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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (Aug. 8, 1902)
W Das Juwel. Oumoreste von F r i h E r n st. Der herr Kommerzienrath Setler saß in seinem Privattomptoir, einer bebogiich eingerichteten Klause, und sah die eingelausene Post durch. »Hnrrah!« rief er plödlich, einBriess platt tote eine Fahne iiber seinem Haupte schwenkeno und im Aussprins gen den Schreibsessel umwerfend — Durrahk Dis ist eine famose Jvee von dem Jungen! Doch ein Prachtterl, hat sein Doctor-Examen gemacht, sogar sehr früh gemacht, und der Erste, dem er es meldet, bin ich. —- Nun freilich, ich bin ja gewissermaßen sein Vater, habe ihn ja erzogen von seinen ersten Geboersuchen an tin Herrn Seilers Stimme machte sich eine schtuchzenoe Rührung bemerkbar-L von seinen ersten Geboersuchen an, bis er die Hochschule bezog.——-Ob er beklommen darf, um mit seinem Vater — er schreibt doch Vater-? —ja, Vater nennt er mich — um mit seinem Vater über seine Zu kunft zu berathen und sich ein wenig von den Anftrengungen des Examens zu erholen? Aber natürlich! Eigent lich sollte er weniger lange gefragt haben, sondern gleich gekommen seini« Herr Seiler eilte zu dem neben sei nem Schreibtisch angebrachtenSprach rohr, das nach der unteren Etage führte. —«Heinrich!« — rr Kom merzienratb?—— was wün chen Herr KommerzienratM !« —«Komm mal sofort heraus, Du mußt ein Tele gramm besorgen!« —»Jawobl, Herr Kommerzienrathi Komme sofort, Herr Kommerzienrath!« Zwei Minuten später trat heinrich —Komvtoirdiener und Universalfat tum —-—in das Privat-Komptoir. »Heinrich, Du mußt sofort und auf dem schnellsten Wege ein Telegramm an Rudolvh besorgen.« »An Rudolph, Herr Kommerzien rathi Er hat doch man keine Dumm heiten gemacht? J, denn soll’n doch gleich·..« »Ach was, Dummheiten, seinen Doktor hat er gemacht und herkom tnen will er.« ., « »’n Doktor, Herr Kommerzienratb —Sehn Se, herr Kontmerzienrath, hah’ ich es nicht immer gesagt, daß das ’n doller Junge is? ! —- Verzeihn Se man, Herr Kommerzienrath aber er is doch nu mal unser Junge; ich ha«h’n doch schon auf’n Armen getra gen, als er noch statts de Kehle de Windeln naß machte." »Gewiß, Heinrich, gewiß. Aber nun troll Dich; in zehn Minuten bist Du wieder hier, und inzwischen Mund hal ten, verstanden?« »Woll, Herr Kommerzienrath ich werde schweigen wie’n todter Molile.« Zehn Minuten später trat heinrich wieder ein. —,-JS besorgt, Herr Kom merzienrath nu kann er kommen-« »Na schön. Aber, Heinrich, wir sind eigentlich noch nicht so weit, daß er kommen könnte; tvo wollen wir ihn denn eigentlich hinstecken?« »Ach Gott ja, Herr Kommerzien rath, Se hah’n ja Recht, Herr Kom merzienrathl Na, das is man ’ne sa tale Geschichte. —- Wenn unser Ru dolph nu’n Mädchen wäre, oder Fel. Bertha ein junger Mann, denn könn ten se zusammen in Fräulein Berthan ihre Stube schlafen. —Ne, Herr Kom nierzienrat1), hab ichs nicht gleich ge sagt, als Herr Kommerzienrath da mals die große Umänderung machten, die Wohnung fiir Herrn Kommerzien roth wäre zu klein? ’n Zimmer fiir Fräulein Beriha, un’n Wohnzimmer, un’n Eßzimmer ———» wie wollen Herr Kontmerzienrath denn da Leute beher hergen?! —Nu lönn’n wir unsern Rudolph in’s Hotel hinschicken, Herr Kommerzienrath.« »Ach was, davon lann teine Rede sein; wir müssen eben sehen, wie es einzurichten geht. — Na, hast Du denn gar keinen vernünftigen Einfall.« »Hm, Herr Kommerzienrath, ich hätte wohl einen, aber das is man Poinsv « ««Z, was ist’g Denn?« »Ja, ich wollte Herrn Kommerzien roth vorschlagen, oosz Rudolph — herrn Rudolph meine ich — in meine Bude unten hausen könnte. Das Ding is hell und groß, geht oirelt nach De Treppe un stößt blos aus eine Seite an Die Bureailg, an das Kassenzim mer nämlich, un oa is de Thüre noch mit oen qroszen Arn-heim verstellt — wir hab’n ja, Gott sei Dant, ’n gro ßen, Herr Rommerzienrath·« »Aber, alter Jnnae, oieJDee ist ja großartig! — Zosork will ich —« »Nee, nee, Herr Konimerzienrath, die Idee is eben keine, wie ich ja man gesagt habe, Herr Kommerzienrath.« »Nami, Du wirst Dich doch nicht toeigern, aus ein paar Wochen Deine Stube zu räumen2« »den Kommerzientatht Für unsen RudolphA —Jn’n Ninnstein will ich kamt-new wenn’c niithi is! Aber die Sache hat’n Hasen, rr Kommer zientath, indem daß kein Ofen in die Bude is, un dadrum is die Jdee eben keine Idee, Herr Kommrzienrath.« »Das ist doch aber eine Kleinigkeit Wenn ich nicht irre, steht im Kassen rannte an der Verbindungtmauer der Osen2« »Jawoll, here Kommerzientath, der steht.« »Nun also! Wo ein Ofen ist, da ist « doch gewöhnlich auch ein Schornstein. , Du nimmst Dir sofort eine Leiter, ; Darunter und Meißel und schläsjst . durch die Wand ein Loch, daß man e n «- Mr hindurchstihren kann. Jch mei itt werde dafür sorgen, daß spä testens morgen sriih ein hübscher, klei ner Füllosen ausgestellt wird-dir isi sa die Morde «Juwel« besonders ge rühmt worden —und dannhat es un ser Rudolph, wenn er morgen Mittag kommt, so warm und mollig, als er es sich nur irgendwie wünschen kann. —Natiirlich werde ich heute noch die nöthigen Möbel kaufen.« »Möbel tausen?l Aber Herr Kom merzienrath, wir haben doch aus’n Bo den noch so ne Menge schöne Sachen, die damals ran gekommen sind, als Se darnals hier die große Umkrempe lung gemacht haben, Herr Kommer zienrath, wo werden Se denn da neue laufen, Herr Kotnrnerzienrath, die lornmen nachher doch blos auf’n Bo den.« »Ja, lieber Heinrich, das wäre ja ganz schön. »Aber wenn ich die Möbel vom Boden haben will, dann muß ich meinerTochter, die doch alle die-Schlüs sel hat« sagen warum. Und das will ich nicht, denn ich möchte gerne sehen, was Bertha sür ein Gesicht macht, wenn sie Rudolph so plötzlich sieht.« »Ach so, Herr Kommerzienrath, hm, hm, ich verstehe schon, Herr Kommer zienrath.« »Was-? Du verstehst? Nun einstwei len hast Du gar nichts zu verstehen, und Dein schlaues Grinsen kannst Du Dir anchsparen. —— Hörst Du, Du ver stehst nicht, und wenn Du plauderst, so sind wir geschiedene Leute.« »Aber Herr Kommerzienrath ich bin so stumm wie ’n marinirter He ring.« »Nun gut, und Du wirst dasin sor gen, daß, wenn die Möbel und der Ofen kommen, alles von der Hinter nasse nnä nn Ort und Stelle aebracht wird·« »Gewiß, Herr Kommerzienratli, wird allens besorgt, Herr Kommer zienrath.« —-——— Der Kommerzienrath und Konser venfabrilant Seiler saß auch an dem nächsten Vormittage mit hochzufriede ner Miene in seinem Privattomptoir. Erl hatte soeben die Einrichtung des Zimmers, das sinen geliebten Neffen und Pslegesohn aufnehmen sollte, einer Jnspeltion unterzogen und gefunden, daß alles gut war. Jetzt war Heinrich unten befchästiat, das ,,Jutvel«, ein wahres Prachtftiick von einem Füll osen, anzuheizem und er hatte Befehl, feine dabei gemachten Beobachtungen durchs das Sprachrohr herauf zu rufen. Herr Seiler gedachte jener Zeiten, da Rudolph noch in seinem Hause war und ihm den versagt gebliebenen Sohn ersedte. Rudolle war ein wilder Bur sche gewesen, stets voll toller Streich-, und doch ein herzensguter Junge, in dem nur ein Ueberschuß an Kraft nach Bethätigung rang. Auf der Schule lief-, er alle anderen weit hinter sich. War es da verwunderlich, daß Herr Zeiler davon träumte, der Pflegesohn möge dereinst sein Schwiegersohn wer den?! Und diese Hoffnungen waren feiner Meinung nach durchaus be griindet. Plötzlich wurde derKommerzienrath aus feinen Träumereien emporge fchreckt durch den Eintritt eines- Lehr lings,-der ihm die Bitte des Prokuri ften iiberbrachte, diesem eine wichtige, unauffchiebdare Unterredung zu ge-' währen, mit der Anfrage, ob der Herr Chef den Besuch des Prokuristen wün sche, oder selbft in’s Bureau kommen wolle. Herr Seiler sah nach der Uhr. Hm, noch zwei Stunden bis zu dem Zug, mit rein Nuoolph dem Telegramm gemäß eintreffen follie. —- ,,Ja, ich werde sofort zu Herrn Schmidt tout men.« —- Schnell verschloß er, als Mann der Ordnung, die lose dalie genden Papiere und verließ das Zim mer. ———— Raum waren die Schritte des Kom merzienrathes verhallt, da öffnete sich abermals die Thiir und herein trat ------- MI--- Z- m-: f«s-kti » IDII IUIIHLL JLIUIIII IIII Ulkijsszsusu, einen leichten Koffer in der Hand tragend »Hm, Onkel nicht hier? Pslegte doch sonst um diese Zeit emsig zu arbeiten. Na, kann auch in den Bureang oder oriiben in der Fabrik sein. Jeden falls aber will ich hier warten.« Er stellte seinen Handtosfer in eine Ecke, lies; sich aus die unter der Biblio thet stehende Chaiselongue nieder und schaute sich im Zimmer um. »Viel ber äncert in den Jahren, da ich nicht mehr hier wein-—- Ah—Berthchen! —Ja, so muß sie aussehen, die Hold selige, das ist ihr liebes Gesichtchen, und ich begreise den Onkel, daß er diesem Bilde den Ehrenplatz giebt. — Aber doch nur ein Bild, ich wünschte, ich hätte erst das Oriainal vor mir.« »Wen, mein Herr?« tlang hinter ihm eine silberne Stimme, und her umsahrend gewahrte er die Ersiillung seines Wunsches-. »Vertha!« —- ,,Rudolph!« Gleich zeitig tönten die Rufe von beiden Sei ten, und die beiden jungen Menschen kinder umschlangen sich in stürmischer Freude, die den Lippen des einen das Finden der des anderen bedeutend er leichterte. Dann aber prallten sie er schreckt auseinander-, wie zwei Kinder, denen nach oetiibter Missethat das Gewissen schliiat. —- Sie waren beide roth givorden bis an die Haare hin aus, und ein banan Schweinen machte dem einen die Situation so peinlich ioie dem anderen. »Wie groß und stark Du aewoeden bist!« brach Bertha endlich den aus ih nen liegenden Bann. —- »Und wie schön und blühend Dut« gab Rudolph begeistert zurück. —- «A ge,h Du willst intch bloß wieder« n en. gwie Du ei immer gethan hast.« — »Aber nicht doch! Ich versichere Dich, Du bist das schönste, liebreizendste Konsinchen von ver Weltt« —- Du, wenn Du seht nicht artig bist, dann betommst Du nichts zu essen, schon deshalb, weil Du Dich nicht angemeldet hast« »Bis jetzt is allens Qualm un Blaat!« tönte es da plötzlich von der Gegend des Schreibtischeg her, und er staunt sahen sich die beiden jungen Leute um. Da sie nichts entdecken konnten, wurden sie wieder verlegen, bis Rudolph begann: ,,Zag:est Du nicht, ich hätte mich nicht angemeldet? Aber ich habe doch dem Onkel geschrie ben, daß ich mein Examen glänzend bestanden, und er telegraphirte mir daraus, ich solle mich so einrichten, daß ich heute Miitag hier sei. Aller dingg bin ich eine ganz andere Tour gefahren und deshalb schon zwei Stunden früher angetonimen. Wenn aber der Onkel Dir nichts don meinem Kommen gesagt hat, dann tann ich nur annehmen, daß er Dich überra schen wollte, und nun, Herzengtdusiw chen, mußt Du mir sagen, ob die lieber raschung eine angenehme war?« »Na, nu fängt er endlich Feuer!« ließ sich die räthselhaste Stimme wie der vernehmen und schnitt Bertha die Antwort ab. Rudolph, der, ganz in den Anblick des jungen Mädchens- der tiest, den Zwischenrus nicht gehört hat te, deutete ihr Schweigen anders. — »Berthchen,« fuhr er dringender fort, »die Jahre, seit ich dies Haus verlas sen habe, waren Jahre fleißiger Ar beit sowohl als auch reicher Jugend lust. Aber im Hörsaal, auf dem Sportdlatz, im Kreise ver Freunde, iiberall schwebte mir Dein liebes Ge Ysichtchen vor, im Wachen und im Träumen warst Du meine stete Beglei rin." »Jetzt kommt er richtig in Zugl« klang es dazwischen und jegte Bertha eine Blutwelle über das Gesicht, wäh rend Rudolph ganz verwirrt wurde und fragte: »Ja, Berthchen, wer spricht denn hier sortwiihrend2« »Ach Gott, ich weiß es ja auch nicht; es muß wohl draußen sein. Mir ist es schon ganz unheimlich.« »O, Du kannst ganz beruhigt sein —- unter meinem Schutzebist Du sich-er gegen jede Ansechtung.« »Na qualmt er wieder wie toll!« klang die Stimme aus dem Hinter grunde, und mit den Worten »da war es wiedert« erhoben sich die beiden jun gen Leute und singen nun an, das ganze Zimmer einer genauen Durchm chung zu unterziehen —- naiiirlich re sultatlds. — Berthchen stiegen die Thriinen in die Augen, denn die Sache wurde ihr thatsiichlich unheimlich. Ru dolph suchte ihr Muth einzusprechent »Beruhige Dich doch, Berthchen, was kann es denn sein« höchstens ein Selbstgespräch das Jemand in der Nähe führt. Was auch solltest Du denn fürchten? Ich werde meine schützende Hand über Dich halten, Dich beschir men und hüten, als mein kostbares Juwel!« »Das soll ’n Juwel sin?! —- ’n ol les abenluder ir- ess« Bestiirzt und sprachlos sahen sich beide an. Auch Rudolph konnte sich eines merkwürdigen Gefühls nicht er wehren, da ihm gant räihselhast blieb, wo die geheirnnißvolle Stimme ihren Ursprung hatte. Schließlich aber sag te er sich, daß es wohl kaum etwas Uebernatiirliches sein könne, und so zog er die leise weinende Bertha auf die Chaiselongue nieder und setzte sich, ihre Hände fassend, neben sie. »Saae, Berthchen mein Schatz, hast Du denn wirklich Furcht in meiner Nähe? Doch gewiß nicht!« ,.,Nu, sängt er wieder son bischen an.« »Lasz nur jene räthselhaste Stim me, wer weiss« wer sich da einen unpas senden Scherz macht. Hat der Lau scher aber soviel gehört, dann mag er auch noch mehr hören. Beetho, mein Kleinod, wiirdeit Du Dich meinem Schuhe nicht für’s ganze Leben anver trauen!« »Allens Feuer un Flamme! —- Nu wird er warm!« »Du sagst nicht nein? —- Du ent siehst Dich mir nicht?! O, dann, dann lasse ich Dich auch nicht mehr, mein Lieb, mein Weih, mein —- ja, noch ein; mal —- mein Juwel!« »Na, das is doch noch was sors Je fiihlt —- Aher »Juwel« is dafor noch die reine Beleidiquna!« —- —— — ,,Meinit Du, Heinrich?t tönte da aus der Schreihtiichecke hinter den Lie benden eine zweite iräftiae Stimme, und aanz konsternirt aus ihrer inni nen Umarmunq auffuhr-end blickten Beetha und Rudolka in das ieiin leuchtende Gesicht ihres wirklichen Pflege- und Schwiegervaters. »Jatoohl, Herr Kommerzienrntli Ich fürchte bloß, unien Rudolvh wird auf die Weise der Kopp zu warm ak macht un wenn er denn ne plötzliche Ahkiihiunq kriecht. »Steine Anas, « reif Herr Seiier durch’s Sprachrohr hinab, »das sieht mir hier nicht nach Abkiihknna crust-— Aber nun komm schnell herauf, hier oben qiebts eine gute Neuigkeit!« »Eine aute Neuigkeit?t —- Hurra! Rudolph!« »Und Berihn!« rief Herr Seiler. ,,Un Vertha?! —- sfräulein Beetha natürlich, Herr Kommerzienrath Ru dolvh un Berthat — Tiber. Herr Kom merzienrath hob’ ich nich immer ne saqt, Rudolphis n voller Junge, Herr KommerzienrathLL — —- —« W— Mancher trinkt Wein —- obwohl Fätärtdat Wasser schon bis an den Hals Der letzte Kuß. Skizze von Marter-. Glaser. Fünf Jahre lang waren sie verhei rathet; fünf Jahre lang waren sie ne ben einander her gegangen, in fester Liebe, in vollste-n Vertrauen und Ver stehen, in geistiger Verbundenheit, in weltlichem Frobsmn. Das liebe Kind, das zwischen ihnen » aufwuchs, trachteten sie gut und tüch tig zu erziehen. Zu ihrer großen Freude wuchs das Bürschchen heran, tlug und schön, voll von einer gewissen - Grazie und Lieblichkeit, die der ausge sprochenen Jungenhastigteit doch kei nen Abbruch that. Jeder Tag in einer solchen Ehe, mit solch einem Kind im Hause, ist ein Fest. »Wie glücklich die sein müssen!« ———Jeder, der die drei auf der Straße, im Wagen, irgend wo, irgend wann sah, mußte es denken. Der jungen Frau zarte Schönheit, des Mannes anziehendes, marliges Gesicht, Bubi's lichtes-, liebes Wesen kam einem nicht so bald wieder aus dem Sinn, und namentlich der zärtliche Klang, mit dem der Kleine das Wort ,,Miitter chen!« sagte, klang einem lange im Ohre nach. ,,Miitterschen!«—Kein Mensch hatte ihn gerade diese Form gelehrt. Der junge Rath nannte sein blutjunges kleines Weib ,,Mutter«, beinahe vom ersten Tag der glückseligen Ehe an, — und Erni hatte als erstes deutsche-s Wort Mutter sagen gelernt. »Mutter« und ,,Darf ich?« waren die am meisten gebrauchten Worte seines bald er fimmlivb «kn5-n hnn her-klinme eins-. nen Erfindungen strotzenden Kinder Wortschatzes ,,Darf ich?« Das Wort lag ihm förmlich im Blute, dem am stricten Gehorsam, stricteste Rücksicht auf den Willen seiner Eltern giewöhnten kleinen Mann. Gehorsam gegen die Mutter hatte der Vater ihm besonders eingeschärft. Daher« dies hundertmal des Tages widerholte: »Mutter, — darf ich?« »Mutter, — darf ich ,,Miitterchen« zu Dir sagen?« kam’s eines Tages beim Gutenacht - Liebchen zärtlichs heraus. i »Das darfst Du, Bubi!« » »Gute Nacht, mein Miitterchen!« Sein ,,Miitterchen« blieb sie nun. Und »Mütterchen, darf ich?« tlang’s von Morgen bis Abend hell und froh durchs Haus. Und wenn er nicht durfte, was er wollte, dann hieß es lachend oft mit mühsam unterdrück ten Thränen, in tapferer Selbstbe - herschung: ,,Miitterchen, dann schadet’s auch ni«chts!« Denn er wurde zum strammen, echt bubenhaften Jungen herangezogen. Er sollte sich zusammen nehmen, nicht jammern, nicht weinen, Verbotenes verschmerzen. Da gab’s manche schwere Ueberra schung. Den jungen Eltern selbst ward die konsequente Erziehung nicht leicht. Manch liebes Mal wären sie am lieb sten umgekehrt, wenn Bubi sich die brennende Lust, mit ihnen auszu-» gehen, ohne Klage, ohne ein ZuckenI des lieben Gesichtes verbissen hatte, weil es klipp und klar geheißen: »Nein, heut’ nicht! Heut’ geht es nicht! Heut’ geht es nicht! Heut’ bleibst Du bei Meiner Ma rie zu Haust« Dies riihrende, heiter entsagende: »Adieu, Vater! Adieu, Mütterchen!« beim Abschied dann, — was lag da rin! Fast noch schlimmer und schwerer! inne- hnä Qusmnäbspibpn fiir hon Hof-i nen Mann, wenn Mütterchen alleint ausging. ! Und einmal wars ganz besonders! schwer. ! Das war nach langem, biißlichem» scharfem Nachwinterwetter der erstel sonnige, locksende Frühlingstag· Ueber I Nacht schien irgend ein unsichtbarer, unbegreiflicher Zwang gebrochen. Et was Jubelndes lag in der Lust. Und Mütterchen sah so schön aus in dem neuen grauen Kleid und dem kleinen Frühlingshut. Mütterchen war so lange nicht hinaus gewesen. »Nein, Du darfst heut’ nicht mit gehen, Bubi! Jn einer Stunde gehst Du mit Marie aust« hatte sie gesagt. Da war er still in seinen Spielzeug wintel gegangen, frisch draus los« stramm und bieder, als sei nichts ge schehen, als tobe lein Kampf zwischen Wunsch und Entsagen in seiner kleinen Brust. »Soll ich das andere heut’ lassen?» Mit ihm ausgehen?« dachte die junge( Frau einen Augenblick Da kam diese Angst, dieser Schmerz wieder. — — Nein, heute mußte es sein!,·. Wie lange hatte sie auf den ersten warmen Tag gehofft! Sie war trank gewesen den halben Winter, viel, viel kränker, als sie gezeigt. Der leichte Hustem mit dem sie sich herum ge quält, schien aus einem wunden, weihen Schmerzensherd in ihrer Brust heraus zu kommen. Die Hitze stieg ihr ost so jäh ins Gesicht. Und im warmen Zimmer fror sie dann oft wieder so sehr. —- — Jhres Mannes Aengstlichteit hatte sie lachend besckyoichttgt. Jix —- . Aber die eigene, die seit ein paar Wochen jäh erwacht, die sich in schlaf losen Nächten drohen-d erhob, ließ sich auf einmal nicht mehr beschwichtigen Sie wollte Gewißheit haben! Zum Glück hatten sie seit Erni’s Ge burtstag keinen Arzt mehr ge braucht. Der von damals war wegge zogen. Kein leichter Entschluß war ihr’s, zu dein ganz fremden zu gehen; der erste, tüchtigste sollte es sein. Sie hatte sich wohlweislich erkundigt. Al lein, ohne ihren Mann wollte sie gehen, ihm die Sorge hinausschiebem wenn’s eine war, ihm im anderen Falle lachend gestehen, was sie ihm er spart, und wovor sie sich umsonst ge ängstigt hatte. »Adieu, Bubii Frühstück schön! Folge qui!« Er springt von seiner Pferde - Be sorgung auf, läuft auf sie zu, breitet die Arme aus: »Adieu, mein Mütter schen!« Seine Stimme klingt ganz tapfer und hell, unsagbar zärtlich. »Mein Mütterchen!« wiederholter noch einmal, sie betrachtend. Was ist’s nur, was ihn packt in die sem Augenblick? Er läuft zu feinen Pferden im Spielzeugwintel zurück, macht sich emsig zu schaffen mit Zü gel- und Zaumzeug, beugt sich tief herab. Was er murmelt, gilt dem Schalen Das ist ein Durchgängeh dieser Schsecki Aergern muß man sich über den! Bis zu Thränens Ja, bis zu ungestüm iiber die Bäck chsen kolliernden, glühend heißen Thra neni Da fteht 'hi- Ntiittkr nackt un sieht ihn erstaunt an. Mit einem raschen Blick sieht er sich um. Da, —- ein safsungsloses Aus schluchzenl Er springt auf. »Mütterchen! Mütterchen!« — ,,·Darf ich nicht doch mit? Darf ich nicht?« will er fragen. Da aber strafst sich der unsichtbare Zügel der Erziehung mit einem ein zigen Ruck. Während er ausstand, hat er sich beherrscht. Die kleine Amt-and lung von Unart und Eigenwillen ist bezwungen. Der liebste Ausdruck liegt auf seinem kleinen, runden Thränen gesicht, als er der Mutter zufliegt. »Mutterchen, darf ich—Dir noch ein Küßchen geben?« klingt es nun llar und hell. Sie hat ihn innig ans Herz gezogen, ihren lieben Jungen. Sein Mündchen lag wie eine frische Rose auf ihrem Mund, und die stärkste und reinste Zärtlichteit der Welt strömte von seinem tleinen Herzen zu ; ihrem. Froh und freudig ging er dann zu seinem Spiel, in seine liebe Kindheits ; welt, zurück. Und sie fuhr durch den Sonnen schein dahin. Das lange Warten in dem besetzten Wartezimmer ward ihr leicht. Und- auch die gefürchtete Consulta tion war gar nicht so schmer. Was der kluge und liebenswürdige Arzt da sagte nach sehr langer, sehr genauer Untersuchung, klang nicht schlimm. Es werde jaFrühling, das sei ungeheuer günstig. Sie solle sehr viel Milch trinken, solle im Sommer an einen stillen Ostsee-Ort. Dann noch viele Verhaltungs-Maßregeln, ruhig, heiter gegeben, in leichtem Ton. Nichts Beängstigendes dabei! Nein, wie scharf und forschend sie ihn auch ansah, nichts schwer Bsesorgtes, Besorgnifz Erregendes lag in seinem Blick. Er nahm die Sache leicht. Und ihr ward’s plötzlich auch leicht ums Herz. Oefter wieder zu kommen, versprach sie ruhig; sie konnte ihrem Mann ja nun alles fagen. Bedenk-würdigen freundlichen Blickes gab der Mann ihr die Hand zum Abschied. ,,,:!eur — eins —-—!« Sie stand, ihre Hand in der seinen, schon in der Nähe der Thür. ,,Eine Bitte! Jhren kleinen Sohn betref send!« — Sie sah ihn an, wild er schreckt aus einmal durch iraend ein unbeschreibliches, unerklärlichses Et was in seinem Aussehen, seiner Stimme. Und doch, — nein, — er war ja der Alte! Er sah sie so liebenswürdig bittend an, —- so zart bittend. »Kiissen Sie Jhten Jungen nicht!« Er sprach den Satz hin, als sei er nicht zu Ende gesprochen. Aber ihr jähes Auszucken schnitt ihn ab. Sie selbst ergänzte ihn, und die wilde Todesangst der Verurtheilten sprach aus dem einen Wort, mit dem sie ihn ergänzte. »Nicht —- mehr!« s .. Sie faßte sich bald. Er sprach so gut zu ihr. Und sie hatte ihren Klein-en nicht ohne Rückwirkung aus sich selbst zu Tapferkeit und Selbstbeherrschung erzogen. Ruhig suhr sie nach Haus, —- tod tenblaß. Es gab nun kein Vserschweigen mehr. Eine Aussprache zwischen den Gat ten, die kein Wort schildern könnte! Dann ein strenges, festes, liebevolles Gebot an den kleinen Liebling, ohne Warum. Dann noch Jahre Wie ein langer, goldener Herbsttag waren sie, ein langes, Liebe-übergolde tes Scheiben. Nie mehr hat die junge Mutter nach jenem Abschiedskuß ihr Kind geküßt. Nur einmal hauchte sie noch iiber seine Sten, —zunr letzten Lebewohl. Ein Zauberkunststück . » Hier ist ein großes Glas beinah ; bis an den Rand mit schwarzer Tinte i gefüllt Um nun die Tinte zu prüfen ; nimmt man eine Karte, z B. Herzen Aß, und taucht sie in das Glas. So wie man sie heraus nimmt, ist natür lich der eingetauchtse Theil schwatz,wie JWN v-« -·« - in Fig. A. ersichtlich. Dann bedeckt man das Glas mit einem weißen Ta schentuch, und mit dem Ausruf ,,Tinte, verschwinde«, nimmt man das Tuch fort, um den Zuschauern ein Glas voll klaren Wassers zu zeigen, in dem ein Golofifchlein lustig herum schwimmt »O i Dies-er interessant-e Tric wird sol gendermaßen ausgeführt: Die augen scheinlich-e Tinte besteht aus einem Streifen schwarzen Papiers, welches genau nach der Form des Glases ge schnitten wird und sich den Seiten an paßt. Aber wie erscheint die Karte schwarz nachdem man sie hineinge taucht hat? Die Karte ist doppelt, d. h. zwei Karten werden mit den Rück seiten zusammsengetlebt und der un tere Theil der einen Karte, die man dem Publicum nicht zeigt, wird mit Farbe oder Tinte schwarz gemacht. Jndem man das Glas mit dem Ta fchentuch bedeckt. nimmt man zu glei cher Zeit das schwarze Papier mit heraus. Dann sieht man das klare Wasser mit dem darin herumschwims menden Goldsisch, wie Fig. B. zeigt. Um neugierige Leute fern zu hal ten, kann man sie darauf aufmerksam machen, daß die Tinte sie bespritzen würde, wenn sie zu nahe kämen. -——-—-· Das Glück ist bequem. Will es der Zufall, daß ihm als Erster ein Esel über den Weg läuft, sogleich lädt es diesem die ganze Be scheerung auf. , Ein Reinsall. Sie Centtäuscht über ihren Som merausenthalt): »Himmel — und wegen eines solchen Restes muß man dreimal in Ohnmacht fallen!« Galant. Herr: »Wie freue ich mich, Fräu lein era, Jhre werthe Bekanntschaft gemacht zu haben! . . . Jetzt verstehe ich erst, warum ich mich bisher so ge langweilt l)al)e!« Art-J der guten alten Zeit. Soloat: »Warum red’t Denn der Hauptmann heut’ gar nix mit Dir?« Kamerad: »Ja, weißt D’, den hab ich bei Der gestrigen Parao’ zwei Mal auf b« Füß’ treten!« Pech. »Wie geht’s Jhnen denn in Ihrer neuen Heitnatl), Herr Dottor?« »Denken Sie sich —- ich hatte schon eine ganz hiibsche Praxis . . . . auf einmal wird mein PZattcnt unwohl und bleibt aus-LI« .- - Uebrrflüssige Aufmerksamkeit Köchin: ,,«JJiadama, machen tvie heui’ ’n Herrn sei’ Leibspeif’, Leber tlöß mfit Sauertraut!« » Frau: ,,Reiln! Heut’ ist er ja fo, wie so schon gut aufgelegti« s Höchste Aufmerksamkeit Wirth: »Herr Baron, die Bedie nung war hoffentlich recht aufmerk sam?« Baron: »Seht! Kellner und Mäd chen horchten sogar an der Thüri« Pech. A.: »Der Apotheter Mifch hat ja schon wieder einen andern Provisor!« V.: »Ja, der bat in letzter Zeit viel Pech gehath der erste Mar Wort-hi ntft, der thetie Altoholift und der letts Bicycliit.