Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918, August 15, 1902, Sonntags-Blatt, Image 13

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    s1—1
Jm Traum gewarnt.
Eine mystefiöse Geschichte von C m II h
Be et e r.
An einem Wintertag — es mag
etwa se i Jahre her sein —- stand
eine dun el aarige. sehr Agra-se Dame
an einem Fenster ihres ohnzimmers
und sah dem Regen zu, der in dichten
Strähnen endlos herabrteselte.
Während sie gähnend mit der start
beeingten Hand gegen die Scheiben
trommelte, kam eine ältere, minder
hübsche Dame mit einem umfangrei
chen Kastorhut, einer regennassen
»Mantille« nnd einem Ledertasten in
der Hand eilig herein.
»Es hat furchtbar zu regnen ange
sangen,« benichtete sie athemlos, »da
nahm ich an der Bank einen Its-ten
Wie Du siehst, habe ich Deine Dia
manten geholt und auf morgen habe
ich dte vier Postpserde iiie unsern
Reisewagen bestellt.«
»Ich wollte, Du hättest die Pserde
nicht bekommen,« versetzte die Schwe
ster aufgeregt, indem sie sich umdrehte.
»Aber-, Sally, was ist Dir denn nur
in die Krone gefahren?" ira. te die
Aeltere, den Schmucktasten abfetzenkz
in peinlicher Uebberaschung.
»Es ist keine Laune, glaub« mir,
Manch, aber ich habe eine Warnung
erhalten im Traum und in meinem
Jan n Leben habe ich mich noch nicht
-o chwer entschlossen, auf acht Tage
na Milliamssort zu geben«
»Gott steh’ uns ber, Salt Aber
Richard würde «b·itte«r»lichme'nttäuscht
1ein, wenn Du nich mmesu
»Ja, das wiirde er lieinA gab die
Schwester zu, indem e einen Blick
auf den Brief warf, den sie in ver
hand hielt.
Es war tein umfangreiches Schrift
stiick, tein Liebeshrief, sondern eine
Epistel ihres einzigen Bruders, eines
wohlhabenden Junggesellen, und der
Inhalt lautete:
»Liebe Salt
Die Emerfons, Hamiltons und
Moores sammt sechs ledigen Herren
treffen am Dienstag hier ein, um den
Schwurgeeichtssißungen und dem Ball
beizuwohnen, und ich erwarte, daß
Du wie sonst die Stelle der Hausfrau
vertreten wirst. Bestelle zu rechter
Zeit Postpferde. Bis an den drei
zehnten Meilenstein schicke ich Dir
meine eigenen entgegen. Du mußt
um drei Uhr hier sein, denn wir spei
sen Schlag Vier
Dein Dich liebender Bruder
R. Connor.'·
« O I sit
Money-· begann die so dringlich
Geladene, sich hastig set-end, »sag’ mir
ehrlich, Yaudst Du an Träume't'«
»An « räume? Rein —- am Kas
feefatz, da ist« etwas Wahres, das muß
rch Nr eben.
,. Z, das ist ja der helle Unsinn!
Bitte, sag« mir, haft Du je einen
Traum gehabt, der Dich geiin stigt
und am andern Tag derart ver olgt
hat, daß Du leine Ruhe fandest?'«
»Nein! Jch habe einen gesunden
Schlaf und das Schlimmste, was ich
je geträumt habe, war, daß ich ver
heirathet sei,« versetzte das alte Fräu
lein, verschiimt tichernd.
»Das bedeutet einen Todessall,« he
rnertte Frau Ponsonby. »Nun, ich
habe heute Nacht einen furchtbaren
Traum gehabt. Du weißt ja, ich war
heute friih so zerschlagen, daß ich gar
nicht aufstehen wollte. Ich glaube,
daß es eine Warnung vor dieser Reise
nach Williamsfort war,« setzte sie mit
feierlichem Ernst hinzu. .
»Larifari, meine liebe Salln! Jch
wundeee mich wirklich, daß eine ver
ständige Person wie Du derartiges be
haupten mag und ich glaube satt, daß
Du mich zum Besten haben willst.«
«Laß Dir wenigstens meinenTraum
erzählen, gute Nancy, und urtheile
dann selbst! Mir träumte, daß ich
mit einiger Verspätung in Williams
fort vorgefahren sei. Ein unbekann
ter junger Mensch mit«finsterem, un
h-—II-I---I fast-Jes- FIT-«O- MI- hi
Thüre. Natürlich fragte ich gleich
nach dem alten Johann und erhielt
den Bescheid, er sei vor Kurzem ganz
plötzlich gestorben. Diese Nachricht
erfchiitterte mich sehr, doch trotzdem
entging mir nicht, daß die Blicke des
neuen hausmeifters wie gebannt an
der juwelenbefetzten Schnalle meines
Reisepelzmantes hingen. Endlich kam
unfer Bruder selbst in die Halle, be
stätigte mir die Nachricht von Jo
hann’s raschem Tod und trieb mich
voll Ungeduld zur Eile an, weil seine
Gäste fchon versammelt seien. Da
mußte ich mich freilich tummeln. Jch
zog mein rothes Sammttleio an und
trug meinem lieben Dick zu Ehren
» all’ meine Diamanten, sogar die große
; Gürtelschnalle. Leider konnte ich
- meine Stimmung nicht ebenso rasch
wechseln, und trotz häufig angewen
deten Niechsal es lam ich noch ganz
fassungslos hnunter. Bei Tisch« be
ge nete ich immer wieder dem fest auf
mich gerichteten Blick des neuen Die
- need. Er verschlang mich förmlich
« mit den Augen, namentlich aber meine
Diamantem Nachdem die herren irt
den Salon gekommen waren, machten
wir ein Spiel und ich verlor beinahe
dreiundzwanzig Pfund an Lad7 Su
; san. Du stehst daraus, wie ogisch
.- mein Traum war —- ich vermuthe sa
i längst, daß sie mogelt!«
Fräulein Nancy nieste schweigend.
- -,,Erst sehr spät ging die Gesellschaft
« useinander. Jch schlief im Speicher
immer, das, wie Du weißt, ganz ab
-" ondert liegt und sowohl nach dem
r als dem daneben liegenden An
tdezlmmer eine Thüre hat. Die
dem Flur verriegelte ich, die nach
desr Unlleidezimmer ließ ich offen,
dann ging ich sosort zu Bett, war
aber noch nicht vollständig eingeschla
fen, als ich leise, vorsichtige Schritte
tm Flur hörte. Man drückte auf die
Klinke der Anhenthiire die ich ge
schlossen hatte, dann schlich Jemand
auf den Zehenspihen in’:·- Antleide
nimmer und von sdort aus in mein
immer. Jch spähte mit halb ge
chlossenen Augen umher und erkannte
im Feuerschein des Karnins ganz
deutlich den neuen Diener, der leise
aus mein Bett zutam und zwar mit
einetn langen Jagomesser in der Hand.
Da erwachte ich, Gott sei Dant! Jch
hatte aber solche-z Herzllopsem daß ich
die ganze Nacht über kein Auge mehr
zuthun tonnte.«
»Die Geschichte llingt allerdings
wie eine wirtlich erlebte," versetzte die
Schwester bedächtig. »Aber gewiß ist
nur die Wildschweinsulz daran schuld,
die Du gestern Abend «egessen has."
»Nein, es war eine arnnng des
Schicksals und ich habe art im
Sinn, Dick abzuschreiben. .ch werde
mich mit Rheumatisrnus entschuldi
gen.«
»Th« das nicht, Schwester SallyL
Wenn Richard doch einmal erführe,
daß Du ihn wegen eines bloßen
Traumz im Stich gelassen hast, das
wiirde ihn furchtbar ärgern. Wenn
der alte Johann gestorben wäre, hät
ten wir’s doch sicher erfahren, Ri
chard würde geschrieben haben!
Selbstverständlich findest Du keinen
neuen Diener dort vor. —- Eigentlich
muß ich mich über Dich wundern,
Schwester, Du bist doch sonst die
tapfere von uns briden.«
Frau Ponionby fand keine Ent
gegnung mehr. Sie nahm etwas wie
Spott im Blick der Schwester wahr
und Nancykiz gesunder Menschenver
stand trua den Sieg davon. Am
Nachmittag darauf fuhr sie denn auch
richtig im eigenen Wagen sammt
Diamantcn und Jungfer nach Wil
liamsfnrt ab.
Os
Es war schon nahe an vier Uhr, als
die dampfenden Pferde die lange e
wundene Zufahrt des Hurenhauer
entlang trabten. Frau Pon onby,
die unaufhörlich nach der Uir gesehen
hatte, befand sich in hiichster Auf
regung iiber diese Verspätung, denn
ihr Bruder war die Punltlichteit selbst
und würde ihr die ver-zögerte Ankunft
sicher übelnehmen. Noch ehe die Pferde
standen, wurde die Hausthiir geöffnet
—- und der dunlle sunge Mann ihres
Traume erschien ans der Schwelle!
Fast hätte sie einen Schrei ausge
toßen, aber sie nahm sich seh-e zusam
men und fragte nur mit leise bebender
Stimme nach oeni alten Johann.
»Der ist gestorben, Euer Gnaden,«
lautete die mit großer Zungenfertigteit
gegebene Antwort. «Vor fiinf Tagen
verschied er ganz plötzlich; am Mon
tag war die Beerdigung . . . .«
Jeht erschien der Hausherr und ge
leitete die Schwester mit ritterlicher
Artigteit in die Halle, Frau Ponsonby
fühlte sich aber so schwach, daß sie nur
mit Mühe daZ Zimmer erreichte, auf
einen Stuhl sant nnd in leidenschaft
liches Weinen ausbrach. Mit kläg
licher Stimme verlangte sie nach
frischen Pferden, um binnen einer hal
ben Stunde wieder abfahren zu
tiinnen.v
Jn einiger Bestiirzung brachte der
Bruder sein Allheilmittel siir sämmt
liche Schaden des Lein und der
Seele, ein Glagz alten Portwein, in
Anwendung, und als sich die Dame
etwas gefaßt hatte, lauschte er mit
Staunen dem Bericht über ihren
Traum.
»Daß der alte Johann plötzlich ge
storben ist, stimmt allerdings; die
Gicht hat sich ihm auf den Magen ge
zogen,« bemertte er, »aber dieser neue
bausmeister hat die besten Zeugnisse,
die man nur haben kann. Jmnierhin
lannft du ja heute Nacht beide Thiiren
verriegeln, Sal, und sobald du einen
oerdächtigen Laut hörst, tüchtig klin
geln. Jch selbst werde Wache halten
und du sollst so sicher schlafen wie in
Abrahams Schoß! Nun thu mir den
Gefallen und tummle dich ein wenig
mit dem Antleiden, Sally, die Gesell
schaft ist versammelt, und der Richter
hat, wie ich« weiß, einen wahren
--,.
zornig-hangen
Alles verlies haarllein wie in Frau
Ponsonbhs Traum. Man hatte
richtig das Giebel-Zimmer für sie bereit
gemacht und der neue Haugmeister
fixirte bnablässig ihre Diamanten.
Beim Vharao verLor sie nnd Lady
Susan gewann. Als sie sich endlich,
erschöpft von allen Anstrengun en und
Geldverluften, in ihr Schla zimmer
zurückzog, klagte ihre Jungfer til-er
Migriine und weigerte sich rundrveg,
in dem kalten Ankleidezimrner neben
an zu schlafen. Sie mußte das Mäd
chen ziehen lassen, verriegekte dann
alle Thüren und ging zu Bett
Schlafen konnte sie selbstverständ
lich nicht. Gegen ein Uhr hörte sie in
der lautlosen Stille acdärnpfte
Schritte im Fbur und gleich darauf
wurde die Thüre leise su öffnen ver
fueht —- im Nu war sie aus dem Bett
gefpungen und riß an der Ringel
schnur, dann schwanden ihr die
Sinne. Connor und die andern Her
ren, die noch ausgeblieben waren,
kamen eilends die Treppe heraufge
stiirzt und entdeckten richtig den neuen
hart-meisten der sich ohne Schuhe an
den Füßen und mit einem Holzkorb in
der band in einen dunklen Winkel im
Flu gedrückt hatte.
»Was treiben Sie hieri« wetterte
fein Herr mit einigen saftigen
Schimpswörtern, indem er den Bur
fchen am Kragen packte.
»Die Hanswascheti ins-rei- sehr
müde und bat-en i:!:ch, Holz irr-J Gali
zinnner zul ragen,« versetzt-e er rasch.
,,Holz! Un: ein Uhr Rechtss«
Ein zorniger Fissztritt stiirsle den
Korb um nnd ein langes qliyernves
Meger fiel zwischen den Holzscheiten
zu oben.
Jetzt griffen die iiingeren Herren
zu, schleppten den Schuldigen hinunter
und schlossen ihn einstweilen in seine
eigene Stube ein, um ihn nrn Morgen
der Polizei augzulieserrn
Als man aber in der Morgenfriihe
die Thüre aufschloß, war das Zimmer
leer, der Vogel ausgeflogen! Ein
Leiniuch, das vix-r dem Fenster flat
terte, nsrr das einzige greifbare
Ueberbleibsel von Frau Ponsonbhs
Traum.
O—
Der Hilfskcch.
Eine Slizze ans dem Leben König
Alberts von Sachsen. Von Josef
M n e r t l.
Bekanntlich war König Albert von
Sachsen nicht nur ein grosser Feldherr
und thatlriistiger Monarch, sondern
auch ern vortrefflicher Jäger vor dem
Herrn und als solcher ein specieller
Waidgenosse seines ihn jetzt tief he
irauernden Freundes, des Kaisers
Franz Joses von Oesterreich.
Wo immer der Kaiser im Sommer
in seinen tirolerischen, niederösterrei
chischen oder steiermärlischen Landen
seiner agd auf Hochwild oblag, war
König lbert se:n getreuer Begleiter.
Die beiden alten Herren waren unzer
trennlich, und der mächtige Kaiser der
österreichisch-ungarischen Monarchie
war unglücklich« wenn sein schußsiche
rer Jagdfreund einmal fehlte.
Wie es nun »an der Alm koaSiind’
baieht«. so aiebt es aneb in ienen Re
-—f
gionen keinen Etiquettenztocng der1
Fürst wird dort zum einfachen Jägers
mann, die Krone weicht dem einfachen
hahnenfederaefchmiictten Hut, das
Scepter dem scharsgeladenen Stutzen,
und ohne alles Lataienaepriinqe zieht
er hinauf auf die Berge, wo es das
treffliche Wild zu erjagen giebt.
So haben es auch die beiden hohen
Herren ftets gehalten, nnd bei dieser
Jäger-ei hatten sie reichlich Gelegenheit
gehabt, gar manche derbloinische Scene
mit dein biederen Aelplervolt zu er
leben.
So aeschah es auch iin Jahre 1892
Kaiser Franz Jofef hatte seinen
königlichen Freund zu einer Gewim
fagd ins Minzihal eingeladen und
pünktlich hatte auch König Albert die
ser Aufforderung entsprochen. Schon
am zweiten Tage nach ihrer Zusam
nrenkunft begaben sie sich in ihr Re
vier, das der -zuitändiae Oberförster
als ergiebiges Jagdseld bezeichnet
hatte.
Ein guter Jäger-, wie Kaiser Franz
immer war, und obendrein als zart
fiihlender Freund räumte er gleich von
Anfang an König Albert diejenige
Seite des Reuters ein, auf welcher er
zuerst auf das erhoffte Wild treffen
mußte. Er selbst wollte von einer
anderen Seite aus- den Berg ersteigen,
und das Rendezrous war die Alin der
Niedertaserer Sennerin Annainierl.
die auf den kommenden hohen Besuch
bereits vorbereitet war.
Schon in früher Morgenftunde bra
chen die beiden schlichten Jäger, jeder
in Begleitung eines Försters, auf, um
sich gegenseitia die edlen Jagdobjecte
vor den Stutzenlauf zu treiben, aber
sie sollten heute kein Gliick haben. Be
reits nach einer Stunde fiel ein dichter
Zugnebel ein« der sich schwer iiber
die Bergabhänge lagerte und zum
größten Leidwesen der hohen Herren
bald so ,.dnrchläfsia« wurde, daf; sie»
puoelnaß, auch nicht zehn Schritte vor
sich sehen konnten.
»Wissen Sie was, Majestät« —
meinte der Bealeiter Albertg höchst
steierisch gemiithlich, »der Tag is ver
saut. J wollt Euer allerhöchsten Gna
den an Rath geb’n.'«
»Na und der wäre?« entgegnete Flö
nig Albert mit wahrem Galgenhumor.
Es ärgerte ihn doch zu sehr, daß der
Tag nach der Waidmannssprache des
Försters ,,versaut« sein sollte.
»Na, Maiestät, gehn’s a Stünderl
aus dem Gangsteia furt, dann kommen
Sie zum Niederlaserrr. Die rasche
(grobe) Annemierl, die Sennerin, die
woaß schon, daß toir lommen.«.
»Und Sie, lieber Förster?« forschte
der König.
,,J ach’ derweil übers G’rvänd weg
und thua dem FranzL Jessas, Seiner
Majestät ioollt’ i saa’n, Bescheid, wo
wir Zwei steck'n. Der Herr Kaiser
braucht nit warten aus Uns und tann
auch gleich nach dem Niedererlaser
riiberlommen.«
,,« a, das ist eigentlich das Ver
niinstigsie, was wir thun können, lie
ber Freundl« versetzte der König, bei
sällig nickend. »Gut, ich mach mich
auf den Weg. Größen Sie Majestiit
den Kaiser von mir und melden Sie
dem hohen Herrn mein Bedauern über
diesen schlimmen Ausgang der heuti
gen Itang
»Ach was —- was heißt schlimm,
Majestiit?« meinte der Förster leicht
hin. »Unser FranzL Herr Jessas, die
Majestät der Kaiser is so a sauhund’s
Wetter schon g’wiihnt; dem alten
Herrn is dös Wurscht.«
hhrmit stand der diedere Förster
aus, griff nach Rucksacl, Bergstock und
Sinnen, stülpte den Hut aus, psisf
seinem Hund und trollte sich freund
lichst lächelnd von dannen. König
Albert aber schlug sich auf dem ange
zeigten Gangsteig durch die Büsche und
ermatte nach zineistiindiassin Marsch
die Sinnlyikte der beeren Linnemie:i,
bei der er bescheiden nni einen Unter
ftand was-end des irtezrens s-at.
Die barbe Annemierl, eine Pia-id,
die länast aag den-. Schneider war,
itiitzte bei dieser Bitte beinabe beleidigt
die Arme in die drallen Hüften. »Das
is ja noch schöner« —- meinte sie.
,,Heuni willst an Unieriiand bei mir
liab’n« wi den Franz-l nnd den
König Albert von Sachsen erwarten
thua. Hast denn nit g’fel)g’n, wia i
mein’ Kaser tranzt hab«?«
»Ja, das sclmn,« meinte Albert la
chend, »aber scheu-, schöne Sennerin,
Du kannst doch bei einem Hundewetter
wie es jetzt ist, nicht einen altenMann,
wie mich, rausjaaen. Das wäre ja
gegen allen Alinekdra:ich.«
»Na gut« —- meinte die herbe Anne
rnierl, zum Frieden einlenkend, »i bin
a ehrliches Christenineiifch und jag’
Di nit raus wie ’an Hund. G’fcheiter
wär's freilich, wenn so a alter Knopf
wie Tn bei sein Weib dahoam bleibet,
aber für die Dummheit is halt rnal
toa Gras g'wachi’n. J will Dir was
sag’n. J gieb Dir ’an Unterstand,
dafiir muaßt Du mir aber auch auf
das Rahmmuaß aufpassen, wenn i iatz
furtgeh, und für die Majesiäten a
frisches Wasser hol’. Daß D' mir aber
ja nit anbrenna läßt, dös sag’iDir,
alter Freund, da taant i wirklich sau
fetzengrob werden«
Der so schmählich vertannte »alte
Freund« war niit dieser Bedingung
vollständig zufrieden. Er versprach mit
heiligen Eiden, das Rahmmuß zu
wahren, legte feine Equipirung ab und
sah- an den Kochherd aelehni, aufmerk
sam der harben Annemicrl zu.
»Na, verstehst es nun?'« wandte sich
die Sennerin nach einer Weile an ihren
undequemen Gast.
· Hönig Albert,»der eåwppl meister:
cquc fertig granste, Jowiswucu nur«
Armeecorps zu placirsem sag-te jetzt
kleinlaut ja. Er mußte es, wollte er
nicht ans dem Kaser gewiesen werden
oder seine falsche Persönlichkeit aus
geben, die so unangenehme Ueber
raschung bei seiner Enthüllung ver
sprach. »
»Na guai, da hast den Kochloffel
und rühr’ fleißig um,« befahl die Be
herrscherin der Sennhiitte. ,,J gch’
jetzt Wasser holen. Aber bös sag’ i
Dir, daß Du mir mein Rahmmuaß
nit anbrenna laszt.«
So vertauschte denn König Albert
den sieggewohnten Marschallsiab mit
dem Kochlesfel der harken Annemierl
und bemühte sich, die Sache im Lau
senden zu erhalten« Ja, das war frei
lich schlimmer wie die Sache bei Gra
velotte. Es dauerte gar nicht lange,
da roch die Sache brenzlich, aber so
leicht ergiebt sich kein ,,t«ioch«, der vor
dreißig Jahren vor einem ganz ande
ren Feuer gestanden hatte. »Aus diese,
Pfanne gehört Schmalzt« dachte sich
Albert und sah sich um, wo er das
Rettungsmittel zu suchen hätte. Er
hatte wie immer Feldherrngliick. Die
harbe Annemierl hatte den Schmalz
topf ganz in der Nähe stehen lassen,
und nun schötsfte der hohe Koch einen
so großen Löffel davon in die Muß:
pfanne, daß das Feuer bald bis zur
Decke schlug.
So eine Wirkung seines Nachschri
bes kam ihm allerdings iiberraschend.
isr ließ den Brand zu Ende kommen
und opferte dann die letzte Reserve. —
Wenn sie sich auch im Feuer hielt, der
Erfolg war ein sehr zweifelhaften Der
Stellvertreter der harben Annemierl
stand in einer Dunstatmosphäre, gegen
welche der Pulverdampf bei Sedan ein
Schleiergebilde genannt werden mußte.
Schließlich wurde der große Stratege
rathlos, denn esdrohte ihm eine voll
ständige Ausräucherung
Endlich tam Hülfe — aber was siir
eine!
Schon von Weitem hörte er dran-«
ßen der harben AnnemierPs Stimme:
»Herr Kaiser« Majestiit, da schauen’s
nur her! der alte Batzer hat mir wirt
lich ’s Essen anbrenna lassen! Nun
hab i nix mehr sür Sie und siir’n
Herrn Kinig von Sachsen« Aber war
ten «S’ nur, Majestät, wenn i ihn
noch lebendia sassa krieg, nachher sollen
Sie was erleben. Herr Kaiser Franz!
J schwör’g Jhna, itratz ihm Die
Aug’n aussa, dem Bayer, dem elendi
aen.«
»Na bist denn nach nit dersticlt drin
nen in der Hiitten?« schrie sie daraus
Durch die acijfsnete Thiir in den Fiaser
hinein. »Aus der Stelle kommst mir
anssa und bringst mir ’g Psand’l
mit!« Der bedräirte Koch ließ sich
das nicht zweimal sagen, er war sroh,
in die srische Lust zu kommen. Kaum
ivar aber seine ehrwürdige Gestalt
unter der Thüre erschienen, alg Kaiser
Franz in ein zwerchsellerschütterndeg
Lachen ausbrach.
»So, das ist der Kochs« ries er.——
»Senn-:rin, das glaub ich, dasz anen
der Herr hier das Rahmmuß hat an
brennen lassen. Er versteht wohl
Schlachten zu schlagen, aber vom Ko
chen hat . er keine Idee Annemierl,
das ist mein Freund, Seine Masestät
der König von «Sachsen.«
Der harben Annemierl entsiel bei
dieser Erössnung vor Entsetzen der
Wassertrug, so daß er in unzähligen
Scherben am Boden zerklirrte. Wie
versteinert starrte sie aus den »Batzer«.
dem sie vorhin noch die Augen ans
krayen wollte, nnd der jetzt rußge
schwätzt vor ihr stand.
»Nichts für ungut, schöne Seme
rin,« tröstete sie jetzt lächelnd der
König, »ich werde siir allen Schaden
austornmen, aber Koch spielen thue ich
mein Leben lang nimmer. Das Ge
xclzixft ist ja zum Ersticken.«
ist«-O lsar selbstverständlich daß die
aus einmal sehr tleinlaut gewordee
vtnneinierl ihr verbrannteb Rahmmuk
tonralcch belohnt bekam, aber trotdem
itt ihr der Schreck über ihrem Miß
griff wochenlang nicht aus den Glie
dern gegangen.
Sich-er ist es aber, daß sie dem ed
len Monarchen, den jetzt die Gruft
deckt, einegrrtfrichtigeThräne der Dant
barteit nachweinen wird. Der Ber
blichene war ein Fürst, dessen erstes
Prinzip darin bestand, Mensch zu sein
und Menschen für den menschlichen Be
ruf heranzuziehen.
——--.
Des pfarrers Bruder.
Von A.Achlettner.
Mit dem Herrn Pfarrer von Kirch
bach ist’5 gut verkehren.
Da lvmmt der Pfarrer auf der
Gasse einmal mit seinem Bruder zu
sammen, der ist Bauer zu Kirchbach
,,Recht ist’s mir, daß ich dich seh,
Bruder!'« spricht ihn der Pfarrer an.
»Ich ha«b’ mit dir ein paar Wörtl zu
reden.«
»Ja, brav,« sagt der Bauer. «Red’
nur her, ich halt’ schon still.«
..Bruder,« sagt der Pfarrer, bleibt
stehen und macht ein ernsthaftes Ge
sicht, ,,am vorigen Sonntag hast dd
mir wieder einmal nicht gar viel Ehr’
gemacht. — Hast wieder einmal-«
Mit einer Handgeste zeigte er das
Trinken an.
»Ah, darum!« ruft der Bauer
wohlverstehend aus. »Wenn’ö sonst
nichts ist. Des Tröpfel Weins wegen
wirst mir nit bös sein« Hochwürden
Schau, ein wenig trinken muß der
Mensch, wenn er Durst hat. Jst ja
nichts Schlechtes. Daß man sich tei
nen Rausch» angießt, so gescheit ist
lliusl IUUle als-«
»Schön!« sagt der Pfarrer, ganz
weich sagt er’s. »Das ist also tein
Rausch gewesen in der vorigen Sonn
tagsnacht, wie es dich beim Heimgehen
hin- und hergezogen hat, daß dir schier
die Straße zu eng geworden ist.«
,,Ht hi«, lacht der Bauer, ,,hin- und
herzt-geri, sagst! Die Straße zu eng
worden, meinst! — Kommt mir schier
selber ein Bissel verdächtig vor. Wet
ten will ich nichts, Pfarrer, eg war
ein Räuschei. Aber weist, Herr Bru
der, ’s hat’s Niemand gesehen. Und
das ist die Hauptsach!
,,Niemand gesehen?!« wendet der
Pfarrer ein« »Daß tein Mensch auf
der Gasse wäre, meinst, Adends,wenn
die Leut vom Wirthshaus heimge
hent«·
»Im Gottesnamen, so haben sie
mich halt gesehen!« sagt der Bauer-,
»was liegt denn daran! Wenn sie
mich nur nit erkannt haben.«
»Nicht erkannt haben!« sagt der
Pfarrer und legt die Hände zusam
men. »So werden halt der Brucken
Michel und der Senschlager-Thomas
einen stockfremden Menschen von der
Gasse in dein Haus trag-en!
,,.lch was!« schreit der Bauer, »er
tannt hin, erkannt her! Wenn ich nur
selber nichts davon weiß.«
»Bruder!« sagt nun der Pfarrer
mit Giite und Ernsthaftiaieit. »Scha
men sollst dich. Denke an’s liebe Vieh.
Deine Ochsen, wenn sie beim Brun-«
nen stehen und trinken, die wissen,
wann sie genug haben.«
»,He he,« lacht der Bauer-, »Pra
der, Herr Pfarrer. Wenn — he, he
ivenn ich beim Brunnen steh und Was
ser trint’, da weiß ich auch, wann ich
genug hab!«
Liszt Amt-both
Ein alter Herr erzählt über eine
Begcgnurtg mit Liszt: Ueberall war
ler ein nicht nur gern gesehener, son
dern ein gefeierter Gast. Namentlich
von den Damen, älteren sowohl wie
jüngeren, wurde er oft in reichlich
überfchwenglicher Weise angefchivärmt,
verehrt und natürlich auch verwöhnt.
Selbstverständlich war in jeder Ge
sellschaft, in welcher er zugegen war,
der Höhepunkt des allgemeinen Ent
ziictens erreicht, wenn er sich an den
Fliigel setzte und durch sein unbe
schreiblicheg Spiel Begeisterung ent
sachte. Er kam der Bitt-e. zu spielen,
stets mit der liebenswürdigsten Be
reitroilligleit nach, trotzdem cr, wie er
mehrfach betonte, »eig-:ntlich tein Cla
viersvielier sei.«
So befand sich auch Liszt ein-II
Tages mit ein-er kleinen Zabl ihm be
kannter und befreunceter Herren und
Damen, zu denen ich auch gehörte
zum Mittagessen beim Buchhiindler
V. Die Unterhandlung bei Tische
war außerordentlich anregend. Aus
mertsam lauscht-en wir Liszfs Erzäh
lungen, die er in der unterhaltendsteu,
oft riecht sartastischseu Weise zum Be
sten gab. Nachdem man vom Tisch
ausgestanden, kam bei den jungen Leu
ten sehr bald der Wunsch zum Tan
zen zum Ausdruck. Als Liszt das
hörte, erbot er sich sofort, zum Tan
zen aufzuspielen. Unter allgemeinem
Jubel wurde er zum Flügel geleitet,
und während er in seiner genialen
Weise zu präludieren begann, stellte
sich die Jugend auf, urn mit dem Tan
zen zu beginnen. Damit hatte es aber
vorläufig noch gute Wege. Liszt ging
in seinem Vorspiel vollständig auf
und dachte ebenso wenig an das Tan
zen, wie wir jungen Leute. Das fröh
liche Geplauder war sofort verstummt,
und wir alle, alt und jung, lauschten
aufmerksam den herrlichen Weisen, die
Liszt in so gewohnter Weise dem
Fing-i zu musan verstand. ?
mitten im fchiinften Spiel, Mit-f es
kräftig einen Akkokrd an und, si ents
ifchutdigenty das Auffpielen zum ans
zen ganz vergessen zu haben, fragte ex
eine dicht bei ihm stehende junge D
me:
»Nun, was foll ich denn M spi
lenk
Diese Dame, ein nettes, lieben-O
würdiges junges Mädchen, das ·
aber nicht gerade durch geistreiche W
mertungen auszeichnete, antwortii
ganz verfchämt:
»Ach Herr Doktor, spie
len Sie, was Sie am befielji
tönnenk
Die allgemeine Heiterkeit ob dieses-Z
Einfalt war kaum zu unterdrücken·
Liszt selbst erschien diese Autpr
höchst ergötzlich und alsbald begann
er ,,aufzuspielen«. Daß man abergui
danach hätte tanzen töunen, das wiI
ich nicht behaupten.
--———-.-.---———
Madame Oratctfvru0.
Ein Kaufmann wird von einem an
dern um Auskunft über die gefchiifb
Eiche Lage feines besten Freundes se
’ e en.
Gutes tann er nicht sagen, Schlech
tes will er nicht sagen, alfo verfchanii
er fich hinter ein kleines Ohrenleiden,
das er hat, und thut, als hab-: et die
Frage nicht gehört.
Es nutzt ihm indeß nichts, der An
dere fragt ihn mit lauter Stimme
noch einmal, und so fagt er endlich
achfelzuckendt »Genaues weiß ich fec
bet nicht, wie ich höre, ift er gut.«
Kurz nachher macht fein Freund
Bankerott und reißt jenen Fragestellet
mit hinein. Wüthend rennt diefer
dem Auskunftgeber und schreit: » ie
haben Sie mir sagen können, daß des
Mann gut ift?«
«Eriauben Sie, das habe ich nicht
gefant,« antwortete ihm unfer Laufs
niann ruhig. »Ich habe nur gefa«t:
Wie ich höre, ift er gut-und ich h c
bekanntlich fehr fchlecht.«
--—-—
chirbild.
Ein frommer Knecht tun-r Fridnlinj
Hier suchet auf dem Bilde ihn!
Vorüdung.
A: »Heute ist also die Meia ins
ihrem Professor getraut worden?!«——
B.: »Ja! Um sicher zu gehen, hat sie
ihn aber kurz vorher noch huudcrjuml
»Ja« sagen lassen.«
z
Schlimme Ahnung.
A. fzu B., Der in ein Haus eintriity
,,B!eibst Du lange d’rin?s« —- B.: »J«
glaube nicht, ich will um die Tochter
des Herrn Direktors onhulten.«'
Ja so.
»Aber Justinri Der Brief an Dei
nen Schatz wimmelt ja von Fehle-ruf
—-« »Natürlich! Was glaubst Du deuns
Anders tönnx’11 ja mein Schorschl got
nicht lesen!«
Nach den Flimrwochnh
Sie: ,,Fveilich Versprach ich Dir,
Arthur, mit Wenigem zufrieden zu
sein — ich bin sogar noch mit viel we
niger zufrieden.« —E.r: Allerdings
I«
—mit nichts.
Jmmrr im Geschäft
Sängerin: Cauf der Bühne singend):
»Ein bang’ Geheimniß druckt mich..«
— Bankier Tulpicnthal (zu seinem
Nachbar): »Was hat se gesagt? E«
Bankgeheiumiß drückt M«
J
Auf Einm, Der durch seinen Cha
rakter ungliidljch ist, kommen Zehn,
die durch ihre lifharutterlosigteit glück
lich sind.
Keiner Zit so iibermiithig alg ein
Dunnutopf, tcm etwas-« gegliidi ist.
Boshqu
.--.- IN NR
Y—-s«-f6 FAUSij
U»Wie gefällt Jhnen unsere neue Ro
loratur - Sängerin außerhalb der
Butme2«
«Wäre gar nicht übel, wenn Sie nur
etwa-H weniger —- toloriten wollte.«