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About Nebraska Staats-Anzeiger und Herold. (Grand Island, Nebraska) 1901-1918 | View Entire Issue (July 25, 1902)
Sonntag-J Blatt Beilage des ,,Uebraska Staats- Ketzeiger nnd HeroldT J LB Winde-wh, Herausgeber Grund Jsland Nebe» den 2;'.» eni 19()2. Jahrgang 22. No. 47, — Ver Schlüssel meiner Frau. sumoreile von Euaen Jsolani. Das Allerheiligste meiner Frau ist ein kleiner Damenschreibtisch. Hier liegen ihre bezahlten und unbezahlten Schneiderrechnunaen darin, ihre klei nen Ersparnisse, das Wirthschafts aekd, ihre Korrespondenz, die angefan gene Geburtstaashandarheit für mich, das Kochbueh, zu dem sie übrigens nur sehr selten ihre Zuflucht zu nehmen braucht, ein paar Pfund Lind- oder Kohlar-Chocolade und noch mehr der artiae ganz aeheimnißvolle Werth aegensiiindr. Wenn nun meine Frau zu Hause ist, so ist ja keine Gefahr vorhanden, dasz irgenid etwas Böses mit diesem Schreibtisch passiren lönne. Dann . steckt der Schlüssel zu demselben imi Schloß oder liegt mit allen anderen Schlüsseln des hauses in dem zierli chen Schlüssellörbchen, das ihr einst am Polterabend eine liebenswürdige Freundin mit einem zwar nicht sehr geistvollen, dafiir aber auch wenig poetifchen Gedicht überrei .t hatte-, und das sich manchmal im Wohnzink mer, manchmal in der Küche befindet, oder sonst wo anders, wo meine Frau es hingestellt zu haben, sich fast nie mals erinnern kann. Geht meine liebe Frau nun aberl aus, dann wandert der Schlüssellorbx s-lbst ins Allerheiligste des Schreiten-T sches, und der lleine Schlüssel zu die- ; sern gewinnt eine um so höhere Bedeu- : tuna, die es nöthioa macht, ihn mit be sonderer Sorgfalt zu hegen und zu» pflegen. ; Jm ersten halben Jahre unserer Ehe steckte meine Frau den Schlüssel einfach in die Tasche. Das hatte den Erfolg, daß sie ihn zweimal hinterein ander verlor. Jch will meiner lieben Frau daraus keinen besonderen Vor wurf machen. Dieser Vorwurf gebührt vielmehr der Mode und den Modistin nen. Die Mode brinat es mit sech, daß die» Damen ihre Tasckyn,»an den un nlpgllllulcll OXIUIII III alclukp III-Hy bracht haben, dort wo sie an dieselben nur mit Körperverrentunaen heran iiinnen, und die Priesterinnen der Mode, die Modixtinnem sorgen dafür. daß diese unauf indbaren Taschen in den Damentleidern so tlein sind, daß sie zumeist ihren Beruf verfehlen. So mag es gekommen fein, daß meine Frau mit dem Taschenluch den Schlüssel mit herausgezogen haben mußte, und da ich der Meinung hin, das-, auch Damen ihre Nasen auf der Straße nutzen müssen —- rvenn dies Geschäft auch durch den Schleier zu einem sehr unhequemen und verwickel ten gemacht ist —- so konnte ich meiner Frau, wir gesagt, keinen Vorwurf aus dem Verlieren ihres Schlüssels ma chen, und ich machte ihr auch keinen. Als aber-der Schlosser zum zweiten Male in Attion treten mußte, fand ich es doch nothwnedig, zu meiner Frau zu sagen: »Liehes Kind, das aeht doch wohl nicht so weiter! Du mußt eine Aenderung treffen, um dem abermali gen Verlieren des Schlüssels vorzu beugen!" Da mein liebes Mauselchen nun eine sehr vernünftige Frau ist, sah sie das auch ein. Zwar wollte sie auf meinen Vorschlag, den Schlüssel im mer beim Ausgehen ans Taschentuch anzubindem aus dem Grunde nicht eingehen, weil es ihrem ästhetischen Gefühl widersprach, auf- der Straße oder in Gesellschaften ein derartig be fchwertes Taschentuch an die Nase zu führen, und da ich in Fragen der Aesthelil mich ganz den Ansichten mei ner Frau zu unterwerfen pflege, so war ich auch diesmal nachgiehig und bestand nicht auf der Ausführung mei nes Vorschlages. · Meine Frau fand nun den Ausweg, den Schlüssel ins Portemonnaie zu le gen, und das hatte den überraschenden Ersola, daß sie nach ein paar Wochen ohne Poetemonnaie undSchliissel nach Hause tam. Ob sie das Portemonnaie verloren, ob sie es in einem Geschäft oder in der Strafeenbahn liegen ge lassen hatte, ob es ibr aestoblen worden war, das Alles tonnte sie nicht anae ben, genug, das Portemonnaie mit sammt dem Schlüssel war weg. Ich konnte auch in diesem Falle meiner Frau einen besonderen Vor wurf nicht machen. Es haben schon oftmals Leute ihre Poetemonnaies verloren, und wie meine Frau nicht die erste war, der das geschah, wird sie zur Freude unebrlicher Finder auch nicht die letzte sein. Das Unglück ist sogar schon Männern passirtl Und nun bedente man erste, aus wie viele Dinae mehr eine Frau auf der Straße zu achten bat, wie ein Mann. Sie muß jede schöne Toilette, ohne sich nach der selben umaucken zu dürfen, im Fluge, bis in die kleinsten Details, studiren. Das ist oftmals eine geistige Anstren gutm, welche die Anspannung aller Kräfte fordert, und die es, meines Erachtens, im vollsten Maße entschul: diat, wenn man dariiber die Achtsam teit auf seine eiaene Person und seine eiaenen Siebensachen vergißt. »Mit dem Jns-Portemonnaie-legen liebes Kind,«" saate ich zu meinerFrau, »ist’s nun wohl doch nicht das Rechte. Verliert man das Portemonnaie, so äraert’ä einen schon aenua, und es iit nicht nötbia, dasr man sich dann noch erst über die Schlosserrechnuna ärgern musi. Vielleicht machst Du doch einmal den Versuch, den Schlüssel aus Schnupftuch zu binden.« »Nein, Männchen,« sagte meine krau, »ich habe schon einen Ausweat nehme den Schlüssel überhaupt nicht mit, ich leae ihn iedesmal hier zu das e in ein Weste-X « if eine Wiise Jdeel« rtes ich aus und begab mich wieder an mei nen Schreibtisch, froh und vergnügt in dein Gedanken, eine ganz besonders kluge Frau zu haben. So ging das nun eine gute Weile sort; der Schlosse-: brauchte nicht mehr in Aktion zu treten, wenn meine Frau von ihrem Ausgange heimkehrte, ging sie ganz heimlich an ihr Versteck, das ich nicht einmal tannte und holte ihren Eines Tages aber, als meine Frau wieder ausgegangen ·wa:, ereigneie sich das Folgende. Das Dienstmädchen er schien plötzlich in meinem Arbeitsziw mer aus der Bildsläche. »Was ist denn los, Helene?« rufe ich der Ruhestörerin etwas unsansi ent gegen. »Der Wäschemann ist dat« »Na, was soll ich Denn mit dem?« l ,,’Na, er will ja die Wäsche abho en.« »So gehen Sie sie ihm doch! Jch hrauche doch deswegen nicht gestört zu ’rverden!« »Na, die gnädige Frau hat doch den Waschzettel eingeschlossen!'« »Dann muß ehn der Mann wieder kommen!« »Er sagt, et kann vor nächsterWoche nicht kommen.« »Ja, liebe Helene, da lann ichJhnen doch nicht helfen! Lassen Sie mich ge sälligst in Ruhes« »La, ich-dachte, der Herr könnte —« »LUQIH lslllllk lllsk »Den Waschzettel herausnehmen!" »Na, Sie sagen doch, den hat meine Frau einaeschlossenl« »Na ja, in den Schreibtisch! Der Schlüssnel liegt doch auf dem Fenster brett in der Ecke, hinter der Gardsine·« »Soooo!« rufe ich erstaunt, eile ins Wohnzimmer ans Fensterbrett, wo in der Ecke, aanz von dem Fenster-por hana versteckt, Helene mir den Schlüs sel wirklich zeigt. »Lieat der Schlüssel hier immer?« »Ja,« antwortet Helen im Vollbe Houßtsein ihrer Unschuld, »wenn die laniidiae Frau fortgeht, legt sie ihn stets hierher!« Ich nahm sodann aus dem Schreib tisch den Waschzettej heraus, steckte den lSchliissel zu mir und iiberreichte als Imeine Frau zurückkehrte, seirlichst der nicht wenia Ueberraschten den der hänanißdollen Schlüssel l Meine Frau .var unaemein erreat Liiber den Vor all und wollte am lieb sten sofort eine Generalaufnahme un serer sämmtlichen Sachen vornehmen, da sie befürchtete, das Mädchen habe ihre Kenntniß dens Schliisseloersteels dazu benutzt, die sämmtlichen Spinde und oerschließbaren Gegenstände, die wir besitzen, und von denen ja die Schlüssel alle im Schreibtisch lagen, auszuleeren. Ich beruhigte indessen meine Frau, indem ich der Ansicht Ausdruck gab, daß, wenn Helene, die wir bisher nur als ordentliches bra ) dens Mädchen lannten, wirklich eine , Hausdiebni wäre, sie die Kenntniß des » Schlüssnelversiecls nicht so leicht preis z aeaeben hätte. » Jch bin zwar sest iiberzeuah daß meine Frau trotzdem in den nächsten . Tagen Spinde und Kasten und Kisten ; umaelramt hat, und daß ihr dabei die lerlei als- fehlend auffiel, was sie denn l nach einer anastoollen Viertelstunde an dem Platze liegen fand, wo sie es selbst hinaelat hatte, aber ebenso weiß ich, daß sie schließlich doch unsere Helena leiner Unredlichteit übenrsühren konn te mi- dieielbe sich auch iviitet in die i ser Beziehung stets als das bewährte, alg was sie uns galt. Indessen mußte meine Frau mit dem Schlüsseldersteck nunmehr eine neue Anordnung treffen, und sie tam wieder auf eine Idee, die ich als eine ganz geniale bezeichnen muß. Sie ver steckte den Schlüssel fortan nicht mehr an einer bestimmten Stelle, sondern jedesmal an einer anderen. Das ging nun ungefähr drei Male ganz herrlich. Dann zeigte sich aber, das-, auch diese Methode ihren Haken habe, denn als meine Frau dann wie-« der einmal von einem Ausganae heim-« lehrte und ihren Schlüssel aus dein Versteck herbeiholen wollte, eraab es sich, das; die Stelle, wo sie den Schlüs sel diesmal versteckt hatte, vollständig von ihr vergessen worden war· Meine Frau, ich und das Dienst mädchen suchten in allen Ecken umher, meine Frau konnte sich nur so viel noch erinnern, daß sie sich beim Fort gehen noch darüber gefreut habe, dies mal ein so prächtiaes Versteck für den Schlüssel augaelundschaftet zu haben, aber wo daö Versteck war, das s— er aab sich enrsi Abneds, als sie sich zur Nachtruhe hinlegen wollte, und sich die Stiefel auszog. Da fiel ihr aus ei nem dnee Pantoffel, die sie anlegen wollte, der Schlüssel entgegen. Jn zwischen war natürlich das Schloß vom Schlossee aeösinet worden, aber der bestellte Schlüssel lonnte glücklicher Weise noch abbestellt werden. Aehnliche Vorsiille wiederholten sich. Oft freilich sand meine liebe Frau den Schlüssel schon nach einer Viertelstun de, oft auch später, aber sie fand ihn doch schließlich wieder. THE-TI Eines Tages jedoch war er wieder nicht auszuforfchen. Wir hatten an einem Sonntag Vormittag einen Be such gemacht, und als wir heimkehr ten, war der Schlüssel nicht an seinem Platze. Meine Frau konnte sich genau erinnern, ihn in die Visitentarten schale gelegt zu habne, die im Salon auf dnem Tische stand, zu untnerft unter sämmtliche Karten. Jetzt war er nicht an dieser Stelle, ich nahm jede einzelne Visitentarte einzeln heraus,« denr Schlüssel tam nicht zum Vor schein. Auguste — das Dienstmädchen, das seit acht Wochen der inzwischen in den Ehestand getretenenhelene gefolgt war —- ionnte auch nicht angeben, wo der Schlüssel war. Wieder suchten wir ein paar Stunden, obwohl meine Frau ganz genau wußte, nur in der Visiten lartenschale könne der Schlüssel stecken. Aber auch anderswo war er nicht zu finden. »Dann muß eben wieder derSchlos fer tommen,« sagte ich ärgerlich. »Das geht gar nicht,« meinte meine Frau, »heute am Sonntag macht er uns doch keinen neuen Schlüssel, und ich kann Abends, wenn wir ins Thea ter gehen, den Schreibtisch nicht offen lassen!« ,,»Ja, es hilft doch aber nichts, liebes Kind, wenn Du Deinen Schreibiisch rzichiojfen hast,«hast Du auch nicht die Gwrunct zum uruuuspurw usw tun åönnen uns nicht zum Theater umklei en.« So ging denn Auguste nach einem Schlosser, nein, sie ging wohl zu einem Dutzend Schlossern, ehe einer sich be reit erklärte, am Sonntage mit ihr mitzukommen. Und als sie endlich mit diesem nach etlva zwei Stunden zu den heimischen Penaten zurückkehrte und meine Frau den Schlosser an den Schreibtisch führte, war der Meister ganz perplex, und meine Frau stieß einen lauten Schrei der Ueberraschung aus, denn —— der Schlüssel steckte im Schlosse des Schreibtisches. Jetzt vermochte sich meine Frau mit einem Schlage ganz genau zu erin nern, daß sie den Schlüssel in die Vi-« sitentartenschale hatte hineinlegen wol-s len, aber nicht gelegt hatte. Seit dieser Zeit hat übrigens meine Frau niemals wieder dasVersteck ihres Schreibtischschliissels vergessen, uni der Schlosser brauchte nicht mehr in Nahrung gesetzt werden. Aber die Ge schichte des verhängnißoollen Schlüs xeiglhatte doch noch ein kleines Nach pie . Nicht lange nach dem Vorfall näm lich glaubte meine Frau die Entdeck ung gemacht zu haben, daß ihr aus dem Schreibtisch Geld fehle. Da wir der erwähnten Augufte schon etliche tieine Unredlichieiten hatten nachwei fen können, auch noch andere Umstän de fiir die Möglichkeit sprachen, daß sie einen unerlaubten Eingriff in die Schatulle meiner Frau gethan, so nahm ich mir das Mädchen ganz ener gisch vor, und Auguste gestand denn auch nach einigem Zögern zu, daß sie aus dein Schreibtifch meiner Frau Geld gestohlen habe. »Aber sagen Sie mir nur Eins,« io fragte ich sie, »wie sind Sie denn in den Schreibtiich gekommen? Woher hatten Sie den Schlüssel zu demsel ben?« ..--N- .p«.- Schlürsx sein«-rechn IUUIU UUHI IU zulll Ouslcllllllclss »F was Sie sagen?!« ries ich aus »Woher haben Sie denn das ersah ren?« »Das hat mir Ihr früheres Mäd chen gesaat, die Bertha, die es von ei ner Vorgängerin wußte!« Als ich das hörte, da mußte ich so laut auslachen, wie ich nur selten in meinem Leben gelacht habe, und meine Frau stimmte schließlich mit ein unr lachte sich den ganzen Aerger fort, den sie darüber empfand, daß alle die Mü hen unv Kosten umsonst gewesen, wel che der verhängnißvolle Schlüssel ihr gemacht hatte. — -—-.-.-—— — Wider-legt »Ihr Mann soll ja jeßt jeden Taa bis nach Mitternacht in der Kneipe sitzen« »O nein, er soll es keineswegs, thut ’s aber trotzt-ein« Stimm. »Cohn ist pleitel »Was sagst Du da zu?« »Nu, was soll’n mer verlieren da rum viele Worte? Jst es nicht genug, daß mer verlieren viel Gelb?« Selbstbewust Thierstimmen - Jinitator: »Jetzt werde ich Jhnen das Grunzen eines Schweines zu Gehör bringen« (Thut es.) Bauer (im Publikum): »Ach wag, so grunzen meine Schweine aarnicht.« Thierstimmen - Jmitator: »Dann gransen Jhre Schweine eben nicht richtigl« . Arbeit. i Novellette von Dorn Duncker. Nahezu zwei Monate lang war sie nach Arbeit unihergelaufen Hier und da hatte sie etwas gefunden, was fürj ein paar Tage ausreichte und die äu- - ßerste Noth von der Schwelle ge-; i scheucht hatte. Dann waren Tage und . wachen gletommen, in denen der j Mann und das Kind — an sich selbst dachte sie schon längst nicht mehr ——s dern Hunger preisgegeben waren, ini denen es am Nothwendigsten fehlte, da » sie nicht borgen oder gar betteln wollte. Die Hände über den Knieen zu sammengesaltet, herabgebeugten Haup tes siyt sie in der kahlen Küche, die kein Herdfeuer wärmt, und grübeli. Wie waren sie nur so weit gekommen. Schritt für Schritt, immer bergab, bergab? Mühsarn sucht sie in ihrem» armen schweren Kopf zusammen, was sich an Gründen und Ursachen finden lassen wollte: Die Krankheit des Mannes, die ihn nicht nur um die Anstellung gebracht, sondern alles aufgezehrt hatte, was sie in den sieben Jahren ihrer Ehe zu rückgelegt hatten, das harte Eingewöh nen in die Entbehruna Zuerst. in den Mangel dann! Dazu die schwere Kette die sie mitschleppten, wie einen Fluch: die Bildung von Haus her und die bessere, feinere Gewöhnung. Sie beneidete die Hökerin in dem nassen Keller unten, obgleich ihr Geschäft schlecht genug ging, daß sie die Spra che reden durfte, die ihr natürlich und ihrer armseligen Hantirung angepaßt war. Jnftinttiv fühlte sie, daß ihre eigene höhere Bildung, ihre Manieren, ihre Sprache eine weite Kluft zwischen ihr und der Arbeit rissen, um die sie warb, wie un: eine Geliebte. Man traute ihr das Handwerks-mäßige, die Technik einer einfachen Arbeit nicht zu. Was man keinem halb- oder un gebildeten jnngen, frisch zupackenden, robusten Dinge geweigeri hätte-, der blassen Frau mit dem zagen Sinn, dem leisen, sanften Tonfall der Stim me, der gebildeten Eprechweise scheute man sich es zu gewähren. Eine Stellung zu suchen, die wirkliche-Z Wissen, griindliche Bildung verlangte, davor warnte sie ihr Gewissen. Sie hatte gelernt, was man in bes seren Mädchenschulen zu lernen pflegt, eine Basis sich angeeignet. die, wenn darauf fortgearbeitet wird, viel, wenn die Anregungen fallen gelassen werden, garnichts bedeutet. Das war bei ihr der Fall gewesen. Der Vater war froh, als er sie für das Haue-wesen wieder daheim gehabt. Er hatte es gern, wenn alles um ihn her sich in einem hübschen, gefälligen Gewand darstellte. Das hatte er seit dem frühen Tode der Frau vermißt. Nun sollte es endlich wieder anders werden. Nichts- mehr von Büchern und überflüssigem Lernballast. Genug wenn die Wohnung ein nettes-, ge rniithliches Ansehen hatte, wenn der Tisch geschmackvoll hergerichtet die Speisen appetitlich zubereitet und an .- .---- -2 k.k-l--l ssklluflcc lU"LI-ll, ullu UUD ILLIIUCIIL, s I blonde Töchterchen einfach und tadel: los gekleidet, ihres Amtes als Haus-: frau zwischen den ab- und zugehenden Gästen waltete. Auf diese Weise wurde, ohne daß der Vater sich dar iiber jemals tlar gewesen wäre, weit über die Verhältnisse gelebt. Als er zwei Jahre nach der Verheirothnng der Tochter starb, Blieb ein kleiner Schuldenrest, den der Schwiegersohn aus sich nahm. Die blasse Frau stand auf und rieb mechanisch die halb erstarrten Hände. Was sollte werden? Daneben, in dem einzigen Zimmer hörte sie sprechen, den Mann und das Kind. Sie reckte l sich in den Hüften auf. Ihre matten J Augen belebten sich wieder. Es half snichts, sie mußte aufs neue hinaus, i Arbeit zu suchen; sie tonnte diese bei s den Hilflosen nicht mit in den Schoosi ; gelegten Händen zu Grunde gehen lassen. Auf und ab schritt sie in dein i engen Raum, die Stirn vom scharfen IDenten in tiefe Falten gezogen. Ehe lsie da hineinging zu den beiden, um i sich zum Ausgehen zu rüsten, möchte ! sie sich klar machen, wo sie iiebrhaupt i noch antlopfen könne. Der Kopf ver s sagte den Dienst. Sie hatte seit Ta J gen von dünnem Kaffee und Schwarz ibrod gelebt, den beiden da drinnen, denen sie Kartoffeln und Speck und Hering aufgetragen, einredend, daß ) sie auf auf ihren Stadtweaen sich aus lömmlich ernährt habe. Sie zog ein kleines, abgerissenes Notizbnch ihrem schwatzen Kleiderrock. slleö, was sie an Angeboten aus den Blättern heran-geschrieben war schon als erledigt gestrichen. Da waren noch zwei bis drei Posten, zu denen sie sich versuchsweise melden konnte. Jm vornherein wußte sie. sie würde dort nicht angenommen werden. Nebenan war es lebhafter geworden. Sie klinkte die Thür aus. Der Mann bleich, eingefallen, kurz athmig, saß halb angetleidet im Bett und spielte mit dem Kinde, das in den Polstern zu senien Füßen saß. Ein eisiger Schreck durchsuhr sie. Das sollte nicht sein. Der Arzt hatte ge warnt, sie hatte gebeten. Es lag Ge fahr für das Kind in der zu großen körperlichen Nähe des Vaters, selbst wenn er, wie heut ausnahmsweise, nicht hustete. Aber dem Egoismus des Kranken war nicht beizukommen. Rasch entschlossen ließ sie alle ihre Pläne fahren, und als ob sie nur zu diesem Zweck ins Zimmer geeilt sei, rief sie: »Komm Annchen, hol Dein Mäntelchen, wir wollen spazieren ge hen.« Das Kind jauchzte hell aus. Der Mann sing zu klagen an. »Alle beide wollt Jhr fort?« Sie fuhr ilim leise mit der Hand über die feuchte Stirn. »Das Kind muß an die Luft, Ru dols.« Dann waren sie draußen im Son nenschein. Es fehlten nur drei Wo chen noch bis Weihnachten. Jn den . Straßen der inneren Stadt wogte es ron geschäftigen Menschen hin und her. Das Kind ließ der Mutter keine Zeit, in die gewohnten trüben Ge dnaken zu verfallen. Unzähliges gab es zu fragen, und zu beantworten. An jedem Schausenster mußte sie stille stehen. Jn den meisten hatte der Weihnachtsmann schon sein buntes Lager aufgeschlagen. Vor einem der großen, modernen Waarenhäuser hatte sich die Woge ge staut. Hinter süns Riesenscheiben war je eine Sonderausstellung ausge baut. Die Frau hatte Mühe sitt Ann chen ecn Plätzchen zu erobern Rings um wurden Aus-rufe des Staunens und der Bewunderung laut. Eine dollstnädige Wohnungseinrichtung in verkleinertem Maßstabe war da aus« gestellt. Vier Zimmer und eine Küche, alles von modern gelleideten Puppen männlein, Weiblein und Kindlein be wohnt. Jm Eßzimmer ein gedeckter Tisch, an dem es hoch herging. Ann chen stsnd mit osfenem Mündchen da. Die blasse Frau blickte sinnend aus die geschmactlose, protzige Zusammen stellung der Zimmer-einrichtung aus die bunte, larrilirte Kleidung ihrer Bewohner. Gewohnt, mit dem Kinde manches zu besprechen, das noch weit über seine Jahre ging, machte sie es halblaut auf den Ungeschmack der ge sammten Zusammenstellung aufmerk sam, diesen und jenen Gegenstand, als im einzelnen schön und niitzlich bezeichnend, wenn auch in das Ge sammtbild nicht passend. Auch wie die Mutter, der Vater, die Kinder und das Hauspersonal gekleidet sein müßten, um einem guten Hause Ehre zu machen, rannte sie Annchen zu, und dnfr sie wohl die Taf-l einmal nnrb i ihrem Geschmack herrichten möchte. Alte Zeiten stiein in ihr aus, und lebhafter, alg es sonst die Art der stillen Frau war, vertiefte sie sich in ihren Gegenstand. So hatte sie eg nicht bemerkt, auch in der sie umge benden Mege schwer bemerken kön nen, daß schon längere Zeit ein Herr neben ihr stand, der ihr aufmerksam lzuhörte und, so ost auch die Gruppen an den Schaufenstern wechselten, un s enttoegt auf seinem Platze stehen blieb. ’ Jetzt zog er den Hut und bat sie in seinem Tone, den sie nur selten noch ser hören bekam um die Gesälligteit, ihm einige Minuten zu schenken. Mit Isragender Bestiirzung sah sie zu ihm auf. Was konnte er von ihr wollen? zEr beruhigte sie. Es sei ihm daran gelegen aus das Gespräch, das sie mit » der Kleinen geführt habe, näher einzu Tgehen. Er sei Mitbesitzer des Ges s schästs. Jhre Ausführungen, die s vielfach mit den seinigen überein sstimmtem hätten ihn frappirt. Sie - würde ihm eine große Gefälligkeit er weisen, wenn sie ihm mehr darüber » mittheilte. Zögernd folgte sie ihn1,Annchen an der Hand, in sein Privatcomptoir. »Durch feine sachlichen Fragen, durch sein ehrliches Interesse ermunterte er die schweigsarn Gewordene zu neuen Mittheilungen. Am Ende sagte er: »Ich habe meinem Bruder gegenüber-, dem das Erreichte genügt, einen schwe ren Stand. Ich möchte gern weiter, ;m-öchte gewerblich erziehlich wirken, unser Lager im Punkt des Geschmacks über das der Konkurrenz erheben, den IBediirfnissen nnd der Geschmacktrich tung des gediegenen Bürgerstandes an passen. Wir sind aus kleinen, engen Verhältnissen hervorgegangen. Das Leben hat uns nicht mehr gelehrt als die Tüchtigkeit unseres Standes; der gute Geschmack, die feinere Bildung, das am Schönen geschulte Auge gehen uns ab. Ich fühle das alles ohne thatsiichliche Abhilfe schaffen zu list-c nen. Was man o an Pilfslräften be-· kommt, steht ni t vie iiher unserem Niveau, eher darunter; aufhelfen könn ie da nur Jemand, der, wenn ich so fa gen darf, eine gute Kinderstube gehabt hat, der groß geworden ist im täglichen Umgang mit einer geschmackvoll-be haglichen Umgebung. Er sah die blasse, schlichte Frau mit fragenden, beinahe bittenden Bli cken an. Langsam stieg eine feine Röthe in ihrem Gesicht, ein Strahl der Hoffnung in ihren Augen auf. Sollte dieser Mann ernstlich daran denken, eine Hilfslraft dieser Art für fein Ge schäft zu suchen? Sollte, was ihre Jugend halb spielend ausgefüllt, jetzt im Ernst Rettung füe sie und die Ih ren werden? Ein Gefühl von Schwin del erfaßte sie; sie mußte sich fest an die Lehne des Stuhles klammern, hin ter dem sie noch immer stand. Was er da sah, sagte ihm mehr als Worte. Der Zufall hatte ihm zu geführt, was er lange gesucht hatte. Er ging sehr vorsichtig und taltvoll vor. Trotz ihrer mehr als einfachen Kleidung hatte er aufd en ersten Blick gesehen, bei dem ersten Wort gehört, daß er eine Dame vor sich habe. E: fragte sie, ob sie ihm aus ihren Be lannienlreifen etwa Jemand nennen könne, der sich für dise Frage zu in teressiren vermöge. Ganz lungsam ka men sie sich Schritt vor Schritt entge gen, bis zu ihrer Person. Nach einer halben Stunde war sie für das Ge schäft gewonnen, mit einem Gehalt, das die lühnsten Erwartungen, die sie jemals hegte, um das drei- und vierfache überstieg. Die Arbeit, die ...».... Uns-. www-MemWWHMWMMWMW ihr oblag, würde keine allzu schwere sein. Bei allem, was in die kunstge werbliche Abtheilung schlug, würde sie die Bestellungen und Antäuse zu über wachen haben, die Zusammen- und Aufstellungen innerhalb des Maga zing sowohl, als in den Schaufenstern, würden ihr ausschließliches Amt sein. Eine Arbeit, die nicht nur redlichen Gewinn, sondern zugleich Befriedig ung durch sich selbst versprach. Noch einmal wankte der Boden un ter ihren Füßen, noch einmal mußte ihre Hand lrampfhaft die Lehne des Stuhls umklammern, dann richtete sie sich frei und hoch auf und ging mit ih rem Kinde in den Sonnenschein eines neuen Lebens- hinaus. ——-. - —s. - Kindltche Ausopseruiig. Der berühmte englische Staats mann Robert Peel war als Schüler des aneumg zu Harrow mit dem die selbe Schule besuchenden Lord Byron eng befreundet. Einst wollte ein Schüler der Oberklasse den jungen Peel zu einer Dienstleistung zwingen, die dieser hartnäckig verweigerte. Sein Widerstand war aber vergeblich, der mehrere Jahre ältere Schüler über wältigte ihn und beschloß ihn zu be strafen, was er sofort ausführte, in dem er ihm mit der Faust auf die Armmuskeln schlug. Um den Schmerz zu erhöhen, wurde dabei der Arm auf kunitgerechte Weise gebogen und der Gemißhandelte jammerte und stöhnte dabei laut auf. Während dieser Mar ter stand der kleine Byron dabei und fühlte die Schmerzen seines Freundes. mit, und obgleich er wohl wußte, daß er oiel zu schwach sei, um den großen Schüler an der Züchtigung zu verhin dern, trat er doch zornflammenden Gesichtcs vor denselben hin und fragte m« um« smsstk s;«»-nd-s· Stimme mi - -«.«·. wus-, »-·-ss -. viel Schlaae er seinem Freunde noch Zu geben gedenke —- »Was geht das Dich an, Zileiner,« erwiderte der Schüler, »wes-halb fragst Du?« — ,,Weil ich die Hälfte der Schläge über nehmen wil,« erwiderte Byron, indem er den entblößten Arm hinhielt. — Thomaiz Moore, der Biograph Lord Byronhsa der diesen Vorgang erzählt, fiiat mit Recht hinzu: »Jn diesem kleinen singe liegt eine wahrhaft erha bene illiischung von Unschuld und Großmuth, und wie sehr wir auch über die Knabenfreundschaften lächeln mö aen —- selten ist Männerfreundschaft der Hälfte solcher Großmuth sähig.« Allen wirksam. tfrz »Ich glaubn Du hast niit mei nein Oaarerzenaunasinittel Dir mal den Mund augaespiilt7« Zie: »Wieso?« Er: »Nun, Da haft jetzt ja Haare ans den Zähnen!« Berechtigte Fraar. Tante: ,,Fritzchen, dab ringe ich Dir zu Deinem Geburtstage einen Kann 1ienvoqel, ich habe mit ihn wahrhaftig vom Munde abgespart.« Fritz-chen: »So, Du ißt Kanarien Vögei.« Bei-kanntest Inmitten-et Straßenbummlek (vor einem kleinen Plntat, lesend): ,,Tiichtiger Mann fiir Montaae (Maschienmontteut) gesucht. Gehalt 45 Marl.« Donnerwetter, da lür kann man schon am Montag arbei en.« Feindschaft zwischen früheren Freunden tst gefährlich — man kennt gegenseitig seine schwachen Seiten. , ( , .«»,.—.f-»---ss.«f- III-« Jn, LU -rk;;s -