Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 19, 1902, Sonntags-Blatt, Image 14

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    No 18. Es
hot emol lange
Jahre zurück en
alter Mannin
meine Rebber
lmtt gelebt, der
bot mich ge
fuva fo oft
wie et mich
not an die
«- Stritt« gesehn
bot un do bot er mich immer en gute
Etuveis zu gerocve qehadL Ich TM
felle mol es is noch in oje alte Konttie
gewese noch so e junqu unerfahren-II
Ding qecvese wo von Die Schl echtjg exl
un Mienneß von me Welt noch gar
keine Eidie nit qebabl bot. Seller alte
Mann hol emol zu mich gesagt: Lilzi
hol er gesagt. du bist e gutquckiges
Kind un ich sehn aor kein Riesen, for
warum du Dich nit emol verheiratbe
solltsL Schuhe genqu werst ou Dann
auch e Fämilie kehfe un oo will ich
dich eins saue. laß Deine Kios nit fo
ocel Zuckerzeua oodek wie met uss
Delksch sage dubt, Känoie esse; fell
speult den Slo nmect un die Zähnek
cher un bifeios oje Komplectsen Well
in die alte Kontree do is ja nit soviel
Dehnscher mit Den Känoie Esse ge
wese, bikahå Da dass nie fo viel von
den fänzie Stoff net-arm molk-er in
dies biet Kontrie do is Dag- differen:.
Hier sin sie slii H so Ist den siefkec T off
gejuhst Pan mer snct e Pies Kändie
mehr oei di e Kiog fer. iq brinae kann
wie mit e gute Dtefching. Jetzj. mag
meine Buwe h::r:fft, oie sin na nz krel:
ftg vor Känkie un icb den sie schon so
met Worninqs aewroe wie nur mög
lich, answer das dubt all tei n aut. Jch
sen schubr wann mer Dene in vie eine
band oce Dißpeppne und in oke an
nere Känvie hinbalie behi, die wäre
imSiand un dehie Den Kändie n:mme.
Im Schlimmste is awwek oet Bennie,
wo unser älfiee is. Er hoi mehr Senz
wie die annetr. bitahs et is älter aw
wer in Riegatd zu den Kiwdie do zieht
ek vie Lein. Do is er so dumm un so
einsellig wie das kleinste Bei-die De
- annekeDaa bot et immer Sinmmeckeht
lomplehnk un ich den ihn e wenig
Ksmillethce gemacht. bikahs das is e
atei Ding. Er bot awwer doch kein
. elief ttieat un aeiamcnert un bot an
gewwe. als wann ee sierwe wollt. Ben
sieche, hen ich gesagt, jetzt sei en guter
sub un dann leg ich oich auch en heiße
Brickfiein uss dei Sinmmeckelche. Do
hot er awxoet noch mehr aehallett und
do hen ich gesagt: Wann ou brav bist,
dann geb ich dich auch en Nickel. Jch
he- ihn en Nickel gen-we un was ioet’n
Se denke, er bot oiefelwe Minnii ge
stappi un is an vie Sititt gelaufe. Jch
den noch gesehn, wie an die Sttiti die
nze Gang Kios mii ihn fort is. Ich
Fa doch gewunneei. wo vie Felletsch
bin sin un do hen ich mei Räpv umge
hängi un sin auch emol autfeii gange.
Mer kann doch nit wisse, ob dem arme
kranke Bub nit ebbes gehäppend is.
Ich sin bis an die nächste Kotner gange
un do bot vie ganze Gäng gestappi,
awwer Den BennIie ben ich nii gesehn.
Do sin ich doch geschkelm gewese. Jn
e Minnii sin ich an die Kornet gewese
tm hen vie Buwe nach den Bennie
frage wolle· awwer oas is nit nöthig
gewese, Mal-s- ich ben in den Stolze ge
gnckt un do steht ver Bennie in Front
von den Kändieiauntet un macht e
Seleckichen von Kändir. Er is auch
eich auiseit gewese un hoi e ganze
«·ckeifch von den fieße Zeug gehabt.
Wie et mich gesehn bot do ig ek aus
gerisse wie alles un do ben ich ihn off
D-k--2 -'A ---l-s-- -c- l---- M sk-- i.
ttuqes un tsuwsuukk tun-u» «)W »ko
ihn dann nit mehr gesehn bi; eg Sov
perzeit aemefe is. Do is er komme un
bot e ariq krankeg Gesicht nemacht Ich
fiehle gar nii gut, bot er gesagt, ich
denke er hot genohtiit, wie ich mich
nach den Phillivp, was mein Hosband
itz, fein Wnbkinqstick umgeguckt hen.
Ach was fiehlf ich so schlecht, hot er
widder gesagt un do hen ich doch Pittie
an ihn genomme un hen gesagt, was
die Mättek mit ihn wär.- Do bot er
gesagt, sein Stomnieck bebt ihn arig
weh un er hätt alliwwek to e fonnigeg
Ziehling. Do ben ich ihn emol ganz
klohs betracht un denke Se ernol, do
ben ich genohtist, daß sei Fehs allw
wer un sei Mailche in periickeler ganz
roth gewrfe is. O vier-, hen ich gesagt
was haft du denn gemacht. Er hot
awkoer gesagt, er deht nit wisse un er
seht nur arig schlecht fiehle. Well, ich
den gedenkt, du besser schickst den Deck
ter Wort un bube tein Rist konne.
Der Dactter Killrnich is en guter
Ireind von den Phil un wann mer in
feine Lein ebbes nöthig «hen, dann
spende mer immer ebbes bei ihn. Der
Johniee is auch gleich fort un hot den
Dackter bei den Wedesweiler gefunne.
Er ii gleich mitkomme un bot e arig
Minartes Gesicht gemacht, wie er den
case Bub eckianimint bot. Er hot mit
sen Kot-v actchiittelt un bot zu mich
gesagt, Wäldern der Kebs is teinder
grins. Wenn ich nit atiq misstehten
- . dann bot das Kind en Lebe von
Mrwumisiix die rathe Spaße, die
, et im M bot. die komme vOn Stol
IW In das meint Musen. Ich
1 Unten-weh da ich ihn durchhalle»
’ VIII-stets is ask ais IN
v
fett gedeihen der Sennie bot fo viel
Mtkch kriegt. wie er nor dot drinte
könne ten ich tin schade acn nächße
Morgen bot keins von die Rebbertch
Milch for ihren Kassee gehabt. Wie
der Dacktet iort war, do bot der Ben
nie gesagt: »Ma· ich debt gleiche, dich
ebbes zu sage. answer du detfft mich
auch keine Lickin gewesen« No, no, mei
armes Kind, den ich gesagt, ich dnbn
dich nicks, mach nur dein Herzche Luft,
du armer Kett. Do hat er gesagt:
»Duhft dn mich auch fchubt nicksi Wie
ich ihn schnitt anneit un truh get-kam
mift hatt, daß ich ibn nie-is dudn wollt,
do bot er gesagt: »Ma. trucoel dich nor
nit wege mich, ich sin adttecht. Ich den
tnich fünf Cents wertb Kändie getauft
gehabt un den ihn all alleins Mias
fresse un die rotbe Spatze in met Fehs
die sin von en Abldebfocker bek, wo ich
mich mit beschmiert gehabt hen.'·
Well, ich hen um zwei Hunnett Pund
iefiger aefieblt wie befor. awxver wann
ich den Bad nit io fest aevrammist ge
habt hätt, dann bätt’ er doch feine
Wichs kriegt, daß ihn das Kändieesse
for alle Zeite deraanae wär. Amwer
von den Dackter Killmich den ich meine
Oppinjien. Mit beste Rieaards Jahrs
truiie
« Lizzi Hansstengei.
-.-—·——
Schiennnardeein wider Hütte-.
Frau v. B» die mit ihren drei er
wachsenen Töchtern in der Stealitzeri
ftraße zu Berlin wohn:, pflegt alle Be
sorgungen selbst zu erledigen. Sonn
abend Nachniittag ging sie in ein
Schirmgeichiift, wo sie die Schirme
ihrer Töchter und ihren eigenen zur
Ausbessekuna gegeben hatte. Hier saur
de ihr der Bescheid, sie möchte gegen
Abend wiedertomrnen. Beim Dianas
gehn aus dem Laden eratiii die Dante«
der Macht der Gewohnheit folgend
und im Glauben, es sei ihr eigener
Schirm, den an den Ladentisch gelehn
ten Regenschitm einer Frau, die eben
sinnst-sin- nsmes nnd met-r- est-obern
Wortsclxsæall mit einer Vertiiuferin
unterhandeltr. Kaum aber bemertte
diese Frau diesen »Mißgriff«, als sie
auf die Geheimräthin zuftür«ite, ibr
den Schirm ivütbend entriß und- schrie:
»Me, nee· Madernietem det jiebt’s nich,
fremde Schirme tlauen!«
Sofort beeilten sich die Berlin-rie
rinnen, der über ihre Zerstreutheit tief
zertnirichten Frau v. B. zu Hülfe zu
eilen und die zornige Frau, ihres Zei
chens eine Grünkramhändlerin, von
der Unschuld der Dame zu überzeugen,
was aber nicht recht arlana. Mit einem
mißirauifchen Blick knurrte die Grün
lrainhändlerim »Na, na, ick kenne
meine Pappenheimer!« Arn Abend
desselben Tages begab sich Frau v. B.
nochmals zu dein Schirniaeschäft, und
diesmal hatte sieGlück, denn die Schir
me waren fertig. Da fie es eilig hatte,
liefi fie fich die Schirme nicht erft ein
wickeln, sondern bezahlte und aina hin
aus. Draußen befrieg sie einen sinni
bus. Zu ihrem Schrecken aber fah sie
drinnen die Grünirarnbiindlerin sitzen.
Diese beugte sich, hiihnifch auf die vier
Schirrne blickend, herüber und heisch
te: »Sehn Se. Madamten, det war
doch noch ein juter Tag vor Jhnen.«
---—-.
Tropfen hötm den Sees-h
Jrn Berliner königlichen Antiqua
rium ifi neuerdings eine aus der Zeit
Alex-anders des Großen stammende
Akabafierurne aus dein Grabfund von
Boltavia aufgestellt worden die au
genscheinlich die Wahrheit des genann
ten Sprichwort-s bestätigt. Die Aschen«
urne hat in der Felsengruft offenbar
an einer Stelle qeftanden, über der sich
das Wasser sammelte und tropfensveife
nach unten herabfloß. Der herabfali
lende Tropfen rieselte an der linken
Kopffeite einer der Reliefsi uren ent
lan« und wusch hier a mölia eine
flache Nille aug. Hiernach fiel der?
Tropfen direkt aus Die Schulter und
bohm hier ein etwa 20 Centinieter tie
fes und im Durchmesser etsva 4 Ceniii
meter breites Loch aus. Weitere dane
ben fallende Tropfen Durchörachen
dann die Wandunq dieser Vertiefung
und fraßen sich durch den Polstersitz,
auf dem die Figur ruht, hindurch, so
daß sie auch hier einen etwa 20 Zenti
meter tiefen Riß hervorriesen Uin
diese Zerstörung zu bewertstelligen,
hat also das Wasser, das, svie der
Augenschein lehrt, nur tropfenweise
her-abgerieselt sein kann, rund 2200
Jahre gebraucht.
-— ——-—-— - ——
Das ,,tviseufeh«ftliche« Haus.
Das häusliche Paradies der Zus
iunft ist, wie die Dailq News erzäh
len, in gewissem Maße von Mr. Eo
ward B. Wilton, einem früheren Me
tallwaarenhändler in Jamaica, ver
wirklicht. Seine Speisen werden elek
trisch gekocht, sein Kind elektrisch ge
wiegt, seine Zimmer elektrisch ausge
fegt und abgestaubt, seine Thüren
eiektrisch geöffnet und geschlossen, sein
Haus und Grund und Boden elektrifch
beleuchtet, das Oeffnen und Schließen
des Eingangthores durch einen elektri
schen Knon im Hause eontrollirt. Jn
allen Zimmern und nach den Ställen,
wo die Pferde elektrifch geftriegelt wer
den, giebt es Telephon Sogar die Be
wegungen einer Schaar Tauben, die
einem Knaben gehören, werden elek
trifch controllirtx denn die Thüren oes
Tausend-ausse- werden durch einen elek
trischen Strom geöffnet und geschlos
Ign EäitM Mzstxgsustreiåekr
r un ren. e
spät-Jet- m einer unschuldig aut
IW Wind-nähte erzeugt, nnd in
ses M M. Bitten der natürlich
M nse e Einrme rein ihn
k- ein gl lich-r NO geworden
f,
WEBER-IF
Ein russischer Gaunerstreich —- Von
Wilhelm Reter.
- l.
åuf der Promenade in Peterihurg
sah Wladimir Lelitsch die bloade Fee
dora Wassiletv zum ersten Mate, als
sie am Arme ihres Bater spazieren
ging, und war sofort verliebt. Er
gab sich auch gar keine Mühe, dies et
wa zu verbergen, sondern folgte dem
ungleichen Paare bis zur weitI in der
Potjustrower Vorstadt gelegenen
Wohnung, notirte sich die Straße und
hausnummer und trat dann erst,
lustig vor sich hinsurnmend, den Heim
weg an. Er merkte natürlich nicht,
daß ihm der alte Gavril Wassilew in
einiger Entfernung folgte und eben
falls Straße und Hausnummer seiner
Wohnung sorgfältig aufschrieb.
Wladimir Leiitsch war ein hübscher
Bursche von etwa stehenundztvanzig
Jahren, bei der Versicherungs-Gesell
schaft .Phiinix« mit schönem Gehalt
angestellt und genoß das Vertrauen
seiner Direktoren in solchem Maße,
daß er das Geld, welches Samstags
der staatlichen Bank zur Aufbe
wahrung übergeben wurde — es han
delte sich dabei ost um Millionen ———·
stets dorthin trugen mußte, allerdings
in Begleitung eines der Direktoren
Nachdem Wladitnir Lelitsch zu
Hause angelangt war, ging er mit sich
zu Rathe und lam zu der Ueber
zeugung daß er ohne das blonde Mäd
chen draußen in der Vorstadt nicht
mehr leben tönne. Er ließ sich deshalb
am nächsten Morgen in: Bureau ent
schuldigen, zog seine hesten Kleider an
und hat —- obgleich es Freitags war-—
den alten Wassileto um die Erlaubniß,
seine Tochter heirathen zu dürfen.
Gavril Wassilew that natürlich erst
sehr erstaunt, er lenne ihn so gar nicht
u. s. w» worauf Wladimir Letitsch mit
einem gewissen Stolze seine Verhält
nisse dem alten Fuchs enthüllte. die
Jener seit dem Abend zuvor schon ganz
genau kannte, denn er hatte sich sehr
eingehend danach erkundigt
Aber Gavril Wassileto schien nicht
gewillt, nachzugehen, und je mehr er
sich weigerte, desto verliebter fühlte sich
Wiavimsp Schikeknch est-zitt- Masti
leto im biedersten Tone, daß er seine
Tochter nur dann verheirathen werde.
wenn er ihr eine anständige Mitgift
geben könne, und das sei gegenwärtig
leider nicht der Fall. Wladimir Le
titsch mochte versicheru, daß er gerne
auf eine Mitgift verzichte, daß fein
Einkommen fiir alle Drei reiche, Ga
vril Wassilew ließ sich nicht erwei
chen und Wladimir fühlte sich der Ver
zweiflung nahe.
Er horchte deshalb mit gespannter
Aufmerksamteit, als ihm plöszlich Ga
vril Wassilew erklärte, daß es nur an
ihm liege. wenn Feodora zu einem
Vermögen kommen solle. Dann ent
wickelte Wassileto seine Pläne. Jm An
fang striiuhte sich ja Letitsch, aber die
Sache schien wirklich so verblüsfend
einfach, und als dann Feodora mit
ihrem lieblichsten Lächeln aus den
Lippen und unter hol-dem Erröthen
eintrat, —- da schlug er ein.
2.
Auf der Anitschtohriicke, tckelche über
die Fonsanla führt« herrschte am näch
sten Mittag reges Leben. Das Pu
blikum drängte sich und schob sich aus
den beiden Fußgängertvegen der eiser
nen Brücke. Fremde standen bewun
dernd vor den vier berühmten Wert-e
grubig-en und benimten den Vertebr.
Waan rasselten iiber das Pflaster und
eine Pserdebahn folgte der anderen.
Die Fruchtverkäuser priesen in den
ihnen eigentbiimlichen larmonanten
Tönen ihre Waare an, und die Bettler
drängten sich unverschämt an Alle, die
etwas besser gekleidet waren. Einige
gingen weiter und beachteten das Ge
winsel der elenden Gestalten gar nicht«
Andere wiesen sie rnit heftigen
Schimpsworten hinweg und nur von
den Wenigsten erhielten sie ein Almo
sen. Feodora Wassilew, die wie ein
Engel aussah, gab fast Jedem, ob
gleich ihr Vater darüber brummte;
dann lebnte sie sich an das Geländer
und schaute hinunter auf den Fluß
und die vielen Schiffe und Schifschen.
»Sehen Sie doch das hübsche Mäd
chen,« sagte in diesem Augenblick Wh
dinrar Leiiisch, der eine große schwarze
Lederrnappe lrampfhaft in der band
hielt, zu seinem Begleiter-, dein Direk
tor Kestowitsch und berlangsatnre wie
gebannt von dein Anblick des lieblichen
Geschöpfes, seine Schritte.
»Ein reizendes Kind«, schmunzelte
der Direktor, »sieht übrigens einem
früheren Schon von mir ähnlich, muß
Ihnen das erzählen, natürlich Diskre
tion.«
Damit schritten die Beiden an Jep
dora Wassilew und ihrem Vater vor
bei, die merkwürdisör Weise sich so
stellten, als ob fk ladimir Leiitsch
nie gesehen, geschweige denn gesprochen
hätten, und auch diesem schienen die
beiden ietten Tage gänzlich aus dem
Gedächtnis entschwunden zu sein. Sei
es aber; das ihn die Liebetåsschichte
be- Vireitors weniger, das bchen
dafse aber dero mehr interesirte —
Æiinie Letttsch drehte fich solange
nach seiden Visite- ms, bis er,
tainn drei Schritte von ihr entsernt.
init abgewandteni Gesicht so hesiig ge
gen des Psahl einer Saslaterne stieß,
daß ans einer klassenden Stirnwurde
das Blut stoß. Es ist selbstverständ
lich, daß der Verlehte mit beiden hän
den nach seiner Stirne griss und die
natürliche Folge davon war, daß die
Lederinappe aus die Erde fiel. .
JmAugenblick war Gavril Wassis
lew klingt-gesprungen hatte die Mappe
aufgehoben und stand nun ruhig in
mitten der Menge, die sich raich unt
den Ver-letzten and seinen Begleiter an
gesammelt hatte.
»Vielen Dant,« sagte Letzterer seht
überaus höflich zu Gavril Wassilew,
indem er mit der einen Hand den Ch
linder lüstete und mit der anderen nach
der Mappe griff. Gabril Wassilew
hielt aber die Mappe sest und stellte
sich erstaunt:
»Wosiir, Herr?« fragte er.·
Der Direktor war verblüfft nnd in
diesem Zustande wurde er gewöhnlich
grob. So auch hier.
«Geben Sie mir die Mappe!«
herrschte er Wassilew an, »hören Sies«
»Das wohl, herr, aber ich verstehe
nicht ganz, gehört denn die Mappe
Jhneni«
»Natürlich,« ereiserte sich Kelte
witsch, und: »Ja, sie gehört mir,«
mischte sich nun auch Wladitnir in das
Gespräch. »Die Mappe enthält eine
Million Rubel in Papier und ist Ei
genthum der Versicherungs - Gesell
schaft .Phönir«.«
. Die Menge erschauerte in Ehrfurcht,
als sie diese gewaltige Summe hörte,
nur Wassilew bewahrte seine Kam-lü
tigleit. Zu dem Polizeibeamten, der
inzwischen erschienen war, sagte er:
»Ich habe da eben diese Mappe ge
sunden. Jener Herr behauptet, sie
enthalte eine Million Rubel und ge
höre ihm, dieser Herr retlamirt sie
III-I Arrest Als- ssin Eiflknfbllnl Und
dann sagt wieder der Andere, die
Mappe gehöre dem »Phönix«. Was soll
ich nun thun?«
Beide Herren wollten eine Erklärung
abgeben, aber der Polizeibeamte ließ
sie nicht zu Worte kommen und ent
schied, wie in einem solchen Falle alle
Polizeibeamten entscheiden: er hieß
die Betheiligten rnit ans die Wache
kommen.
Z.
Auf der Wache Mitte sich die Sache
natiirlich aus. Man hatte den anderen
Direktor und mehrere Angestellte des
«Phönix« telephonisch herbeigerusen
und es bestand nun kein Zweifel mehr,
daß die Mappe der Versicherungs - Ge
sellschaft gehöre. Der Kommissar wollte
sie schon an die beiden Direktoren zu
rückgeben und richtete nur der Form
halber vorher die Frage an Gavril
Wassilew, ob er noch etwas dagegen
einzuwenden habe. «
»Natürlich nicht,« antwortete dieser
geschmeidig, »sobald ich meine zehn
Prozent Finderlohn erhalten habe.«
»Das ist unverschämt,« schrie der
Direktor, »Sie haben die Mappe ein
fach aufgehoben, aber nicht gesunden.«
»Den Unterschied verstehe ich nicht,«
sagte Gabril Wassilew, »aber nur von
Ausheben lann leine Rede sein, nach
dem die Polizei erst-feststellen mußte,
wem die Mappe gehört.«
Der Kommissar wußte sich teinen
Rath und wies die Parteien an's Ge
richt.
Bei dieser Sachlage dauerte der
Prozeß nicht lange. Wladimir Le
uen-. k-- »Im katlltmib an den
Ettaijilewg natürlich lcin Mensch eine
Ahnung hatte, wurde als Zeuge erkla
den und beschwor, das-, er die EUictppe
nicht etwa nur fallen gelassen, sondern
verloren habe. Er hätte nicht eher an
die Mappe gedacht, setzte e; hinzu, bis
sie Direktor Kestowitsch von Gaoril
Wassilew zurückforderte.
Diese Aussage war entscheidend
Selbstverständlich wurde Letitsch so
fort von der Versicherungs - Gesell
schaft entlassen, aber das Gericht sprach
Gavril Wassilew die 100,000 Rubel
zu unsd damit hatte Feodora ihre Mit
gift. so daß einer Heirath nichts mehr
inr Wege stand.
De Vermählung fand einige Wochen
später in der Schweiz statt, wo das
würdige Kleeblatt ein »Grand Hotel«
einrichtete, das vorzüglich prosperirte.
—
Ver Letzte der Pauhattan5.
Von henry F. Urban.
Es klingt etwas nach der Wonne
unserer Kindheit, den Lederstrumps
Erzählungen Un Janres Fenimore
Cooper. Ei l gt so ähnlich wie »der
Letzte der Mohitaner« und erweckt al
lerlei anheimelnd romantische Vorstel
lungen. Romantisch in hohem Grade
ist auch diese Jndianergeschichte. Aber
imGegensah zu den »rtchtigen« India
nergefchichten ist sie über die Maßen
harmlos und friedl . Kein Tonm
aut wird darin ge wungen, kein
tan genommen, kein friedlicher Pau
wau wird veranstaltet, wo die häutet
linge ihre großen Reden halten. Es ist
lediglich die ebenso einsache wie rüh
rende Liebe-goeswa eines jungen
Jndianert u eines reisenden Blas
i, eines rothhilutigen stra, dem
dteM ikbesäm ändert-entsan law
n n g nen, nin oo n
Mian ans neuen-einre- s nnd
zwischen blühende-n Blumen hat sich
dieser Roman adgesvielt, sondern in
New York, dem stumvssinnigen, Iden,
kalten, poestelosen New orl, wo man
den Dollar anbetet. as ist das
Nettwiirdigsie daran, das Reizvolle.
Drunten im sonnigen Süden, in
Virginia, sin noch heute der alte
Stamm der Bamunth der zur gro
ßen Familie der Algonguin gehört —
einsimals der mächtigsten eine zu der
Zeit, da das ganze Land noch dem ro
then Manne gehörte. Die Pamuntvs
hatten einen weisen und iavteren Kö
nig namens Pauhattan. Jm Laufe
der Jahrzehnte aber wurden ihrer im
mer weniger. Heute wohnen die Neste
des Stammes aui der Reservation von
Whitehouse in Virginia. wo Onkel
Sam sitr sie sorgt und sie zu cioilisir
ten Menschen zu mach-en sucht. Hier
wurde der letzte Sprößling des weisen
und tapferen Königs Pauhattan ge
boren. Er erhielt den völlig unindia
nischen Namens Evans Bradvh und
war es auch zufrieden, denn er ge
dachte ganz so zu werden« wie die
Blaßgesichten Er besuchte die India
nerschule in Whitehouse und kleidete
sich wie die jungen Blaßgesichter. Aber
es litt ihn nicht lange in dem allzu
stillen und einsamen Whitehouse. Vir
ginia war griin und sonnig und warm
und der Himmel tiesblau· Der junge
Evans jedoch war alles dessen über
drüssig. Er träumte von der großen,
gewaltigen, glänzenden Stadt der
Blaßgesichter im Osten, von New York,
von dem er Wunderdinge gehört und
gelesen hatte· Von ihrer Pracht hatte
er vernommen und von ihrem Reich
thum, von den schönen, geputzte-i Da
men, die von Diamanten sunlelten,
von den in den Himmel rugenden zwei
unddreißigstöckigen Geschästshiiuserm
von den faulenden Straßendahnwa
gen, von den gigantischen Schiffen im
Hasen, von dem weiten, blauen Meer,
an dem die Stadt der Blaßgesichter
lag.
VII-bin »U- «"- shn nnd Of Ost-n Inn-I
------- —-- —
New York. Eine Ärt Schwindel ers
ariss ihn inm tten des ununterbroche
nen donnernden Getöses, das ihn unt
gab. Wie betäubt wandelte er durch
die Straßen, durch diese athemlos ha
stenden Menschen-nassen die an ihm
dorüdersluthetim ohne ihn eines Bli
ckes zu würdigen, ihn, den letzten
Spröszling des weisen und tapferen
Königs Pauhatian aus Virginia.
Nur wer genauer hinsah, merkte an
dein blauschwarzen Haar, der braun
-..othen Gesichtssarbe und den funkeln
den, schwarzen Augen den Indiana
Jm iibriaen sah der junge Mann nicht
anders aus als die Menschen um ihn
her. Er wäre sich völlig verloren dor
gekommen wenn sich die gute Frau
Vatriet Converse nicht seiner ange
nommen hätte. Frau Converse ist
eine Missionarin unter den Jndianern
und erfreut sieh hohen Ansehns unter
ihnen, besonders unt-er den Ueberresten
der berühmten sechs Nationen im
Staate New York. Es sind das die
Mohawtz, Oneidaö, Onondagaz
Kahne-ins Senecas und Tuscaroras.
Aus Dantbarteit siir ihr segensreiches
Witten haben die sechs Stämme Frau
Conderse zu ihrem Ehrenhäuvtling er
nannt. Durch die Vermittelung die
ser guten Frau erhielt der junge Jn
dianer eine Anstellung als Hilfs
steward aus dem Damdser «Pri·3cilla«
der den Long Island Sund befährt.
Das war eine ganz angenehme Be
schäftigung Er mußte die Passagiere
bei den Mahl-reiten bedienen und sich
sonst nützlich machen. Und »wenn er
den schönen Lona Island Sund durch- «
fahren hatte, lehrte der Dampser wie
der nach New York zurück· und Evans
bekam Urlaub. sich die Stadt anzule
heu.
Ader seltsam, :-ie Stadt der Blasi
aesichter hatte nicht mehr das gleiche
Interesse fiir ihn. Unendlich interes
santer erschien ihm die reizende Toch
ter des Obermaichiniiten der »Prig
:illa«, namens Annie. Er hatte Annie
öfter an Bord aetroffen, wenn die
,,Priscilla« im Hasen lag, und das
junge achtzehnjährige Mädchen hatte
rinen iiesen Eindruck aus ihn gemacht
Annie merkte das sehr wohl, denn
Evans war ihr aufgeiallen. Ein jun
aer Jndianer, der Nachtornrne des wei
sen und tapseren Königs Pauhattam
als hilfssieward auf einem Blaßge
sicht-Darnpier! Wie seltsam! Wie ro-I
maniisch! Wie rniirchenhafii Sie wur
den miteinander heianni, und die
junge Rothhaut verliebte sich bis iiber
die Ohren in die reizende Blaßgesicht
Tochter Fedesrnah wenn der Dam
pfer nach New York zurückgekehrt wor,
suchte Evani seine angebetete Annie
auf und machte ihr kleine Geschenke
und lud sie zu Spaziergängen durch
die Wunderstadt ein. Annie’s Eltern
behagte das wenig. Ein Jndianer,
und sei er der Srpöszling eines Kis
nigs, gilt als Mensch untergeordneter ;
Art als ein Wilder. Dazu tamen die »
Reckereien von Annie s Freunden und »
Freundinnen Und da sie selbst wohl -
keine tiefere Neigung siir den jungenj
Mann empfand, so brach sie die Be- j
lanntsehait ab und weigerte sich ihnY
noch fernerhin zu sehen. l
Wäre das hundert Jahre früher ge
schehen, so hiitte der« junge Königssohn
den Korb als ein-e tödtliche Beleådis
Eung betrachtet. Er hatte den ganzen
tarnm der Pamunthj oder womög
lich die sämmtlichen Bruderftärnrne der
Ilgonauius zu einein großen Pau
uiammenherusen, die Abenatls
von eu-Schottlanv, die Narragam
letts von Rhode Island und dksDelai
war-es vorn Delaware Niver und die
Kickapoos vom Illinois Ritter nnd die
—- -k----- --x- —- —
Llrapahrs vom Kansas Rioer nnb die
Miamis und wie sie sonst heißen. Und
dann wären sie auf den Kriegspinb
gegen vie verhaßten Blaßgejchter
hätte sich die reizenbe Annie mit
walt geholt. Aber ein eivilisirter FI
dianer im Jahre IM, der als gi ft
itewarb aus einem Blaßgeiichts am
pfer fährt, kann nicht auf ben Kriegt
pfab gehen, am wenigsten in New
York Evans blieb ruhig aus bet
»Pri5rilla«, bediente die Blaßgesichter
beim Essen und in den Kabinett und
aus Deck, ziiachte die Betten und trock
nete das lsieichirr. Doch immer dachte
er an vie reizend-: Annie, am Tape,
wenn erbeichäftigi war, und des
Nachts, wenn er in feiner engen Koje
lag nnd nichts- die Stille unterbrach
als bag alochmiißige Stampfen der
Maschine und ra- meicncholiiche Rau
ichsen der Wogen um Das Schiff herum.
Das Leben ohne Annie erschien ihm
ialt nnd nrau und häßlich. Er verbiß
sich in sein Ungliirt, wurde immer
schweigsamer, immer finsterer, immer
oerzweifelier. Er aß nicht und trank
nicht und verrichtete seine Arbeit me
chanisch oder vernachlässigte sie. Ihm
schien es, als würde es stetig dunller
um ihn nnd in ihm, und in diesem
Daniel leuchtete nur ein einziges strah
lenbes Licht —- Annie.
Eines Tages, als die »Pri5rilla«
abermals an ihrem Dock in New York
anlegte, sprang Evans ans Land, um
nicht zurückzukehren Planloc warr
derte er in den Straßen umher· Wo
hin wollte er? Was gedachte er zu
thun? Es war ihm selber nicht ilat.
So gelangte er in vie 6. Avenue, wo
Die riesigen Waarenhiiufer sind und
Vormittags und Nachmittags ein ver
wirrendes Gedränge von tauslustigen
. New Yorkerinnen herrscht. Einer von
j ihnen entriß er die Geldtafche, die sie
»in den Händen hielt, und als sie zu
» Tore erichroclen schrie, gab er ihr die
Geldtasche rasch zurück. Er wurde
orrhaftet und dem Richter vorgefiihrt.
Warum er die Geldtasche haben stehlen
zogen. und Panhattan’s SMALL
Lr
wollen? wollte der Richter Wissen. Um
Annie etwas zu tausen! erwiderte
Evans. Wer Annie wäret Keine Ant
wort. Wo er hertiime, wie sein Name
wäre? Keine Antwort. Er wurde zu
drei Monaten Gefängniß verurtheilt.
»Das Rauben und Stehlen steckt die
sen Rothbäuten im Blute!« meinte der
Richter-. Jm Gesänfniß sand ihn nach
einer Woche die gue Frau Converse,
die ihren rothhäutigen Schützing über
all gesucht und nicht gesunden hatte,
Endlich rvar sie dem Verschwundenen
aus die Spur getommen und hatte von
seinem trauriger-. Schicksal vernommen.
Aber als sie ihm gegenüberstand und
ihn sragte, wie das alles möglich ge
wesen sei, erhielt sie teine Antwort.
Er sah sie verständniszlos an und blickte
dann wieder vor sich hin. Sie wieder
holte ihre Frage-mit dem gleichen Er
gebniß. So wäre er immer, sagten
die Gesängniszbeamten aus Besragen.
Der guten Frau Converse wurde-ei
klar, daß der Verstand des Bedauerns
werthen durch die unglückselige Liebes
geschichte gelitten hatte· Sie sah, daß
er zu Unrecht im Gesängniß saß, daß
er vielmehr in ein Hast-ital gehörte,
und sie sorgte siir seine schleunige
Uebersiihrung in das Pellerine-Hofm
tal. Hier versiel er in Raserei. In
seinen Ansällen ries er unablässig nach
Llnnie. Die Dottoren erklärten der
guten Frau Converse, daß der Patient
mit raschen Schritten seiner Austösun
entgegengehe Da er immer noch na
Annie ries, so begab sich Frau Con
verse zu ihr und machte ihr dvn dem
Zustand des armen jungen Mannes
Mitiheilung. Zugleich sragie sie das
i
ui
iunae Märchen, ob sie nicht ein letztes-,
antes Werk siir ibn thun uno ihn be
suchen wolle. Annie war kieferschiit
tert und erklärte sich bereit, Evans
aufzusuchem Doch als Annie karn,
erkannte er die so sehnsüchtig herbei
aerufene Geliebte ebenfalls nicht mehr.
Wenige Taae fpiiter starb er in geisti
ger Umnachtung. Die Trauerceremo
nie am Sarae war einfach und wiiraig.
Nur zwei Leirttaqende waren zugegen:
die gutejsrau Converse und Annie.
Als Redner amtirte Aiaa Tahamont,
zu deutfch: die schwarze Wolke, Medi
zinmann und Häuptling vom Stamme
der Abenakig, einem Bruderstamm der
Pamuntys. Er rühmte die guten Ei
genschaften des Verstorbenen, beklagte
sein unglückliche-I Geschick und pries
ihn glücklich, vasz er nun in die guten
Jagdgriinda die ewig grünen, ein
ziehen werde, zu feinem großen Vor
fahren, dem weisen und tapferen MS
nig Pauhattan. Dann tgurde der
Sara geschlossen, um nach ern sonni
aen Virginia überführt zu werden.
Der Letzte der Panhaktans wird irn
Lande seiner Väter auben.
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Baldwin, der Führer der Ziealer’
schen Nordpolexpeoitionen, der sich ge
riihmt hatte, das amerikanische Ban
ner am Nordpol ausoflanzen zu wol
len und unverrichteter Sache ymtelp
ren mußte, hat eine Erklärung ab e
aeben, weshalb sein Vorhaben miß
aliicktr. Das arktifche Eis, saat er,
war daran schuld. Sehr richtiat Ja,
aber hat er denn eine bequeme Stra
ßenbahnverbindung nach dem Nord
pol erwartet?
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Merkwürdig, wie viele Cinbrecher
von Frauen, und wie wenige von
Männern gefangen werden. Jst das
starke Geschlecht fo fchwach und math
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