzeilsreife durch die Schweiz machte; sie sorglos, heiter, immer lachend, zierlich, lebhaft, in weiten Zumphofenz er ein stattlicher Mann. - ieutenant v.Hardeaq, der ihr immer folgte immer verliebt, zärtlich, ent ziictt iiber ihre Einfälle, ihre tollen Launen. Leuti wartete auf feinen Besuch; don der Höhe feines luftigten Neftes spähte er den Berg hinab. Plönlich ertönt silberhelles Lachen aus dem Bergwald herauf, immer deutlicher vernimmt er die Stimme der jungen hübschen Trau, und end -t- s- t— I.. - --k-.. --.- L-- . s F. E Ullh III It( entbuqu VII-us uns »Hu Wald heraustritt und des Hauses an sichtig wird, bricht sie in begeisterte Auörnse aus, die wie süße Musik an Leuti’s Ohr schlagen: .O. das hübsche Häuschen! Und die Grotten! Und der Kiosit Ach, die schöne Aussicht! Neizendt Charmant! O, Robert, wie schön würde es hier sein, wie gut, hier zu bleiben, nur wir zwei, ganz allein, wenigstens im Sommert« ,,Miethen wir es,« sagte Robert, »wir hatten ja doch die Absicht, eines zu miethent« . «O ja, willst Duf« « »Aber es ist nicht zu dermiethen,« hemertte Leuti, der mit aufmertlaknem Ohr gehorcht hatte. »Nun, dann iause es, Rahertt Wir können dann jeden Sommer hierher kommen. Du hast mir ja verskptochem eine Villa aus dem Lande zu ausen.« »Vielleicht ist es auch nicht zu ver kaufen,« demertte Robert. »Nein, auch nicht,« erwiderte herr Anti. indem er all seinen Muth zis fsatmnenfahtr. »Ich habe es tiir mich Mann und den-ohne ei selbstz Ei ist · Original in seiner Art, tue-away maleriseh gelegen, der unendliche Vo rtzdnn den es umsaßt, ist allein schon biel Geld werth.« »Aber, mein herr,« unterbrach ihn die jungezrau sast traurig, »vertausen Sie es nur« wir bezahlen, was es werth ist!« »Es würde mir wehe thun, mich von meinem Daus trennen zu müssen,« sagte er mit übertriebener Interesse losigkeit. «Jch müßte einen guten Preid dasiir oerlangent« »Wie viel denn ?« fragte Robert. »Zwanzigtausend Franks!« ant wortete er rasch entschlossen; aber nach und nach würd-e er wohl herunter gehen bis aus zehntausend. »Es ist ein wenia theuer!« bemerkte Robert. »Aber nein, Rabirt!« Die junge Frau schlingt ihren Arm schmeichelnd um den Hals des jungen Gatten und umarmt und liißt ihn bittend. »O. Robert, saqe ja, lauft es!«« Sie ist unwiderstehlich reizend; Lieutenant v. Hardeag ist reich und erst seit vierzehn Tagen verheirathet. »Nun ja, zwanzigtausend Franks-, einverstanden!« sagt er. »Ur-irr der Bedingung, baß wir das Haus sogleich, sogleich bewohnen tön nen, sogleich!" »Sie werden heute Nacht hier schla sen,« antwortete Leuti, »wenn Sie es wünschen! Wenn Sie Zeit haben, tön nen wir den Kauivertrag sogleich un terzeiclmenx ich habe qestempeltes Pa pier hier.« . . i Lmti Lonnte es fast nicht glauben. Immer und immer regte sich in ihm die Besoraniß daß Robert sich noch anders besinnen werde. Erst am Tage. Als llllcs ckllll chlck lll cuzclll »Hu giltig verbriest und gesiegelt war, und Leuti die blauen Banlnoten eingesteckt hatte, da fühlte er sich in seinem Glücke sicher. Jetzt haben sie, er und seine Frau, genug, um in Ruhe ihre alten Tage zu verleben, und sie braucht jetzt nicht mehr in den Hotels zu arbeiten. Fröhlich befördern sie ihre sieben Sachen ins Thal hinab und überlassen das Haus den neuen Besitzerm die neue hübsche Möbel kommen lassen unb es inlein wahres Puppenheim verwan de n. «Ein Nest sür Liebende da droben!« sagt Leni väterlich. Triutnphirend spaziert er mit seine: Frau, ganz neu gekleidet, :n den Gassen von Weggis umher. Die Dorsbewohner schütteln den Kopf. »Ja, sa! Aber eh mußten eben auch Leute wie die lommen, Leute, die Geld genug haben, um es zum Fenster hin aus zu werfen.« Auf die Länge jedoch nüht sich alles ab, selbst die Zufriedenheit, selbst der Stolz des Herrn Leutt. Ach, hier unten am Seeuser zu woh nen, so tief, mit all diesen Menschen, das ist doch demüt"higend! »Ja, ich habe Heimweh nach ihm,'« gesteht er sich selbst. Wohl tröstet ihn seine Frau. Aber das Gefühl des heimehs hat sich un ausrottbar in seine Seele vergraben. Es ist stärker als er, es übermannt ihn. Jn der Nähe wenigstens möchte er sein Häuschen wieder sehen. Er legt seine besten Kleider an und steigt em por nach Sunnyside, um »den jungen Besitzern« einen Besuch abzustatten Unter dem Kiosl sindet er sie heiter lachend: Roberts Auae ruht seiner Ge wohnheit nach voll inniger Liebe auf ergart. »Es ist ein wenig klein« aber so rei zend, so allerliebst! Sehen Sie, wir haben es aeschniiiclt, Blumen gepflanrt Nur der Garten ist so abschüssig, daß II. Ists Junos-- Q- --«c.s Is-'fs- e- ------ s-» »I- s«""·- ussWs OWN- ssss »Is tleine Kugel hinunter zu rollen.'· Leuti horcht taum auf die sprudeln-v den Worte der hübschen ·ungen Frau; er betrachtet das haus, as fest An deren gehört und.seufzt. Wie wünscht er. daß das Haus noch sein wäre, sein mit dem Gelde, versteht sich! Zerstreut folgt er ergarts fröhlichem Geplauder. »Jetzt werden wir die Grotten noch vergrößern,« fährt sie lusiig wie eine Lerche fort, »sie sind nicht tief genug. Gerade Raum genug tiir uns Beide, um einzutreten, aber umwenden tann man sich nicht darin. Wir wollen sie vertiefen.« »Thun Sie das nicht!« sagte er. »Warum nicht?" fragt ergart. »Man muß die Todten in ihrer Ruhe nicht stören!« »Aber sind denn Todte in derGrotte begraben?" »Ja, der Platz hier gleicht einem Kirchhof,« erwiderte er mit Interesse, und er bedauert nicht einmal, die junge Frau aus ihren glückseligen Träumen aufgeschreckt zu haben. Man erzählt, dafz im Jahre 1798 nach einem bluti gen Rampfe der Waldftätter gegen die eindringenden französischen Truppen viele Gefallene hier in der Gegend be erdigt worden« «Soidaten, Gefallene!« ergart war ganz bleich geworden. »Todte, Robert, Begrabene, hörst Duf« »Ja,« antwortete er. »Was macht dass Sind sie doch schon lange todt!« Aber sie schien so erregt und so ängst lich, daß Leutt, der die Sache ganz einfach alt ein Gerücht ohne weitere Abichten er ichlt hatte, doch Gewis Enshifse it lie, und mn die fange rau In rösieiy tilgte er hinzu: nAber Madame, das ist sa blos ein Gerücht! Man hat es mit vor Jahren einmal erzählt.« ergart war nicht zu. beruhigen. »O, doch, doch:—Todte, man has es Jhnen gesagt. es muß wahr sein! Aber das ist entsetzlich, siirchterlichL Jch glaube, ich sehe sie kommen, her aussteigen, aus der Erde, mit ihren rothen Hosen, ihren langen Bärten!« »Jn allen Fällen aber, Madame,« bemerkte Leuti voll Güte, ,,selbst wenn hier Soldaten begraben lägen, so würde ja heute nichts mehr von ihnen übrig sein als vielleicht einige «Stelette, die Jhnen nicht mehr schaden tönnten.« Aber das Wort Stelette, das ihm unbedacht entsuhr, oerschlimmerte die Sache, noch, es beschleunigte die drohende Krisis. Ganz bleich und blasz wars sich eraart in einem Nervenanfall in Roberts Arme. »Schnell Wasser, Essig!« — ergatt kam bald wieder zu fich, mit matten, ers-bereiten Augen, die Robert bis u Thriinen rührten. Und mit schmerz wegter, slehenderStimme bat sie: »O, Robert, brina’ mich von hier fort? Jch ahnte so Schreckliches nicht! Es araust mir hier! Jch könnte nie mals hier bleiben! O, hier leben —- es wäre mein Tod; ja ganz sicher mein Tod! Laß uns von hier fortgehen, Roberi!« »Wenn Du willst, mein Lieb!« stimmte Robert bei. »Aber ist denn die Sache auch sicher?« ,,Meiner Treu,« antwortete Leuti etwas zuversichtlicher, bestimmter und ohne Mitleid, die Wirkung der Ent hüllung hat ihm einen Gedanken ein gegeben, an den er nie gedacht. »Nun ja! Alle alten Leute der Gegend versi chern es, und der Schulmeister selbst hat es mir bestätigt.« »Man könnte also Nachgrabungen anstellen lassen.« saate Robert. IF usin usin Naß-sti« kiof o»m gart ängstlich. »Man muß die Todten ruhen lassen, wie Herr Leuti gesagt hat. Jch fürchte mich! Jch will heute Nacht nicht hier schlafen, dent’ doch, Robert, die Nacht hier oben, ganz allein, das wäre schrecklich!« »Wie Du willst, mein Lieb, für heute Nacht könne wir nach Weggis hinabgehen!« »O, weder heute Nacht, noch sonsij tfviederl Jch parte gleich meine Kof- i er.« Leuit steigt langsam, ein wenig är- " gerlich, den Pfad hinunter; allmälig aber heitert sich feine Miene auf, und eine Idee, die vorerst noch verworren in seinem Kopfe spukte, gewinnt an Klarheit und belebt die ganze lange Gestalt des Schlautovfes. Zu Hause singter leise vor sich hin.« .Du bist sehr guter Laune!" bemerts seine Frau. Aber er sagt nicht-L i e- e Am anderen Morgen schwingt er triumphirend unter der Nase der er staunten Frau einen Brief und einen Schlüssel. die ihm Herr v. Hardegg soeben übersandt hatte. »Ha, hat Nicht schlecht, Alte, das! Es leben die Franzosen! Und Segen über die todten Franzosen!" Der durch seine Kürze höchst aus drucksvolle Brief lautete: »Wir verlassen die Gegend und werden wohl nie wieder zurückkam men. Bertauien Sie deshalb das Haus fiir mich zu irgend einem Preis. llnterdetfen bestellen Sie einen Hüter. der es bis zum Vertause bewohnt.« Einen Hüterl Er hatte ihn bereits gefunden, diesen Zuverlässigem treuen, unbeskechlichen bitter-. Ja, er tannte Einem der teiner Blume ein Leids thun würde. »Wir werden wieder da hinaus ziehen, Alte!« sagte er. »Wir haben jetzt das Geld und das Haus. Und alles das dant den Franzosen!« »Welchen Franzosen denn2'« »Denen der Grotten!« »Es hat doch nie Franzosen dort gegeben!'« »So, nie? Wenn der Schulmeister selbst sagt . . .« »Dummes E,eug! Man wollte Dir seinerzeit einen Streich spielen, da mals, als Du von nichts Anderem sprachst; als von verborgenenSchiitzen von Alterthiiniern von Ueberrester aus der Zeit der Helvetier!« »Gera-de die Frau des Schulmeisters hat mir die Sache erzählt, vor etwa sechs Monaten, als ich bei ihr nähte.« Am Abend noch zogen Beide nack: Sunnyside hinauf und schiiirsten be haglich ihren Kasse im Most. Und jeden Abend nun siht er dort, von Neuem beherrscht er den weiten Hori zont, die unvergleichlichen Bilder IDer Natur. Um sein Gewissen wenigstens zu be ruhigen, hat er drunten am Gatten thor eine Tafel mit der Ausschrift« »Ja rertausent« anbringen lassen. Aber das nur der Form halber. Nie, um teinen Preis wird er vertausen Auch beunrnhiat ihn Niemand. Es würde schwer halten, ein solches Paar zu finden, ein so launisches Weibchen wie ergart nnd einen so bequemen Käuser wie Robert. ——-——« Auch ein Erspltn Bekannten »Ihr Baby nimmt von Ta zu Taa zu. Das verdanken Sie wogl der künstlichen Milch, welche Sie erfunden Fadens« »Natüri . Jch mache nämlich so gute Geschii te damit, daß ich dem Kinde seht eine Amme halten kannt« Ver Gardwdragonen Von G. von Reain Berlin. Die Uhr der Kaserne schlug vier; die Bahnordonanz, die im Kühlstall, dem Vorraurn der Reitbahm sriistelnd aus und ab gegangen war, trat an die Bande und ries in die Bahn hinein: »Vier Uhr!" Die Abtheilnng von Garde - Dragonern, die bisher gerit ten hatte, zog hinaus, eine neue Tour marschirte hinein. Aus der Schwelle des Kühlstalles begegneten sich die bei den Ossiziere, denen der Reitdienst oh lag, und tauschten einen kurzen Hän bedruck. »’Tag Burkrode!« ,,'Tag Gottesdorf!« ,,Jnfame Kälte —- hab’ da drin ge froren, wie Nansen unter’m 82. Grad —- nnd die Kerls auf ihren Gäulen beneidet.« »Na, nun sind Sie ja fertig, Burirode, und können nach Hause gehen, während ich mich mit der ge mischten Tour abärgere. Sehe ich Sie Abends im Kasino?« »Nein, mein Theater — eingeladen —- eingeladen, und rathen Sie nur ’mal wo?« »Ich kann doch nicht die ganze Wil helmsiraße und das Thiergartenviertel ·runterrathen —- machen Sie mal schnell — meine Kerls werden zu ialt!« »Na, also hören Sie und staunen Sie: in der Alsenstraße — dicht neben der türlischen Botschaft!« Herr v. Gottersdorf, der sich nach seiner Reitabtheilung gewendet hatte, machte rasch Kehrt und drückte das Monocle ins rechte Auge. »Doch nicht bei Stanaitschen?« Burkrode nickte. Allerdings da!« »Donnerschlsag! -Mann! Haben Sie ein Glück —- das müssen Sie mir erzählen!« Gottersdorf trat an die Hande: Trompeter Bomte, übernehmen Olc UUV Usllllclullull UllU lancll Vlc im abgetürzten Tempo antreten!« Dann schob er sden Arm unter den des Freundes und schlenderte mit ihm über den Kasernenhos. »Da ist gar nicht viel zu sagen, ich habe sie in der Oper kennen gelernt, wurde durch einen Bekannten vom Auswiirtigen Amt vorgestellt.« »Na —- und wie sind sie?« »Riesig nette Leute.« »Und die Tochter?« »Ja —- das könnte Jhnen gefallen, ; was? Sie sieht in »der Nähe genau so aus, wie von weitem — mit einem Wort also bildschön.« »Na und das Geistige?« »Kolossal — Gottersdors! Fabel haft intelligent — spricht mehrere prachen wie Wasser!« »Also eine Frau erster Klasse-F «Mehr — mehr: Servisklasse At« »Eine Frau sitt einen von uns Gar dedragonern!« »Na. mein Lieber —- in der Unbe stimmtheit nicht, sagen wir lieber: eine Frau für den Freiherrn von Burkrode, ! Seiner Majestät elegantesten Leut nant!« Gottersdors lachte: »Das glaube « ich wohl, die Komtesse würde von le nen keinen Korb erhalten, wie?« »Schwerlich!« »Na, also viel Glück heute Abend-— was ist es denn —- große Fete?« »Nein« ganz ,,en Petit Comite« — die Eltern, der alte Geheimrath Wense vom Auswärtigen Amt, der dicke Le gationsrath Gras Hahn —- ein großes Licht — sdie Komtesse und meine We nigteit Die alten Herrschaften spie len thombre « »Dann ist es ja richtig —- gratu iliere!« ; »Danke, wir sind noch nicht so weit i — die letzte Hürde kommt noch! Aber Addio — mein Lieber —- Jhte Ge mischte wartet aus Sie. und ich habe noch Verschiedenes bis zum Abend vor — aus Wiederseh’n -morgen!« »Adieu, Burkrode!« Die Herren trennten sich, Gottes dors schritt kopfschüttelnd zu seiner Reitabtheilung, der andere ging die Yorkstraße hinaus nach seiner nahe be legenen Wohnung. Unterwegs begeg nete ihm eine schlanle Blondine in ein sachem dunklem Winterkostiim, die er mit vorzüglicher Artigleit grüßte. »Seht-de um das reizende Mädel,« dachte er bei sich, »hat alles-, was dazu gehört, blos kein »Money«. Genau genommen ist sie noch hübscher, wie die Stanaitschen, sie hält sich gerader — Ossiziersblut!« Vor seiner Wohnung angekommen, bemerkte Burlrode, dasz er den Kont dorschlitssel vergessen hatte und schellte. Die Dame, bei der er wohnte. Ess nete ihm selbst. »Bitte vielmals um Verzeihung, gnädtge Frau, ich habe den Schlüssel vergessen!« »Bitte sehr, Herr Baron, ich öffne Jhnen gern — es ist wohl sehr kalt, sind oridentlich bereist!« »Ja, es bläst kräftig aus Ost, aber das macht uns Männern wenig, wenn doch sogar die Damen dem Winter trotzen, — ich bin soeben Fräulein Tochter begegnet.« MMithe ist einkausen gegangen — sre hat sich gewiß sehr geschämt, mit der Markttasche am Arm Jhnen zu begegnen.« »Aber das thut doch nichts-häus liche Pflichten, wie wir unsere Dienst pflichten haben.« — »Ich will Sie nicht aufhalten, es ist kalt hier auf dem Korridor und til-er-k dies —- zwei Briefe sind fiir Sie an geiommen.« «Wirllich famose Leute, diese Ar siötts, Mutter wie Tochter« —- dachte Burtrode, »und riesiq ehrenwerth, daß sie sich mit der tnappen Pension so durch’s Leben schlagen. Denn wie viel ist’s? Zweitausend fiir eine Stabs offizierswittwe nach dem neuen Ge setzt Auch was Rechtes, das brauche ich jeden Monat —- und sie leben alle drei davon, Mama Major, die bild siiße Käthe und der Sohn in Oftpreu ßen beim 177ten in Ragnit, wo sich Füchse und Wölfe gute Nacht sagen!« Während solcher Reflexionen legte der Osfizier den schweren Pelz ab, ver tauschte die Unisorm mit einem beque men Hausrock und zündete den Spiri tus unter den Kasfeemaschine an. »So! Und nun wollen wir sehen, was Mama schreibt! Wenn sie guter Laune ist, werde ich umgehend antwor ten und die Zehntausend beichten, die ich im Club habe sitzen lassen — ,,Boyons«! Er öffnete das Schreiben und über las flüchtig die erste Seite. Das Blut stieg ihm jäh in's Gesicht — nein, das war ein schlechter Scherz, das tonnte nicht sein! Er nahm das Couvert, da stand es deutlich: Leutnant Frhr. v. Burlrode, Berlin —- und der Post stempel: Groß - Staisgirren, Ost preußen —- und das war auch Mamas Handschrift, zwar sehr gedehnt und undeutlich, wie man in der Aufregung schreibt, aber doch unverkennbar die ihre. Der Leutnant nahm den Brief und begann noch einmal von vorn: »Mein lieber Sohn! Jch habe es Dir fo lange wie mög lich zu ersparen gesucht, aber jetzt mußt Du es doch erfahren: wir sind am Bet telstab! —- — Unser Vermögen ist zum Theil durch Dein tostfpieliges Leben verzehrt, die andere größere Hälfte aber bei einem Bankfallissement der letzten Monate verloren gegangen. Jch habe zu retten versucht, was möglich a--- .kt k- — .L k-! — lUUb —F-Y IIC s» gut IUIS Illwskp — — Jch finde hier in Skaisgirren bei Tan ie Gertrud ein Unterkommen fiir meine letzten Lebenstage.—Aber Du! Mein lieber verwöhnter Junge! Was foll aus Dir werden?« — Wenn Du Dich auch noch fo einschränka für die Gar dekavallerie reicht es nicht mehr! — Nimm ein paar Tage Urlaub und komme hierher, wir wollen mündlich Rückfprache nehmen. — Jch bin zu matt, Dir mehr zu schreiben. Onkel Georg fiigt einige Zeilen hinzu. —- Jn treuer Liebe —- Deine Mutter Natalie von Burirode.« Auf der letzten Seite hatte der On kel mit mariiger and geschrieben: ,,Courage! —- chlimme Stunden kommen für Jeden. —- Auch der große König hatte sein Hochkirch — Den Rock retten wir jedenfalls, wenn viel leicht auch nur Linien - Jnfanterie! D. tr. Onkel G.« Der junge Offizier ließ den Brief auf den Tifch fallen und athmete tief. Einige Minuten sah er gerade aus in die züngeltude Flamme der Kas feemafchine, wie geistesabwefend. Dann nahm er das zweite Schreiben, ein großes wappengefchmückies Cou vert, zur Hand. Es war die Verlo bungsanzeige der Komteffe Marianne von Stanaitfchen und des Geheimen Legationörathå Grafen von Hahnftein Neuwillfelde. »Auch das!« Er trat an das Fenster und sah hin aus über die nächftliegenden Gärten und die villenartig niedrigen Gebäude nach dem Tempelhofer Felde. Da zur Rechten der Brauerei und davor die käkhupckscu E-hk«ll- «»2 h-- ««».-:.J.c-. ·- up V »He-»e- uuzs »s Hs l l e die Westdivision vorzubrechen pflegt! Wie oft hatte er dort mit seiner EINI dron in Bereitschiaftsstellung gestan den und die »Einfantrie« belächelt, die in Schützenschwärinen mühsam ge gen die Tempelhöser Chaussee vorging — nun sollte er selbst ein solcher ,,Fuß mensch« werden, er, der gewohnt war, die Welt vom Sattel aus zu betrach ten. Und was fiir ein Jnfanterist! Nicht etwa erstes Garderegiment — die Prinzenschule oder Alexander oder Franzer —- nein, irgendwo in der Pro vinz, hundert Meilen und mehr von der Kultur entlegen, irgend ein Regi ment um die ,,170« herum— ,,höchste Hausnummer« nennt das spottend die Reiterwaffe Vielleicht Gumbinnen oder gar Ragnit, wo der Herr v Ar stätt, der Sohn seiner freundlichen! Wirthin in Garnison standt Ein Schauer überlief den sonst lebenslusti gen Dragoner. er schritt zum Kaminef und schürte die Gluth. Dann trat er wieder an’s Fenster. »Da drüben Tempelhos—-der ferne Thurm ist Britz — dann Rixdorf und die hasenhaide. Die scharfe Ecke, das ist der Garnisontirchhof —- da liegt auch der gute Lange, mein alter Kame rad — wer jetzt an seiner Stelle wäret Vorbei der ganze Trubel, vorbei das Hasten und Ringen, die Hoffnungen und Enttäuschungen, nur Friede. Und wenn sie oben trommeln und die Gar de mit klingendem Spiel paradirt — das Alles bewegt ihn nicht mehr. — Und er liegt in guter Gesellschaft —-— Kamerad an Kamerad!" Er seufzte laut auf unsd blickte un willkürlich nach dem Pistolentasten, der auf dem Kaminsims stand. «Und dann auch sie noch! Sie,» d diese Sphinx mit den W Geliebt habe ich sie ja nicht« Dazu tus ten wir uns viel zu kurz. sie hätte mich retten können —- sth retten können mit ihren Millionen! Und nimmt den dicken Dahn von der Bot schaft, diesen Genußmenschen, der nie in seinem Leben auch nur einen Gaul bestiegen hat, und höchstens diploma tische Roten nach Anweisung drechseln kann. —- Und dann die Zehntausend auf Ehrenwort — am nächsten Ersten fällig! — Es ist zu mBerzweifeln!« Langs am schritt er nach dem Kantin, es war, als ob ein magnetischer Strom ihn nach dein Eichenliistchen hinzog, aus dessen Deckel das Burlrode’sche Wappen in Silber glänzte und in dem zwei Pistolen ruh ten. Er öffnete und nahm eine in die Hand, eine schön gearbeitete Waffe mit Elfenbeineinlage am Schaft. »Du könntest mir helfen.« Jn diesem Augenblick legte sich eine kleine Hand mit energischem Druck auf den Arm des jungen Offiziers. Käthe v. Arstätt, gefolgt von der Ma jorin, war unbemerkt in das Gemach getreten. Ohne viel Umstände nahm sie die Waffe aus der Hand Vurlrodes, legte sie in den Kasten, schloß das Ge häuse und steckte den Schlüssel in die Tasche. Die Majorin, etwas kurzsich tig und an der Thür zurückgeblieben, wurde von dem Vorgang gar nichts gewahr. »Wir haben mehrmals gellopft, weil wir Sie so seufzen hörten-Sie haben doch nicht etwa schlechte Nachrichten von Jhrer Frau Mama?« Die alte Dame sagte dies mit so be wegter Stimme und herzlicher An tl)eiln-ahme, ihre guten blauen Augen sahen so besorgt darein, daß es dem unglücklichen Offizier warm um’s Herz wurde. »Wir haben unser Vermögen ver loren,« erwiderte er einfach. ,,Großer Gott, welch’ ein Unglückl im« m zum-. sma ««I«mm»-2 nnd mnä »«. .,. .......... ,,-......-.... --..- » wollen Sie nun machen?« »Ich weiß es noch nicht —- ich werd mich wohl zur Jnfanterie versetzen las sen müssen —- zur Linie!«« »Aber das ist ja schrecklich, lieber Herr v. Burkrode!·« ,« »Ich bin nicht Deiner Ansicht, Ma ma,« fiel Käthe ein, ,,es muß doch für einen strebsamen Offizier, wie den Herrn Baron, interessant sein, wenn er auch andere Waffen kennen lernt. Sie waren Kavallerist, Sie werden nun Jnfanterift eine gute Vor schule für den Divisiongtommans deutl« Burkrode mußte über die weitflies genden Gedanken des Mädchens troi seiner prekären Lage lächeln, aber dies Lächeln erstarb, als er diese kühne Ent schlossenheit und ein fanatisches Feuer im Auge des schönen Mädchens ge wahrte. Wie ein Schlag durchzuckte ihn jetzt die Gewißheit dessen, was er wohl geahnt, aber immer als unwahr scheinlich von sich gewiesen hatte: sie liebte ihn. —- Als Käthe des Eindrucks gewahr wurde, den sie auf den Offi zier machte, schlug ihr heiße Röthe in’i Gesicht. " »Zum Divisionskommandeur ist ja freilich noch Zeit« — sagte sie stockend — aber Papa meinte: der Soldat muß sich das höchste Ziel stecken!« »Und unser Paul fühlt sich in Rag nit beiden 177ern trotz seiner knap pen Mittel ganz glücklich«, fügte dit Majorin hinzu, die in ihrer Herzens einfalt nicht merttc, wie die Empfin dungen im Busen der beiden jungen Menschenkinder flutheten, »wie wäre es, wenn Sie sich zu den 177er versetzen ließen? Der Kommandeur ist ein Vet ter von uns, und dann hätten Sie doch auch gleich an unserem Paul einen näherstehenden Kameraden! Und noch eins-: wenn Sie augenblicklich in Ber legenheit sind, sprechen Sie offen! Jch denke an meinen lieben Jungen in der Ferne, so muß Jhnen auch zu Muthe sein — und so will ich Mutterstelle an Jhnen vertreten!« Burkrode küßte der alten Dame die m s-» Dono: es uoermm iycu Oeswuiuuth daß er so schnöde von dem zurückgese genen, stillen Leben gedacht, das so viele vorzüglichen Eigenschaften f. zieht. Und als er auch des jungen Mäd chens Hand nahm und sie leise zittern fühlte, da wußt-e er, daß er wohl mehs an diesem Tage gewonnen hatte: ernste Entschlüsse für kommenkde Tage und das Herz eines edlen Weibes· «s-· Bezirblld. -, dg« ZEIT-. E Ueberraschtt « ;L V«