; , l i Jrn Schnellzuge. Erzählung von h. A n de r i. Un einem Tische des Speisen-agent im Schnellznge zwischen Hamburg und Berlin hatte· sich eine tleine Gesellschaft von drei herren zusammengefundem deren Bekanntschaft lediglich der Zu fall der gemeinsamen Reise vermittelt hatte. Keiner wußte den Namen des andern und nur der kleine dicke Mann, der sich’s bei einer Flasche Rothwein gut sein lief-, hatte in echt berlinerischer Redseligieit seinen Reisegefährten of fenbart, daß er seines Zeichens Ren tier sei und einzig zu seinem Vergnü gen die Sehenswiirdigleiten der alten Oanseftadt in Augenschein genommen» habe. Von den beiden anderen Tisch genossen war der eine ein älterer Herr von dem Aussehen eines Beamten oder Militörs, während sein Gegenüber tro seiner guten deutschen Aussprache tva r cheinlich infolge seiner Kleidung und einer Barttracht, ganz den Ein druck eines Ameritaners machte. Man hatte von allerlei gleichgülti gen Dingen gesprochen, und es war haupisiichlich der Berliner Rentier ge wesen, der bisher die Kosten der Unter ,baltung bestritten hatte. Da ertönte plötzlich ein fchriller Pfiff, man fühlte, daß der Zug scharf gebremsi wurde, und wenige Selunden später, nach Empfang einiger küchtiger Stöße, hielt »man auf freiem Felde an. Die Rei fenden, die natürlich sofort die Köpfe zu den Fenstern hinausstreckien, sahen, dasz das Zug-Personal absprang und eilig nach vorn lief, offenbar um sich nach der Ursache der Fahrtunterbre chaan zu erlundigen. « s wird doch hoffentlich iein Un liick geschehen sein,·· meinte der Ber iner ängstlich. »So ’n Anhalten mit ten auf der ·S:reele hat gewöhnlich nichts Gutes- zu«bedseuten.« , Der Herr mit dem mitnarucqen Aeuszern, der unterdessen durch das Fenster einige Worte mit dem Zunsiihi gewechselt hatt-, konnte jedoch s nell seine Besorgnisse zerstreuen. »Es handelt sich nur um einen leich ten Schienenbruch. Der Streckenwäp ter hat ihn entdeckt, und seiner Jn steuttion gemäß den Zug durch ein WarnungsiSignal angehalten. Die Fahrt wird sogleich sortgesetzt wer den-" Diese Voraus-sage erfüllte sich in der That. Die übertingstlichen Passagiere, die ihre Abtheile verlassen hatten, wur den ausgesordert, wieder einrusteiqem und im langsamsten Tempo suhr der Zug über die gefährliche Stelle hin we , die ihm bei voller Fahrqeschwim dig it allerdings leicht hätte verhäng niszvoll werden tönnen. »Es ist doch was Großartiges um die Sicherheits - Vorkehrungen aus unseren Eisenbahnen,« meinte der klei ne Rentnter. »Das sunttionirt alles wie am Schnürchen« - »Solanae jeder Beamte im vollsten Umsanae seine Schuldigteit thut und mit Anspannung aller Sinne auf dem Posten is ergänzte der Herr, der vor hin mit dem Zugsuhrer gesprochen bat te. «Schlieszlich ist trotz der Vorzüg iichkeit der Einrichtungen doch in erster Linie alles aus die Pflichttreue, Wach samteit undGeistesgegenwart des Per sonals gestellt.« Der Ameritaner nickte zustimmend Der Berliner aber hatte doch noch eine zweiselnde Bemerkung zu Gunsten der dorgeschrxttenen Eisenbahn-Technik Da sagte der alte Herr: »Nun, mein Verehrter, ich spreche da aus ei ener Erfahrung, denn ich selbst habe ange genug im Eisenbahndienst ge standen, um mir ein Urtheil erlauben zu»tönnen.· llnndk ich könnte Jhnen lllcyl utv All-c Uptsuvs (e·1uquu, Un siir die Richtigkeit meiner Behauptung spricht.« Der dicke Rentier zeigte sich sosort überaus iviszbegierig uno erklärte, von jeher eine besondere Schwäche iiir selbsterlebte Geschich:en zu haben. Aber erst nach längerem Bitten verstand sich der alte Herr dazu, einen Fall aus dem reichen Schatz-e seiner Erfahrun gen zu erzählen, wobei er geflissentlich eine Darstellungssorm wählte, die sei ne eigene Person ganz in den Hinter grund treten ließ. »Es war wenige Tage vor Weih nachten. Schon seit dem frühesten Morgen zeigte der große Babnhos von W. das wechseloolle Bild einer moder nen Bijllerwanderung Es war wie der einer jener drei großemMartertage filr die Eisenbahnbeamten, wo jeder einzelne sein Kreuz mit Würde traut. Die umsichtige Behörde hatte alle nö thigen Vortehrungen getrosses um den gesteigerten Verkehr zu bewältigen. Jn dem dichten Menschengedriinge sah man fast nur frohe Gesichter, als hät ten alle schon von der Freude geniovt, welche der heilige Abend um sich zu verbreiten pflegt. Lachend und schma tzend stürmte die Menge förmlich die absahrenden Züge. - Auch unter den»dienstbabenden Ci senbahnbeamten gab ei nur heitere Mienen, denn jetzt nabte ja die sehn siichtig erwartete Ablösung, und die Blicke suchten mehr als sonst das Zis « ferblatt der großen Baljtthofsuhn Es war aber auch jeder stramm aus sei nem Posten gewesen, denn der Para qravb des Sirasgesetzbuches, der von der Gefährdung eines Gisenbabm — transports handelt, läßt wahrlich nth mit sich spaßen. Nun bereitete sich i - der auf die Uebergabe vor, um seinem Dienstnachsolger auch einen genauen Ueberblick der verwirrten Situation zu hinterlassen, und so der. tuckischen Uegrekpilicht zu entgehen. » Der Stationsvorstehen ein alter Iovraler herr, saß in feinem Bureau. äu feinem Kopfe schwirrte es von ignalen, Vertehrsftatistitem Zug treuzungen, Beschwerden u. s. w. ·Wenn nur erst der gesürchtete letzte EI·Iz·ug vom Rhein eingelaufen wäret Dieses Schmerzenskind hatte sich mit einer Stunde Verspätung angemeldet. Jn dem benachbarten Betriebis reau lösten sich gerade die bven dienstbabenden Afsistenien ab. »Nun,,lieber Kollege, war wohl wie derfbeute ein heißer Tagi« fragte dzr ablösende Asfrsient Schulz feinen Kollegen Schwarze, inoem er sich die rotbe Mütze aufsetzte »Ja, ja, lieber Schulz! Für Sie habe ich auch noch ein kleiner- Degsert oavon aufgehoben. nämlich Schrie zug 1 ist noch nicht hier und kommt eine Stunde später,« sagte Schwarze, wäh rend er seine weißen Handschuhe an zog. »Danie verbindlichsi für Ihre Auf nrerlsamleit. Dieser Zug 1 ist ja nun einmal unser Schmerzenstind. Jn zehnTagen kommt er neunrnal zu spät. Ra, mir soll es recht sein, wenn es nur ver Direttion recht is.« »Alle-Z andere ist glatt wie ein Aal. Die Rangiermaschine wird nur noch ein paar Wagen laoerechi stellen- Sie lassen wohl darüber der Signalstaiion im GüterbahnbofBescheid zukommen.« »Schnellzug 1 von letzter Station abgegangen!« meldete derTelegraphist. Die beiden Assistenien begaben sich aus den Perrorn Schulz inspizirte die Geleise, Stellung der Weichen und Signale. »Alles in Ordnung,« murmelte er vor sich hin, ging wieder ins Bureau und gab an dem Blockapparat elek irisch die Erlaubniß zur Einfahrt des Schnellzuges. »Guten Abend, lieber Schulz,« bes-« griißte jetzt der einiretende Borste-der feinen As lslknlcll, «,,k)clvcll wie sure-u von dem ngliick in D. gehört?« »Ja, leider, die Kollegen sind herz lich zu bedauern-« »O, diese oft versagenden elettri: schen Blockapparate, das sind die ret nen Mausefallen,« klagte der alteHerr. »Schnellzug in Sicht,« meldete der Telenrashift Beide Beamten kehrten auf den Bahnsteig zurück, um den Schnellzug einlaufen zu sehen. Unzähliquragen des ungeduldigen Publikums schmierten ihnen entgegen. »Wann kommt denn endlich der l Schnellzug? -— Jst ein Unglück pas- » sitt? —- Dauert’s noch lange? —- Er follte ja längst hier sein!« rief es al- « lerfeitg. »Nur noch drei Minuten Geduld, meine Herrschaften. dann- ist der Zug hier,« erwiderte beschwichtigend der Vorsteher. Jhm fah man es an, daß te diese Fragen heute schon unzählige mal beantwortet Otte. Am äußersten Rande des Bahn steigs stehend, spähten die beiden Be amten mit geübtem Blick in die Dun Ikelheit hinaus. Am frühesten mußte der Schnellzug an der Biegung, welche sdie Gekeife an der Grenze des Perso nen- und Güterbahnhofei machten, sichtbar werden. An dieser Stelle lie fen mehrere Schienenftränge nebenein ander her und waren durch Weichen verbunden. Eben zu dieser Zeit wurde die Rangirmaschine aus einem der Nebengeleise an der Bie ung mit Wagen bei-ungern lehtere ollten noch schnell an den gegenüberliegenden Güterboden befördert werden. Auf diesen Punkt war die ganze Aufmerksamkeit der beiden Beamteni gerichtet. Jn ihren Mienen verrieths nichts, daß sie besitrchteten, das Ran girpersonal könnte von der bevor Hstehenden Einfabrt des Schnellzuges snicht avisrrt sein. i Die Entfernung war zu gro·fz, die ! Nie zu kurz. um das etwa Versäumte Inachzuholenz jeden Augenblick mußte ’der Schnellzug sichtbar werden. Jetzt begann die Rangirmaschine langsam die Wagen anzuziehem indem sie ihr-en Weg quer über die Geleise durch die Weichen nahm. Entsetzt starrten die beiden Beamten in dieFerne, es schien gänzlich unmög lich, daß die Maschine mit den Wagen noch vor dem einsahrenden Zuge-die Geleise sicher Passiren lonnte. Das harrende Publikum ahnte noch immer nichts davon, in ioelcherLebens aesahr die tbeuren Erwarteten schweb ten. Man suchte sich die Zeit durch Plaudern und Scherzen zu vertiirzen. Wenige Selunden waren erst ver strichen, soeben bog die Nangirma-« schine in das Hauptgeleiie ein, da mit einemmal ertönien gellende Pfiffe. Etwa fünfhundert Meter vorher in demselben Geleise wurde jetzt der Schnellzug, von zwei Maschinen ge zogen, sichtbar. Nur ein Wunder konnte die weihnachtösrohen Gäste vor sicherem Tode bewahren. Auch das wartende Publikum wurde jetzt den Schnellng gewahr. Ueberall sah man vor Freude blitzende Augen, Tücher zum Wehen wurden hervorgeholt —- und dies alles in einem Augenblick, wo hunderte von srohen Menschen am Abgrund des Verderbens schwebten. Die Einzigem welche die wahre Situation mit all ihren grausigen Schrecken erkannten, waren die beiden Beamten, sie erschienen in diesem Mo ment wie aus Erz geavssen Nur ab und zu stamo te der Vorsteher mitdem Fuße im bit sten Untoillen aus« aber kein Laut entrang sich seiner gesäug stigten Brust. Als die Signale ertö«.ren, hatte auchder alte Führer der Nangirma schine sei-« entsetzliche Lage Liber schaut. Jetzt galt es mit kalter Gei stesgegenwart zu band-. ln. Die Ma schine mußte zurück. tllzer es blieb nur noch eine winziae Spanne Zeit. Drei Sekunden, und die Maschine war gebremst, jetzt gab der Führer Gegen-« dampf, mit Ausbietung aller Kräfte-s wurde di: Steuerung zurückg-: dreht.l Noch einen Augenblick una schon wirkte der Dampf wieder in entgegen-· gesetzter Richtung Gott sei Dank! Langsam bewegte sieh die Maschine wieder rückwärts. Auch auf den Maschinen des Schnellzuges war man nicht muß g gewesen Auch hier wurde so stark ge bremst das-, die Räder yuntz n sprüh ten. Doch war damit nur wenig ac holsen, da die Fahrgeschwindigkext noch eine zu große war. Immer ge ringer wurde der Abstand, jetzt betrug er nur noch fünfzig Meter Da aber hatte auch schon die Rangirmaschine das gefährliche Geleise verlassen. Jn der nächsten Sekunde jagte derSchnelb zug mit armlanaem Abstand an ihr vorüber Die Beamten athmeten auf. Die Gefahr war vorüber) aber die furcht bare Minute werden sie nie dersssem »Na ja,« meinte der Berliner, »in diesem Fall war es allerdings die Aufmerksamkeit und Umsicht der Be amten, die ein Unglück verhiitete. Aber ich alaube dochB nicht, daß der gleichen häufig vortommt.« »O ja, mein Bester! Es gelangen nur eben von hundert Fällen kaum zwei zur Kenntniß des Publikums, das nur selten eine Ahnung davon hat, in wie furchtbarer Gefahr es mitunter während einer Eisenbahn fahrt geschwebt hat.« »Gut, daß es so ist, « mischte sich sent zum erstenmal der Herr mit dem Ameritanerbart ein, »denn mancher möchte noch nachträglich das Grufeln lernen, wenn er erfuhre, wie nahe er th- -... of ..... -k O-- - in---.—r. — stu- uur est-Henn- uuv »Du-Neunu- »v sunden. Jch lönnte auch ein Lied davon singen denn ich habe jenseits des großen Wassers manchen Ermess zua gefahren, nnd namentlich die letzte meiner Fahrten wird mir wohl bis an das Ende meines Lebens im Gedächt niß bleiben.« »Wieder eine Geschicht-el« ries der Berlin-er, »das ist ja großartig· Und eine amerikanische obendrein! Die ist aewiß noch aruseliaer wie die anvere.« »Nun, mir selbst war’s wenigstens gruselig aenua zu Mathe,« lachte der Deutsch-Amerilaner. »Aber wenn’s anen Freude macht, will ich Ihnen das Erlebniß gern erzählen« Jch befand mich seit zwölf Jahren in den Staaten, hatte anfangs alle Ar beiten der Stufenleiter durchgemacht, wie sie den ,,Griinhi5rnern« im Dollar lande selten erspart bleiben. Sechs Jahre nach meiner Einwanderung lam ich auf den Gedanken, nachdem ich Lasttriiger, Ausschänler, Straßen lehrer, Damvswäscher und so weiter gewesen war, es mit der Eisenbahn zu versuchen. Ich wurde bereitlvilliast, allerdings, wie man mir sagte, nur vorläufig, bei der N. P. - Bahn als Nangirer eingestellt. Nacht acht Tagen lonnte ichsroh sein, daß ich, dank mei ner Gewandtheit, nicht alle Knochen im Leibe gebrochen hatte. So lonnte es beim besten Willen nicht weiter gehen, denn ich sagte mir, das Gequetscht- und Uebersahrenwer den hält man aus die Dauer nicht aus« Deshalb versuchte ich es als Ma schinenvutzer, und nach vielen Leiden und Verbrauch von einem Berge Seise gelangte ich zu der Stellung eines Maschinensiihrers. Drei Jahre fuhr ich bereits aus der Maschine »Simson«, ich war auf die selbe mindestens ebenso stolz wie der Admiral auf sein Flaggs.i;iss. Meinen Beruf faßte ich mit demselben Ernst aus wie meine deutschen Kollegen, re bei uns »die zahmen Eisenbalxne:« genannt wuroen. Aus meiner lite toissenhastialeit ertouchs mir oi--: Veroruß, so daß mir meine Etelluisa immer mehr bekleidet wurde. Unsere Direltion verfiel aus den unseli.-.en Gedanken, um der N. W. B. — Balxn Konkurrenz zu machen, den Maschi. nensiihrern Prämien siir die schnellsten Fahrten zu gewähren, und seitdm grassirte unter meinen Kollegen ein richtiges Retordsieber. Da ich bei der mangelhasten Bahn und Signsalanlage meist die festgesetzte minimale Fahrzeit nicht innehalten konnte, so erhielt ich in demselben Maße Strafen, wie meine Kollegen Prämien. Doch erst das Ereinnist jenes Februarabendö sollte dem-Tasse meiner Unzufriedenheit den Boden ausschla gen. Das Wetter an jenem Tage war sehr trübe, aus den schönsten Frost war das scheußlichste soaenannte Matschwetter eingetreten. Vor dem Babnhose in C., zu dem ich mich bene ben hatte, um meinen Dienst anzutre ten, das heißt meinen Nachtpersonen zu etwa hurndertsiinszig Kilometer wet in das Jnnere zu fahren, sand ich eine groß-e Menschenmenge, welche zu dem althprgebrachten Countysest, aber nicht in der altheraebrachten Weise zu Pferde, sondern per Eisen bahn gekommen war und nun nach Hause gebracht werden wollte. Mit fe ner Rücksichtslosigleit, wie sie dem Dol larmanne anaeboren scheint, dränate und schob sich die Menae, durch die verschiedenen Abschiebtriinle erhitzt, vor dem Billetschalter. . z n derartige Szenen überreichlich igewohnt,.wollte ich die Treppe zum Bahn-Of emporsteigen, als mir der Portier zuries: ,,Mister Walter, bet Ihrem Zug-e ist heute das Ende wea.« »Na, wir wollen’s nicht hoffen,« entgegnete ich. Ich begab mich nach dem Schuppen, um zu sehen, wie weit mein Heizer Tompson mit den Vorbereitungen zur Fahrt gediehen sei. Tompson war ein nüchtern-er und ordentlicher Mensch, auf den ich mich stets verlassen konnte. Jch fand daher auch die Maschine schon vollständig geh-ist« geputzt und aeölt vor. »Na, mit der Prämie wird es heute wieder Essig. Wir sollen fünfzehn Pullman-Wagen cui die Maschine be lommen und zum Ueberfluß will der lsohote mitfuhren, um hinter die Ur sache unserer Verspätungen zu kom-; men, wie ich gehört habe.« Ich will bemerken, daß Coyote der Epitznante für unseren Ohrringenieur war-, der, wo es galt, feine Leute aus tufpionirem seinen Namensoetter, den Prairiehund an List noch übertraf. »Meinetwegen, Tompson, könnm noch zehn Prairiehunde mitfahren, ich werde micht nicht ändern, lieber fahre ich heute den letzten Zug bei der N. P. Bahn-« Jch hatte unbedacht ein wahreBWort ausgesprochen Wir bestiegen den »Simfon« und fuhren über die Drehscheibe nach der Bahnhosshalle an den Zug. Aus den fünfzehn Waan waren inzwischen zwanzig geworden. Der Diensthabende kam zu mir, indem er sagte: ,,Lieber Malta-, ich rathe Ihnen, nehmen Sie lieb-er gleich Vor-spann, der Zug ist vollgepfropft wie eine Heringstonne.« Ich überle te mir die Sache, indem ich fragte: »Hier führt die Vorspann maschine?« »Der wilde Bromn,« war die Ant wort; das war nämlich der Mann, der sich» durch seine unsinnigen Fahrten die meisten Prämien erworben hatte. Jch le nte dankend ab, und der Be amte entfernte sich. um die Passagiere weiter Zu verstauen. Endlich wurde das Abfahrtssignal gegeben, und wir dampften hinaus· Das Terrain war äußerst günstig. Jn N. trafen wir pünktlich ein und fuh ren auch pünktlich ab. Ebenso ging es auf den beiden nächsten Stationen S. und D. IHinter D. begann die Strecke über wellenförmiges Terrain zu lau fen, war aber noch zu übersehen, da sie durch die Prairie führte. Trohdem hatten wir auf der nächsten Station V. schon fünf Minuten Verspätung. Der Aufenthalt mußte zudem um zehn Mi nuten verlängert werden, oa einerseits die Ausladung der meist schlafenden Passagiere, andererseits das Anhangen von noch fünf Wagen die Zeit in An spruch genommen hatte. Ehe ich weiterfuhr, theilte mir der Zugfiihrer im Namen des Qberinge nieurs mit, daß, wenn ich auf der nächsten Station nicht den größten Theil der Verspätung eingeholt hätte, ich ein für allemal abgselöst würde. Das war deutlich gesprochen, ob wohl der gute Mann wußte, daß ich den schiechteften Theil der Strecke noch vor mir hatte. Erst führte sie bergauf, die Aussicht versperrte zu beiden Seiten Wald, schlängelnd mündete sie alsdann berg ab in eine lange Flußbriicke. Der mitt lere Theil dersel en war drehbar und mit einem Mast ignsaL welches nicht allzuweit stand, verbunden. " Kurz hinter P. umfing uns eine feuchte Luft, als Vorbote des starken Nebele welcher in den Flußniederuw gen herrschte. Jch that mein möglichstes, um we nigstens die Fahrt innezuhalten. Die Maschine arbeitete vorzüglich, wir hatten bald den Wald verlassen, dich Osk »Ob« nmfikm uns Jknbhkm nichts zusehen war, richtete ich mein Augen merl auf den vor mir liegenden Nebel. Beim Getöse der arbeitenden Maschine war lein Gespräch möglich. Die Strecke mußte jetzt abfallen, ich fing daher an, die Maschine zu stoppen. Jn einer Minute mußte ich das Signal passiren. Meine Augen suchten im Nebel den Signalmast. Ein Augenblick —— nnd wir waren daran vorüber. Dieser Au genblick hatte geniigt, mich erkennen zu lassen, daß das borschristsmäsiiaeLicht fehlte. Nun rief ich Tempson zu, die Maschine aanz zu stopven. Wir passirten das Wörterbaus am Eingang der Brücke. dasselbe war voll ständig finfter, der Wärterposten fehlte. Mir mußten bereits den Anfana der Brücke erreicht haben, in dem Nebel war es aber unmöglich« etwas zu er kennen. · Da hielt der Zug. »Tompson, bleiben Sie auf der Maschine, ich will mir die Geschichte näher besehen.« - Jch entzündete eine Fackel, stieg von der Maschine und tappte nach dem Ge länder der Brücke, welches ich auch bald ergriffen hatte. Eisige Nebelluft umfing mich, un ter mir brüllte der um diese Zeit stark anågzwollene Strom. ie Fackel hielt ich so hoch wie mög lich, um das zweite Signal, welches sich auf dem drehbaren Brückentheil befand, zu erspahen. — So tappte ich vorsichtig Schritt für Schritt, die rechte Hand fest am Ge länder. Jch mochte kaum eine Schie nenlönge so gegangen sein, als ich plötzlich den Boden unter meinen Fü ßen Verschiin n fühlte. Die Fackel entglitt meine link-en Hand, mit der rechten aber hielt ich lrampshaft das Geländer umfaßt. So hing ich frei in der Luft. Mit Schrecken wurde mir klar, daß die Brücke offen stand. Dieselbe war nach der letzten Drehung nicht wieder geschlossen worden. Unter mir brüll ten die tosetwen Fluthem meine Lage war geradezu verzweifelt. Rasen konnte ich ni t, es hätte mir auch nichts genützt« « mußte suchen, mit meiner inlen Hand das Geländer zu erfassen, was mir auch nach eini gen Bemühn gen gelang· Nun zog ich mich mit a er Kraft soweit empor, dasz ich wieder festen Boden erreichte. Jch ruhte mich einige Augenblicke aus, dann tasteie ich mich vorsichtig bis zur Maschine zurüci. Bei der Maschine angekommen, be stürmte mich Tompson, dem die Zeit natürlich sehr lana geworden war, mit Frager-« Ich aber brachte tein Wort heraus-, sondern deutete nur aus die vor uns liegende Brücke. Nach gerau mer Zeit erst fand ich die Sprache wie der und erklärte meinem Heizer unsere gefahrvolle«Lage. Noch eine Schie-. nenlänge weiter, und wir lagen unten » im Strome. Vorsichtig drückten wir den Zug wieder aus festes Land zurück, was bei der Glätte auf den Schienen und der jetzt hinter uns liegenden Steigung nicht leicht war. Als der Zug stand, theilte ich dem Zugfiihrer meine Wahrnehmung mit. Wir begaben uns in die Wärterbude, wo wir den Wärter betrunken am Bo den liegend fanden. Telegraphisch wurde ein anderer Wärter herbeigerusen und bald darauf war auch die Brücke wieder normal ge dreht. Mit beinahe zwei Stunden ;fVertspätung setzten wir unsere Fahrt » or. Der Herr Ober - Jngenieur ließ sich nicht mehr sehen, nachdem er ge hört hatte, um was es sich gehandelt. Dies war meine letzte Fahrt auf der N. P.-’Bahn, welche ich nach diesem Forsall aus Nimmerwiedersehen ver iesz.« Der Hamburg-Berliner Schnellzug hatten inzwischen den aröszeren Theil seines Weges zurückgelegt, und schon tauchten die Besestigungen oon Span dau, der letzten Station, vor den aus späbenden Blicken der Reisenoen auf. »Nun glaube ich beinahe selbst, daß die Sicherheit-Z - Vorrichtungen allein die Sicherheit aus der Eisenbahn nicht ausmachen,« erklärte der nachdenklich gewordene Rennen ,,sondern daß auch tüchtiae Menschen dazu gehören, die ihre Augen und Ohren ossen haben.«« »Und das Herz aus dem rechten ei’fleck,« fügte der ehemalige deutsche Eisenbahnbeamte hinzu. »Glücklicher weise giebt es deren diesseits und jen seits des großen Wassers so viele, daß das Publikum sich getrost der Eisen bahn anvertrauen dars. Unglückssälle werden ja freilich niemals ganz -«u vermeiden sein, aber sie werden sipch trotz der Zunahme des Verkehrs im mer mehr verrinsgern und zumeist nur infolge unseliger Zusallsverkettungen eintreten, denen wir Menschen nicht nur aus der Reise, sondern zu allen Zeiten und an allen Orten unterwor sen sind.« ———-·-.-— Heitere Kriegsscrlebnisse aus SchleswigiHolstein weiß der be kannt-e MikitäriSchriststeller Major Scheibert in seinen ,,Eriunerungen«, zu erzählen. Nachstehend geben wir einge Proben aus diesem sesselnoen Buche wieder: Jm Hauptquartier. Das Leben in unserem Stabe war im Feldzuge ein durchaus fröhlich kameradschastliches, in welchem ich niemals eine Spur von dem »Kommißton« bemerkt habe, der leider hier und da fiir sorsch gilt. Da Jeder nach bestem Willen seine Schul digkeit that, ging es auch in gentiler Art. Der nriainellste the-» der nan zen Genossenschaft war der alte Wranael selber, und es würde Blät ter füllen, die verschiedenen kleinen Jnterinezzos erzählen zu wollen, in denen er eine erste Rolle spielte. Nur eine Scene sei beispielsweise heraus gegriffen: Ein sehr unbeliebtes, weil damals dreuszenseindliches Blatt, waren die »Ti1nes«, deren Reporter der alte Herr »sans sacon« aus dem Hauptquartier verwiesen hatte. Nach einigen Taan lam der Feldmarschall in’s Bureau und sagte: «Bismarck wünscht, daß wir den »Times« - Correspondenten ausnehmen. Sein Wunsch ist mir Befehl. Leutnant Scheibert, Sie spre chen ja enalisch Der Herr kann kein Wort deutsch, und da wachen Sie mir darüber, daß er nichts ausplaudert, was unsere Pläne verrathen könnte, und anständiges Zeug schreibt. Dann laden Sie ihn morgen hier zu Tische.«·« Glückselig war der Mann der Feder, daß er nun geduloet war. Er ver sprach mir, nichts auszuplaudern, und im Falle eines Zweifels, ob er etwas veröffentlichen dürfe, lieber ei nen der Herren des Stabes um Rath zu fragen, denn ich würde wohl kaum Zeit haben, seine Manuskripte zu le sen. Ueber die Einladung war er überglücklich. »Ich trat mit ihm am nächsten Tage in den Eßsaal, als Feldmarschall von Wrangel gerade mit Feldmarschall Leutnant von Gablenz sdem Kom mandeur des österreichischen Armee corps) in ein Gespräch verflochten war. Wohl wissend, daß der Eng länder troti seines deutschen Namens lein Wort Verstand, sagte der alte Feldinarschall laut zu seinem Nach bar: »Höre mal, Gahlenz, hier will ich Dir noch ein merlwiirdiges Geschöpf vorstellen, das ist Mister N. von die »Times« ldeulsch ausgesprochen), die säschreckliche Sachen über uns zusam ngelogen hatt« -— »Na!« sagte er dann, im höflich-en Tone sich zu mei nem Schützling dend, wenn Sie sich anständig bene men, kriegen Sie I hei uns att zu egenz wenn nicht« so werden ie einsa an die Lust Zesesh verstehen Sie, werther here « — »What said old Wrangel« (s rich Neugl) fragte mich der Angere te. Jch machte natürlich schnell einige höf lichesPhrasen zurecht, die dann als bald den Wen in das Welthlatt fan en. Jch bin übrigens dem Herrn während des ganzen Feldzuges nie wieder begegnet Ein Tag in Kolding. Jn Koldin gingen die Wellen der Kameradschaf hoch; in den Wein- nnd Seltbestand des Orte-s- war bald ein jähes Loch gegraben Mit Gesang und frohen Gesprächen wurden die Abende ge würzt. Die Garde-Husaren und das Regiment Elisabeth, »unsere Cou leur«, lagen im Orte. Eines Tages ließ sich Prinz Albrecht (Vater) zum Mittag ansagen und wurde mit feuri aem »Hip, Hip, Hurrah« begrüßt. Nach dem Essen wurde ein Ball ar rangirt, im Tanzsaale des Hotels, zu dem die zwei Musikcorps der Regi mentser ihre lustigen Weisen spielten. Rittmeister o. Michaelis von den Garde-Husaren, der ersindungöreiche Organisator aller improoistrten harmlosen Feste, comrnandirte die Tänze, die urn so wilder waren, als »die Herren untereinander tanzten IBei den Tonne-Tänzen machten sich die als Damen sunairenden Herren durch angehängte Taschentücher kennt lich. . Der Prinz sah delustigt zu. Ich bildete als zierliche Dame von etwa echs Fuß Höhe mit Michaelis ein aar, und leistete, da ich alle brodloi en Kunststiicke, wie R«adschlagen, auf den Händen gehen u. s. w. bestens ver stand, solche Allotria, daß der Prinz, der hinter uns stand« außerordentlich belustigt war. ,,Beni eim,« sagte ek zu dent corpulenten un widerstreben den Führer der 4. Garde-Bri ade, ,,kommen Sie her, machen Sie si ein Schnupftuch an, wir tanzen diesen beiden ren ,,dis-a-vis!« Gesagt, »Un- - The-» Zins nkm Most-m g...,».... » ...... » ....«, --.. , an, und animirt von dem Prinzen schwang sich Michaelis zum Com mando unglaublicher Touren auf, bis zuletzt Alles sich in eine große Confu sion und allseitigen Jubel auslöste. « Als wir nachher recht vergnügt und siitig beim Abendbrod saßen, erhob sich der Comte de Tonnerre de la Pa-. giere, Attache der französischen Ge sandtschaft, der erstaunte Zeuge des ganzen lustigen Wirbeltanz-es, und' sprach etwa Folgendes: »Meine Herren, was ich hier ebes gesehen und erlebt habe, hat mich merkwürdig berührt. Ein Prinz des königlichen Hauses mischt sich rück sichstslos in den dichtesten Strudel der jungen Offiziere der Armee und läßt sich zwangslos mit hinreißen von der allgemeinen Lustigkeit, an der er sich altiv und mit voller Hingebung be theiligt. Meine Herren, dies ist in kei ner Armee der Welt möglich, nur in der preußischen, die aus Edelleuten von Kopf bis zu Fuß besteht, und in der der Takt ein unerschiiitlicher, die Erziehung eine so vollendete ist. Jch hatte das sichere Gefühl, daß in jedem Augenblick Jedermann sich voll in der Gewalt hatte, und daß, wenn Seine lönigliche Hoheit auch nur eine Miene gemacht hätte, einen ernsteren Ton an zuschlagen, Jeder sofort den freudig stsen Gehorsam würde gezeigt hab-en. Solche Arme-e, meine Herren, kann und wird Großes leisten. Jch gebe meiner Bewunderung fiir das Offi zierscorps mit dem Toaste Ausdruck: Es lebe die preußische Armee, in deren Mitte sein zu dürfen ich mir zur Ehre anrechne.« .—.--—— Kindlich. Die kleine sechs-jährige Elsa: »Sag’ ’mal, Maina, warum haben wir ei gentlich Sonntags keine Schule?« Mama: »Aber, Elschen, weißt Du das noch nicht?« Esa: »Ach ja, weil unser Lehrer Skat spielen geht« Filavicrstimmct - Parallele. Klaviersiimmer (eben an der Ar beit): »So ein neues Instrument, und schon so oersiimmtl Und ich Bin schon so alt, und soll nie beistimmt sein, wenn ich Abends hundemiide nach Hause komme, von der vielseitigen Schinderei.« Un.zufricden. Frau Pifle: »Denten Sie nur, der Sohn des Präsidenten von Zweiu haus ist von einem Automobil über fahren worden!« Frau Puska: »Na, ich sag’s ja, die feineren Leute müssen immer was Ex traneues haben. Ob das unsereinen jemals passiri.« Ein braver Sportskametad. Muts-richten »Sie haben im Juni zwei, im Juli drei und im August ein Rad gestohlen. Seitdem haben Sie das Radstehlen, wie es scheint, unter lassen?« Spitzbube: »Ja, das leßte Rad hab’ i’ für mich selber benützt. Von da al) hat’s mir widerstrebt, den Sportsgenossen etwas zu nehmen!« XVI 7727 Die erste Beqegnuns.