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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Oct. 3, 1902)
Aufgssischks SrsählungvondelenePichler Was der Rachtfang den Hemfteeder Fifcher eingebracht hatte, war alles bis aus einen kleinen Rest gleich beim Aus lades am Strande von den Fischhänd lern aufgeiauft worden« um von hem fteede mit der Eisenbahn in besonderen eisgeiiihiten «Fischwaggens« so schnell wie möglich nach Berlin und anderen grossen Städten uersandt zu werden. Zett, wo die Fischerflotte schon wieder zu neuem Fange in See gegangen war —- man fah vom Strande aus eben noch die letzten Schiffe am Horizonte —- jeßt lagen auf dem von der Ebbe freigelegten, feuchten Sande nur noch ein paar Dutzend übrig gebliebener Fische, dicke Dorsche, Butte und an dere Plattsische, sowie auch ein mäch tiger, schief-diereckiger Rachen mit lan gem Schwanze; zusammen genug, um fiir die daheim gebliebenen Frauen und Kinder eine tüchtige Mittagsmahl zeit abzugeben. An das Boot gelehnt und aus einem umgestiilpten Korbe sitzend, plauderten zwei Fischerfrauen, Gretje - Mutter und ihre Schwiegrtochter Antie, mit Fischermeister, während die übrigen Frauen weiter draußen den ausgefe gelten Luggern und Kuttern nachblickx ten. »Wat meinst do, Gretjes Mutter, « fragte der Fischermeister Tellworm die sisende Greise Arndt, »ob woll die Schippö all mit gutem Fang hitt Abends 'riicktommen?« Die alte Fischersfrau blickte erst ein mal iiber das ruhig daliegende Meer und den ebenso friedlich aussehenden Himmel, und dann nickte sie dem Fra ger freundlich ,zu: »Glaub·s sicher. here Fischermeister, und hoffe, daß dies ein gesegneter Tag werden wird! »s- III II I» »U- U- — W Jus-» t doch wohl nichts passiren!« «Wollen’s hoffen, Gretje- Mutterl« gab der Iifchermeister lssur Antwort und schritt an den Frauen vorüber. — Aber seine Hoffnung war keineswegs stark. Frau Gretje Arndt, die sei ih rer Kindheit hier am Strande den von den Demsteeder Fischern an Land ge brachten Segen Ides Meeres inEmpfang genommen und den Käufern die Fische auf die Karten und Wagen packen half, see hatte freilich Erfahrung über Wind und Wetter gewonnen bei dem steten Ausguck auf Meer und Himmel; aber eine so untriigliche Wetterprophe tin, wie die hemfteeder meinten, war sie denn doch nicht« und wenn sie ge rade heute meinte, es lönne ja doch wohl nichts passieren, so waren andere Leute-die ganz gewiß auch ’was vom Weiter verstanden, leider anderer Meinung! Trug doch der Fischermeister zwischen Qemd und Wolljacke eine De pesche bei sich, die ihm vor wenigen Mi nuten als eine Sturmwarnung von dem großen, zehn Meilen weiter nach Osten zu errichteten Leuchtthurm (mii aWetterstatioWI zugegangen war! .Sturin aus Nordost itn Anzuge,« be sagte diese Meldung. Nach ihr hätten sich ja alle Fischerdoote der ganzen Küste richten, d. h· daheim in geschütz tein hafen bleiben müssen, auch die hemsleeder; wenn sie nur eben nicht schon beim Eintreffen der Depefche lange »drauszen« gewesen wären! Denn natürlich waren sie beim Eini tritt der Ebbe abgesegelt. Dann weht ja nicht nur der Wind meistens mild und sanft, auch der »Sog«, das Sau gen, der Zug des abfließenden Meer wassers, geht seewiirts und führt die II-;Is-- Tofefi'll»s fsisslfsisisks III fslbf. ----------- (J-«,sC--"- ls.,-l-vs» hinaus, oft bis ganz in die Nähe der Fifchgründe, wo die Netze unid Angeln fiir den »tleinen Fang« (den unweit der Küste) ausgeworfen werden. Mit einem Seufzer dachte der alte Iifchermeifter daran, daß auch fein Fritz ietzt mit draußen war, und sicher am weiteften draußen, denn fein präch tiger Lugger fegelte ia ftets all den übrigen gleichzeitig mit ihm ausfahi renden »ein der Nafe dorbei«. Wäre doch die Depefche nur vor Eintritt der Ebbe gelommen! Daß sie erst jeht ein getroffen, das vermehrte die Sorge des Alten, denn er sagte sich:·das beweist, daf; das Sturmmetter ganz besonders schnell heranzieht; denn täme es lang fam an, fo hätten die Beobachter auf dem Leuchtthurm schon feit Stunden die Aenderung des Wetter-J wahrge nommen und ihre Sturmwnrnung fchon am frühen Morgen überall hin gedrahtet. Weil aber der Sturm rasch tam, würden die Fischer draußen ihm auch nicht mehr entwifchen können, und wenn sie auch beim erften Anzeichen ei nes Wetterumfchlags die Netze einzös gen und heimwärts fteuertent--—«Solch ein rafch aus dem böfen »Waffertoch« in oNrdoft toinmender Sturm hatte ia damals, vor nun zehn Jahren, des Fifchenneisiers Aelteften mit noch siebzehn Anderen in den Tod gerissen; sollte heute vielleicht fein Fris, nun fein Einziger, das furchtbare Geschick des Bruders theilen müssen? Während der alte Fischermeifter der art sieh forgte und härmte, waren die Zifeher draußen ganz munter und gu ter Dinge. Sie hatten ja teine Ahnung davon, was ihnen drohte. Der Him mel war blau und das Meer ruhig; fa» Lisetten sie denn unter forglofem Ge T plauder den Plänen zu, wo die Fahr zeuge —- ungefähr auf Sichtweite von einanider entfernt-die Rede in die Tiefe lassen konnten. Der Luftigsten einer war Fritz Tellworm, der schon am Morgen, beim Aussegelm sich mit den Kameraden harmloo geneckt und mit ihnen gefpaßt hatte, als sein »Schnellläufer« —- der dem Fischer meifter gehörige Lugger »Armida" — erst das eine, dann das zweite und das dritte Fahrzeug überholte. Jedesmal lam dann auf den Zuruf sdes überhol ten Schiffers von der »Armida« her über eine neckende Antwort aus Fritzens Munde, und gleich danach — aus dem Maule des großen Neufund länbers »New« ein lautes: »Wauwau, wauwaul'«, das immer wie ein be stätigt-Des »Jawoll! jnon!« tlana, und natürlich sofort ein Antwort-Ge bell und -Gelliiff seitens ider Hunde auf den anderen Schiffen hervorrief. Förmlich übermüthig war Fritz Tell worm gewesen, als er mit feiner »Ar mida« auch den vordersten Kutter über holte, und so gab er auf den von diesem Fahrzeuge kommenden Zuruf: »Heh, fisch’ nicht die ganze See aus-, laß auch fiir uns ’was übrig!« die Antwort: »Wenn ich nicht heut Abend einen fet ten Walfisch binnen schleppe, dann. . .'« Das »Wauwau, wauwau!« seines Nero übertönte die folgenden Worte. »Na,« erwiderte der Schiffer (Füh ret) der fast schon um die ganze Schiffsliinge überholten ,,Königin Vittoria«, »nimm nur den Mund nicht gar zu voll, Fritzing, sonst tönnt’s am Ende doch noch ganz anders kommen. --— Werdet ihr nun stille sein, ihr Kö ier?!« schloß der Mann und schlug mit der in der Hand ehaltenen Oeltuch jacke nach dem neben ihm hochspringew den und heftig tder »Armida« oder vielmehr dem Nero nachlliiffenden Hunde. Denn auch die »Königin Vit toria« hatte wie die «Arrnida« und die übrigen gkößeren Fischerboote einen hund an Bord. Die Schaluppe »Die kothe Rose« »z. B. hatten einen weißen Pudel, den Karo, als Wachthund mit; der aber that, sehr zum Behagen der Mannfchaft, nur höchst selten einmal »das Maul auf"; nur wenn etwa eine starke Welle iiber das Deck und zu gleich über Karos Hütte schlug, blaffte er ärgerlich, um dann hinunter in die warme Kajüte zu kriechen, bis er eini germaßen wieder trocken geworden — oder aber von dem »Jungen« Karle boshafterweise mit einem mächtigen Schwunge die Kajiitentreppe empor aufs Deck geworfen wurde! — Der »Morgenstern« hatte eine große, schöne, sehr wachfame Schäferhiindin »Lilly« an Bord; keiner von den Schiffs hunden aber kam an Größe, Statt lichleit und Kraft dem Nero von der ,,Artnida« gleich, den sein Besitzer Fritz Für einen Neufundländer, feine Ka meraden aber gar siir einen Bernhar diner erklärten, »wenn auch wohl für teinen ganz rasseechten.« Jedenfalls war es ein schönes und seinem Herrn außerordentlich anhängliches Thier, das eigentlich verdient hätte, ein schmuckes Hals-band und daran -« die Rettungsmedaille zu tragen! Denn New hatte im vorigen Jahre den über Bord gefallenen Schiffsjungen Wilm Andresen gerettet; auf FritzTellwokms Zuruf: »New, apport!« war der Hund mit einem mächtigen Satze über die Reeling (Schissöbriistung) gesprun gen, hatte den Wilm beim ersten Wie derhochlommen am Jackentragen ge packt und war mit ihm, llug wie ein Mensch, direkt auf die ihrer ausge brachten Netze wegen ja bewegungs nnfähigen »Arrnida« zugefchwommen, so daß man Retter und Geretteten wie Dct llll VIII Lucgcu tun-un sur-us wir Nero wär’s mit idem Wilm Andresen zu Ende gewesen, denn der Schiffs junge lonnte nicht schwimmen —- was ja mertiviirdiger Weise die meisten Fischer und Schiffer überhaupt nicht lernen. Als die »Armida'« die übrigen Boote der Flotte hinter sich gelassen, suchte ihr Schiffer sich einen passenden Platz -.1its, und nun begann die schwere Arbeit deg- Ausbringens der Netze, von denen jedes beim »kleinen Fang« nur etwa 20 Meter lang ist und wie eine drei Meter hohe maschige Wand sent recht im Wasser steht; denn der obere Rand wird durch »Ko:lschwimrner« aus der Oberfläche des Meeres gehal ten, während der untere Rand, in drei Mclern Tiefe, durch eingelnöpste Steinchen beschwert ist. So spannt sich Das Netz senlrecht im Wasser aus unsd vie Fische, die dagegen schwimmen« bleiben in den Maschen hängen. Auch die anderen Schiffe hatten nach» sind nach die ihnen zusagenden Plätze aufgesucht, und man war auf allen emsig an der Arbeit; jetzt recht schweig sam, denn das Aus-setzen der Neße und ihr »Klarhalten« (d. h. daß sie sich nicht verwickeln und nirgend reißen) ist eine zu schwere Arbeit, als das; die Leute Lust hätten. mehr als das fiir die Arbeit selbst Erforderliche dabei zu reden. So drang denn mit dem leich ten Winde nur ab und zu ein Ruf, ein Kommandowort oder auch wohl ein derber Fluch iiber die gemächlich in breiten Schwingungen sich bewegende Meeressliiche hin. Nachdem die Rede ausgebracht wa I I ren, trat eine Pause in ber Arbeit ein, und der Schiffer der »Armida«, Iris Tellworm, begab sich den »Niedergang« (vie bedeckte Treppe) hinab in die Ka jiite, um den jüngst erst aufgenomme ,nen Jungen bei der Bereitung des Mittagessens —Pannfisch rnit Kartof feln —,anzustellen. Er hatte ihm aber taum- bie erste Belehrung in der Koch tunst ertheilt, wobei der Junge zum mindesten das eine feiner Ohren zu etwas ganz anderem als dem Hören verwenden mußte, da rief der älteste von der im ganzen sechs Leute betra genden Mannschaft von Teck aus den Niedergang hinunter: ,,Schipper, mnmt Sei doch ’mal haben (herauf)!« »Nanu, was ist denn?« fragte Fritz Tellworm zuriich ließ aber gleich das Ohr des Jungen los und eilte die Treppe hinauf. Er bedurfte keiner Antwort; denn sowie er das Deck betreten hatte, ver spürte der ja von tlein auf mit Wasser und Wetter Vertraute, daß sich ganz plötzlich der Wind nicht nur gedreht hatte, sondern auch erheblich stärker geworden war. »Es giebt schlecht Wetter!« sagte der Mann, der den Schiffer an Dect geru f«U»PCM, Und zeigte iiiit seinem Thon pfeqenstiei nach idem Horizont im Nordosten. lind als s ritz Tellworm’s Blicke der ewiesenen ichtung folgten, war es sofort auch dein Schiffer klar, daß schlecht Wetter (wie Seemann fiir »Sturm« sagt) in Aussicht stand; denn da hinten, vo mHotizont her, schob sich eine duntle, fast schwarz blaue Wollenbant über dem Wasser herauf, und zwar so schnell, dafz man sie schier Setunde um Sekunde höher wachsen fah. »Dunnerslag!« stieß Fritz Tellworm halblaut hervor. Dann wars er noch einen eiligen Blick in die Runde, wies auf die fiinf nd» fee-be in Tiefsten-it haltenden Schiffe und sagte: »Sie haben’s auch all geschart-Alle Mann an Deckt« schallte dann fein Kommun dv über die »Armida« und bis in den tiefsten Winkel ihres »Raumes« hin ein. Und nun begann ein hastiges Ar beiten, fo angestrengt, daß den Leuten « die dicken Schweißtropfen von der Stirn rannen. Keiner dachte an das Mittagsbrot-, nur daran, idie Netze so schnell wie möglich einzunehmen — mochte etwas darin sein oder nicht! Jetzt ging es nicht mehr um den Er trag einer Tagesarbeit, es handelte sich um den vielleicht noch zu vermeidenden Verlust von Netzen und Schiff, um das Leben all der wacker-en Fischer fogart Denn tam das Wetter zu vollem Aus bruch, ehe die Flottille an dem der Küste vorgelagerten Gürtel von »San den« und ,,Platen" vorüber in die tiefe . und breite Einfahrtrinne zur Hasen s bucht Hemsteeds gelangt war, so warf der Sturm sicher die meisten Schiffe auf diese »Untiefen«. Dann aber imvchte Gott Schiffen und Schiffern ignädig fein! — Endlich waren die Netze eingeholt; was schon an Fischen in die Maschen gegangen, ward eiligst durch das große Lut in die Tiefe des Raumes geworfen, und nun, während sich schon der halbe Himmel schwarz grau mit jagendem Gewölk überzogen. wurden die Segel gehißt. Fritz nahm das Ruder iSteuerruder) felber in die Hand, der Bug der »Armida" drehte sich, und bald danach schva der ,,Schnellliiufer« vordem jetzt pfeifen den und fauchenden Winde in der (fl!14--—kt--L.l m-- -fl- -- JIIU,IUIUJ UUs IJIIIIIILLUC du« OUU UIASU Zeiten her kamen auch die anderen Fahrzeuge in gleicher Richtung heran. Manche, die schlechteren Segler unter ihnen, hatten ihre Netze im Stich gelas sen, um Zeit zu gewinnen. So schwer solch ein Verlust fiir die armen Fischer auch ist, immer besser, Schiff und Le ben in Sicherheit gebracht, als die jetzt so kostbaren Minuten mit dem Ber gen von Nes und Fang vertrödelt! Aber dieses Preisgeben der Netze sollte gerade dem besten Segler der ganzen Flottille zum Unheil werden! Das vom immer heftiger anschwellen den Winde wild erregte Meer hatte die Netze mehrerer Lugger hin und herge zerrt, und schLiszlich als sich auch in dem wilden Tanze wohl die meisten Beschwersteine lösten« wirbelten die Wogen das Neckwerl zu einem Hausen zusammen, an dem sich gleich daraus gewalitge Mengen zusammengetriebe nen Seetangs höngten. Und solch ein mächtiger Hausen von zerrissenen Nenen und Tang ward unglücklicher weise der srlsriig im Wasser vor dem Winde dahinschießenden »Arminda« aus das Ruder geworfen! Die Mann schast suchte zwar mit Enterhaten und an Stangen gebundenen Beilen das Ruder srei zu legen — aber es wollte nicht gelingen. Nun war die »Armida« ihrer besten Waffe im Kampfe mit den wilden Elementen so gut wie beraubt: sie konnte das Steuerruder nur schwer »und ann immer nur ein wenig bewe .gen, weil sich diese scheußliche Masse »von Strickwerl und Tang zwischen jNigter und Schisssrumps gezwängt Tun sich um das Ruder unentwtrrbar I,,vertüdert« hatte! Das war sehr schlimm, mochte aber noch angehen, so lange der Sturm nicht eine Stärke er reicht hatte, die das Nessen (8usam menschniirech der Segel gebot. Die it la maber bald; denn plötzlich ehten Regen- und Hagelböen (sehr rasch unid heftig eintretende Windstöße) ein, die bald so stark wurden, daß sie die «Armida« zum Kentern (Umschla gen) gebracht haben würden, wenn nicht Fritz Tellworm noch rechtzeitig die Segel so hätte lürzen lassen, daß sein Boot gerade noch durch die übrigs gelassenen paar Quadratfusz Lein-; wand »gestützt« war. Aber natürlichH mit der »Schne"läuferei« war es nun« vorbei! Und so kam es, daß zwar Die « übrigen Schiffe der Fischerflotille, so gar die langsamsten ,,alten Kasten«, die Einsahrtrinne zur pgafenbucht trotz des nun mit voller Gewalt einherbrau senden Nordoststurms gewannen, aber gerade das fchnellste Schiff von Hem steede noch draußen vor den Sanden,» mit dem Sturme kämpfte. Nur die s »Rothe Rose« kam noch langsamer als die »Armida« näher —- ihr war der obere Theil des Mastes vom Sturm weggebrochen, und sie mußte sich nun mit einem an dem Stumpse angebrach ten kleinen Nothsegel dürftig behelfen. Die ganze Einwohnerschaft von Hemsteede war natürlich zum Strande gelaufen, lange ehe der erste Lugger in Sicht gekommen. eßt waren die Fahrzeuge alle sicher im Hafen bertäut, bis auf die ,,Artnid’a« und die ,,Rothe Rose«; dennoch hatten die Leute ihren Platz am Strande nicht verlassen; nahm doch jeder Einzelne so viel An theil an den draußen mit Sturm Und Untiesen lämpsenden Fischern, als ob diese zur eigenen Familie gehörten Und hier und da suchte eine der Frauen dem mit einem »Marineglas« (fehr großen Operngucker) hinausspähenden alten Fischermeister Trost und Muth .einzusprechen, oder es trat einer der Jzuriickgelehrten Fischer zu ihm, um darüber zu sprechen, was wohl die »Armida« in der Steuerung behindern ; könnte? Denn daß sie das Ruder nicht genug in der Gewalt hatte, das sahen die mit allen Hantierungen ihres Berufs vertrauten Seeleute jan an der Art, wie das nun dicht an die ,,lange ·Ptate« herangekommene Schiff Kurs hielt! Der Regen strömte jetzt förmilch vom Himmel, und der mächtig aus Nordost kommende Sturmwind veitschte den Leuten die Tropfen der maßen ins Gesicht, daß sich’s wie spitze Hageltörner anfiihlte. Dennoch wich keiner vom Platze: jetzt mußte ja die »Armida«, und vielleicht auch die ,,Rothe Rose«, die schwerste Gefahr be stehen — oder in ihr untergehen, näm lich den Versuch machen, um die West spitze der »langen Plate«, einer sandi gen Erhöhung über Hochwasserstand, » herum zu kommen, ohne dabei auf Grund zu stoßen! Denn gerieth bei dem Wetter ein Fischerboot dort auf Grund, so mußte jede einzelne der her anstiirmenden Wogen es mit Wucht niederftoßen, —- und das hielt tein Boot lange aus, ohne auseinander zu brechen! Deshalb starrten die Leute vom Strande aus auch so unverwandt durch den Regen und Wind auf die »Armida«, folgten sie jeder Bewegung des Schifer so gespannt, daß laum noch einem ein Wort von den Lippen lam. Und jetzt, jetzt ward es allen klar: die »Armida« kam nicht im Bo gen um die »lange Plate«, sie rannte, unsteuerbar von dem übermächtigen Winde getrieben, direkt auf die west liche Spitze der Plate zu. Ein dum pfer Ausschrei drang aus dem Munde der hilflos das Unheil mit ansehenden Menge, — die »Armida« war auf die Plate aufgerannt, ein-, zweimal von den Wogen mit furchtbarer Wucht aufgestoßen worden und in Trümmern von den zurückrollenden Wasserbergen heruntergerissen in sdie Tiefe! Wie zu Stein erstarrt, stand der alte Fischermeister und blickte auf die schäumenden Wogen, in denen mit den Kameraden auch sein Fritz, sein Letz ter, verschwunden war. Er blickte aber doch nur wie ins Leere. Denn jäh fuhr er auf und starrte voraus, als plötz lich neben ihm der Ruf laut wurde: »Der Hund! Der Nerot Er schleppt ’wasl« Und richtig: man sah das starke Thier durch die Wellen auf die Plate zuhalten, etwas Sanges-, Dunkles ap portierenb. Aber war es ein Mensch, Neros Herr? —- Noch konnte man es nicht erkennen! Jetzt aber kroch der Hund die Plate empor, auf der schon einige Schissstrijmmer angespijlt wa ren; und nun sah man, er hatte nicht einen Menschen. nur einen Oelzeug rock zu fassen bekommen, wahrschein lich den seines Herrn! Jn dem Mo ment aber, wo den um den alten Fi schermeister geschaarten Leuten die Enttäuscbuna klar wurde, riefen meh rere aus der Menge: »Die ,,Rotl)e Rose« fischt sie aust« Ja, man nahm es vom Strande aus deutlich wahr: einen nach dem an dern von der gescheiterten »Armida« zogen die braven Kameraden von der »Rose« mitels zugeworfener Tau- -En den an Bord. Konnte sie aber auch allen das rettende Tau in Greifniihe werfen bei diesem Wogengange, hatten sie auch den ,,Schiffer« der »Armida«, Frih Telltvorim gerettet? Um einen mitthen sie sich noch ab, das« sah man. Wer mochte es sein? Und so angespannt, so unverwandt — unsd durchdringend wie die Menschen alle vom Strande aus nach der aus und ab schwankenden »Rothen Rose« blickten, so unverwandt sah auch von der Plate aus der mit den Pfoten auf dem »Oelzeug« seines Herrn stehende Hund aus die sich mühenden Retter! Und plötzlich stieß er ein lange dauern des Freudengeheul aus-. »Fischermeister,« sagte da Gretje Muter und legte ihre braune Hand auf des alten Freundes Schulter, ,,jet3t haben sie Euren Fritzing an Bord ge kriegt, der Nero hat’g gesehen, das tonnt’ man wohl an seinem Freuden geheul hören!« »Gott sei D-ank!« murmelte der Al te. ,,Mag’s um die »Armida« sein, wenn nur mein Jung’ und die Andern davonkommen.« Sie waren ,,davon gekommen«. Das erkannte man, doch ehe man vom Strande her ,,ausmachen« konnte, wer aus- der »Rothen Rose« so freudig den triefend nassen Südwester (Hut) schwenkte, erkannte es an dem braven Nerv, der zuerst auf der Plate blas send wie unsinnig umhersprang, und dann, als er kah, wie die »Rothe Rose« in die Ein ahrtrinne zur Hasen bucht steurte, sich auf den »geretteten« Oelrochseines Herrn stürzte und mit « diesem von der langen Plate aus dem « Strande zuschwamm Ganz erschöpft legte der Hund den schweren Oeltock « dem Fischermeister vor die die Füße. , »Brav, brav, Nero!« lobte ihn dieser unter Streut-ein Dann aber ließ der Alte seinen Blick über die noch immer hochgehnden Wogen hinweg zum wol leniiberzogenne Himmel gleiten und sandte lautlos ein heißes Dankgebet empor. · . Ein kleines Versehen. Humoresle von Max Träumer. Zierlich, wie die Bachstelzem spa zierten an einem Spatsommertag zwei junge Mädchen. Schülerinnen eines Brüsseler Pensionates, in den schattigen Gängen des Gartens auf und ab. Die eine war blond, die an dere brünett; trotz dieser äußeren Ver schiedenheit oschienen sie aber enge Freundinnen zu sein. Lillh, die Blondine, hielt einen offenen Brief in der Hand, den sie stirnrunzelnd durch las. »Nun, was steht drin?« fragte ihre Gefährtin. ,,Eine höchst fatale Neuigkeit!« lau tete die mißmuthige Antwort. ,,Dente Dir-Martia hat sich vor acht Tagen wieder verheirathet.« »Alles schon dagewesen,« warf Erna mit philosophischer Ruhe ein. »Wie heißt denn der Glückliche?« »Reinhardt. Was er ist, schreibt Mama nicht. Das ist mir übrigens auch höchst gleichgültig! Doch nun höre, was Moma noch schreibt. Du weißt, ich oerlasse Ende der Woche die Pension—iibrigens die höchste Zeit, da ich bereits achtzehn bin. Nun soll ich in Köln mit ihnen zusammentref sen, um gemeinsam eine Rheinsahrt zu machen, und dann in Frankfurt bei meiner Tante bleiben, bis sie mich nach Hause abholen. Was sagst Du dazu?« »Die Jdee ist tos!bar!« lachte Erna hell aus. »Eine Hochzeitsreise zu — Dreien l" »Die Rheinfahrt ließe ich mir schon gefallen,« bemerkte Lillt), ,,allein der Stiefvater ——-——« Dann jedoch warf-sie das hübsche Köpfchen trotzig in die Höhe. »Meinet wegen! Eins aber ist gewiß. Jch lasse mir von ihm nichts befehlen. Er geht mich nichts an und ich ihn nichts-« ,,Qui vivra verrat« lachte Erna. II- Iss II Lilln hatte die Pension verlassen und ohne Abenteuer Köln erreicht. Sie begab sich sofort in das ihr von ihrer Mutter bezeichnete Hotel und fragte nach Frau Reinhardt. »Nur ein Herr Reinhardt ist heute Morgen angekommen,« erklärte der Portier. »Jean,« wandte er sich dann zu einem der herumlungernden dienst baren Geister, ,,siihren Sie die Dame zu dem Herrn auf Nr. 10!« Der befrackte Kellner stürzte die Treppe hinauf voran, und Lillh folgte ihm langsam nach. Als sie oben vor der Thür stand, bekam sie doch Heezklopsen —es war so peinlich, dem ihr ganz fremden Stiesvatee allein entgegentre ten zu müssen. Inzwischen hatte der Kellner angetlopft, und aus ein lautes »Herein!« betrat Lilly das Zimmer. Am Fenster saß ein Herr, anscheinend die Zeitung lesend. Bei Lilly’g Er scheinen sprang er auf. Gütiger Him mel! Das war ja kein grauhaariger Mann, wie sie ihn sich gedacht, son dern ein junger, obendrein sehr hüb scher Mann von höchstens 30 Jahren. Der fragendeBlicL den der Herr aus sie richtete, brachte sie zu sich. »Ent— schuldigenSie, HerrReinhardt,« stam melte sie verlegen, »ich dachte, Maum sei hier. Sie schrieb mir, ich würde sie in diesem Hotel treffen.« Der junge Mann sah sie einen Augenblick verbutzt an. »Sie brauchen sich nicht zu ängsti gen,« sagte er beruhiaend, »die Mama wird sofort kommen. Wollen Sie einst weilen mit meiner Gesellschaft vorlieb nehmen?« Er bot ihr einen Stuhl an und sie setzte sich, im Stillen darüber nachdenkend, warum er die Mama nur so kurz erwähnte. Anfangs fragte sie noch tini e Male nach der Mutter; alt sie aber ah,«wte peinlich ihn ihre Fragen berithrten s ler hatte sogar mit gekränlter Miene ,geäußert, seine Gesellschaft schiene-sie »zu belästigen —- da schwieg fee, und nachher —- da hatte sie Mama ganz vergessen. s Der freundliche Stiefoaier, der sie lmit sichtlichem Wohlgefallen betrach tete, zeigte ihr den Kölner Dom, sowie andere Sehenswürdigkeiten der Stadt. Sie aßen dann zu Nacht, und als sie sich trennten, hatte Lilly, entgegen ihrem Vorsatz, den Strefvater schroff und kühl zu behandeln, sich so mit ihm befreundet, das; sie ihm ganz kindlich unbefangen einen Gutenachtkuß gab, gerade wie sie es früher mit ihrem Vater gethan. Herr Reinhardt schien eine solche Zärtlichkeit nicht erwartet zu haben. Am folgenden Morgen klopfte das Zimmermädchen an Lilly’s Thür· ,,75räulein Werner möchte auf No. 14» kommen, »Frau Reinhardt erwartet Sie.« »Frau Reinhardt?« fragte Lin ver wundert. . ,,Jawohl. Die Herrschaften sind vor einer halben Stunde angetommen.« Lillh kleidete sich hastig an und eilte dann nach dem ihr bezeichneten Zim mer. Als sie eintrat, lam ihr dieMama entgegen. »Ah, da bist Du ja, liebes Mle « rief sie, Lin umarmeno. »Wir konnten leider nicht eher eintref fen, weil wir wegen Zugrzerspätuvg den Anschluß verfehlt haben. Sieh, lieber Heinrich« — wandte sie sich zu einem ältlichen Herrn, den das junge Mädchsn erst jetzt bemerkte —- .,h.ier stelle ich Dik meine Lin vor. Ste« wird Dir gewiß eine ebenso gute Toch ipp YOTU kais Fa d-? mZp ROHR-- «--n·· os- v-» ---- is v- uns sp- I- vvvvv I , l 7 V sen.« Der armen Lin wurde es bei die sen Worten schwarz vor den Augen. Das war der Stiesvater? —- Wer war der Andere, mit dem sie sit vertraulich einen halben Tag verbacht hatte? Kei nes Wortes mächtig stand sie da, und meachnifch legte sie ihre Hand in die dargebotene Herrn Reinhardt’s, daß die Mutter verwundert fragte: »Ja, Kind, was ist Dir denn?« Jn ihrer Verwirrung platzte Lillh ! mit der Geschichte heraus, über die sich zder Stiefvater königlich zu amiisiren ! schien. ; Jhre Mutter faßte die Sache tragi T scher auf. »Du hast ja ein schreckliches Ver sehen gemacht,« sagte sie mißbilligend. »Was hätte Dir geschehen können mit diesem wildfremden Menschen ——« »Zum Glück nicht so sremd!« fiel Herr Reinhardt ein. »Der Schelm ist nämlich mein Neffe, dem ich schrieb, daß ich mich Ende dieser Woche zwei Tage in Köln aufhalte. Wahrschein lich wollte er mich überraschen und kam von Darinftadt hierher." Der Neffe ihres Stiefvaters1 Lillh mußte nun selbst über ihr Verschen lachen. Es war wirklich eine zu komi fsche Verwechselung. s Daß der junge Mann sie aber ruhig Ein ihrem Jrrthum gelassen, daß er so iväterliche Miene angenommen und sich sogar von ihr hatt-e küssen lassen — .sie wurde roth bis unter die Haare, als sie an diesen Kuß dachte —das war doch unverzeihlich. »Wir wollen den Sünder herbeiciti ren,« schlug Herr Reinhardt lachend Vor, während es Lilln vor Scham ganz gruselig ward, »und ihm eine gehörige Standrcde halten.« So geschah es, aber der falsche Stiefoater bekundete durchaus keine Reue, als ihm sein Kapitaloerbrechen oorgehalten wurde, und — sollte man’·5 glsauben —- noch ehe acht Tage vergangen waren, da küßten die Bei den sich wieder, diesmal jedoch nicht wie Vater und Tochter, sondern wie ein recht verliebtes Pärchen, das voll JUngeduld den Augenblick erwartet, in ; Hymens Joch zu schlüpsen.. HW hüte aus Papier-. - Eine der größten Neuheiten auf dem Gebiete der Papier-Verarbeitung wer den, wie »die Papier-Zeitung berichtet, nächstes Jahr auf dem Pariser Markt »papierne Strohhüte« sein. Sie wer den in zwei Ausführungen hergestellt, einer eleganten, theueren und einer bil ligen. Bei letzterer werden der ovale Boden und der Rand aus dem Papier gestanzt und mit einem cylindrischem die Höhe des Hutes bildenden Mantel vertlebt und vernäht. Eine Draht einlage gibt dem Hut die nöthigt Zteifheit, ein Lackiiberzug macht ihn svafferdi ,t, und schließlich wird er noch mit einem Bande geschmückt Dieser billige Hut wird im Ladenver tan weniger als 50 Centimes (1.0 Cents) kosten. Die elegante Sorte sieht, besonders wenn sie aus strohgel bem Papier angefertigt ist, einem ech ten Strohhute täuschend ähnlich. Die ser Hut wird genau so angefertigt, wie die wirklichen Strohhüte. Das Papier wird in schmale Streifen ge schnitten, welche, von der Mitte des Dutbodens anfangend, in Spirallinien flach gewielelt Und gleichzeitig geliebt und genäht werden. Heute kosten diese Hüte noch etwa drei Franken das Ztiick im Kleinhandel, doch sollen sie billiger werden. Der Artikel ist na türlich patentirt, und zwar nicht nur der Hut, sondern auch die Maschinen zu deren Herstellung. Die Patente wurden von der bekannten ,,Soc. Lu miere« in Paris ungetauft nnd aus gebeutet. Die Hüte werden in Lnon beraestellt.