Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, September 19, 1902, Sonntags-Blatt, Image 11

Below is the OCR text representation for this newspapers page. It is also available as plain text as well as XML.

    Eine finge.
Rohrllette von Hans Leonardi.
I.
Er war Ver unangenehmste Mensch.
tder je an einem Kontortifch gesessen!
darin war das ganze Personal der
Firma Maybury Fc Son einig. Ab
gesehen davon, daß unter seinen Kol
legen das Gerücht zirkulirte, daß
Stephan Westcotte im Arbeitshauie
geboren und erzogen und seine Mutter
dort gestorben sei, war er von ausfal
lender Häßlichleit und ein düstern-,
schweigsamer Mensch. Die leichtlebi
gen jungen L :n behandelten ihn
daher sehr nichtachtend und machten
ihn mit Vorliebe zum Obiect ihrer
keineswegs zarten Spähe.
Und namentlich seit Frani La
mont im Kontor der Firma angestellt
war, hatten die Belastigungen über
· band genommen. Dieser, in jeder
Hinsicht das Gegentheil von West
cotte, war ein schöner, stattlicher jun
ger Mann mit lebhaften dunklen Au
en, stets sehr patent gekleidet und sehr
eigebig. Ueberdies besaß er ein hüb
sches lleines Saus in Tottingham und
eine noch hübschere tleine Frau.
Eines Tages war Westcotte mit ei
nem geschäftlichen Anftrage sorgesandt
worden. Ein am Fenster sitzender
Lehrling sah ihn zurücktomcnen.
»Da kommt das Arbeitshaus«, sagte
er. »Wie schiibig der Mensch aus
sieht!"
»Wollen wir wetten, daß er Montag
in einem anderen Anzug erscheint?«
rief Lamont. ,,Sagen Sie mir nur,
wenn er zur Thiir hinein lomn:t,
Tom.«
»Jetzt kommt er.«
Blitzschnell emporspringend, nahm
Lamont ein großes bis zum Rande ge
stilltes Tintensaß, össnete die Thiin
etwa zollbreit und balancirte das Ge
fäß nachliissig aus der Fingerspitze.
Die Thiir ging auf und im selben
Moment ergoß sich das schwarze Naß
iiber den Eintretenden.
« «
Yclclllllllll Ilmglc ZU Illusclh WIUI
West-muss Blick war mörderisch.
Einen Augenblick stand er wie ver
fieiniert im nächsten hatte er das Tin- I
tensasz ergriffen und es Lamont an
den Kopf geschleudert. Dann ent
spaan sich ein wildes Handgemenge.
Das Alles war so schnell vor sich
gegangen, daß niemand Zeit gesun-(
den zu intervenireo, als plöglich eine
Seitenthiire ausging und Mr May
burg aus der Schwelle erschien »
»So also bringen Sie die Zeit hin ’
die ich Ihnen bezahle, meine Herren?«
sagte der Chef rr ersigem Tone. !
»Ich bedaure sehr, Sir,« sagte La
mont.
»So! Bedauern Sie wirtlich2«
unterbrach ihn Mayburn. »Ich meine,
Sie müßten sich in tiefster Seele
schlimm Reichen Sie einander die
Hand zur Versöhnung und lassen
Sie dies das letzte Mal sein, daß Sie
sich derart binreißen lassen.«
»Ich will Sie gerne um Verzeihung
bitten, Sir,« entgegnete Lamont mit
Unheirnlich slackernden Augen, »aber
Sie werden -nir hoffentlich nicht zu
muthen, einen Sträfling die Hand zu
reichen.«
»Sie hören, Westcotte?« wandte
Mr. Maybury sich an den Gewinn
ten.
»Er will damit sagen, dasz ich für
einen Diebstahl, an dem ich unschul
dig war, sechs Monate im Gefängniß
zugebracht habe«, versetzte Stephan.
»und, das rennt man; unschuldig
find sie alle,« höhnte Lamont.
»Genti·a, sagte der Ches. »Unter die
sen Umständen erlasse ich Ihnen die
Entschuldigung Lamont.«
Als Mr. Maybury das Zimmer ver
lassen, trat Mestcotte aus Lamont zu.
Alle Wirth hatte ihn verlassen; er war
seht kalt wie Stein·
»Feialing,« sagte er in leisem, vibri
renbem Ton, »gemeiner, erbärmlicher
Feiglingt Diese Schandthat soll
Ihnen vergolten werden, und sollte ich
swanzig Jahre daraus warten.«
Nach Den Vorgängen dieses Tages
glaubte Niemand, Westeotte wieder im
Comptoir zu sehen; doch als der Mon
tag tam, saß er wie gewöhnlich aus
seinem Plahr.
2.
Stephan Westcotte besand sich al
lein im Comptoir. Da Lamont seit
zwei Tag-In auf-geblieben war. war ihm
eine doppelte Arbeitslast anheimgesal
len, so baß er noch nach Schluß der
Comptoirstunden beschäftigt war. So
eben lm Begriff, sich zu erheben, ver
nahm er ein Klopfen.
Jus sein »Derein« trat die zarte
Genuss einer jungen blonden Frau,
nzit einem Kinde im Arm über die
Schwelle
Stein-an hatte sie schon sriihet ein
mal gesslicn Es war LamonW Frau.
Si: war tobtenblasz, ihre schönen Au
gen waren von Thränen geröthet.
Das schiasende Kind erwachte und
ta-; Et. plan mit den großen blauen
Aus en verwundert an
»O, son häßlicher Mann, Mutti!«
lispelte esktnit seinem zarten Stimm
chSlephan schoß has Blut ins Ge
Jst Mk. Mahburh hieri« fragte
Mr- Lamont während sie das Kind,
I um es zum Schweigen zu bringen, an
ihre Brust driicktr.
»Nein. Er speist seht wahrschein
lich zu Mittag.«
Die junge Frau brach in Thräneni
aus« »Was fange ich an?« schluchzte
ste.
»Morgen friih um zehn finden Sie
ihn hier,« sagte Stephan kurz.
»Ich kann nicht wiederkommen.
heute hat der Doktor mir angeboten,
während meiner Abwesenheit bei
Frani zu bleiben. doch morgen werde
ich ihn nicht so lange verlassen tön
nen.«
»Der Doktor? Jst Lamont trauli«
»Ja. Montag Abend ist ihm tin
schwerer Unfall zugestoßen. Er stürzte
mit seinem Rad und wurde dabei von
einem Wagen überfahreit.«
»Das ist schlimm," entgegnete Ste
phan lalt. »Wenn Sie nicht wieder
kommen lönnen, sollten Sie an Mr.
Mayburn schreiben.«
»Was ich ihm zu sagen habe, ver
möchte ich ihm nicht zu schreiben,«
sbebte es von den Lippen der blassen
» Frau.
Die Kleine, deren große Augen bis
her unverwandt an Stephans Gesicht
gehangen hatten, streckte ihm plötzlich
die Aermchen entgegen.
»Maisie will zu häßlichem Mann, «
bat sie.
Abermals flog heißes Noth über
Stephans Züge. Er nahm das Kind
aus den Arm, und dieses schmiegte sich
an seine Brust.
»Maiste ha viß lieb, duter, häßlicher
Mann. Willst einen Tuß haben?«
»Mo"chten Sie mir nicht helfen?«
schluchzte die behende Frau. »Ich
glaube, Sie müssen ein guter Mensch
sein, weil die Kleine sich so zu Ihnen :
hingethgeuiihii. MöchtenSie fiir mich s
lllll Ucc- LUCUIJUUIIJ lcUcIlY
»Wenn Sie es wiinschers will ich
ihm Jhre Botschaft übermitteln. Was
soll ich ihm sagen?«
,,Sagen Sie ihm, wie traurig es
Frant erganaen ist, und bitten Sie
ihn, ihm sein Gehalt nicht zu ent
ziehen; denn wir haben nichts erspart,
im Gegentheil, wir haben Schulden,
und falls Mr. Mahburh sich unerbitt
lich zeigen sollte, sind wir dem Verder
ben vreisgegeben.«
Die kleine Maisie trennte sich nur
widerstrebend von ihrem neuen
Freunde.
»Aoe, liebe, dute Onkel! Maisie
wird bald wiederkommen.«
s.
Am nächstenMotaen begab Stevhan
Westrotte sich, zwecks Erlediaung sei
nes Auftrages-, in Mr. Mahbury's
Privatzimmer.
»Das ist ja höchst satal,« sagte dieser
verstimmt. »Gerade jetztszu Beginn
der Geschäftssaison!«
»Mrs. Lamont läßt Sie dringend
bitten, Sir, ihres Mannes Gehalt nicht
zu sistiren, da ihre ganze Existenz da
raus beruht.« .
,,Wie?« rief der Chef. »Ist die Frau
toll? Soll ich etwa einen Stellvertreter
und ihn zugleich bezahlen? Bis zuEnde
dieses Monats soll er sein Salair er
halten, doch keinen Pfennig mehr.«
Stevhan verneigte sich, nahm das
Geld, das Mr. Mahbueh ihm eint-än
digte, und kehrte zu seiner Arbeit
zurück.
4.
Vier Monate nach Frant Lamvnts
Unsall hielt eines Tages ein Wagen
vor der Tbür von Mahbury Fc Son.
Auf zwei Stöcke gestützt, entftiea dem
selben eine elende, gebrcchrne Gestalt
und schwankte langsam oie Stufen em
por.
Es war Frank Lamont.
»Ah, Lamont!« rief der Chef, »es
freut mich, daß Sie wieder auf Tecl
sind. Hoffentlich können Sie Jhre
Arbeit jetzt wieder aufnehmen«
,,Leider hin ich dazu noch nicht im
Stande, Sir. Jch kam heute nur« um
iiber eine unangenehme Sache mit Ih
nen zu reden und Ihnen zugleich fiir
Jhre große Güte zu danten.«
Mr. Mavburh konnte sich ieiner be
sonderen Güte seinerseits entsinnen·
»Es ist, wie gesagt, eine sehr unan
genehme Sache,« fuhr Lamont fort.
»Ich fürchte nämlich, Weftcotte hat
mich bestohlen.«
»Wie zum Kuckuck könnte Westcotte
Sie bestehleni«
»Er hat im letzten Monat einen
Theil meines Salakrs unterfchlaaen;
zwar nur ein paar Schillnge, die für
mich jedoch sehr in Betracht lommen,
da Arzt- und Avotheierrechnungen etc.
bezahlt fein wollen«
»Im letzten Monat, sagen Sie.
Haben Sie denn bis dahin Jhr Gehalt
regelmäßig erhalten?«
»Ja-wohl, Sir, und ich bin Ihnen
unendlich dankbar dafür. Jch weist
nicht, was sonst aus uns geworden
wäre. Wir hätten unbedingt verhun
gern müssen.«
Mr. Mahburn antwortete nicht, son
dern zog die Glocke und befahl, West
cotte herzufenden
Dieser erschien gleich darauf.
»Als Sie mir von Lamont’s Unfall
Mittheiluna machten, hetraute ich Sie
mit einer Botschaft für ihn. Welche
Nachricht hat er Jhneu gebracht, La
mont?«
»Er sagte, es sei zwar gegen Jhre
Prinzipien, Jhren Angestellten in der
artigen Fällen ihr Gehalt zu belassen,
doch wollten Sie zu meinen Gunsten
eine Ausnahme machen, und zwar un
ter der Bedingung, daß ich der Sache
weder Ihnen noch einem Anderen ge
genüber jemals Erwähnung thiite.«
»Dann hat er Jhnen eine verdammte
Lüge aufgetischt,« rief Mr. Mahburn
emporspringend. ».i)ören Sie mich an,
Lamont,« fuhr er. die Hand aus West
coiie’s Schulter legend, fort: fwSie
haben seit Oktober keinen Pfennig von
mir erhalten, und wenn sie dem hun
gertode entgangen sind, so verdanken
Sie es nicht mir, sondern Westcotte’s
s Hochherzigkeit."
; Wie unter der Wucht eines jähen
: Schlag-es brach Lamont in seinem
« Stuhl zusammen
,,Das habe ich nicht um Sie ver
dient, Westcotie,« kam es dann ächzend
über seine Lippen.
! »Das weiß ich," entgegnete Stephan
irauh. »Aber ich habe es nicht für Sie
Jgethanz mithin ist nichts mehr darüber
Izu reden·«
i »Aber Sie wissen nicht Alles," stam
melte Lamont mühsam
»O doch. Schweigen Sie lieber."
»Ich meine das Geld... als wir
zusammen bei Granling waren . . . Jch
———ich war es, der es genommen hat·"
,,Schweigen Sie, Mann, um Jhres
Kindes willen. Jch weiß das alles,
habe es immer gewußt, wenngleich ich
es nicht beweisen konnte.«
se se e
Frani Lamont kehrte nicht mehr ins
Comptoir von ManburycicSon zurück
denn einen Monat nach seinem Besuche
daselbst war er nicht mehr unter den
Lebenden.
Jahre sind seither vergangen. Ste
phan Wesicotte ist nunmehr kein ein
samer, gemiedener Mann. Er erfreut
sich der Achiuna und des Vertrauens
feiner Chefs, und sein liebes, blondes
Weib hat an seinem treuen Herzen eine
Zuflucht vor den Sorgen des Lebens
qefunden. Welche Kinderarme strecken
sich ihm entgegen und strahlende Au
gen grüßen ihn bei seiner Heimlehn
Doch Maisie scheint ihm am meisten
ans- Herz gewachsen.
-
Ein geriebener Klient.
Humoreöle von Fr· M.
Advolaten galten schon von jeher
als scharfsinnige und spitzpfindigeLeuth
aber Dr. Hanal, der in C. feine Pra
xis als Nechtsanwalt ausübte machte
diesem Rufe ganz besondere Ehre.
Denn er wu ,te nicht nur durch aller
hand raffinirte Kniffe lritische Pro
zesse in der Regel zu seinen Gunsten zu
wenden, sondern war auch seiner
fchlagfertigen Ueberlegenheit und Si
tuationsgewandtheit wegen von der
Gegenpartei beständig gefürchtet.
Indessen, einmal sollte es auch die
sem Manne blühen, von einein sogar
minder begabten Geisteslinde schmäh
lich überlistet und zum großen Gau
dium feiner Gegner regelrecht »hinein
gelegt« zu werden. Und das ging so
zu.
Etwa eine halbe Stunde von C.
wohnte ein Mühlenbesitzer, Namens
Schmidt, der nebenher auch eine lleine
Oelonomie betrieb. Er galt als ein
S intisierer, der von der fixen Jdee
besessen war, fortwährend allerhand
praktische Neuerungen zu erfinden und
sie in seinem Wirthschaftgbctriebe ein
zuführen. Daß er aber fast immer
schlecht dabei wegkam, weil fich seine
Erfindungen nicht bewährten und er
allgemach zum Gefpött der Leute wur
de, irritirte ihn nicht weiter. Wo im
mer etwas Neues auftauchte, war er
sicher dafür zu haben.
So war er eines Tages auch unter
Denieniacn welche auf ein verlockendes
Angebot eines Getreidehiindlerg hin
eine neue Art von Sommerriihsen be
zogen hatten» der aanz unglaublich-:
Ertriiae liefern sollte.
Die Eigenschaften des Niibsens is
schräntten sich indessen daraus, dass, er,
obwohl regelrech: gesät, überhaupt
nicht ansaina, da der Samen noch aar
nicht leinisiihi,1 akzvcsen war. Wahl
stellten die Geschädigtcn den Getrei:e
händler zur Rede, aber der erklärte
achselzuclend, das; er den Rübsen nicht
gemacht habe, und ihn die Sache daher
auch weiter nichts anaehe. Die Meisten
aaben sich mit diesem Bescheide zufrie
den uno bestellten ihre Aecten da eg
noch Zeit war, mit einer anderen
Frucht.
Nur der Müller spielte sich aus den
Siebengescheiten hinaus, ging zu sei
nem Advotaten und trua ihm den Fall
vor. Nachdem Dr. Hanat seinen Klim
ten ruhig angehört hatte, sagte er zu»
ihm: »Das ist recht von Jhnen, Herr z
Schmidt, daß Sie zu mir gekommen;
sind. Lassen Sie nur den Acker ruhig ’
brach liegen und berechnen Sie nach ;
der Ernte, wieviel pro Morgen Siei
hätten erzielen können. Dann stelleni
Sie nach dem derzeitigen Preise des !
Rübsens Jhren Verlust sest und sor
dern von dem Lieferanten Schadener
saß. Weigert er sich zu zahlen, so mol
len wir ihn schon sassen.«
Der Müller schmunrelie und that,
wie ihm der Anwalt gerathen hatte.
Als die Zeit der sittiven Ernte heran
lam, stellte er den ihm erwachsenen
Schaden sest und ließ den Getrenn
händler durch Dr. Hanat aussvrdern,
Ersatz zu leisten. Dieser verhielt sich,
wie zu erwarten, ablehnend, und nun
unterzeichnete der Müller das Mandat
und Dr. Hanat klagte los
Als Anwalt, der in allen Sätteln
gerecht ist, verlangte er von seinem
Mandanten den iiblichen Vorschuß;
als es sich aber herausstellte, daß der
Müller nicht genügend Geld bei sich
hatte, sagte Dr. Hanat als alter Be
kannten »Na, so lassen Sie es bis zum
Schluß. Sie sind mir sicher und ich
kann die Auslaan einstwet en über
nehmen.« Mit der Versicheruan das
der Prozeß unverlierbar sei, trennten
sich Anwalt und Klient.
Um ein wenig zu plaudern und sich
gleichzeitig von dem Stande des Pro
zesses zu unterrichten, ging jetzt
Schmidt des Oesteren Sonntags nach
der Kanzlei des Anwialts. Bei einer
dieser Gelegenheiten sah er einmal, wie
sich aus dem Hofe Dr. Hanats ein
Paar muntere Ziegenböcke tummelten,
und als Fachmann in solchen Dingen
brachte er das Gespräch sofort aus
diese beiden ausgelassenen Viersiißler.
»Alle Wetter, Herr Dottor,« sagte
er, »Sie haben ja da ein Paar Pracht
böcke!«
,,Leider,«« erwiderte dieser, ,,habe ich
mich verleiten lassen, meinen Jungen
den Willen zu thun und ihnen das Zie
gcngespann zu laufen. Aber auch sonst
habe ich mit diesen Thieren Aerger
über Angel-. Es vergeht fast kein Tag,
ohne daß mir Beschwerden zukommen,
wenn die Jungens sich mit ihnen auf
der Straße tummeln. Und im Hause
selbst lann man sich ihrer kaum erweh
ren. Was sie mir allein schon in der
Riiche für Schaden angerichtet haben!
Außerdem zerlnabbern sie mit beson
derer Vorliebe das Kutschgeschirr und
Riemenzeug der Pferde, so daß der
Kutscher vom Sattler gar nicht mehr
«vegtommt.«
»Flegelzeit!« gab der Müller zurück.
»Wenn sie erst einmal älter geworden
sind, gibt sich das Von sel«ber.«
Während sie noch so sprachen, ließ
sich von der Treppe her ein heftiges
Getrappel hören.
»Sehen Sie,« sagte der Anwalt, ,,da
hat wieder einmal Jemand die Haus
thür offen gelassen und nun tollen sie
im Hause herum wie die wilde-Jagd
und tin-o nicht mehr hinauszubringen
Wissen Sie was, mein lieber Herr
Schmidt: Sie haben einen großen Hof,
da iiinnen sich die Beester austoben.«
»Das ist wohl wahr,« erwiderte die
ser, sie können auch bei mir weiter kei
nen Schaden anrichten.«
»Dann soll Ihnen der Kutscher die
Unglücksthiere heute noch hinausbrin
gen.«
Und so geschah es auch, und die bei
den Buben des Müllers hatten ihre
helle Freude an dem unerwarteten Zu
wachs des Biehhoses. Die Vöcke wur
oen vor einen Handwagen gespannt
und damit Alles nach der Mühle hi
naus und herein qesahren.
Unterdessen nahm der Prozeß seinen
Fortgang und an dem Tage, wo nach
mehreren Terminen das Erkenntnis-,
urtheil gefällt werden sollte, eilte der
Müller voll freudig-er Hoffnung zu sei
nem Anwalt, um zu hören, wie die
Sache stünde.
Doch Dr. Hanak trat ihm schon an
der Thür entgegen. ,,Schmidt,« sagte
er, »wir haben verloren! Man hat die
se und jene Einwände gemacht. Aber
das thut nichts, wir klagen weiter, ge
winnen müssen wirt«
Der Müller war etwas nachdenklich
geworden, doch Dr. Hanai verstand es,
alle seine Bedenken zu zerstreuen, in
dem er ihm die bestimmte Versiche
rung gab, der Prozeß sei vor anderen
Richtern nicht zu verlieren.
»Nun, wenn Sie meinen, daß wir
Recht kriegen, Herr Doktor, dann bin
ich natürlich einverstanden,« erklärte
SchmidL
Die Klage ging darauf durch alle
Instanzen; es dauerte ein Langes und
» Breites, und endlich kam der Bescheid:
I die Klage sei abgewiesen mit der Be
gründung, daß bei einem erst künftig
zu eryomnoen Gewinn, oer Posmo
nicht festzustellen sei, die Richter nicht
in der Lage sein, dem Filäger ein
Recht auf Schadenersatz znzuertennen
Als der Müller schon bald nicht
mehr an die ganze Sache dachte, bekam
er eines Tages dieses Ertenniniß nebst
einerKostenrechnung iiber dreihundert
achtunddreiszig Mark von Dr. Hanal
zugeschicti.
Der ohnehin nicht in glänzenden
Verhältnissen lebende Müller war wie
vom Donner gerührt, als er diese«
Hiobspost zu Gesicht bekam, dann aber
packte ihn der Zorn. Er sagte sich, der
Anwalt habe ihn mit dem festen Ver
sprechen, den Prozeß zu gewinnen, aus T
den Leim gelockt, um ibn dann in aller
Gemütbsruhe zu rubfen. Und jetzt
sollte er zu dem Verdruß und der Bla
mage auch noch den Schaden haben?
Wo sollte er denn überhaupt eine solche
Summe hernehmen? So dick tain’ s bei
ihm nicht ein!
Wie er so über diesen fatalen Ge
genstand nachsiinulirte, kam ihm plötz
lich ein rettender Gedanke. Die beiden
Ziegenböcle waren ihm zwar geschenkt
worden, aber er hatte sie s: iner Kinder
wegen noch nicht schlachten lassen, sie
waren noch da.
Wie wäre es, dachte er, wenn du be
haupten würdest, die Bücte seien dir
einstweilen nur in Pflege gegeben? Die
Worte, mit denen sie mir übergeben
worden, lassen sich recht gut so deuten.
Gedacht, gethan! DenTag derUeber
nahme wußte er noch ganz genau,
wenn er die Futtertosten siir die beiden
Böcke nur mit fünfzig Pfennig pro
Tag berechnete, so gab das eine
Summe von dreihundertneunundsech
zig Mart.
Der Miller hatte jetzt nichts Eilige1
res zu thun, als nächsten Sonntag niit
den beiden Rechnungen in der Tasche
zu dem Anwalt zu gehen. Dieser em
pfing ihn mit einer langen Auseinaw
dersetzung und beklagte sich bitter und
in den schärfsten Ausdrücken über die
Richter und ihr einfäitlges Urtheil.
»Doch es läßt sich da weiter nichts
machens setzte er hinzu. »Wir haben
zwei gleichlautende Erkenntnisse und
müssen uns sit-ein«
www thxss NO
Dame aus der Stadt: »Der Aufeni halt bei Jhnen bekommt mir wirklich
vortrefflich.«
Der Bauer: »Nicht wahr, gnä'Ftäulein, hier bei uns vergehn Einem
die Nerven bald. Mein Schweinderlund ich haben auch keine.«
»Sie haben Jhr Mäglichstes gethan,
Herr Doktor und läßt sich an der
Sache nichts mehr ändern,« sagte der
Müller.
»So wollen wir denn unsere Sachen
in’s Reine bringen. Ihre Rechnung
Beträgt dreihundertachtunddreißig
arl.«
»Jawohl,« erwiderte Dr. Hanak.
»Dann können wir wohl auch gleich
die Angelegenheit mit den Böcken erle
digen. Jhr Ungestüm hat sich jetzt
völlig gelegt, sie sind ganz zahm ge
worden und werden keinen Schaden
mehr anrichten.«
»Die Bäcke?« fuhr der Anwalt auf
Die sind Jhnen doch geschenkt. Haben
Sie die kenn noch? Ich dachte, Sie
hätten sie längst schlachten lassen. Nun,
wenn Sie die Thiere nicht«-haben mö
gen, so schielen Sie sie mir tot-den«
»Wir essen tein Bockfleisch,« sagte
Schmidt. »Kann auch sonst keine Böcke
gebrauchen. Als geschenkt würde ich sie
nicht genommen haben. Bloß um Ih
nen gefällig zu sein und Sie vor wei
terem Schaden zu bewahren, habe ich
die Bärte zu mir genommen, in der
Meinung, daß Sie diese später wieder
abholen lassen würden. Jch werde sie
Jhnen heute noch hereinschiclen.«
»Gut, thun Sie dast« sagte der
Doktor unwirsch.
»Jhre Kostenrechnung beträgt drei
hundertachtunddreißg Mark, nicht
wahr? Nun, ich habe da auch eine Ge
genrechnung.«
,,Wofür denn?« brauste Dr. Hanal
auf.
»Die Bärte haben doch gefressen und
sind gut abgemattet worden,« gab der
Müller Phleamatisch zurück. »Ich habe
snicht unverschämt gerechnet.«
»Was können denn die Viecher ge
fressen haben?« polterte Dr. Hanak
»Geben Sie her!«
Als er fab. dafi die Rechnuna des
Müllers noch höher war, als die sei
nige, gerieth er in Wuth Unter Flu
chen imo Schimpf en zerknitterte und
zerriß er die beiden Rechnungen und
warf dein Müller die Fetzen oor die
Füße. Dieser machte sich schleunigst
aus dem Staube, und damit war die
Sache erledigt, keiner hat mehr von
dem andern Zahlung verlangt.
«——--k.«.--—
Soldateuhumon
Merkwürdigerweise sind vom »alien
Wrangel« mehr »bürgerliche« Anekdo
ten bekannt aus seiner a. D.- -Zeil als
solche aus seiner Soldatenzeit Es!
seien daher hier einige Scherze vom
Feldmarschall Wrangel aus seinen mi
litiirischen Dienstjahren erzählt, die
gut beglaubigt sind: Wrangel inspH
zirte Trupepn in Ruppin, und die
Ruppiner hatten ihre weißgekleideten
Ehrenjungsrauen in drei Gliedern
aufgestellt, die hübschesten natürlich in
der Front. Wrangel küßte die ganze
Frontreihe durch und sagte dann, auf
den Rest deutend, zu seinem Aojutan
ten, dem Grasen Philipp zu Eulen
burg: »Eule, küß weiter.« Jn der Re
gel indeß war der Adjuiant nur Au
gen- und Ohrenzeuge dessen, was vor
siel. So bei folgender Gelegenheit aus
einer Jnspektiom Ein Bataillon ge
nügte nicht, Und Wrangel bemerkte
dem Major, der es oorsiihrte, spöttisch
ingrimmig: »Das nächste Jahr, Herr
Major, werd’ ich Jhnen woll nich wie
dersehn«'. »Aber Excellenz sind ja
noch so rüstig,« antwortete dieser. Und
Wrangel, der Geistesgegenloart liebte,
drohte nur lächelnd mit dem Finger.
Aus derselben Jnspeltionsreise sah der
Alte, das-; ein junger Ofsizier unvor
schristsmäßige Sporen trug, und gab
ihm ohne weiteres 24 Stunden Arrest
»Aber Excellenz tragen ja eben solche.«
»Jut, mein Sohn, da kannst Du gleich
noch 24 Stunden vor mir mit absitzen.«
Jm Jahre 1864 bei Beginn des Krie
ges berief Wrangel seinen Adjntantrn
in’.-3 Hauptguartier und unternahm
später in seiner Begleitung eine Reise
nach Schweden, um die dortige Vetter
schast zu begrüßen und den großen
Erinnerungen aus der Zeit des schwe
dischen Feldmarschalls nachzugehen.
Einer seiner ersten Besuche galt dem
s ehemaligen Wrangel-Schlosse Skotlos
i ster am Mölarsee. Die derzeitige Be
sitzerin, eine Gräsin Brahe, übernahm
selbst die Führung ihres berühmten
’ Gasteö. Jn allen Bilder- und Waf
? senkammern waren die Schätze gesam
; melt und ausgethürmt, die der Wrans
» gel vom »BlauenRegiment Södermani
s land« seinerzeit in Deutschland hatte
I mitgeben heißen, und immer-, wenn die
Gräsin Brahe sagte: »Sehen Herr
Graf, ein wie schönes Tableau!«
knurrte der Feldmartchall: »Wissen,
Frau Gräsin, alles gestohlen.« Aber
die Gräsin als Dame von Welt lächelte
nur, und man trennte sich in aller
Freundschaft, wobei seitens Wrangelz
aus eine Bitte der Gräsin die Zusaae
erfolgte, daß er seinen Küraß ihr sitt
die Rüstkammer schicken werde. Als
der Feldmarschall wieder in seinem
Hatel war, wandte er sich an Eulen
burg und sagte: »Schick ihr meinen
Kürasz.« ,,Excellenz, Jhren Kürasi
haben wir gar nicht mitgenommen.«
»Dann schick ihr Deinen.« Und so
tam der Eulenburg-Kiiraß als Wrans
aeliKiirasz in’«g alte Wtungel-Schloß.
Denn Graf Eulenburg gehörte seit
" 1 38 dem .'-3. (Ostpreußischen) Küns
’ sir-Reaiment an, den späteren Wun
gel-Kiirassiren.
s ——-——.-—--———
Wie Billet Grat- Schuhe putzte.
William Grah, der einer der ersten
Söhne der nordameritanischen Redu
blik war, die es zum Millionär brach
ten, hinterließ eine Sammlung von
Auszeichnungen, die nach seinem Tode
unter dem Titel ,,Sayinas and doings
of William Gran« veröffentlicht wur
den. Jn dieser Sammlung wird auch
von einem Handwerker erzählt, mit
dem Billh Gray eines Tages sehr grob«
wurde, weiter eine Arbeit schlecht ge
macht hatte. Endlich wurden dem
Mann der groben Worte doch zu viel
und er brauste auch auf. »,,»Von Ih
nen, Herr wra1), lag rcq mir oas nich
gesallen,« sagte er. »Ich weiß recht
aut, daß Sie noch weniger waren al
ich. Was sind Sie denn gewesens
Schuhputzer sind Sie gewesen!« Bei
diesen Worten gewann Gray seine
Ruhe wieder und zustimmend llopfte
er dem Mann auf die Schulter. »Ganz«
r«ichtia,«« erwiderte er. »Schuhpuher
bin ich gewesen. Aber fragen Sie mal
die Leute, die sich an die Zeiten erin
nern, wie ich die Schuhe geputzt habe!
Da steckte der ganze Kerl drin! Jn
Jhrer Arbeit steckt kein Kerl! Sie wer
den nie Millioan werden, mein Lie
ber, und wenn Sie eine Million im
Spiel gewinnen, werden Sie sie wieder
verlieren!« WH»
-s——--·..——
Hereingefallem
Berliner (im Gebirge, schreibend):
,,Niebenstehenden Berg habe ich mit den
Er ist 5000 Fuß hoch. Wenigen nur
ist dieses Wagstücl aealiickt.« Mach
dem er die Karte abaeschickt): »Geben
Sie mal’ noch eine Karte her, Herr
Wirth. Was stellen die eigentlich
dar?«
Wirth: ,,Des wiß’ ma halt selber
nit. Mir habe hier gar kei eiaene
Karte, mir lasse se uns alle aus Ber
lins schicke. Steht’s nit dadrauf, was
is «
Berliner: -»Himmel, das ist ja der
Berliner Kreuzberg!«
Ahnung.
Tochter: »Weißt Du, Mama, ich
glaube, Georg wird sich bald erklä
ren.«
Mama: »Und woran ariindet sich
Dein-e Hossnuna, Mateljc«
Tochter: ,,Ges7exn waren wir in
einer Bicycle Niederlage, nnd da schien
er sich nur siir Tau-sama zu interes
siren.«
Tic irline siindliriL
Die Bonne (welcl;e ca» Uns wegen
unlcidlicher Grobheit ocrlassen Inus;,
beim Fortgehcn): »Mir ;:--.1rt’, Du
nnartigeri Rind, ixti weite e-; allen
Bannen sagen, daß Du so nnaztig bist,
damit keine wieder zu Dir tonnnt.«
Die siebenjiihria-: III-allh: »Ach!
Thun Sie es doch ja, Fräuleinl Jch
mochte mich auch ’mal etwas etholen.«